aktuell Nr. 27 vom 11.07.2016 ( PDF , 7,2 MB)
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D 8512 52. Jahrgang NACHRICHTEN POLITIK Kanzlerin spricht Nr. 27 Montag, 11. Juli 2016 Die aktuell am Sonnabend vorab: Mit der neuen MEDIA-APP der Bundeswehr. Vor dem NATO-Gipfel in Warschau hat Bundeskanzlerin Angela Merkel eine Regierungserklärung abgegeben. Seite 4 STREITKRÄFTE Grüne Tiger Das Jägerbataillon 1 im Wettstreit mit niederländischen Panzergrenadieren. aktuell war mit dabei. Seite 8 ZOOM Pfad-Finder im All Satelliten ermöglichen genaue Navigation rund um den Globus. Doch wie funktioniert GPS genau? Seite 9 SPORT Schwergewicht Almir Velagic kam als Flüchtling nach Deutschland. Jetzt startet er als Sportsoldat bei den Olympischen Spielen. Seite 10 Der Einsatzgruppenversorger „Bonn“ der Bundeswehr – kurz EGV „Bonn“ – gehört zu den größten Schiffen der Deutschen Marine. Zu den Aufgaben zählen die Versorgung und Betankung von anderen Einheiten. Der Beitrag „60 Sekunden Bundeswehr – Einsatzgruppenversorger Bonn“ erklärt kurz und knackig die Fakten dieses Schiffes. Der QR-Code führt ohne Umwege zum Videobeitrag. 340 Tage für Mali EUTM Mali: Für ein Jahr hat die Bundeswehr den Mission Commander gestellt. Eine Bilanz. Seiten 6/7 BW CLASSIX: Hygiene an Bord – das ist Thema des Videos „Classix: Hygiene an Bord – Bundeswehr“ aus dem Jahr 1991. Wer dabei als erstes an die persönliche Hygiene der Soldaten denkt, liegt damit nicht falsch. (eb) Der QR-Code führt zum Video „EGV BONN“. Weitere Beiträge unter www.youtube.com/ bundeswehr. [email protected] Foto: Bundeswehr/Victoria Kietzmann; Montage: Bundeswehr/Eva Pfaender VIDEO DER WOCHE: 2 aktuell INTERN 11. Juli 2016 Foto: Bundeswehr/Elena Becker BILD DER WOCHE Mit dem Rollkoffer nach Rio: Die Sportler, die für die Olympischen Spiele im brasilianischen Rio de Janeiro qualifiziert sind sowie das Funktions- und Begleitpersonal, haben in der vergangenen Woche in Hannover ihre Olympia-Kleidung erhalten. Die Spiele sollen am 5. August eröffnet werden. Mehr auf Seite 10 IMPRESSUM Herausgeber und verantwortlich für den Inhalt: Bundesministerium der Verteidigung Presse- und Informationsstab Stauffenbergstraße 18, 10785 Berlin Redaktionsanschrift: Redaktion der Bundeswehr Bundeswehr aktuell Reinhardtstraße 52, 10117 Berlin Telefon: (0 30) 886 228 - App. Fax: (0 30) 886 228 - 20 65, BwFw 88 41 E-Mail: [email protected] Leitender Redakteur: ( -2420): Vivien-Marie Bettex (vmd) Vertreter: ( -2421) Hauptmann Patricia Franke (pfr) Produktionsunterstützung: (-2422) Hauptfeldwebel André Sterling (ste) Gefreiter Daniel Wieland Elisa Sollich Politik: Jörg Fleischer (jf, -2830) Streitkräfte/Einsatz: Major Anika Wenzel (akw, - 2861), Oberstleutnant Peter Mielewczyk (pm, - 2820), Major Katharina Zollondz (kzo), Kapitänleutnant Victoria Kietzmann (kie) Zoom/Sport: Björn Lenz (ble - 2840), Regierungsamtmann Stefan Rentzsch (sr), Gabriele Vietze (vie) Personal/Soziales/Vermischtes: Christiane Tiemann (tie -2850) Hauptmann Philipp Ahlers (pah) Mediendesign: Daniela Hebbel ( - 2650), Oberleutnant Sebastian Nothing, Daniela Prochaska, Eva Pfaender aktuell als E-Paper und als PDF: Auf www.bundeswehr.de abrufbar Satz: Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr, DL I 4 Zentraldruckerei BAIUDBw Intranet: http://zentraldruckerei.iud Druck: Westdeutsche Verlags- und Druckerei GmbH Kurhessenstr. 4-6, 64546 Mörfelden-Walldorf Erscheinungsweise: Wöchentlich montags Auflage: 45 000 Exemplare Verteilung innerhalb der Bundeswehr: SKA GrpRegMgmtBw/ Mediendisposition Kommerner Straße 188 53879 EUSKIRCHEN DEUTSCHLAND E-Mail: SKAMediendisposition@ bundeswehr.org ISSN: 1618-9086 Für unverlangt eingesandte Manuskripte, Filme, Fotos und Zeichnungen wird keine Gewähr übernommen. Namensbeiträge geben die Meinung des Verfassers wieder. Sie entsprechen nicht unbedingt der Auffassung der Redaktion oder des BMVg. Nachdruck nur mit Genehmigung der Redaktion. Leserbriefe per E-Mail werden nur mit wirklichem Namen und Adresse berücksichtigt, außerdem behält sich die Redaktion das Recht auf Kürzung vor. ZITAT „Kopf hoch, Jungs!“ Der Deutsche Fußballbund auf seinem offiziellen Twitter-Account nach der Niederlage der deutschen Fußballnationalmannschaft gegen Frankreich im Halbfinale der Europameisterschaft. KALENDERBLATT Vor 50 Jahren: Am 11. Juli 1966 beginnt die Fußballweltmeisterschaft in England. Das Eröffnungsspiel England gegen Uruguay endet 0 zu 0 – unentschieden. 19 Tage später, am 30. Juli, steht England gegen die Bundesrepublik Deutschland im Finale. In der 101. Minute fällt das legendäre Wembley-Tor, England gewinnt mit 4:2 nach Verlängerung und wird zum ersten und einzigen Mal Weltmeister. Vor 75 Jahren: Am 12. Juli 1941 schließen Großbritannien und die Sowjetunion ein Militärbündnis zum gemeinsamen Kampf gegen das nationalsozialistische Deutsche Reich. Vor 90 Jahren: Am 15. Juli 1926 eröffnet der französische Präsident Gaston Doumergue die erste Moschee Frankreichs, die Pariser Moschee. Sie wird als Zeichen des Dankes an die Muslime erbaut, die im Ersten Weltkrieg an der Seite Frankreichs gegen das Deutsche Kaiserreich gekämpft hatten. Vor 100 Jahren: Am 15. Juli 1916 gründen der deutschstämmige William Edward Boeing und Georg Conrad Westervelt in Seattle die Firma Pacific Aero Products Company, die sich später zum Flugzeughersteller „The Boeing Company“ entwickelt. Vor 355 Jahren: Am 16. Juli 1661 bringt die schwedische Privatbank „Stockholms Banko“ – als erstes Kreditinstitut in Europa – eigene Banknoten in Umlauf. Zuvor wurde in Schweden mit großen und unhandlichen Kupfermünzen bezahlt. (eb) EDITORIAL Deutschland übernimmt in Einsätzen unter den Mandaten der Vereinten Nation und der Europäischen Union weltweit Verantwortung. Lag der Fokus lange auf Afghanistan, so rücken immer mehr der Nahe Osten und Afrika in den Vordergrund. Hunger, Angst und Tod durch Terrorismus und Fanatismus sind dort für viele Menschen zum Alltag geworden. In manchen Regionen Afrikas ist die Stabilisierung und Entwicklung der gesamten Sahelregion gehemmt. Ein Augenmerk Europas liegt dabei auf Mali. Die Europäischen Trainingsmission (EUTM MLI) hat zum Ziel, die Sicherheitsstrukturen im Land zu stärken und das malische Militär dabei zu unterstützen, die Stabilisierung des Landes in eigener Verantwortung weiter voranzubringen. Rückblick: Im Juli 2015 übernimmt die Bundeswehr mit Brigadegeneral Franz Xaver Pfrengle erstmals das Kommando über die EU-Trainingsmission. Ein knappes Jahr später hat Brigadegeneral Werner Albl nun die Verantwortung als Mission Commander an seinen belgischen Nachfolger übergeben. Damit hat Deutschland ein ganzes Jahr die Führung für EUTM MLI gestellt – und somit seine Bereitschaft gezeigt, zur Stabilisierung Malis aktiv beizutragen. In Bundeswehr aktuell sprechen die beiden ehemaligen deutschen Mission Commander über die Herausforderungen, Erfolge und ihre Bilanz nach einem Jahr deutscher Führungsverantwortung (Seite 6/7). Am 23. März 2016 hat die EU das Mandat für EUTM MLI bis Mai 2018 verlängert und angepasst. Das Mandatsgebiet wurde bis in den Nigerbogen erweitert, die Ausbildung wird dezentralisiert. Richtige und wichtige Schritte, um die positive Entwicklung im Land weiter zu unterstützen. Unsere Kameraden im Einsatz haben schon maßgeblich dazu beigetragen. Peter Mielewczyk Ressortleiter Einsatz 11. Juli 2016 MINISTERIUM / HINTERGRUND aktuell 3 Suder: „Eckig, kantig, echt“ Von Jörg Fleischer Fotos Sebastian Wilke Berlin. Das Steuerungsboard Cyber- und Informationsraum ist unter Leitung von Staatssekretärin Katrin Suder am vergangenen Dienstag zum ersten Mal zusammengetroffen. Nicht irgendein Termin, sondern eine bedeutende Premiere, wie Suder zum Auftakt im Verteidigungsministerium (BMVg) deutlich machte: „Wir machen eine neue Dimension auf.