Reisebericht 2013 MY Jonas Barbara Piotrowski und Bernd Steyer
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Reisebericht 2013 MY Jonas Barbara Piotrowski und Bernd Steyer
Reisebericht 2013 MY Jonas Barbara Piotrowski und Bernd Steyer Reise von Elsfleth zur Saône/Frankreich 05. Mai 2013 - 16.August.2013 Die Reise im Überblick: Hunte - Küstenkanal - Ems bis Haren - Haren-Rütenbrock-Kanal - Friesland (NL) bis zum Ketelmeer - Randmeere - Südliches IJsselmeer - Vecht - Merwede Kanal - Waal - Maas durch die Niederlande bis Maastricht - Belgische Maas (Meuse) von Lanaye bis zur französischen Grenze in Givet - Canal de la Meuse - Canal des Ardennes - Canal de l'Aisne à la Marne Canal Lateral à la Marne - Canal entre Champagne et Bourgogne - Saône bis St. Jean-deLosne - Saône bis Corre - Canal des Vosges - Moselle in Frankreich und Luxemburg - Mosel bis Koblenz - Rhein von Koblenz bis zum Abzweig des Paneerdens-Kanaal - Gelderse IJssel bis zum Ketelmeer - Zwarte Meer - Meppelerdiep - Hoogeveense Vaart - neue Veenvaart - Ter Apel - Haren-Rütenbrock-Kanal - Ems - Küstenkanal - Hunte. Gefahrene Strecke: 2846 Km Anzahl Schleusen: 451 Anzahl/Länge Tunnel: 8 mit einer Gesamtlänge von 9,7 Km Motorstunden: 389,2 Dieselverbrauch: 613 Ltr 1 Häfen/Liegeplätze: Surwold, Haren/Ems, Ter Apel (NL), Kieldiep, Briltil, Grou, Wetering, Insel Eekt, Eem, Loenen/Vecht, Utrecht, Woudrichem, Maasbommel, Wanssum, Herten, Wessem, Maastricht, Lüttich (B), Huy, Namur, Dinant, Givet (F), Fumay, Revin, Bogny, Lumes, Le Chesne, Attigny, Rethel, Asfeld, Alger, Reims, Sillery, Condé sur Marne, Soulanges, Vitry-le-François, Autignyle-Grande, Joinville, Vouécourt, Riaucourt, Chaumont, Humes, Dommarien, Cusey, Cheuge, St-Jean-de-Losne, Auxonne, Mantoche, Gray, Savoyeux, Port-sur-Saone, Conflandey, Corre, Fontenoy le Chateau, Pont de Coney, Pont Tremblant, Girancourt, Epinal, Charmes, Richardmenil, Toul, Pont-à- Mousson, Metz, Thionville, Schwebsange (Lux.), Kontz (D), Pölich, Neumagen-Drohn, Traben-Trarbach, Zell, Cochem, Koblenz, Mondorf, Düsseldorf, Duisburg, Xanten/Rees, Gat van Moorlag (NL), Zutphen, Hattem, Ossesluis, Klenkerbrug, Compascuum, Walchum(D), Kamperfehn, Elsfleth. 2 Ein französischer Sommer Elsfleth bis Friesland Am 05. Mai um 7.15 Uhr stehen wir vor unserer Bootsschleuse. Wir wollen die Tide nach Oldenburg nutzen und heute möglichst weit kommen, denn es steht ja eine weite Reise bevor. So begeben wir uns bei schönem Wetter auf unsere nur allzu bekannte "Transitstrecke" über Oldenburg und den Küstenkanal zur Ems. Nach 80 Km und knapp 8stündiger Fahrt machen wir unseren ersten Halt in Surwold, einem kleinen, sehr schönen und gastfreundlichen Vereinshafen. In den darauffolgenden zwei Tagen geht es über die Ems und den Haren-Rütenbrock-Kanal in die Niederlande. Es ist früh im Jahr - der Kanal ist erst seit dem 01. Mai wieder in Betrieb - und wir fahren und schleusen alleine. Wie von Geisterhand öffnen sich Brücken und Schleusen, fernbedient von der Harener Schleuse. Das ändert sich grundlegend nach Überschreiten der niederländischen Grenze in Ter Apel. Eine enge, scharfe Rechtsabfahrt und wir stehen bei starkem Seitenwind vor der ersten Schleuse und warten, denn Schleusenbedienung ist hier noch reine Handarbeit, die natürlich etwas länger dauert. Nach der Übernachtung in Ter Apel geht es am nächsten Morgen zügig weiter, begleitet vom mobilen Dienst - teilweise von drei mit Mofas vorfahrenden Mitarbeitern - der uns 45 Km, 8 Schleusen und über 60 handbetriebene, bewegliche Brücken weiter bringt, so dass wir bereits am Nachmittag im Kieldiep, der Zufahrt zum Zuidlaarder Meer, liegen. Seit unserer Abfahrt aus Elsfleth liegen vier anstrengende Fahrtage hinter uns und so lassen wir uns am nächsten Tag Zeit, bevor wir auf das Zuidlaarder Meer hinaus fahren. Abfahrt ist um 11 Uhr. Unsere holländischen Nachbarn legen kurz vorher ab und warnen uns freundlicherweise vor den Untiefen und der Gefahr des Auflaufens. Wir wissen das und entsprechend langsam, mit ständigem Blick auf unser Echolot, tasten wir uns auf den See hinaus. Bald sehen wir unseren holländischen Nachbarn - festgefahren! Unter Einsatz unserer 30 Meter langen Leinen, gelingt es uns, ihn frei zu bekommen. Der trübe Tag hellt rechtzeitig auf als wir uns Groningen nähern, denn wie immer entscheiden wir uns für die Kolonnenfahrt auf der Staande Mastroute, die durch die Innenstadt führt und bei schönem Wetter einfach mehr Spaß macht. So geht es mit vier großen Segelbooten los. Es ist malerisch, aber eng und vor jeder Brücke haben wir, bei starkem Seitenwind, eine längere Wartezeit, die unseren Kollegen von der segelnden Zunft sehr zu schaffen macht. Nach wenigen Kilometern außerhalb der Stadt schleusen wir auf den Van Starkenborghkanaal. Ab jetzt geht es auf direktem Weg nach Friesland. 