das co:funding handbuch
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das co:funding handbuch 2. Ausgabe vom Mai 2012 Herausgeber: tyclipso.me in Zusammenarbeit mit startnext.de Crowdfunding Der neue Weg für private, öffentliche und unternehmerische Förderung in der Kultur- und Kreativwirtschaft Crowdinvesting Innovative Startups und Projekte durch Investments fördern Die Rechtslage 18 Seiten Spezial zu Steuer, Recht und Bezahlverfahren Herausgeber tyclipso.me © 2012- Seite 1 Editorial „ Liebe Leser und Leserinnen, Crowdfunding ist nichts anderes als der nächste Schritt von ‚Social Media‘, die Metamorphose des Like-Buttons in Geld. Bisher konnte man von Likes und Liebe nicht leben, aber mit dem langsamen Aufstieg des Crowdfundings zeigt sich, ob der Fan zurecht Fan heißt oder doch nur Teil einer ipadverlosungserregten Klickhorde war. “ Sascha Lobo (SPIEGEL, 20.03.2012) seit unserer ersten co:funding Konferenz im Frühjahr 2011 hat sich wirklich viel bewegt und das Thema Crowdfunding hat sich mehr und mehr herumgesprochen. Das hängt natürlich vor allem damit zusammen, dass viele Kreative und Gründer gezeigt haben, dass Crowdfunding und Crowdinvesting auch hierzulande funktioniert und ein weiterer Finanzierungsbaustein sein kann. Die Crowdfunding- und Crowdinvesting-Plattformen selbst werden schon jetzt als virtuelle Orte wahrgenommen, über die mit der Beteiligung der Crowd Innovationen, Kollaboration und Kreativität gefördert werden können. Die Potenziale und den Nutzen von Crowdfunding erkennen mittlerweile auch viele Kulturpolitiker, Journalisten, Unternehmer oder Finanzexperten und es entstehen erste Kooperationen zwischen den Akteuren. Mit der co:funding Konferenz und diesem Handbuch wollen wir einen inhaltlichen Beitrag dazu leisten und unsere Praxiserfahrungen aus über zwei Jahren intensiver Auseinandersetzung mit diesen Themen einfließen lassen. Uns begeistern die Fragen rund um Crowdfunding und Crowdinvesting, weil sie für uns eine gesellschaftliche, politische und ökonomische Dimension haben. Genau das wollen wir auch in diesem Handbuch widerspiegeln. Für Kreativschaffende und Gründer ist das Handbuch ein Praxis-Leitfaden für den Einsatz von Crowdfunding und Crowdinvesting zur Finanzierung von kreativen Projekten, Startups und Unternehmen. Multiplikatoren aus der Kultur- und Kreativwirtschaft, aus der Wirtschaftsförderung oder der Finanzbranche bietet dieses Handbuch neue Ideen und Impulse, wie durch die Einbindung der Crowd und das Zusammenwirken von unterschiedlichen Akteuren Cofunding-Modelle entwickelt werden können. Wir stellen in diesem Handbuch erstmalig innovative Ansätze vor, von der Einbindung von Crowdfunding für die kommunale Kulturförderung über die gemeinsame Finanzierung von Solaranlagen bis hin zu Investmentmodellen für Musikproduktionen. Wir danken allen Autoren und Partnern für ihr Engagement und ihre Unterstützung. Seite 2 - co:funding Handbuch 2012 Herausgeber tyclipso.me © 2012- Seite 3 Anna Theil Kuratorin der co:funding cofunding.de Inhalt 3 4 6 98 Editorial Inhalt Über die Initiative co:funding Impressum Crowdfunding 8 18 22 44 28 30 Entwicklung von Crowdfunding Funktionsweise von Crowdfunding Erfolgsfaktoren von Crowdfunding Crowdfunding für Musiker Crowdfunding ermöglicht Innovationen Crowdfunding Act und Initiativen in Deutschland Crowdinvesting-Plattformen 32 36 40 46 50 Seedmatch - Crowdinvesting für Startups Bergfürst - Crowdinvesting Marktplatz Gründerplus - Crowdinvesting für E-Commerce Startups Musicstarter - Crowdinvesting für Musiker und Bands GreenVesting - Crowdinvesting für erneuerbare Energien Impulse Cofunding zwischen privater und öffentlicher Förderung Cofunding mit Stiftungen Kulturengagement 2.0 für Unternehmen Crowdfunding als Instrument in der Unternehmenskommunikation Banken und Crowdfunding 52 55 62 66 70 Ausblick Crowdfunding - Finanzierung in der digitalen Gesellschaft 92 Verzeichnisse und Statistiken Crowdfunding Timeline Plattformstatistik Plattformverzeichnis Glossar Checkliste für ein Crowdfunding Projekt 17 95 99 96 26 Praxisbeispiele 25 57 58 Crowdfunding - Hartz IV Möbel Buch Kommunales Engagement - Nordstarter Hamburg Regionales Crowdfunding auf dresden-durchstarter.de Anzeige T-System Multimedia Solutions GmbH Crowdfunding-Technologien für den Finanzsektor Rechtliches 74 84 88 Rechtliche Aspekte des Cofundings Steuerliche Betrachtung von Crowdfunding Rechtliche Rahmenbedingungen und Paymentmethoden Das Handbuch kann in gebundener Form bestellt werden unter: www.cofunding.de/Publikationen Unser Ziel ist es, dieses Handbuch kontinuierlich zu ergänzen und zu überarbeiten, damit neue Erfahrungen, Projekte, Plattformen und Weiterentwicklungen dokumentiert werden können. Ihre Einreichung unter: [email protected] Seite 4 - co:funding Handbuch 2012 Herausgeber tyclipso.me © 2012- Seite 5 83 Kreativität fördern, entdecken und finanzieren Über die Initiative co:funding Das Format der Konferenz Auf den co:funding Konferenzen und Workshops kommen Kreative, Gründer, Multiplikatoren aus der Kultur - und Wirtschaftsförderung, Finanzexperten und Plattformbetreiber zusammen, um über Anwendungsmöglichkeiten und Trends von Crowdfunding zu diskutieren. Damit ist die co:funding das größte nationale Dialogforum zum Ideen- und Erfahrungsaustausch für alle, die sich gern mit neuen Finanzierungsmodellen, Innovationen sowie kreativen Projekten und Startups beschäftigen. Ziel der Initiatoren ist ein kuratiertes und dennoch offenes KonferenzFormat zu realisieren. Mit dem Call for Papers werden Wunschthemen der Zielgruppe und von Akteuren in das Programm eingebunden. Auch für Projekte und Startups besteht die Chance, sich für die co:funding stage, eine Pitching-Session, zu bewerben. Ziel der co:funding ist es zudem, neue Ideen für effektive und nachhaltige Cofunding-Modelle zwischen Kultur, Wirtschaft, Banken und Stiftungen zu entwickeln. Weiterentwicklung des Formats Themen der co:funding Veranstaltungen » » » » » Erste co:funding Konferenz 2011 Crowdfunding Crowdinvesting Cofunding-Modelle Paymentlösungen und Mikrofinanzierung Kultur- und Kreativwirtschaft, Erfindertum Die Idee der ersten co:funding Konferenz im April 2011 war es, diese neuen Finanzierungsmodelle auf einer größeren Bühne zu diskutieren. Ausgebucht mit rund 350 Besuchern als Subkonferenz der re:publica war die Konferenz ein voller Erfolg. Die Finanzierung der Konferenz erfolgt über Sponsoren und Partner, ist aber nicht gewinnorientiert angelegt. Die co:funding soll als Tageskonferenz mit Workshops ausgebaut werden und wird auf diese Weise 1 bis 2 mal im Jahr in deutschen Großstädten stattfinden. Die co:funding Workshops werden unabhängig von den Tageskonferenzen in diversen Städten in Kooperation mit verschiedenen Partnern angeboten. Initiator der co:funding Die co:funding ist ein Projekt der Agentur tyclipso media evolution. Ein Fokus der Agentur liegt auf der Entwicklung von Social Media Kommunikations- und Marketingstrategien in Verbindung mit Crowdsourcing, Crowdfunding, Crowdinvesting und Cofunding-Modellen. Die Kuration der co:funding Veranstaltungen übernimmt das Team der Crowdfunding-Plattform startnext.de. Kontakt: Anna Theil, [email protected] cofunding.de Seite 6 - co:funding Handbuch 2012 Herausgeber tyclipso.me © 2012- Seite 7 Entwicklung von Crowdfunding zur Finanzierung von kreativen Projekten Von der Freiheitsstatue zu diaspora Das erste dokumentierte Crowdfunding-Projekt geht bereits auf das Jahr 1885 zurück. Um den Sockel der Freiheitsstatue zu finanzieren, nutzte der Herausgeber der New Yorker Zeitung „World“, Joseph Pulitzer, sein Medium für einen Aufruf, bei dem er versprach jeden Geldgeber namentlich abzudrucken. Innerhalb von sechs Monaten kamen über diesen Weg 102.000 US$ von 120.000 Menschen zusammen. 125 Jahre später berichtet die „New York Times“ über vier ComputerNerds, die mit ihrer Plattform „diaspora“ gegen facebook antreten wollen, um ein besseres soziales Netzwerk zu entwickeln. Der Artikel verhilft dem Thema Crowdfunding zu internationaler Aufmerksamkeit und bringt den Durchbruch für die amerikanische CrowdfundingPlattform kickstarter.com. Innerhalb von 39 Tagen sollten 10.000 US$ gesammelt werden. Nach nur zwölf Tagen war das Geld zusammen und am 11. Mai 2010 wird mit einer Summe von 23.676 US$ das Zwischenergebnis in der Zeitung veröffentlicht. Ende Mai steht das Projekt bei über 2.000% der angestrebten Summe. 6.479 Unterstützer haben gemeinsam 200.641 US$ finanziert. Als Pionier im Internet gilt die Plattform artistshare.com, die im Jahr 2000 von Brian Camelio gegründet wurde. Dieser ist selbst ein professioneller Musiker und Produzent und rief die Plattform als Reaktion auf die Entwicklungen des Raubkopierens und den Bestrebungen der Musikindustrie für ein digitales Rechtemanagement ins Leben. Erstmalig war es damit Musikern möglich, das Geld für die Produktion eines Albums zu erhalten, bevor es veröffentlicht wurde. Mit der einst holländischen Crowdfunding-Plattform sellaband.com wurde im August 2006 der Begriff zum ersten Mal im Zusammenhang mit einer Online-Plattform eingeführt. Hier galt es je 50.000 US$ für die Produktion eines Albums von Musikern und Bands mit der Hilfe der Internetnutzer zu erreichen. Bereits am 2. November 2006 hatte die Band “Nemesea” 528 Unterstützer zusammen und konnte so ihr Album “In Control“ aufnehmen. 2010 kommt die Crowdfunding-Bewegung nach Deutschland. Sellaband geht im Februar 2010 insolvent und wird von dem Münchner Geschäftsführer Michael Bogatzki in Deutschland weitergeführt. Zeitgleich wird unter startnext.de der erste Blog veröffentlicht, um das Thema Crowdfunding zu beleuchten und über die Entwicklung der ersten Crowdfunding-Plattform für kreative Projekte in Deutschland zu berichten. Bis Ende des Jahres sind mit inkubato.com, mysherpas.com, pling.de, startnext.de und visionbakery.de fünf Plattformen online, die sich mit der Finanzierung für Kreativschaffende beschäftigen. Vom Oktober 2010 bis Ende März 2012 wurden auf den deutschen Crowdfunding-Plattformen 628 Projekte mit einer Erfolgsquote von 41% und einem gesammelten Finanzierungsbetrag von 697.898€ beendet. Der durchschnittliche Kapitalbetrag pro Projekt beträgt ca. 2.737€. (Quelle: Crowdfunding-Monitor / Für-Gründer.de) Seite 8 - co:funding Handbuch 2012 Herausgeber tyclipso.me © 2012- Seite 9 Erste Gehversuche von ArtistShare über Sellaband Tino Kreßner Gründer von Startnext Startnext startet im März 2010 Crowdfunding ohne Plattform Ohne eine Plattform im Hintergrund hat das Filmprojekt „Hotel Desire“ das Thema Crowdfunding in die Massenmedien in Deutschland gebracht. 170.000€ wurden hier für einen sogenannten „porNEOgrafischen Film“ gesammelt. Die Crowd selbst in Form von ca. 1.000 Unterstützern hat Schätzungen zufolge ca. 14.000€ investiert. Der restliche Betrag wurde durch sechs Großinvestoren aufgefüllt. Erstes großes Crowdfunding Filmprojekt Mit einem Budget von 7,5 Millionen € gilt das Filmprojekt „Iron Sky“ als eines der umfangreichsten Crowdfunding-Projekte weltweit. 6,3 Millionen € wurden über klassische Filmfinanzierung gesammelt. Der restliche Betrag soll von der Crowd kommen. Bis Mitte April 2012 wurden hierüber in einem Zeitraum von über drei Jahren 686.270€ erreicht und damit 76% der erhofften Finanzierung durch die Internetnutzer erzielt. Im Unterscheid zu den meisten CrowdfundingPlattformen gibt es hier nicht das „Alles-oder-Nichts-Prinzip“. Der Spielfilm ist unabhängig vom Erfolg der Finanzierung am 4. April 2012 in die deutschen Kinos gekommen. Zuschauer ins Kino, bekommt jeder sein Investment zurück. Bei doppelter Zuschauerzahl beträgt die Rendite 150 %. Neben dieser Form des Crowdinvestings wurden typische Gegenleistungen an die Crowd angeboten, wie die Nennung im Abspann oder Premieren-Tickets. Stromberg nutzt bei der Kampagne das Cofunding-Modell. Der andere Teil des Gesamtbudgets der Produktion wurden über klassische Filmförderungen, Sponsoring und RisikoGeldgeber eingespielt. Für 50.000€ konnte man Pate einer Figur werden und deren Name und Charakter mitgestalten oder mittels Product-Placement seine Marke in den Film integrieren. Anders als bei Iron Sky wurden die einzelnen Finanzierungsarten in Abhängigkeit gesetzt: Kommt die eine Million € nicht zustande, wird der Film nicht produziert. Crowdinvesting: Crowdfunding für Startups Rekordfinanzierung Stromberg Den Rekord in vielerlei Hinsicht hat in nur sechs Tagen das geplante Kinofilm-Projekt “Stromberg” im Dezember 2011 geschafft. Eine Million € sollten mittels Crowdfunding gesammelt werden. Die Unterstützer wurden bei diesem Projekt zu Investoren und können nun am Erfolg des Filmes in den Kinos mitverdienen. Anteile konnten für jeweils 50€ gekauft werden. Die Anzahl der Anteile waren auf 20 Stück pro Person, also auf 1.000€ begrenzt. Das Modell hinter dieser Crowdfunding-Kampagne lautet: Kommen eine Million € per Crowdfunding zustande, wird der Film produziert. Gehen eine Million Seite 10 - co:funding Handbuch 2012 Ende 2011 starten die ersten Crowdinvesting-Plattformen mit seedmatch.de und innovestment.de. Hierüber können nun Geschäftsideen online nach den Prinzipien des Crowdfundings finanziert werden. Innerhalb von nur 24 Tagen konnte so beispielsweise die PatentCommunity bluepatent.com als drittes erfolgreiches Startup über Seedmatch 100.000€ von 163 Investoren sammeln. Nach den ersten acht Monaten seit dem Start von Crowdinvesting in Deutschland konnten auf diese Weise neun Startups mit einer Gesamtsumme von ca. 850.000€ über Seedmatch finanziert werden. Herausgeber tyclipso.me © 2012- Seite 11 Über innovestment.de kommen weitere fünf erfolgreiche Startups mit einer Gesamtsumme von ca. 390.000€ hinzu. Die Startups brechen im Hinblick auf die Finanzierung Geschwindigkeitsrekorde: So konnte zum Beispiel in nur 87 Minuten das Startup easyCard finanziert werden, bei dem man Personen- und Sachversicherungen einfach online kaufen kann. Der Erfolg von Crowdfunding in der Presse Die Berichterstattung über Crowdfunding ist 2012 in den Massenmedien angekommen. RTL berichtet im Nachtmagazin und bei RTL Aktuell über verschiedene Anwendungsfelder von Crowdfunding. Der Dokumentarfilm von Klara Harden über Madagaskar wurde in einem Reise-Crowdfunding-Special vorgestellt. Bei Spiegel Online schreibt der bekannte Internet-Punk Sascha Lobo eine umfassende Betrachtung zu Crowdfunding und bezeichnet es „[...] als den logisch nächsten Schritt von ‘Social Media’, die Metamorphose des Like-Buttons in Geld. Bisher konnte man von Likes und Liebe nicht leben, aber mit dem langsamen Aufstieg des Crowdfundings zeigt sich, ob der Fan zurecht Fan heißt oder doch nur Teil einer ipadverlosungserregten Klickhorde war.“ Sascha Lobo weist so auf die Nachhaltigkeit von Crowdfunding hin und betont die Vorteile gegenüber dem Like-Button, der hier exemplarisch für die meisten Social-Communities steht. Schneller waren diesmal die Schweizer mit der Plattform investiere.ch, die bereits im Jahr 2010 online ging, gefolgt von c-crowd.com im Jahr 2011. Die Finanzierungssummen sind bei beiden Plattformen nicht offen einsehbar. Die Plattform investiere.ch hat derzeit zehn Startups erfolgreich finanziert (Stand April 2012). Der Erfolg der ersten Crowdinvesting-Projekte hat eine Vielzahl neuer Plattformen in Startposition gebracht. Im April 2012 planen bereits sieben weitere Plattformen in Deutschland online zu gehen: gruenderplus.de, devexo.com, mashup-finance.de, deutsche-mikroinvest.de, lhinker.com, wlcm.in und bergfuerst.com. Seite 12 - co:funding Handbuch 2012 Jürgen Vielmeier gehört mit dem Blog basicthinking.de heute zu den Top5-Blogs in Deutschland und betont noch einmal die Besonderheit dieses Trends: „Crowdfunding – was für ein schöner Trend! [...] Gute Projekte werden einfach von jedermann gefördert, und nicht mehr von gelangweilten Bankangestellten abgelehnt, die nur an Rendite denken. Nachteile? Bisher wenige zu erkennen.“ Für viele Projektinitiatoren ist Crowdfunding zunächst ein Experiment – ein Schritt um eine neue Finanzierungsmethode zu testen und sich eine Online-Reputation aufzubauen. Genau das hat der Berliner Architekt Van Bo Le-Mentzel erfolgreich umgesetzt. Er startete 2011 mit der Hartz IV-Wohnung sein erstes Crowdfunding-Projekt und sammelte von 64 Unterstützer mehr als 5.000€ für die Finanzierung einer Ausstellung ein. Im Folgejahr ging er einen Schritt weiter und Herausgeber tyclipso.me © 2012- Seite 13 Die ersten WiederholungsCrowdfunder kündigte an, ein Buch über die Hintergründe der Hartz IV Möbel zu machen. Für die Druckkosten benötigte er lediglich 5.000€. Am Ende konnte Van Bo Le-Mentzel mit einer Finanzierung von 263% den deutschen Rekord beim sogenannten Überfunding erzielen. Das Projekt konnte mithilfe von 354 Unterstützern mit einer Summe von 13.159€ finanziert werden und gehört damit im Hinblick auf die Vernetzung des Projektes zu einem der derzeit erfolgreichsten Crowdfunding-Projekte in Deutschland. Auf seiner Pinnwand diskutierten über 60 Menschen rege über das zu entstehende Buch. Denn das Projekt ist ein wirkliches Crowd-Projekt, bei dem die OnlineCommunity alle Schritte von der Idee bis zur Gestaltung der Buchseiten mitbestimmen konnte. Die FAZ nutzt das Projekt als Aufhänger, um über über die Chancen von Crowdfunding zu schreiben und titelt: „Mit Kleckerbeträgen die Welt retten.“ Internationale Erfolge in Millionenhöhe mitentwickelt hat. Bis zu diesem Zeitpunkt waren insgesamt ca. 1,7 Millionen US$ für Spieleprojekte auf Kickstarter eingegangen. Kurz darauf folgten weitere ca. 3 Millionen US$ für andere Spieleprojekte auf der Plattform. Spieleentwickler Brian Fargo startete die Fortsetzung seines postapokalyptischen Rollenspiels Wasteland und und Al Lowe plant ein weiteres Remake von Leisure Suit Larry. Mit diesen Projekten ist die Bewegung kickingitforward.org entstanden, bei der innerhalb eines Monats bereits über 60 KickstarterProjekte teilnahmen. Mit der Platzierung eines KickingitforwardBadges im Projekt sichert man zu, 5% der Projekt-Gewinne nach der Veröffentlichung an weitere Projekte auf der Plattform zur Verfügung zu stellen. Förderung von Gemeinnutz durch freiwillige Abgaben Die Idee ist vergleichbar mit dem Crowdfonds auf startnext.de, mit dem kreative Projekte auf Startnext über Wettbewerbe oder die Auswahl des Advisory Boards nochmal zusätzlich gefördert werden. Der Crowdfonds füllt sich, indem Unterstützer beim Funding eine zusätzliche Spende geben, von der 50% in den Crowdfonds gehen und die anderen 50% zur Weiterentwicklung der Plattform eingesetzt werden. Der Crowdfonds von Startnext Der beschriebene Erfolg von Crowdfunding geht auch nicht an der Filmindustrie vorbei. Auf kickstarter.com geht mit dem Projekt “CAPITAL C - how the crowd liberates itself” eine Dokumentarfilm mit einem Budget von 80.000 US$ online. Der Initiator hinter der Die erste Crowdfunding Dokumentation Der Erfolg einiger Projekte auf Kickstarter nimmt inzwischen unvorstellbare Größen an. Im Jahr 2011 wurden über die US-amerikanische Plattform knapp 100 Millionen US$ gesammelt. Innerhalb dieser zwölf Monate sind 27.000 Projekte online gegangen, wovon ca. 12.000 erfolgreich finanziert wurden. Eine Erfolgsgeschichte schreiben dabei im Jahr 2012 die Computerspiele. Mit 3,33 Millionen US$ ist das Projekt “Double Fine Adventure” das erfolgreichste Crowdfunding-Projekt in der Geschichte. 87.142 Supporter haben sich bereits im Vorfeld das geplante Pointand-Click-Adventure mit oder ohne diverse Prämien gesichert. Hinter dem Projekt steht der Spieleentwickler Tim Schafer, der bereits Klassiker wie Monkey Island, Day of the Tentacle und Grim Fandango Seite 14 - co:funding Handbuch 2012 Herausgeber tyclipso.me © 2012- Seite 15 Kampagne, Timon Birkhofer, wirft in einem Interview mit Julian Grandke folgende Frage auf: „Warum hat bisher noch niemand eine Doku über Crowdfunding gemacht? Das Thema hat alles, was ein Dokumentarfilmer sich nur wünschen kann: Dynamik, Helden, spannende Geschichten, weltweite Relevanz.” In der Dokumentation ist es geplant, alle wichtigen US-amerikanischen Crowdfunding-Experten und -Akteure zu interviewen und über das Potenzial und die Risiken von Crowdfunding zu sprechen. Neben dem Film soll ein Buch und eine Soundtrack-CD entstehen. Das Projekt wird mit einer Website und einem Blog unter capitalc-movie.com begleitet. 2000 2004 Die Dokumentation „The Age of Stupid“ sammelt über 5 Jahre bis 2009 per Crowdfunding 900.000 € ein. 2006 Sellaband wird gegründet und erreicht mit dem Begriff Crowdfunding als Plattform erstmals Bekanntheit. 2008 Indiegogo und spot.us werden gegründet. 14. Oktober 2009 Die Crowdinvesting Plattform Seedmatch geht online. Gründung von Artistshare als CrowdfundingPlattform für Musiker 22. Januar 2004 Das Prinzip Crowdfunding wird von Artistshare als Patent angemeldet. Der Rechtsstreit mit Kickstarter läuft bis heute. August 2006 Michael Sullivan formuliert als erster den Begriff Crowdfunding (fundavlog). 2009 Kickstarter, die heute größte Plattform in den USA geht online; gefolgt von rockethub und pledgemusic. 4. Februar 2010 Mit investiere.ch startet die erste Crowdinvesting Plattform in der Schweiz. 1. Juni 2010 Diaspora wird mit 2.000% überfinanziert und erreicht $ 200.641 auf kickstarter. 21. Oktober 2010 inkubato und mysherpas gehen online und schalten mit startnext gemeinsam die Finanzierung frei. 15. April 2011 Die erste Crowdfunding Konferenz in Deutschland ist mit 350 Personen ausgebucht. Auf der co:funding sprechen u.a. Maxwell Salzberg (Diaspora). August 2011 Crowdfunding erreicht hohe Aufmerksamkeit in Dtl. durch die Finanzierung des Pornos „Hotel Desire“ mit 170.000 €. Februar 2012 Crowdfunding startet in der Schweiz mit wemakeit und kurz danach launcht 100-days.net 16. März 2012 Tino Kreßner Crowdinvestment Rekord: EasyCARD holt 100.000 € in nur 87 Min (147 Investoren). 21. April 2012 Gegenüberliegende Seite: Crowdfunding-Timeline mit allen wichtigen Meilensteilen Die 5 dt. Plattformen erreichen die Fundingsumme von 1 Mio. €. 