“ Die Auftaktveranstaltung zur gemeinsamen Umsetzung des neuen Organisationsbereiches Cyber- und Informationsraum (CIR) und der ministeriellen Abteilung Cyber- und Informationstechnik (CIT) sei der Start in eine neue Sicherheitsarchitektur. „Ein schöner Moment. Ein langer Weg liegt hinter uns“, sagte Suder. Zeitplan: „On Track“ Der Start geht dank der intensiven Zusammenarbeit aller Beteiligten aus BMVg und den Organisationsbereichen mit hoher Dynamik voran. Der Leiter des BMVg-Aufbaustabs Cyber- und Informationsraum, Generalmajor Ludwig Leinhos, stellte das große Engagement aller Beteiligten heraus, beim Vorhaben CIR/CIT neue Wege zu gehen und innovative Ansätze zu wagen. Er hob hervor, dass Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen einen sehr ambitionierten Zeitplan aufgestellt habe. Demnach soll das CIR-Kommando am 1. April 2017 arbeitsfähig sein und die ministerielle CITAbteilung im BMVg ab dem 1. Oktober dieses Jahres ihre Tätigkeit aufnehmen. „Wir sind ,on track‘“, erklärte Leinhos. Ideenwandel vollziehen Als Beispiel für einen wichtigen Meilenstein auf diesem Weg nannte Leinhos für die interne Kommunikation das erste Sounding Board, das am 30. Mai getagt hatte. Der im November 2015 eingerichtete Aufbaustab sei mittlerweile auf 32 Mitarbeiter angewachsen. Die Staatssekretärin stellte bei der Auftaktveranstaltung die Fotos: Bundeswehr/Sebastian Wilke (3) Staatssekretärin leitet erstes Steuerungsboard Cyber- und Informationsraum. Das Steuerungsboard Cyber- und Informationsraum (u.): Staatsekretärin Katrin Suder (o. r.) will einen Ideenwandel vollziehen. Generalmajor Ludwig Leinhos (o. l.) ist Leiter des Aufbaustabs. besondere Dimension der Herausforderung heraus: „Das ist ein Leidenschaftsthema.“ Bei diesem Steuerungsboard gehe es darum, einen „Ideenwandel“ zu vollziehen. Es sei an der Zeit, innovative Instrumente in die Hand zu nehmen und Spezialisten zu rekrutieren. „Wir machen was Neues: eckig, kantig, echt.“ Schlanke, schnelle und ressourcenschonende Strukturen seien angesagt – „innovativ und anders“. Auf diesem neuen Weg zeigte sich die Staatssekretärin der „beson- deren Herausforderung“ für alle wohl bewusst – auch angesichts des ambitionierten Zeitplans. Im Kern gehe es um eine neue Dimension von Sicherheit für die Bundesrepublik Deutschland, für die Bundeswehr und für die NATO. „Deshalb müssen wir uns neu aufstellen“, sagte Suder zum Auftakt des Steuerungsboards. Ein positives Bild ergaben die Darstellungen des Sachstands durch die jeweiligen Verantwortlichen für die Handlungsstränge Organisation, Infrastruktur und Personal. Bei den zu erreichenden Meilensteinen auf dem Weg zur Arbeitsfähigkeit gebe es keine Verzögerungen. Der Besetzung des Kommando CIR und der Abteilung CIT mit Personal werde von den dafür benannten militärischen und zivilen Organisationsbereichen Priorität eingeräumt. Das nächste Steuerungsboard Cyber- und Informationsraum tagt am 12. September 2016. Das Netzwerk für alle Fälle Ministerin bedankt sich beim „Netzwerk der Hilfe“ – neue App „Coach PTBS“ bietet Hilfe und Informationen. treu im Verborgenen wirkt, einmal in das Licht der Öffentlichkeit gestellt werden.“ Fotos: Bundeswehr/Uwe Grauwinkel Berlin. Mit einem sommerlichen Fest im Berliner Bendlerblock hat sich die Bundesministerin der Verteidigung Ursula von der Leyen am vergangenen Dienstag bei den ehrenamtlichen Mitarbeitern des „Netzwerks der Hilfe“ bedankt. Zu dem Netzwerk gehören mehr als 30 Organisationen, Vereine und Initiativen, die sich um Bundeswehr-Angehörige und ihre Familien kümmern, wenn diese in Not oder Schwierigkeiten geraten sind. Von der Leyen sagte vor rund 1000 Soldaten, zivilen Mitarbeitern, ehrenamtlichen Helfern sowie Gästen aus Politik und Gesellschaft: „Es gibt eine Konstante, die immer da ist, die uns immer wieder erdet, auf die wir uns fest verlassen können, die uns stützt. Das ist das gewaltige ehrenamtliche Engagement für die Menschen in unserer Bundeswehr.“ Mit dem Forum „Gemeinsam für die Menschen in unserer Bundeswehr“, das erstmals stattfand, solle „das Ehrenamt, das immer Dienstherr steht in der Pflicht Sie betonte, die ehrenamtlichen Helfer gäben den Menschen in der Bundeswehr die Gewissheit: „Komme, was da wolle – wir sind für Euch da.“ Das Ehrenamt kümmere sich aus eigenem Antrieb. „Es wird nicht dorthin befohlen. Das Schöne ist: Das Ehrenamt setzt mit kleinen Mitteln oft ganz, ganz Großes in Gang“, würdigte sie das Engagement der Organisationen und Initiativen. Dadurch, dass ehrenamtliche Helfer den Finger in die Wunde legten, gäben sie der Bundeswehr aber auch wertvolle Anstöße, wie sie besser werden könne und was sie verändern müsse. Von der Leyen stellte klar, das Ehrenamt sei kein Ersatz für die Verantwortung des Dienstherrn und des Staates. Aber es sei „ein unver- Ist dankbar für so viel Engagement: Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (l.). Stellte die neue App „Coach PTBS“ vor: Oberstarzt Peter Zimmermann (r.). zichtbarer Partner des Staates in unserer Gesellschaft.“ Neue App bietet Hilfe bei PTBS Im Zusammenhang mit körperlich und seelisch verletzten Soldaten hat die Bundeswehr nach Angaben der Ministerin viel gelernt und vieles getan. Sie betonte, dass die Bundeswehr noch besser werden könne und dabei nicht nachlasse. Als Beispiel nannte von der Leyen die neue App „Coach PTBS“. Die App bietet „Erste Hilfe“ und dient als Wegweiser bei psychischen Folgestörungen nach dem Einsatz. Der Leiter des Zentrums für Psychiatrie und Psychotraumatologie am Bundeswehrkrankenhaus Berlin, Oberstarzt Peter Zimmermann, stellte das neue Angebot vor. Betroffene Soldaten hätten häufig Angst vor Stigmatisierung und gingen deshalb nicht zum Arzt, erläuterte Zimmermann. Für diese Soldaten und ihre Angehörigen sei ein niedrigschwelliges Kontakt- und Informationsangebot wichtig. Die App zeige den Soldaten, „dass eine solche Erkrankung keine Schande ist, dass sie behandelbar ist und dass es Einrichtungen gibt, die das auch können“, sagte Zimmermann. Die App enthält neben erklärenden Elementen mit ersten Informationen auch Trainingsmodule und eine umfassende Liste von Hilfsangeboten. Sie wurde in Kooperation mit der Universität der Bundeswehr in München und der Technischen Universität Dresden entwickelt. Auch das Psychotraumazentrum der Bundeswehr und die Sanitätsakademie der Bundeswehr in München waren beteiligt. (dak) aktuell Brüssel will Militär in Afrika unterstützen Brüssel. Die EU-Kommission will zur Krisenvermeidung in Afrika und anderen Regionen künftig auch Entwicklungsgelder zur Ausrüstung von Militär einsetzen. Die Behörde verabschiedete in der vergangenen Woche ein Gesetzgebungsvorhaben, nach dem dies „in Ausnahmefällen“ möglich sein soll. Als Beispiele wurden Ausbildungsprogramme, Beratung, Infrastrukturverbesserungen und Ausrüstung genannt. Ausgenommen sind unter anderem Waffen, Munition und Soldzahlungen. Bisher darf die EU schon Polizeibehörden in Drittstaaten unterstützen, nicht aber das Militär. (eb) Mehr als 200 Tote bei Anschlag in Bagdad Bagdad. Nach dem verheerenden Selbstmordanschlag im Zentrum der irakischen Hauptstadt Bagdad ist die Zahl der Todesopfer in der vergangenen Woche auf mindestens 292 gestiegen. Das teilten die Behörden mit. Mindestens eben so viele Menschen wurden verletzt. Zu dem Attentat inmitten eines belebten Einkaufsviertels von Bagdad hatte sich der sogenannte „Islamische Staat“ (IS) bekannt. Ein Selbstmordattentäter hatte sich in einem mit Sprengstoff beladenen Auto inmitten einkaufender Menschen im zentralen Stadtviertel Karrada in die Luft gesprengt. Der IS hatte erklärt, der Anschlag habe sich gegen Angehörige der schiitischen Bevölkerungsmehrheit gerichtet. Ministerpräsident Haider al-Abadi ordnete in Folge der Anschläge Änderungen des Sicherheitskonzepts für die Hauptstadt an. (eb) Chinas Marine startet umstrittenes Manöver Peking. Die chinesische Marine hat in der vergangenen Woche mit einem einwöchigen Manöver in umstrittenen Gebieten im Südchinesischen Meer begonnen. Peking verhängte für Schiffe aus anderen Ländern für die Dauer des Manövers ein Verbot, in die Gewässer um die Paracel-Inseln zwischen Vietnam und den Philippinen einzudringen. Die Inseln sind kaum besiedelte KorallenAtolle mit Landemöglichkeiten für Militärjets. Beim Ständigen Schiedshof in Den Haag ist eine Klage der Philippinen gegen die Gebietsansprüche Chinas anhängig. Seit Monaten gibt es deswegen auch Spannungen zwischen China und den USA. China erkennt die Zuständigkeit des Gerichts nicht an. (eb) POLITIK / HINTERGRUND 11. Juli 2016 Abschreckung und Dialog Bundeskanzlerin Angela Merkel dankt zum NATO-Gipfel der Bundeswehr Von Jörg Fleischer Warschau/Berlin. Die Staatsund Regierungschefs der NATO sind am vergangenen Freitagnachmittag zu ihrem zweitägigen Gipfel in Warschau zusammengetroffen. Ein zentrales Thema war die Verstärkung der multinationalen Präsenz rotierender Kräfte des Bündnisses in Osteuropa als Reaktion auf Russlands Vorgehen auf der Krim und im UkraineKonflikt. Anlässlich des Gipfels hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel zuvor im Deutschen Bundestag eine Regierungserklärung abgegeben. Darin zollte die Kanzlerin den Soldaten der Bundeswehr große Anerkennung. Merkel