3 Kolonnenfahrt durch Groningen Friesland empfängt uns mit Dauerregen bei Windstärken zwischen 5 und 6, so dass wir nach gut 5-stündiger Fahrt froh sind, das Wassersportzentrum Grou zu erreichen. Am nächsten Tag überqueren wir bei regnerischem Wetter das Sneeker Meer, das Koevoerder Meer und dasTjeukemeer, das wir in Echtenerbrug Richtung Torfroute und Wetering verlassen. Hier finden wir einen abgeschiedenen, freien Liegeplatz, werfen unsere Dieselheizung an und lassen bei Dauerregen und 10°C die Seele baumeln. Am nächsten Morgen gibt es Hagelkörner zum Frühstück. Das Thermometer zeigt 8°C an. Bei Windstärke 5 überqueren wir das Zwarte Meer und das Ketelmeer. Vor uns liegen die Randmeere, eine Kette von Seen, die entstanden, als der letzte Polder Flevoland in den 1960er Jahren trockengelegt wurde. Am zweiten Tag auf den Randmeeren haben wir Windstärke 6 und können erleben, dass auch die eher geschützten Randmeere sehr ruppig sein können. Dunkles Friesland Insel Eekt in den Randmeeren 4 Von der Vecht bis zur Maas Mit Annäherung an das südliche IJsselmeer (Marker Meer) geht der Wind auf 4 zurück, so dass die Ansteuerung Muiden in die Vecht problemlos verläuft. In Muiden angekommen, können wir sofort in die Stadtschleuse einfahren. Wir machen fest und warten eine Stunde auf die Weiterschleusung - nichts passiert. Als der Schleusenwärter in aller Ruhe erscheint, öffnet er die Brücke und das zweite Schleusentor und wir können herausfahren: Hub +/-0! Vor uns liegt jetzt einer der schönsten Wasserwege der Niederlande - die Vecht, ein mäandernder, fast strömungsfreier Fluss, der uns bis Utrecht bringt. In vielen kleinen Bögen schlängelt er sich anmutig durch die Landschaft. Wohnschiffe, Wasserhäuser und Villen säumen die Ufer in lockerer Mischung. Am zweiten Tag unserer Fahrt beginnen die Vororte Utrechts. Seit unserer letzten Fahrt 2009 sind große Neubaugebiete entstanden, die zwar gigantisch sind, jedoch so raffiniert differenziert konzipiert wurden, dass der Eindruck entsteht, durch gewachsene Stadtviertel zu fahren. Nur wenige Gehminuten von der Innenstadt entfernt, direkt hinter der Stadtschleuse, machen wir für die Nacht fest. Utrecht Fahrt durch die Kelleretage Utrechts bei Regen Vor uns liegt die Oude Gracht, die sogenannte "Kelleretage der Stadt", durch die wir am nächsten Morgen weiter fahren. Von oben, auf Straßenebene, werden wir von den Brücken aus von Menschentrauben unter Regenschirmen bewundert. Nach Verlassen der Stadt überqueren wir den stark befahrenen Amsterdam-Rhein-Kanal, später die ebenfalls stark von der Berufsschifffahrt frequentierte Lek und fahren auf dem Merwedekanaal bis Goerinchem, wo wir auf die Waal, den Hauptarm des Rheins vor Rotterdam, stoßen. Um in die Afgedaamte Maas bei Woudrichem zu kommen, müssen wir erst einmal auf der Waal zu Berg fahren. Die Strömung ist stark und auch die uns, teils in Viererreihen überholenden Binnenschiffe und Schubverbände machen uns zu schaffen. Dauerregen tut ein Übriges. Erleichtert erreichen wir die alte Festungsstadt Woudrichem, biegen ab in den Traditionshafen, passieren die bewohnten, alten Lastenschiffe und die Werft, in der früher die Zalm, ein 6-7 m langes, braunbesegeltes Fischerboot aus Stahl gebaut wurde, und finden einen ruhigen Liegeplatz am Fuß des Festungshügels. 5 Die niederländische Maas Maasbommel, Wanssum, Herten bei Roermond, Wessem bei Maasbracht, Maastricht - so lauten unsere Stationen auf der niederländischen Maas. Hochwasser wütet in ganz Westeuropa und auch die Maas, sonst ein sehr ruhiger Fluss, ist davon betroffen. Regen ist unser ständiger Begleiter, aber wenn dann gelegentlich die Wolkendecke aufreißt, begeistert uns die offene Landschaft mit den weit auseinanderliegenden malerischen Dörfern. Hinter Cuyk wird es industrieller, Venlo zeigt sich mit einer Hochhaus-Fassade und der Hafen von Wanssum wirkt auf den ersten Blick eng und staubig. Hier legen wir nach 10tägiger Fahrt den ersten Ruhetag ein. Direkt neben dem Hafen befindet sich ein Supermarkt, im Hafen gibt es eine Wassertankstelle und ein Bistro. Über Roermond, Herten und Maasbracht geht es weiter nach Süden. In der Schleuse Maasbracht (Hub 12,25m) werden wir in den Julianakanaal gehoben, an dessen Ufer wir die ersten Hügel erleben. Kurz vor Maastricht verlassen wir den Kanal und kommen wieder auf die Maas, deren Ufer jetzt von riesigen Recyclingbetrieben beherrscht werden. In Maastricht herrscht hoher Wasserstand und starke Strömung, was uns nicht davon abhält, in der Stadt, an der mitten im Fluss liegenden Kaimauer, festzumachen. Wir werden belohnt durch einen wunderschönen Blick auf die Stadt, gleichzeitig aber von der zu Berg fahrenden Berufsschifffahrt und einer Vielzahl von Ausflugsschiffen bestraft. Der