aktuell Nr. 27 vom 11.07.2016 ( PDF , 7,2 MB)

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aktuell Nr. 27 vom 11.07.2016 ( PDF , 7,2 MB)
D 8512
52. Jahrgang
NACHRICHTEN
POLITIK
Kanzlerin spricht
Nr. 27
Montag, 11. Juli 2016
Die aktuell am Sonnabend vorab:
Mit der neuen MEDIA-APP der Bundeswehr.
Vor dem NATO-Gipfel in
Warschau hat Bundeskanzlerin
Angela Merkel eine Regierungserklärung abgegeben. Seite 4
STREITKRÄFTE
Grüne Tiger
Das Jägerbataillon 1 im Wettstreit
mit niederländischen Panzergrenadieren. aktuell war mit
dabei.
Seite 8
ZOOM
Pfad-Finder im All
Satelliten ermöglichen genaue
Navigation rund um den Globus.
Doch wie funktioniert GPS
genau?
Seite 9
SPORT
Schwergewicht
Almir Velagic kam als Flüchtling nach Deutschland. Jetzt
startet er als Sportsoldat bei den
Olympischen Spielen. Seite 10
Der Einsatzgruppenversorger
„Bonn“ der Bundeswehr – kurz
EGV „Bonn“ – gehört zu den
größten Schiffen der Deutschen
Marine. Zu den Aufgaben zählen
die Versorgung und Betankung
von anderen Einheiten. Der
Beitrag „60 Sekunden Bundeswehr – Einsatzgruppenversorger
Bonn“ erklärt kurz und knackig
die Fakten dieses Schiffes. Der
QR-Code führt ohne Umwege
zum Videobeitrag.
340 Tage
für Mali
EUTM Mali: Für ein Jahr hat die
Bundeswehr den Mission Commander
gestellt. Eine Bilanz. Seiten 6/7
BW CLASSIX: Hygiene an
Bord – das ist Thema des Videos
„Classix: Hygiene an Bord –
Bundeswehr“ aus dem Jahr 1991.
Wer dabei als erstes an die persönliche Hygiene der Soldaten denkt,
liegt damit nicht falsch.
(eb)
Der QR-Code führt zum
Video „EGV BONN“.
Weitere Beiträge unter
www.youtube.com/
bundeswehr.
[email protected]
Foto: Bundeswehr/Victoria Kietzmann; Montage: Bundeswehr/Eva Pfaender
VIDEO DER WOCHE:
2
aktuell
INTERN
11. Juli 2016
Foto: Bundeswehr/Elena Becker
BILD DER WOCHE
Mit dem Rollkoffer nach Rio: Die Sportler, die für die Olympischen Spiele im brasilianischen Rio de Janeiro qualifiziert sind sowie das Funktions- und Begleitpersonal,
haben in der vergangenen Woche in Hannover ihre Olympia-Kleidung erhalten. Die Spiele sollen am 5. August eröffnet werden.
Mehr auf Seite 10
IMPRESSUM
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ZITAT
„Kopf hoch, Jungs!“
Der Deutsche Fußballbund auf seinem offiziellen Twitter-Account
­
nach der Niederlage der deutschen Fußballnationalmannschaft
gegen Frankreich im Halbfinale der Europameisterschaft.
KALENDERBLATT
Vor 50 Jahren: Am 11. Juli 1966 beginnt die Fußballweltmeisterschaft in England. Das Eröffnungsspiel England gegen Uruguay endet
0 zu 0 – unentschieden. 19 Tage später, am 30. Juli, steht England
gegen die Bundesrepublik Deutschland im Finale. In der 101. Minute
fällt das legendäre Wembley-Tor, England gewinnt mit 4:2 nach
Verlängerung und wird zum ersten und einzigen Mal Weltmeister.
Vor 75 Jahren: Am 12. Juli 1941 schließen Großbritannien und die
Sowjetunion ein Militärbündnis zum gemeinsamen Kampf gegen das
nationalsozialistische Deutsche Reich.
Vor 90 Jahren: Am 15. Juli 1926 eröffnet der französische Präsident
Gaston Doumergue die erste Moschee Frankreichs, die Pariser
Moschee. Sie wird als Zeichen des Dankes an die Muslime erbaut,
die im Ersten Weltkrieg an der Seite Frankreichs gegen das Deutsche
Kaiserreich gekämpft hatten.
Vor 100 Jahren: Am 15. Juli 1916 gründen der deutschstämmige
William Edward Boeing und Georg Conrad Westervelt in Seattle die
Firma Pacific Aero Products Company, die sich später zum Flugzeughersteller „The Boeing Company“ entwickelt.
Vor 355 Jahren: Am 16. Juli 1661 bringt die schwedische Privatbank „Stockholms Banko“ – als erstes Kreditinstitut in Europa –
eigene Banknoten in Umlauf. Zuvor wurde in Schweden mit großen
und unhandlichen Kupfermünzen bezahlt.
(eb)
EDITORIAL
Deutschland übernimmt in Einsätzen unter den Mandaten der
Vereinten Nation und der Europäischen Union weltweit Verantwortung. Lag der Fokus lange auf
Afghanistan, so rücken immer
mehr der Nahe Osten und Afrika
in den Vordergrund. Hunger,
Angst und Tod durch Terrorismus und Fanatismus sind dort
für viele Menschen zum Alltag
geworden. In manchen Regionen
Afrikas ist die Stabilisierung und
Entwicklung der gesamten Sahelregion gehemmt.
Ein Augenmerk Europas liegt
dabei auf Mali. Die Europäischen
Trainingsmission (EUTM MLI)
hat zum Ziel, die Sicherheitsstrukturen im Land zu stärken
und das malische Militär dabei zu
unterstützen, die Stabilisierung
des Landes in eigener Verantwortung weiter voranzubringen.
Rückblick: Im Juli 2015 übernimmt die Bundeswehr mit
Brigadegeneral Franz Xaver
Pfrengle erstmals das Kommando über die EU-Trainingsmission. Ein knappes Jahr später
hat Brigadegeneral Werner Albl
nun die Verantwortung als Mission Commander an seinen belgischen Nachfolger übergeben.
Damit hat Deutschland ein ganzes Jahr die Führung für EUTM
MLI gestellt – und somit seine
Bereitschaft gezeigt, zur Stabilisierung Malis aktiv beizutragen.
In Bundeswehr aktuell sprechen
die beiden ehemaligen deutschen Mission Commander über
die Herausforderungen, Erfolge
und ihre Bilanz nach einem Jahr
deutscher Führungsverantwortung (Seite 6/7).
Am 23. März 2016 hat die EU
das Mandat für EUTM MLI bis
Mai 2018 verlängert und angepasst. Das Mandatsgebiet wurde
bis in den Nigerbogen erweitert,
die Ausbildung wird dezentralisiert. Richtige und wichtige
Schritte, um die positive Entwicklung im Land weiter zu
unterstützen. Unsere Kameraden
im Einsatz haben schon maßgeblich dazu beigetragen.
Peter Mielewczyk
Ressortleiter Einsatz
11. Juli 2016
MINISTERIUM / HINTERGRUND
aktuell
3
Suder: „Eckig,
kantig, echt“
Von Jörg Fleischer
Fotos Sebastian Wilke
Berlin. Das Steuerungsboard
Cyber- und Informationsraum
ist unter Leitung von Staatssekretärin Katrin Suder am vergangenen Dienstag zum ersten
Mal zusammengetroffen. Nicht
irgendein Termin, sondern eine
bedeutende Premiere, wie Suder
zum Auftakt im Verteidigungsministerium (BMVg) deutlich
machte: „Wir machen eine neue
Dimension auf.“
Die Auftaktveranstaltung zur
gemeinsamen Umsetzung des
neuen Organisationsbereiches
Cyber- und Informationsraum
(CIR) und der ministeriellen
Abteilung Cyber- und Informationstechnik (CIT) sei der Start in
eine neue Sicherheitsarchitektur.
„Ein schöner Moment. Ein langer Weg liegt hinter uns“, sagte
Suder.
Zeitplan:
„On Track“
Der Start geht dank der intensiven Zusammenarbeit aller
Beteiligten aus BMVg und den
Organisationsbereichen mit hoher
Dynamik voran. Der Leiter des
BMVg-Aufbaustabs Cyber- und
Informationsraum, ­Generalmajor
Ludwig Leinhos, stellte das große
Engagement aller Beteiligten heraus, beim Vorhaben CIR/CIT
neue Wege zu gehen und innovative Ansätze zu wagen. Er
hob hervor, dass Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen
einen sehr ambitionierten Zeitplan aufgestellt habe. Demnach
soll das CIR-Kommando am
1. April 2017 arbeitsfähig sein
und die ministerielle CITAbteilung im BMVg ab dem
1. Oktober dieses Jahres ihre
Tätigkeit aufnehmen. „Wir sind
,on track‘“, erklärte Leinhos.
Ideenwandel
vollziehen
Als Beispiel für einen wichtigen Meilenstein auf diesem Weg
nannte Leinhos für die interne
Kommunikation das erste Sounding Board, das am 30. Mai getagt
hatte. Der im November 2015
eingerichtete Aufbaustab sei
mittlerweile auf 32 Mitarbeiter
angewachsen.
Die Staatssekretärin stellte
bei der Auftaktveranstaltung die
Fotos: Bundeswehr/Sebastian Wilke (3)
Staatssekretärin leitet erstes Steuerungsboard
Cyber- und Informationsraum.
Das Steuerungsboard Cyber- und Informationsraum (u.): Staatsekretärin Katrin Suder (o. r.) will einen
Ideenwandel vollziehen. Generalmajor Ludwig Leinhos (o. l.) ist Leiter des Aufbaustabs.
besondere Dimension der Herausforderung heraus: „Das ist ein
Leidenschaftsthema.“ Bei diesem
Steuerungsboard gehe es darum,
einen „Ideenwandel“ zu vollziehen. Es sei an der Zeit, innovative
Instrumente in die Hand zu nehmen und Spezialisten zu rekrutieren. „Wir machen was Neues:
eckig, kantig, echt.“ Schlanke,
schnelle und ressourcenschonende Strukturen seien angesagt
– „innovativ und anders“. Auf
diesem neuen Weg zeigte sich
die Staatssekretärin der „beson-
deren Herausforderung“ für alle
wohl bewusst – auch angesichts
des ambitionierten Zeitplans.
