Lesen in Bewegung
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Lesen in Bewegung
Lesen in Bewegung Innovative Leseförderung mit Bewegungsansätzen Dokumentation einer Tagung der Baden-Württemberg Stiftung und der Stiftung Lesen Inhalt 4Vorwort Baden-Württemberg Stiftung und Stiftung Lesen 6 Sigrid Fahrer Lesen in Bewegung – Gute Gründe und innovative Ideen für eine Leseförderung zwischen Bolzplatz und Bibliothek 11 Erika Seitz Das Buch in der Sporthalle 17 Christine Kranz Die bewegte Vorlesestunde 23 Hannes König / Lars Bäumer / Astrid Sepp (Bildungs-)Partner vernetzen: Kommunikation als Schlüssel – Flirtregeln als Hilfestellung 29 Holger Mügge / Ulf Kerber Bewegte Geschichten und Computerspiele zum Davonlaufen 34 Barbara Knieling Die bewegte Elternveranstaltung – Lesen und Bewegung als gemeinsames Thema einer Elternveranstaltung 38 Lese- und Bewegungstipps für Eltern und Kinder 42 Frank Maria Reifenberg Leseförderung mit Ball und Buch 48 „Lesen in Bewegung“ – Chancen, Hürden und Voraussetzungen 53 Bewegungsparcours „Lesen in Bewegung“ 56 Initiativen rund um „Lesen in Bewegung“ – Bewegte Projekte zur Leseförderung 63 Impressum Vorwort bei einer Rumpfbeuge nicht ihre Fußsohle (Quelle: Motorik Modul 2009). Bei der Unterstützung von Kindern und Jugendlichen im Bereich der Lese- und Bewegungsförderung besteht also dringender Handlungsbedarf. Die Initiative „Lesen in Bewegung“ der Baden-Württemberg Stiftung und der Stiftung Lesen startete am 14. Februar 2014 mit einer im wahrsten Sinne des Wortes bewegten Tagung: In sechs Workshops, einer Podiumsdiskussion, zehn Projektpräsentationen und einem Parcours mit Lese- und Bewegungsaufgaben konnten sich die mehr als 200 Teilnehmenden über innovative Ansätze, die Leseförderung mit Bewegungselementen verknüpfen, informieren und in Schwung bringen lassen. Die positive Resonanz auf die Tagung zeigt, dass Akteure aus ganz unterschiedlichen Bereichen – von der Kitaleitung über den Sporttrainer und die Deutschlehrkraft bis zum Fußballfunktionär – die Verknüpfung von Lesen und Bewegung als Quelle für neue Methoden und praktische Anregungen erachten. Grund für das interdisziplinäre Interesse ist, dass die Ansätze von beiden Seiten wirken: Mit ihnen lassen sich sowohl Sportbegeisterte zum Lesen als auch Bücherfans in Bewegung bringen. Sie stellen fest: Uns verbindet mehr als gedacht! Diese Maxime gilt für „Lesen in Bewegung“ generell: Die auf den ersten Blick ungewöhnliche Kombination weist vielfältige entwicklungsfördernde Effekte bei Kindern und Jugendlichen auf und nimmt zudem zwei Bildungsherausforderungen in Angriff: 15,4 % der Grundschüler erreichen nicht die Mindeststandards im Lesen (Quelle: IGLUStudie 2011) und 14,5 % der 15-Jährigen verfügen nur über rudimentäre Lesekenntnisse (Quelle: PISA 2012). 15 % der Kinder und Jugendlichen sind übergewichtig, 6,3 % adipös (Quelle: Kiggs 2003 – 2006). Ein Drittel der Kinder und Jugendlichen können nicht mehr als einige Schritte auf einem Balken rückwärts balancieren und 43 % erreichen 4 Die Initiative „Lesen in Bewegung“ steht deshalb exemplarisch für nachhaltige und innovative Bildungsvorhaben, für die sich die BadenWürttemberg Stiftung und die Stiftung Lesen einsetzen. Die Konsolidierung dieser individuellen Bemühungen und Erfahrungen, die die Baden-Württemberg Stiftung mit dem erfolgreichen Projekt „kicken& lesen – Denn Jungs lesen ander(e)s!“ u. a. mit dem VfB Stuttgart und dem SC Freiburg sowie die Stiftung Lesen gemeinsam mit den Bundesliga Kids-Clubs und der Deutsche Fußball Liga GmbH mit der Aktion „Kids-Clubs: Lesestark und Fußballfit“ auf dem Feld Lesen und Bewegung gesammelt haben, bedeutet eine erhebliche Weiterentwicklung und Verstetigung der Förderansätze. Die Kooperation zahlt auf das gesamtgesellschaftliche Engagement der Baden-Württemberg Stiftung und der Stiftung Lesen ein. Die vorliegende Dokumentation möchte zum einen das breite Spektrum an Vorgehensweisen, Methoden und Best-Practice-Beispielen für den Bereich „Lesen in Bewegung“ vermitteln und zum anderen als Fundgrube und Denkanstoß zugleich für alle Interessierten aus Bildung, Sport und Wissenschaft dienen. Darauf aufbauend wird das Programm in den kommenden Monaten weiterentwickelt. Wir wünschen Ihnen eine bewegte und vergnügliche Lektüre mit vielen Anreizen. Wir freuen uns, mit Ihnen gemeinsam mit „Lesen in Bewegung“ neue Wege der Leseförderung zu beschreiten. Allen Beteiligten der Tagung danken wir für ihr Engagement. Ihr Christoph Dahl Geschäftsführer der Baden-Württemberg Stiftung Ihr Dr. Jörg F. Maas Geschäftsführer der Stiftung Lesen 5 Sigrid Fahrer: Lesen in Bewegung – Gute Gründe und innovative Ideen für eine Leseförderung zwischen Bolzplatz und Bibliothek Lesen