4. Mai 2012 Die 2. co:funding Konferenz findet in Berlin statt. Dieses Jahr mit dem Fokus auf Crowdinvesting. Die Plattform bergfuerst.com launcht offiziell auf der Konferenz. Seite 16 - co:funding Handbuch 2012 März 2010 Crowdfunding startet in Dtl. mit dem Blog startnext.de und diversen Fachvorträgen. 10. September 2010 startnext geht auf der stARTconference online. 2011 5 Jahre wird auf der Website MyMilliondollarmovie.com für $10 sog. Frames für den Spielfilm „A Little Bit Zombie“ verkauft. Die Finanzierung für das Crowdfunding Projekt ist erfolgreich und die Dreharbeiten beginnen. August 2011 Crowdinvesting startet in Deutschland. Erste Startups auf Seedmatch gehen online. Dezember 2011 Das Kinofilm-Projekt zu „Stromberg“ erreicht in nur 6 Tagen 1 Mio. € per Crowdinvesting. 14. März 2012 Double Fine Adventure bricht auf kickstarter den Rekord: $ 3,33 Mio. mit 87.142 Supportern. Kurz danach folgen viele weitere Spielprojekte und die Initiative kickingitforward.org wird gegründet. 4. April 2012 Iron Sky kommt in die Kinos. Der Spielfilm sammelte ca. 700.000 € per Crowdfunding. 19. Mai 2012 $ 6 Mio. in nur 11 Tagen: Die E-Paper Watch Pebble bricht auf Kickstarter alle Rekorde. Am 19. Mai endet das Projekt und die Chance auf die erste zweistellige Millionen per Crowdfunding. Herausgeber tyclipso.me © 2012- Seite 17 CrowdfundingPlattformen als Bühne Wie funktioniert Crowdfunding Effekte von Crowdfunding Aus Sicht der Projektinitiatoren Crowdfunding ist eine schnelle, unbürokratische und risikofreie Finanzierungsmöglichkeit, die mit anderen Fördermöglichkeiten kombiniert oder alternativ eingesetzt werden kann. Das Modell basiert auf dem Vertrauens-Prinzip, denn die Vorfinanzierung durch die Unterstützer erfolgt zu einem wesentlich früheren Zeitpunkt als die Umsetzung des Projektes. Der Projektinitiator kann über die Verwendung des gesammelten Geldes verfügen und bleibt unabhängig, solange er das Projektziel erreicht. Beim Crowdfunding für kreative Projekte vergibt der Initiator keinerlei Anteile an die Unterstützer, ganz im Gegensatz zur Beteiligung an einem Startup durch Crowdinvestment. Da sich Crowdfunding in Deutschland noch in der Anfangsphase befindet, sollten Projektinitiatoren, abhängig von der Größe des Projektes, Crowdfunding zunächst als Teil- bzw. Anschubsfinanzierung verstehen. Finanzierung Die frühzeitige Einbindung des potenziellen Publikums in die Entwicklung von Projekten oder Produkten bietet auch Labels, Verlagen oder Kreativunternehmen vollkommen neue Möglichkeiten für eine Potenzial- und Marktanalyse. Die Resonanz der Community auf eine Projektidee ist ein früher Indikator für dessen Erfolgschancen. Potenzialanalyse Die Einbindung von Gegenleistungen ermöglicht es Projektinitiatoren zugleich den Vertrieb zu organisieren, ohne dass Vermittler wie Agenturen, Labels, Verlage oder Verleihfirmen unbedingt notwendig sind. Die freiwillige Unterstützung der Crowd ermöglicht die Vorfinanzierung der Produkte und damit die Realisierung der Ideen beziehungsweise die Aufrechterhaltung der kreativen Angebote. Vertrieb Die Erstellung eines Crowdfunding-Projektes ist bei allen Crowdfunding-Plattformen ähnlich. Der Projektinitiator beschreibt seine Idee mit Texten, Bildern und einem Video, setzt eine Finanzierungshöhe sowie einen -zeitraum fest, bis wann er das Budgetziel erreichen möchte. Er erstellt Dankeschöns in gestaffelter Höhe, die seine Fans als Gegenleistung für ihre finanzielle Unterstützung erhalten. Schließlich kommuniziert der Projektinitiator sein Projekt in seinem Netzwerk, im Freundes- und Familienkreis, bei seinen Fans, Lesern oder Hörern. Die Plattformen bieten den Projektinitiatoren dafür die Anbindung an soziale Netzwerke, einen Blog und eine Pinnwand auf der Projektseite sowie ein Projekt-Widget mit einer kleinen Vorschau, das auf einfachem Wege in die eigene Website integriert werden kann. Die Projektinitiatoren bekommen das Geld beim Großteil der Plattformen nur ausgezahlt, wenn das Budgetziel erreicht wird (Alles-oder-Nichts-Prinzip). Gelingt das nicht innerhalb der geplanten Zeit, geht das Geld wieder an die Unterstützer zurück und kann in neue Projekte gegeben werden. Abbildung: Schritte im Crowdfunding-Prozess Vorbereitung Startphase (Crowdsourcing) 1. Projekt erstellen 2. Projekt testen Projektbeschreibung Video und Bilder Laufzeit Budget Gegenleistungen Kommunikationsplan 3. Projekt bewerben 4. Projekt finanzieren lassen Freischaltung für die Crowdfundingphase Feedback der PlattformBetreiber Projekt bearbeiten Crowdfundingphase Feedback aus der Community Netzwerk ansprechen Fans sammeln Feedback einholen Projektdarstellung verbessern Social Media Pressearbeit E-Mails, Blogs Events Reaktivierung der Community mit einem neuen Projekt Seite 18 - co:funding Handbuch 2012 Abschluss des Crowdfundings scheitert Unterstützer erhalten Geld zurück erfolgreich Idee wird realisiert Unterstützer erhalten Gegenleistungen Damit verändert sich die Rolle der Konsumenten: Beispielsweise kaufen die Leser nicht mehr nur das Magazin im Laden, sondern sie begleiten den kreativen Prozess, geben Feedback und können sich möglicherweise sogar bei der Auswahl von Themen einbringen. Wenn die Fans Ideen mitentwickeln und sie durch ihre Beteiligung zum Leben erwecken können, werden sie gern in ihrem Netzwerk darüber reden und das Projekt bekannt machen. Herausgeber tyclipso.me © 2012- Seite 19 Crowdfunding-Kampagnen kombinieren Finanzierung, Marketing und Kommunikation, so dass für Kultur- und Kreativschaffende an diesem Punkt eine sinnvolle Verknüpfung entsteht. Der Projektinitiator veröffentlicht seine Idee schon in einem frühen Planungsstadium und gewinnt über die Projektseite mit geringem Kostenaufwand eine maximale Reichweite bei seinem potenziellen Publikum. Jeder überzeugte Unterstützer wird die Projektidee weitertragen, da er zum einen stolz ist, ein Projekt entdeckt und unterstützt zu haben, und zum anderen natürlich möchte, dass das Projekt erfolgreich wird. Neben der finanziellen Beteiligung ist auch eine inhaltliche Mitgestaltung durch die Fans im Sinne von Crowdsourcing möglich. Abhängig vom Projekt gibt es dafür zahlreiche Möglichkeiten der Involvierung: Beispielsweise kann ein Filmemacher nach Schauspielern suchen, ein Erfinder kann über die Farben seiner neuen Produkte abstimmen lassen oder eine Redaktion kann die Leser bei der Themenfindung einbinden. Crowdfunding Effekte Kommunika tio n kreative Projektidee Finanzieru ng Marketing / Ve rtr i eb Reputat ion Kommunikation und Marketing Aus Sicht der Projektunterstützer Als Crowd können alle bezeichnet werden, die im Internet agieren und für eine Förderung über eine der Plattformen ansprechbar sind. Dazu gehören die Kreativen selbst, Kulturinteressierte, Unternehmer und Politiker – niemand ist hierbei ausgeschlossen. Derzeit fördern auf Crowdfunding-Plattformen insbesondere internetaffine Nutzer. Die aktuelle Herausforderung ist es, Crowdfunding als Methode zur Finanzierung kreativer Ideen in der Masse bekannt zu machen. Motivation von privaten Crowdfundern Die Motivationsgründe der privaten Unterstützer von CrowdfundingProjekten sind vielfältig: Crowdfunding ist eine innovative Möglichkeit, um neue Ideen zu entdecken, zu verfolgen und mit der eigenen Unterstützung zu deren Realisierung beizutragen. Jeder hat damit die Möglichkeit die Kulturund Kreativlandschaft mitzugestalten. Kreativität fördern Einzigartige Dankeschöns als Gegenleistung für die finanzielle Unterstützung sind ein großer Anreiz für die Crowd und entsprechen eher dem Konsumgedanken. Der Konsument wird eingeladen, das Produkt schon vor Fertigstellung zu bewerten, daran mitzuwirken und von der Entwicklung beispielsweise durch limitierte Produkte zu profitieren. Gegenleistungen als Anreiz Da die Crowdfunding-Prozesse in der Regel öffentlich und transparent stattfinden, macht der Unterstützer sein Engagement sichtbar und baut Reputation auf bzw. profitiert möglicherweise auch von der Reputation des Projektinitiators. Die Motivation dies öffentlich zu tun, ist zeitgemäß und entspricht denselben Gründen, weswegen soziale Netzwerke heute überhaupt so erfolgreich sind. Auf einigen Plattformen ist es dennoch möglich, Projekte auch anonym zu unterstützen. Aufbau von Reputation Abbildung: Effekte und Potenziale von Crowdfunding Denis Bartelt, Anna Theil Seite 20 - co:funding Handbuch 2012 Herausgeber tyclipso.me © 2012- Seite 21 Erfolgsfaktoren von Crowdfunding-Projekten Die ersten Datenerhebungen lassen einen positiven Ausblick zu: Seit Beginn der Crowdfunding-Bewegung in Deutschland konnten rund 250 Projekte erfolgreich von der Crowd finanziert werden. Die Erfolgsquote von Crowdfunding liegt nach ersten Erfahrungen hierzulande bei etwa 40%. In Anbetracht dieser Quote und der Vielzahl erfolgreich abgeschlossener Projekte stellt sich die Frage, welche Faktoren den Projekterfolg beeinflussen. Die bedeutendsten Erfolgsfaktoren werden im folgenden Artikel näher erläutert. Optimale Planung der Kampagne Die Realisierung einer Crowdfunding-Kampagne ist kein „Selbstläufer“, sondern erfordert vom Projektinitiator eine gründliche Vorbereitung. Vor der eigentlichen Planung lohnt es sich das eigene Vorhaben zu analysieren, Projektziele herauszuarbeiten und sein Netzwerk – den Bekanntenkreis, Fans und potenzielle Konsumenten – genauer zu betrachten. Darauf aufbauend können Zielgruppen definiert, ein realistisches und potenziell mögliches Budget abgeschätzt sowie zielgruppenspezifische Gegenleistungen entwickelt werden. Im Hinblick auf die Ansprache der Zielgruppen sollte im Vorfeld geplant werden, welche Kommunikationskanäle mit welcher Intensität genutzt werden sollen. Es ist empfehlenswert einen Projektablaufplan mit unterschiedlichen Meilensteinen für die CrowdfundingKampagne zu entwickeln und diesen regelmäßig auch im Hinblick auf das Feedback der Fans und Projektunterstützer zu überarbeiten. Inspiration von anderen Crowdfunding-Projekten Bevor eine Crowdfunding-Kampagne gestartet wird, ist es ratsam sich einen Überblick über erfolgreiche Crowdfunding-Projekte zu verschaffen, um Ideen für die eigene Projektdarstellung zu entwickeln. Ferner geben Plattformbetreiber wichtige Hinweise bezüglich einer guten medialen Projektpräsentation, der Auswahl von Gegenleistungen sowie der Festlegung einer geeigneten Laufzeit und eines realistischen Ziel-Budgets. Projektidee in Szene setzen Die Projektbeschreibung soll die Zielgruppe von der Idee begeistern und sie zur Unterstützung aktivieren. Damit dies gelingt, sollte die Idee kurz und authentisch beschrieben werden und vor allem mit Medieninhalten, wie einem Pitch-Video, Bildern oder Audiodateien unterlegt werden. Neben der Unterhaltung des Nutzers wird damit auch die Teilbarkeit der Projektidee im Netz erleichtert. Seite 22 - co:funding Handbuch 2012 Das Pitch-Video ist eines der wichtigsten Elemente einer Crowdfunding-Kampagne und ermöglicht es dem Projektinitiator, ohne großen Aufwand, seine Motivation und die Hintergründe des Projektes transparent und authentisch darzustellen. Mit einem Video von maximal drei Minuten Länge kann das Vertrauen von potenziellen Unterstützern gewonnen, die Motivation einer Projektunterstützung erhöht und die Erfolgsaussichten eines Projektes gesteigert werden. Neben der Chance, mit einem unterhaltsamen Video auf seine Idee aufmerksam zu machen, können Fans zudem das Video schnell und einfach in ihrem Netzwerk verbreiten. Das Video sollte folgende Aspekte beinhalten: Alexandra Harzer Projektbetreuung Startnext » kurze Vorstellung des Initiators » Vorstellung der Projektidee » Erklärung, wie viel Geld wofür benötigt wird und um Unterstützung bitten » Aufzeigen der Gegenleistungen für die Projektunterstützung » Link zur Projektseite Es ist leichter, das Interesse der Community zu wecken, wenn man einen kürzeren Finanzierungszeitraum wählt. Empfehlenswert ist eine Laufzeit zwischen 30 und 60 Tagen. Eine lange Laufzeit hat für den Projekterfolg eher einen gegenteiligen Effekt. Kurze Projektlaufzeit Das Budget sollte realistisch und transparent dargestellt werden. Bei Projekten mit sehr hohen Budgets ist es sinnvoll zunächst nur eine Teilsumme über Crowdfunding zu finanzieren und zunächst die Resonanz der Idee bei der Zielgruppe zu testen. Rund 40% des angestrebten Budgets kommen mit Finanzierungsbeginn i.d.R. aus dem schon bestehenden Netzwerk von Fans, Freunden und der Familie, bevor andere Nutzer es entdecken und unterstützen. Im Hinblick auf geplante Werbemaßnahmen und das Finanzierungspotenzial der Zielgruppen empfiehlt es sich eine mögliche Überfinanzierung des Projektes bei der Bestimmung des Zielbudgets zu berücksichtigen. Realisitisches Finanzierungsziel Kreative und individuelle Gegenleistungen bieten große Anreize Projekte zu unterstützen und steigern damit signifikant den Erfolg einer Crowdfunding-Kampagne. Um dem Unterstützer die Auswahl zu erleichtern, sollte der Projektinitiator nicht zu viele Gegenleistungen Gegenleistungen als Anreiz Herausgeber tyclipso.me © 2012- Seite 23 anbieten: Fünf Pakete in gestaffelter Höhe von kleinen bis großen Unterstützungssummen und klar unterscheidbaren Inhalten sind optimal. Bestimmte Produkte sollten nur innerhalb einer Crowdfunding-Kampagne erhältlich sein. Zudem sollten Kosten für Gegenleistungen wie beispielsweise Versandkosten einkalkuliert werden. Best Case: Hartz IV Möbel Buch Gegenleistungen können z.B. sein: Getreu seinem Motto „Build more - Buy less“ wollte der Projektinitiator Van Bo Le-Mentzel ein Do-it-yourself Buch über die Hintergründe seiner “Hartz IV Möbel” veröffentlichen. Unterstützer konnten sich an diesem Projekt nicht nur finanziell beteiligen, sondern auch eigene Ideen und Bauanleitungen einbringen. » » » » » Exklusive Eintrittskarten zur Premiere Gespräche mit den Künstlern Statistenrollen DVD mit Danksagung und Autogramm Besuch im Modeatelier Interaktion mit der Crowd Eine Projektfinanzierung über Crowdfunding ist nur möglich, wenn man die Crowd aktivieren kann. Crowdfunding macht sich vor allem die Effekte der Vernetzung im Internet zunutze. Durch die Nutzung unterschiedlichster Online-Kanäle, wie beispielsweise soziale Netzwerke, Foren oder Blogs, kann die Projektidee schnell und günstig verbreitet werden. Kommunikation über unterschiedliche Kanäle Um auch weniger internetaffine Nutzer ansprechen zu können, lohnt sich vor allem die Nutzung klassischer Medien: Die regionale Presse sowie Radio- und TV-Sender sind eine wichtige Anlaufstelle. Abhängig vom Projekt bietet sich auch die Bekanntmachung der Crowdfunding-Kampagne über Veranstaltungen, Flyer und Plakate an. Es ist sinnvoll Multiplikatoren wie Blogger oder Künstler einzubinden, die dabei helfen die Crowdfunding-Kampagne bekannt zu machen und die Projektidee zu verbreiten. Während der laufenden Kampagne ist es besonders wichtig, die bestehenden Fans und Unterstützer über den Projektverlauf zu informieren, auf das Feedback der Crowd zu antworten oder Fans in projektbezogene Entscheidungen zu involvieren. Die Erfahrungen zeigen, dass Unterstützer die Projektidee in dem Maße weiterempfehlen und verbreiten, in dem sie sich mit dem Projekt verbunden fühlen oder sogar in das Projekt involviert werden. (Quelle: Crowdfunding-Monitor von für-gründer.de 2012) Seite 24 - co:funding Handbuch 2012 Kategorie Literatur & Journalismus I Zielbudget 5.000 € I erreichtes Budget 13.159€ (263%) I Unterstützer 354 I Fans 440 I Anzahl Gegenleistungen 7 Erfolgsfaktoren Van Bo Le-Mentzel sammelte bereits im Sommer 2011 mit seinem Projekt „Hartz IV Wohnung“ erste Crowdfunding-Erfahrungen. Durch sein erstes Projekt konnte er nicht nur die Kosten einer Möbelausstellung decken, sondern sich zudem eine stetig wachsende Crowdfunding-Community aufbauen. Berichte im Fernsehen und in Zeitungen steigerten die Bekanntheit der Hartz IV Möbel und boten eine gute Voraussetzung für die erfolgreiche Finanzierung seines zweiten Projektes. Während der gesamten Kampagne wurden Unterstützer und Fans aktiv in das Projekt involviert und nicht nur zur finanziellen Unterstützung, sondern auch zur aktiven Beteiligung an den Inhalten des Buches angehalten. Die hohe Nachfrage der Unterstützer hat dazu geführt, dass der Kunstverlag Hatje Cantz auf die Kampagne aufmerksam geworden ist und das Buch in das Verlagsprogramm aufgenommen hat. Herausgeber tyclipso.me © 2012- Seite 25 Checkliste Projektinitiatoren mediale Ausarbeitung Projektplan erstellen » aussagekräftige, thematische und emotionale Bilder und Grafiken in guter Qualität » Kopfgrafik, Projektbilder, übergeordneter Teaser/Titelgrafik mit geringer Detailtiefe » Zielgruppenpotenzial abschätzen, Vergleich mit ähnlichen Crowdfunding-Projekten » relevanten Kommunikationskanäle festlegen, Kommunikationsplan erstellen » Unterstützer identifizieren und eine Multiplikator-Strategie definieren, um das Projekt - online wie offline - bekannt zu machen (eigenes Netzwerk, Blogger, Journalisten) Projektdarstellung ausarbeiten Pitch-Video erstellen » Initiatoren stellen sich und das Projekt vor, wenn möglich bisherige Erfahrungen nennen » authentische Vermittlung der Projektziele, Gründe für Support und Supporter-Benefit nennen, ggf. auf die Belohnungen hinweisen » Videolänge 2 - 3 Minuten, keine Teaser/Trailer Inhalt/Idee des Projektes aufbereiten Projektkommunikation » kompakte und exakte Darstellung erarbeiten, Essenz für Kurzbeschreibung » aussagekräftiger Projekttitel, prägnante Formulierungen Projekt-URL als zentrale Schnittstelle der Kommunikation Pinnwand / Blog / Updates der Projektseite Projektinitiatoren vorstellen » Transparenz und Authentizität vermitteln » Initiatorprofil ausfüllen, Referenzen nennen, kontinuierliche Pflege » Kommunikation der Fans und Unterstützer nutzen » Exklusive Inhalte liefern, nur für Unterstützer (VIP-Funktion) » spannende Updates generieren, Pressematerial, Bilder etc. Finanzierung: realistisches Budget definieren Einbindung der Crowd an flexiblen Inhalten (Crowdsourcing) » Verwendung des erzielten Fundings erklären, auch bei Teilfinanzierung » Nennung von Eigenleistungen und Sponsorengeldern » bei Überfinanzierung geplante Verwendung erklären » in den Projektverlauf, Belohnungen, ggf. Projektumsetzung Belohnungen/Gegenleistungen/Supporter-Benefits » Belohnungen als (Teil-)Ergebnis des Projekts, z.B. ein Buch » nur exklusive Belohnungen, Rabatte sind keine sinnstiftenden Belohnungen » realistisches Preis-Leistungsverhältnis, Tipp: Staffelungen zw. 20 - 80€ sind beliebt » sinnvolle Staffelung (zw. 3 - 9): 10€, 25, 50€, 75€, 100 €, 200€ Seite 26 - co:funding Handbuch 2012 Social Media » Facebook/Twitter/ Google+ Page, evtl. Blog für das CrowdfundingProjekt erstellen » Pitch-Video auch in YouTube/Vimeo hochladen » kontinuierliche Projektupdates mitteilen Projektkommunikation auch nach erfolgreichen Abschluss aufrecht erhalten Herausgeber tyclipso.me © 2012- Seite 27 Crowdfunding ermöglicht Innovationen Häufig passen kreative Ideen und Erfindungen in frühen Phasen der Projektenwicklung nicht in die Förderraster von öffentlichen Förderinstitutionen oder Stiftungen. Auch Banken tun sich schwer mit Mikrokrediten und das Einwerben von Venture Capital erfordert bereits sehr ausgeklügelte Business- und Beteiligungspläne. Oft hat das zur Folge, dass innovative Projektideen nicht umgesetzt werden, da es an den, wenn auch geringen, aber dringend benötigten Mitteln fehlt. Crowdfunding funktioniert nach anderen Prinzipien und ist deshalb als echte Chance und Innovationsmotor zu verstehen. Durch die Einbindung von demokratischeren Förderstrukturen wird ein Paradigmenwechsel stattfinden. Damit der Kreativsektor und die Wirtschaft sich gegenseitig Impulse geben können und kleine Triebe erfolgreich werden, ist es wichtig Schnittstellen zu schaffen, wie sie auf Crowdfunding-Plattformen sichtbar werden. Idee und Chance vor Wirtschaftlichkeit Investieren in Projekte und Unternehmen Projektinitiatoren müssen nicht von der ersten Phase an die Wirtschaftlichkeit ihrer Projektidee nachweisen, sondern versuchen zunächst Unterstützer von der Idee zu begeistern und sie emotional in das Projekt einzubinden. Der Glaube an das Projekt ist die Basis für Geldgeber. Da der erste Kontakt mit den Kosumenten und nicht mit den Entscheidern stattfindet, wird es zur beschleunigten Realisierung von innovativen Ideen kommen. Die Entkopplung von der Erwartung an Wirtschaftlichkeit beim Crowdfunding wird neue Denkwege ermöglichen. Beim Crowdinvesting findet das Crowdfunding-Prinzip eine spezifische Form, die eine Gewinnbeteiligung oder Anteile an dem zu fördernden Unternehmen zulassen. Im Gegensatz zum Crowdfunding von kreativen Projekten mit dem einfachen Prinzip der Gegenleistungen, ist Crowdinvesting jedoch bereits um einiges komplizierter und erfordert komplexere Mechanismen der Auswahl, Vertragswerke und Überwachung. Schließlich geht der Crowdinvestor eine oft mehrjährige Beziehung mit dem jeweiligen Unternehmen ein. Die Plattformen stehen hierfür als Vermittler und Qualitätsselektoren da, können aber den Einzelerfolg eines Investments ebensowenig garantieren, wie dies auf den Crowdfunding-Plattformen für Kreative der Fall ist. Seite 28 - co:funding Handbuch 2012 Mit dem Crowdinvesting entstehen demnach auch größere Risiken für die Geldgeber als beim Crowdfunding. Die Investitionssummen liegen aktuell durchschnittlich zwischen 250 bis 1.000€. Das ist Geld, was der Investor möglicherweise verlieren kann. Beim Crowdfunding in kreative Projekte rechnet man hingegen lediglich damit, dass das gelieferte Endprodukt mal nicht ganz den Erwartungen entspricht. Steigendes Risiko für die Investoren Dennoch, im Crowdinvesting steckt riesiges Potenzial, denn die Risiken werden auf viele Schultern verteilt und jeder Investor bestimmt in seinem Portfolio, wo er genau investieren will. Das erfordert auf der einen Seite Disziplin, die viele in der Crowd erst lernen müssen, auf der anderen Seite bringt es die erforderliche Dynamik ins Spiel, die Banken und Fördereinrichtungen heute nicht bieten können. Dynamik Die aktuellen Grundlagen für Crowdinvesting stellen derzeit eher eine Lücke in der Regulierung dar, als ein