Im Kern gehe es um eine neue
Dimension von Sicherheit für die
Bundesrepublik Deutschland,
für die Bundeswehr und für die
NATO. „Deshalb müssen wir uns
neu aufstellen“, sagte Suder zum
Auftakt des Steuerungsboards.
Ein positives Bild ergaben die
Darstellungen des Sachstands
durch die jeweiligen Verantwortlichen für die Handlungsstränge
Organisation, Infrastruktur und
Personal. Bei den zu erreichenden Meilensteinen auf dem Weg
zur Arbeitsfähigkeit gebe es keine
Verzögerungen. Der Besetzung
des Kommando CIR und der
Abteilung CIT mit Personal
werde von den dafür benannten
militärischen und zivilen Organisationsbereichen Priorität eingeräumt.
Das nächste Steuerungsboard
Cyber- und Informationsraum
tagt am 12. September 2016.
Das Netzwerk für alle Fälle
Ministerin bedankt sich beim „Netzwerk der Hilfe“ – neue App „Coach PTBS“ bietet Hilfe und Informationen.
treu im Verborgenen wirkt, einmal in das Licht der Öffentlichkeit gestellt werden.“
Fotos: Bundeswehr/Uwe Grauwinkel
Berlin. Mit einem sommerlichen
Fest im Berliner Bendlerblock
hat sich die Bundesministerin
der Verteidigung Ursula von der
Leyen am vergangenen Dienstag
bei den ehrenamtlichen Mitarbeitern des „Netzwerks der Hilfe“
bedankt. Zu dem Netzwerk gehören mehr als 30 Organisationen,
Vereine und Initiativen, die sich
um Bundeswehr-Angehörige und
ihre Familien kümmern, wenn
diese in Not oder Schwierigkeiten
geraten sind.
Von der Leyen sagte vor rund
1000 Soldaten, zivilen Mitarbeitern, ehrenamtlichen Helfern sowie
Gästen aus Politik und Gesellschaft: „Es gibt eine Konstante, die
immer da ist, die uns immer wieder erdet, auf die wir uns fest verlassen können, die uns stützt. Das
ist das gewaltige ehrenamtliche
Engagement für die Menschen in
unserer Bundeswehr.“
Mit dem Forum „Gemeinsam
für die Menschen in unserer Bundeswehr“, das erstmals stattfand,
solle „das Ehrenamt, das immer
Dienstherr steht
in der Pflicht
Sie betonte, die ehrenamtlichen
Helfer gäben den Menschen in
der Bundeswehr die Gewissheit:
„Komme, was da wolle – wir sind
für Euch da.“ Das Ehrenamt kümmere sich aus eigenem Antrieb.
„Es wird nicht dorthin befohlen.
Das Schöne ist: Das Ehrenamt
setzt mit kleinen Mitteln oft ganz,
ganz Großes in Gang“, würdigte
sie das Engagement der Organisationen und Initiativen.
Dadurch, dass ehrenamtliche
Helfer den Finger in die Wunde
legten, gäben sie der Bundeswehr
aber auch wertvolle Anstöße, wie
sie besser werden könne und was
sie verändern müsse. Von der
Leyen stellte klar, das Ehrenamt
sei kein Ersatz für die Verantwortung des Dienstherrn und des
Staates. Aber es sei „ein unver-
Ist dankbar für so viel Engagement: Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (l.). Stellte die neue
App „Coach PTBS“ vor: Oberstarzt Peter Zimmermann (r.).
zichtbarer Partner des Staates in
unserer Gesellschaft.“
Neue App bietet
Hilfe bei PTBS
Im Zusammenhang mit körperlich und seelisch verletzten
Soldaten hat die Bundeswehr
nach Angaben der Ministerin
viel gelernt und vieles getan.
Sie betonte, dass die Bundeswehr noch besser werden könne
und dabei nicht nachlasse.
Als Beispiel nannte von der
Leyen die neue App „Coach
PTBS“. Die App bietet „Erste
Hilfe“ und dient als Wegweiser
bei psychischen Folgestörungen
nach dem Einsatz. Der Leiter des
Zentrums für Psychiatrie und
Psychotraumatologie am Bundeswehrkrankenhaus Berlin, Oberstarzt Peter Zimmermann, stellte
das neue Angebot vor. Betroffene
Soldaten hätten häufig Angst vor
Stigmatisierung und gingen deshalb nicht zum Arzt, erläuterte
Zimmermann. Für diese Soldaten und ihre Angehörigen sei ein
niedrigschwelliges Kontakt- und
Informationsangebot wichtig.
Die App zeige den Soldaten,
„dass eine solche Erkrankung
keine Schande ist, dass sie
behandelbar ist und dass es Einrichtungen gibt, die das auch
können“, sagte Zimmermann.
Die App enthält neben erklärenden Elementen mit ersten Informationen auch Trainingsmodule
und eine umfassende Liste von
Hilfsangeboten. Sie wurde in
Kooperation mit der Universität der Bundeswehr in München
und der Technischen Universität Dresden entwickelt. Auch das
Psychotraumazentrum der Bundeswehr und die Sanitätsakademie der Bundeswehr in München
waren beteiligt.
(dak)
aktuell
Brüssel will Militär
in Afrika unterstützen
Brüssel. Die EU-Kommission
will zur Krisenvermeidung in
Afrika und anderen Regionen
künftig auch Entwicklungsgelder zur Ausrüstung von Militär
einsetzen. Die Behörde verabschiedete in der vergangenen
Woche ein Gesetzgebungsvorhaben, nach dem dies „in Ausnahmefällen“ möglich sein soll.
Als Beispiele wurden Ausbildungsprogramme, Beratung,
Infrastrukturverbesserungen
und Ausrüstung genannt. Ausgenommen sind unter anderem
Waffen, Munition und Soldzahlungen. Bisher darf die EU schon
Polizeibehörden in Drittstaaten
unterstützen, nicht aber das­
Militär.
(eb)
Mehr als 200 Tote bei
Anschlag in Bagdad
Bagdad. Nach dem verheerenden Selbstmordanschlag im Zentrum der irakischen Hauptstadt
Bagdad ist die Zahl der Todesopfer in der vergangenen Woche auf
mindestens 292 gestiegen. Das
teilten die Behörden mit. Mindestens eben so viele Menschen
wurden verletzt. Zu dem Attentat inmitten eines belebten Einkaufsviertels von Bagdad hatte
sich der sogenannte „Islamische
Staat“ (IS) bekannt. Ein Selbstmordattentäter hatte sich in einem
mit Sprengstoff beladenen Auto
inmitten einkaufender Menschen im zentralen Stadtviertel
Karrada in die Luft gesprengt.
Der IS hatte erklärt, der Anschlag
habe sich gegen Angehörige der
schiitischen Bevölkerungsmehrheit gerichtet. Ministerpräsident
Haider al-Abadi ordnete in Folge
der Anschläge Änderungen des
Sicherheitskonzepts für die
Hauptstadt an.
(eb)
Chinas Marine startet
umstrittenes Manöver
Peking. Die chinesische Marine
hat in der vergangenen Woche
mit einem einwöchigen Manöver
in umstrittenen Gebieten im Südchinesischen Meer begonnen.
Peking verhängte für Schiffe aus
anderen Ländern für die Dauer
des Manövers ein Verbot, in die
Gewässer um die Paracel-Inseln
zwischen Vietnam und den Philippinen einzudringen. Die Inseln
sind kaum besiedelte KorallenAtolle mit Landemöglichkeiten
für Militärjets. Beim Ständigen
Schiedshof in Den Haag ist eine
Klage der Philippinen gegen die
Gebietsansprüche Chinas anhängig. Seit Monaten gibt es deswegen auch Spannungen zwischen China und den USA. China
erkennt die Zuständigkeit des
Gerichts nicht an.
(eb)
POLITIK / HINTERGRUND
11. Juli 2016
Abschreckung
und Dialog
Bundeskanzlerin Angela Merkel dankt zum
NATO-Gipfel der Bundeswehr
Von Jörg Fleischer
Warschau/Berlin. Die Staatsund Regierungschefs der NATO
sind am vergangenen Freitagnachmittag zu ihrem zweitägigen
Gipfel in Warschau zusammengetroffen. Ein zentrales Thema war
die Verstärkung der multinationalen Präsenz rotierender Kräfte
des Bündnisses in Osteuropa als
Reaktion auf Russlands Vorgehen
auf der Krim und im UkraineKonflikt.
Anlässlich des Gipfels hatte
Bundeskanzlerin Angela Merkel
zuvor im Deutschen Bundestag
eine Regierungserklärung abgegeben. Darin zollte die Kanzlerin den Soldaten der Bundeswehr große Anerkennung. Merkel
sagt ihnen ein „herzliches Dankeschön“ für den Dienst in vielen
Einsätzen.
Multinationale Präsenz
im Baltikum
Die Regierungschefin erklärte,
der Warschauer Gipfel werde
die zuvor in Wales eingeleiteten Anpassungsmaßnahmen hin
zu einer 360-Grad-orientierten
Steigerung der Verteidigungsund Reaktionsbereitschaft des
Bündnisses ergänzen. Als eines
der zentralen Themen nannte
Merkel die geplante Verstärkung der multinationalen Präsenz in den drei baltischen Staaten und in Polen mit rotierenden
Kräften. Die Kanzlerin machte im
Rückblick auf die Krim-Krise und
den weiter schwelenden UkraineKonflikt klar, Russland habe
die NATO-Partner in Osteuropa
zutiefst verunsichert.
Zwei-Prozent-Regel
soll erfüllt werden
Es gehe um Rückversicherung der Partner. Es reiche nicht
aus, Soldaten in Krisensituationen schnell verlegen zu können. Daher müsse die Präsenz der
Allianz im Baltikum und in Polen
verstärkt werden. Hierfür will
Merkel auf dem Gipfel werben.
Die NATO-Staaten wollen die
Stationierung von jeweils einem
Bataillon mit etwa 1000 Soldaten
in den drei baltischen Staaten und
in Polen beschließen. Dabei soll
die Bundeswehr die Verantwortung für ein Bataillon übernehmen.
„Deutschland trägt zu diesen Maßnahmen substanziell
bei“, sagte die Kanzlerin. Sie
bekräftigte ihr Ziel, dass Deutschland in Zukunft zwei Prozent des
Bruttoinlandsprodukts (BIP) für
Verteidigung aufwenden wolle.