sagt ihnen ein „herzliches Dankeschön“ für den Dienst in vielen Einsätzen. Multinationale Präsenz im Baltikum Die Regierungschefin erklärte, der Warschauer Gipfel werde die zuvor in Wales eingeleiteten Anpassungsmaßnahmen hin zu einer 360-Grad-orientierten Steigerung der Verteidigungsund Reaktionsbereitschaft des Bündnisses ergänzen. Als eines der zentralen Themen nannte Merkel die geplante Verstärkung der multinationalen Präsenz in den drei baltischen Staaten und in Polen mit rotierenden Kräften. Die Kanzlerin machte im Rückblick auf die Krim-Krise und den weiter schwelenden UkraineKonflikt klar, Russland habe die NATO-Partner in Osteuropa zutiefst verunsichert. Zwei-Prozent-Regel soll erfüllt werden Es gehe um Rückversicherung der Partner. Es reiche nicht aus, Soldaten in Krisensituationen schnell verlegen zu können. Daher müsse die Präsenz der Allianz im Baltikum und in Polen verstärkt werden. Hierfür will Merkel auf dem Gipfel werben. Die NATO-Staaten wollen die Stationierung von jeweils einem Bataillon mit etwa 1000 Soldaten in den drei baltischen Staaten und in Polen beschließen. Dabei soll die Bundeswehr die Verantwortung für ein Bataillon übernehmen. „Deutschland trägt zu diesen Maßnahmen substanziell bei“, sagte die Kanzlerin. Sie bekräftigte ihr Ziel, dass Deutschland in Zukunft zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) für Verteidigung aufwenden wolle. Diesem Ziel komme unvermindert zentrale Bedeutung zu. Weiter stellte Merkel angesichts der Gefahren durch hybride Kriegsführung als weiteres wichtiges Gipfel-Thema die deutliche Steigerung der nationalen CyberAbwehrfähigkeiten heraus. Merkel bezeichnete die Maßnahmen der NATO als „ein zutiefst defensives Konzept“. Das gelte auch Foto: Bundeswehr/Christian Thiel 4 „Ein zutiefst defensives Konzept“: Bundeskanzlerin Angela Merkel während ihrer Regierungserklärung vor dem NATO-Gipfel. für die Errichtung einer NATORaketen-Abwehr zum Schutz vor ballistischen Raketen, beispielsweise aus dem Iran. Sie sei rein defensiv ausgerichtet – und nicht gegen Russland gerichtet. Merkel: „Abschreckung und Dialog“ gehörten untrennbar zusammen. Sicherheit sei nur mit und nicht gegen Russland zu erreichen. Die Kanzlerin trat deshalb dafür ein, den NATORussland-Rat als wichtiges Gremium der Verständigung zu nutzen. Es wäre nach Einschät- zung der Kanzlerin gut gewesen, wenn Russland das Angebot der Allianz angenommen hätte, vor dem Warschauer Gipfel in diesem Gremium zusammenzukommen. Die Chance dafür bestehe aber auch danach weiterhin. „Unsere Hand für Transparenz und Dialog bleibt ausgestreckt.“ Unterdessen nahm Russland die Einladung der Allianz zum NATO-Russland-Rat an. Das Treffen soll am Mittwoch dieser Woche stattfinden. Mehr auf bmvg.de NATO-Gipfel: Stimmen zur Russland-Strategie D er Vorsitzende der Münchner Sicherheitskonferenz, Botschafter Wolfgang Ischinger, teilt entgegen anders lautender Einschätzungen nicht den Eindruck, die klassische Doppelstrategie aus Verteidigung und Dialogangebot könne aus der Balance geraten. Ischinger sagte anlässlich des NATOGipfels im Deutschlandfunk, der Doppelstrategieansatz der Allianz, der sich schon vor 30 Jahren bewährt habe, setze sich fort. Die NATO halte sich an sämtliche Vereinbarungen. Von Seiten Moskaus werde mit „gewaltigen Propaganda-Argumenten“ gearbeitet, erklärte Botschafter Ischinger. Die bedrohliche Lage für die östlichen Bündnispartner – durch die Ereignisse in und um die Ukraine – sei nicht durch die NATO entstanden. Die Organisation reagiere vergleichsweise maßvoll, mit einer beschränkten, rotierenden Präsenz. Allerdings trat Ischinger dafür ein, stärker den Dialog und die Zusammenarbeit mit Russland zu suchen. Er forderte unter anderem ein gemeinsames Krisenzentrum der NATO und Russlands, um bei einem militärischen Zwischenfall eine Eskalation zu vermeiden. „Je unklarer in einem solchen Krisenmoment die Abläufe sind, desto höher ist die Gefahr von katastrophalen Entwicklungen“, schrieb Ischinger in einem Gastbeitrag bei Spiegel Online. Er regt zudem an, die Visumspflicht für normale russische Bürger aufzuheben; dies wäre das „stärkste Signal andauernder Verbundenheit mit der russischen Bevölkerung“, so Ischinger. Außerdem solle es Stipendien- und Austauschprogramme für Schüler, Studenten und Wissenschaftler geben, um der antideutschen und antiwestlichen Propaganda russischer Medien entgegenzuwirken. Der Präsident der Bundesakademie für Sicherheitspolitik (BAKS), Karl-Heinz Kamp, sagte anlässlich des Gipfels: „Die Allianz ist willens und in der Lage, politisch rasch zu entscheiden und sich militärisch gegen Bedrohungen für das Bündnisgebiet zu wehren“. Kamp betonte, die NATO verfolge stets die Doppelstrategie von Abschreckung und Dialog. „Sicherheit vor Russland und Zusammenarbeit mit Russland sind keine Gegensätze, sondern zwei Seiten der gleichen Medaille“, erklärte er. Deshalb stelle die NATO sicher, dass auch in Konfliktsituationen Gesprächskanäle und Möglichkeiten zur Kooperation auf Feldern des gemeinsamen Interesses erhalten blieben. (eb) EINSATZ / BUNDESWEHR Adler für mehr Sicherheit Fotos: Bundeswehr/Marcus Schaller (3) Neue Fähigkeit am Hindukusch: Um den ScanEagle (l. und o. r.) für die Überwachung einsetzen zu können, werden afghanische Soldaten zunächst in zwei Ausbildungsgängen entweder zum Piloten oder Einsatzkoordinator ausgebildet (u. r.). Masar-i Sharif. Der ScanEagle – zu Deutsch „absuchender Adler“ – ist ein neues Aufklärungsmittel der afghanischen Luftwaffe. Die Drohne ermöglicht die Überwachung zum Schutz der eigenen Soldaten und ist für die afghanische Armee ein großer Gewinn auf dem Weg in die Selbständigkeit. Eine Investition in die Zukunft Bereits seit April 2016 wird der Adler als Aufklärungssystem in die afghanischen Streitkräfte eingeführt. Zeitgleich wurde der erste ScanEagle-Stützpunkt in der südafghanischen Provinz Helmand aufgestellt. Er soll in den nächsten zweieinhalb Jahren mit afghanischem Personal in Betrieb genommen werden. Bis dahin ist es aber noch ein weiter Weg: Im afghanischen Camp Shaheen werden erst seit Kurzem afghanische Soldaten am System ausgebildet. David A. ist einer der vier zivilen Mitarbeiter der Betreiberfirma, die das Ausbildungsprogramm in Masar-i Sharif durchführen – mit Unterstützung durch einheimische Übersetzer. „Eine besondere Herausforderung ist derzeit, dass wir zur gleichen Zeit diese Ausbildungseinrichtung aufbauen und parallel die Ausbildung gestartet haben“, sagt der Ausbildungsleiter. Außer der Ausbildung zum Betrieb und zur Steuerung des Gerätes werden neben Grundfertigkeiten für die Wartung auch Grundlagen der Luftbildauswertung vermittelt. Drei bis vier Monate sind geplant, um den Einsatz des Systems zu erlernen. Davon soll ein Monat ausschließlich dem intensiven Flugtraining dienen. Insgesamt sollen in naher Zukunft vier Ausbildungsklassen unterrichtet werden. Begonnen wurde mit 14 afghanischen Soldaten in derzeit zwei Ausbildungsgängen – zum Einsatzkoordinator und zum Piloten. Die erlernten Fähigkeiten bilden jedoch lediglich eine Basis. Insbesondere für die zum Betrieb erforderliche erweiterte Wartung des Systems und den technische Service ist noch für längere Zeit die Betreiberfirma aus den Vereinigten Staaten verantwortlich. Eine Außenstelle befindet sich im Moment im Train Advice Assinst Comand Noth (TAAC) in Mazar-i Sharif. Aufklärung bei Tag und Nacht „Das System stellt für die afghanischen Streitkräfte eine Möglichkeit zur luftgestützten Aufklärung dar, um das Kampfgeschehen aus einem anderen Blickwinkel beobachten zu können“, sagt US-Major Jason W. aus dem Hauptquartier der Mission Resolute Support in Kabul. Die gewonnen Aufklärungsergebnisse stehen dabei dem „Joint Operation Center“(JOC) im TAAC North in Echtzeit zur Verfügung. In einer Flughöhe von bis zu 6000 Metern kann der ScanEagle mit einer Geschwindigkeit von bis zu 70 Kilometern pro Stunde über 18 Stunden in der Luft bleiben – bei einer Gesamtflugstrecke von bis zu 1200 Kilometern. Das afghanische System wird mit zwei Kamerasystemen ausgestattet sein: Einem elektro-optischen Tageslicht-Kamerasystem mit HD-Zoom-Fähigkeit sowie einem hochempfindlichen InfrarotKamerasystem. Damit werden die afghanischen Streitkräfte erstmals auch über ein eigenes nachtsichtfähiges Aufklärungssystem in der Luft verfügen. „Strong Woman“ bildet Peschmerga aus Kraftfahrausbildung ergänzt das Angebot der Ausbildungsunterstützung im Nordirak. aus ihrer Sicht dann doch etwas Besonderes. Umso mehr staunten die Peschmerga, als