und Bewegung scheinen auf den ersten Blick nur wenige Gemeinsamkeiten zu besitzen, ja sich vielmehr diametral zueinander zu verhalten: Dem Lesen als kontemplativer Tätigkeit, die im Liegen oder Sitzen ausgeübt wird, steht die Bewegung als Ausgleich zu geistigen Herausforderungen, als Möglichkeit „den Kopf frei zu bekommen“, gegenüber. Untersuchungen und Beobachtungen aus verschiedenen Disziplinen demonstrieren jedoch, dass es viele Berührungspunkte zwischen den beiden Bereichen gibt und ihre Verbindung überdies positive Effekte zeitigt. Die frühkindliche Sprachforschung zeigt uns, dass Spracherwerb und Bewegung eng miteinander zusammenhängen, Sehen und Hören z. B. mit der Fein- und Grobmotorik verknüpft sind (vgl. Zimmer 2009, S. 74). Eine Verschränkung der beiden Bereiche kann sich in dem Sinne entwicklungsfördernd auswirken, dass die taktile Wahrnehmung geschult, die Sprechfreude angeregt und bei Deutsch lernenden Kindern auch der Wortschatz erweitert wird (vgl. Suhr 2008, S. 11 ff.). Aus der Neurologie wissen wir, dass Bewegung die Hirntätigkeit anregt und damit die Aufnahmefähigkeit, Konzentrationsleistung und das Gedächtnis befördert (vgl. Clancy 2008, S. 13). Das kommt natürlich auch dem Leselernprozess sowie dem Erfassen von Texten aller Art zugute. Diese neurologischen Erkenntnisse fließen auch in den Alltag vieler Schulen ein und werden im Unterricht etwa in Aktivierungsspielen zwischendurch, Tanzund Yogaeinlagen sowie bewegten Pausen umgesetzt. Die Verbindung von Lesen und Bewegung ermöglicht es Kindern und Jugendlichen ebenfalls, sich mit ihren jeweiligen Fähigkei6 Die Bewegungsspiele und Aktivierungsideen, die Grund- und Förderschulklassen bei der Stiftung Lesen im Rahmen eines Wettbewerbs eingesendet haben, demonstrieren gut, wie kreativ und anregend Kinder sich bewegen lassen. Beim „Wasserbomben-Schleuder-Spiel“ ist Geschicklichkeit gefragt: Zwei Kinder versuchen mit Wasser gefüllte Ballons sicher von einem zwischen sich aufgespannten Laken, das sie an den Zipfeln feshalten, ins Laken des anderen Teams zu schleudern – ein ideales Spiel für heiße Tage. Für das „Treppenrechnen“ wird jede Stufe mit einer Zahl von 1 bis 20 versehen und von je einem Kind besetzt. Dann gibt es Rechenaufgaben mit zwei Zahlen. Die Kinder, aus deren Zahlen die Aufgabe besteht, laufen nun so schnell sie können zur Treppenstufe mit dem Ergebnis. Mit „Zick-Zack-Hui“ wird die Konzentration gefördert, wenn der Ball auf Signalwörter hin in eine bestimmte Richtung weitergegeben werden muss, beispielsweise bei „Zick“ nach rechts, bei „Zack“ nach links und bei „Hui“ willkürlich. Diese und weitere Übungen unter: www.clixmix.de/erwachsenenbereich/ausder-praxis-für-die-praxis mehr: Jeder kann beides sein, seinen Horizont erweitern, altes Schubladendenken hinter sich lassen und entdecken, wie viel Spaß in Büchern und Bewegung steckt. ten einzubringen. Bei den Lese- und Bewegungsparcours der Stiftung Lesen zeigt sich dies eindrücklich: Jeder punktet mit dem, was er gut kann, fühlt sich mit seinen Stärken in seinem Team aufgehoben und wertgeschätzt und lässt sich auf dieser Basis auf neue Lese- und Sportherausforderungen ein. Dabei hat das Gegensatzpaar „Sportskanone und Bücherwurm“ keine Chance In den Lese- und Bewegungsparcours achtet die Stiftung Lesen deshalb besonders darauf, dass die beiden Bereiche nicht getrennt werden, sich also nicht in hier die Leseecke und dort den Dribbelparcours spalten, sondern in den einzelnen Übungen miteinander verschmelzen. Dafür werden Wörter als Ausgangspunkt für Bewegung genutzt oder während der Bewegung vorgelesen, auf das Vorgelesene wird mit Bewegung reagiert oder Bücher werden als Sportobjekte genutzt. So stellen sich die fördernden Effekte, die eine Verbindung der beiden Bereiche hervorrufen können, in besonderem Maße ein. Bei einem Lese- und Bewegungsparcours können unterschiedliche Bücher und Textformen sowie diverse Sportgeräte eingesetzt werden. So kann in einem Witzebuch, das auch bei Kindern gut ankommt, die nicht so gerne lesen, viel Bewegung stecken: Zwei Kinder stellen sich gegenseitig Aufgaben, z. B.: „Wie viele einbeinige Sprünge brauchst du bis zur gegenüberliegenden Wand?“ oder: „Wie lange kannst du einen Bleistift auf der Fingerspitze balancieren?