Diesem Ziel komme unvermindert zentrale Bedeutung zu. Weiter stellte Merkel angesichts der
Gefahren durch hybride Kriegsführung als weiteres wichtiges Gipfel-Thema die deutliche
Steigerung der nationalen CyberAbwehrfähigkeiten heraus. Merkel
bezeichnete die Maßnahmen der
NATO als „ein zutiefst defensives Konzept“. Das gelte auch
Foto: Bundeswehr/Christian Thiel
4
„Ein zutiefst defensives Konzept“: Bundeskanzlerin Angela Merkel
während ihrer Regierungserklärung vor dem NATO-Gipfel.
für die Errichtung einer NATORaketen-Abwehr zum Schutz vor
ballistischen Raketen, beispielsweise aus dem Iran. Sie sei rein
defensiv ausgerichtet – und nicht
gegen Russland gerichtet.
Merkel: „Abschreckung und
Dialog“ gehörten untrennbar
zusammen. Sicherheit sei nur
mit und nicht gegen Russland
zu erreichen. Die Kanzlerin trat
deshalb dafür ein, den NATORussland-Rat als wichtiges Gremium der Verständigung zu
nutzen. Es wäre nach Einschät-
zung der Kanzlerin gut gewesen,
wenn Russland das Angebot der
Allianz angenommen hätte, vor
dem Warschauer Gipfel in diesem
Gremium zusammenzukommen.
Die Chance dafür bestehe aber
auch danach weiterhin. „Unsere
Hand für Transparenz und Dialog
bleibt ausgestreckt.“ Unterdessen
nahm Russland die Einladung der
Allianz zum NATO-Russland-Rat
an. Das Treffen soll am Mittwoch
dieser Woche stattfinden.
Mehr auf bmvg.de
NATO-Gipfel: Stimmen zur Russland-Strategie
D
er Vorsitzende der Münchner Sicherheitskonferenz, Botschafter Wolfgang
Ischinger, teilt entgegen anders lautender
Einschätzungen nicht den Eindruck, die klassische Doppelstrategie aus Verteidigung und
Dialogangebot könne aus der Balance geraten. Ischinger sagte anlässlich des NATOGipfels im Deutschlandfunk, der Doppelstrategieansatz der Allianz, der sich schon
vor 30 Jahren bewährt habe, setze sich fort.
Die NATO halte sich an sämtliche Vereinbarungen.
Von Seiten Moskaus werde mit „gewaltigen Propaganda-Argumenten“ gearbeitet,
erklärte Botschafter Ischinger. Die bedrohliche Lage für die östlichen Bündnispartner
– durch die Ereignisse in und um die Ukraine
– sei nicht durch die NATO entstanden.
Die Organisation reagiere vergleichsweise
maßvoll, mit einer beschränkten, rotierenden Präsenz.
Allerdings trat Ischinger dafür ein, stärker
den Dialog und die Zusammenarbeit mit
Russland zu suchen. Er forderte unter anderem ein gemeinsames Krisenzentrum der
NATO und Russlands, um bei einem militärischen Zwischenfall eine Eskalation zu
vermeiden. „Je unklarer in einem solchen
Krisenmoment die Abläufe sind, desto höher
ist die Gefahr von katastrophalen Entwicklungen“, schrieb Ischinger in einem Gastbeitrag bei Spiegel Online. Er regt zudem
an, die Visumspflicht für normale russische Bürger aufzuheben; dies wäre das
„stärkste Signal andauernder Verbundenheit mit der russischen Bevölkerung“, so
Ischinger. Außerdem solle es Stipendien-
und Austauschprogramme für Schüler,
Studenten und Wissenschaftler geben, um
der antideutschen und antiwestlichen Propaganda russischer Medien entgegenzuwirken.
Der Präsident der Bundesakademie für
Sicherheitspolitik (BAKS), Karl-Heinz Kamp,
sagte anlässlich des Gipfels: „Die Allianz
ist willens und in der Lage, politisch rasch
zu entscheiden und sich militärisch gegen
Bedrohungen für das Bündnisgebiet zu
­
wehren“.
Kamp betonte, die NATO verfolge stets
die Doppelstrategie von Abschreckung und
Dialog. „Sicherheit vor Russland und Zusammenarbeit mit Russland sind keine Gegensätze, sondern zwei Seiten der gleichen
Medaille“, erklärte er. Deshalb stelle die
NATO sicher, dass auch in Konfliktsituationen Gesprächskanäle und Möglichkeiten
zur Kooperation auf Feldern des gemeinsamen Interesses erhalten blieben.
(eb)
EINSATZ / BUNDESWEHR
Adler für mehr Sicherheit
Fotos: Bundeswehr/Marcus Schaller (3)
Neue Fähigkeit am Hindukusch: Um den ScanEagle (l. und o. r.) für die Überwachung einsetzen zu können, werden afghanische Soldaten
zunächst in zwei Ausbildungsgängen entweder zum Piloten oder Einsatzkoordinator ausgebildet (u. r.).
Masar-i Sharif. Der ScanEagle – zu Deutsch „absuchender Adler“ – ist ein neues Aufklärungsmittel der afghanischen
Luftwaffe. Die Drohne ermöglicht die Überwachung zum
Schutz der eigenen Soldaten und
ist für die afghanische Armee ein
großer Gewinn auf dem Weg in
die Selbständigkeit.
Eine Investition
in die Zukunft
Bereits seit April 2016 wird
der Adler als Aufklärungssystem
in die afghanischen Streitkräfte
eingeführt. Zeitgleich wurde der
erste ScanEagle-Stützpunkt in der
südafghanischen Provinz Helmand aufgestellt. Er soll in den
nächsten zweieinhalb Jahren mit
afghanischem Personal in Betrieb
genommen werden.
Bis dahin ist es aber noch ein weiter Weg: Im afghanischen Camp
Shaheen werden erst seit Kurzem afghanische Soldaten am
System ausgebildet. David A.
ist einer der vier zivilen Mitarbeiter der Betreiberfirma, die das
Ausbildungsprogramm in Masar-i
Sharif durchführen – mit Unterstützung durch einheimische
Übersetzer. „Eine besondere Herausforderung ist derzeit, dass wir
zur gleichen Zeit diese Ausbildungseinrichtung aufbauen und
parallel die Ausbildung gestartet haben“, sagt der Ausbildungsleiter.
Außer der Ausbildung zum
Betrieb und zur Steuerung des
Gerätes werden neben Grundfertigkeiten für die Wartung
auch Grundlagen der Luftbildauswertung vermittelt. Drei bis
vier Monate sind geplant, um den
Einsatz des Systems zu erlernen.
Davon soll ein Monat ausschließlich dem intensiven Flugtraining
dienen. Insgesamt sollen in naher
Zukunft vier Ausbildungsklassen
unterrichtet werden. Begonnen
wurde mit 14 afghanischen Soldaten in derzeit zwei Ausbildungsgängen – zum Einsatzkoordinator
und zum Piloten. Die erlernten
Fähigkeiten bilden jedoch lediglich eine Basis. Insbesondere für
die zum Betrieb erforderliche
erweiterte Wartung des Systems
und den technische Service ist
noch für längere Zeit die Betreiberfirma aus den Vereinigten Staaten verantwortlich. Eine Außenstelle befindet sich im Moment
im Train Advice Assinst Comand
Noth (TAAC) in Mazar-i Sharif.
Aufklärung bei
Tag und Nacht
„Das System stellt für die
afghanischen Streitkräfte eine
Möglichkeit zur luftgestützten
Aufklärung dar, um das Kampfgeschehen aus einem anderen
Blickwinkel beobachten zu können“, sagt US-Major Jason W.
aus dem Hauptquartier der Mission Resolute Support in Kabul.
Die gewonnen Aufklärungsergebnisse stehen dabei dem
„Joint Operation Center“(JOC)
im TAAC North in Echtzeit zur
Verfügung. In einer Flughöhe
von bis zu 6000 Metern kann der
ScanEagle mit einer Geschwindigkeit von bis zu 70 Kilometern pro Stunde über 18 Stunden
in der Luft bleiben – bei einer
Gesamtflugstrecke von bis zu
1200 Kilometern. Das afghanische System wird mit zwei
Kamerasystemen ausgestattet
sein: Einem elektro-optischen
Tageslicht-Kamerasystem mit
HD-Zoom-Fähigkeit sowie einem
hochempfindlichen InfrarotKamerasystem. Damit werden
die afghanischen Streitkräfte erstmals auch über ein eigenes nachtsichtfähiges Aufklärungssystem
in der Luft verfügen.
„Strong Woman“ bildet Peschmerga aus
Kraftfahrausbildung ergänzt das Angebot der Ausbildungsunterstützung im Nordirak.
aus ihrer Sicht dann doch etwas
Besonderes.
Umso mehr staunten die
Peschmerga, als Julia K. ein
auf der Seite liegendes Fahrzeug mit dem Kran aufrichtete
und die schweren Ketten kurzerhand selbst befestigte. „Strong
Woman“ heißt sie nun für die
Peschmerga. „Die Peschmerga
sind wissensdurstig und stellen
Fragen. Sie sind trotz der Anstrengungen aufmerksam und finden es
cool, dass ich sie als Ausbilderin
an technischem Gerät ausbilde“,
sagt die Soldatin.
Im Vorfeld durchliefen die
Auszubildenden eine zweiwöchige Einweisung durch amerikanische Soldaten an den Fahrzeugen Humvee und MRAP.
Eine Frau, die zupackt: Stabsunteroffizier Julia K. (r.) bildet in Erbil
Peschmerga an technischem Gerät aus (l.).
Etwa vierzig Peschmerga
werden innerhalb von vier
Wochen hinsichtlich technischer Grundregeln, der Fahrzeugausstattung, bis hin zur
Bedienung von Aufbauelementen wie einer Krananlage
geschult. „Die Peschmerga sind
Gao. Deutsche Soldaten des
Einsatzkontingentes MINUSMA
sind im Norden Malis angegriffen worden. Soldaten der
Aufklärungskompanie führten
einen ungeplanten Halt nördlich von Gao durch. Dabei wurden sie aus einer Ortschaft mit
einer vermutlich großkalibrigen
Handfeuerwaffe beschossen.
Die Schützen konnten nicht
beobachtet und aufgeklärt werden, weshalb das Feuer nicht
erwidert wurde. Es wurde niemand verwundet. Die Soldaten
kehrten unverzüglich ins Camp
nach Gao zurück.
(eb)
Neue Aufgaben bei
Operation Sophia
Augusta. Der Bundestag hat die
Verlängerung der EU-Operation
Sophia um ein Jahr beschlossen. Zu den neuen Aufgaben
zählen die Überwachung des
Seegebietes und die Ausbildung
der lybischen Küstenwache.