festes, zukunftsweisendes Grundgerüst. Bisher dürfen Investitionen in Unternehmen nur bis zu einer Grenze von 100.000€ stattfinden, sofern für das Investitionsprojekt keine Prospektpflicht und somit auch Prospekthaftung bestehen soll. Lediglich Plattformen mit Banken-Lizenz (BaFin-Akreditierung) wären in der Lage solche Projekte in Millionenhöhe und entsprechendem Prospekt abzuwickeln. Auch hier wird Crowdinvesting in Zukunft neue Lösungen und Dienstleister hervorbringen. Aktuelle Grenzen Mit den aktuell erfolgreichen Crowdinvesting-Ansätzen hatten die Plattformen um investiere.ch, C-Crowd, Seedmatch und Innovestment kurzfristig die Nase vorn. Mit dem JOBS Act und darin inbegriffen dem Crowdfunding Act in den USA hat die Obama Administration jedoch die Weichen für eine Deregulierung zur Vereinfachung von Crowdfunding/-investing bis hin zu 1.000.000 US$ auf den Weg gebracht. Es ist nun ein entscheidender Schritt der Bundesregierung erforderlich, der das Thema auf die Agenda bringt und die Lücke schließt, das ein Kapitalbedarf zwischen 100.000 bis 1.000.000€ derzeit über Crowdinvesting kaum abgebildet werden können, aber zu mehr Innovationskraft in Deutschland führen würden. Zudem wünschen sich alle Beteiligten mehr Rechtssicherheit. (De)Regulierung Denis Bartelt, Gründer von Startnext Herausgeber tyclipso.me © 2012- Seite 29 Neues Gesetz legalisiert Crowdfunding in den USA Während Crowdfunding in Deutschland beim Gesetzgeber, noch wenig Beachtung findet, wurde im März 2012 in den USA ein Gesetz zum Thema Crowdfunding verabschiedet. Der „Capital Raising Online While Deterring Fraud and Unethical Non-Disclosure Act“, auch kurz „Crowdfunding Act“ genannt, ist Teil des sogenannten „Job Act“ und tritt mit dem Beschluss des US-Senats vom 22. März 2012 in Kraft. Das dort verabschiedete Gesetz soll in erster Linie zu Investitionen der privaten Haushalte anregen und es so Startups und Kleinfirmen erleichtern an Geld mittels Crowdfunding zu kommen. Im Rahmen dieses Gesetzes wurden regulatorische Hürden abgebaut, aber auch klare Richtlinien für die Finanzierung von Unternehmen mittels Crowdfunding festgelegt. Auswirkungen auf Crowdfunding-Plattformen ohne Investment-Möglichkeiten, wie kickstarter.com, hat das Gesetz keine. Das regelt der Crowdfunding Act Das sagen die Kritiker Crowdfunding-Plattformen, die sich mit der Finanzierung von Unternehmen befassen, müssen sich vorher bei der US-Börsenaufsicht registrieren. Unternehmen dürfen nicht mehr als eine Million US$ über diese Plattformen generieren und auch an die Unterstützer werden Anforderungen gestellt. So darf beispielsweise ein Unterstützer mit einem Jahreseinkommen von 40.000 US$ nur maximal zwei Prozent seines Einkommens in solche Modelle investieren. Die prozentuale Einteilung variiert je nach Gehalt. Vor dem „Job Act“ war es nur Unterstützern mit einem Vermögen von mindestens einer Million US$ und 200.000 US$ Jahresgehalt möglich sich an solchen Modellen zu beteiligen. Weiterhin wurde die maximale Zahl der privaten Teilhaber an Unternehmen von 500 auf 2.000 Personen angehoben. Die Deregulierung ist der größte Kritikpunkt des „Crowdfunding Acts“. Die Kritiker befürchten einen massiven Missbrauch dieses Modells und fürchten ähnliche Szenarien wie die Dotcom-Blase mit fatalen Auswirkungen auf die US-Wirtschaft. Befürworter erhoffen sich vor allem schnelles Kapital für junge Unternehmer und deren Ideen, da die Öffentlichkeit dieses oft schneller zur Verfügung stellt als derzeit die Banken. Die US-Regierung erhofft sich nichtzuletzt durch diese Maßnahmen, die Schaffung von Arbeitsplätzen. Seite 30 - co:funding Handbuch 2012 Aktuelle Gesetzes-Initiativen in Deutschland Jens-Uwe Sauer, der Gründer der Crowdinvesting-Plattform seedmatch.de kritisiert in einem offenen Brief auf seiner Plattform die aktuelle Gesetzeslage in Deutschland. Die Höhe des Beteiligungskapitals ist bei dieser Art der Finanzierung auf 100.000€ begrenzt. Dieser Betrag reicht für viele Startups nicht aus. Die Hürden eines öffentlichen Crowdinvestments werden ab diesen Betrag höher und sind nicht ohne zusätzlichen zeitlichen und finanziellen Aufwand zu realisieren. Laut § 8f Abs. 3 VerkProsG sind Crowdinvestment Projekte über 100.000€ prospektpflichtig. „Ausgenommen von der Prospektpflicht sind nur: (…) Angebote, bei denen von derselben Vermögensanlage im Sinne des Absatzes 1 nicht mehr als 20 Anteile angeboten werden oder bei denen der Verkaufspreis der im Zeitraum von zwölf Monaten angebotenen Anteile insgesamt 100.000€ nicht übersteigt oder bei denen der Preis jedes angebotenen Anteils mindestens 200.000€ je Anleger beträgt, (…)” Die aktuellen Kosten für ein Verkaufsprospekt liegen bei mindestens 12.000€ und einem Zeitwaufwand von mindestens zwei Monaten. „Bei Startups im Bereich zwischen 100.000€ und 200.000€ ist dieser Aufwand unverhältnismäßig hoch,“ so Sauer. Seine Forderungen sind daher wie folgt: „Eine Vereinfachung bei der Erstellung des Verkaufsprospekts, eine schnellere Prüfung durch die BaFin oder ein Verzicht auf die Prospektpflicht bei einem Crowdfunding bis eine Million Euro wären die Voraussetzung.” Um den Missbrauch zu verhindern, sollen Crowdinvesting-Plattformen nur mit einer offiziellen Zulassung agieren und die Höhe der Einzelinvestments auf 1.000€ begrenzt werden. Deutschland ist ein Land der Innovationen mit unzähligen Forschungseinrichtungen. Viele Geschäftsmodelle werden zum Teil mit deutschen Steuergeldern finanziert. Hier sollte Deutschland eine Vorreiterrolle einnehmen, so Sauer. Philipp Liekefett und Tino Kreßner, Startnext Herausgeber tyclipso.me © 2012- Seite 31 Crowdfunding für Startups: Unternehmensfinanzierung 2.0 Seedmatch Seedmatch ist als erste Crowdfunding-Plattform für Startups in Deutschland gelauncht worden. Beim Crowdfunding tragen viele Menschen mit kleinen Beträgen eine große Investmentsumme zusammen. Seedmatch hat dieses im Kunst- und Kulturbereich etablierte Finanzierungsmodell auf die Frühphasenfinanzierung von jungen Unternehmen übertragen. Damit wurde ein Paradigmenwechsel in der Finanzierung von Startups in Deutschland eingeleitet. Engagierten Entrepreneuren wird erstmalig eine Plattform bereitgestellt, um bereits in einer frühen Phase Kapital zu akquirieren und eine Vielzahl an Unterstützern zu gewinnen. Mikroinvestoren können bei Seedmatch bereits ab 250€ eine stille Beteiligung an zukunftsweisenden Unternehmen erwerben. Damit sind sie an etwaigen Gewinnausschüttungen und vor allem Wachstum des Unternehmenswertes beteiligt. Jeder User stellt dabei sein individuelles Portfolio an Beteiligungen zusammen. Eine völlig neue Zielgruppe erhält somit erstmalig die Chance, in spannende Startups schon ab kleinen Beträgen individuell zu investieren. Mit ihren Investments können die User mitbestimmen, welche Produkte und Geschäftskonzepte den zukünftigen Markt gestalten. Viele Investoren unterstützen deswegen auch Startups bei Seedmatch, weil sie einfach die Produkte selbst gern künftig nutzen möchten und ein Teil der Innovation werden wollen. So funktioniert´s Die Startups präsentieren sich auf der Plattform und müssen innerhalb von 60 Tagen genügend Investoren für eine Beteiligung überzeugen, so dass eine festgelegte Fundingschwelle überschritten wird. Von da an gilt die Finanzierung als erfolgreich und das Startup versucht sein individuelles Fundinglimit zu erreichen. Wird die Fundingschwelle nicht erreicht, erhalten alle Mikroinvestoren ihr Geld vollständig zurück. Bei einer erfolgreichen Finanzierung werden die Beteiligungsverträge wirksam und die Gründer bekommen das zusammengetragene Kapital, um sich weiterzuentwickeln. Seedmatch erhält bei einer erfolgreichen Finanzierung zehn Prozent des insgesamt eingesammelten Kapitals. Seite 32 - co:funding Handbuch 2012 Das Seedmatch-Prinzip Transparenz für alle Seiten und steigende Dynamiken Bei der Entwicklung von Seedmatch wurde sehr viel Wert auf Transparenz gelegt. So sind alle Prozesse für registrierte Investoren und die Startups jederzeit einsehbar und nachvollziehbar. Diese Offenheit schätzen beide Seiten. Das Interesse an transparenten Startup-Beteiligungen ab kleinen Beträgen ist in den letzten Monaten stark gestiegen. So haben sich bei Seedmatch schon über 5.500 potenzielle Investoren registriert und die Website wurde seit dem Start im August 2011 über 170.000 Mal besucht. Jens-Uwe Sauer Gründer von Seedmatch Dies hat zur Folge, dass einige der aktuellen Startups statt mehrerer Wochen nur noch wenige Stunden benötigten - und easyCARD als schnellstes sogar nur 87 Minuten - um die Maximalsumme von 100.000€ einzusammeln. Insgesamt neun Unternehmen wurden bisher erfolgreich finanziert und über 850.000€ wurden für die Startups von Privatpersonen zusammengetragen. Die Dynamik zeigt, dass dieses neue Finanzierungsmodell gerade erst am Anfang steht und das Potenzial hat, sich langfristig zu etablieren. Rekordfinanzierungen seedmatch.de Benefits für Startups Startups können bei Seedmatch bis zu 100.000€ Kapital zur Umsetzung des Unternehmenskonzeptes erhalten. Bei einem schnellen Funding findet die erste Auszahlung innerhalb weniger Wochen statt. Dies ist aber nur ein Vorteil. Vielmehr bringt das Crowdfunding eine Menge neuer Unterstützer mit sich. Denn die Investoren werden gleichzeitig zu Multiplikatoren für das Startup, indem sie das Unternehmen empfehlen oder dessen Produkte selbst nutzen. Sie bauen eine emotionale Beziehung zu dem Startup auf und sind an dessen Erfolg interessiert. Vor allem in der schwierigen Anfangsphase schafft die gesteigerte Bekanntheit einen wesentlichen Wettbewerbsvorteil und bietet viel Rückenwind. Langfristig werden die Investoren auch zu Markenbotschaftern, wenn sie mit dem Produkt zufrieden sind. Herausgeber tyclipso.me © 2012- Seite 33 Crowd Capital Mehrwert einer echten Crowd Erfolg durch Storytelling In der Vergangenheit hat sich bereits gezeigt, dass die Investoren mehr als nur die Reichweite des Startups steigern. Vielmehr gewinnen die Gründer affine Unterstützer, die ihr Know-how anbieten, ihr Kontaktnetzwerk öffnen oder helfen, neue Kooperationen zu ermöglichen. Somit kann sich jeder Investor individuell einbringen, was einzigartige Synergien erschafft. Jeder kann dazu beitragen, dass sein Startup schneller erfolgreich wird, wovon im Endeffekt beide Seiten gleichermaßen profitieren. Dieses „Crowd Capital“ und das große mediale Interesse bieten den entscheidenden Mehrwert, den andere Finanzierungsmodelle nicht vorweisen können. Einige bei Seedmatch finanzierte Startups wurden bereits für ihre zukunftsträchtigen Geschäftsmodelle nach dem Crowdfunding ausgezeichnet: “lingoking“ ist Gewinner des Innovationspreis-IT 2012 in der Kategorie „Communications“, “BluePatent” ist Preisträger im Wettbewerb „365 Orte im Land der Ideen“ und “smarchive” gewann den BITKOM Innovators´ Pitch in der Kategorie „Digital Life Innovation 2012“. Dies verdeutlicht die Qualität der Unternehmen, die sich für ein Crowdfunding bei Seedmatch entschieden haben. Viele junge Unternehmen können spannende Innovationen vorweisen, die interessante Geschichten erzählen können. Entscheidet sich ein Startup für eine Finanzierung per Crowdfunding, dann formuliert Seedmatch zusammen mit den Gründern eine spannende Investmentstory, die das Potenzial hat, viele Menschen für ein Investment zu begeistern. Trotz des hohen Interesses an dieser neuen Finanzierungsart eignen sich nicht alle Konzepte für ein Crowdfunding. Um den Investoren immer attraktive Investmentchancen zu bieten, sucht Seedmatch nach tragfähigen, skalierbaren Geschäftsmodellen und Innovationen aus den Bereichen B2C und Nachhaltigkeit. Besonders im Fokus stehen First Mover, die mit ihren Geschäftsideen einen Paradigmenwechsel einleiten können. Die Alleinstellungsmerkmale (USP) und ein hoher Kundennutzen müssen für jeden ersichtlich sein und klar herausstechen. Für den Erfolg des Crowdfunding ist weiterhin entscheidend, dass die präsentierte Innovation eine spannende Investmentstory liefert. Diese sollte das Potenzial haben, eine Vielzahl von Menschen zu begeistern. Damit die Investmentstory auch möglichst viele Leute erreicht, hilft Seedmatch dem Startup vor, während und nach der Finanzierung bei der Kommunikation. Dazu zählt die Unterstützung in der Pressearbeit für die einschlägigen Medien, das Verfassen von Blogartikeln, das Versenden von Newslettern und die Verbreitung über Social-Media-Kanäle. Reduzierter Aufwand und Investor Relations Bisher waren Startups meist langwierig auf Investorensuche. Bei Seedmatch haben die Unternehmen nun die Chance, ihre Geschäftsidee gleichzeitig bei über 5.500 registrierten Investoren zu präsentieren. Standardisierte Beteiligungsverträge, die online geschlossen werden und keine notarielle Beurkundung benötigen, schmälern den administrativen Aufwand für die Gründer. Investmentfokus Besonders spannend wird es, wenn einerseits das Startup einen Benefit durch die Crowd und deren Multiplikatorwirkung erhält und andererseits die Crowd als einen Erfolgsfaktor einbezieht. Zudem ist es grundlegend, dass bei einer Finanzierung 2.0 sich die Gründer im Social Web auskennen müssen und eine dialogorientierte, proaktive Kommunikationskultur pflegen, um ein langfristiges Vertrauensverhältnis zu den Investoren aufzubauen. Jedes erfolgreich finanzierte Startup erhält zudem seinen eigenen, geschlossenen Investor-Relations-Bereich bei Seedmatch. Durch diesen One-to-many-Kanal wird der Aufwand für die Kommunikation mit den Investoren auf ein Minimum reduziert: Die Gründer können die aktuellen Entwicklungen kommunizieren, wichtige Unterlagen wie Quartalsberichte und Jahresabschlüsse zentral ablegen und sich mit den Investoren austauschen. Seite 34 - co:funding Handbuch 2012 Ausgezeichnete Unternehmen Herausgeber tyclipso.me © 2012- Seite 35 Game Changer und First Mover Crowdinvesting mit Bergfürst Professionelle Co-Finanzierungsmodelle für Unternehmen in der Wachstumsphase Crowdfunding, Crowdfinancing und Crowdinvesting: Die Macht der Crowd macht sich bemerkbar in Deutschland. Mit dem Markt wachsen die Chancen für Kleinanleger, sich an innovativen Unternehmen zu beteiligen. Bergfürst bietet als professionelle Plattform Privatinvestoren die Möglichkeit, sich an jungen, innovativen Unternehmen in ihrer Wachstumsphase mit Eigenkapital zu beteiligen und diese Beteiligungen frei zu handeln. Beschränkte Investitionen Das Prinzip ist einfach: Unternehmen finden über Crowdfinancing viele Investoren für ihren Wachstumskurs. Crowdinvestoren wiederum haben die Möglichkeit, sich mit kleinen Beträgen an Unternehmen zu beteiligen, die sie für vielversprechend halten. Allerdings steckt die Branche noch in den Kinderschuhen. Zwar ist das Interesse potenzieller Investoren an Startups hoch. Doch Beteiligungen erfolgen bislang meist in Form einer stillen Einlage – mit einer langen Bindung und einer eher schwerfälligen Gewinnregelung. Ein öffentliches Crowdfinancing ohne zusätzlichen zeitlichen und finanziellen Aufwand ist für Unternehmensgründer per Gesetz auf 100.000 € und zehn Investoren begrenzt. Startups, die eine Finanzierung per Crowdfinancing über einen höheren Betrag und in Form von Eigenkapital anstreben, stehen vor hohen bürokratischen und finanziellen Hürden. Crowdfinancing-Plattformen wiederum dürfen nur im gleichen gesetzlichen Rahmen aktiv werden – es sei denn, sie besitzen eine Lizenz als Finanzdienstleister oder als Bank von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Professionell mit BaFin-Lizenz Bergfürst hat eine solche BaFin-Lizenz beantragt. Damit professionalisiert Bergfürst das Crowdinvesting: Die Plattform bietet privaten Investoren die Möglichkeit, Eigenkapitalbeteiligungen an innovativen Unternehmen in ihrer Wachstumsphase zu erwerben und anschließend frei zu handeln. Dank eines umfangreichen Dialogs zwischen Unternehmen und Crowd überprüfen und bewerten Anleger und Unternehmer laufend die eigene Strategie. So bietet Crowdinvesting Seite 36 - co:funding Handbuch 2012 mit Bergfürst Privatinvestoren Anlagen in einer neuen Asset-Klasse, die bisher nur Venture Capital und Private Equity vorbehalten war. Anleger nehmen bewusst und eigenverantwortlich Risiken in Kauf, erkennen aber das entsprechende Potenzial auf Wachstum und Wertsteigerung. Risiken erkennen, Chancen nutzen Bergfürst stellt Unternehmen vor, die besonders vielversprechend erscheinen: Sie haben die Machbarkeit ihrer Geschäftsidee bewiesen und einen ersten kommerziellen Erfolg beim Roll-Out hingelegt. Nun benötigen sie zusätzliches Eigenkapital, um rechtzeitig den relevanten Markt voll zu erschließen. Dabei hilft die Bergfürst-Plattform mit ihren Investoren. Guido Sandler Vorstand der e-crowd Finance AG bergfuerst.com Investoren beteiligen sich wiederum auf der Grundlage von umfangreichen Informationen und im Rahmen ihrer persönlichen Anlagestrategie an einem Unternehmen, dessen Perspektiven sie überzeugen. Weil sie sich aber mit den Unternehmen identifizieren, deren steigender Unternehmenswert einen Anreiz bietet, werden sie oft zu engagierten Unterstützern. Indem sie für Produkte und Dienstleistungen Aufmerksamkeit in ihren sozialen Netzwerken und damit im Markt schaffen, erzeugen sie einen Mehrwert für das Unternehmen über die monetäre Funktion hinaus. Hinter dem Crowdfinancing steckt mehr als der Gedanke, gemeinsam etwas Gutes zu tun. Crowd-Investoren übernehmen realwirtschaftliche Aufgaben der Banken. Das bringt nicht nur individuellen Nutzen: eine rasche Wertsteigerung der Beteiligung, die sich am Bergfürst Marktplatz realisieren lässt. Das erfüllt auch eine gesellschaftliche Funktion, die Wachstumschancen von jungen, innovativen Unternehmen mit guter Perspektive zu steigern. Kleine Unternehmen mit guten Geschäftsideen und einer frühen Position auf dem Markt hatten bisher wenig Möglichkeiten, zu frischem Geld für Wachstum und Marktanteil zu gelangen. Die traditionellen Finanziers sind weggefallen: Die Banken vernachlässigen die Finanzierung der Realwirtschaft. Investmentbanken haben im Laufe der Jahre immer kompliziertere, abstraktere – und Herausgeber tyclipso.me © 2012- Seite 37 Rückkehr des klassischen Privatbankiers für sie rentablere – Produkte zusammengebaut. Auch die Privatbanken machen im Grunde nur noch Vermögensverwaltung und Eigenhandel. Das, was einst den klassischen Bankier auszeichnete, nämlich die kombinierte Erfahrung mit Finanzprodukten, Risikobewertungen und der Industrie, ist heute nicht mehr gefragt. So blieben den innovativen Unternehmen bisher ein komplizierter Börsengang mit hohen administrativen Anforderungen – oder Risikokapitalgesellschaften. Die gehen hohe Risiken bewusst ein, schließlich setzt sich bei weitem nicht jedes junge Unternehmen am Markt durch, haben dafür aber bei einzelnen Unternehmen auch enorme Renditen erwirtschaften können. Venture Capital für Viele Bergfürst setzt hier an und bietet Risikokapital für Menschen mit Ideen. Crowdinvesting mit Bergfürst, das sind Unternehmen mit hohem Wachstumspotenzial, die sich in die Bücher schauen lassen. Und eigenverantwortlich handelnde Privatinvestoren, die sich für ein Unternehmen begeistern und engagieren. So wird der Crowdinvestor im Grunde zum Bankier alter Schule, der technologischen Fortschritt nicht nur finanziert, sondern tatsächlich versteht und möglich macht. So funktioniert Bergfürst Ein Privatanleger kann sich bereits ab 250 € an jungen, innovativen wachstumsstarken Technologieunternehmen beteiligen, deren Perspektiven ihn begeistern. Er erhält Namensaktien und alle klassischen Aktionärsrechte. Bergfürst stellt alle wichtigen Informationen über Unternehmen und Emissionen zur Verfügung. Der Bergfürst Marktplatz ermöglicht es dem Investor, sein Portfolio entsprechend seiner Anlagestrategie aktiv zu managen, das heißt, mit seinen Beteiligungen zu handeln. Die Kursentwicklung spiegelt dabei die Entwicklung der Emittenten wider und bietet so stets eine aktuelle Bewertungsbasis. Die Investoren werden mindestens quartalsweise über die wirtschaftliche Entwicklung ihrer Beteiligungen informiert. Auf der jährlichen durch Bergfürst begleiteten Hauptversammlung berichtet das Management den Anteilseignern über die wirtschaftliche Entwicklung und stellt sich ihren Fragen. Darüber hinaus bietet Bergfürst eine Online-Kommunikationsinfrastruktur für den individuellen und direkten Kontakt zwischen Investoren untereinander und mit dem notierten Unternehmen, z.B. via Foren, Blogs und Frage-und-Antwort-Threads. So ermöglicht Bergfürst Investoren, „ihre“ Unternehmen aktiv zu unterstützten. Unternehmen wiederum können das Investoren-Netzwerk für die eigenen strategischen Ziele mobilisieren, um das Unternehmenswachstum im gemeinsamen Interesse zu beschleunigen. Screenshot vom Softlaunch der Plattform auf der co:funding Seite 38 - co:funding Handbuch 2012 Herausgeber tyclipso.me © 2012- Seite 39 Gründerplus: Crowdinvesting-Plattform für Startups im E-Commerce Unterstützung von Startups im E-Commerce Mit der Crowdinvesting-Plattform Gründerplus wollen die Gründer innovativen Startups im E-Commerce eine schnellere Finanzierung ermöglichen und auf diese Weise den Onlinehandel und die webbasierte Geschäftswelt um neue Firmen bereichern. Die Motivation für diese Plattform basiert auf der Erfahrung der Initiatoren, dass viele Startup-Ideen zwar ein plausibles Geschäftsmodell, einen realistischen Wachstumsplan und ein gutes Team haben, es dennoch schwierig ist, das notwendige Startkapital zu bekommen, um die Idee tatsächlich umsetzen zu können. Insbesondere im E-Commerce wird die Kapitalsuche oft aufgrund der Schnelllebigkeit des Marktes erschwert. Die Geschäftsmodelle erscheinen Banken und Kreditinstituten meist als ungeeignet, so dass auf herkömmlichen Weg kaum mit einer Finanzierung zu rechnen ist. Aus diesem Grund entschied sich Gründerplus für den Aufbau einer Crowdinvesting-Plattform speziell für Gründungen im E-Commerce. Neben Startups haben selbst bestehende Firmen im E-Commerce häufig Probleme, eine weitere Finanzierung zu erhalten, weshalb Gründerplus darüber hinaus ebenfalls bestehenden Unternehmen die Möglichkeit bietet, eine