“. Die Übung wird ausgeführt und laut mitgezählt. Wurden z. B. zehn Sprünge benötigt, blättern die Kinder im Witzebuch zur Seite 10 und lesen alle Witze auf dieser Seite vor. Anschließend notiert jeder für sich den lustigsten Witz. Dann geht es mit der nächsten Aufgabe weiter, bei der das Zählen bei der zuletzt genannten Zahl, also hier im Beispiel bei elf, fortgesetzt wird. Das geht so lange, bis die letzte Seite erreicht ist. Dann können die notierten Witze verglichen werden: Haben die Teams den gleichen Humor? Igelbälle lassen sich beispielsweise verwenden, um Wörter in einem Text haptisch erfahrbar zu machen. Dafür zeichnet eine Gruppe der Kinder ausgewählte Wörter aus dem Text, wie z. B. Fisch, mit dem Igelball unter dem Fuß nach und hält mit dem anderen Bein das Gleichgewicht. Die andere Gruppe zeichnet den Gegenstand, hier also den Fisch, mit Buntstiften auf ein Blatt Papier. Nach jedem Wort wird das Bein gewechselt und nach zehn Wörtern tauschen auch die Gruppen. Am Ende der Übung entsteht so eine kleine Bildergeschichte, die für die weitere Arbeit mit dem Text genutzt werden kann. Weitere Übungen sind auch im Kapitel „Bewegungsparcours“ in dieser Dokumentation zu finden. 7 Eltern müssen zum einen über die Bedeutung des Vorlesens und ihre Rolle als Lesevorbild aufgeklärt werden. Zum anderen ist es wichtig, sie mit konkreten Lesetipps und dazu passenden Spiel- und Bewegungsideen zu versorgen. Die „Vorlesestudie 2011“ der Stiftung Lesen belegt, dass Kinder, denen vorgelesen wird, auch gerne Sport treiben und die Förderung des Lesens zu einem weiten Interessenfeld führt, das auch körperliche Betätigung einschließt. So ist der Anteil der Kinder und Jugendlichen, die mindestens einmal in der Woche Sport treiben, höher (66 %) als bei den Kindern und Jugendlichen, denen nicht vorgelesen wurde (55 %, vgl. Stiftung Lesen, Deutsche Bahn und ZEIT, 2011, S. 14). Aus diesem Grund sind die Eltern hier gefragt, aktiv zu werden und ihren Kindern möglichst früh und regelmäßig vorzulesen. Dabei lässt sich die Verbindung von Lesen und Sport, insbesondere mit Fußball, zudem gut nutzen, um auch Väter zum Vorlesen zu motivieren, deren Beitrag zur Lesesozialisation von Kindern geringer ist: Nur 9 % der Väter geben an, ihren Kindern täglich vorzulesen (vgl. Stiftung Lesen, Deutsche Bahn und ZEIT, 2013, S. 19). Das gemeinsame Lesen von Fußballzeitschriften oder Sportlerbiografien gibt ihnen die Möglichkeit, diese wichtige Funktion im Rahmen ihrer Interessen und Freizeitaktivitäten wahrzunehmen und so die eigene Lesefreude spielerisch an ihre Kinder weiterzugeben. Nicht nur Eltern sind gute Lesevorbilder, sondern auch Sportler selbst: Nichts beeindruckt Kinder und Jugendliche mehr, als wenn sich 8 Eine Übung, die eigentlich mit jedem Buch kombiniert werden kann, ist das Jonglieren während des Vorlesens: Elternteil und Kind stehen sich gegenüber. Einer liest aus dem Buch vor, während der andere versucht, einen Luftballon möglichst lange mit allen Körperteilen in der Luft zu halten – außer mit den Händen. Das Zuhören ist dabei eine ganz besondere Herausforderung! Wenn der Luftballon auf den Boden fällt, wechseln Jongleur und Vorleser. Die Profis können es auch mit einem Ball statt mit einem Luftballon versuchen! Eine andere Idee für eine gemeinsame Lese- und Bewegungsaktion ist, sich für jede Figur in der Geschichte eine Bewegung auszudenken, z. B. bei „Pippi“: einmal im Kreis drehen, „Annika“: Ball mit dem Knie anhalten. Die Geschichte wird nun vorgelesen. Werden die Figuren genannt, führt die ganze Familie die entsprechende Bewegung aus. ein prominenter Fußballer oder ein bewunderter Extremsportler als begeisterter Leser „outet“. Dann springt der Funke über: „Wenn du liest, trainierst du deine Muskeln – nämlich die von deinem Gehirn! Das war der beste Spruch, den ich über das Lesen gehört habe!“, schreibt Amir (15) nach dem Klassenbesuch des WWE-Superstars und Lesebotschafters Rey Mysterio im Rahmen eines Projekts der Stiftung Lesen. Viele Sportler nutzen diese Strahlkraft, um sich für das Lesen einzusetzen, so auch die Fußballer Philip Lahm und Steffi Jones, die Extremsportler Joey Kelly und Alexander Huber, die Fechterin Britta Heidemann, die Boxerin Regina Halmich und die Schwimmerin Franziska van Almsick, die zu den Lesebotschaftern der Stiftung Lesen zählen. Oder auch Thomas Hitzlsperger, Cacau und Sven Ulreich, die sich im Projekt kicken&lesen der BadenWürttemberg Stiftung engagieren. Ihr Engagement ist ein wichtiger Baustein für ein positives Bild vom Lesen in allen Bevölkerungsschichten. Denn das klassische Leseimage, bei dem Lesen mit dem stillen Kämmerlein, als solitäre und inaktive Beschäftigung, als schulische Maßnahme mit Notendruck und Zwang assoziiert wird, ist einer der Hauptgründe für Kinder, nicht gerne zu lesen. Die prominenten Lesebotschafter, die hohes Ansehen genießen, beweisen, dass sich Lesen und sportliche Aktivität keinesfalls ausschließen und der, der in Geschichtenwelten eintaucht, auch enorm aktiv ist. Grundlage für „Lesen in Bewegung“ sind packende, abwechslungsreiche und vor allem niedrigschwellige Leseangebote, die Auch lokal kann Kontakt zu Sportlern geknüpft