Die Einsatzkräfte sollen nicht
nur gegen Schleuser vorgehen,
sondern auch den Waffenschmuggel unterbinden.
Spezielle Kräfte sollen
dabei unterstützen. Unterdessen brachte eine 22-jährige
Nigerianerin an Bord der
„Werra“ mit Hilfe der Schiffsärztin einen Jungen zur Welt.
Erstmals war 2015 ein Mädchen
namens Sophia auf einem Schiff
der Marine geboren worden.
Sie wurde zur Namensgeberin
der EU-Operation.
(kzo)
Baubeginn für
Munitionsdepot
Fotos: Bundeswehr/Christian Griem (2)
Erbil. Die deutsche Ausbildungsunterstützung im Nordirak
umfasst schon lange nicht mehr
nur das infanteristische Training
der Peschmerga. Neben der Sanitätsausbildung und der Kraftfahrzeug- und Waffeninstandsetzung, wird seit Kurzem auch
eine Kraftfahrausbildung angeboten.
Hauptfeldwebel Heiko A.
wurde als Schirrmeister mit
dieser Aufgabe betraut. Neben
ihm Stabsunteroffizier Julia K.
– eine gelernte Mechatronikerin. Anfangs zeigten sich die
Peschmerga etwas irritiert, als
Julia K. sich als ihre neue Ausbilderin vorstellte. Weibliche Trainer kannten sie bereits, doch eine
Frau als Mechatronikerin – das ist
5
Beschuss deutscher
Soldaten
Afghanische Luftwaffe erhält mit dem ScanEagle ein nachtsichtfähiges Aufklärungssystem.
Von Wilfried Luchtenberg
Fotos Marcus Schaller
aktuell
Foto: Bundeswehr/Bastian Fischborn
11. Juli 2016
absolut motiviert und voll dabei.
Es ist ein anderes Arbeiten als
in Deutschland, aber es funktioniert gut“, sagt Heiko A.
Der erste Kraftfahrerkurs wird
in Kürze enden, die Vorbereitungen für den nächsten laufen
bereits.
(bgä)
Koulikoro. Der Grundstein für
eine Munitionslagerstätte der
malischen Streitkräfte ist gelegt.
Gemeinsam gaben der deutsche Botschafter, der malische
Verteidigungsminister sowie
der deutsche Kommandeur der
Mission, Brigadegeneral Werner Albl, Ende Juni den Startschuss für das deutsch-malische
Gemeinschaftsprojekt. Sie
betonten die verschiedenen
Dimensionen der Zusammenarbeit in den Bereichen Sicherheits-, Militär- und Entwicklungspolitik. Noch in diesem
Jahr soll die Munitionslagerstätte durch lokale und mittelständische Unternehmen fertiggestellt werden.
(kzo)
aktuell
BUNDESWEHR
aktuell 7
Foto: Bundeswehr/Sebastian Wilke
6
Ein Jahr in Mali
Zwölf Monate stand EUTM Mali unter deutscher Verantwortung. Die zwei deutschen Mission Commander
im aktuell-Interview über das Erreichte, die Ausbildung, die Sicherheitslage und das neue Mandat.
MALI
EUTM Mali: Ein neues Mandat, ein neuer Auftrag
Timbuktu
len mobile Beratungs- und Ausbildungsteams an den
Standorten der malischen Streitkräfte eingesetzt werden. EUTM Mali arbeitete bislang im weitgehend stabilen
Süden Malis: Im Koulikoro Training Coordination Center,
in der Hauptstadt Bamako, in Segou, Kati, Sikasso und
Bapho. Im neuen Mandat können mobile Ausbildungsteams bis hin zum Nigerbogen um die Regionen Gao
und Timbuktu, eingesetzt werden.
(kie)
Gao
Koulikoro
Ségou
ro c
has
ka
Bamako
eh
r/D
an
iel
aP
der Europäischen Union erreicht. Zuletzt wurde das
Mandat des Deutschen Bundestages am 12. Mai 2016
um ein weiteres Jahr verlängert. Im dritten Mandat der
EUTM Mali steht zukünftig die Ausbildung und Beratung
der malischen Streitkräfte in ihren eigenen Kasernen
im Vordergrund. Mit diesem Ansatz sollen qualifizierte
Multiplikatoren geschaffen werden, die sich zukünftig
eigenständig aus- und weiterbilden können. Dazu sol-
Bu
nd
e
sw
Die europäische Trainingsmission in Mali (EUTM MLI)
umfasste während der deutschen Missionsführung etwa
580 Soldaten aus 29 Nationen, davon fünf Nicht-EUStaaten. Den größten Beitrag leistete Deutschland mit
rund 200 Soldaten. Während der Mission wurden insgesamt acht malische Gefechtsverbände – etwa 60 Prozent
der Kräfte des malischen Heeres – ausgebildet und
damit das Ziel der Mandate 1 (2013-14) und 2 (2014-16)
fik
:
Das zeigt, dass die Mission aner­
kannt und gesucht ist und unser
Wirken Früchte trägt.“
den, ich hatte gute Ausbilder und
eine gute Ausbildung und ich
habe viel gelernt, was ich künf­
tig genauso machen möchte.‘ Das
wichtigste Feedback waren für
mich immer die Motivation
und der Einsatzwille der
malischen Soldaten.“
Wie war die Situation bei EUTM
MLI, als Sie das
Kommando am
3. Juli 2016 an
Ihren belgischen
Nachfolger übergeben haben?
Albl: „Ich habe
n
meinem Stab schon
gesagt, dass ich meinem
Nachfolger ‚den Staffelstab im
laufenden Rennen übergeben
möchte‘ und ich denke, dass diese
Metapher die Gesamtsituation der
Mission sehr treffend beschreibt.
Wir haben die Entwicklung des
neuen Mandats für EUTM MLI
bis zum Inkrafttreten gemeinsam
mit unseren malischen Partnern
auf den Weg gebracht. Wir haben
uns für einen neuen Auftrag in
einem erweiterten Mandatsge­
biet neu aufgestellt. Es ist uns
gelungen, inner­
halb eines
Welches Feedback haben Sie
von den malischen Soldaten auf
die Arbeit der deutschen Soldaten bekommen?
Pfrengle: „Immer ein positi­
ves. Dazu ein kleines Beispiel:
Ich fragte einen malischen
Stabsunteroffizier im Rahmen
der Mörserausbildung, was er
nach Hause mitnehmen würde,
wenn er drei Dinge in seine
Tasche packen dürfte. Er sagte:
‚Ich bin hier gut behandelt wor­
Monats
die erste dezentra­
lisierte Ausbildungs­ und Bera­
tungsmission in Segou zu begin­
nen. Damit ist der Startschuss
für einen der Schwerpunkte der
neuen Mandatsperiode gegeben.
Die Fragen stellte Victoria
Kietzmann
Foto: Bundeswehr/EUTM Mali
konnten Sie für die Ausbildung
des malischen Militärs verzeichnen?
Albl: „Die Zahlen sprechen
eine deutliche Sprache. EUTM
Mali hat acht malische Gefechts­
verbände – insgesamt rund
8000 Soldaten – ausgebildet.
Dies entspricht rund zwei Drit­
tel der gesamten malischen Land­
streitkräfte. Wir erleben tagtäg­
lich, welche großen Fortschritte
unsere Partner machen. Die
Malier erkennen und formulie­
ren zunehmend ihren vorrangi­
gen Ausbildungsbedarf selbst,
und sie kommen damit auf uns zu.
Foto: Bundeswehr/Dirk Bannert
Foto: Bundeswehr/Knut Klein
Gerade wegen der weiterhin
instabilen Sicherheitssituation
im Land – welche Fortschritte
a
Gr
an
m
etz
Mali gilt als eines der gefährlichsten Einsatzländer der Bundeswehr. Wie hat sich in der Zeit
Ihrer Anwesenheit die Gefahrensituation im Land und für
die Soldaten von EUTM MLI
entwickelt?
Pfrengle: „Während meiner
Zeit als Mission Commander hat­
ten wir in Bamako den Anschlag
auf das Hotel Radisson Blu, das
knapp zwei Kilometer vom Mis­
sion Headquarters entfernt liegt.
Wir haben unsere Sicherheitsvor­
kehrungen angepasst und weiter­
gemacht. Eine andere Qualität
ist es natürlich, wenn, wie in der
Zeit von Brigadegeneral Albl, das
Mission Headquarter direkt ange­
griffen wird.“
Albl: „Wir selbst haben es
Mitte März quasi am eigenen
Leib erfahren, als unser Headqua­
ter in Bamako angegriffen wurde.
Grundsätzlich gilt für mich aber:
Wir leben und arbeiten in einem
Umfeld, in dem wir mehr als
willkommen sind – EUTM Mali
genießt allerorten höchstes Anse­
hen. Klar ist aber auch: Terror­
anschläge auf unsere malischen
Partner und die hier arbeitende
internationale Gemeinschaft blei­
ben jederzeit möglich. Aber ich
habe gerade am 21. März bei der
Abwehr des Angriffs auf unser
Hauptquartier ein hervorragen­
des Team von Profis aus ganz
Europa erleben dürfen.“
Ki
Warum ist die Arbeit der mobilen Ausbildungs- und Beratungsteams in der Fläche
gemäß des neuen Mandats von
so großer Bedeutung?
Albl: „Die dezentralisierte
Ausbildung und Beratung mar­
kiert einen Wendepunkt in der
Geschichte der Mission. Nach
der Truppenausbildung kommt
nun der logische nächste Schritt:
die Befähigung des malischen
Führer­ und Unterführerkorps,
Soldatinnen und Soldaten selbst
auszubilden. Dafür gehen wir
nun in die Fläche an die mali­
schen Standorte, um dort vor Ort,
wo die Soldaten leben und die­
nen, qualifizierte Multiplikato­
ren im Sinne der Nachhaltigkeit
zu schaffen.“
ria
li
Ma
Was waren mit der Übernahme
der Verantwortung als Mission
Commander die größten Hürden?
Pfrengle: „Vor Ort war die
größte Herausforderung, gemein­
sam mit der malischen Seite
Wege zu finden, um das Man­
dat 2 erfolgreich zu erfüllen. Eine
weitere Herausforderung war
es, während der ersten Schritte
zum Mandat 3 kein Planungs­
und Koordinierungselement in
Brüssel zu haben. Andererseits
hatte ich so eine Handlungsfrei­
heit, wie ich sie noch nie zuvor
hatte. Das war herausfordernd
und gleichzeitig schön.“
Welche Auswirkung wird das
neue und dritte Mandat haben?