Julia K. ein auf der Seite liegendes Fahrzeug mit dem Kran aufrichtete und die schweren Ketten kurzerhand selbst befestigte. „Strong Woman“ heißt sie nun für die Peschmerga. „Die Peschmerga sind wissensdurstig und stellen Fragen. Sie sind trotz der Anstrengungen aufmerksam und finden es cool, dass ich sie als Ausbilderin an technischem Gerät ausbilde“, sagt die Soldatin. Im Vorfeld durchliefen die Auszubildenden eine zweiwöchige Einweisung durch amerikanische Soldaten an den Fahrzeugen Humvee und MRAP. Eine Frau, die zupackt: Stabsunteroffizier Julia K. (r.) bildet in Erbil Peschmerga an technischem Gerät aus (l.). Etwa vierzig Peschmerga werden innerhalb von vier Wochen hinsichtlich technischer Grundregeln, der Fahrzeugausstattung, bis hin zur Bedienung von Aufbauelementen wie einer Krananlage geschult. „Die Peschmerga sind Gao. Deutsche Soldaten des Einsatzkontingentes MINUSMA sind im Norden Malis angegriffen worden. Soldaten der Aufklärungskompanie führten einen ungeplanten Halt nördlich von Gao durch. Dabei wurden sie aus einer Ortschaft mit einer vermutlich großkalibrigen Handfeuerwaffe beschossen. Die Schützen konnten nicht beobachtet und aufgeklärt werden, weshalb das Feuer nicht erwidert wurde. Es wurde niemand verwundet. Die Soldaten kehrten unverzüglich ins Camp nach Gao zurück. (eb) Neue Aufgaben bei Operation Sophia Augusta. Der Bundestag hat die Verlängerung der EU-Operation Sophia um ein Jahr beschlossen. Zu den neuen Aufgaben zählen die Überwachung des Seegebietes und die Ausbildung der lybischen Küstenwache. Die Einsatzkräfte sollen nicht nur gegen Schleuser vorgehen, sondern auch den Waffenschmuggel unterbinden. Spezielle Kräfte sollen dabei unterstützen. Unterdessen brachte eine 22-jährige Nigerianerin an Bord der „Werra“ mit Hilfe der Schiffsärztin einen Jungen zur Welt. Erstmals war 2015 ein Mädchen namens Sophia auf einem Schiff der Marine geboren worden. Sie wurde zur Namensgeberin der EU-Operation. (kzo) Baubeginn für Munitionsdepot Fotos: Bundeswehr/Christian Griem (2) Erbil. Die deutsche Ausbildungsunterstützung im Nordirak umfasst schon lange nicht mehr nur das infanteristische Training der Peschmerga. Neben der Sanitätsausbildung und der Kraftfahrzeug- und Waffeninstandsetzung, wird seit Kurzem auch eine Kraftfahrausbildung angeboten. Hauptfeldwebel Heiko A. wurde als Schirrmeister mit dieser Aufgabe betraut. Neben ihm Stabsunteroffizier Julia K. – eine gelernte Mechatronikerin. Anfangs zeigten sich die Peschmerga etwas irritiert, als Julia K. sich als ihre neue Ausbilderin vorstellte. Weibliche Trainer kannten sie bereits, doch eine Frau als Mechatronikerin – das ist 5 Beschuss deutscher Soldaten Afghanische Luftwaffe erhält mit dem ScanEagle ein nachtsichtfähiges Aufklärungssystem. Von Wilfried Luchtenberg Fotos Marcus Schaller aktuell Foto: Bundeswehr/Bastian Fischborn 11. Juli 2016 absolut motiviert und voll dabei. Es ist ein anderes Arbeiten als in Deutschland, aber es funktioniert gut“, sagt Heiko A. Der erste Kraftfahrerkurs wird in Kürze enden, die Vorbereitungen für den nächsten laufen bereits. (bgä) Koulikoro. Der Grundstein für eine Munitionslagerstätte der malischen Streitkräfte ist gelegt. Gemeinsam gaben der deutsche Botschafter, der malische Verteidigungsminister sowie der deutsche Kommandeur der Mission, Brigadegeneral Werner Albl, Ende Juni den Startschuss für das deutsch-malische Gemeinschaftsprojekt. Sie betonten die verschiedenen Dimensionen der Zusammenarbeit in den Bereichen Sicherheits-, Militär- und Entwicklungspolitik. Noch in diesem Jahr soll die Munitionslagerstätte durch lokale und mittelständische Unternehmen fertiggestellt werden. (kzo) aktuell BUNDESWEHR aktuell 7 Foto: Bundeswehr/Sebastian Wilke 6 Ein Jahr in Mali Zwölf Monate stand EUTM Mali unter deutscher Verantwortung. Die zwei deutschen Mission Commander im aktuell-Interview über das Erreichte, die Ausbildung, die Sicherheitslage und das neue Mandat. MALI EUTM Mali: Ein neues Mandat, ein neuer Auftrag Timbuktu len mobile Beratungs- und Ausbildungsteams an den Standorten der malischen Streitkräfte eingesetzt werden. EUTM Mali arbeitete bislang im weitgehend stabilen Süden Malis: Im Koulikoro Training Coordination Center, in der Hauptstadt Bamako, in Segou, Kati, Sikasso und Bapho. Im neuen Mandat können mobile Ausbildungsteams bis hin zum Nigerbogen um die Regionen Gao und Timbuktu, eingesetzt werden. (kie) Gao Koulikoro Ségou ro c has ka Bamako eh r/D an iel aP der Europäischen Union erreicht. Zuletzt wurde das Mandat des Deutschen Bundestages am 12. Mai 2016 um ein weiteres Jahr verlängert. Im dritten Mandat der EUTM Mali steht zukünftig die Ausbildung und Beratung der malischen Streitkräfte in ihren eigenen Kasernen im Vordergrund. Mit diesem Ansatz sollen qualifizierte Multiplikatoren geschaffen werden, die sich zukünftig eigenständig aus- und weiterbilden können. Dazu sol- Bu nd e sw Die europäische Trainingsmission in Mali (EUTM MLI) umfasste während der deutschen Missionsführung etwa 580 Soldaten aus 29 Nationen, davon fünf Nicht-EUStaaten. Den größten Beitrag leistete Deutschland mit rund 200 Soldaten. Während der Mission wurden insgesamt acht malische Gefechtsverbände – etwa 60 Prozent der Kräfte des malischen Heeres – ausgebildet und damit das Ziel der Mandate 1 (2013-14) und 2 (2014-16) fik : Das zeigt, dass die Mission aner kannt und gesucht ist und unser Wirken Früchte trägt.“ den, ich hatte gute Ausbilder und eine gute Ausbildung und ich habe viel gelernt, was ich künf tig genauso machen möchte.‘ Das wichtigste Feedback waren für mich immer die Motivation und der Einsatzwille der malischen Soldaten.“ Wie war die Situation bei EUTM MLI, als Sie das Kommando am 3. Juli 2016 an Ihren belgischen Nachfolger übergeben haben? Albl: „Ich habe n meinem Stab schon gesagt, dass ich meinem Nachfolger ‚den Staffelstab im laufenden Rennen übergeben möchte‘ und ich denke, dass diese Metapher die Gesamtsituation der Mission sehr treffend beschreibt. Wir haben die Entwicklung des neuen Mandats für EUTM MLI bis zum Inkrafttreten gemeinsam mit unseren malischen Partnern auf den Weg gebracht. Wir haben uns für einen neuen Auftrag in einem erweiterten Mandatsge biet neu aufgestellt. Es ist uns gelungen, inner halb eines Welches Feedback haben Sie von den malischen Soldaten auf die Arbeit der deutschen Soldaten bekommen? Pfrengle: „Immer ein positi ves. Dazu ein kleines Beispiel: Ich fragte einen malischen Stabsunteroffizier im Rahmen der Mörserausbildung, was er nach Hause mitnehmen würde, wenn er drei Dinge in seine Tasche packen dürfte. Er sagte: ‚Ich bin hier gut behandelt wor Monats die erste dezentra lisierte Ausbildungs und Bera tungsmission in Segou zu begin nen. Damit ist der Startschuss für einen der Schwerpunkte der neuen Mandatsperiode gegeben. Die Fragen stellte Victoria Kietzmann Foto: Bundeswehr/EUTM Mali konnten Sie für die Ausbildung des malischen Militärs verzeichnen? Albl: „Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache. EUTM Mali hat acht malische Gefechts verbände – insgesamt rund 8000 Soldaten – ausgebildet. Dies entspricht rund zwei Drit tel der gesamten malischen Land streitkräfte. Wir erleben tagtäg lich, welche großen Fortschritte unsere Partner machen. Die Malier erkennen und formulie ren zunehmend ihren vorrangi gen Ausbildungsbedarf selbst, und sie kommen damit auf uns zu. Foto: Bundeswehr/Dirk Bannert Foto: Bundeswehr/Knut Klein Gerade wegen der weiterhin instabilen Sicherheitssituation im Land – welche Fortschritte a Gr an m etz Mali gilt als eines der gefährlichsten Einsatzländer der Bundeswehr. Wie hat sich in der Zeit Ihrer Anwesenheit die Gefahrensituation im Land und für die Soldaten von EUTM MLI entwickelt? Pfrengle: „Während meiner Zeit als Mission Commander hat ten wir in Bamako den Anschlag auf das Hotel Radisson Blu, das knapp zwei Kilometer vom Mis sion Headquarters entfernt liegt. Wir haben unsere Sicherheitsvor kehrungen angepasst und weiter gemacht. Eine andere Qualität ist es natürlich, wenn, wie in der Zeit von Brigadegeneral Albl, das Mission Headquarter direkt ange griffen wird.“ Albl: „Wir selbst haben es Mitte März quasi am eigenen Leib erfahren, als unser Headqua ter in Bamako angegriffen wurde. Grundsätzlich gilt für mich aber: Wir leben und arbeiten in einem Umfeld, in dem wir mehr als willkommen sind – EUTM Mali genießt allerorten höchstes Anse hen. Klar ist aber auch: Terror anschläge auf unsere malischen Partner und die hier arbeitende internationale Gemeinschaft blei ben jederzeit möglich. Aber ich habe gerade am 21. März bei der Abwehr des Angriffs auf unser Hauptquartier ein hervorragen des Team von Profis aus ganz Europa erleben dürfen.