werden. Das können Spieler oder Stadionsprecher aus dem örtlichen Fußballverein, aber auch Aktive aller Sportarten sein, die bereit sind, für das Lesen zu werben. Ihr Engagement kommt am besten bei einer Vorlesestunde zur Geltung, die an einem ungewöhnlichen Sportort stattfinden kann wie in der Halle, im Stadion, im Mattenraum oder in der Umkleidekabine. Abgeschlossen wird eine solche aktive Vorlesestunde am besten mit einer Bewegungseinheit, bei der die Zuhörer sich vielleicht sogar in einer für sie neuen Sportart ausprobieren können. Sport- und Bewegungsthemen aufgreifen und so an die Interessen und Lebenswelten der Kinder und Jugendlichen anknüpfen. Mit den passenden Lesemedien können Kinder und Jugendliche entdecken, dass zwischen Buchdeckeln viel Action steckt und man in Zeitschriften Spannendes über die eigenen Hobbies erfährt, was nicht zuletzt dem Fachsimpeln auf dem Schulhof zu Gute kommt. Lesemedien gibt es zu vielen Sportarten – allen voran natürlich zum Fußball. Bei diesem Thema bleibt kein Wunsch unerfüllt: Erstlesebücher, Vorlesebücher, Sachbücher, Trainingsbücher, Romane, Rätselbücher, Bücher mit integrierten Spielen, Wissenskarten, Hörbücher und Kinder- und Jugendzeitschriften. Aber auch für andere Sportarten wie Skateboard, Karate und Ballett lassen sich geeignete Titel finden. Für jede Ziel- Nicht nur Bildungseinrichtungen wie Schulen und Bibliotheken sind eingeladen, gemeinsam mit Jugendlichen und Kindern ein Sportbuchregal einzurichten, sondern auch in Sportvereinen kann eine entsprechende Buch- und Medienausstattung ihren Platz finden. Gerade der Sportverein und die Halle als Leseort tragen dazu bei, Lesen positiv zu besetzen und so auch die Nicht-Leser zu aktivieren. Wichtig ist es dabei, die Kinder und Jugendlichen in den Aufbau der Vereinsbibliothek einzubeziehen. Sie können z. B. eine Wunschbuchliste zusammenstellen und Plakate malen, mit denen ausgemusterte Bücher gesammelt oder Buchpaten gesucht werden, die die Finanzierung eines Titels übernehmen. Bei der Aufbewahrung sollte es auch „sportlich“ zugehen und z. B. ein Kasten bei einer Bastel- und Heimwerkaktion zum rollenden Buchwagen umfunktioniert werden. 9 gruppe, für jeden Geschmack und für jede Situation ist also etwas dabei. Entsprechende Angebote lassen sich im Bereich „Service“ unter www.stiftunglesen.de in den thematisch durchsuchbaren Leseempfehlungen der Stiftung Lesen recherchieren. „Lesen in Bewegung“ ist insgesamt ein Ansatz, der in seiner überraschenden Kombination zweier Bereiche für innovative Leseförderung steht. Aus ihm lassen sich vielfältige niedrigschwellige Leseförderangebote entwickeln, mit denen vor allem die nicht-lesenden, dafür aber sportaffinen Zielgruppen angesprochen werden, wozu insbesondere die Jungen und Väter zählen. Das Schöne an „Lesen in Bewegung“ ist auch, dass sich Aktionen und Projekte flexibel an die jeweiligen Bedürfnisse der Zielgruppen sowie an die institutionellen Rahmenbedingungen anpassen lassen, von Bewegungsspielen im Deutschunterricht bis hin zu Lesenächten in der Sporthalle. Es ist an den Multiplikatoren und Praktikern, den Eltern, Lehrkräften, Erziehern, Trainern, Bibliothekaren und Ehrenamtlichen, den Ansatz mit Leben zu füllen und Kindern, Jugendlichen, Erwachsenen und auch Senioren zu zeigen: Lesen bewegt! Dr. Sigrid Fahrer Dr. Sigrid Fahrer, Jahrgang 1975, arbeitet seit 2009 als Projektmanagerin bei der Stiftung Lesen. Im Programmbereich „Jugend und Freizeit“ tätig, ist sie u. a. für den Schwerpunkt „Lesen und Bewegung“ zuständig, seit 2013 leitet sie zudem den Entwicklungsbereich „Digitales Lesen“ der Stiftung Lesen. Literatur Clancy, Mary Ellen (2008): Besser lernen durch Bewegung – Spiele und Übungen fürs Gehirntraining. Iserlohn: Verlag an der Ruhr. https://www.clixmix.de/erwachsenenbereich/aus-der-praxis-für-die-praxis 20.03.2014 Stiftung Lesen, Deutsche Bahn und ZEIT (2011): Die Bedeutung des Vorlesens für die Entwicklung von Kindern. https://www.stiftunglesen.de/download.php?type=documentpdf&id=504 20.03.2014 Stiftung Lesen, Deutsche Bahn und ZEIT (2013): Neuvermessung der Vorleselandschaft. http://www.stiftunglesen.de/download.php?type=documentpdf&id=1064 20.03.2014 Suhr, Antje (2008): Sätze rollen – Wörter fliegen. München: Don Bosco. Zimmer, Renate (2009): Sprache und Bewegung. In: Breitkopf, Tanris: Kinder bilden Sprache – Sprache bildet Kinder: Sprachentwicklung und Sprachförderung in Kindertagesstätten. Münster: Waxmann Verlag. 