Albl: „Wir werden nicht mehr
die großen Truppenteile in unse­
rem Ausbildungscamp in Kou­
likoro sehen, sondern uns auf
das Führungskräftetraining in
der Fläche fokussieren. Mit
der Ausbildung von malischen
Truppen, in welche ehemalige
Angehörige der Rebellengruppen
integriert sein können, werden
wir auch einen wichtigen Bei­
trag zum Reform­ und Frie­
densprozess in Mali leisten
können. Zwei Aspekte haben
jedoch Bestand: Wir werden
eine reine Ausbildungs­ und
Beratungsmission bleiben. Und,
im Falle einer Abwägung zwi­
schen der Erfüllung des Auftra­
ges und der Sicherheit unserer
Soldaten, wird letztere immer
überwiegen.“
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Vic
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EU
Warum war es etwas Besonderes, als Sie am 28. Juli 2015 das
Kommando über EUTM MLI
von ihrem spanischen Vorgänger übernommen haben?
Pfrengle: „Wir haben ja bereits
2006 für die Europäische Union
den Einsatz zur Absicherung
der Wahlen in der Demokrati­
schen Republik Kongo geführt.
Das Besondere am Einsatz in
Mali aber war, dass Deutsch­
land zum ersten Mal die Führung
einer langfristig angelegten EU­
Mission auf dem afrikanischen
Kontinent übernommen hat.“
hr/
eswe
Foto: Bund
hr/
eswe
Foto: Bund
Trainings­
mission in Mali
(EUTM MLI) an seinen belgi­
schen Nachfolger übergeben.
Übernommen hatte Brigadege­
neral Albl die Verantwortung im
Dezember von Brigadegeneral
Franz Xaver Pfrengle. Damit hat
Deutschland ein knappes Jahr
die Führung für EUTM Mali
gestellt – und damit deutlich
machen können, dass die Bun­
desrepublik großes Interesse an
der dauerhaften Stabilisierung
des Landes hat.
Im Mai wurde das
Mandat für die Aus­
bildungsmission
verlängert. Damit
einher gehen
neue Aufträge:
Das Mandats­
gebiet wurde
erweitert, die
Ausbildung wird
dezentralisiert.
In Bundeswehr
­
aktuell sprechen
die beiden deutschen
Mission Commander
über den Verlauf der EU­
Mission, Erfolge, Herausforde­
rungen sowie persönliche Erleb­
nisse und ziehen Bilanz.
Foto: Bundeswehr/Jana Neumann
Bamako. Am 3. Juli hat Bri­
gadegeneral Werner Albl die
Verantwortung als Mission
Commander der
europä­
ischen
Ausbildung im Süden Malis: Deutsche Soldaten übernehmen seit 2013 Anteile der Ausbildung malischer Soldaten (l. u. 4. v. l.). In Koulikoro, direkt am Niger gelegen, bilden sie in „Ghost City“ auch ihre malischen Kameraden im Orts- und Häuserkampf aus (2. v. l.). Die Ausbildung malischer Führungskräfte (3. v. l.) ist auch Teil des dritten Mandats seit Mai 2016.
8
aktuell
BUNDESWEHR
11. Juli 2016
Grüne Tiger greifen an
Jägerbataillon 1 richtet Militärpatrouille aus: Niederländische Panzergrenadiere im Wettstreit mit deutschen Jägern.
Die letzte Station der Militär­
patrouille führt zur Schießan­
lage des Standortes. Hier heißt
es: Mit Gewehr und Pistole auf
unterschiedliche Entfernungen
konzentriert perfekte Schieß­
leistungen zu zeigen – das nach
all den bisherigen Heruasfor­
derungen. „Sich innerlich zur
Ruhe zu zwingen, tief durch­
zuatmen und auf das Erlernte
zu vertrauen“ funktioniere ganz
gut, erklären die niederländi­
schen Grenadiere.
Schwarzenborn. Aus den Laut­
sprecherboxen auf dem Appell­
platz im hessischen Schwarzen­
born hämmert der Song „Eye
of the Tiger“. Oberstleutnant
Karsten Krämer stimmt seine
Jungs und Mädels auf einen „har­
ten Tag“ ein. „Die Kräftigsten,
Besten und Schnellsten holen
heute alles aus sich heraus“,
erklärt Krämer. Körperlich abso­
lut leistungsfähig, fit im Kopf
und Teamplayer in jeder Situa­
tion seien die Eigenschaften, die
den Jäger auszeichneten. In weni­
gen Minuten beginnt die Militär­
patrouille des Jägerbataillons 1.
Die grünen Tiger, wie sich die
Jäger nennen, wollen ihr Können
unter Beweis stellen. Neben den
acht Mannschaften des Batail­
lons starten sieben weitere Teil­
nehmergruppen.
Auch niederländische
Soldaten sind dabei
„Altyd vooraan – immer vorne“
ist das Motto der niederländischen
Mannschaft aus dem 44. Pantserin­
fanteriebataljon (dt. Panzergrena­
dierbataillon) aus Havelte. Mann­
schaftsführer Frank Slager meint:
„Man kennt sich. Es ist toll, mit
dabei sein zu dürfen.“ Während
der Vorbereitung auf die Bereit­
schaftsphase der European Battle­
group haben sie mit den Schwar­
zenborner Jägern bereits eng
zusammengearbeitet. „Mit solchen
Fotos: Bundeswehr/JMarco Dorow (4)
Von Rene Hinz
Fotos Marco Dorow
Los gehts: Die Sechs-Mann-Teams (o. l.) messen sich unter anderem in der Gewässerüberquerung (o. r.)
und im Ziehen eines Wolfs (u. l.) – nach sechs Stationen und gut elf Kilometern ist das Ziel (u. r.) erreicht.
Wettkämpfen entwickeln wir noch
mehr gegenseitiges Verständnis“,
so der junge Feldwebel.
Die Strecke ist gut elf Kilometer
lang und sechs Stationen fordern
Wissen, Koordination und Zusam­
menarbeit. Im Abstand von zwan­
zig Minuten starten die sechs­
köpfigen Mannschaften. Bergige
Passagen und der rund fünfzehn
Kilogramm schwere Rucksack
gehen an Kondition und Muskel­
kraft. Zunächst gilt es, mit dem
Zweimannschlauchboot gut vier­
hundert Meter auf dem Knüllteich
des Übungsplatzes überzusetzen.
Eilig koordiniert sich die Mann­
schaft, schon gleiten die kleinen
Boote ins Wasser. Gleichgewicht
halten und schnell voranzukom­
men sei das Ziel. Noch wichtiger
sei aber, nicht ins Wasser zu fal­
len. Das koste Zeit und die nassen
Klamotten am Körper würden die
kommenden Kilometer ungemein
erschweren, so der Leitende an der
Station. Nach sieben Minuten auf
dem Wasser geht es im Laufschritt
weiter. Es folgen körperlich for­
dernde Stationen wie „Wolf Zie­
hen“ oder „Maßnahmen an einer
Unfallstelle“.
Können und Wissen auf
einem ganz anderen Gebiet
fordern die nächsten Statio­
nen. Oberleutnant Sascha Einig,
Zugführer aus der 3. Kompa­
nie, muss mit seiner Gruppe
Fragen zur Allgemeinbildung
und zum aktuellen weltpoliti­
schen Geschehen bis hin zur
Fußball­Europameisterschaft
beantworten. An der Station
„Giftig oder ungiftig“ gilt es,
16 verschiedene Pflanzen und
Tiere zu identifizieren und nach
giftig oder ungiftig zu unter­
scheiden. Was beim Fliegenpilz
noch relativ eindeutig erscheint,
wird bei der giftigen Dornen­
fingerspinne schon schwieriger.
Fordernd bis an die
Leistungsgrenze
„Ich ziehe vor ihnen allen den
Hut. Wir sind bis an Leistungs­
grenzen heran und teilweise sogar
darüber hinausgegangen.“ Oberst­
leutnant Krämer zeigt sich stolz
auf die Leistungen seiner Solda­
ten. Ein großes Grillfest beschließt
den anstrengenden Tag.
Die Gruppe der 4. Kompanie
war die Schnellste. Hauptfeld­
webel Martin Fehrl war mit seinen
Kameraden nach einer Stunde und
34 Minuten im Ziel. „Wir waren
gut unterwegs und haben unsere
Aufträge mit kühlem Kopf abge­
arbeitet“, erklärt er zurückhaltend.
Somit geht der Wanderpokal bis
zur nächsten Militärpatrouille an
die 4. Kompanie.
Youtube: „Auch im
Einsatz in Gao: deutsch­
niederländische Zusam­
menarbeit setzt Maß­
stäbe­Bundeswehr“.
Wir kämpfen – weij fechten
Lohheide. ­Ohrenbetäubender
Lärm ist keine Seltenheit in
einem Panzerbataillon. Jetzt
­
schallten
keine ­Kettengeräusche
oder Schießlärm am Standort
Lohheide, sondern erstmalig
erklang lautstark der Schlachtruf
des Panzerbataillons 414: „Wir
kämpfen – für Deutschland;
Weij fechten – voor Nederlands;
Panzer – Hurra.“ Das gesamte
Panzerbataillon war zum ersten
Bataillonsappell angetreten.
Das am 1. Oktober 2015 neu
aufgestellte Panzerbataillon ist
seit März der niederländischen
43. Mechanisierten Brigade
unterstellt. 25 Prozent der Sol­
daten sind Niederländer. Anfang
Juni erst waren die ersten Kampf­
panzer Leopard 2A6 im nieder­
sächsischen Lohheide eingetrof­
fen. Bis Ende des Jahres soll die
Aufstellung des Verbandes abge­
schlossen sein.
Foto: Bundeswehr/Sabrina Gerth
Für Deutschland – voor Nederlands: Binationales Panzerbataillon 414 tritt zum ersten gemeinsamen Appell an.
Eigens komponiert: Das niederländische Musikkorps präsentiert den Marsch „Panzerbataillon 414“.