“ Ki Warum ist die Arbeit der mobilen Ausbildungs- und Beratungsteams in der Fläche gemäß des neuen Mandats von so großer Bedeutung? Albl: „Die dezentralisierte Ausbildung und Beratung mar kiert einen Wendepunkt in der Geschichte der Mission. Nach der Truppenausbildung kommt nun der logische nächste Schritt: die Befähigung des malischen Führer und Unterführerkorps, Soldatinnen und Soldaten selbst auszubilden. Dafür gehen wir nun in die Fläche an die mali schen Standorte, um dort vor Ort, wo die Soldaten leben und die nen, qualifizierte Multiplikato ren im Sinne der Nachhaltigkeit zu schaffen.“ ria li Ma Was waren mit der Übernahme der Verantwortung als Mission Commander die größten Hürden? Pfrengle: „Vor Ort war die größte Herausforderung, gemein sam mit der malischen Seite Wege zu finden, um das Man dat 2 erfolgreich zu erfüllen. Eine weitere Herausforderung war es, während der ersten Schritte zum Mandat 3 kein Planungs und Koordinierungselement in Brüssel zu haben. Andererseits hatte ich so eine Handlungsfrei heit, wie ich sie noch nie zuvor hatte. Das war herausfordernd und gleichzeitig schön.“ Welche Auswirkung wird das neue und dritte Mandat haben? Albl: „Wir werden nicht mehr die großen Truppenteile in unse rem Ausbildungscamp in Kou likoro sehen, sondern uns auf das Führungskräftetraining in der Fläche fokussieren. Mit der Ausbildung von malischen Truppen, in welche ehemalige Angehörige der Rebellengruppen integriert sein können, werden wir auch einen wichtigen Bei trag zum Reform und Frie densprozess in Mali leisten können. Zwei Aspekte haben jedoch Bestand: Wir werden eine reine Ausbildungs und Beratungsmission bleiben. Und, im Falle einer Abwägung zwi schen der Erfüllung des Auftra ges und der Sicherheit unserer Soldaten, wird letztere immer überwiegen.“ to Vic TM EU Warum war es etwas Besonderes, als Sie am 28. Juli 2015 das Kommando über EUTM MLI von ihrem spanischen Vorgänger übernommen haben? Pfrengle: „Wir haben ja bereits 2006 für die Europäische Union den Einsatz zur Absicherung der Wahlen in der Demokrati schen Republik Kongo geführt. Das Besondere am Einsatz in Mali aber war, dass Deutsch land zum ersten Mal die Führung einer langfristig angelegten EU Mission auf dem afrikanischen Kontinent übernommen hat.“ hr/ eswe Foto: Bund hr/ eswe Foto: Bund Trainings mission in Mali (EUTM MLI) an seinen belgi schen Nachfolger übergeben. Übernommen hatte Brigadege neral Albl die Verantwortung im Dezember von Brigadegeneral Franz Xaver Pfrengle. Damit hat Deutschland ein knappes Jahr die Führung für EUTM Mali gestellt – und damit deutlich machen können, dass die Bun desrepublik großes Interesse an der dauerhaften Stabilisierung des Landes hat. Im Mai wurde das Mandat für die Aus bildungsmission verlängert. Damit einher gehen neue Aufträge: Das Mandats gebiet wurde erweitert, die Ausbildung wird dezentralisiert. In Bundeswehr aktuell sprechen die beiden deutschen Mission Commander über den Verlauf der EU Mission, Erfolge, Herausforde rungen sowie persönliche Erleb nisse und ziehen Bilanz. Foto: Bundeswehr/Jana Neumann Bamako. Am 3. Juli hat Bri gadegeneral Werner Albl die Verantwortung als Mission Commander der europä ischen Ausbildung im Süden Malis: Deutsche Soldaten übernehmen seit 2013 Anteile der Ausbildung malischer Soldaten (l. u. 4. v. l.). In Koulikoro, direkt am Niger gelegen, bilden sie in „Ghost City“ auch ihre malischen Kameraden im Orts- und Häuserkampf aus (2. v. l.). Die Ausbildung malischer Führungskräfte (3. v. l.) ist auch Teil des dritten Mandats seit Mai 2016. 8 aktuell BUNDESWEHR 11. Juli 2016 Grüne Tiger greifen an Jägerbataillon 1 richtet Militärpatrouille aus: Niederländische Panzergrenadiere im Wettstreit mit deutschen Jägern. Die letzte Station der Militär patrouille führt zur Schießan lage des Standortes. Hier heißt es: Mit Gewehr und Pistole auf unterschiedliche Entfernungen konzentriert perfekte Schieß leistungen zu zeigen – das nach all den bisherigen Heruasfor derungen. „Sich innerlich zur Ruhe zu zwingen, tief durch zuatmen und auf das Erlernte zu vertrauen“ funktioniere ganz gut, erklären die niederländi schen Grenadiere. Schwarzenborn. Aus den Laut sprecherboxen auf dem Appell platz im hessischen Schwarzen born hämmert der Song „Eye of the Tiger“. Oberstleutnant Karsten Krämer stimmt seine Jungs und Mädels auf einen „har ten Tag“ ein. „Die Kräftigsten, Besten und Schnellsten holen heute alles aus sich heraus“, erklärt Krämer. Körperlich abso lut leistungsfähig, fit im Kopf und Teamplayer in jeder Situa tion seien die Eigenschaften, die den Jäger auszeichneten. In weni gen Minuten beginnt die Militär patrouille des Jägerbataillons 1. Die grünen Tiger, wie sich die Jäger nennen, wollen ihr Können unter Beweis stellen. Neben den acht Mannschaften des Batail lons starten sieben weitere Teil nehmergruppen. Auch niederländische Soldaten sind dabei „Altyd vooraan – immer vorne“ ist das Motto der niederländischen Mannschaft aus dem 44. Pantserin fanteriebataljon (dt. Panzergrena dierbataillon) aus Havelte. Mann schaftsführer Frank Slager meint: „Man kennt sich. Es ist toll, mit dabei sein zu dürfen.“ Während der Vorbereitung auf die Bereit schaftsphase der European Battle group haben sie mit den Schwar zenborner Jägern bereits eng zusammengearbeitet. „Mit solchen Fotos: Bundeswehr/JMarco Dorow (4) Von Rene Hinz Fotos Marco Dorow Los gehts: Die Sechs-Mann-Teams (o. l.) messen sich unter anderem in der Gewässerüberquerung (o. r.) und im Ziehen eines Wolfs (u. l.) – nach sechs Stationen und gut elf Kilometern ist das Ziel (u. r.) erreicht. Wettkämpfen entwickeln wir noch mehr gegenseitiges Verständnis“, so der junge Feldwebel. Die Strecke ist gut elf Kilometer lang und sechs Stationen fordern Wissen, Koordination und Zusam menarbeit. Im Abstand von zwan zig Minuten starten die sechs köpfigen Mannschaften. Bergige Passagen und der rund fünfzehn Kilogramm schwere Rucksack gehen an Kondition und Muskel kraft. Zunächst gilt es, mit dem Zweimannschlauchboot gut vier hundert Meter auf dem Knüllteich des Übungsplatzes überzusetzen. Eilig koordiniert sich die Mann schaft, schon gleiten die kleinen Boote ins Wasser. Gleichgewicht halten und schnell voranzukom men sei das Ziel. Noch wichtiger sei aber, nicht ins Wasser zu fal len. Das koste Zeit und die nassen Klamotten am Körper würden die kommenden Kilometer ungemein erschweren, so der Leitende an der Station. Nach sieben Minuten auf dem Wasser geht es im Laufschritt weiter. Es folgen körperlich for dernde Stationen wie „Wolf Zie hen“ oder „Maßnahmen an einer Unfallstelle“. Können und Wissen auf einem ganz anderen Gebiet fordern die nächsten Statio nen. Oberleutnant Sascha Einig, Zugführer aus der 3. Kompa nie, muss mit seiner Gruppe Fragen zur Allgemeinbildung und zum aktuellen weltpoliti schen Geschehen bis hin zur FußballEuropameisterschaft beantworten. An der Station „Giftig oder ungiftig“ gilt es, 16 verschiedene Pflanzen und Tiere zu identifizieren und nach giftig oder ungiftig zu unter scheiden. Was beim Fliegenpilz noch relativ eindeutig erscheint, wird bei der giftigen Dornen fingerspinne schon schwieriger. Fordernd bis an die Leistungsgrenze „Ich ziehe vor ihnen allen den Hut. Wir sind bis an Leistungs grenzen heran und teilweise sogar darüber hinausgegangen.“ Oberst leutnant Krämer zeigt sich stolz auf die Leistungen seiner Solda ten. Ein großes Grillfest beschließt den anstrengenden Tag. Die Gruppe der 4. Kompanie war die Schnellste. Hauptfeld webel Martin Fehrl war mit seinen Kameraden nach einer Stunde und 34 Minuten im Ziel. „Wir waren gut unterwegs und haben unsere Aufträge mit kühlem Kopf abge arbeitet“, erklärt er zurückhaltend. Somit geht der Wanderpokal bis zur nächsten Militärpatrouille an die 4. Kompanie. Youtube: „Auch im Einsatz in Gao: deutsch niederländische Zusam menarbeit setzt Maß stäbeBundeswehr“. Wir kämpfen – weij fechten Lohheide. Ohrenbetäubender Lärm ist keine Seltenheit in einem Panzerbataillon. Jetzt schallten keine Kettengeräusche oder Schießlärm am Standort Lohheide, sondern erstmalig erklang lautstark der Schlachtruf des Panzerbataillons 414: „Wir kämpfen – für Deutschland; Weij fechten – voor Nederlands; Panzer – Hurra.“ Das gesamte Panzerbataillon war zum ersten Bataillonsappell angetreten. Das am 1. Oktober 2015 neu aufgestellte Panzerbataillon ist seit März der niederländischen 43. Mechanisierten Brigade unterstellt. 