starke Schwell macht das Liegen extrem unruhig. Maastricht - Liegen im Fluss bei Hochwasser 6 Auf der Maas durch Belgien Nach 19 Tagen haben wir die Grenze zu Belgien erreicht. An der Grenzschleuse Lanaye erfolgt die offizielle Anmeldung zum Befahren der wallonischen Wasserwege. Die dort ausgestellte Genehmigung soll in jeder der dann folgenden Schleusen abgestempelt werden. Wie weit Theorie und Praxis auseinanderklaffen können, erfahren wir auf unserer Weiterfahrt. In Lanaye streikt der Computer, wir bekommen kein Dokument und verbringen die nächsten vier Tage, ohne dass danach gefragt wird. Erst kurz vor der französischen Grenze wird das Schreiben verlangt und quasi "postum" ausgefertigt. Stadtpanorama Lüttich Industrie an der Maas in Belgien Der Albert-Kanal und dann wieder die Maas führen uns durch eine lückenlose Industrielandschaft, die in Lüttich von einem wenig anheimelnden Hochhaus-Panorama abgelöst wird. Auch auf den dann folgenden 30 Kilometern bis Huy ändert sich dies kaum. Des Angehens gegen die starke Strömung müde, steuern wir den Yachtclub de Huy an und finden dort einen ruhigen Liegeplatz im Schatten der Kühltürme der nahegelegenen Kraftwerke. Auf der Weiterfahrt ändert sich die Maas: Industrie und Steinbrüche verschwinden und der Fluss führt uns durch teils enge, grüne Schluchten. Wir sind allein und zum ersten Mal seit Tagen werden wir von der Sonne verwöhnt. Verwöhnt werden wir auch an den Schleusen, die uns mit ihren ganzen 200 Metern Länge alleine zur Verfügung stehen. Die Maas vor Namur 7 Felsklettern an der Maas In Namur steuern wir den zentral im Schatten der imposanten Festung gelegenen Port de Jambes an. Der Hafen ist zu unserer Überraschung leer. Trotz starker Strömung steuern wir die quer zum Strom liegenden Stege an, was uns im dritten Anlauf dann auch gelingt. Mit einer beim Anlegen entstandenen, hässlichen Schramme am Bug liegen wir, fest an den Steg gedrückt, und freuen uns trotzdem am Abend über die wunderbar beleuchtete Festung auf der gegenüberliegenden Flussseite. Nachdem wir uns am nächsten Morgen mit großer Mühe vom Steg befreit haben, geht es sehr langsam weiter stromaufwärts. Die Ufer sind überflutet und auch heute befinden wir uns alleine auf dem Wasser. In Dinant, 23 Km vor der französischen Grenze, erfahren wir den Grund dafür. Der Steg ist überfüllt mit Sportbooten, die zum Teil schon zwei Wochen auf die Weiterfahrt warten, denn die französischen Kanäle sind aufgrund des Hochwassers gesperrt. Da es in zwei Tagen weitergehen soll, legen wir eine Pause ein, im Schatten der berühmten Kathedrale und mit Blick auf die mit überdimensionalen Saxophonen geschmückte Brücke über die Maas. Dinant ist die Geburtsstadt von Alphonse Sax, dem Erfinder des Saxophons. 8 Dinant Frankreich: Canal de la Meuse Am Nachmittag, den 28. Mai, nach 23-tägiger Fahrt erreichen wir Givet an der Grenze Frankreichs. In Givet suchen wir vergebens den schönen Yachthafen, in dem wir vor vier Jahren lagen. Stattdessen müssen wir bei Regen und Gewitter unter der einzigen Brücke der Stadt festmachen. Später erfahren wir, dass die Stege des Yachthafens im Winter durch Eis zerstört wurden. Hochwasser 9 Der Tunnel von Ham kurz hinter Givet Nervenkitzel am nächsten Tag: Unser erster Tunnel, 565 Meter lang und unbeleuchtet, steht bevor. Dem Tunnel von Ham folgen zwei Tage Regen und ein weiterer Tunnel, bevor wir Revin erreichen. Die Ufer sind überflutet, Schleusentore versagen ihren Dienst aufgrund riesiger Teppiche aus Unrat und Treibholz, und auch unsere Schraube muss von einem Team professioneller Taucher von einem Tampen mit Holzfender befreit werden. In der Brückenenge von Revin haben wir 9-10 Km Strom. Im Hafen liegen die Sportboote seit teils zwei Wochen wartend im Päckchen. Auch wir liegen gesellen uns dazu und legen einen Ruhetag ein, in der Hoffnung auf fallendes Wasser. Revin wirkt ärmlich. Man merkt, dass hier in den vergangenen 30 Jahren vier große Gießereien und metallverarbeitende Betriebe geschlossen wurden. Warten auf die Weiterfahrt im Päckchen Strömung unter der Brücke von Revin 10 Beim Verlassen Revins müssen wir diesmal gegen den Strom durch die Brückenenge fahren. Wir kommen fast zum Stillstand - eine gespenstische Situation. Nach 22 Km und knapp vierstündiger Fahrt erreichen wir Bogny, ein verträumtes Dorf mit einem modernen Schwimmsteg am Fluss, eingebettet in eine schöne, grüne Hügellandschaft. Auch hier warten Boote auf die Weiterfahrt, und da wir eine buntgemischte Schicksalsgemeinschaft bilden, wird das Leben auf dem Steg dann auch sehr kommunikativ. Von einem älteren Ehepaar aus Hamburg, die sich angesichts des "Seegangs" Sorgen um ihren betagten Hund machen, über dänische Segler mit gelegtem Mast und beeindruckendem, aufs Wasser zeigendem Schild mit der Aufschrift "1,80" bis hin zu dem englischen Ehepaar, das auf ihrer 20 Meter Barge aus dem Jahr 1910 lebt und sich auf dem Weg zum Canal du Midi befindet, ist alles dabei und jeder hat seine Geschichten zu erzählen. 