Oberstleutnant Marco Nie­
meyer nutzte die Gelegenheit,
um in seiner Ansprache den zahl­
reichen Unterstützern für ihr
Engagement bei der Aufstellung
des Verbandes zu danken. Sein
besonderer Dank galt dabei Bri­
gadegeneral Gunter Schneider,
Kommandeur der Panzerlehr­
brigade 9, der mit seinen Soldaten
eine unverzichtbare Anschubleis­
tung für die Aufstellung erbracht
hat. Stellvertretend für alle Ange­
hörigen des Bundeswehr­Dienst­
leistungszentrums Bergen wurde
Oberregierungsrat Olaf Lentzen
begrüßt und der herausragende
Servicegedanke seines Dienst­
leistungszentrums mit dem Prä­
dikat „einfach Klasse“ versehen.
„Endlich ist es soweit. Sie sind
hier. Das Bataillon ist angetre­
ten. Lassen Sie uns in großen
Schritten die Einsatzbereitschaft
unseres Bataillons herstellen!“,
forderte Niemeyer auf. Den
besonderen Moment eines ers­
ten Bataillonsappells ließ sich
auch der Kommandeur der nie­
derländischen 43. Mechanisierten
Brigade, Brigadegeneral Jan
Renger Swillens, nicht nehmen.
Seine Begeisterung über die hohe
Geschwindigkeit der deutsch–
niederländischen Integration und
seine Zuversicht auf ein funkti­
onierendes binationales Panzer­
bataillon bestimmten die Worte
seiner Ansprache.
Der Brigadekommandeur hatte
für seine Soldaten aber auch eine
kleine Überraschung im Gepäck.
Anlässlich der Indienststellung
des Panzerbataillons 414 wurde
durch den ehemaligen Leiter des
niederländischen Musikkorps der
Marineinfanterie, Major a. D.
Gert Buitenhuis, eigens ein
Marsch komponiert. Und so
konnte Brigadegeneral Swillens
mit den Worten: „Führer Musik­
korps, ich bitte Sie, den Marsch
‚Panzerbataillon 414’ zu spielen“,
die Uraufführung des Musik­
stückes veranlassen.
(sch)
11. Juli 2016
ZOOM
aktuell
9
Pfad-Finder im All
Genaue Positionsbestimmung: Satellitennavigation liefert präzise Daten weltweit rund um die Uhr.
NAVSTAR-GPS war lange Zeit das einzige globale
Navigationssystem. In den Siebzigerjahren vom
US-Militär entwickelt, ist es seit 1995 auch für
die weltweite zivile Nutzung freigegeben. Andere
Länder haben inzwischen eigene Systeme entwickelt. Der Aufbau des russischen GLONASS
begann ebenfalls in den Siebzigern, 1996 waren
alle 24 Satelliten im Erdorbit. Das System
GALILEO der EU, das primär zivilen Zwecken
dient, ist seit 2003 geplant. Mit dem vollen Betrieb
ist laut European Space Agency nicht vor 2020
zu rechnen. Seit 2007 bringt auch China Satelliten für sein zukünftiges System BEIDOU ins
All. Allgemein werden solche Systeme nun als
„GNSS“ für „Global Navigation Satellite System“
bezeichnet.
Mit vier Satelliten und Referenzstationen am Boden steigt die
Genauigkeit des GPS in den
Zentimeterbereich.
er per Auto oder Flugzeug seinen Weg sucht
oder das Wettkampfgeschehen beim Segelflug
nachvollziehen will, dem bietet die moderne Satelliten­
navigation beste Voraussetzungen: Dank mobiler Navi­
gationssysteme kann sie heutzutage jeder nutzen. Vor
wenigen Jahren kostete solch ein Gerät noch gut 200
Euro. Inzwischen gibt es das globale Positionsbestim­
mungssystem oder Global Positioning System, geläu­
fig als Abkürzung GPS, quasi umsonst – als Bestand­
teil jedes Smartphones und in unzähligen anderen
mobilen Geräten. Die Navigation per Handy durch
fremde Stadtgebiete ist heute so selbstverständlich wie
Telefon und Internet.
Auch die Bundeswehr stützt sich auf GPS. So gut wie
jedes Gefechtsfahrzeug ist damit ausgerüstet. Soldaten
bestimmen den Standort nicht nur von Kriegsschiffen
und Kampfflugzeugen per GPS, sondern auch Droh­
nen und Lenkwaffen sind auf GPS angewiesen. Fall­
schirmjäger nutzen statt Landkarte und Kompass seit
den Neunzigerjahren die Satellitennavigation, um bei
Gleitschirmsprüngen ihre eigene Position zu bestim­
men. Hobby­Läufer und Radfahrer erstellen Tracks
per GPS­Datenlogger. Weltweit bewirtschaften GPS­-­
gesteuerte Maschinen in bisher unerreichter Präzision
bodenschonend landwirtschaftliche Großflächen und
steigern die Ertragsleistung.
24 GPS-Satelliten kreisen in
20 200 Kilometern Höhe
Möglich ist das durch den Einsatz von 24 GPS­
Satelliten, dazu einigen in Reserve, die in 20 200 Kilome­
tern Höhe um den Planeten kreisen. Kontrolliert werden
sie von fünf am Äquator verteilten Bodenstationen. Sie
sorgen übrigens auch dafür, dass die hochpräzisen Atom­
uhren der Satelliten exakt synchron laufen.
Von nahezu jedem Punkt der Erde aus und rund
um die Uhr können GPS­Signale von sechs bis zwölf
Satelliten empfangen werden. Für eine Ortung sind
mindestens drei Satelliten erforderlich: Jeder Satel­
lit sendet permanent ein kodiertes Signal mit seiner
Kennung, genauen Position und Uhrzeit aus. „Da der
Satellitensender in alle Richtungen des Raumes sen­
det, formt er quasi eine ‚Signal­Kugel‘ um sich herum“,
erklärt Eberhard Wassermann, Physiker an der Uni­
versität Duisburg. Ein Empfänger auf der Erde, der
Foto: Bundeswehr/Stephan Ink
W
die Signale drei verschiedener Satelliten empfängt,
kann anhand der unterschiedlichen Laufzeiten seine
­Position bestimmen.
Die minimalen Unterschiede kann die Uhr des
Empfängers aber nur grob messen: Handelsübliche
GPS­Empfänger oder Smartphones haben keine Atom­
uhr – die wäre zu schwer und zu teuer. In ihnen läuft
eine Quarzuhr, welche die Sende­ und Ankunftszei­
ten der Signale nur auf etwa eine tausendstel Sekunde
genau vergleichen kann. In dieser kurzen Zeitspanne
legt das Signal aber 300 Kilometer zurück. Entspre­
chend grob wäre die Positionsbestimmung. Darum
ist ein vierter Satellit erforderlich: Mit seinem Signal
kann die Elektronik den Fehler bis auf rund 15 Meter
genau korrigieren.
Referenzstationen
korrigieren Abweichungen
Weitere Fehlerquellen sind Streueffekte in der Atmo­
sphäre, die zu Abweichungen von bis zu 150 Metern
führen könnten. Auch dieser Fehler lässt sich beheben:
Rund um den Erdball verteilt gibt es fest installierte
Referenzstationen, die die Korrekturwerte per Funk
oder Internet an alle GPS­Empfänger der Umgebung
übertragen. Je nach Qualität von Signal und Empfän­
ger sowie der Distanz zur Referenzstation lässt sich so
eine Präzision von wenigen Metern oder gar Zentime­
tern erreichen. In der Landvermessung werden sogar
Korrektursignale verwendet, die für millimetergenaue
Präzision sorgen. Weitere kleinere Ungenauigkeiten
ergeben sich durch Schwankungen in der Erdanzie­
hung, Abweichungen der Satellitenbahnen von der
Idealkurve sowie durch Signalreflektionen etwa an
Bergen und Meeren.
Durch mehr Satelliten und aufwändigere Technik
ließe sich die Präzision von GPS auch für herkömm­
liche Zwecke bis in den Millimeterbereich verbes­
sern. Selbst innerhalb von Gebäuden. Dann wäre es
nach Wassmanns Einschätzung sogar möglich, damit
zu bestimmen, ob ein Billardtisch schief steht. Die
nächste Generation von GPS­Satelliten und das im
Aufbau befindliche europäische System GALILEO
werden Fortschritte bringen. Die USA und die EU
denken auch darüber nach, ihre Systeme zu kombinie­
ren. Weitgehend kompatibel sind sie jedenfalls. „Das
würde die Genauigkeit der Ortsbestimmung revoluti­
onieren“, sagt Wassermann.
Foto: Bundeswehr/Detmar Modes
Von Jan Berndorff
GPS bei der Bundeswehr: Ein Gerät vom
Typ AN/PSN-11 im Einsatz im Kosovo. Mitte:
Teil des Satzes „Infanterist der Zukunft“ ist
ein GPS-Gerät. Rechts:
Ein GPS-Empfänger
dient den Fallschirmjägern bei einer Übung
als Backup.
Foto: Bundeswehr/Gerrit Burow
Präzision im Verbund
Grafik: Bundeswehr/Benjamin Hintze
Satellitennavigation weltweit
10
aktuell
SPORT
11. Juli 2016
Das Superschwergewicht
Almir Velagic kam als Flüchtling nach Deutschland – jetzt startet er als Sportsoldat bei den Olympischen Spielen.
Kienbaum. In einer vom Doping
verseuchten Sportart wollen
Hauptfeldwebel Almir Velagic
und seine Kameraden bei den
Olympischen Spielen mit fairen
Mitteln um Medaillen kämpfen.
Velagic gilt im Gewichtheben
als Deutschlands größte Medaillenhoffnung. Der 34-jährige
Sportsoldat konzentriert sich
jedoch mehr auf die Last der
Gewichte als auf die Last der
Erwartungen: „Etwas Druck
verspüre ich schon, aber zu viel
Druck darf man sich nicht aufladen, sonst macht man sich nur
kaputt“, sagt er. In den Erholungsphasen zwischen den Trainingslagern und Wettkämpfen
kümmert er sich vor allem um
seine Familie. „Das Abschalten
ich damals in der Schule saß, als
plötzlich Granaten in der Nähe
einschlugen und die Fenster zum
Wackeln brachten.“ Im bayrischen Kaufbeuren, wo sein Vater
schon als Gastarbeiter tätig war,
fand seine Familie eine neue
­
Heimat.