Anschubfinanzierung über ihre Plattform zu bekommen. Netzwerk an Partnerunternehmen, Investoren und Gründern Die Ideenentwicklung für die Plattform wurde maßgeblich vom Händlerbund beeinflusst und initiiert. Als größter Onlinehandelsverband Europas und gleichzeitig einer der führenden Rechtstextanbieter im Internet kann der Händlerbund auf jahrelange Erfahrungen im E-Commerce zurückgreifen und das Potenzial der Geschäftsideen auf Gründerplus realistisch einschätzen, so dass durch die Selektion nur Erfolg versprechende Startups dem Investorenpool vorgestellt werden und damit das Verlustrisiko minimiert wird. Durch die enge Verbindung zum Händlerbund konnten außerdem zahlreiche Kontakte zu Partnerunternehmen, Investoren und natürlich Gründern geknüpft werden. Zur Vorbereitung auf die Crowdinvesting-Plattform informiert das Infoportal von Gründerplus seit Herbst 2011 zudem über Startups und interessante Gründungsthemen - von Marketingnews über relevante Seite 40 - co:funding Handbuch 2012 Veranstaltungen bis hin zur Vorstellung von erfolgreichen Unternehmensgründungen. Zur gleichen Zeit startete auch der Inkubator und unterstützt seitdem Gründer und Startups im Rahmen der Unternehmensgründung sowohl bei der Entwicklung der Geschäftsidee, über deren Finanzierung bis hin zum erfolgreichen Markteintritt. Das so aufgebaute Netzwerk wird den Aufbau der Plattform erheblich erleichtern. Sowohl durch die Möglichkeit der Vorabregistrierung für die Plattform auf dem Gründerplus-Infoportal, als auch durch die Aktion “Eine Crowd für die Crowd“, haben sich schon zahlreiche Gründer und Investoren angemeldet. Die ersten Geschäftsideen werden bereits auf ihr Potenzial und ihre Marktreife geprüft. Dabei durchlaufen die Startups ein zweistufiges Bewerbungsverfahren. Im ersten Schritt müssen sie einen Fragenkatalog ausfüllen, anschließend werden die Antworten individuell ausgewertet. Bei positiver Bewertung werden weitere Funktionen auf der Plattform freigeschaltet, um sich den Investoren optimal präsentieren zu können. Dieses Verfahren erspart sowohl den Gründern als auch den Investoren Zeit und Geld. Auf der finalen Plattform können sich die Gründer anhand eines Imageclips, eines Businessplans und eines Fact Sheets potenziellen Investoren vorstellen. In projektbezogenen Foren stehen die Gründungsteams den Finanziers für aufkommende Fragen zur Verfügung. Sandra Schüritz Online-MarketingManagerin von Gründerplus gruenderplus.de Indem sich Gründerplus auf Startups im E-Commerce-Bereich konzentriert, kann die Plattform eine Nische im Crowdinvestment-Markt besetzen. Die aktuellen Wachstumszahlen im Hinblick auf die Nachfrage im Onlinehandel verdeutlichen die Zukunftsperspektive für Startups im E-Commerce-Bereich. Einer Studie des Bundesverbandes des Deutschen Versandhandels (BVH) zufolge, stieg der Umsatz im Online-Handel in den Jahren 2010 bis 2011 um 18,5%. Für 2012 geht man von einem Umsatzwachstum von 16% aus. Eine weitere Besonderheit der Gründerplus Plattform liegt in dem Minimalinvestment von gerade einmal 50€. Der geringe Investitionsbetrag ermutigt besonders Privatpersonen, in die Startups zu investieren. Im Gegensatz zu anderen Vertretern der Branche ermöglicht Gründerplus aber auch Firmen die Investition, welche über höhere Investitionsmöglichkeiten verfügen. Die Verwaltung der Investoren wird durch die Nutzung standardisierter und größtenteils Herausgeber tyclipso.me © 2012- Seite 41 Privatpersonen können sich schon mit 50€ beteiligen automatisch ablaufender Prozesse im System sichergestellt und damit auf ein Minimum reduziert. Investoren erhalten stille Beteiligung Eine Crowd für eine Crowd Die Investoren erhalten für ihre Investition eine stille Beteiligung, welche eine Mindestbeteiligungsdauer von fünf Jahren vorsieht. Diese kann vom Investor auf bis zu zehn Jahre ausgedehnt werden, ohne von Gründerplus aufgelöst werden zu können. So profitieren Investoren länger von ihrer Beteiligung. Daneben bietet Gründerplus als bisher einziger Anbieter eine Mindestverzinsung von 3% pro Jahr an, welche Investoren der Crowdfunding Plattform einen zusätzlichen Vorteil bietet. Als ein Unternehmen des Händlerbunds kann Gründerplus die Mindestverzinsung auch im schlechtesten Falle gewährleisten. Einen besonderen Fokus legen die Plattformbetreiber zudem auf das Thema Sicherheit. Neben der bereits erwähnten Vorauswahl der Kandidaten zur Risikominimierung für die Investoren, stellt die Verwaltung des investierten Geldes über anwaltlich betreute Treuhandkonten eine Sicherheit dar. Eine solche Vorkehrung kann bei anderen Vertretern der Branche bisher nicht beobachtet werden. CrowdinvestingPlattform gruenderplus.de gruenderplus.de startet sein Angebot mit der Finanzierung der eigenen Plattform. seedmatch.de kann bereits auf erfolgreiche Projekte zurückblicken. Da es sich bei Gründerplus selbst noch um ein recht junges Unternehmen handelt, steht es vor derselben Herausforderung, wie alle Startups: die Kapitalsuche. Um die geplante Crowdinvesting-Plattform aufzubauen, benötigen die Initiatoren für die Umsetzung mindestens 50.000€. Aus diesem Grund finanziert sich das Unternehmen kurzerhand selbst auf einer Vorabversion der kommenden Plattform. Die Aktion, welche unter dem Motto “Eine Crowd für die Crowd“ läuft, liefert Gründerplus nicht nur das nötige Kapital, sondern auch die mediale Aufmerksamkeit in der Gründer- und Investorenszene. Das Unternehmen gewinnt somit bereits vor dem Launch der finalen Plattform an Bekanntheit – ein großes Plus für kommende Projekte, welche sich über die Plattform finanzieren lassen wollen. Investoren und Gründer können über die Vorabversion einen ersten Eindruck von der Präsentation der Startups und dem Ablauf der Gründungsfinanzierung gewinnen. Außerdem durchläuft Gründerplus dieselben Prozesse, welche auch kommende Startups bewältigen müssen und erhält so einen tieferen Einblick in die kommenden Bedürfnisse der Gründungswilligen. Bei erfolgreichem Funding im Rahmen der Aktion “Eine Crowd für die Crowd” geht die finale Plattform voraussichtlich im Juni 2012 online. Seite 42 - co:funding Handbuch 2012 Herausgeber tyclipso.me © 2012- Seite 43 Crowdfunding für Musiker Die meisten Crowdfunding-Plattformen und Projekte sind im Bereich Musik zu finden. Mit sellaband.com, pledgemusic.com und sonicangel.com sind allein in Deutschland bisher drei CrowdfundingPlattformen online, die sich auf den Support von Musikern spezialisiert haben. Die Musikindustrie hat durch die Digitalisierung einen starken Umbruch erlebt, an dem einige Labels und Künstler gescheitert sind. Die Songs sind heutzutage unendlich digital reproduzierbar und können mit Diensten wie Spotifiy und Simfy zu geringen Kosten online gestreamt werden. im Geschäftsjahr 2008 einen Verlust in Höhe von 1,2 Milliarden US$ verbuchen musste, während der Umsatz von 2,8 auf 2,3 Milliarden US$ sank. Neben EMI gibt es Sony Music, Warner und Universal, die zusammen als Big Four bezeichnet werden und ca. 80% Marktanteil vereinnahmen. Potenziale von Crowdfunding für Musiker Viele Fans, Unterstützer, Freunde und auch Firmen finanzieren gemeinsam im Vorfeld das Musikalbum, die Tour oder das Musikvideo. Im Gegenzug bekommen diese besondere Dankeschöns, die man so nicht im Laden kaufen kann. Für den Musiker bedeutet dies: Die finanzielle Situation von Musikern Vorteile von Crowdfunding für Musiker: Gema - Segen und Fluch zugleich Die Brutto-Einnahmen von Profi-Musikern liegen laut einer Statistik der Künstlersozialkasse bei ca. 12.000€. Das deutsche Durchschnittsgehalt liegt im Vergleich bei 42.500€ brutto laut dem Statistischen Bundesamt Deutschland. Die staatlichen Förderungen für Musiker selbst sind vergleichsweise gering. 100 Millionen € gehen in „Chöre, Vereine, Gruppen“. Die Vielzahl von kleinen Bands und einzelnen Musikern macht eine Förderung, die ab der Antragstellung in der Regel einige Gremien durchlaufen muss, auf beiden Seiten sehr ineffektiv. Hier lohnt meist der Antrags- und Prüfaufwand nicht für kleine Beträge im Bereich von 1.000 bis 5.000€. Abhilfe schafft hier die Initiative Musik, die vom Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien mit jährlich rund zwei Millionen € ausgestattet wird. Damit wurden bereits innerhalb der ersten drei Jahre ca. 200 Musiker und Bands unterstützt. Die finanzielle Absicherung ist für viele Künstler in Deutschland die Gema – genau die Organisation, die es Musikern hierzulande erschwert Promotion über Video-Plattfomen wie YouTube oder Social Communities zu betreiben. Auch bei einer Crowdfunding-Kampagne können hierbei Gema-Gebühren für den Musiker selbst und die Plattformen anfallen. Die Bedeutung von klassischen Musiklabels heute Die Bedeutung von Labels im Zeitalter von Facebook und iTunes wird stark diskutiert. Zum weltweit größten Label hat einst EMI gezählt, die heute nur noch mit knapp 15% der 14.000 EMI-Künstler überhaupt Gewinne machen. Auf Wikipedia ist nachzulesen, dass EMI Music Seite 44 - co:funding Handbuch 2012 » » » » » » » » Vorfinanzierung des Albums, der Tour bzw. des Musikvideos Integrierte Marktrecherche & Potenzialanalyse Keine Kosten (nur bei Erfolg fällt Provisionsgebühr an) Kein Risiko (Alles-oder-Nichts-Prinzip; Rückbuchung wird von Plattform übernommen) Keine Formulare, sofortige Auszahlung ohne Abrechnung Involvierung von Fans in die Entstehung Auslösen von Mundpropaganda; Vernetzung in sozialen Netzwerken Unabhängigkeit Der Nachteil: » Frühzeitige Kommunikation über Projekt » Hohe Anforderung an Transparenz (für was werden die Gelder benötigt) » Selbstvermarktung bzw. Marketing schon während der Finanzierungsphase » Zusätzlicher zeitlicher Aufwand » Starke Fan-Nähe und zeitnahe Reaktionen online » Zusätzliche Kreativität für Dankeschöns (exklusiv, individuell, ... ) Tino Kreßner Herausgeber tyclipso.me © 2012- Seite 45 Musicstarter.de kommt mit Crowdinvesting für Musiker und Bands T.K.: Ihr wollt Fans zu Investoren machen, welche Effekte erwartet ihr für die Vermarktung der Alben? Mit musicstarter.de wird es in Kürze eine neue Plattform am Musik Crowdfunding-Markt geben. Initiator ist das Label und Produktionsteam Valicon Entertainment aus Berlin, die u.a. auch für die musikalischen Produktionen von Künstlern wie Silbermond, Silly, Eisblume oder Dirk Michaelis verantwortlich sind. Wir haben Jörg Koshorst gefragt, wie Musicstarter funktionieren wird. J.K.: Stell dir vor, du könntest heute deinen Kindern erzählen, dass es ohne deinen Einsatz eine Band wie, sagen wir jetzt einfach mal Die Ärzte, so nicht geben würde! Fans haben ja grundsätzlich eine emotionale Bindung zu ihren Künstlern. Bei Musicstarter werden Fans dann erstmals zu Investoren, der finanzielle Ertrag ihrer Investition hängt vom Erfolg der Bands oder Musiker ab. Als Fan-Investor würde ich demnach noch lauter für meine Lieblingsband trommeln und diese unterstützen. Eine Band, die 1.000 bis 2.000 Investoren gewinnen kann, wird durch Musicstarter ein hoch motiviertes Street-Team bestehend aus eben diesen Investoren aufbauen und dieses in die Promotion integrieren und bei wichtigen Entscheidungen befragen können. Ich habe viele Jahre bei großen Plattenfirmen gearbeitet, wenn wir da bei einer Single Entscheidung jedes Mal das Feedback von 2.000 hoch motivierten, weil am Erfolg beteiligten, Fans hätten einholen können, wäre die Erfolgsquote sicher deutlich nach oben gegangen. Über die Plattform erzielen die Künstler direkt ein Feedback von Musikfans, ohne dass sich künstliche Gatekeeper, wie Plattenfirmen oder Journalisten, zwischen Musiker und Fans stellen. Tino Kreßner: Welche Besonderheit zeichnet eure Plattform Musicstarter aus? Jörg Koshorst: Bei Musicstarter werden Musik-Fans zu Investoren. Auf den ersten Blick ist Musicstarter.de eine Crowdfunding Plattform, die sich ausschließlich auf Musik konzentriert, also Bands und Musiker funded. Doch agieren die Fans bei Musicstarter nicht als Sponsoren, sondern als Investoren, die das eingesetzte Kapital im Erfolgsfall zurück erhalten und eine Rendite erzielen können. Abhängig vom späteren Erfolg der unterstützen Künstler kann ein Investor seinen Einsatz sogar vervielfachen. Dass hängt ganz davon ab, ob er in Sachen Musik das richtige Gespür hat und in die richtigen Acts investiert. Zu diesem Zweck wird das eingesammelte Geld nicht von den Bands und Künstlern selber verwendet, sondern vom Musicstarter Team in die professionelle Produktion und Vermarktung der Acts reinvestiert. Die eingesammelten Mittel investiert ein Team aus Musik-Profis in Album-Produktion, Promotion und Marketing auf dem Niveau einer Major Plattenfirma. Die von der Crowd ausgewählten Acts in Verbindung mit Kapital, Top-Produzenten und Fachleuten mit Erfahrung in Plattenfirmen erhöhen die Erfolgschancen gegenüber jeglichen Do-it-yourself-Ansätzen enorm. Vermarktung mit Major Vertrieb und auf Major Label Niveau Musicstarter wird jedem erfolgreich gefundeten Künstler eine Albumveröffentlichung mit einem Major Vertrieb und mit Major Promotion und Vermarktung ermöglichen. Die Investoren erhalten also eine Garantie, dass mit ihrem Geld professionell gearbeitet wird und sie werden darüber hinaus bei wichtigen Entscheidungen zu Rate gezogen, sie erhalten dabei Einblicke in die Arbeit von Künstler und Label, an die sie sonst nicht gelangen könnten. Seite 46 - co:funding Handbuch 2012 Jörg Koshorst Managing Director Valicon Entertainment & Musicstarter valicon.de T.K.: Wer ist die Zielgruppe für das Investment-Angebot? J.K.: Wer neue Bands und Musiker aus verschiedensten Genres entdecken will, der findet auf Musicstarter eine höchst spannende Auswahl an neuen Talenten. Musicstarter bietet die Plattform, auf der Musiker und Fans sowie das Label miteinander kommunizieren können, um den Künstler möglichst erfolgreich nach vorne zu bringen. Natürlich ist es auch das perfekte Angebot für Leute, die an ihr Gehör glauben und ihr Geld in ein kleines Portfolio an Künstlern investieren wollen, um dadurch eine Rendite zu erzielen. Wir bringen Fan und Investor zusammen, denn beide eint ein gemeinsames Ziel: Ein erfolgreicher Künstler! Fans werden Investoren T.K.: Wie funktioniert das Investment, kann man sein Geld auch verlieren? Das Investment auf Musicstarter orientiert sich am bereits gelernten Crowdfunding Prinzip. Dem Fan werden verschiedene Preisstufen Herausgeber tyclipso.me © 2012- Seite 47 Profitanteile erwerben angeboten, deren Gegenleistungen immer aus zweis Bestandteilen zusammen gebaut werden: Zum einen erwirbt der Investor einen Anteil am zukünftigen Profit den die Plattenfirma mit der Albumveröffentlichung des Künstlers erzielt, zum anderen erhält er einen materiellen Gegenwert. Screenshot: zeigt Beta-Version der Plattform Für die kleinstmögliche Investitionssumme in Höhe von 10€ erhält der Investor zum Beispiel einen einzelnen Anteil am zukünftigen Profit sowie einen Gutschein für einen Download des Albums. Investiert der Fan 500€, so erwirbt er 50 Profit-Anteile und als mögliche Gegenleistung zum Beispiel eine namentliche Nennung im Album Booklet als Executive Producer. Grundsätzlich sind die materiellen Angebote Sache der Künstler, das System der Profit-Anteile wird von Musicstarter vorgegeben. Es kommt dann auf den Erfolg des Albums an. Wenn es richtig gut läuft, erhält der Investor neben der materiellen Leistung auch noch einen finanziellen Gewinn. T.K.: Welche Hürden gibt/gab es bei der Umsetzung der Plattform? Sub-Plattform von Startnext, gemeinsame Community J.K.: Die größte Herausforderung beim Start von Musicstarter ist sicher die Umsetzung der Gewinnbeteiligung der Investoren. Wir wollen hierbei so transparent wie möglich agieren, ohne dass die Administration für Plattenfirma und Investoren dabei kompliziert wird. Dafür müssen wir im Vorfeld einige „Spielregeln“ festlegen. So müssen die Acts bei Musicstarter grundsätzlich eine festgelegte Summe funden, die für alle gleich hoch ist. In der Startphase der Plattform wird dieses Target bei 50.000€ liegen. Nur dann können wir gewährleisten, dass die Deals und Beteiligungen für Künstler Seite 48 - co:funding Handbuch 2012 und Investoren immer gleich sind und sich somit in verständliche Spielregeln in Form von AGB’s formulieren lassen. Technologisch ist Musicstarter eine Sub-Plattform von startnext.de, was dazu führt, dass beide Communities gemeinsam wachsen können. Die Crowd auf Startnext kann ohne zusätzliche Registrierung auf Musicstarter investieren. T.K.: Wie kann eure Plattform die Musikindustrie verändern? J.K.: Ob Musicstarter die Musikindustrie verändern kann, mag ich nicht einschätzen können. Wir wollen die Musikindustrie einfach um eine weitere Form der Faneinbindung und Vermarktung bereichern und neuen Künstlern die Möglichkeit bieten, sich Gehör zu verschaffen. Geplanter Start im Sommer 2012 Denn trotz Internet und digitalem Wandel wurde das zuletzt alles andere als einfacher. Im TV liegt der Fokus bei Musik seit Jahren auf sicheren Werbeeinnahmen durch Casting-Karaoke-Shows, im Radio regiert das Mainstream-Formatradio und die großen Major Plattenfirmen agieren immer mehr als globale Brand-Marketing Agenturen für internationale und nationale Stars, die den riskanten lokalen Künstleraufbau kleineren Zellen überlassen. Musicstarter schließt hier eine Marktlücke und bietet Bands und Musikern eine Plattform an, auf der sie sich Musikinteressierten präsentieren können. Dabei wird auf Musicstarter das Grundproblem der Musikbranche der letzten Jahren von vornherein gelöst: Ein Fan, der eine neue Band entdeckt und von ihr begeistert ist, kann sofort online in die Band investieren und die Musik der Band kaufen bzw. sich einen exklusiven Zugang zum Material der Band sichern. Er muss nicht warten bis ein Album erst einige Wochen später veröffentlicht wird und es entsteht somit gar kein Interesse den entstandenen Bedarf anderweitig oder gar illegal zu befriedigen. Der vielzitierte Early-Adaptor kann auf Musicstarter wirklich einmal ganz früh entdecken und direkt konsumieren, und wenn seine Entdeckung später einmal bekannter wird, profitiert er finanziell davon. Vielen Dank für das Interview. Herausgeber tyclipso.me © 2012- Seite 49 Exklusiver Zugriff auf neues Material GreenVesting – die Crowd investiert in erneuerbare Energien Die erneuerbaren Energien sind ein beeindruckendes Beispiel wie die Crowd mit vielen kleinen Kraftwerken große Atommeiler überflüssig machen kann. So sind zwischenzeitlich in Deutschland über 24 Gigawatt an solarer Leistung installiert, welche bei schönem Wetter gut und gerne die Leistung von 20 Atomkraftwerken erbringen. Wir haben die Betreiber der in Kürze startenden Crowdinvesting-Plattform GreenVesting nach ihrer Motivation und der Funktionsweise der Plattform befragt. Denis Bartelt: In welchem Bereich ist die GreenVesting GmbH & Co. KG tätig und was hat sie bisher erreicht? Peter Walburg: GreenVesting plant und betreibt ein Portfolio von derzeit 10 Megawatt solarer Kleinkraftwerke. Mit unserem neuen Investitionsmodell verbinden wir die ökologische Aufgabe des Klimaschutzes mit der ökonomischen Nachfrage nach langlaufenden Anlagemöglichkeiten mit geringer Volatilität und stabiler Rendite. Davon profitieren unsere Investoren, die Dach- und Flächengeber, unsere Partner in der einheimischen Solarbranche und natürlich unsere Umwelt. D.B.: Welche Bedeutung hat die Beteiligung der Crowd für die Finanzierung von Solaranlagen und wie kann und soll Crowdinvesting in Zukunft eingesetzt werden? P.W.: Wenn man kein Dach hat, dass sich für Solaranlagen eignet und man sich aber trotzdem aktiv an der Energiewende beteiligen möchte sowie eine Rendite erhalten möchte, wird es jetzt mit Crowdinvesting möglich sich mit kleinen Investitionen an einzelnen Projekten zu beteiligen. Jeder kann sich sein Portfolio an Anlagen selbst aussuchen, beobachten und sich über die Sonne freuen, da mit jedem Sonnenstrahl auch seine Rendite steigt. Betriebs agiert GreenVesting als „Hausmeister“ und garantiert, dass technisch alles funktioniert. Die Crowd kann sich mit einem Darlehen an der Anlage für 5 bis 10 Jahre beteiligen und mit einer attraktiven Rendite von bis zu 10% rechnen, je nachdem wieviel die Sonne scheint. D.B.: Welche Besonderheiten setzt GreenVesting bei der Entwicklung dieser Crowdinvesting-Plattform um? P.W.: Bei Investitionen ist Sicherheit und Transparenz von entscheidender Wichtigkeit. Deshalb bieten wir fertige Anlagen, die ihre Leistungsfähigkeit schon bewiesen haben. Zusätzlich können die Investoren in Echtzeit die Performance ihrer Anlage im Internet jederzeit einsehen, da alle Daten offengelegt werden. D.B.: Ist es denkbar, dass auch andere alternative Energiequellen in Zukunft durch Crowdinvesting finanziert werden können? P.W.: Sonne, Wind, Wasser oder Biomasse, alles sind Energiequellen, die in der Zukunft immer wichtiger werden. Wir sind sicher, dass die Bürgerbeteiligung für viele Projeke im Bereich der erneuerbaren Energien von großer Bedeutung sein wird, vor allem da erneuerbare Energien eine interessante Alternative zu üblichen Geldanlagen bieten. Die Plattform soll mit zwei Anlagen-Projekten im Juni gelauncht werden. GreenVesting kombiniert hier die Verwaltungs- und Controlling-Plattform der Investoren mit Crowdinvesting-Kampagnen für neue Projekte. Vielen Dank für das Interview. D.B.: Wie funktioniert die Vision GreenVesting exemplarisch? P.W.: GreenVesting baut ein Solarkraftwerk und organisiert hierfür die Finanzierung des Fremdkapitals bei Banken. Während des Seite 50 - co:funding Handbuch 2012 Herausgeber tyclipso.me © 2012- Seite 51 Peter Walburg GreenVesting greenvesting.de Cofunding zwischen privater und öffentlicher Förderung Warum könnte Crowdfunding aus Sicht der öffentlichen Kultur- und Wirtschaftsförderung von Interesse sein? Crowdfunding als Instrument der privaten Förderung ist eine alternative oder ergänzende Finanzierungsmöglichkeit, die in Kombination mit der öffentlichen Hand vielfältige Effekte erzielen kann. Potenzial und Relevanz wird sichtbar durch das Engagement der Crowd. Co-Finanzierer etablieren sinnvolle Zuschussmodelle. Co-Finanzierung mit der Crowd Stiftungen Kulturförderung Unternehmen Nachhaltiges Unterstützen kreativer Projekte 1€ + 1€ = 2€ Crowd Begeisterung, Unterhaltung, virale Kommunikation Kreative Künstler Erfinder Projekt auf einer Crowdfunding Plattform Dankeschöns als Gegenleistung für finanzielles Engagement Abbildung: Cofunding-Modell zwischen Crowdfunding und öffentlicher Förderung, Stiftungen oder Unternehmen Involvierung des Publikums Crowdfunding ermöglicht die Beteiligung der Crowd, mit der Folge, dass die Auswahl der kreativen Projekte vom Publikum gesteuert wird. Damit entscheiden im Unterschied zur öffentlichen Kulturförderung nicht mehr nur Gremien, Kuratorien und Experten, welche Projekte förderungswürdig sind und welche nicht. Mit der Entscheidung der Crowd für ein kreatives Projekt entsteht ein Gütekriterium, das außerhalb des staatlichen Einflusses liegt und durch die Involvierung des Publikums demokratischer ist. Seite 52 - co:funding Handbuch 2012 Angesichts der hart umkämpften öffentlichen Fördertöpfe, kann Crowdfunding einen neuen Finanzierungsbaustein darstellen, insbesondere für Projekte aus dem Nachwuchsbereich. Die private Kulturförderung, die im deutschsprachigen Raum bisher noch relativ schwach ausgeprägt ist, wird über das Crowdfunding-Modell gestärkt und die verfügbaren Gesamtbudgets für Kultur können erhöht werden. Ein Ansatz ist, die Crowd in den Auswahl- und Förderprozess von kreativen Projekten miteinzubinden und damit eine neue Form der partizipativen Förderung zu ermöglichen. Folgend sollen exemplarisch drei denkbare Cofunding-Modelle näher beschrieben werden. Private Förderung von Kultur 1. Crowdfunding und öffentliche Förderung Die privaten Unterstützungsgelder auf einer Crowdfunding-Plattform werden mit öffentlichen Geldern gespiegelt oder ergänzt, so dass die Förderzusage an die Unterstützung der Crowd gebunden ist. Diese Strategie ist ähnlich dem aus den USA bekannten Modell der Matching Funds. Die Spiegelung der Gelder für die Projekte erfolgt nach einem vorher definierten Schlüssel und visuell wird dieses Cofunding-Modell innerhalb der Projekte sichtbar gemacht. 