10 Erika Seitz: Das Buch in der Sporthalle Stellen Sie sich vor, Sie unterrichten Deutsch in einer Grundschule. Ihre Klasse ist eine reine Jungenklasse, für die Lesen „feindliches Terrain“ bedeutet, die aber für jedes Sportangebot zu begeistern ist. Sie sollen diese Jungs nun dazu bringen, ein Buch zu lesen! Wahrlich eine Herausforderung, aus der ein ganzes Projekt entstanden ist: „Drachenstark“ gelingt es, Jungs vom Lesen-Müssen zum Lesen-Wollen zu verführen, indem Inhalte des Deutschunterrichts in die Sporthalle verlegt werden. Am Anfang war das Wörterbuch Alles beginnt mit dem „Wörterlauf“. Selbst das Wörterbuch wollen die Jungs nicht in die Hand nehmen und als Korrektur- oder Schreibhilfe benutzen. Wozu gibt es denn eine Lehrerin, bei der man die Informationen viel schneller einholen kann? Eine abwechslungsreiche Wörterbuchstation mit vielen Arbeitsblättern wird zwar bereitwillig bearbeitet, hat aber nicht die gewünschte Wirkung: Das Wörterbuch nehmen sie danach immer noch nicht als Hilfsquelle. So wandert das Wörterbuch zusammen mit Papier, Stiften und zahlreichen Buchstabenkarten in die Sporthalle. Dort werden Buchstabenkarten ausgelegt, die die Jungen dann einsammeln müssen. Doch um an die Buchstaben zu kommen, durchlaufen sie zuerst einen Parcours, der sie körperlich herausfordert. Pro Bewegungsdurchgang darf auch immer nur ein Buchstabe mitgenommen werden. Die Kinder, die gerade nicht den Parcours absolvieren, versuchen, aus den schon vorhandenen Buchstaben Wörter zu legen und alle gefundenen Wörter aufzuschreiben, damit sie die Buchstaben wieder neu zusammensetzen können. Für die richtige Schreibweise hat jede Gruppe ein Wörterbuch zur Hilfe. In dieser Sportstunde fliegen die Sei- ten im Wörterbuch nur noch durch die Finger der Kinder. Fieberhaft suchen sie nach Wörtern, denn es gilt, Punkte zu sammeln und besser als die andere Mannschaft zu sein. Das Wörterbuch ist seit dieser Sportstunde positiv besetzt! Damit sich das positive „Image“ auch hält, wird das Wörterbuch im Deutschunterricht weiterhin mit Bewegung verbunden. Nur hüpfend, schleichend, kriechend oder über einen großen Umweg darf man es aus dem Regal holen und ebenso wieder zurückbringen. So macht es Spaß, sich dieses Buch zu besorgen und als Schreibhilfe zu nutzen. In Bücherwelten eintauchen Aus dem „Wörterbuchlauf“ hat sich das ganze Konzept entwickelt: Heute wird der Inhalt eines ganzen Buches in der Sporthalle umgesetzt und dort von den Kindern erlebt. Die Kinder lassen sich so in das Buch hineinführen und können Teile der Geschichte selbst erleben – ähnlich wie in dem Buch „Tintenherz“ von Cornelia Funke. Dort gelingt es dem Vorleser, so lebhaft vorzulesen, dass die Figuren aus dem Buch „herausgelesen“ werden und fortan in der Welt des Vorlesers leben. Für jede Figur, die aus dem Buch in die reale Welt kommt, verschwindet eine Person oder ein Wesen in die Bücherwelt. Die faszinierende Idee, in ein Buch so zu versinken, dass 11 man ein Teil davon wird, steckt auch hinter „Drachenstark“. Denn bei „Drachenstark“ werden die Kinder in einer kurzen, einführenden Lesung in die Geschichte „hineingelesen“ und erleben dann zusammen mit der Hauptfigur des jeweils ausgewählten Buchs Abenteuer in der Sporthalle. Abgeleitet vom Projektnamen werden ausschließlich spannende, altersgerechte Drachenbücher in bewegte Geschichten verwandelt. Der Drache dient den Kindern sowohl als Identifikationsfigur als auch als Bezugspunkt. Zusammen mit ihm meistern sie Wagnisse und beweisen Mut, finden neue Freunde und lösen knifflige Aufgaben. Das Wichtigste aber: Sie haben Spaß und werden hoffentlich so neugierig auf das Buch, dass sie es lesen wollen. Das Buch raus aus dem Klassenzimmer Das Buch in der Sporthalle macht die Kinder auch neugierig, wohingegen sie ein Leseangebot im Klassenzimmer in der Regel kalt lässt – was die Praxis manchmal deutlich zeigt: Einige Kinder in der Schule waren von den Büchern „Der kleine Drache Kokosnuss“ von Ingo Siegner begeistert und in der Klasse war der kleine, rote Drache mit der lustigen Baseballmütze bekannt. Also wurden zehn Bücher und eine Plüschfigur vom Förderverein der Schule für die Klasse bewilligt. Im Klassenraum aufgebaut, schenkte ihnen aber niemand Beachtung, sie wurden weder ausgeliehen noch gelesen. Als „Der kleine Drache Kokosnuss und die wilden Piraten“ dann aber in die Sporthalle verlegt werden und der Auftrag lautet „Erobert das Buch“, sind alle mit Feuereifer dabei. Gerade das Wort „erobern“ löst 12 eine unglaubliche Begeisterung aus, denn erobern, etwas gewinnen, der Beste sein – das finden Jungen super. Zwei Piratenschiffe werden aus Kästen, Langbänken, Matten und anderen Sportgeräten aufgebaut. Zwischen den Piratenschiffen liegt eine große Weichbodenmatte, die als Meer dient. Bevor es nun ans „Erobern“ geht, gilt es, die Kinder in die Geschichte „hineinzulesen“. Das heißt, das Buch wird ihnen bis zu dem Punkt vorgelesen, an dem die Piraten auftauchen. Dann teilt sich die