Training
ohne Lagerkoller
Nun, zweieinhalb Jahrzehnte
später, trainiert der Familienvater im Bundesleistungszentrum Kienbaum für seinen großen Traum von einer Medaille
in Rio. Gemeinsam mit seinen
Kameraden von der Sportfördergruppe Bruchsal stemmt er
unter Leitung von Bundestrainer
Oliver Caruso die Hanteln. Um
im Trainingslager keinen Lagerkoller zu bekommen, gönnen
sich die starken Männer ab
und zu mal einen Tag
im nahen Berlin. Zur
Mannschaft für
die Olympischen Spiele gehören neben Velagic auch Stabsunteroffizier Alexej Prochorow,
ebenfalls Superschwergewichtler, sowie Hauptfeldwebel Jürgen
Spieß in der Gewichtsklasse bis
105 Kilogramm und Hauptgefreiter Nico Müller bis 77 Kilogramm. Sie alle haben sich ihr
Ticket nach Rio bereits bei der
Europameisterschaft im April
gesichert. Wegen der laufenden
Dopingverfahren gegen Russland, Weißrussland und Kasachstan kann sich Deutschland sogar
noch Hoffnung auf einen weiteren
Startplatz machen. Stabsunteroffizier Max Lang könnte dann in
der Gewichtsklasse bis 77 Kilogramm noch zur Mannschaft hinzustoßen.
Viele schwarze Schafe
in den letzten Jahren
Fotos: Bundeswehr/Christian Thiel (5)
Von Markus Theis
Fotos Christian Thiel
Seit 1992 Gewichtheber: Hauptfeldwebel Almir Velagic startet mit
mehr als 105 Kilogramm im Superschwergewicht.
Dass im Gewichtheben mit unfairen Mitteln gearbeitet wird,
zuhause fällt mir ziemlich leicht,
denn meine zweijährigen Zwillinge halten mich ganz gut auf
Trab.“
Velagic, der gebürtig aus dem
heutigen Bosnien stammt, spricht
mit bayrischem Akzent. Seine
Familie floh einst vor den Wirren der Balkan-Kriege nach
Deutschland. „Ich kann mich
noch genau daran erinnern, wie
stellt sich immer wieder heraus. Nach den Olympischen
Spielen in London wurde vier
Gewichthebern im Nachhinein
die Medaille aberkannt. „Wenn
alles fair abgelaufen wäre, hätte
ich in den letzten Jahren wahrscheinlich die eine oder andere
Medaille mehr erringen können“, sagt Velagic. Er konzen-
triere sich auf seine eigene Leistung, um den Rest müsse sich
die Welt-Anti-Doping-Agentur
kümmern. Velagic hofft, dass
die regelwidrigen Vorteile, die
sich andere Athleten verschaffen, ausgeglichen werden können. „Die technischen Analysemethoden, die Ernährung
und auch die Unterstützung der
Bundeswehr, durch die ich mich
voll aufs Training konzentrieren kann – das alles kann dazu
beitragen.“
Velagic wird seinen 35.
Geburtstag auf dem Rückflug
aus Brasilien feiern. Wenn
alles fair zugeht, werden er und
seine Kameraden vielleicht
noch einen weiteren Grund zum
Feiern haben.
Fünffach stark
Die Sportsoldaten Annika Schleu und Patrick Dogue treten im Modernen Fünfkampf an.
EM-Einzel und ging einzig in
der Mixed-Staffel an den Start.
Auch die Gedanken des zweimaligen deutschen Meisters kreisen bereits fast nur noch um sein
Olympia-Debüt: „Für mich wird
ein Lebenstraum wahr.“
Als Sportsoldaten treten Schleu
und Dogue historisch betrachtet
in einer maßgeschneiderten
Sportart an. Denn den Mix aus
Fechten, Schwimmen, Reiten,
Schießen und Laufen (Combined) entwickelte 1909 der französische Wiederbegründer der
Olympischen Spiele Baron Pierre
de Coubertin, um die Spiele in
den damals oft noch militärisch
geprägten Gesellschaften auch
für Offiziere attraktiv zu machen.
Für Schleu indes bilden andere
Gründe als Tradition den Reiz:
„Ich kann mir nicht vorstellen,
vier Jahre für Olympia für 100
Meter Schwimmen zu trainieren,
und dann ist das Rennen womög-
lich schon wegen einer Zehntelsekunde in der Reaktion beim
Start gelaufen. Wir dagegen sind
den ganzen Tag gefordert.“(kra)
Foto: Bundeswehr/Dirk Dehmel (2)
Schon ganz auf Rio fokussiert
dienten die Wettkämpfe in Bulgariens Hauptstadt den beiden
Pentathleten ohnehin nur als Zwischenstation. Zwar gehörte für
Schleu eine EM-Einzelmedaille
vor dem Balkan-Trip zu den
noch unerreichten Zielen, doch
so kurz vor Olympia standen
für die mehrfache Staffel- und
Teamweltmeisterin Wettkampfpraxis und Formüberprüfung im
Mittelpunkt: „Ich möchte in Rio
eine Top-Ten-Platzierung erreichen“, sagte die Fünfte der Weltrangliste.
Dogue, der nach seinem glänzenden zweiten Platz beim
Weltcup-Finale im US-amerikanischen Sarasota als Nachrücker
die Rio-Qualifikation geschafft
hatte, verzichtete sogar auf das
Foto: Bundeswehr/Susanne Poßner
Sofia. Die Reise zur Europameisterschaft (EM) der Modernen Fünfkämpfer in Sofia hat
die Sportsoldaten Stabsunteroffizier Annika Schleu und
Hauptgefreiter Patrick Dogue
vergangene Woche von Berlin und Potsdam zunächst in die
Emmich-Cambrai-Kaserne
­
nach
Hannover geführt – und plötzlich war Rio de Janeiro schon
ganz nah. Der Umweg zur offiziellen Einkleidung für die Olympischen Spiele machte trotz der
gleichzeitig schon eröffneten
Titelkämpfe die Prioritäten deutlich – und Spaß. „Vier Stunden
wie Powershopping“, kommentierte Schleu die Verteilung der
­Olympia-Kollektion. Zwangsläufig rückte die EM in die Ferne:
„Die Vorfreude auf Rio steigt.“
Fünfkämpfer: Annika Schleu (o. u. l.) und Patrick Dogue (r.).
11. Juli 2016 SOZIALES / PERSONAL
aktuell 11
Flexibel arbeiten
Passend zum Leben: Bei der Bundeswehr gibt es viele Möglichkeiten, die Arbeitszeiten anzupassen.
Köln. Telearbeit? Darüber hat
Oberleutnant Christian Topmöller
früher noch nicht mal nachge­
dacht. Bei der Heeresflugab­
wehr war er ständig unterwegs –
Lehrgänge, Rekruten ausbilden,
Überstunden. Als Soldat steht
der Dienst immer an erster Stelle.
Dachte er. Bis zur Geburt seiner
Tochter. „Ich habe das schlag­
artig gespürt, dass ich als Vater
noch eine andere wichtige Ver­
antwortung habe“, sagt der
34­Jährige.
Soldat ist Topmöller noch
immer. Doch dass sich glückli­
ches Privatleben und gewissen­
hafter Dienst nicht ausschließen,
sondern sogar bedingen, das hat
der Oberleutnant inzwischen
gelernt. Um beides besser ver­
einbaren zu können, hat Topmöl­
ler bei seinem Vorgesetzten beim
Personalmanagement der Bun­
deswehr Köln einen Antrag auf
Telearbeit gestellt. Jetzt arbeitet
er drei Tage pro Woche zu Hause
in Willich bei Düsseldorf und
spart sich so jeden Tag zwei Stun­
den Pendelei. „Meine Frau ist
selbstständig und viel auf Rei­
sen. Wenn ich meine Tochter in
den Kindergarten bringen und
von dort abholen musste, bin ich
später zum Dienst erschienen und
früher gegangen“, berichtet Top­
möller. Stunden, die er zu Hause
Grafik: Bundeswehr/Eva Pfaender
Von Julia Weigelt
dann nacharbeiten musste. Heute
hat sich die Situation deutlich
entspannt. Nur noch zwei Tage
pro Woche ist er im Personalamt
in Köln – und das hat Auswirkun­
gen. „Ich spüre, dass ich ein enge­
res Verhältnis zu meiner Tochter
bekommen habe, was mich sehr
freut“, sagt Topmöller.
Nachdem ihm klar geworden
war, dass er von zu Hause aus
arbeiten möchte, sprach er sei­
nen Vorgesetzten an und schil­
derte seine Situation. „Er hat mit
viel Verständnis reagiert“, sagt
der 34­Jährige. Er lud schließ­
lich die passenden Anträge im
Intranet runter, füllte sie aus
und reichte sie ein. Parallel zur
Telearbeit beantragte der Offi­
zier einen mobilen Arbeitsplatz
– das geht schneller. Den siche­
ren Laptop mit Zugriff auf alle
Dokumente hat er schon. „Und
einen Bürostuhl“, sagt Topmöller
und lacht. Auf einen Desktop­
Rechner, Telefon und Drucker
wartet er noch. „Hauptsache, ich
habe jetzt mehr Zeit für meine
Familie und kann trotzdem meine
Pflichten als Soldat erfüllen“, sagt
Topmöller.
Auch der Dienstbeginn
ist flexibel
Diese Situation kennt Haupt­
feldwebel Julia Neschen nur zu
gut. Als sie vor vier Jahren Mut­
Teilzeit- und Telearbeit – auch ohne besondere Gründe möglich
Seit Jahresbeginn können Bundeswehrangehörige
auch ohne besondere Gründe Teilzeit- und Telearbeit beantragen. Die Bewilligungszahlen sind in
den vergangenen Monaten bereits um zehn Prozent gestiegen. Auch immer mehr Männer nehmen diese Angebote in Anspruch. Aber auch in
Zukunft wird es Fälle geben, in den denen Teil-
zeitarbeit oder Telearbeit nicht möglich ist. Bei
Telearbeit werden die Arbeits- und Präsenzzeiten nach Maßgabe der geltenden Gesetze individuell zwischen Vorgesetzten und Antragstellern
vereinbart. In der Bundeswehr gibt es rund 1800
Telearbeiter, darunter 600 Soldaten. Für mobiles
Arbeiten stehen rund 3000 Laptops zur Verfügung.
ter einer Tochter wird, reduziert
sie ihre Arbeitszeit als Sachbear­
beiterin beim Personalmanage­
ment der Bundeswehr auf 70
Prozent. „Mein Mann arbeitet
im Schichtdienst, jeden Tag zu
anderen Zeiten, und die Kita hat
nicht ewig auf“, erklärt Neschen
ihre Situation. Durch ihre Teil­
zeitstelle kann sie Familie und
Dienst deutlich besser vereinba­
ren. Inzwischen ist ihre Tochter
vier – Neschen hat ihre Arbeits­
zeit wieder auf 90 Prozent anhe­
ben lassen.