2. Crowdfunding als Vorqualifizierung Bei diesem Modell wird erfolgreichen Crowdfunding-Projekten der Zugang zu öffentlichen Fördertöpfen erleichtert. Nach der Zusage der Crowd, wählt in einem zweiten Schritt eine Jury Projekte für eine öffentliche Förderung aus. Um den Prozess transparent zu gestalten, wird auch dieses Modell auf der Crowdfunding-Plattform visuell dargestellt. Während die Förderinstitutionen weiterhin für Qualitätsanspruch stehen, liefert die Crowd die gesellschaftliche Relevanz. 3. Crowdfunding als kommunales Förderinstrument Die ersten Erfahrungen zeigen, dass auch auf webbasierten Crowdfunding-Plattformen viele Unterstützer Projekte in ihrer Region unterstützen, da sie ihr unmittelbares kreatives Umfeld mitgestalten wollen und oftmals von dem Ergebnis der Förderung selbst profitieren können. Herausgeber tyclipso.me © 2012- Seite 53 Cofundingmodelle Cofunding-Modelle mit Stiftungen Je grö ßer un d a k ti ve r die ow Cr d h g pplun Crowd 15.000 € 1:1 Ko sic Stiftung 5.000 € Firmen 5.000 € de st o n zi . er er Öffentliche Förderinstitution 25.000 € a tbare r d ie C o - F i n Abbildung: Cofunding-Modell Beispiel: Finanzierung eines Dokumentarfilms i.H.v. 50.000 Euro Firmen: machen ihr Engagment sichtbar und profitieren von der viralen Kommunikation Crowd: bringt gesellschaftliche Relevanz und erhöht die Reichweite der Projektideen privates Fördern Stiftungen: fördern nachhaltig kreative Projekte und können beliebige Kopplungsszenarien ansetzen Öffentliche Förderinstitution: Kopplung der Förderzusage an die erfolgreiche Finanzierung durch die Crowd und private Co-Finanzierer öffentliches Fördern Die öffentlichen Fördergelder werden nach einem vorher definierten Modell – in diesem Falle 1:1 – an die private Förderung gekoppelt. Die Zusage der Crowd bringt die gesellschaftliche Relevanz, mindert das Risiko für den Co-Finanzier und fördert zugleich privates Engagement. Cofunding-Modelle zwischen Stifungen und Crowdfunding wurden in Deutschland bereits erfolgreich am Beispiel von zwei Projekten erprobt: Auf der Crowdfunding-Plattform Startnext sammelten die Initiatoren des Projekts “Podium 360 Grad” rund 4.500€, um klassische Musik in Clubs zu bringen und experimentelle Formate der Aufführungskultur zu ermöglichen. Jeder Euro, der von einem Unterstützer kam, wurden dabei von der Zukunftssstiftung Heinz Weiler verdoppelt und die Abhängigkeit der Gelder auf der Plattform sichtbar gemacht. Nach einem ähnlichen Cofunding-Modell konnte mit der Unterstützung der Alfred Töpfer Stiftung das Konzertprojekt “MixTaste” auf Startnext finanziert werden. Stiftungen treffen auf Crowdfunding Das Engagement von Stiftungen auf Crowdfunding-Plattformen hat für alle Seiten – Initiator, Unterstützer und Stiftungen – vielfältige Vorteile. Das Interesse und die Reaktionen der Crowd auf solchen Plattformen sind für Stiftungen ein wichtiges Indiz für die Förderwürdigkeit von Projekten und stellt sicher, dass die Projektidee beim Publikum ankommt. Während die Stiftungen durch die Koppelung der Förderzusage an die Unterstützung der Crowd ihr Risiko minimieren können, freut sich der Unterstützer, dass sein finanzieller Support durch die Hebelwirkung einen doppelten Wert hat. Aus Sicht des Projektinitiators werden die Förderprozesse durch solche Verknüpfungen und die Herstellung von Abhängigkeiten vereinfacht, da er hier die Kommunikation für sein Projekt öffentlich bündeln kann. Effekte von Cofunding-Modellen Im Unterschied zu öffentlichen Förderinstitutionen können Stiftungen im Crowdfunding-Markt schneller eine Vorreiterrolle einnehmen, indem sie neue Wege in der Finanzierung von Kultur und Medien ausprobieren. Stiftungen können von Anfang an Crowdfunding in die Finanzierung von Projekten im Sinne des Cofunding-Modells einplanen oder gezielt auf den Crowdfunding-Plattformen nach Projekten suchen, die zu ihrem Stiftungszweck passen und ihre Förderung sichtbar machen. Darüber hinaus ist es sinnvoll, dass Stiftungen sich als Partner von Plattformen einbringen, um die Weiterentwicklung im gemeinnützigen Bereich zu ermöglichen, so wie das beispielsweise Stiftungen mit der Schweizer Plattform wemakeit.ch machen. Handlungsempfehlung Anna Theil Seite 54 - co:funding Handbuch 2012 Herausgeber tyclipso.me © 2012- Seite 55 Erste regionale Crowdfunding-Plattform: Nordstarter Hamburg Auf Nordstarter und Startnext konnten bisher ca. 60.000€ von 450 Unterstützern eingesammelt werden. 15 Projekte in Hamburg wurden dadurch ermöglicht. nordstarter.org Die erste regionale Crowdfunding-Plattform namens Nordstarter Hamburg, die als Sub-Plattform von Startnext im Herbst 2011 gestartet ist und von der Hamburg Kreativ Gesellschaft betreut wird, unterstreicht die Erkenntnis, dass Crowdfunding als kommunales Förderinstrument Initiatoren und private Förderer zusammenbringt. Egbert Rühl, Geschäftsführer der Hamburg Kreativ Gesellschaft beschreibt die Zielsetzung: „Mit Nordstarter haben wir nicht nur ein neues Finanzierungsinstrument für Projekte aus der Kreativwirtschaft geschaffen, sondern durch die regionale Verortung der Plattform wird außerdem die persönliche Vernetzung zwischen verschiedenen Projekten sowie zwischen Ideenhabern und Geldgebern ermöglicht.“ Vernetzung der lokalen Kreativwirtschaft Die Einbindung von regionalen Multiplikatoren über Sub-Plattformen hat vielfältige Vorteile: Die Zusammenarbeit mit Multiplikatoren aus dem Kultur- und Kreativbereich erhöht den Wirkungsgrad von Crowdfunding in der Region. Die Betreiber einer Sub-Plattform wie die Hamburg Kreativ Gesellschaft bringen die inhaltliche Expertise mit, um die Projektinitiatoren gezielt zu unterstützen und verfügen über wichtige Kommunikationskanäle in ihrer Stadt, um die Plattform langfristig zu etablieren. Dr. Nikolas Hill, Hamburgs Staatsrat für Medien begründet die Initiative von Nordstarter: „Die Plattform ist eine Ergänzung der bisherigen Möglichkeiten staatlicher und privater Förderung. Besonders für kleinere und private Initiativen, die gerade am Anfang stehen, ist ‚Crowdfunding‘ eine echte Chance.“ Regionale Mulitplikatoren Das Team von Nordstarter Hamburg ist sehr aktiv und konnte bereits erste Erfolge bei Live-Crowdfundings auf entsprechenden Veranstaltungen feiern. Workshops mit Projektinitiatoren führten ebenfalls zu erfolgreichen Projektfinanzierungen. Zusammen mit der GLS Bank führte Nordstarter einen ersten Projekt-Wettbewerb durch. Die Kampagne sollte Crowdfunding in der Stadt bekannt machen. Flankierende Maßnahmen Anna Theil Seite 56 - co:funding Handbuch 2012 Herausgeber tyclipso.me © 2012- Seite 57 Regionales Crowdfunding auf dresden-durchstarter.de Dresden startet im Sommer eine Crowdfunding-Plattform auf seiner Facebook Page. Wir haben den Mitinitiator Marco Blüthgen, Social Media Experte bei der Dresden Marketing GmbH befragt, welche Ziele mit diesem Engagement verfolgt werden und welche Chancen sich die Stadt davon erhofft. Denis Bartelt: Herr Blüthgen, was ist der Aufhänger für die Crowdfunding-Plattform der Stadt Dresden? Marco Blüthgen Social Media Experte bei Dresden Marketing marketing.dresden.de Marco Blüthgen: Wir möchten das Bürgerengagement für Kultur, Bildung und Wissenschaft in Dresden fördern. Der konkrete Aufhänger ist, dass 2012 Dresden die Themen Wissenschaft und Kunst unter dem Motto „Dresden. Eine faszinierende Idee“ in den Mittelpunkt seiner Kommunikations-Maßnahmen rückt. Mit einer eigenen Crowdfunding-Plattform im Internet und insbesondere auf seiner Facebook Page gibt die Stadt seinen Einwohnern und Initiativen ein neues Hilfsmittel an die Hand, das Ideengeber, Kreative und deren potentielle Förderer direkt und einfach vernetzt. D.B.: Welche Bedeutung hat diese Initiative für die Dresdner? Bürgerengagment fördern M.B.: International ist Dresden heute als Standort für Hochkultur, Technologien und innovative Forschung bekannt. Unter nachhaltiger Stadtentwicklung verstehen wir von der Dresden Marketing GmbH jedoch auch die Förderung von Ideen und Impulsen seiner Bürgerinnen und Bürger. Denn nur vielfältige Förder- und Bildungsangebote steigern die Lebensqualität und die Weltoffenheit unserer Stadt. Klar ist auch: Gute Ideen für Projekte, Produkte und kreative Initiativen sind wertvolle Ressourcen. Die Menschen, die dahinter stehen, benötigen ‚Rückenwind‘ und Anerkennung, Mitarbeit, Zeit, Kontakte, Freiräume und natürlich auch finanzielle Unterstützung. All das soll die Dresdner Crowdfunding-Plattform in Zukunft bündeln und einem breiten Publikum zur Verfügung stellen. D.B.: Crowdfunding etabliert sich als neue Finanzierungsform für kreative Projekte und Startups im Netz. Gibt es weitere Effekte, die das Engagement in eine eigene Plattform sinnvoll machen? Seite 58 - co:funding Handbuch 2012 M.B.: Mit unserer Crowdfunding-Plattform möchten wir die Kreativität der Dresdner Bürgerinnen und Bürger fördern und den berühmten Dresdner Erfindergeist stärken. Unser Ziel ist es, unseren Fans in den sozialen Netzwerken und darüber hinaus zusätzliche Strukturen anzubieten, sich individuell an Initiativen und Projekten zu beteiligen als auch diese aktiv zu unterstützen. Die Crowdfunding-Plattform erlaubt einen einfachen und niedrigschwelligen Zugang und bietet die notwendigen Community-Funktionen. Langfristig möchten wir mit diesem Portal den Dialog über innovative Dresdner Bildungs-, Forschungs- und Entwicklungsprojekte stärken. Dialogplattform für Projekte D.B.: Das Motto der Plattform beinhaltet neben den kulturellen Themen auch Wissenschaft und Forschung. In diesem Bereich gibt es bisher kaum erfolgreiche Musterbeispiele. Wie soll dieses Experiment gelingen? M.B.: Wir möchten den Crowdfunding-Ansatz von Kultur- und Kunstprojekten auf Projekte aus Forschung, Entwicklung und wissenschaftsorientierter Bildung in Dresden und Umland übertragen. Individuelles Engagement und gemeinsame Teilhabe an Innovationen sind die vorrangigen Ziele die wir damit verfolgen. In der ersten Phase stellen wir Projekte aus Kultur, Kunst und Bildung in den Fokus, um im zweiten Schritt kreative Ideen und Produktinnovationen und Dienstleistungen zu fördern. Sachsen im Allgemeinen und Dresden im Speziellen bieten bereits eine gute Vernetzung zwischen Forschung, Lehre und Technologie. Darauf werden wir aufbauen. D.B.: Die Plattform launcht demzufolge in zwei Stufen. Mit den bereits etablierten Mechanismen der Kulturförderung soll die Plattform bekannt gemacht werden, um dann den Bogen hin zur Wissenschaft zu spannen? M.B.: Crowdfunding ist für viele ein völlig neuer Grund im Netz aktiv zu werden. Die stufenweise Einführung, soll die Nutzer an diesen demokratischen Fördermechanismus heranführen. Wir möchten Kreative, Erfinder, Forscher, Studenten, Künstler und Kunstbegeisterte mit Menschen, die gute Projekte bei der Umsetzung unterstützen möchten, mit Dresdner Bürgerinnen und Bürgern und unseren Fans in den sozialen Netzwerken zusammenführen. Herausgeber tyclipso.me © 2012- Seite 59 Launch in zwei Stufen soll Crowdfunding für Wissenschaft und Forschung etablieren D.B.: Kreative und innovative Projekte sind nicht nur ein wünschenswertes Aushängeschild für eine lebenswerte Stadt. Unternehmen suchen händeringend nach neuen Ideen und Teams die sie umsetzen. Crowdfunding kann solche Ideen sichtbar machen. Wie wichtig ist dieser Aspekt bei dieser Kampagne? hier, müsste ,sich das Crowdfunding für Wissenschaft und Forschung etablieren lassen. Die Kombination aus Lehr- und Forschungsstandort sowie Wirtschaftsstandort schafft einen guten Nährboden für neue Ideen. D.B.: Bietet die Plattform Neuerungen und besondere Funktionen? Lokales Engagement von Unternehmen und Förderung der Innovationskraft M.B.: Wir möchten mit dieser Initiative zunächst die Menschen erreichen, die Ideen und Projekte aus Dresden fördern möchten oder Unterstützung für ihre Ideen und Projekte suchen. Darüber hinaus möchten wir potenzielle Multiplikatoren ansprechen, die über die Plattform berichten (online, offline) und unsere Initiative kommunikativ weitertragen und damit auch Engagement sichtbar machen. Letztlich sollen natürlich auch die ansässigen Unternehmen die Chance bekommen sich zu positionieren, in dem sie lokal investieren. Die Förderbudgets von Unternehmen können als Einzelpositionen größere Posten im Crowdfunding ausmachen und somit auch größere Projektsummen realistisch erscheinen lassen. Unternehmen sind deshalb sehr wichtige Förderer und Multiplikatoren und werden mit einer speziellen Kampagne angesprochen. Ein nicht zu verkennender Gegenwert für Unternehmen ist, dass auf der Plattform frühzeitig interessante Initiatoren ausfindig gemacht und rekrutiert werden können. D.B.: Wie genau wird das Projekt initiert? M.B.: Im ersten Schritt werden die Dresdner Projekte in der Bewerbungsphase gesammelt, um im zweiten Schritt über Crowdfunding finanziert zu werden. Alle Prozesse - von der Bewerbung bis hin zum Crowdfunding - sind in die Plattform und das Erscheinungsbild der Stadt Dresden eingebettet. Die Kampagne wird im Sommer 2012 mit Projekten aus den Bereichen Kunst, Kultur und Bildung starten. Bei der Stadtplattform handelt es sich, ähnlich der Plattform nordstarter.org aus Hamburg, um eine Subplattform auf startnext.de. Anders als auf Nordstarter, wird Dresden insbesondere die Einbettung der Plattform auf seiner Facebook-Präsenz vorantreiben. Dafür stellt Startnext die entsprechenden Module bereit. Nach dem Start steht die Akquise attraktiver Projekte aus der Forschung, spezielle Erfindungen und die anschließende Prototypenentwicklung im Fokus. Dresden steht mit seinen Spitzenclustern im Bereich Halbleitertechnik und Nanotechnologie für Innovationen. Wo, wenn nicht Seite 60 - co:funding Handbuch 2012 M.B.: Ja, zwei Neuerungen können hier kurz angerissen werden. Wir werden uns mit einer Kampagne direkt an regionale Unternehmen wenden und dort für den Crowdfunding-Gutschein als Mitarbeiterbzw. Kunden-Geschenk werben. Dadurch können wir Budgets für die Projekte akquirieren und parallel Unternehmen motivieren Förderung am Standort durchzuführen. Parallel werden Postkartenaktionen mit jeweiligen Projektmotiven und den Protagonisten zusammen mit dem Kampagnen-Slogan der Stadt gestartet. Die Postkarten sollen das Crowdfunding ankurbeln und die Kampagnen-Botschaft an deren Empfänger weitertragen. Wir verbinden auf diese Weise Stadtmarkting und Wirtschaftsförderung und verhelfen gleichermaßen dem Projekt zu mehr Bekanntheit und damit einer höheren Chance im Crowdfunding erfolgreich zu sein. D.B.: Die Etablierung neuer Prozesse im Umfeld von Behörden stellt sich oft als kompliziert dar. Wie sind die Erfahrungen beim Thema Crowdfunding? M.B.: Wir haben als einhundertprozentige Tochter der Stadt, die als GmbH firmiert, eine große Freiheit in unserer Arbeit. Auch konnten wir schnell offene und interessierte Partner in der Stadtverwaltung wie die Wirtschaftsförderung Dresden und das Presseamt für dieses Projekt gewinnen. Das macht es natürlich leichter, solch ambitionierte und zukunftsweisende Ideen wie das Crowdfundingprojekt zu realisieren. Von uns als Dachmarketingorganisation der Stadt wird erwartet und dies auch zugestanden, der innovative Treiber zu sein, zu beraten und das schließt die Stadtverwaltung mit ein. Vielen Dank für dieses Interview. Herausgeber tyclipso.me © 2012- Seite 61 CrowdfundingGutscheine und Kampagnen-Postkarten als Crowdfunding-Motoren Kulturengagement 2.0 für Unternehmen In den letzten Jahren haben Wirtschaftsunternehmen zunehmend umgedacht und den Wert von gesellschaftlichem Engagement in einem globalisierten Markt erkannt. Sich als Akteur in der unmittelbaren Umgebung seines Unternehmens einzubringen stärkt nicht nur die eigene Reputation, sondern verbessert auch das Umfeld der Mitarbeiter. Außerdem bietet gesellschaftliches Engagement die Möglichkeit, sich in einem nachfragegesättigten Markt zu behaupten. Anja Barth UnternehmensKooperationen Startnext Gleichzeitig folgt die Einsicht, dass die Wirkungspotenziale der klassischen Kommunikationsmittel, insbesondere die der klassischen Werbung, mit Etablierung neuer Medien, wie Social Media, ausgedient haben. Alternative Ansätze der Unternehmenskommunikation müssen geschaffen werden, um die neuen Kommunikationsprinzipien für sich zu nutzen. Crowdfunding ist in diesem Sinne ein vielversprechendes Instrument für Wirtschaftsunternehmen, um die Chancen von Kulturengagement und Social Media kombiniert zu nutzen und damit ein Kulturengagement 2.0 zu kreieren. Diese Idee basiert auf folgenden fünf Thesen: 1. Web 2.0 und Social Media Kommunikation verändern die Kommunikationsprozesse von Unternehmen mit ihren Anspruchsgruppen. Die Verteilung der Kommunikationsrollen haben sich durch die neuen Technologien gewandelt, von der einseitigen Informationsverteilung hin zum dialogorientieren Austausch. Klassische Werbekommunikation verliert an Wirkung, innovative und integrative Kommunikationsformen via Social Media dagegen entfalten großes Potenzial bei den Rezipienten. 2. Die gesellschaftliche Verantwortung, die ein Unternehmen gegenüber der Öffentlichkeit zeigt und kommuniziert, trägt wesentlich zu dessen Reputation im Umfeld bei und wird ein entscheidender Faktor der Marktpositionierung im Wettbewerb. Dies führt zur strategischen Ausrichtung des unternehmerischen Handelns im Rahmen des Konzepts der Corporate Social Responsibility (CSR). 3. Die Kulturfinanzierung in Deutschland ist geprägt von der öffentlichen Förderung. Aufgrund der sinkenden öffentlichen Ausgaben auf der einen und der wachsenden Kultur- und Kreativwirtschaft auf der anderen Seite, müssen alternative und flexible Finanzierungsmöglichkeiten gefunden werden. Kulturengagierte Wirtschaftsunternehmen werden hier zu geschätzten Partnern für eine Kulturlandschaft der Vielfalt. 4. Kunst und Kultur haben eine emotionalisierende Wirkung auf Betrachter und Publikum und sind Anreize für Kommunikation und Dialog. Diese Wirkungsweisen können von Unternehmen im Rahmen der vom CSR abgeleiteten Corporate Cultural Responsibility (CCR) strategisch genutzt werden, zur Stärkung von Reputation und Image, Mitarbeitermotivation und Unternehmenskultur sowie zur Schaffung von Inhalten und Anlässen für die eigene Unternehmenskommunikation. 