25 Prozent der Sol daten sind Niederländer. Anfang Juni erst waren die ersten Kampf panzer Leopard 2A6 im nieder sächsischen Lohheide eingetrof fen. Bis Ende des Jahres soll die Aufstellung des Verbandes abge schlossen sein. Foto: Bundeswehr/Sabrina Gerth Für Deutschland – voor Nederlands: Binationales Panzerbataillon 414 tritt zum ersten gemeinsamen Appell an. Eigens komponiert: Das niederländische Musikkorps präsentiert den Marsch „Panzerbataillon 414“. Oberstleutnant Marco Nie meyer nutzte die Gelegenheit, um in seiner Ansprache den zahl reichen Unterstützern für ihr Engagement bei der Aufstellung des Verbandes zu danken. Sein besonderer Dank galt dabei Bri gadegeneral Gunter Schneider, Kommandeur der Panzerlehr brigade 9, der mit seinen Soldaten eine unverzichtbare Anschubleis tung für die Aufstellung erbracht hat. Stellvertretend für alle Ange hörigen des BundeswehrDienst leistungszentrums Bergen wurde Oberregierungsrat Olaf Lentzen begrüßt und der herausragende Servicegedanke seines Dienst leistungszentrums mit dem Prä dikat „einfach Klasse“ versehen. „Endlich ist es soweit. Sie sind hier. Das Bataillon ist angetre ten. Lassen Sie uns in großen Schritten die Einsatzbereitschaft unseres Bataillons herstellen!“, forderte Niemeyer auf. Den besonderen Moment eines ers ten Bataillonsappells ließ sich auch der Kommandeur der nie derländischen 43. Mechanisierten Brigade, Brigadegeneral Jan Renger Swillens, nicht nehmen. Seine Begeisterung über die hohe Geschwindigkeit der deutsch– niederländischen Integration und seine Zuversicht auf ein funkti onierendes binationales Panzer bataillon bestimmten die Worte seiner Ansprache. Der Brigadekommandeur hatte für seine Soldaten aber auch eine kleine Überraschung im Gepäck. Anlässlich der Indienststellung des Panzerbataillons 414 wurde durch den ehemaligen Leiter des niederländischen Musikkorps der Marineinfanterie, Major a. D. Gert Buitenhuis, eigens ein Marsch komponiert. Und so konnte Brigadegeneral Swillens mit den Worten: „Führer Musik korps, ich bitte Sie, den Marsch ‚Panzerbataillon 414’ zu spielen“, die Uraufführung des Musik stückes veranlassen. (sch) 11. Juli 2016 ZOOM aktuell 9 Pfad-Finder im All Genaue Positionsbestimmung: Satellitennavigation liefert präzise Daten weltweit rund um die Uhr. NAVSTAR-GPS war lange Zeit das einzige globale Navigationssystem. In den Siebzigerjahren vom US-Militär entwickelt, ist es seit 1995 auch für die weltweite zivile Nutzung freigegeben. Andere Länder haben inzwischen eigene Systeme entwickelt. Der Aufbau des russischen GLONASS begann ebenfalls in den Siebzigern, 1996 waren alle 24 Satelliten im Erdorbit. Das System GALILEO der EU, das primär zivilen Zwecken dient, ist seit 2003 geplant. Mit dem vollen Betrieb ist laut European Space Agency nicht vor 2020 zu rechnen. Seit 2007 bringt auch China Satelliten für sein zukünftiges System BEIDOU ins All. Allgemein werden solche Systeme nun als „GNSS“ für „Global Navigation Satellite System“ bezeichnet. Mit vier Satelliten und Referenzstationen am Boden steigt die Genauigkeit des GPS in den Zentimeterbereich. er per Auto oder Flugzeug seinen Weg sucht oder das Wettkampfgeschehen beim Segelflug nachvollziehen will, dem bietet die moderne Satelliten navigation beste Voraussetzungen: Dank mobiler Navi gationssysteme kann sie heutzutage jeder nutzen. Vor wenigen Jahren kostete solch ein Gerät noch gut 200 Euro. Inzwischen gibt es das globale Positionsbestim mungssystem oder Global Positioning System, geläu fig als Abkürzung GPS, quasi umsonst – als Bestand teil jedes Smartphones und in unzähligen anderen mobilen Geräten. Die Navigation per Handy durch fremde Stadtgebiete ist heute so selbstverständlich wie Telefon und Internet. Auch die Bundeswehr stützt sich auf GPS. So gut wie jedes Gefechtsfahrzeug ist damit ausgerüstet. Soldaten bestimmen den Standort nicht nur von Kriegsschiffen und Kampfflugzeugen per GPS, sondern auch Droh nen und Lenkwaffen sind auf GPS angewiesen. Fall schirmjäger nutzen statt Landkarte und Kompass seit den Neunzigerjahren die Satellitennavigation, um bei Gleitschirmsprüngen ihre eigene Position zu bestim men. HobbyLäufer und Radfahrer erstellen Tracks per GPSDatenlogger. Weltweit bewirtschaften GPS- gesteuerte Maschinen in bisher unerreichter Präzision bodenschonend landwirtschaftliche Großflächen und steigern die Ertragsleistung. 24 GPS-Satelliten kreisen in 20 200 Kilometern Höhe Möglich ist das durch den Einsatz von 24 GPS Satelliten, dazu einigen in Reserve, die in 20 200 Kilome tern Höhe um den Planeten kreisen. Kontrolliert werden sie von fünf am Äquator verteilten Bodenstationen. Sie sorgen übrigens auch dafür, dass die hochpräzisen Atom uhren der Satelliten exakt synchron laufen. Von nahezu jedem Punkt der Erde aus und rund um die Uhr können GPSSignale von sechs bis zwölf Satelliten empfangen werden. Für eine Ortung sind mindestens drei Satelliten erforderlich: Jeder Satel lit sendet permanent ein kodiertes Signal mit seiner Kennung, genauen Position und Uhrzeit aus. „Da der Satellitensender in alle Richtungen des Raumes sen det, formt er quasi eine ‚SignalKugel‘ um sich herum“, erklärt Eberhard Wassermann, Physiker an der Uni versität Duisburg. Ein Empfänger auf der Erde, der Foto: Bundeswehr/Stephan Ink W die Signale drei verschiedener Satelliten empfängt, kann anhand der unterschiedlichen Laufzeiten seine Position bestimmen. Die minimalen Unterschiede kann die Uhr des Empfängers aber nur grob messen: Handelsübliche GPSEmpfänger oder Smartphones haben keine Atom uhr – die wäre zu schwer und zu teuer. In ihnen läuft eine Quarzuhr, welche die Sende und Ankunftszei ten der Signale nur auf etwa eine tausendstel Sekunde genau vergleichen kann. In dieser kurzen Zeitspanne legt das Signal aber 300 Kilometer zurück. Entspre chend grob wäre die Positionsbestimmung. Darum ist ein vierter Satellit erforderlich: Mit seinem Signal kann die Elektronik den Fehler bis auf rund 15 Meter genau korrigieren. Referenzstationen korrigieren Abweichungen Weitere Fehlerquellen sind Streueffekte in der Atmo sphäre, die zu Abweichungen von bis zu 150 Metern führen könnten. Auch dieser Fehler lässt sich beheben: Rund um den Erdball verteilt gibt es fest installierte Referenzstationen, die die Korrekturwerte per Funk oder Internet an alle GPSEmpfänger der Umgebung übertragen. Je nach Qualität von Signal und Empfän ger sowie der Distanz zur Referenzstation lässt sich so eine Präzision von wenigen Metern oder gar Zentime tern erreichen. In der Landvermessung werden sogar Korrektursignale verwendet, die für millimetergenaue Präzision sorgen. Weitere kleinere Ungenauigkeiten ergeben sich durch Schwankungen in der Erdanzie hung, Abweichungen der Satellitenbahnen von der Idealkurve sowie durch Signalreflektionen etwa an Bergen und Meeren. Durch mehr Satelliten und aufwändigere Technik ließe sich die Präzision von GPS auch für herkömm liche Zwecke bis in den Millimeterbereich verbes sern. Selbst innerhalb von Gebäuden. Dann wäre es nach Wassmanns Einschätzung sogar möglich, damit zu bestimmen, ob ein Billardtisch schief steht. Die nächste Generation von GPSSatelliten und das im Aufbau befindliche europäische System GALILEO werden Fortschritte bringen. Die USA und die EU denken auch darüber nach, ihre Systeme zu kombinie ren. Weitgehend kompatibel sind sie jedenfalls. „Das würde die Genauigkeit der Ortsbestimmung revoluti onieren“, sagt Wassermann. Foto: Bundeswehr/Detmar Modes Von Jan Berndorff GPS bei der Bundeswehr: Ein Gerät vom Typ AN/PSN-11 im Einsatz im Kosovo. Mitte: Teil des Satzes „Infanterist der Zukunft“ ist ein GPS-Gerät. Rechts: Ein GPS-Empfänger dient den Fallschirmjägern bei einer Übung als Backup. Foto: Bundeswehr/Gerrit Burow Präzision im Verbund Grafik: Bundeswehr/Benjamin Hintze Satellitennavigation weltweit 10 aktuell SPORT 11. Juli 2016 Das Superschwergewicht Almir Velagic kam als Flüchtling nach Deutschland – jetzt startet er als Sportsoldat bei den Olympischen Spielen. Kienbaum. In einer vom Doping verseuchten Sportart wollen Hauptfeldwebel Almir Velagic und seine Kameraden bei den Olympischen Spielen mit fairen Mitteln um Medaillen kämpfen. Velagic gilt im Gewichtheben als Deutschlands größte Medaillenhoffnung. Der 34-jährige Sportsoldat konzentriert sich jedoch mehr auf die Last der Gewichte als auf die Last der Erwartungen: „Etwas Druck verspüre ich schon, aber zu viel Druck darf man sich nicht aufladen, sonst macht man sich nur kaputt“, sagt er. In den Erholungsphasen zwischen den Trainingslagern und Wettkämpfen kümmert er sich vor allem um seine Familie. „Das Abschalten ich damals in der Schule saß, als plötzlich Granaten in der Nähe einschlugen und die Fenster zum Wackeln brachten.