Gruppe in zwei Piratenmannschaften auf, die gemeinsam die Abenteuer aus dem Buch und weitere Piratenaufgaben meistern müssen. Es wird geentert und gegen andere Piraten gekämpft. Aufgaben sind z. B., bei hohem „Seegang“ locker auf einem Bein stehen zu können oder die Mannschaft so schnell wie möglich nach dem Erstbuchstaben der Vornamen aufzustellen. Die einzelnen Aufgaben ergeben sich aus dem Inhalt des Buchs, dabei werden gängige Sprach- und Bewegungsaufgaben „piratifiziert“. Die Siegermannschaft erhält zum Schluss das Buch und entscheidet mit ihrem Kapitän, wer aus der Mannschaft das Buch zuerst lesen darf. So viele Anwärter auf ein Buch gab es noch nie! Auch mit dem nächsten Buch vom „Kleinen Drachen Kokosnuss“ wird eine Sporteinheit vorbereitet. Und siehe da: Bereits in der nächsten Sportstunde hat dieses Buch einen Leser gefunden. Nach dieser Sportstunde kommt noch ein Junge und will auch ein Buch haben. Aber einfach nur „ausleihen“ ist langweilig. Deshalb kommt in der nächsten Deutschstunde eine erneute Bewegungseinheit zum Einsatz, diesmal im Klassenzimmer, bei der gleich mehrere Bücher in Umlauf gebracht werden. Für das Buch „Der kleine Drache Kokosnuss im Weltraum“ findet ein Raketenstart statt. Nach dem Start sausen die „Raketenkinder“ so schnell sie können einmal um das Schulhaus. Wer zuerst wieder im Klassenzimmer landet, erhält das Buch. Und wer „Der kleine Drache Kokosnuss auf der Suche nach Atlantis“ lesen möchte, muss in der nächsten Schwimmstunde am längsten unter Wasser bleiben. Eine winzige Schatzkiste, die entweder auf dem Schulgelände oder im Klassenzimmer versteckt wird, beschert dem Finder das Buch „Der kleine Drache Kokosnuss und der Schatz im Dschungel“. Ausdauer, Geschicklichkeit und Mut benötigt es, wenn man „Der kleine Drache Kokosnuss und der schwarze Ritter“ lesen möchte, denn hier stehen sich die Lesekonkurrenten auf einem Bein gegenüber. Beide verschränken die Arme vor der Brust. Nun darf versucht werden, das andere Kind aus dem Gleichgewicht zu bringen. Sobald beide Füße den Boden berühren, scheidet man aus. Der Sieger kommt in die nächste Runde und erkämpft sich sein Buch. Kinder einen Teil aus dem Buch erleben oder werden mit Bewegungsspielen in die Handlung versetzt. Start: Der Startschuss für diesen „Drachentag“ fällt außerhalb der Sporthalle. Dort lauschen die Kinder zunächst den ersten Seiten des Buchs und lernen die Hauptfiguren kennen. Dann müssen sie ins „Flaschenland“ gelangen, in dem „Der kleine Drache Kokosnuss und der große Zauberer“ spielt. Um dorthin zu kommen, schlängeln sich die Kinder durch einen Krabbeltunnel, der den Flaschenhals ins „Flaschenland“ symbolisiert und in die Sporthalle führt. Aufgaben: Dort erwarteten sie unterschiedliche Stationen mit Aufgaben, die es zu bewältigen gilt. Die einzelnen Aufgaben Die Sporthalle als Zauberwelt Nachdem diese Idee, das Buch in die Sporthalle mitzunehmen, so erfolgreich funktionierte, wurde das Projekt „Drachenstark“ beim Karate Team Reutlingen e. V. implementiert. Jedes Jahr wird dort nun ein Drachenbuch für die Umsetzung in der Sporthalle ganz ausführlich aufbereitet und zahlreiche Materialien dazu entwickelt. 2013 wurde dafür das Buch „Der kleine Drache Kokosnuss und der große Zauberer“ von Ingo Siegner ausgewählt, dessen Aufbereitung hier exemplarisch beschrieben wird. An vielen Stationen können die 13 liegen bei den Stationen in „Zauberbüchern“ oder „Zauberbriefen“, also in schön gestalteten Ordnern, bereit. Sie erklären den Kindern, was es an der jeweiligen Station zu tun gibt. Natürlich müssen diese Anleitungen (vor)gelesen werden, damit auch jeder über den Ablauf im Bilde ist. Bei der Aufbereitung der Übungsanleitungen sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt: Es können Informationen in einem geschlossenen Umschlag auftauchen, die Anleitung muss aus Streifen zusammengesetzt werden oder ein „Hilfszauberer“ taucht auf und verrät Tricks für die Lösung der Stationsaufgabe. Bevor die Kinder die jeweilige Station verlassen, erhalten sie einen Teil der Geschichte zum Mitnehmen. Das ist in der Regel ein Blatt mit einem in einigen Sätzen zusammengefassten Buchabschnitt. Die Textteile sammeln die Kinder in einem eigenen Ordner und erhalten so, wenn sie alle Stationen absolviert haben, eine Zusammenfassung von „Der kleine Drache Kokosnuss und der große Zauberer“. Auch zum Buch passende Mitmachblätter mit kleinen Kreativ- und Rätselaufgaben dürfen mitgenommen werden und regen dazu an, sich zu Hause weiter mit der Geschichte zu beschäftigen. Stationen: Nachdem die Kinder in das „Flaschenland“ geschlüpft sind, müssen sie an Land kommen. Das funktioniert natürlich nur mit einem Boot. Das muss jedoch von der Gruppe erst aus