5. Crowdfunding hat sich seit Mitte 2010 in Deutschland als Instrument der privaten Kulturförderung in einer zunehmend digitalisierten Gesellschaft etabliert. Es eint die Notwendigkeit einer alternativen Finanzierungsmethode für Künstler und Kreative mit den Chancen und Möglichkeiten der Social Media Kommunikation. Für Wirtschaftsunternehmen wird Kulturengagement 2.0 mittels Crowdfunding gleichzeitig zum Kommunikations- und Marketinginstrument. Für eine erfolgreiche Kooperation zwischen kulturengagierten Unternehmen und kreativen Projekten auf einer Crowdfunding-Plattform sind folgende Kriterien ausschlaggebend: » Übereinstimmung von Zielen und Werten zwischen Unternehmen und Kulturprojekt » Sichtbarkeit des Unternehmens als Förderer im Rahmen der Kooperation » Inhalte aus der Kooperation für die eigene Unternehmenskommunikation Diese Kriterien gelten ebenso im Rahmen eines Engagements, welches Crowdfunding nutzt und von den Social Media Mechanismen profitiert, getreu dem Motto: Tue Gutes und lasse darüber reden. Seite 62 - co:funding Handbuch 2012 Herausgeber tyclipso.me © 2012- Seite 63 Kriterien einer Kooperation mit Kreativen CHECKLISTE Als Hilfestellung sollten sich Unternehmen im Vorfeld ihres Engagements folgende Fragen stellen: » Welche Identität steckt hinter dem Unternehmen? Welche Werte haben wir? Welche Botschaft wollen wir vermitteln? » Was sind meine Unternehmensziele und was möchte ich speziell mit meinem Kulturengagement erreichen? Welche Zielgruppen will ich ansprechen? » Welche Kriterien sollen die von mir zu fördernden Projekte demnach erfüllen? (z.B. regional gebunden, einer bestimmten Kunstrichtung zugehörig, Nachwuchsförderung, interkultureller Austausch, usw.) » Welche Möglichkeiten möchte ich nutzen, mich als Förderer zu präsentieren? Welche Kommunikationsmaßnahmen kann ich einsetzen? (z.B. Social Media Kanäle, PR, Mitarbeiterkommunikation, Verknüpfung mit Veranstaltungen usw.) » Welche Ressourcen kann ich einsetzen? Wie möchte ich mich als Förderer beteiligen? Rein finanziell, als Veranstalter oder Initiator? (z.B. Kulturevent ausrichten, kuratieren, finanzieren) » Wer kann ich die Kooperation personell mit eigenen Mitarbeitern begleiten? Wie können sich Unternehmen via Web 2.0 und Crowdfunding engagieren? » Regional ansässige Unternehmen können als Förderer die lokale Kultur bereichern und damit die Öffentlichkeit vor Ort erreichen. Auf Crowdfunding-Plattformen kann man nach Projekten aus seiner Region suchen oder gleich einen Aufruf starten. » Ebenso kann nach Projekten aus bestimmten Kultursparten gefiltert werden. So lassen sich schnell die zum Unternehmen passenden Projekte finden, die im Sinne der Unternehmensphilosophie Seite 64 - co:funding Handbuch 2012 gefördert werden, z.B. Nachwuchsmusiker aus dem Klassikbereich oder urbane Street Art Künstler. » Darüber hinaus können Unternehmen ganze Förderprogramme selbst starten und via Web 2.0 kommunizieren. Künstler und Kreative bewerben sich bei der Initiative und mobilisieren gleichzeitig ihre Freunde und Fans, sie dabei zu unterstützen. » Auch ein Wettbewerb kann initiiert werden. Dabei können Crowdsourcing und Crowdfunding durchaus verknüpft werden. Ein Unternehmen ruft zu einem Bandcontest auf oder fragt die Community nach Ideen zur Gestaltung des Firmengebäudes. Die Fans und/ oder die Mitarbeiter entscheiden anschließend, wer gewinnt und die Förderung erhält. » Mitarbeiter können des Weiteren auch im Rahmen eines eigenen Gremiums integriert werden. Alljährlich engagiert sich das Unternehmen für kulturelle Projekte. Warum das Budget nicht einfach mal in die Verantwortung der Mitarbeiter geben und diese über die Verteilung entscheiden lassen? Die Mitarbeiter werden sich durch diese Teilhabe viel stärker mit ihrem Unternehmen identifizieren. » Außerdem sind weitere Cofunding-Modelle möglich. Beim Crowdfunding entscheidet die Crowd – das Publikum – selbst, was es sehen möchte. So könnten Unternehmen die Beträge der Crowd verdoppeln oder den Projekten mit den meisten Fans bzw. meisten Unterstützungen zusätzlich fördern. Die Eigenschaften von Social-Media-Kommunikation (Partizipation, Dialog, Weitersagen usw.) ermöglichen eine Reihe kreativer Kulturförderformen für engagierte Unternehmen. Diese steigern nicht nur die Reputation durch außergewöhnliche Aktionen, sondern sind auch nachhaltige und proaktive Kulturförderung: Künstler und Publikum gehen mit dem Förderer Hand in Hand. Anja Barth / Masterarbeit (2011) zu „Auf dem Weg zu einem unternehmerischen Kulturengagement 2.0? Crowdfunding im Rahmen einer CCR (Corporate Cultural Responsibility) Herausgeber tyclipso.me © 2012- Seite 65 Crowdfunding als Instrument in der Unternehmenskommunikation Die Verknüpfung von unternehmerischem Kulturengagment und Crowdfunding hat zum Ziel, dass Unternehmen kreative Projekte sichtbar machen können und ihre Mitarbeiter und ihre Zielgruppe in den Prozess miteinbinden können. Der Wert dieser Form des Kulturengagements liegt demnach vor allem im Unterstützen und Kommunizieren von kreativen Projekten mit Finanzierungsbedarf. Denis Bartelt Gründer von Startnext startnext.de Die „Page“ für Unternehmen Crowdfunding ist ein demokratisches Modell der Projektfinanzierung. Es ist deshalb sinnvoll, dass Unternehmen möglichst dafür sorgen, dass genau diese Elemente gefördert werden, beispielsweise durch die Einbindung der Mitarbeiter in den Prozess. Die Interaktion aller Akteure fördert sowohl das Verständnis für Crowdfunding als auch das damit verbundene Unternehmensziel. Die Plattform Startnext ermöglicht derzeit als erste deutsche Plattform Kampagnen für Unternehmen auf der Basis von Crowdfunding. Über eine „Page“ und zusätzliche Module können u.a. folgende Kampagnen realisiert werden: » Das Unternehmen selektiert und fördert Projekte und bewirbt diese auf der Crowdfunding-Page » Auflegen eines eigenen Fonds > dessen Budget von den Mitarbeitern in Projekte investiert werden kann » Initiierung eines Wettbewerbs > das Unternehmen lobt einen Preis unter den Bewerbern aus » Das Unternehmen doppelt jeden Euro, den seine Mitarbeiter oder auch die Crowd in bestimmte Projekte investieren » Die Unternehmens-Page kann vollständig gebrandet werden und wird Teil einer Projekt-Kampagne » Das Unternehmen kann die Offline-Module für Crowdfunding auf eigenen Events nutzen » Mit einer White-Label-Lösung kann ein Unternehmen sogar eine eigene Crowdfunding-Plattform mit eigenem Themenschwerpunkt aufbauen Seite 66 - co:funding Handbuch 2012 Unternehmen sollten für ihr Kulturengagement zunächst Ressourcen definieren, damit die beauftragten Mitarbeiter aktiv werden können. Es ist empfehlenswert ein Budget für das Kulturengagement und die dazugehörigen Kommunikationsziele festzulegen. Außerdem erscheint es sinnvoll sich ggf. auf einen Themenbereich zu fokussieren, damit die Kommunikation des Engagements über eine gezielte Ansprache möglich ist. Es sollte entschieden werden, ob Projekte direkt gefördert werden, ob Mitarbeiter in den Auswahlprozess eingebunden werden oder ob in Strukturen investiert wird. Strategische Entwicklung des Engagements Im besten Fall kann ein Unternehmen sein schon bestehendes Marketing-Budget in nachhaltige Kommunikations-Kampagnen für kreative Projekte umleiten. Das Unternehmen kann dadurch seine eigene Reputation und sein Kulturengagement in seiner Zielgruppe weiterentwickeln. Die Wirkung gegenüber einer klassischen Kampagne ohne Nachhaltigkeit und Wertevermittlung ist erwartungsgemäß höher, jedoch nicht kostspieliger. Bestehende Budgets einsetzen Anfragen zeigen, dass das Interesse an dieser Form des Kulturengagements 2.0 in Verbindung mit Projektfinanzierung durch Crowdfunding besteht und erste Kampagnen für das Jahr 2012 bereits in Planung sind. Mit Crowdfunding-Projekten können Kultur- und Kreativschaffende ihre eigene Förder-Community aufbauen, diese für neue Projekte wieder aktivieren und wachsen lassen. Unternehmerisches Kulturengagement beim Crowdfunding unterstützt die Projektinitiatoren langfristig in diesem Prozess und ist deshalb als nachhaltig zu betrachten. Denis Bartelt, Gründer von Startnext Herausgeber tyclipso.me © 2012- Seite 67 Nachhaltigkeit Crowdfunding-Pages für Unternehmen Sichtbarkeit der Förderkultur im Unternehmen über die Crowdfunding-Pages auf startnext.de Die Crowdfunding-Pages auf Startnext sind kostenfrei und ermöglichen es Teams sichtbar zu machen, die gemeinsam auf Startnext kreative Projekte unterstützen. Außerdem ist die Page die Basis von jeder Sub- oder Kampagnen-Plattform. Das Ziel der Page ist es dabei konkret Projektempfehlungen aus dem Förderkontext heraus an Besucher der Seite zu geben. Das Unternehmen kann damit auch zeigen, welche Projekte es nachhaltig unterstützt. Die kostenfreie Page ist derzeit mit einer Mitglieder-Einladen-Funktion, Unternehmensbeschreibung und Statistikelementen ausgestattet. Es werden automatisch alle Projekte angezeigt, für die eines der Mitglieder eine Unterstützung durchgeführt hat. Kostenpflichtige Crowdfunding-Pages enthalten zusätzliche Funktionen, wie z.B. das Branding der Seite, Contest-Module, VotingFunktionen oder Gutschein-Generatoren. Die Page dient somit dem Aufbau einer Corporate Cultural Responsebility (CCR) Kampagne und ist die Kommunikationszentrale für das eigene Engagement. Der Administrator der Page ist z.B. in der Lage, seinen Page-Mitgliedern ein Budget zur freien Verteilung auf der gesamten Plattform oder innerhalb einer kuratierten Projektliste freizugeben. Somit können die demokratischen Förderprozesse von Crowdfunding auch innerhalb des Unternehmensengagements sichergestellt werden. Funktionsbeschreibung: » Unternehmensdarstellung mit Foto, Logo, Beschreibung, Links, Social Media Kanälen, eigene URL » Statistik über das Förderengagement des Teams » unterstützte Projekte Seite 68 - co:funding Handbuch 2012 Herausgeber tyclipso.me © 2012- Seite 69 Werden Banken eine Rolle spielen, beim Crowdfunding und Crowdinvesting? Dieser Kommentar soll ein Abriss aktueller Diskussionen sein, neue Fragen aufwerfen und Forderungen aufstellen. Eines lässt sich ganz gewiss feststellen, die klassischen Banken, Sparkassen und Genossenschaftsbanken haben den Trend Finanzprodukte gemeinsam mit der Crowd zu realisieren, bisher verschlafen. Auch beim sogenannten Social Banking ist Crowdfunding bisher nicht angekommen. Lediglich die 2009 frisch gegründete Fidor Bank AG hat sich frühzeitig mit dem neuen Trend beschäftigt und kurzerhand ein Produkt entwickelt, welches mit der Plattform startnext.de erprobt und verbessert wird. Revolutionierung des Systems Derweil scheint bei den anderen Instituten „die Sonne unterzugehen“, wenn man einem Beitrag vom 28.3.12 von Desiree Cornet aus dem prblog-hbi.de Glauben schenkt. Sie spricht von der Revolutionierung eines Systems, weil „(...] mit der Unterstützung einer genügend großen Minderheit hat sich das Machtverhältnis nun verändert – jetzt bestimmt der Schwarm, welche Projekte eine Investition wert sind.“ Und damit werden Crowdfunding und -investing zum ernsten Mitbewerber für die etablierten Institute. Wachsende Konkurrenz Dabei bekommt man das Gefühl, dass einige Banken es fast nicht mitbekommen hätten, wenn nicht eine Studie von Steria Mummert Consulting in Zusammenarbeit mit dem F.A.Z.-Institut Klarheit verschafft hätte. „Peer-to-Peer-Plattformen ermöglichen Crowdinvesting.“ Jede dritte Bank in Deutschland erkennt Peer-to-PeerPlattformen inzwischen als wachsende Konkurrenz, lässt sich aus dem „Branchenkompass Kreditinstitute 2011“ herauslesen. Vertrauen verloren Das Blog boerse-go.de schreibt ganz verzückt: „Jetzt greift der Peer-to-Peer-Virus auf die Bankenwelt über – die WWW-Gemeinde schließt sich nämlich darüber zusammen zur Vermittlung von Finanzgeschäften. Die Bank als Man-in-the-Middle und ihre Gebühren sind außen vor.“ Dabei kommt zum Ausdruck, dass die Bank an sich damit Geld verdient, dass sie Dienstleistungen im Sinne des Kunden anbietet. Doch die Bankenwelt hat das Wichtigste längst verloren: das Vertrauen der Kunden. Seite 70 - co:funding Handbuch 2012 Das Blog der-bank-blog.de untermauert die letzte GfK Compact Studie (vom Herbst 2011) mit einem Zitat von Robert Bosch: „Lieber Geld verlieren als Vertrauen.“ Schlussfolgerung des Redakteurs Dr. Hansjörg Leichsenring dazu: „Den Banken scheint das egal zu sein. Schon wieder ist eine Studie erschienen, die ihnen bescheinigt, ihr Vertrauen bei den Menschen verspielt zu haben.“ Neue Produkte und Dienstleistungen, die mehr Transparenz, mehr Partizipation und möglicherweise auch mehr Profit versprechen, mogeln sich deshalb einfach an der Weisheit und Trägheit großer Finanzinstitute vorbei. Die erfolgreich gestarteten Plattformen sind nur die Speerspitze der Bewegung, die den Banken ein liebgewonnenes Produkt in Kürze streitig machen könnte - Unternehmensfinanzierungen aller Art, also auch die besonders Lukrativen. Denn eines kann kein Bankprodukt derzeit bieten, den Kommunikationseffekt eine Crowdinvestment-Kampagne und eine damit einhergehende wachsende Reputation des Startups in der Crowd, die dann nicht zuletzt Multiplikator in eigener Sache und zugleich Kunde wird. Transparenz wird heute belohnt. Wer die Dinge auf sich zukommen sieht, kann handeln und dennoch scheitern, wem die Wahrheit jedoch vorenthalten wird, der fühlt sich am Ende betrogen. Crowdinvestoren wissen um den Wert ihrer Anlage Auf der Webseite mikrospender.de von Marc‘o Connor fand ich den Auspruch (Autor unbekannt); „Banken und Kunden sind symbiotisch. Die Banken sind immer nur so gut, wie die Forderungen der Kunden.“ Das klingt in meinen Ohren sehr schlüssig und ruft nach dem mündigen Kunden. Zu dumm, dass Internetplattformen außerhalb der Sicherheitsstrukturen der Banken-IT einfache Finanzdienstleistungen viel schneller ausrollen können und auch davon profitieren, dass wie im Fall von Crowdfunding und -investing, bisher nichts reguliert ist. Noch in dem Moment, wo der erste Kunde ruft, gibt es eine Lösung im Netz. Banken die nicht netzaffin sind, haben hier schon ihr erstes Problem. In einigen Banken gibt es noch immer keine ausreichenden Social Media Kompetenzen, was dazu führt, dass der Kunde und sein Ruf nicht vernommen werden. Vermutlich wird selbst die Lösung erst bemerkt, wenn sie schon auf dem Markt ist. Die Entwicklungen von Crowdfunding und -investing in Deutschland ist dafür ein hervorragendes Beispiel. Als Gründer von Startnext erkläre ich bereits seit ca. zwei Jahren Bankenvertretern was Crowdfunding ist. Dem Kunden zuhören können Herausgeber tyclipso.me © 2012- Seite 71 Geld von der Crowd ist mehr wert! CrowdfundingTechnologie zukaufen Ein weiterer Aspekt wird in einem Beitrag von Saskia Littmann am 17.4.12 auf handelsblatt.com angesprochen: „In Zeiten, da Banken sich mit der Vergabe von Krediten zurückhalten, sind derartige Unternehmensbeteiligungen von Privatanlegern gerade für junge Unternehmen eine gute Alternative. Dank der Masse an Investoren kommt in der Regel genug Kapital zusammen.“ Das heißt für mich im Umkehrschluss: Wenn Banken die Kreditvergabe-Richtlinien nicht modernisieren, werden sie bald keine Bedeutung mehr haben. Genau in diesem Moment werden die Banken zukünftige Kreditkunden an Crowdinvesting-Plattformen verlieren. Wer jetzt nicht versteht, warum das so sein wird, dem möchte ich hier kurz Hilfe geben. Beim Crowdinvesting zählt zunächst der Unternehmer als Akteur, die Idee und Vision des Unternehmens und natürlich das grundlegende Zahlenwerk. Angefeuert werden kann ein Crowd-Engagement noch durch Produkte, die die Crowd sofort umgesetzt sehen will. Es ist auch davon auszugehen, dass sich innerhalb der Crowd mehr Experten des jeweiligen Sachgebietes tummeln, als in einer Bank, die eine Kreditanfrage zu bewerten versucht. Vom Crowdfunding und -investing profitieren alle Beteiligten. Dieser Aspekt ist kaum zu toppen. Lothar Lochmaier fragt deshalb in seinem Blog lochmaier.wordpress.com am 20.4.12 „Sollen Banken Crowdfunding ignorieren oder integrieren?“ darauf reagiert der Nutzer P2P-Banking.com sofort mit einem sehr ausführlichen Kommentar und empfiehlt, dass Banken eher in Startups dieser Art investieren sollten, um zu lernen, als selbst eigene Dienste zu entwickeln. Der Grund dafür sei, dass die IT-Strukturen innerhalb von Banken jede Innovation verschlingen würden, bevor sie die erforderliche Reife hätten. Der Autor sieht eine solche Investition nicht zuletzt als Marketing-Maßnahme, die erwartungsgemäß weit mehr Effekte biete, als klassische Kampagnen. Außerdem verweist er auf Erfolge in den USA und UK, die auch in Deutschland eine Entsprechung finden werden. Spannend sind die Anmerkungen von P2P-Banking.com warum Banken bisher zögern: „1. Für die Übernahme von Firmen sind (deutsche) Banken nicht positioniert. [...] klassische Bewertungsmethoden führen bei Techstartups mit geringem oder noch nicht exististentem Umsatz ins Leere, 2. Sicherheitsmentalität, 3. Unverständnis für das Potenzial“. Das führt mich auf die Unterschiede zwischen den Banken und ihrem ursprünglichen Auftrag zurück. Das Jahr 2012 ist das Jahr Seite 72 - co:funding Handbuch 2012 der Genossenschaften. Die Grundmotivation einer Genossenschaft „was einer allein nicht schafft, schaffen viele“ lässt einen direkten Zusammenhang zu den Mechanismen beim Crowdfunding erkennen. Man könnte fast behaupten: Crowdfunding bildet das Genossenschaftsmodell bei der Finanzmittelbeschaffung ab und bedient sich lediglich einer effektiveren Infrastruktur. Es stellt sich daher für mich nicht die Frage, ob Genossenschaftsbanken prädestiniert sind für Crowdfunding-Dienstleistungen. Die Mitglieder werden die neuen Dienstleistungen mit großer Genugtuung begrüßen und sich in ihrer Entscheidung für den Beitritt bestätigt fühlen. Genossenschaften sind die bekennende Crowd Selbst für die Sparkassen sind „kleine Summen von Vielen“ nichts Neues. Gemeinschaftliches Engagement ist Teil der Kernphilosophie der Sparkassen. Der Schritt von der Spende hin zu Crowdfunding und -investing sollte eher ein Kleiner sein. Oftmals scheinen die Sparkassen technologisch anderen Banken hinterherzuhinken. Sparkassen sind am Gemeinwohl orientiert Was die klassischen Banken betrifft, so verwundert mich nur, dass die Beobachtung des Marktes und die fortwährende Schaffung von neuen Produkten bisher nicht dazu geführt hat, dass Crowdinvesting einige Klassiker ersetzt. Dabei hätten Banken große Vorteile beim Einführen einer solchen Plattform - sie haben Kundenkontakt und können Kunden direkt erkennen, gezielt ansprechen und am neuen, partizipativen Investieren mitwirken lassen. In dem Fall bleibt das Geld sogar im Haus und wandert nicht auf externe Plattformen ab. Banken können nicht gut mit Social Media Als Spezialist steht Thomas Rahm von der T-Systems Multimedia Solutions GmbH mit meiner Agentur tyclipso.net in vielen Gesprächen über die Implementierung solcher Plattformen im jeweiligen Umfeld der Bank. Die ersten Banken arbeiten bereits aktiv an Crowdfunding- und -investing-Lösungen. Die Banken können mit diesen neuen Diensten ihre bestehenden Geschäftsmodelle ergänzen, um die Crowd individuell anzusprechen und als Finanzierungspartner zurück zu gewinnen. Zum Abschluss zitiere ich erneut Lothar Lochmaier, er vermeldet: „Venture Capital 2.0 greift die Banken an – oder: Die Peanuts-Revolution in der Startup-Finanzierung via Crowd setzt sich durch.“ Denis Bartelt, Gründer von tyclipso.net Herausgeber tyclipso.me © 2012- Seite 73 Rechtliche Aspekte des Cofunding sprengen würde und der Artikel daher keine Rechtsberatung im Einzelfall ersetzen kann. 1. Über das sog. ‘Cofunding-Recht’ a) Crowdfunding Die Themen des Crowdsourcing, Crowdfunding, Crowdinvestment und - nicht zu vergessen - Cofunding gehören zweifelsohne derzeit zu den spannendsten (neuen) Märkten, obgleich die Begriffe nicht eindeutig gebraucht werden. Cofunding Crowdfunding Crowdinvestment Unter “Cofunding” soll nachfolgend die zusätzliche Förderung von Crowdfunding-Projekten durch öffentliche Institutionen, Stiftungen oder Unternehmen verstanden werden. Die Unterstützung wird nach vordefinierten Modellen an den Auswahl- und Förderprozess der jeweiligen Förderer gekoppelt. Unter “Crowdfunding” soll ein webbasiertes und partizipatives Finanzierungsmodell verstanden werden, bei dem Projektideen durch die Unterstützung von einer unbestimmten Personenmenge finanziert werden. Diese erhalten keine “Unternehmensanteile” oder “Gewinne” bei Erfolg eines Projektes sondern sind private Förderer, welche ggf. einen Anreiz (z.B. Einladung zur Premiere) seitens des Projektinitiators erhalten. Abweichend hiervon ermöglicht es das “Crowdinvestment” den Unterstützern, ein Projekt/Unternehmen (z.B. Startup) nicht lediglich zu fördern, sondern in ein solches zu investieren, um dafür dann ggf. am möglichen Gewinn beteiligt zu werden. Naturgemäß sind die Förderer des Crowdfundings, welche vorwiegend ideell unterstützen möchten geduldiger mit dem Initiatoren als ein Investor eines Crowdinvestments, bei welchem es tatsächlich um Geld geht. Das Crowdinvestment bietet damit das stärkere Streitpotential und mithin höhere rechtliche Risiken. 