11 Canal des Ardennes Wenige Kilometer hinter Lumes, in Pont-à-Bar, verlassen wir den Canal de la Meuse und fahren in den strömungsfreien Canal des Ardennes ein. Bei wolkenlosen Himmel und sommerlichen Temperaturen geht es Schleuse für Schleuse zu Berg, durch eine sanfte Hügellandschaft, die dem Blick wieder Raum gibt und einen erholsamen Kontrast zu den teils schroffen Felsen der Meuse darstellt. Ab jetzt schleusen wir mit dänischen Seglern, die drei Jahre "aussetzen" wollen und auf dem Weg nach Griechenland sind. Bis Le Chesne fahren wir kontinuierlich zu Berg, um dann auf die erste Schleusentreppe zu stoßen, die uns auf einer Strecke von 7 Kilometern mit 26 Schleusen (Hub zwischen 3,00 m und 3,50 m) in vier anstrengenden Stunden buchstäblich ins Tal katapultiert. 12 Schleusentreppe von Le Chesne Attigny, Rethel, Asfeld - es wird heiß. Seit der Schleusentreppe führt der Ardennenkanal durch ein grünes Dickicht, ohne Fernblick, ohne auch nur einen Windstoß. Die stille Strömungslosigkeit wird alle 4-5 Km unterbrochen durch eine Stange inmitten des Kanals, die wir drehen müssen, um das nächste Schleusentor zu öffnen. Auch auf dieser Strecke fahren wir alleine. Hinter Asfeld, einem kleinen Ort mit einer beindruckenden, riesigen Barockkirche in Form einer Violine, sind es nur noch drei Schleusen und wenig mehr Kilometer bis wir den Ardennenkanal in Berry-au-Bac verlassen und in den Canal de'l Aisne à la Marne einbiegen. Canal des Ardennes mit Anmeldestange für Schleusen Canal de L' Aisne à la Marne Ab jetzt geht es zu Berg und unser Blick bekommt wieder mehr Raum. Im Oberwasser der Schleuse Alger legen wir hinter unseren dänischen Bekannten an einem schönen, schattigen Picknickplatz an. Ab jetzt finden wir regelmäßig solche Picknickplätze, mit Kaimauern, die für 13 Yachten geeignet sind und die sehr oft eine Wassertiefe haben, die es auch Segelbooten mit 1,80 m Tiefgang ermöglichen anzulegen. Das Liegen ist kostenlos. Am zweiten Tag erreichen wir Reims. Führt uns die Zufahrt auf den Kanal durch unendliche, wenig attraktive Gewerbegebiete, so werden wir bei unserer ersten Wanderung durch die Stadt dafür entschädigt. Reims - Kathedrale und Champagner Die imposante Kathedrale, die Carnegie-Bibliothek und ganze Straßenzüge im Art déco-Stil begeistern nicht nur uns, sondern - wie wir bald merken - auch Touristen aus aller Welt. Um 23.00 Uhr werden wir Zeuge, wie die gotische Fassade der Kathedrale durch eine riesige und raffinierte Laser-Show zum Leben erweckt wird. Begeistert sind wir nicht nur von der Stadt und dem vielseitigen Champagnerangebot, sondern auch davon, dass der unmittelbar am Stadtzentrum gelegene Yachthafen aufgrund eines anstehenden Betreiberwechsels in dieser Woche kostenlos ist. Nur unsere dänischen Seglerfreunde müssen an eine stark frequentierte Straße ausweichen, hat doch der Hafen nur eine Wassertiefe von 1,20 m. Nach zwei Tagen, 34 Km, 15 Schleusen und den Tunnel Mont de Billy mit 2302 m Länge erreichen 14 wir Condé sur Marne und den Abzweig in den Canal Lateral à la Marne. Tunnel Mont de Billy Canal Lateral à la Marne In Condé sur Marne biegen wir auf den Canal Lateral à la Marne ab. Die eher monotone Strecke von 67 Kilometern mit 16 zu Berg führenden Schleusen schaffen wir bei regnerischem Wetter in zwei Tagen. Kurz vor Vitry-le-François überqueren wir in einem Aquadukt die Marne und stoßen auf den Canal de la Marne au Rhin, die Verbindung zwischen Paris und Strasbourg am Rhein. Der Yachthafen in Vitry-le-François liegt stadtnah, ist sehr eng und bereits mittags voll belegt. Aber mit unseren 8m Länge gehören wir auch zu den mit Abstand kleinsten Booten und so "ruckeln" sich die anderen Boote zurecht und schaffen die Lücke, die wir brauchen. Vitry-le-Francois begeistert uns. Obwohl die Stadt mit gerade einmal 20000 Einwohnern klein ist, wirkt sie wie eine fürstliche Residenzstadt, mit breiten, geometrisch angeordneten Straßen, die auf den im Zentrum liegenden Domplatz zulaufen. Große Plätze mit schattigen Bäumen laden zum Verweilen ein. Canal entre Champagne et Bourgogne Am nächsten Tag beginnt für uns das Abenteuer Canal entre Champagne et Bourgogne. Er führt uns über eine Strecke von 224 Km, mit 114 Schleusen und zwei Tunnel von insgesamt sechs Km Länge nach Süden. Auf unserem bisherigen Weg wurden wir immer wieder davor gewarnt, diesen Kanal zu fahren: Keine ausreichenden Liegeplätze, keine Infrastruktur, kaum Orte, keine Einkaufsmöglichkeiten, Verkrautung des Kanals bedingt durch fehlende Schifffahrt.... Das ist es aber gerade, was uns anzieht. Wir wollen weg von Wohn- und Charterbooten, von britischen Barges und holländischen bzw. schweizerischen Luxusyachten, hinein in das "echte", urtümliche Frankreich. Es reizt uns das Abenteuer. 