Rollbrettern, Seilen, Luftmatratzen u. Ä. gebaut werden. Mit dem selbstgebauten Boot gilt es eine abgesteckte Strecke so oft zurückzulegen, wie vorher durch eine Würfelzahl bestimmt wurde. An dieser Station ist Teamarbeit gefragt, nur gemeinsam kommt man ans Ziel. 14 An der nächsten Station lernen die Kinder die Buchfigur „Kürbis Knut“ kennen. Sein Name ist in einem Kürbisfeld versteckt. Dafür liegen Blätter mit aufgemalten Kürbissen auf dem Boden. Diese „Kürbisse“ müssen nun in einem Laufspiel geerntet werden. Zuerst wird mit drei Zauberwürfeln (Farbwürfel) bestimmt, welche Aktion ausgeführt wird. Für jeden Farbpunkt, der orange ist, darf ein Kürbis vom Feld genommen werden. Zeigt kein Würfel die Farbe orange, läuft das Kind, das gewürfelt hat, so schnell wie möglich zwei Mal um das ganze Kürbisfeld herum. Ist das Feld abgeerntet, werden die Kürbisse umgedreht, denn auf der Rückseite befinden sich Buchstaben. Die Kinder müssen nun alle Buchstaben in die richtige Reihenfolge bringen, um die Lösung zu finden. An einer weiteren Station lernen die Kinder, dass sich Zaubersprüche reimen müssen, damit sie funktionieren. Hier finden sie ein Wörterdomino mit Reimwörtern in einem Umschlag: Auf der rechten Seite des Dominokärtchens werden Wörter aus dem Kokosnussbuch verwendet, z. B. Zauberei, Rabe, Ziege, Schwein, Kokosnuss, Flasche. Links stehen die Reimwörter dazu. Das Startkärtchen wird gespielt und dann heißt es, das passende Reimwort zu finden und anzulegen. Wenn alle Kärtchen in einer langen Schlange auf der Sportmatte liegen, geht es zur nächsten Station. Hier ist ein Schlossgespenst bereit, sich auf die Seite des kleinen Drachen Kokosnuss zu schlagen. Dieses Gespenst erscheint natürlich nur im Dunkeln und auch sein Name kann nur dort erfahren werden. In einer fensterlosen Umkleide- kabine hängen viele Buchstaben an der Wand, die jedoch zusammen keinen Sinn ergeben. Nur wenn das Licht gelöscht und die Buchstaben mit Hilfe einer Taschenlampe angeleuchtet werden, leuchten einige der Buchstaben, aus denen sich der Name des Gespenstes zusammensetzt. Dafür wurden die entsprechenden Buchstaben aus reflektierender Folie ausgeschnitten. Allein an dieser Station wird Lesen zum Erlebnis. Bei so viel Zauberei und Zaubersprüchen und Zauberbüchern darf ein echter Zauberer natürlich nicht fehlen. So steht an einer Station den Kindern ein richtiger, echter und wahrer Zauberer zur Verfügung, der ihnen sogar einen kleinen Zaubertrick beibringt. Abschluss: Wenn alle Stationen erfolgreich abgeschlossen sind, treffen sich die Kinder in der Mitte der Halle. Natürlich wollen nun alle den Schluss der Geschichte hören, der ja an keiner Station zu finden ist. Er wird aber nicht erzählt. Denn wie die Geschichte ausgeht und wie es gelingt, den bösen Zauberer zu überlisten, das sollen die Kinder selbst im Buch nachlesen. Stattdessen gibt es in der Sporthalle ein großes Fest mit allen Beteiligten. Die Kinder, die „Drachenstark“ zum Lesen verzaubert hat, verzaubern die anwesenden Erwachsenen und präsentieren ihre neu erlernten Zauberkunststücke. So ein „Drachentag“ ist immer ein ganz besonderes Lese- und Bewegungserlebnis. Doch ohne Zauberstab gibt es auch keinen Zaubertrick. So ist es nicht verwunderlich, dass der Zauberstab in der Geschichte vom „Kleinen Drachen Kokosnuss und dem großen Zauberer“ eine sehr wichtige Rolle spielt. Da ist es selbstverständlich, dass es dafür eine „Zauberstabstation“ gibt, bei der es gilt, den richtigen Zauberstab mit dem Zauberspruch zu finden. Aus einem „Zauberkessel“ wird einer der vielen „Zauberstäbe“, nämlich zusammengerollte Zettel, gefischt und geöffnet. Mit viel Glück liest man die Aufschrift „Zauberspruch“ und erhält den sagenhaften, drachenstarken Zauberspruch. In allen anderen Zauberstäben befinden sich Nummern, die in einem „Zauberbuch“ nachgeschlagen werden müssen. Zu jeder Nummer gibt es eine rote und eine grüne Aufgabe. Die Gruppe entscheidet sich für eine Farbe. Rote Aufgaben sind ausschließlich Bewegungsaufgaben, die grünen Aufgaben haben im weitesten Sinne mit Lesen zu tun. 15 Tipps und Tricks für eine eigene Aktion „Das Buch in der Sporthalle“ Buchauswahl Ablauf Wählen Sie ein Buch, das den Kindern bzw. Jungen gefällt und vor allem die Fantasie anregt. Es kann von Zauberern, Piraten oder Drachen handeln, aber auch von Fußball, Dinos und Agenten. Wichtig ist, dass es den Kindern nach der „Buch in der Sporthalle“-Aktion auch zum Ausleihen und Lesen zur Verfügung steht. Beginnen Sie die Aktion mit einer Vorleseeinheit, damit die Kinder in die Geschichte einsteigen können. Anschließend wird der weitere Inhalt „erspielt“. Bewegungsspiele ableiten Denken Sie sich dann zu einzelnen Episoden, Kapiteln, Beschreibungen