2. Rechtliche Probleme Die Beteiligten eines Crowdfunding-Projektes sind regelmäßig die jeweilige Plattform (soweit das Projekt sich nicht “selbst” darum kümmert), die Initiatoren und die jeweiligen Förderer. Ggf. kommen noch ein oder mehrere Partner für die Abwicklung der Finanzdienstleistungen hinzu. Im Hintergrund agieren zudem Webprogrammierer, Inhaltsanbieter, Provider (...), welche vorliegend in der Betrachtung außer Acht gelassen werden sollen. Die Beteiligten Typisches Problem ist, dass die Abwicklung oftmals über Allgemeine Geschäfts- oder Nutzungsbedingungen erfolgen muss. Denn weder die Plattformbetreiber noch die jeweiligen Initiatoren werden sich bei Förderungen i.H.v. 5 bis 100€ im Einzelnen mit dem jeweiligen Förderer auseinander setzen können. Hierbei ist vor allem auf Klarheit der Bestimmungen zu achten. Denn Unklarheiten gingen hier gemäß § 305 c Abs. 2 BGB zu Lasten des Verwenders (hier der Plattformbetreiber bzw. der Initiator). Ausgewählte rechtliche Probleme Ein weiteres Problem stellt die Transparenz der vertraglichen Beziehungen dar. Denn der Plattformbetreiber ist zwar Vertragspartner des jeweiligen Initiators und des Förderers, was die konkrete Nutzung der Plattformfunktionen angeht. Der “Fördervertrag” wird aber - unabhängig von dessen rechtlicher Einordnung im Einzelfall - zwischen dem Förderer und dem Initiator geschlossen. Dies muss sich dem jeweiligen Seitenbesucher geradezu aufdrängen, damit im Falle von Problemen der Projektabwicklung keine Haftung des Plattformbetreibers entsteht. Zudem werden die jeweiligen Verträge im Internet und mithin im Wege des sogenannten Fernabsatzgeschäfts geschlossen (§ 312 b BGB). Vor diesem Hintergrund sollen nachfolgend einige der grundsätzlichen Rechtsbeziehungen und Problemstellungen der vorstehenden Themengebiete dargestellt werden. Hinzuweisen ist vorab jedoch darauf, dass eine vollumfängliche Darstellung hier den Rahmen Seite 74 - co:funding Handbuch 2012 Herausgeber tyclipso.me © 2012- Seite 75 Anwendungsbereich des Fernabsatzrechts § 312 b Absätze 1 und 2 BGB „(1) Fernabsatzverträge sind Verträge über die Lieferung von Waren oder über die Erbringung von Dienstleistungen, einschließlich Finanzdienstleistungen, die zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher lediglich der Textform (§ 126 b BGB). Dies hat im Streitfall die Folge, dass - mangels eigenhändiger Unterschrift - nicht nachgewiesen werden kann, ob eine E-Mail von einer bestimmten Person stammt. Auch der Zugang einer eigenen E-Mail (z.B. inklusive der Widerrufsbelehrung) kann nicht durch deren Versand nachgewiesen werden. Selbst eine “Rückmail” wird dies im Falle hartnäckigen Bestreitens nicht erfüllen können. unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln abgeschlossen werden, es sei denn, dass der Vertragsschluss nicht im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- oder Dienstleistungssystems erfolgt. Finanzdienstleistungen im Sinne des Satzes 1 sind Bankdienstleistungen sowie Dienstleistungen im Zusammenhang Diese und andere Probleme konnten wir im Rahmen konkreter Einzelfalllösungen bisher ausräumen. Dies bedarf aber oftmals bereits eines beratenden Eingriffs im Rahmen der konkreten Programmierung der Plattform. mit einer Kreditgewährung, Versicherung, Altersversorgung von Einzelpersonen, Geldanlage oder Zahlung. b) Crowdinvesting (2) Fernkommunikationsmittel sind Kommunikationsmittel, die zur Die Beteiligten des Crowdinvestments sind ähnlich derer des Crowdfundings. Auf Seiten des “Initiators” können bspw. - je nachdem im Einzelnen zu finanzierenden Unternehmen (z.B. ein Filmprojekt) noch weitere Beteiligte wie z.B. Versicherungen und Banken involviert sein, deren Bedingungen im Rahmen der “Beteiligungsmodelle” wie auch der konkreten Umsetzung und Auszahlung zu bedenken sind. Die Beteiligten Anders als im Rahmen des reinen Crowdfunding geht es beim Crowdinvestment um finanzielle Gewinne und “Fehler” werden noch seltener “verziehen”. Sind bei ersteren die jeweiligen “Förderverträge” noch weit überwiegend als eine einfache Mischform aus Dienst-, Werk und/oder Kaufvertrag (z.B. über eine handsignierte Erstauflage einer CD oder DVD) qualifizierbar, werden die “Beteiligungsmodelle” vielfach den Rahmen von 10-20 A4-Seiten einnehmen. Ausgewählte rechtliche Probleme Anbahnung oder zum Abschluss eines Vertrags zwischen einem Verbraucher und einem Unternehmer ohne gleichzeitige körperliche Anwesenheit der Vertragsparteien eingesetzt werden können, insbesondere Briefe, Kataloge, Telefonanrufe, Telekopien, E-Mails sowie Rundfunk, Tele- und Mediendienste.” Rechtsfolge: Widerrufsrecht für Verbraucher Dies hat zur Folge, dass demjenigen Förderer, welcher als Verbraucher (§ 13 BGB) bzw. vereinfacht ausgedrückt als Privatperson agiert, grundsätzlich ein Widerrufsrecht zusteht. Im Rahmen der Umsetzung der von dem jeweiligen Plattformbetreiber unabhängigen Förderverträge zwischen Förderer und Initiator ist daher darauf zu achten, dass über dieses Widerrufsrecht ausreichend belehrt wird. In Einzelfällen kann das Widerrufsrecht auch bereits nach der bestehenden Gesetzeslage ausgeschlossen sein (z.B. für leicht verderbliche Waren) oder frühzeitig vor Ablauf der gesetzlichen Frist erlöschen. Dies sollte bei der jeweiligen vertraglichen Regelung oder vorzugsweise auch bei der Auswahl der Anreize für die Förderungen berücksichtigt werden. Beweisprobleme mangels Schriftform Nicht zuletzt sei noch darauf hingewiesen, dass im Rahmen des Online-Verkehrs im Streitfalle oftmals Probleme mit der Beweislast auftreten. Entgegen eines in der Praxis weit verbreiteten Irrglaubens genügt eine E-Mail nicht der Schriftform (§ 126 BGB), sondern Seite 76 - co:funding Handbuch 2012 Eine besondere Problemstellung ergibt sich hierbei aus den Schutzvorschriften für Anleger hinsichtlich des sog. “grauen Kapitalmarktes”, insbesondere der Vorschrift des § 8 f VerkaufsProspektG. Prospektpflicht nach Verkaufsprospektgesetz § 8f Abs. 1 VerkaufsProspektG - Anwendungsbereich „(1) Für im Inland öffentlich angebotene nicht in Wertpapieren im Sinne des Wertpapierprospektgesetzes verbriefte Anteile, die eine Beteiligung Herausgeber tyclipso.me © 2012- Seite 77 am Ergebnis eines Unternehmens gewähren, für Anteile an einem Vermögen, das der Emittent oder ein Dritter in eigenem Namen für fremde Rechnung hält oder verwaltet (Treuhandvermögen), oder für Anteile an sonstigen geschlossenen Fonds muss der Anbieter einen Verkaufsprospekt nach diesem Abschnitt veröffentlichen, sofern nicht bereits nach anderen Vorschriften eine Prospektpflicht besteht oder ein Prospekt nach den Vorschriften dieses Gesetzes veröffentlicht worden ist. Die Prospektpflicht nach Satz 1 gilt auch für Namensschuldverschreibungen.” Rechtsfolge: Prospekthaftung Die Missachtung einer (rechtlich gebotenen) Prospektpflicht kann zu erheblichen rechtlichen Nachteilen für den Initiator führen. Eingeweihten ist dies unter dem Stichwort der sogenannten (30 Jahre währenden) Prospekthaftung bekannt. Diese Haftung würde grundsätzlich den Initiator und nicht den Plattformbetreiber treffen, da dies rechtlich unterschiedliche Personen sind. Ich gehe aber davon aus, dass - sobald die Haftung einiger Initiatoren im Raum steht - auch über eine Zurechnung etwaiger Pflichtverletzungen gegenüber der Plattform nachgedacht wird. Letztendlich könnte es auf eine Erweiterung der im “Online-Recht” etablierten Kenntnishaftung hinauslaufen, ähnlich wie es für Forenbetreiber oder bspw. Online-Auktionshäuser gefestigte Rechtsprechung ist. Derzeitige Kernfrage ist daher innerhalb der CrowdinvestmentGemeinde, ob eine Finanzierung von “Unternehmen” oberhalb der sog. magischen Einhunderttausendeuro-Grenze möglich ist (§ 8f Abs. 2 Ziffer 3 VerkaufsProspektG), und dies möglichst ohne Prospektpflicht. Denkbar ist dies, wenn auch je nach Einzelfall mit unterschiedlichen Voraussetzungen. Zu Fragen ist z.B., ob ein Initiator nicht unterschiedliche sich gegenseitig bedingende und jeweils unterstützende Unternehmen betreiben kann. Weiterhin werden derzeit die Tatbestandsmerkmale des § 8f VerkaufsProspektG genauer unter die Lupe genommen und versucht, am Öffentlichkeitsbegriff zu argumentieren. Tatsächlich dürfte dies nach meiner Ansicht “gefährlich” sein, da ähnliche Versuche auch hinsichtlich der “öffentlichen Zugänglichmachung“ i.S.d. § 19 a UrhG die Gerichte nicht immer überzeugten. Seite 78 - co:funding Handbuch 2012 Ein in der Praxis der Solarwirtschaft häufig genutzter Ansatz ist derjenige einer speziellen Darlehensform, da dies keinen Anteil an einem Unternehmen bedeute. Letzteres erscheint zumindest deshalb fraglich, da es sich um Formularverträge handelt, welche zur Anwendung des AGB-Rechts führen. Folge ist, dass - wie schon ausgeführt wurde - Unklarheiten zu Lasten des Verwenders gehen. Nicht selten sprechen derartige Darlehensnehmer in der Anbahnung des Vertrages von “Beteiligungen”. Des Weiteren kann ein solcher Vertrag je nach (falscher) Gestaltung der bankenrechtlichen Aufsicht unterfallen. Alternative Darlehensvertrag? Der Gesetzgeber ist gefordert! Klärende höchstrichterliche Rechtsprechung ist - da das Gesetz wie auch das Crowdinvestment noch recht “jung” ist - noch nicht vorhanden. Nach meiner Einschätzung ist hier - insbesondere auf Grund der wirtschaftlichen Bedeutung dieser neuen Finanzierungsform - auf eine klärende Stellungnahme des Gesetzgebers zu hoffen. In den USA ist man diesbezüglich bekanntermaßen bereits einen Schritt weiter. Bis dahin oder bis zum Vorliegen klärender höchstrichterlicher Rechtsprechung ist es Aufgabe der Anwaltschaft, auf rechtliche Probleme hinzuweisen und ggf. den “sichersten Weg” zu empfehlen. Erschwerend kommt hinzu, dass die vorstehend zum Crowdfunding aufgeführten rechtlichen Probleme auch hier auftreten. Insbesondere das fernabsatzrechtliche Widerrufsrecht kann hier neben der Beweisproblematik zu erheblichen Problemen führen, welche vorab bedacht und im Rahmen der Umsetzung der Portale wie auch Kampagnen und “Beteiligungsverträge” berücksichtigt werden müssen. Was passiert bspw., wenn ein Unterstützer kurz vor Ende der Kampagne einen erheblichen Betrag investiert, aber dann binnen gesetzlicher Frist widerruft? Muss die Unternehmung dann mit einem Minus in der Kasse dennoch starten, damit die sonstigen Investoren keinen Schadenersatzanspruch haben? Erfahrene Juristen haben sogleich die Idee der Einbeziehung einer auflösenden oder aufschiebenden Bedingung des Beteiligungsvertrages. Aber, was wenn der Unternehmer dennoch starten will, weil er in einem zweiten Anlauf befürchtet, das “Ziel zu verfehlen”? Herausgeber tyclipso.me © 2012- Seite 79 Schnittmenge zum Crowdfunding Da nur eine rechtswirksame Belehrung die Widerrufsfrist in Gang setzt, muss deren Zugang beweissicher dokumentiert werden. Eine schriftliche Bestätigung ist hier nicht praktikabel. Gleiches gilt (schon aus Kostengründen) für ein Einschreiben. Auch hierfür halte ich einzelfallbezogene Lösungen bereit. c) Cofunding Im Rahmen des Cofunding kommen zu den zivil- und aufsichtsrechtlichen Problemen bspw. noch die jeweiligen förderrechtlichen Sonderregelungen hinzu. Fallbeispiel: Filmfinanzierung via Cofunding Diese - bei rechtzeitiger Einbeziehung eines qualifizierten Beraters grds. lösbaren Problemstellungen - können sich im Hinblick auf Filmproduktionen bspw. aus dem Filmfördergesetz ergeben. Hierbei sind u.a. starre Vorgaben und Fristen hinsichtlich der inhaltlichen und zeitlichen Reihenfolge der Auswertung gegeben, welche ebenfalls im Rahmen etwaiger “Beteiligungsverträge” (so es solche sind) des Crowdinvestments zu berücksichtigen sind. vgl. auszugsweise § 20 Abs. 1 FFG - Sperrfristen „(1) Wer Referenzfilm-, Projektfilm- oder Absatzförderungsmittel nach 3. für die Auswertung durch Bezahlfernsehen zwölf Monate nach regulärer Erstaufführung; 4. für die Auswertung durch frei empfangbares Fernsehen und unentgeltliche Videoabrufdienste 18 Monate nach regulärer Erstaufführung.” Im Rahmen der Umsetzung der jeweiligen Verträge stellt sich dann auch stets die Frage, ob man (möglichst dynamische) Verweise auf die gesetzliche Regelung aufnehmen darf oder ob dies für den jeweiligen Vertragspartner zu intransparent wird. “Dynamisch” dazu, um bspw. das Crowdfunding oder Crowdinvestment für ein Drehbuch oder eine Vorab-Recherche zu nutzen und später die InvestmentSumme auch im Rahmen der Antragsstellung für die Filmförderung als Eigenanteil anzuführen. Der Investor wird aber stets wissen wollen, wann Gelder fließen könnten und in welcher Reihenfolge wer beteiligt wird. Beschränkung der Möglichkeiten für Anreize Auch das Crowdfunding mit den dort typischen Anreizen kann im Falle eines Cofunding-Vorhabens beschränkt sein. Aus Sicht eines - wir bleiben zur besseren Nachvollziehbarkeit bei diesem Beispiel - Filmprojekts könnte ein Initiator versucht sein, Anreize in Form von Werbeplätzen einzuräumen und hierfür das ein oder andere Produkt des Wohltäters hier und dort “in Szene zu setzen”. Hier können bspw. die Regelungen der §§ 7 und 8 Rundfunkstaatsvertrag entgegenstehen: diesem Gesetz in Anspruch nimmt, darf den geförderten Film oder Teile desselben zum Schutz der einzelnen Verwertungsstufen vor Ablauf vgl. auszugsweise § 7 Abs. 7 RStV der folgenden Sperrfristen weder durch Bildträger im Inland oder in deutscher Sprachfassung im Ausland noch im Fernsehen oder in sons- „(7) Schleichwerbung, Produkt- und Themenplatzierung sowie entspre- tiger Weise auswerten lassen oder auswerten. Die Sperrfristen betragen chende Praktiken sind unzulässig. Soweit in den §§ 15 und 44 Ausnahmen jeweils: zugelassen sind, muss Produktplatzierung folgende Voraussetzungen erfüllen: 1. für die Bildträgerauswertung sechs Monate nach Beginn der regulären Erstaufführung; 1. Die redaktionelle Verantwortung und Unabhängigkeit hinsichtlich Inhalt 2. für die Auswertung durch entgeltliche Videoabrufdienste und individu- und Sendeplatz müssen un- beeinträchtigt bleiben, elle Zugriffsdienste im Sinne des § 67 Absatz 3 Satz 2 neun Monate nach 2. die Produktplatzierung darf nicht unmittelbar zu Kauf, Miete oder Beginn der regulären Erstaufführung oder, wenn gegenüber der FFA Pacht von Waren oder Dienstleistungen auffordern, insbesondere nicht schriftlich eine entsprechende Zustimmung des betroffenen Program- durch spezielle verkaufsfördernde Hinweise auf diese Waren oder manbieters im Sinne des § 66a Abs. 1 Satz 1 nachgewiesen wird, sechs Dienstleistungen, und Monate ab regulärer Erstaufführung; 3. das Produkt darf nicht zu stark herausgestellt werden; dies gilt Seite 80 - co:funding Handbuch 2012 Herausgeber tyclipso.me © 2012- Seite 81 auch für kostenlos zur Verfügung gestellte geringwertige Güter. Crowdfunding-Technologie für Finanzdienstleister Auf eine Produktplatzierung ist eindeutig hinzuweisen. Sie ist zu Beginn und zum Ende einer Sendung sowie bei deren Fortsetzung nach einer Werbeunterbrechung oder im Hörfunk durch einen gleichwertigen Hinweis angemessen zu kennzeichnen. Die Kennzeichnungspflicht entfällt für Sendungen, die nicht vom Veranstalter selbst oder von einem mit dem Veranstalter verbundenen Unternehmen produziert oder in Auftrag gegeben worden sind, wenn nicht mit zumutbarem Aufwand ermittelbar Sven Hörnich Rechtsanwalt Medienrecht sven-hoernich.de ist, ob Produktplatzierung enthalten ist; hierauf ist hinzuweisen. Die in der ARD zusammengeschlossenen Landesrundfunkanstalten, das ZDF und die Landesmedienanstalten legen eine einheitliche Kennzeichnung fest.” 3. Resümee Das Thema Cofunding inkl. der Unterpunkte Crowdinvesting und -funding ist durch eine Vielzahl von Einzelproblemen durchzogen. Doch die Probleme sind bei Beachtung der herkömmlichen Regelungen zum Anleger- und Verbraucherschutz einerseits sowie der Förderrichtlinien, Verhaltensnormen und/oder Fördergesetze lösbar. Im Einzelfall können etwaige Einzelrisiken wie z.B. des Zugangs der Widerrufsbelehrung in Textform (§ 355 ff. BGB) durch einen frühzeitigeren Ansatz an der jeweiligen Anreizdefinition ausgeräumt werden, soweit man sich bspw. die schon heute bestehenden Regelungen zum Ausschluss des Widerrufsrechts zu nutze macht. Im Hinblick auf die mögliche Prospekthaftung der Initiatoren von Crowdinvestments ist derzeit anzuraten, den “sichersten” Weg zu gehen, bis die ersten ober- oder höchstrichterlichen Entscheidungen ergangen sind oder ein Tätigwerden des Gesetzgebers festzustellen ist. Crowdfunding ist ein zentraler Baustein im Portfolio der T-Systems Multimedia Solutions GmbH für die Finanzindustrie. Mit unserer Fachexpertise im Bereich Financial Industry Consulting sensibilisieren wir die Finanzbranche für diese neue und innovative Art der Finanzierung von Projekten, Produkten, Geschäftsideen und anderen Bedürfnissen. Das Crowdfundingmodell etabliert sich mit Hilfe des Internets am Markt, fügt sich in bewährte Geschäftsmodelle ein und verdrängt – als echte Alternative – teilweise klassische Finanzierungsmodelle. Als führendes Unternehmen für Internetdienstleistungen unterstützt die T-Systems Multimedia Solutions GmbH und tyclipso.net die Finanzbranche, um diese Innovation für alle Beteiligten nachhaltig und nutzbringend zu verankern Thomas Rahm Senior Consultant Financial Industry Nutzen Sie Ihren Vorteil und nehmen Sie mit mir Kontakt T-Systems Multimedia Solutions Ein Unternehmen mit Erfahrung und Zukunft! auf. Ich freue mich auf Ihre Anfrage. Die T-Systems Multimedia Solutions bietet Ihnen fokussierte Branchenkenntnis und Know-how im Umgang mit neuen Technologien unter anderem für Telekommunikation, Banken, Versicherungen, Energie und Gesundheitswesen. Rund 1.400 Mitarbeiter entwickeln internetbasierte Lösungen für Institute, Großkonzerne und mittelständische Unternehmen. Wir übersetzen Web-Innovationen in branchenbezogene Dienstleistungen für den digitalen Lebensund Geschäftsraum und betreuen die gemeinsam entwickelten Systemlösungen auf Wunsch über den gesamten Lebenszyklus, von der Beratung über die Konzeption bis hin zum Betrieb und der Weiterentwicklung. T-Systems Multimedia Solutions GmbH Financial Industry Consulting Riesaer Straße 5, 01129 Dresden Anschrift 10 02 24, 01072 Dresden Postfach +49 351 2820-5796 Seite 82 - co:funding Handbuch 2012 Telefon [email protected] Mail www.t-systems-mms.com Web Die Finanzverwaltung und das Crowdfunding In Anlehnung an Henry Ford könnte man sagen: „Eine gute Idee wie das Crowdfunding ist erst dann eine richtig gute Idee, wenn man das Finanzamt überzeugt hat, das es keine gute Idee ist (und die Besteuerung nicht lohnt).“ Ramon Skala Steuerberater stpartner-online.de Das Crowdfunding mit seiner stark wachsenden Beliebtheit und der steigenden Bedeutung für die Verwirklichung von außergewöhnlichen Projekten befindet sich in einem Spannungsfeld unterschiedlichster gesetzlicher Regelungen. Klare und eindeutige Regelungen für alle Crowdfunding-Projekte gibt es nicht, es erfolgt vielmehr eine Einordnung in das bestehende steuerliche System. Die Einordnung erfolgt nach objektiven Kriterien, das bedeutet, dass die subjektiven Einschätzungen (z.B. „Ich wollte keine Gegenleistung, ich wollte nur unterstützen.“) nur von untergeordneter Bedeutung sind. Vielmehr erfolgt die Einordnung nach der Sichtweise eines außen stehenden „sachverständigen“ Dritten, wobei die Finanzverwaltung durchaus ein kritischer Dritter ist. Die Finanzverwaltung geht dabei immer von dem Grundsatz aus: Fremde schenken sich nichts. Hinzu kommt, dass Finanzbeamte insbesondere dann Schwierigkeiten haben, wenn es sich um innovative, schwer verständliche und schwer ins bestehende System einzuordnende Sachverhalte handelt. Vom Crowdfunding ist das Crowdinvesting abzugrenzen, dass als Kapitalinvestition steuerlich anders zu behandeln ist. Um einen grundsätzlichen Überblick zu verschaffen, möchten wir folgende Fallgestaltungen näher beleuchten: a) das ideelle Projekt einer gemeinnützigen Gesellschaft soll unterstützt werden Spenden gelten nur für gemeinnützig anerkannte Gesellschaften Stark im Fokus des Crowdfunding stehen derzeit Projekte von Kulturschaffenden. Das Crowdfunding ist jedoch auch ein ideales Werkzeug zur Verwirklichung von ideellen und gemeinnützigen Projekten mit Hilfe von Drittmitteln. Diese Drittmittel können dann Spenden im steuerlichen Sinne sein, wenn diese für ein Projekt im ideellen Bereich einer als gemeinnützig anerkannten Gesellschaft hingegeben werden. Voraussetzung für die Qualifizierung als Spende ist die Seite 84 - co:funding Handbuch 2012 Uneigennützigkeit, d.h. es darf keine Gegenleistung der Körperschaft erfolgen. Eine reine Namensnennung ist noch keine Gegenleistung. Erfolgt die Namensnennung hingegen in werblicher Art, deren Größe noch von der Höhe der Geldgabe abhängt, so liegt keine steuerfreie Spende sondern steuerpflichtiges Sponsoring vor. Namensnennungen in werblicher Art sind steuerpflichtiges Sponsoring Der Vorteil einer Spende liegt darin, dass diese bei der gemeinnützigen Gesellschaft weder umsatzsteuerlich noch ertragssteuerlich relevant ist. Der Spender kann diese jedoch in bestimmten Grenzen als Betriebsausgaben bzw. als Sonderausgaben steuerlich geltend machen, soweit eine ordnungsgemäße Spendenquittung vorliegt. b) ein Künstler sammelt Geld für ein Projekt und sagt keine Prämie zu Ein freiberuflicher Künstler sammelt Geld für ein Projekt. Damit beabsichtigt er die Erzielung eines Einkommens aus der Umsetzung des Projektes. Eine juristisch einklagbare Leistung des Künstlers an den Unterstützer ist nicht vereinbart. Es liegt keine Lieferung oder sonstige Leistung des Künstlers an den Unterstützer vor, weshalb die Zahlung nicht umsatzsteuerbar iSd § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG ist, eine Umsatzsteuer muss somit vom Künstler nicht abgeführt werden. Die Unterstützung erfolgt ohne Gegenleistung, weshalb es sich um eine freigebige Schenkung bzw. Zweckzuwendung im Sinne des § 7 oder 8 Erbschaftsteuer- und Schenkungssteuergesetz (ErbStG) handelt. Bei unbeschränkt steuerpflichtigen, fremden Personen der Steuerklasse III besteht nach § 16 ErbStG ein Freibetrag von 20.000€. Bei beschränkt steuerpflichtigen Schenkungen (nur Auslandsbeteiligte) beträgt der Freibetrag 2.000€. Zu beachten ist aber auch, dass mehrere Schenkungen innerhalb von 10 Jahren zwischen denselben Personen zusammengerechnet werden. Dies ist vor allem dann relevant, wenn ein Fan einen Künstler über einen längeren Zeitraum bei mehreren Projekten begleitet. Herausgeber tyclipso.me © 2012- Seite 85 Unterstützungen ohne Gegenleistung gelten als freigebige Schenkungen Eine freigiebige Schenkung ist in der Einkommensteuer nicht steuerbar, unterliegt dieser somit nicht und ist in soweit nicht als Einnahme zu erfassen (vgl. Lindberg in Frotscher, EStG § 2 EStG, Rz. 53). Entwederoder-Prinzip c) ein Künstler sammelt Geld für ein Projekt und sagt eine Prämie zu dokumentiert werden, damit diese auch in einer Betriebsprüfung Jahre später sachlich belegt werden können. Die Umsatzsteuer muss an das Finanzamt abgeführt werden, nur der restliche Nettobetrag kann für die Finanzierung eingeplant werden. Dies ist bereits bei der Konzeption und Kalkulation des Projektes zwingend zu berücksichtigen. Erfolgt eine Gegenleistung liegt keine Schenkung mehr vor, da die Hingabe von Geld nicht mehr freigiebig erfolgt, sondern zum Erhalt der Gegenleistung. Es sind somit Einkünfte nach § 8 EStG gegeben, die bei einem Künstler regelmäßig im Rahmen der freiberuflichen Tätigkeit (§ 18 EStG) anfallen. Die Nettoeinnahmen sind Einnahmen aus freiberuflicher Tätigkeit, die im Rahmen der Einnahmen-/ Überschussrechnung bzw. des Jahresabschlusses anzugeben sind. Dadurch kann ein Gewinn entstehen, auf den Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag abzuführen sind. Die Aufteilung einer Zahlung in eine Schenkung und einen Leistungsaustausch ist nicht zulässig, es gilt das „Entweder-oder-Prinzip“. Auf Grund des Leistungsaustauschs gegen Entgelt ist die Zahlung umsatzsteuerlich relevant. Ausgangspunkt der Beurteilung ist, dass der Käufer (Supporter) lediglich bereit ist einen höheren Betrag für das Produkt oder die Leistung zu zahlen als es eigentlich wert ist. Eine Schenkung ist hingegen nur bei umfassender Freigebigkeit gegeben. Sobald der Supporter zusätzlich z.B. eine CD kaufen muss bzw. diese CD nur bekommt, wenn er einen zusätzlichen Betrag für die Crowdfunding-Kampagne gibt, ist der Sachverhalt der Freiwilligkeit nicht mehr gegeben und das gesamte Funding wird einheitlich steuerpflichtig. Vereinfachtes Beispiel: » Geplante Kosten: brutto 55.000€ » davon ca. 20% mit vollem Vorsteuerabzug (Materialkosten) » sonstige Nebenkosten (z.B. Gebühren): 5% der benötigten Nettokosten » Incentive: kostenlose signierte DVD (in Kosten enthalten) » benötigte Nettokosten: (55.000€*80%) + (55.000€*20%)/1,19 = 53.243,70€ » inklusive Nebenkosten = notwendige Nettomittel: 55.905,88€ » notwendige Bruttomittel: 66.528,00€ Fazit: Versteuerung nach Art und Ort der Leistung In welchem Land die Umsatzsteuer welchem Umsatzsteuersatz unterliegt, richtet sich nach der Art und dem Ort der Leistung bzw. dem Sitz des Leistungsempfängers. Betreibt der Künstler seine freiberufliche Tätigkeit in Deutschland ist das deutsche Umsatzsteuergesetz einschlägig. Die Umsatzsteuer ist aus dem Bruttoentgelt herauszurechnen. Die Höhe der Umsatzsteuer richtet sich nach der Art der Prämie. Prämien mit 7% bzw. 19% Für in Deutschland steuerbare Leistungen beispielsweise Bücher 7%, T-Shirt + Kinokarten + DVD + Eventartikel 19%. Unter Umständen ist auch eine Aufteilung des Entgelts notwendig, wenn Prämien mit 7% bzw. 19% angeboten werden. Die Aufteilung erfolgt nach den Verkehrswerten vergleichbarer Prämien. Die Grundlagen der Berechnung und die zum Vergleich herangezogenen Prämien sollten Seite 86 - co:funding Handbuch 2012 Die Besteuerung des Crowdfunding rückt als Fragestellung zunehmend ins Bewusstsein der Finanzverwaltung wie auch der Politik (Landtag Baden-Württemberg, Drucksache 15/1242). Derzeit werden unpassende Regelungen zur steuerlichen Einordnung herangezogen. Es ist davon auszugehen, dass noch in diesem Jahr die Thematik des Crowdfundings im Bundesfinanzministerium näher betrachtet wird. Tipp: Unseres Erachtens ist es unabdingbar eine korrekte steuerliche Einordnung bereits bei der Planung des Konzepts zur Umsetzung einer Idee vorzunehmen, damit nicht am Ende trotz erfolgreicher Projektplazierung finanzielle Mittel zur Durchführung fehlen. Die Hinzuziehung eines steuerlichen Beraters ist zu empfehlen. Herausgeber tyclipso.me © 2012- Seite 87 Rechtliche Rahmenbedingungen und Paymentmethoden beim Crowdfunding Hans-Peter Weber CEO und Vorstand der secupay AG secupay.de Vorkasse Lastschrift Für das Crowdfunding gibt es bisher keine spezifische gesetzliche Regelung, jedoch unterliegt die Entgegennahme und das Weiterleiten von Zahlungen dem Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG). Man spricht dann von einem Finanztransfergeschäft, wenn ein Geldbetrag des Zahlers an einen Empfänger verfügbar gemacht wird (§ 1 Abs. 2 Nr. 6 ZAG). Genau dies tut eine Crowdfunding-Plattform, wenn die Fundinggelder auf dem Konto der Plattform eingehen und an die Projekte weitergeleitet werden. Um Gesetzeskonformität sicherzustellen, ist es daher für Crowdfunding-Plattformen sinnvoll, Banken oder Zahlungsdienstleister mit der Verwaltung der Mittel zu betrauen. Paymentmethoden Die wichtigsten Paymentmethoden im Internet, die Crowdfunder beim Crowdfunding nutzen können, sind Vorkasse, PayPal, FidorPay, Lastschrift, Sofortüberweisung und Kreditkarte. Bei Crowdfundings mit limitierten Gimmicks und Dankeschön-Paketen muss der entsprechende Fundingbetrag sofort eingehen, damit das Angebot geschlossen werden kann, wenn die Limitierung erreicht wurde. Nicht nur aus diesem Grund sollte die Wahl der von der Crowdfunding-Plattform genutzten Zahlungsmethoden wohlüberlegt sein. Die Unterstützung mittels Vorkasse ist für Überweisungen aus dem Ausland nutzbar, allerdings aufgrund der Zuordnungsproblematik fehleranfällig und aufwändig. Ein weiteres Problem besteht allerdings darin, dass nicht alle Zahlungen eingehen, was bei limitierten Prämien zu Komplikationen führen kann. Mit der Lastschrift sind Beteiligungen am Funding unkompliziert durchführbar, das Verfahren ist relativ günstig und im Vergleich zu PayPal besitzt wohl jeder ein Bankkonto. Ein eventuelle Rücklastschrift ist recht unproblematisch und im Fundingbereich recht selten. In den meisten Fällen gleichen die Unterstützer die Rücklastschrift aus und wenn nicht dann wird das Dankeschön nicht zugewiesen und der Vorgang storniert. Seite 88 - co:funding Handbuch 2012 Den Beitrag durch Kreditkartenzahlung zu tätigen, erweist sich als schwierig, da die Crowdfunding-Plattform nicht so ohne weiteres einen Kreditkartenakzeptanzvertrag erhält. Ähnlich wie bei Spenden wollen die Akzeptanzunternehmen sehr genau wissen, wem das Geld zu Gute kommt. Der Abschluss eines eigenen Kreditkartenakzeptanzvertrag durch die Projekte wird in aller Regel nicht funktionieren und darüber hinaus kann dann nicht sichergestellt werden, dass das Geld nur im Erfolgsfall ausgezahlt wird. Kreditkarte Die Nutzung von PayPal ist möglich, doch relativ teuer. Falls ein Projekt die Fundingsumme nicht erreicht, so fallen nach der Stornolaufzeit von 45 Tagen doppelte Kosten an. Darüber hinaus ist zu beachten, dass sich eine Crowdfunding-Plattform in einer Grauzone der PayPal-Nutzungsbedingungen befindet und es u.U. Schwierigkeiten bei der Auszahlung der Gelder durch PayPal kommen kann. PayPal geht davon aus das die Zahlung aufgrund von Warenlieferungen oder erbrachten Dienstleistungen zustande kommt. Auch hier ist die Nutzung eines PayPal-Kontos des Projekts nur dann eine Alternative, wenn sichergestellt wird, dass das Geld nur im Erfolgsfall an das Projekt ausgezahlt wird. PayPal Für Sofortüberweisung fallen vergleichsweise geringe Gebühren an und der Betrag wird dem Projektbudget sofort gutgeschrieben. Da Sofortüberweisung PIN und TAN des Nutzers abfragt und es hierzu unterschiedliche Meinungen unter den Unterstützern gibt sollte neben Sofortüberweisung auch andere Zahlungsmethoden wie Lastschrift eingesetzt werden. Sofortüberweisung Beachtung des Gesetztes zur Bekämpfung der Geldwäsche (GwG) Eine der Schwierigkeiten von Kreditkartenfirmen und PayPal ist die Sicherstellung der Identifizierung der Zahlungsempfänger, die durch das GwG verpflichtend vorgeschrieben wird. Es ist sicherzustellen, dass die Projektinitiatoren persönlich unter Vorlage des Personalausweises oder Reisepasses identifiziert werden. Dies kann auch durch die Deutsche Post per PostIdent oder durch die Bestätigung der Identifizierung durch die Hausbank des Projektinitiators erfolgen. Herausgeber tyclipso.me © 2012- Seite 89 Ausgewählte Statistiken zeigen am Beispiel von Startnext den aktuellen Trend beim Crowdfunding. Im ersten Quartal 2012 legt die Crowdfunding ordentlich zu. Die Grafiken veranschaulichen dies: » » » » 1. Summe aller Unterstützungen 2. Anstieg der Besucherzahlen 3. Unterstützungsaufkommen nach Wochentagen 4. Unterstützungsaufkommen nach Uhrzeit 170000 120.000 100.000 80.000 85000 60.000 40.000 20.000 März 2012 November 2011 Juli 2011 0 0 Oktober 2010 November Dezember Januar 2011 Februar März April Mai Juni Juli August September Oktober November Dezember Januar 2012 Februar März April Startnext bietet derzeit die meisten Zahlungsmöglichkeiten für die Unterstützer an. Neben Vorkasse, Sofortüberweisung und PayPal kann auch ein spezielles FidorPay-Konto verwendet werden. Für Live-Crowdfundings hat Startnext eine Barzahlungsfunktion etabliert, die Quittungsbelege generiert und erfordert, dass der Geldsammelnde den Gesamtbetrag über eine der Zahlungsmethoden in das System einbucht und abgleicht. Um den Anforderungen an das ZAG zu entsprechen, hat Startnext zusammen mit der Fidor Bank AG ein Crowdfunding-Konto entwickelt, welches sicherstellt, dass Geld nicht in den Besitz der Plattformbetreiber gerät und dennoch nicht vorzeitig an die Projektinitiatoren ausgezahlt wird. 50000 120000 40000 100000 30000 80000 Startnext kommt damit bereits seit dem Start der Plattform den Anforderungen an das ZAG zusammen mit dem Partner Fidor Bank AG nach. 20000 60000 10000 Samstag Freitag Donnerstag Mittwoch Dienstag 40000 Montag Alle Initiatoren auf Startnext müssen ein FidorPay-Konto anmelden und sich bei der Bank via PostIdent verifizieren. Alle Projekteinzahlungen werden auf das entsprechende Initiator-Konto geblockt eingezahlt. Damit ist das Geld bereits bei Einzahlung quasi auf dem Initiatorkonto, kann aber erst nach Freigabe durch Startnext, nach erfolgreichem Projektfunding und Ende der Laufzeit, genutzt werden. Sonntag Das Modell von Startnext November 2010 Alle Zahlungen werden direkt auf ein Konto der Secupay AG eingezogen und von ihr treuhänderisch verwaltet. Dabei werden alle vertraulichen Daten auf gesicherten Verbindungen übertragen und es werden keine Konto-Daten bei Seedmatch gespeichert. Zudem ‚fasst‘ Seedmatch das Geld zu keinem Zeitpunkt selbst an. Wenn die Fundingschwelle nicht überschritten wird, erfolgt durch Secupay eine kostenfreie Rückabwicklung der Zahlungen. Ist ein Crowdfunding erfolgreich beendet, zahlt Secupay das Kapital anhand der vorher festgelegten Milestones an das Startup aus. So wird gewährleistet, dass die Fundinggelder jederzeit gesichert sind und vereinbarungsgemäß verwendet werden. Crowdfunding-Trend März 2010 Bei Seedmatch erfolgen die Investitionen per Lastschrift, für ausländische Investoren mittels Vorkasse. Transaktionskosten für die Überweisungen der Investments fallen im Erfolgsfall nur für den Gründer, nicht aber für die Supporter an. 0 06:00 07:00 08:00 09:00 10:00 11:00 12:00 13:00 14:00 15:00 16:00 17:00 18:00 19:00 20:00 21:00 22:00 23:00 00:00 01:00 02:00 03:00 04:00 05:00 Das Modell von Seedmatch Dienstag zählt zu den aktivsten Crowdfunding-Tagen: Wir nennen ihn den „Crowdfunding-Dienstag“. Quelle: Startnext Seite 90 - co:funding Handbuch 2012 Herausgeber tyclipso.me © 2012- Seite 91 Crowdfunding - Finanzierung in der digitalen Gesellschaft Funding-Statistik der 5 deutschen CrowdfundingPlattformen vom 21.04.2012 Crowdfunding Summe gesamt 1.001.306 € Projekte gesamt 850 Summe ausgezahlter Gelder Erfolgreiche Projekte 275 Aktive Projekte 169 Durchschnittliches Projekt-Funding 756.246 € 2.750 € Die ersten Erfahrungen zeigen, dass Crowdfunding kein kurzfristiger Trend ist, sondern einen weiteren Finanzierungsbaustein für kreative Projekte und Startups darstellt. In diesem co:funding Handbuch wurden die Dimensionen von Crowdfunding aufgezeigt, die hier nochmal zusammengefasst werden. Professionalisierung der Crowdfunding-Projekte Für die Initiatoren ist es oftmals noch eine Herausforderung, dem Publikum – der Crowd – ihre Idee so zu kommunizieren, dass potenzielle Geldgeber für das Projekt oder das Startup begeistert werden. Es reicht nicht, Menschen dazu zu bewegen, einen Button mit „Gefällt mir“ zu drücken, sie müssen sich weitergehend einlassen. Die Präsentation der Crowdfunding-Projekte und die Umsetzung der Kampagnen verbessern sich laufend. Verknüpfung von Finanzierung, Marketing und Vertrieb Eine Crowdfunding-Plattform ermöglicht es kleinen Initiativen, Nachwuchsprojekten, Labels und Verlagen die Finanzierung der Projekte mit Marketing und Vertrieb zu verknüpfen. Die Crowd wird somit zum Ratgeber, Unterstützer und Multiplikator. Einbeziehung der Crowd in die Kulturförderung Crowdfunding bringt einen neuen Spieler in die Kulturförderung: die Crowd und damit das potenzielle Publikum. Getragen ist die Crowdfunding-Idee von der Überzeugung, dass die Crowd Kultur durchaus zu schätzen weiß und sich zunehmend auch – ermöglicht durch neue Medien – an der Entstehung von kreativen Inhalten beteiligen möchten. Es fehlte bisher nur an der transparenten, einfachen und unterhaltsamen Möglichkeit, die Arbeit von Kreativen auch in der Produktionsphase zu unterstützen. Seite 92 - co:funding Handbuch 2012 Reputation und Vertrauen sind die zentralen Mechanismen beim Crowdfunding. Kreative und Gründer, die bereits Reputation aufgebaut haben und schon auf ein Netzwerk zurückgreifen, haben gute Voraussetzungen. Aber es haben auch schon einige Projekte eindrucksvoll bewiesen, dass eine überzeugend präsentierte Projektidee die Crowd bewegen kann, ein Projekt im Vorfeld finanziell zu unterstützen. Die Aktivierbarkeit der potenziellen Unterstützer bestimmt die Erfolgsaussichten des jeweiligen Projektes. Die Reputation des Projektinitiators in der Crowd wächst mit erfolgreichen und gut umgesetzten Projekten. Obwohl Crowdfunding vom globalen Internet profitiert, zeigen die Erfahrungen, dass viele Unterstützer vor allem Projekte in ihrer Region finanzieren. Dahinter steckt die Motivation sich in seinem Umfeld zu engagieren und das entstandene kulturelle Angebot nutzen zu können. Mit regionalen Crowdfunding-Plattformen können kommunale Förderaktivitäten unterstützt und kreative Projekte in der Stadt sichtbar gemacht werden. Die Städte Hamburg und Dresden gehen hier beispielhaft voran. Regionalisierung von Crowdfunding Cofunding-Modelle koppeln die Förderung durch die öffentliche Hand, Unternehmen oder Stiftungen an die Zusage der Crowd. Die Resonanz einer Projektidee bei der Crowd ist ein Indikator für gesellschaftliche Relevanz, an den sich Förderinstitutionen nach vorher definierten Modellen anschließen können. Privates Engagement wird damit befördert und das Gesamtbudget für kreative Projekte erhöht. Cofunding-Modelle mit der öffentlichen Förderung und Unternehmen Die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass aktuell im Kreativbereich viele Projekte aus dem Nachwuchsbereich über Crowdfunding erfolgreich finanziert werden, da die Summen in einem realistischen Bereich liegen. Mit zunehmender Bekanntheit des Themas wird Crowdfunding auch für größere Projekte als Teil- oder Lückenfinanzierung eingesetzt und mit anderen Fördermechanismen kombiniert. Spätestens seit der Finanzierung des Kinofilms „Stromberg“ mit einer Million € ist Crowdfunding in den Köpfen von vielen Labels, Verlagen und Produktionsfirmen als Marketing- und Finanzierungsinstrument angekommen. Finanzierungsziele werden wachsen Herausgeber tyclipso.me © 2012- Seite 93 Beim Crowdinvesting ist die Höhe der Finanzierung per Gesetz derzeit auf 100.000€ begrenzt. Crowdinvesting-Projekte über diesem Wert sind prospektpflichtig. Der Gründer von Seedmatch fordert an dieser Stelle eine Deregulierung während andere Plattform-Betreiber wie Bergfürst eine BaFin-Lizenz beantragen, um diese Hürde zu umgehen. Startnext aktiv erfolgreich 105 Pling erfolgreich aktiv 20 39 179 68 219 Übertragung auf andere Branchen und Spezialisierung der Plattformen Die Crowdfunding-Idee lässt sich auf die unterschiedlichsten Branchen übertragen. Nachdem Kreative mit vielen spannenden Projekten die Potenziale von Crowdfunding schon verdeutlicht haben, wurde das Modell inzwischen erfolgreich auf die Finanzierung von Startups übertragen. Zukünftig werden immer mehr Unternehmer die gesellschaftlichen und ökonomischen Potenziale erkennen und den Spielraum nutzen, um neue Plattformen mit unterschiedlichen Zielsetzungen aufzubauen. In diesem Handbuch wurden einige Cases vorgestellt, wie das Crowdfunding-Modell dynamisch weiterentwickelt werden kann, sei es zur Finanzierung von erneuerbaren Energien oder um kreative Ideen innerhalb einer Stadtplattform sichtbar zu machen. Neue Plattformen werden versuchen sich eine Nische zu suchen und die Crowdfunding- oder Crowdinvesting-Möglichkeiten an die jeweilige Zielgruppe anzupassen. Im Hinblick auf die Plattform-Technologien ist hier noch mit vielen innovativen Funktionen zu rechnen. bis 21.04.2012 erfolglos erfolglos Erfolgsquote: 45 % Erfolgsquote: 23 % visionbakery mysherpas 3 aktiv erfolgreich Es ist davon auszugehen, dass der Crowdinvesting-Markt in Deutschland ordentlich wachsen wird. Zum Zeitpunkt des Handbuch-Drucks sind ungefähr zehn Plattformen bekannt, die in diesem Jahr starten werden. Der Großteil der Plattformen konzentriert sich derzeit auf die Finanzierung von Startups und Unternehmen. Startnext ist die erste deutsche Plattform, die Crowdfunding und Crowdinvesting für kreative Projekte miteinander verknüpft. Mit Crowdinvesting kommt eine vollkommen neue Zielgruppe hinzu, die sich als Mikroinvestoren mit kleinen Beträgen an einzelnen Projekten, Startups oder Unternehmen beteiligen kann. Damit können die Investoren mitbestimmen, welche Ideen, Produkte oder Innovationen zukünftig realisiert werden und damit den Markt mitgestalten. Anna Theil, Denis Bartelt erfolgreich aktiv 13 41 24 32 47 erfolglos erfolglos CrowdinvestingMarkt wird wachsen Erfolgsquote: 47 % Erfolgsquote: 43 % inkubato aktiv erfolgreich 9 11 41 Erfolgsquote aller dt. Plattformen 40% erfolglos Erfolgsquote: 21 % Seite 94 - co:funding Handbuch 2012 Die Erfolgspotenziale der Projekte auf den einzelnen CrowdfundingPlattformen am deutschen Markt Herausgeber tyclipso.me © 2012- Seite 95 Crowdfunding Glossar Alles-oderNichts-Prinzip Co-Creation Cofunding Crowd Crowdfunding Geld wird nur an Projektinitiatoren ausgezahlt, wenn das Budgetziel erreicht wird. Scheitert die Finanzierung durch die Crowd geht das Geld an die Unterstützer zurück. Ein kreativer Prozess, bei dem z.B. Produkte und Projekte kollaborativ durch die Zuammenarbeit von mehreren Personen entstehen. Beispiel: Einbindung von Konsumenten in die Produktentwicklung Komplementäre Förderungen von Crowdfunding-Projekten durch öffentliche Institutionen, Stiftungen, Banken oder Unternehmen. Die Unterstützung wird nach definierten Modellen an den Auswahl- und Förderprozess der Crowd gekoppelt. Als Crowd können alle bezeichnet werden, die im Internet agieren und für die Finanzierung der Projekte über eine der Plattformen ansprechbar sind – niemand ist hierbei ausgeschlossen. Webbasiertes und partizipatives Finanzierungsmodell, bei dem Projektideen durch die Unterstützung von vielen Personen finanziert werden. CrowdfundingKampagne Beinhaltet die Projektpräsentation, die Bewerbung des Projektes und die Kommunikation mit der Community. Crowdfunding-Page Förderinstitutionen, Städte, Stiftungen und Unternehmen machen auf den Pages ihre Crowdfunding-Aktivitäten und ihr Kulturenagement sichtbar. Beispiele: Startnext Pages, Kickstarter Curated Pages CrowdfundingPlattform Crowdinvesting Web-Plattform mit Projektseiten für Initiatoren, Abwicklung der Zahlungen sowie Verknüpfung mit sozialen Netzwerken. Interessierte entdecken und verfolgen auf Crowdfunding-Plattformen neue Ideen und erhalten projektbezogene Gegenleistungen. Crowdinvesting ist eine Ausprägung von Crowdfunding. Unterstützer investieren in Projektideen, Startups und Unternehmen mit kleinen oder größeren Beträgen und werden am Gewinn beteiligt. Seite 96 - co:funding Handbuch 2012 Crowdlending ist eine Ausprägung von Crowdfunding. Über Crowdlending-Plattformen verleihen Privatpersonen als Kreditgeber Geld an andere Personen, Gründer oder auch Unternehmen. Crowdlending Neue Formen der kollaborativen Zusammenarbeit im Internet und eine Auslagerung von Arbeits- und Kreativprozessen an die Internetnutzer. Crowdsourcing Unterstützer erhalten eine Gegenleistung für ihren finanziellen Einsatz beim Crowdfunding. Gegenleistungen reichen von ideellen und produktbezogenen Dankeschöns bis hin zu Gewinnbeteiligungen. Belohungen, Dankeschöns, Prämien Unter Investor Relations werden alle Kommunikationsmaßnahmen im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit eines Unternehmens verstanden, die dem Dialog und der Kontaktpflege mit Investoren und Aktionären dienen. Investor Relations wird auch als Finanzkommunikation bezeichnet. Investor Relations Eine Person, die sich mit kleinen bis mittleren Summen an der Finanzierung von Projekten oder Unternehmen beteiligt. Mikroinvestor Multiplikatoren eignen sich, um eine (Marken-)Botschaft im Sinne des Empfehlungsmarketings weiterzutragen. Multiplikatoren zeichnen sich durch eine hohe Identifikation mit dem Produkt, dem Unternehmen, dem Startup etc. aus und empfehlen sie in ihrem sozialen Netzwerk - online wie offline - weiter. Multiplikatoren Unter Peer-to-Peer-Plattformen werden Portale oder Websites verstanden, die das Teilen von Inhalten (Content) zum Ziel haben. Die Peers (“Nutzer”) tauschen dabei untereinander Inhalte und Daten aus. Peer-to-PeerPlattformen Unter Social Media werden soziale Netzwerke wie Facebook, Google+, aber auch Blogs und Microblogs wie Twitter, als auch Social-SharingPlattformen wir YouTube, Flickr, Soundcloud usw. verstanden, die das Vernetzen der User und den Dialog untereinander ermöglichen. Social Media Crowdfunding-Projekte oder Startups können über das Finanzierungsziel hinaus unterstützt werden. Überfinanzierung Herausgeber tyclipso.me © 2012- Seite 97 PP PP PP 10% 10% 10% 5% PP 5% 4% bald online 15% sonicangel.com 3,4% 5-10% sellaband.com 5% pledgemusic.com 15% musicstarter.de Crowdinvesting Dtl. bald online deutsche-mikroinvest.de bald online devexo.com bald online greenvesting.de bald online gruenderplus.de bald online lhinker.com bald online 8% seedmatch.de 10 € innovestment.de 10% mashup-finance.de ??? bergfuerst.com wlcm.in bald online investiere.ch c-crowd.com 4,5% Crowdinvesting CH auxmoney.de div. Crowdlending finmar.com 1,35% bald online Crowddonation betterplace.org helpedia.de 5% reset.to respekt.net Friendfunding friendfund.de partyfux.de Seite 98 - co:funding Handbuch 2012 bald online Sonstiges Kreditkarte Lastschrift Sofortüberweisg. Vorkasse Payment Paypal Kosten Gebühren Provision Englisch Sprachen Deutsch Keep it all Prinzip Alles-o.-Nichts Lending Investing Spenden Musikfunding 9,84% Auflage 1.000, 2. erweiterte und aktualisierte Auflage 2012 4.05.2012 24.04.2012, 16.05.2012 Textkorrektur Funding wemakeit.ch smava.de Auflage Erscheinungsdatum Redaktionsschluss Privates 100-days.net PP WDS Pertermann GmbH wds-pertermann.de Crowdfunding CH 3% Druck Denis Bartelt Anja Barth Marco Blüthgen Alexandra Harzer Sven Hörnich Jörg Koshorst Tino Kreßner Philipp Liekefett Dr. Guido Sandler Jens-Uwe Sauer Sandra Schüritz Ramon Skala Anna Theil Peter Walburg Hans-Peter Weber Arten startnext.de 6,5% Autoren Anne Grabs, Anna Theil Unternehmen pling.de 10% Lektorat Denis Bartelt, Tino Kreßner Nico Benedickt Technologie mysherpas.com 7% inkubato.com visionbakery.de Grafik Politik Crowdfunding Dtl. 2,95% Anna Theil, Denis Bartelt Plattformverzeichnis 3% Konzeption tyclipso media evolution UG Hüblerstraße 1 01309 Dresden www.tyclipso.me Sozial Herausgeber Kategorien Kreativ Impressum Crowdfunding – was für ein „schöner Trend! [...] Gute Projekte werden einfach von jedermann gefördert, und nicht mehr von gelangweilten Bankangestellten abgelehnt, die nur an Rendite denken. Nachteile? Bisher wenige zu erkennen. basicthinking, 4.04.2012 Jürgen Vielmeier “ Kreativität & Startups gemeinsam finanzieren mit Crowdfunding Im Internet auf cofunding.de