“ Im bayrischen Kaufbeuren, wo sein Vater schon als Gastarbeiter tätig war, fand seine Familie eine neue Heimat. Training ohne Lagerkoller Nun, zweieinhalb Jahrzehnte später, trainiert der Familienvater im Bundesleistungszentrum Kienbaum für seinen großen Traum von einer Medaille in Rio. Gemeinsam mit seinen Kameraden von der Sportfördergruppe Bruchsal stemmt er unter Leitung von Bundestrainer Oliver Caruso die Hanteln. Um im Trainingslager keinen Lagerkoller zu bekommen, gönnen sich die starken Männer ab und zu mal einen Tag im nahen Berlin. Zur Mannschaft für die Olympischen Spiele gehören neben Velagic auch Stabsunteroffizier Alexej Prochorow, ebenfalls Superschwergewichtler, sowie Hauptfeldwebel Jürgen Spieß in der Gewichtsklasse bis 105 Kilogramm und Hauptgefreiter Nico Müller bis 77 Kilogramm. Sie alle haben sich ihr Ticket nach Rio bereits bei der Europameisterschaft im April gesichert. Wegen der laufenden Dopingverfahren gegen Russland, Weißrussland und Kasachstan kann sich Deutschland sogar noch Hoffnung auf einen weiteren Startplatz machen. Stabsunteroffizier Max Lang könnte dann in der Gewichtsklasse bis 77 Kilogramm noch zur Mannschaft hinzustoßen. Viele schwarze Schafe in den letzten Jahren Fotos: Bundeswehr/Christian Thiel (5) Von Markus Theis Fotos Christian Thiel Seit 1992 Gewichtheber: Hauptfeldwebel Almir Velagic startet mit mehr als 105 Kilogramm im Superschwergewicht. Dass im Gewichtheben mit unfairen Mitteln gearbeitet wird, zuhause fällt mir ziemlich leicht, denn meine zweijährigen Zwillinge halten mich ganz gut auf Trab.“ Velagic, der gebürtig aus dem heutigen Bosnien stammt, spricht mit bayrischem Akzent. Seine Familie floh einst vor den Wirren der Balkan-Kriege nach Deutschland. „Ich kann mich noch genau daran erinnern, wie stellt sich immer wieder heraus. Nach den Olympischen Spielen in London wurde vier Gewichthebern im Nachhinein die Medaille aberkannt. „Wenn alles fair abgelaufen wäre, hätte ich in den letzten Jahren wahrscheinlich die eine oder andere Medaille mehr erringen können“, sagt Velagic. Er konzen- triere sich auf seine eigene Leistung, um den Rest müsse sich die Welt-Anti-Doping-Agentur kümmern. Velagic hofft, dass die regelwidrigen Vorteile, die sich andere Athleten verschaffen, ausgeglichen werden können. „Die technischen Analysemethoden, die Ernährung und auch die Unterstützung der Bundeswehr, durch die ich mich voll aufs Training konzentrieren kann – das alles kann dazu beitragen.“ Velagic wird seinen 35. Geburtstag auf dem Rückflug aus Brasilien feiern. Wenn alles fair zugeht, werden er und seine Kameraden vielleicht noch einen weiteren Grund zum Feiern haben. Fünffach stark Die Sportsoldaten Annika Schleu und Patrick Dogue treten im Modernen Fünfkampf an. EM-Einzel und ging einzig in der Mixed-Staffel an den Start. Auch die Gedanken des zweimaligen deutschen Meisters kreisen bereits fast nur noch um sein Olympia-Debüt: „Für mich wird ein Lebenstraum wahr.“ Als Sportsoldaten treten Schleu und Dogue historisch betrachtet in einer maßgeschneiderten Sportart an. Denn den Mix aus Fechten, Schwimmen, Reiten, Schießen und Laufen (Combined) entwickelte 1909 der französische Wiederbegründer der Olympischen Spiele Baron Pierre de Coubertin, um die Spiele in den damals oft noch militärisch geprägten Gesellschaften auch für Offiziere attraktiv zu machen. Für Schleu indes bilden andere Gründe als Tradition den Reiz: „Ich kann mir nicht vorstellen, vier Jahre für Olympia für 100 Meter Schwimmen zu trainieren, und dann ist das Rennen womög- lich schon wegen einer Zehntelsekunde in der Reaktion beim Start gelaufen. Wir dagegen sind den ganzen Tag gefordert.“(kra) Foto: Bundeswehr/Dirk Dehmel (2) Schon ganz auf Rio fokussiert dienten die Wettkämpfe in Bulgariens Hauptstadt den beiden Pentathleten ohnehin nur als Zwischenstation. Zwar gehörte für Schleu eine EM-Einzelmedaille vor dem Balkan-Trip zu den noch unerreichten Zielen, doch so kurz vor Olympia standen für die mehrfache Staffel- und Teamweltmeisterin Wettkampfpraxis und Formüberprüfung im Mittelpunkt: „Ich möchte in Rio eine Top-Ten-Platzierung erreichen“, sagte die Fünfte der Weltrangliste. Dogue, der nach seinem glänzenden zweiten Platz beim Weltcup-Finale im US-amerikanischen Sarasota als Nachrücker die Rio-Qualifikation geschafft hatte, verzichtete sogar auf das Foto: Bundeswehr/Susanne Poßner Sofia. Die Reise zur Europameisterschaft (EM) der Modernen Fünfkämpfer in Sofia hat die Sportsoldaten Stabsunteroffizier Annika Schleu und Hauptgefreiter Patrick Dogue vergangene Woche von Berlin und Potsdam zunächst in die Emmich-Cambrai-Kaserne nach Hannover geführt – und plötzlich war Rio de Janeiro schon ganz nah. Der Umweg zur offiziellen Einkleidung für die Olympischen Spiele machte trotz der gleichzeitig schon eröffneten Titelkämpfe die Prioritäten deutlich – und Spaß. „Vier Stunden wie Powershopping“, kommentierte Schleu die Verteilung der Olympia-Kollektion. Zwangsläufig rückte die EM in die Ferne: „Die Vorfreude auf Rio steigt.“ Fünfkämpfer: Annika Schleu (o. u. l.) und Patrick Dogue (r.). 11. Juli 2016 SOZIALES / PERSONAL aktuell 11 Flexibel arbeiten Passend zum Leben: Bei der Bundeswehr gibt es viele Möglichkeiten, die Arbeitszeiten anzupassen. Köln. Telearbeit? Darüber hat Oberleutnant Christian Topmöller früher noch nicht mal nachge dacht. Bei der Heeresflugab wehr war er ständig unterwegs – Lehrgänge, Rekruten ausbilden, Überstunden. Als Soldat steht der Dienst immer an erster Stelle. Dachte er. Bis zur Geburt seiner Tochter. „Ich habe das schlag artig gespürt, dass ich als Vater noch eine andere wichtige Ver antwortung habe“, sagt der 34Jährige. Soldat ist Topmöller noch immer. Doch dass sich glückli ches Privatleben und gewissen hafter Dienst nicht ausschließen, sondern sogar bedingen, das hat der Oberleutnant inzwischen gelernt. Um beides besser ver einbaren zu können, hat Topmöl ler bei seinem Vorgesetzten beim Personalmanagement der Bun deswehr Köln einen Antrag auf Telearbeit gestellt. Jetzt arbeitet er drei Tage pro Woche zu Hause in Willich bei Düsseldorf und spart sich so jeden Tag zwei Stun den Pendelei. „Meine Frau ist selbstständig und viel auf Rei sen. Wenn ich meine Tochter in den Kindergarten bringen und von dort abholen musste, bin ich später zum Dienst erschienen und früher gegangen“, berichtet Top möller. Stunden, die er zu Hause Grafik: Bundeswehr/Eva Pfaender Von Julia Weigelt dann nacharbeiten musste. Heute hat sich die Situation deutlich entspannt. Nur noch zwei Tage pro Woche ist er im Personalamt in Köln – und das hat Auswirkun gen. „Ich spüre, dass ich ein enge res Verhältnis zu meiner Tochter bekommen habe, was mich sehr freut“, sagt Topmöller. Nachdem ihm klar geworden war, dass er von zu Hause aus arbeiten möchte, sprach er sei nen Vorgesetzten an und schil derte seine Situation. „Er hat mit viel Verständnis reagiert“, sagt der 34Jährige. Er lud schließ lich die passenden Anträge im Intranet runter, füllte sie aus und reichte sie ein. Parallel zur Telearbeit beantragte der Offi zier einen mobilen Arbeitsplatz – das geht schneller. Den siche ren Laptop mit Zugriff auf alle Dokumente hat er schon. „Und einen Bürostuhl“, sagt Topmöller und lacht. Auf einen Desktop Rechner, Telefon und Drucker wartet er noch. „Hauptsache, ich habe jetzt mehr Zeit für meine Familie und kann trotzdem meine Pflichten als Soldat erfüllen“, sagt Topmöller. Auch der Dienstbeginn ist flexibel Diese Situation kennt Haupt feldwebel Julia Neschen nur zu gut. Als sie vor vier Jahren Mut Teilzeit- und Telearbeit – auch ohne besondere Gründe möglich Seit Jahresbeginn können Bundeswehrangehörige auch ohne besondere Gründe Teilzeit- und Telearbeit beantragen. Die Bewilligungszahlen sind in den vergangenen Monaten bereits um zehn Prozent gestiegen. Auch immer mehr Männer nehmen diese Angebote in Anspruch. Aber auch in Zukunft wird es Fälle geben, in den denen Teil- zeitarbeit oder Telearbeit nicht möglich ist. Bei Telearbeit werden die Arbeits- und Präsenzzeiten nach Maßgabe der geltenden Gesetze individuell zwischen Vorgesetzten und Antragstellern vereinbart. In der Bundeswehr gibt es rund 1800 Telearbeiter, darunter 600 Soldaten. Für mobiles Arbeiten stehen rund 3000 Laptops zur Verfügung. ter einer Tochter wird, reduziert sie ihre