15 Überflutete Schleusen Handarbeit Das Abenteuer beginnt dann auch gleich am ersten Tag. In der ersten Schleuse bekommen wir unsere automatische Anmeldung, fahren hinein und steigen - nur dass das Wasser nach Erreichen der oberen Schleusenkante nicht aufhört zu steigen. Es fließt langsam weiter, überflutet den Garten des Schleusenwärterhauses und zwingt uns auszusteigen, um ein Aufliegen des Bootes mit daraus resultierendem Rumpfschaden zu vermeiden. So geht es an diesem Tag in allen 13 Schleusen. Müde und genervt erreichen wir nach 12 Schleusen St.Dizier, steuern den auf unserer Karte verzeichneten Liegeplatz mit Picknick-Tisch an und landen an einer kurzen Betonmauer, ohne Festmacher, inmitten hohen Grases, ohne Landzugang. Bei genauer Betrachtung kann man den früheren Bootshafen noch erahnen. So fahren wir zähneknirschend in die 13. Schleuse des Tages und finden einen ruhigen Platz vor einem großen Fabrikgebäude. Wir liegen alleine, so wie wir den ganzen Tag über kein Schiff zu Gesicht bekommen haben. Ein Vorgeschmack auf die Einsamkeit, die uns erwartet. Schmucke Dörfer Picknickplatz nur für uns In den nächsten Tagen bleibt es einsam. Und es wird heiß! Der Kanal schlängelt sich durch eine von Wiesen und Wäldern geprägte Hügellandschaft mit gelegentlichen kleinen, sehr gepflegten Dörfern. Häfen und Liegeplätze sind rar, aber wir finden immer wieder einen Picknickplatz mit einer Kaimauer von 5 bis etwa 20 Meter Länge, an der wir oft alleine liegen. Wir kommen weiter nach Süden und die Temperatur steigt auf bis zu 35°C, am Steuerstand auch bis zu 40°C. So werden 10 bis 12 Schleusen pro Tag, mit dem Erklimmen der Schleusenleiter, sehr anstrengend. Trotzdem tut uns die Einsamkeit, die Ruhe, die in der 16 Sonne flimmernde Landschaft gut. Der Kanal ist zunehmend verkrautet, was uns jedoch nicht davon abhält darin zu schwimmen, um uns nach den langen Fahrtagen abzukühlen. Und immer wieder freuen wir uns über die verlassen wirkenden freien Liegeplätze. Vor Riaucourt wird uns die Hitze doch zu viel so dass wir bereits mittags, nach 11 Km und 5 Schleusen aufgeben. Wir finden vor der Schleuse Riaucourt einen kleinen Steg und verkriechen uns im Schatten unserer Persenning. Möglichst wenig Bewegung ist angesagt. Am frühen Abend wird es dann schlagartig dunkel. Es folgen Sturm, Gewitter mit peitschendem Regen, gefolgt von Hagel und einem Temperatursturz von 20°C. Da wir unbedingt Lebensmittel einkaufen müssen, wollen wir am nächsten Morgen bis nach Chaumont, einer richtigen Stadt mit Supermarkt, weiterfahren. Bis dahin sind es nur 9 Km, die allerdings an diesem Tag unüberwindbar sein sollen. Bereits am frühen Morgen erscheint ein freundlicher Mitarbeiter der Kanalverwaltung, um uns mitzuteilen, dass der Kanal aufgrund von Sturmschäden gesperrt sei. Wir wollen näheres wissen, diskutieren, er telefoniert und erteilt uns dann eine Sondergenehmigung zur Weiterfahrt. Es folgt eine Fahrt von 9 Km mit 5 Schleusen und einigen handbetriebenen Brücken, die fast vier Stunden dauert. Wir sind erleichtert, in Chaumont anzukommen und finden den Steg überbelegt mit auf die Weiterfahrt wartenden Schiffen. Strom gibt es nicht, da der Blitz am Vortag eingeschlagen hat und das gesamte Stadtviertel auch am Abend noch in vollkommener Dunkelheit liegt. Schleusenhaus Manuelles Schleusen mit Eigenleistung Das Wetter klart am nächsten Tag auf und es geht weiter nach Süden - 35 Km mit 20 Schleusen, heute mit manueller Bedienung. Wir schleusen mit unseren dänischen Seglerfreunden von der SY "Nicoya", die wir in Chaumont eingeholt hatten. Mittlerweile sind wir ein eingespieltes Team. Stunde um Stunde fahren wir in die Schleusen, belegen und steigen jeweils um 3,50 Meter. Irgendwann hören wir auf zu zählen. Im Oberwasser der Schleuse Humes liegt eine langgesteckte Wiese mit Tischen, an der wir festmachen und unsere Tagesleistung erst einmal mit einem kühlen Bier krönen. Es sind stets sehr anregende Abende, die wir dann zu viert verbringen. Carsten und Moody, unsere dänischen Freunde, setzen jetzt bereits zum zweiten Mal für drei Jahre aus und sind auf dem Weg nach Griechenland. Noch können sie sich aber bei allem Fernweh, das sie antreibt, nicht von 17 Frankreich trennen, zu stark sind auch für sie die Reize dieser Binnentour. Das ist es, was uns bei aller Unterschiedlichkeit dann auch verbindet. " Nicoya" und "Jonas" nach einem langen Tag So geht es weiter bis zur Wasserscheide in Höhe von 340 Meter über Meeresspiegel mit dem 4820 m langen Tunnel von Langres. Es beginnt der Abstieg zur Saône. In unserer 250. Schleuse passiert es: Eine falsche Anmeldung mit der Fernbedienung, eine haklige Einfahrt, ein drängelnder holländischer Hintermann, plötzlich ein Schrei. Barbara ist ausgerutscht und liegt im Wasser zwischen der Bord- und der Schleusenwand. An Deck entdecken wir ein riesiges Hämatom mit Abschürfungen am Rücken. Es schmerzt höllisch. Wir behandeln den Rücken mit Salben und Diclofenac und legen eine viertägige Pause ein, bevor es - immer noch unter starken Schmerzen - weitergeht. Nach 2-tägiger Fahrt von 83 Km und 24 Schleusen erreichen wir St.