Ebenfalls hilfreich ist für die
Soldatin der flexible Dienstbe­
ginn. „Ich habe eine Kernzeit von
neun bis elf Uhr. Dann bin ich
für Besprechungen oder Anrufe
auf jeden Fall am Platz“, sagt
die 33­Jährige. Ob sie aber von
sechs bis 14 Uhr oder von acht
bis 16 Uhr arbeitet, kann sie frei
wählen. Inzwischen gibt es in
ihrem Referat vier Teilzeitkräfte
– und der Dienst läuft gut. „Die
Vorgesetzten werden durch diese
Regelung flexibler und geben den
Soldaten mehr Eigenverantwor­
tung – das finde ich Klasse“, sagt
Neschen. Auf die Bedürfnisse der
Mitarbeiter eingehen zu können,
das sei aus ihrer Sicht eine wich­
tige Qualität von Vorgesetzten.
„Wenn ich das spüre, dann moti­
viert mich das“, sagt die Soldatin.
Sie hat sich entschieden, Berufs­
soldatin zu werden.
Hauptsache Seemann
Obermaat Maurice Reinhold: Mit dem Eintritt in die Bundeswehr erfüllt sich sein Traum.
Wie können Sie am besten entspannen?
Im Sonnenstuhl an Bord.
Mit wem würden Sie gern einen Monat lang tauschen?
Mit einem Seenotretter.
Was treibt Sie an?
Mein Wunsch, Seefahrer zu werden.
Foto: Bundeswehr/Nicole Kubsch
Parow. Zur See fahren wollte
Obermaat Maurice Reinhold
schon immer. Zumindest soweit
er sich erinnern kann. Bevor er
diesen Weg einschlug, stand
allerdings erstmal eine zivile
Berufsausbildung an – zum
Flachglasmechaniker. Durch­
aus ein schöner handwerkli­
cher Beruf, doch für den jungen
Reinhold nicht die Erfüllung
seiner Träume. Ihn zieht es aufs
Meer. Er will die See befahren
und so die Welt kennenlernen.
Heute ist Maurice Reinhold
Zeitsoldat an der Marinetechnik­
schule, sein Fachbereich ist die
Verwendungsreihe 46 – Elek­
troniker für Geräte und Systeme.
Solche Leute werden schließlich
immer an Bord gebraucht.
Die Berufsausbildung erfolgt
in der Marinetechnikschule.
Wenn er die Prüfungen besteht,
hat Reinhold seinen Facharbei­
terbrief in der Tasche und kann
endlich an Bord eines Marine­
schiffes. „Das Leben an Bord ist
spannend und es besteht ein ganz
besonderes Gemeinschaftsgefüge
dort. Man muss sich aufeinander
verlassen können, es zählt der
Zusammenhalt“, sagt Reinhold.
In der zivilen Schifffahrt fah­
ren die Matrosen oft nur in Form
einer Stippvisite in einen Hafen
ein. Das reicht Reinhold aber
nicht aus. Er möchte mehr sehen
von der Welt, von anderen Län­
dern, und er möchte vor allem die
Leute kennenlernen. Deshalb will
er mit der Marine zur See fahren.
Seine Wunschziele sind Afrika
und die skandinavischen Länder.
Nach seiner Ausbildung und den
erfolgreich beendeten Prüfungen
soll es Ende 2017 für Reinhold
endlich auf den Einsatzgruppen­
versorger „Berlin“ gehen.
Auch in seiner Freizeit beschäf­
tigt sich der junge Soldat mit Teil­
chenkunde. In der AG Modell­
bau bastelt er an ferngesteuerten
schwimmfähigen Schiffsmodel­
len. Schiffsrumpf, Technik und
viele Feinheiten entstehen alle­
samt in Handarbeit.
(kub)
Was wäre Ihre berufliche Alternative?
In der zivilen Seefahrt unterkommen.
Wozu können Sie nicht „Nein“ sagen?
Auf dem Wasser unterwegs zu sein und Strandspaziergänge.
Wie lautet Ihr Lebensmotto?
Wir können das – wir machen das!
Was ist Ihr Hauptcharakterzug?
Geduld.
Wo möchten Sie am liebsten leben?
In den Fjorden Norwegens.
Welche Eigenschaften schätzen Sie an anderen Menschen?
Ehrlichkeit.
Welches Lied singen oder hören Sie gern?
Fools Garden: „Lemontree“.
12
aktuell
VERMISCHTES
11. Juli 2016
te
Selfiemania
Erstes Selfie zeigte
Loch in Unterlippe
Eines ist unbestritten: Das
Selfie ist längst zum populärsten
fotografischen Genre geworden
– aufgenommen mit einem
Smartphone und dann entlassen
in die Weiten der sozialen Netzwerke. Es erzählt, wo und wer
wir sind, was wir machen und
wer wir gern wären.
Das vermutlich erste Mal
wurde der Begriff Selfie zusam-
men mit einem sehr uneitlen Bild
verwendet, das durchaus fotojournalistische Qualitäten hatte:
Am 13. September 2002 postete
Nathan Hope ein Foto von sich,
das ihn in ziemlich lädiertem
Zustand zeigte, nachdem er sich
auf dem Heimweg vom Geburtstag eines Kumpels auf der Treppe
lang gelegt hatte. Er hatte sich
dabei ein Loch in die Unterlippe
gebissen, wie auf dem Foto zu
sehen war, und schrieb zu dem
leicht verschwommenen Selbstbild: „And sorry about the focus,
it was a selfie.“
Alle Nachfahren
von Narziss?
Im Jahr 1523 oder 1524 malte
Francesco Mazzola, genannt
Parmigianino, ein Bild von sich
selbst, auf ein gewölbtes Stück
Foto: ESA
Foto: Bundeswehr/Matthias Letzin
Hamburg. Kaum ein Tag, an
dem wir nicht zum Smartphone
greifen und ein Bild von uns selbst
machen – Selfies sind der ultimative Beweis dafür, dass es uns gibt
und dass wir vor Ort waren.
Wenn es sogar der Papst macht,
kann es auch nichts Schlechtes
sein; selbst wenn Franziskus
auf seinem ersten Selfie, aufgenommen von und mit Jugendlichen beim Besuch im Vatikan,
wie ein leicht verdutzt wirkender, überrumpelter Opa schaut
und sein Kinn etwas unvorteilhaft
verschoben ist. Die päpstliche
Selfie-Premiere brachte Twitter
und Facebook zum Awww!en
und Ohhh!en, so begeistert waren
alle vom coolen Pontifex.
Selfie-Knipsen ist inzwischen
so normal, dass es einem fast
komisch vorkommt, wenn einen
jemand bittet, doch schnell ein
Foto von ihm oder ihr zu schießen, statt es einfach selbst zu
machen. Trotzdem fühlt sich das
Selfie-Posieren manchmal seltsam an: Ist dieser Selbstabbildungswahn nicht auch schrecklich eitel und selbstverliebt?
Aufs Display statt in die Linse geguckt: Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen mit einem
Besucher im Ministerium im Jahr 2014. Selfie aus dem All: Der Astronaut Alexander Gerst im Jahr 2014.
016
27/2
Foto: Getty
Images/AFP
/Fili
Von Anja Rützel
ppo Montef
or
Bitte lächeln: Nicht nur Selbstdarsteller begeistern sich für Selfies.
Pappelholz, das beim Betrachter die Illusion einer Fotolinsen-Spiegelung hervorruft. In
seinem „Selbstporträt im konvexen Spiegel“ ist die Hand
des Malers im Vordergrund
etwas verzerrt und im Verhältnis zum Kopf viel größer
– ein typischer Selfie-Effekt.
Löst man das Selfie vom
Smartphone und betrachtet
es schlicht als Selbstporträt
mit den technischen Mitteln, die die jeweilige Zeit
eben gerade zur Verfügung
hat, dann kann auch Vincent Van Goghs berühmtes Selbstbildnis mit Ohrverband durchaus in diese
Kategorie gesteckt werden. Das erste, lupenreine Werk, das ganz
eindeutig so genannt
werden darf, entstand
1839. Geknipst wurde
es von Robert Cornelius, der mit der neuen
Fototechnik experimentierte. Weil der
Belichtungsprozess
damals noch sehr
langsam war, blieb
ihm genug Zeit, die Linse zu
öffnen, ins Bild zu rennen, dort
eine Minute stehen zu bleiben
und die Linsenkappe wieder
aufzusetzen. Auf die Rückseite
seines Selfie-Abzugs schrieb
er: „Das erste Lichtbild, das
je gemacht wurde.“ Als erster
Selfie-Teenager gilt die russische Großherzogin Anastasia
Nikolajevna, die 1914 mit 13
Jahren in einen Spiegel knipste,
um einem Freund ein Foto von
sich schicken zu können. Die
Selbstauslösertechnik etablierte
sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts und führte zu einer ersten
großen Welle von Selbstbildnissen. Mittlerweile sind wir routinierte Selbstdarsteller. Selbstverliebt, könnte man annehmen.
Aber sind wir Selfie-Knipser
wirklich alle direkte Nachfahren
von Narziss? Der griechische
Schussel verliebte sich in sein
Spiegelbild auf der Oberfläche
eines Sees – und schmachtete
sein Bild so lange an, bis er ins
Wasser fiel und ertrank.
SUDOKU
Vi
el G
Senden Sie die vier Lösungszahlen,
lück
die sich aus den farbigen Feldern
!
ergeben, per E-Mail mit dem Betreff
„Sudoku 27/2016” und Ihrer Postanschrift an:
[email protected]
Einsendeschluss:
Sonntag dieser Woche
Zu gewinnen:
APC Mobile Power Bank 10 000 mAh
Dieser externe Zusatzakku für Smartphones und
Tablet-PCs bietet bis zu vier Ladevorgänge für unterwegs.
Lösung 25/2016: 5 7 9 9
Gewonnen hat: Christian Pech
Spielregeln: Füllen Sie das Raster mit den Zahlen von 1 bis 9. In jeder Zeile und jeder Spalte darf jede Zahl nur einmal vorkommen.
Zudem kommt auch in jedem 3 x 3 Feld jede Zahl nur einmal vor. Doppelungen sind nicht erlaubt.
Aus allen richtigen Einsendungen wird der Gewinner ausgelost. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.