Arbeitszeit als Sachbear beiterin beim Personalmanage ment der Bundeswehr auf 70 Prozent. „Mein Mann arbeitet im Schichtdienst, jeden Tag zu anderen Zeiten, und die Kita hat nicht ewig auf“, erklärt Neschen ihre Situation. Durch ihre Teil zeitstelle kann sie Familie und Dienst deutlich besser vereinba ren. Inzwischen ist ihre Tochter vier – Neschen hat ihre Arbeits zeit wieder auf 90 Prozent anhe ben lassen. Ebenfalls hilfreich ist für die Soldatin der flexible Dienstbe ginn. „Ich habe eine Kernzeit von neun bis elf Uhr. Dann bin ich für Besprechungen oder Anrufe auf jeden Fall am Platz“, sagt die 33Jährige. Ob sie aber von sechs bis 14 Uhr oder von acht bis 16 Uhr arbeitet, kann sie frei wählen. Inzwischen gibt es in ihrem Referat vier Teilzeitkräfte – und der Dienst läuft gut. „Die Vorgesetzten werden durch diese Regelung flexibler und geben den Soldaten mehr Eigenverantwor tung – das finde ich Klasse“, sagt Neschen. Auf die Bedürfnisse der Mitarbeiter eingehen zu können, das sei aus ihrer Sicht eine wich tige Qualität von Vorgesetzten. „Wenn ich das spüre, dann moti viert mich das“, sagt die Soldatin. Sie hat sich entschieden, Berufs soldatin zu werden. Hauptsache Seemann Obermaat Maurice Reinhold: Mit dem Eintritt in die Bundeswehr erfüllt sich sein Traum. Wie können Sie am besten entspannen? Im Sonnenstuhl an Bord. Mit wem würden Sie gern einen Monat lang tauschen? Mit einem Seenotretter. Was treibt Sie an? Mein Wunsch, Seefahrer zu werden. Foto: Bundeswehr/Nicole Kubsch Parow. Zur See fahren wollte Obermaat Maurice Reinhold schon immer. Zumindest soweit er sich erinnern kann. Bevor er diesen Weg einschlug, stand allerdings erstmal eine zivile Berufsausbildung an – zum Flachglasmechaniker. Durch aus ein schöner handwerkli cher Beruf, doch für den jungen Reinhold nicht die Erfüllung seiner Träume. Ihn zieht es aufs Meer. Er will die See befahren und so die Welt kennenlernen. Heute ist Maurice Reinhold Zeitsoldat an der Marinetechnik schule, sein Fachbereich ist die Verwendungsreihe 46 – Elek troniker für Geräte und Systeme. Solche Leute werden schließlich immer an Bord gebraucht. Die Berufsausbildung erfolgt in der Marinetechnikschule. Wenn er die Prüfungen besteht, hat Reinhold seinen Facharbei terbrief in der Tasche und kann endlich an Bord eines Marine schiffes. „Das Leben an Bord ist spannend und es besteht ein ganz besonderes Gemeinschaftsgefüge dort. Man muss sich aufeinander verlassen können, es zählt der Zusammenhalt“, sagt Reinhold. In der zivilen Schifffahrt fah ren die Matrosen oft nur in Form einer Stippvisite in einen Hafen ein. Das reicht Reinhold aber nicht aus. Er möchte mehr sehen von der Welt, von anderen Län dern, und er möchte vor allem die Leute kennenlernen. Deshalb will er mit der Marine zur See fahren. Seine Wunschziele sind Afrika und die skandinavischen Länder. Nach seiner Ausbildung und den erfolgreich beendeten Prüfungen soll es Ende 2017 für Reinhold endlich auf den Einsatzgruppen versorger „Berlin“ gehen. Auch in seiner Freizeit beschäf tigt sich der junge Soldat mit Teil chenkunde. In der AG Modell bau bastelt er an ferngesteuerten schwimmfähigen Schiffsmodel len. Schiffsrumpf, Technik und viele Feinheiten entstehen alle samt in Handarbeit. (kub) Was wäre Ihre berufliche Alternative? In der zivilen Seefahrt unterkommen. Wozu können Sie nicht „Nein“ sagen? Auf dem Wasser unterwegs zu sein und Strandspaziergänge. Wie lautet Ihr Lebensmotto? Wir können das – wir machen das! Was ist Ihr Hauptcharakterzug? Geduld. Wo möchten Sie am liebsten leben? In den Fjorden Norwegens. Welche Eigenschaften schätzen Sie an anderen Menschen? Ehrlichkeit. Welches Lied singen oder hören Sie gern? Fools Garden: „Lemontree“. 12 aktuell VERMISCHTES 11. Juli 2016 te Selfiemania Erstes Selfie zeigte Loch in Unterlippe Eines ist unbestritten: Das Selfie ist längst zum populärsten fotografischen Genre geworden – aufgenommen mit einem Smartphone und dann entlassen in die Weiten der sozialen Netzwerke. Es erzählt, wo und wer wir sind, was wir machen und wer wir gern wären. Das vermutlich erste Mal wurde der Begriff Selfie zusam- men mit einem sehr uneitlen Bild verwendet, das durchaus fotojournalistische Qualitäten hatte: Am 13. September 2002 postete Nathan Hope ein Foto von sich, das ihn in ziemlich lädiertem Zustand zeigte, nachdem er sich auf dem Heimweg vom Geburtstag eines Kumpels auf der Treppe lang gelegt hatte. Er hatte sich dabei ein Loch in die Unterlippe gebissen, wie auf dem Foto zu sehen war, und schrieb zu dem leicht verschwommenen Selbstbild: „And sorry about the focus, it was a selfie.“ Alle Nachfahren von Narziss? Im Jahr 1523 oder 1524 malte Francesco Mazzola, genannt Parmigianino, ein Bild von sich selbst, auf ein gewölbtes Stück Foto: ESA Foto: Bundeswehr/Matthias Letzin Hamburg. Kaum ein Tag, an dem wir nicht zum Smartphone greifen und ein Bild von uns selbst machen – Selfies sind der ultimative Beweis dafür, dass es uns gibt und dass wir vor Ort waren. Wenn es sogar der Papst macht, kann es auch nichts Schlechtes sein; selbst wenn Franziskus auf seinem ersten Selfie, aufgenommen von und mit Jugendlichen beim Besuch im Vatikan, wie ein leicht verdutzt wirkender, überrumpelter Opa schaut und sein Kinn etwas unvorteilhaft verschoben ist. Die päpstliche Selfie-Premiere brachte Twitter und Facebook zum Awww!en und Ohhh!en, so begeistert waren alle vom coolen Pontifex. Selfie-Knipsen ist inzwischen so normal, dass es einem fast komisch vorkommt, wenn einen jemand bittet, doch schnell ein Foto von ihm oder ihr zu schießen, statt es einfach selbst zu machen. Trotzdem fühlt sich das Selfie-Posieren manchmal seltsam an: Ist dieser Selbstabbildungswahn nicht auch schrecklich eitel und selbstverliebt? Aufs Display statt in die Linse geguckt: Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen mit einem Besucher im Ministerium im Jahr 2014. Selfie aus dem All: Der Astronaut Alexander Gerst im Jahr 2014. 016 27/2 Foto: Getty Images/AFP /Fili Von Anja Rützel ppo Montef or Bitte lächeln: Nicht nur Selbstdarsteller begeistern sich für Selfies. Pappelholz, das beim Betrachter die Illusion einer Fotolinsen-Spiegelung hervorruft. In seinem „Selbstporträt im konvexen Spiegel“ ist die Hand des Malers im Vordergrund etwas verzerrt und im Verhältnis zum Kopf viel größer – ein typischer Selfie-Effekt. Löst man das Selfie vom Smartphone und betrachtet es schlicht als Selbstporträt mit den technischen Mitteln, die die jeweilige Zeit eben gerade zur Verfügung hat, dann kann auch Vincent Van Goghs berühmtes Selbstbildnis mit Ohrverband durchaus in diese Kategorie gesteckt werden. Das erste, lupenreine Werk, das ganz eindeutig so genannt werden darf, entstand 1839. Geknipst wurde es von Robert Cornelius, der mit der neuen Fototechnik experimentierte. Weil der Belichtungsprozess damals noch sehr langsam war, blieb ihm genug Zeit, die Linse zu öffnen, ins Bild zu rennen, dort eine Minute stehen zu bleiben und die Linsenkappe wieder aufzusetzen. Auf die Rückseite seines Selfie-Abzugs schrieb er: „Das erste Lichtbild, das je gemacht wurde.“ Als erster Selfie-Teenager gilt die russische Großherzogin Anastasia Nikolajevna, die 1914 mit 13 Jahren in einen Spiegel knipste, um einem Freund ein Foto von sich schicken zu können. Die Selbstauslösertechnik etablierte sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts und führte zu einer ersten großen Welle von Selbstbildnissen. Mittlerweile sind wir routinierte Selbstdarsteller. Selbstverliebt, könnte man annehmen. Aber sind wir Selfie-Knipser wirklich alle direkte Nachfahren von Narziss? Der griechische Schussel verliebte sich in sein Spiegelbild auf der Oberfläche eines Sees – und schmachtete sein Bild so lange an, bis er ins Wasser fiel und ertrank. SUDOKU Vi el G Senden Sie die vier Lösungszahlen, lück die sich aus den farbigen Feldern ! ergeben, per E-Mail mit dem Betreff „Sudoku 27/2016” und Ihrer Postanschrift an: [email protected] Einsendeschluss: Sonntag dieser Woche Zu gewinnen: APC Mobile Power Bank 10 000 mAh Dieser externe Zusatzakku für Smartphones und Tablet-PCs bietet bis zu vier Ladevorgänge für unterwegs. Lösung 25/2016: 5 7 9 9 Gewonnen hat: Christian Pech Spielregeln: Füllen Sie das Raster mit den Zahlen von 1 bis 9. In jeder Zeile und jeder Spalte darf jede Zahl nur einmal vorkommen. Zudem kommt auch in jedem 3 x 3 Feld jede Zahl nur einmal vor. Doppelungen sind nicht erlaubt. Aus allen richtigen Einsendungen wird der Gewinner ausgelost. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.