-Jean-de-Losne an der Saône, den südlichsten Punkt auf unserer Reise. Hier wollen wir eine längere Rast einlegen, die berühmte Schifferstadt in Ruhe erkunden und Barbaras Verletzung auskurieren. Wir verbringen drei Tage im Yachthafen 18 Blanquart, direkt an der Einmündung des Canal de Bourgogne in die Saône. Die berühmte Binnenschifferstadt ist erstaunlich klein und wirkt in ihrer Staubigkeit auf den ersten Blick heruntergekommen. Es ist aber schwer sich der besonderen Stimmung des Ortes zu entziehen. Alte Penichen, bewohnt oder vor sich hin rostend, Trockendocks und Schiffswerkstätten, Schiffe und Boote aller Größen aus aller Herren Länder schaffen eine unvergleichliche, dichte Atmosphäre, in der Reichtum und Verfall eine verstörende Symbiose bilden. Und mitten hindurch fließt die Saône. St. Jean-de-Losne 19 Rückreise Die Saône Nun geht es erst einmal 177 Km auf der Saône zu Berg, bis wir in Corre auf den Canal des Vosges stoßen - eine Strecke, für die wir uns, teils unfreiwillig, sieben Tage Zeit nehmen. Wir verlassen St.-Jean-de-Losne bei heißem, sonnigem Wetter. Die Ufer sind teils dicht bewaldet, nur wenige Orte durchbrechen das Grün und auch die Anzahl der Charterboote hält sich in Grenzen. Bereits am zweiten Tag aber beginnt es an zu regnen. Der Himmel ist grauverhangen, die Ufer werden langsam vom Wasser zurück erobert, es herrscht eine fast lautlose, melancholische Stimmung auf dem Fluss. In Mantoche legen wir am kostenlosen Gemeindeanleger an, genießen die Ruhe, um am Abend plötzlich von einer Schar von Charterbooten umgeben zu sein. In der Nacht regnet es weiter und mit Schrecken sehen wir am nächsten Morgen, dass der Fluss um 50 cm gestiegen ist, was zur Folge hat, dass die niedrige Kaimauer überflutet ist und alle Schiffe aufliegen. Eine böse Überraschung. Fluchtartig verlassen wir den Liegeplatz und finden 5 Km flussaufwärts, etwas außerhalb von Gray, einen vollkommen leeren Schwimmsteg, der gegen wechselnde Wasserstände immun ist. 20 Die Saône ist auch Charterrevier Wasseranstieg über Nacht Der nächste Tag beginnt freundlich und ist der Auftakt zu einer fast lückenlos sonnigen Rückfahrt nach Elsfleth. Die Landschaft öffnet sich und wir haben angesichts des Fernblicks über eine sonnenüberflutete Hügellandschaft das Gefühl uns auf dem "aux Balcons de Saône" zu befinden. Savyeux, Port-sur-Saône, Conflandey heißen die Orte. Dazwischen fahren wir durch unseren letzten Tunnel auf dieser Reise - den 680 m langen Tunnel de St. Albin. In Port-sur-Saône schultern wir vor der Abfahrt unseren Rucksack und unsere Taschen und steigen hinauf zum Supermarkt. Danach steht der Weg noch einmal an - mit Dieselkanistern und Sackkarre. Lang ist der Weg Der letzte Tunnel Die sich dann anschließende Fahrt auf der Saône ist ein landschaftlicher Traum. Der Steg im Unterwasser der Schleuse von Conflandey liegt verlassen im Halbschatten der Bäume. Auf der gegenüber liegenden Insel zeigt sich das Schloss zaghaft im Blätterwald. Es beginnt ein wunderbarer Nachmittag: lesen, essen, reden, schlafen an Deck, bei einem erfrischendem Wind. Jetzt sind es nur noch 35 Km und 5 Schleusen, bis wir die Saône verlassen werden. Der Fluss wird eng, viele kleine Nebenflüsse und Bäche fließen in ihn hinein, es ist still. Mit 21 Wehmut verlassen wir die Saône in Corre und fahren in die zum Canal des Vosges führende Schleuse ein. Idylle am Fluss Schloss auf der Insel Conflandey Canal des Vosges Mit der Einfahrt in den Kanal nimmt auch die Schleusendichte wieder zu. Es schreckt uns nicht, haben wir uns auf dieser Fahrt ja an Schleusen, Schleusentreppen und Tunnel gewöhnt. Der Kanal wird eng Nur dass unser "Jonas" gerade jetzt schwächeln würde, haben wir nicht erwartet. In zwei aufeinander folgenden Schleusen springt die Maschine bei der Ausfahrt nicht an. Da wir zu Berg fahren, können wir das Boot unter Mühen per Hand aus der Schleuse schleppen und am Kanalufer festmachen. Wir prüfen Batterien, Steckverbindungen, Anlasser, Relais und Zündschloss, ohne die Ursache zu finden. Aus unerklärlichen Gründen springt der Motor irgendwann wieder an. So müssen wir ab jetzt beim Schleusen den Motor laufen lassen. Da die Maschine morgens reibungslos anspringt, steuern wir auch weiter unbekümmert ruhig gelegene freie Liegeplätze am Kanal an. Am Steg Pont de Coney ist es dann aber soweit: Als wir am nächsten Morgen weiter wollen, streikt die Zündung und dieses Mal nützt auch kein Warten. 22 In der Idylle ereilt uns das Unglück Am Abend hatten wir einen Mitlieger aus Verden/Aller bekommen, der anbietet, uns 6 Km und 6 Schleusen zurück nach Fontenoy le Chateau zu schleppen. Dort gibt es einen CharterStützpunkt von le boat und nun setzen wir unsere Hoffnung in den dort beschäftigten Monteur. Es wird eine turbulente Schleppfahrt, die uns bereits in der ersten Schleuse zwei üble Schrammen am Rumpf beschert. Der Techniker von le boat misst unsere Elektrik durch und prüft alle Steckverbindungen, ohne jedoch die Ursache für unsere Probleme finden zu können. Wir sind allerdings erst einmal nur froh in der Zivilisation zu sein und wissen, dass wir ab jetzt nicht nur den Motor in Schleusen laufen lassen, sondern auch auf abgelegene, freie Liegestellen verzichten müssen. Allmählich nähern wir uns der Wasserscheide, die kurz hinter Girancourt beginnt. Wir verlassen Pont-Tremblant am frühen Morgen, denn bis Girancourt sind es zwar nur 10 Km, aber auch 19 Bergschleusungen, mit einem Hub von jeweils 3,00 Meter. Es geht Schlag auf Schlag im 500- Meter-Rhythmus - für Barbara, die immer noch nicht schmerzfrei ist, eine körperliche Höchstleistung: 19 mal erst die Heckleine mit dem Bootshaken über Kopf belegen, dann schnellstens die Vorderleine ebenfalls über Kopf belegen, anschließend die Stange zur Schleusung betätigen. Die grüne, idyllische Landschaft entzieht sich dabei unserer Wahrnehmung. In Girancourt werden wir mit einem schönen Liegeplatz belohnt, der sich nur wenige hundert Meter von Supermarkt und Tankstelle befindet. 23 Der Gipfel ist erreicht Die dann folgende letzte Bergschleuse bringt uns zur Wasserscheide auf schwindelerregender Höhe von 360,8 Meter über Meeresspiegel. Es folgt eine 12-kilometrige Fahrt durch eine enge Schlucht, auf dem Dach der Welt. Es ist ruhig und die Strecke ist sehr einfach zu fahren, da wir keinen Gegenverkehr haben. Wir empfinden so etwas wie Stolz angesichts der teilweise strapaziösen 350 Schleusen, den höchsten Punkt unserer Reiseerreicht zu haben - und so nähern wir uns der Schleusentreppe, die uns in 14 Stufen nach Epinal führen wird mit gemischten Gefühlen. Einer Wasserrutsche gleich geht es zu Tal. Kaum aus einer Schleuse herausgefahren, erwartet uns die nächste mit grünem Licht. Auf dem Dach der Welt Abstieg mit Schleusentreppe nach Epinal 24 Vor Epinal fahren wir durch eine Kette von Neubausiedlungen, die die alten, oft verlassenen Schleusenhäuser am Kanal wie Dinosaurier aus längst vergessener Zeit erscheinen lassen. Über eine Kanalbrücke überqueren wir die unter uns wild dahin fließende Mosel und legen in der Stadtmitte von Epinal an. Epinal ist eine lebendige, junge Stadt, die ein fast mediterranes Lebensgefühl vermittelt. Wir sind besonders vom aufwändig gestalteten Museum für Druckerei beindruckt, aber auch die Wasserspiele auf und über der Mosel tragen zur Leichtigkeit und Verspieltheit der Stadt bei. Epinal: Museum für Druck ...und Wasserspiele auf der Moselle Über Charmes und Richardmenil (83 Km, 37 Schleusen) erreichen wir Toul. Seit NeuvesMaisons befinden wir uns wieder auf der Großschifffahrtsstraße in Gesellschaft von Binnenschiffen mit 105 m Länge. Vorbei auch die kleinen Schleusen von 38,5 m, die unsere Frankreichfahrt geprägt haben, stattdessen haben sie jetzt eine Länge von 186 m und müssen über Funk angerufen werden. Wir leiden immer noch unter unserem Zündungsproblem und so beschließen wir nach Toul hineinzufahren, um einen englischen Bootsmechaniker aufzusuchen, der uns auf dem Weg mehrfach empfohlen wurde. Er wirkt dann auch wirklich kompetent und ersetzt alle Steckverbindungen in unserem engen Motorraum. Danach startet unser Motor - aber leider nicht immer! Die Moselle/Mosel Weiter geht es nun auf der französischen Mosel. Kleine Städte, gelegentlich auch Industrie säumen die weitestgehend grünen Ufer. Nach einer Übernachtung in Ponta Mousson erreichen wir Metz, wo wir eine mehrtägige Pause einlegen. Der Port de Plaisance liegt direkt vor einem Park in der Altstadt, die wir aufgrund der Hitze erst gegen Abend erkunden. Metz ist eine architektonisch beeindruckende Stadt, im Spannungsfeld von Tradition und Moderne, welches sich insbesondere in der schönen Kathedrale und dem aus Glas und Holz neu erbauten Centre Pompidou widerspiegelt. 25 Metz: Tradition ... ...und Moderne Nun steht nur noch eine Station in Frankreich an: Thionville. Bis kurz vor Thionville fahren wir durch eine überwiegend naturbelassene, ebene Landschaft, die sich dann aber auf den letzten Kilometern grundlegend ändert: Ab jetzt werden die Ufer von Stahl- und Kraftwerken dominiert. Es wird nun Zeit, die französische Gastlandflagge einzuholen und die luxemburgische zu hissen. Langsam verlassen wir die lothringische Industrieregion und sehen auf der luxemburgischen Seite der Mosel die ersten sanften Hänge mit Weinreben. In Schwebsange finden wir einen Yachthafen mit allen erdenklichen Annehmlichkeiten und einer Wassertankstelle, an der wir zum Preis von 1,20 € pro Liter Diesel unseren Tank auffüllen. Luxus pur, würde nicht das auf deutscher Seite des Flusses liegende Bio-Kraftwerk die saubere luxemburgische Luft mit -gefühlt- Milliarden von Fliegen verpesten. Am 24. Juli erreichen wir Deutschland. Wir genießen die Fahrt bei Sonnenschein an Wasserbillig und an der Saarmündung vorbei und finden beim Wassersportclub Konz einen geschützten Liegeplatz - und da die Hafenmeisterin spontan eine schmackhafte Frikadelle mit Kartoffelsalat anbietet, entscheiden wir uns, nach Monaten des Darbens mit französischen Weinen für ein wunderschönes, kühles, deutsches Bier. 26 Weinberge an der Mosel Traben-Trarbach: Liegen im Fluss Es sind jetzt noch etwas mehr als 200 Km Fahrt auf der Mosel bevor wir in Koblenz auf den Rhein fahren werden. Wir haben Glück: Es ist ein Jahrhundertsommer, der Streik der Schleusenwärter verschont uns, die Mosel-Weine sind von besonders guter Qualität, unsere Zündung funktioniert überwiegend und wir treffen interessante Mitreisende. Pölich, Neumagen-Drohn, der älteste Weinort Deutschlands, Traben-Trarbach, Zell, Cochem und Koblenz am Deutschen Eck, bieten sowohl hervorragende Liegeplätze wie auch außerordentliche lukullische Genüsse. Wir stellen wieder einmal fest, dass die Mosel eigentlich nur vom Wasser aus ihre wirkliche Schönheit zeigt. Der Rhein Der Rhein am Deutschen Eck empfängt uns mit Sonne und dichtem Berufsverkehr und so bleibt es den ganzen Tag: Binnenschiffe, Schubverbände, Ausflugsschiffe, Kabinenschiffe und nur sehr wenige Sportboote. Der Schwell macht unsere Fahrt unruhig, die blauen Tafeln der Berufsschifffahrt zwingen uns zu ständigem Seitenwechsel. Nachdem sich unsere anfängliche Nervosität gelegt hat, genießen wir dieses Treiben, obwohl wir mit Abstand das kleinste Schiff auf dem Wasser sind. In Mondorf, nach 73 Km Rheinfahrt, beenden wir unseren ersten Tag. 27 Am Deutschen Eck in Koblenz Kölner Dom Auch der nächste Tag erfordert hohe Konzentration. Die Berufs- und Ausflugsschifffahrt nimmt zu und die blaue Tafel wird unser ständiger Begleiter. Dennoch ist es ein erhebendes Gefühl am Kölner Dom vorbeizufahren und die Chemiekomplexe von Wesseling und Leverkusen hautnah von der Wasserseite aus zu erleben. In der modernen Marina Düsseldorf, im Schatten des Fernsehturms und den außergewöhnlichen Gebäuden des neuen Medienhafens beenden wir den zweiten Tag. Wir haben 83 Km in 5,5 Stunden zurückgelegt. Nun soll es von Duisburg in den Rhein-Herne-Kanal und dann über den Dortmund-Ems-Kanal und Küstenkanal nach Hause gehen. Ein erneut angesetzter Streik des Schleusenpersonals, der diese Strecke für eine Woche lahm legen wird, zwingt uns buchstäblich zu unserem 28 Glück. Wir entscheiden uns nähmlich für die Weiterfahrt in die Niederlande. Nach einer Übernachtung im Alten Binnenhafen in Duisburg geht es weiter rheinabwärts. Wir erleben zwei sonnige, vergleichsweise ruhige Tage auf dem Niederrhein und erst am dritten Tag, mit dem Grenzübertritt in die Niederlande, frischt der Wind auf. Wir haben Wind gegen Strom und kämpfen uns mit ständig überspültem Vordeck durch die Welle. Die HerkulesSchubverbände mit ihren sechs Kohleleichtern auf dem Weg von Rotterdam nach Duisburg, tun ein Übriges, um uns eine turbulente Fahrt zu bescheren. Aber wir kennen unser Schiff und wissen, dass es auch mit diesem Wellengang gut zurecht kommt. So können wir die Fahrt dann auch einfach genießen. Durch die Niederlande nach Elsfleth In den Niederlanden verlassen wir den Hauptarm des Rheins und fahren über den Paneerdenskanaal in die schnell fließende Gelderse IJssel in Richtung IJsselmeer . Zutphen und Hattem laden zu Ruhepausen ein, bevor wir in Zwolle schleusen und über das Zwarte Meer und Swartsluis nach Meppel fahren. Die Hoogevensche Hoofdvaart führt uns schnurgerade und monoton nach Osten. Im Oberwasser der Ossesluis finden wir dann aber einen sehr ruhigen Liegeplatz, mit Blick über das weite, uns umgebende Land. Am Abend legt sich der Wind und der Himmel verwöhnt uns mit dunklen Wolkenbildern, die fast wie gemalt anmuten. Über die erst im Juni 2013 neu eröffnete Veenroute fahren wir bis kurz vor Ter Apel und dann - wie bereits auf der Hinfahrt - über den Haren-Rütenbrock-Kanal, die Ems, den Küstenkanal und die Hunte zum Heimathafen in Elsfleth, den wir am Nachmittag des 16. August etwas erschöpft, aber sehr glücklich, erreichen. Bernd Steyer im Januar 2014 29 Übersichtskarte 30