oder Figuren Bewegungsspiele aus. Lassen Sie sich vom Inhalt zu ganz eigenen Aufgaben und Stationswelten inspirieren. Alternativ können Sie auch bekannte Übungen und Spiele abwandeln und an das Thema des Buchs anpassen. Legen Sie an jeder Station Erklärungen der Übungen aus, die sich die Kinder dann gemeinsam durchlesen können. Wenn eine Aufgabe gelöst ist, können Sie den Kindern auch kleine Zusammenfassungen der erspielten Episoden aus dem Buch austeilen, sodass die Kinder zum Schluss ein Grundgerüst der Handlung haben. Sparen Sie aber das Ende aus! Dann wird das Buch bestimmt ganz schnell ausgeliehen und gelesen. Die Anzahl der Stationen bleibt Ihnen überlassen und hängt vom Platz und Zeitlimit ab. Erika Seitz Erika Seitz, Jahrgang 1959, ist ausgebildete Sonderpädagogin und arbeitet an einer Sprachheilschule. Sie ist Karate- (3. DAN) und Gewaltschutztrainerin und leitet das Projekt „Drachenstark“, das Bewegungsförderung, Leseförderung und Gewaltprävention miteinander verknüpft. Christine Kranz: Die bewegte Vorlesestunde „Es war genau, wie ich befürchtet hatte. Drinnen gab es nichts als Bücher. Bücher, die bloß darauf warteten, dass sie von den Regalen hüpfen und mich zu Tode langweilen konnten …“ Das Zitat aus dem wunderbaren Kinderbuch „Tim und das Geheimnis von Knolle Murphy“ von Eoin Colfer steht beispielhaft für die Einstellung vieler Kinder – insbesondere Jungs – zum Thema Lesen. Und diese negative Erwartungshaltung gilt leider häufig auch in Bezug auf Vorleseaktionen. Wie kann man Vorlesestunden so gestalten, dass auch leseferne Kinder Spaß daran haben? Die Antwort ist eigentlich ganz einfach: indem man sie (inter-)aktiv gestaltet! Geschichten und andere literarische Angebote zu „erleben“, sie mit allen Sinnen zu begreifen und im Idealfall selbst mitgestalten zu können, macht Vorlesen lebendig und nachhaltig im Sinne der Leseförderung. Bewegung hat hier einen hohen Stellenwert, da gerade leseunerfahrenen Kindern das Zuhören und Stillsitzen extrem schwerfällt und es so relativ schnell zu Unruhe und Störungen der Vorleseaktion kommt. Das Zauberwort lautet: handlungsorientiertes Vorlesen! Bewegung und Erfahrungen mit allen Sinnen lassen Kinder die Welt begreifen, spielerische Vertiefung von Geschichten fördern das Textverständnis und die längerfristige Beschäftigung mit einem Thema. Auch Lautexperimente können hier eingebunden werden – sie ermutigen zum lauten Lesen und Erzählen. Bei der Auswahl der aktiven Elemente gilt: Anknüpfung an die Lebenswirklichkeit und die Medienerfahrungen der Kinder steigern das Interesse und die Motivation. Wie sieht das in der Praxis aus? Einige grundlegende Tipps werden in der Folge mit Beispielen vorgestellt. 16 Benötigte Materialien für „Bewegte Vorlesestunden“ Bücher mit Aktionspotenzial (z. B. mit Beschreibungen von Bewegungen, aktiven Unternehmungen oder spannenden Schauplätzen) Ausreichend Platz! Akustische Start- und Stoppsignale mit Stoppuhr, Klangschale, Trillerpfeife, Glocke oder Triangel Ball (z. B., um ihn einem Kind zuzuwerfen, das dann eine aktive Rolle in der Geschichte übernimmt) Markierungen auf dem Boden mit Paketklebeband oder Kreppband Bastelmaterial wie Schuhkartons, Alufolie und anderes (für alle, die gerne basteln und z. B. ein Spiel wie das Roboter-Rennen noch authentischer gestalten wollen) Dialogisches Vorlesen Der erste Schritt zu einer bewegten Vorlesestunde liegt allerdings in einer Veränderung des Vorleseverhaltens. Aus dem klassischen Vorlesen im Stil eines Vortrags wird „Dialogisches Vorlesen“: Durch den Geschichtenanfang liefert der Vorleser zu Beginn Impulse und macht neugierig. 17 Die aktive Rolle wird in der Folge mehr und mehr auf die Zuhörer verlagert. Eine durchgängige Interaktion entsteht zwischen Vorleser und Zuhörern. Beiträge der Zuhörer sind ausdrücklich erwünscht! Kommentare werden aufgegriffen, kommentiert, weitergesponnen. Bewegungsimpulse werden ggf. direkt umgesetzt. Ideen für einen aktiven Einstieg Klassische Entspannungsübungen wie Strecken oder Dehnen lassen sich sehr gut in ein Einstiegsritual einbringen. Für alle: Im Prinzip für jede Vorleseaktion eignet sich die schöne Idee der Leseohren Stuttgart, mit der die Zuhörfähigkeit verbessert wird: eine ausgiebige Ohrenmassage, bei der die Kinder ihre Ohren von unten nach oben und von oben nach unten durchkneten. Für Tiergeschichten: Die Kinder recken und strecken sich und versuchen, wie ein Affe an einem imaginären Baum hochzuklettern. Beim Hochziehen und aktiven Absenken der Schultern und Strecken der Halswirbelsäule steht eine Schildkröte Pate, die aus ihrem Panzer herausschaut. Für eine Fußballlesung: Mit der Wellenbewegung „La Ola“, bei der die Kinder nacheinander aufstehen und beide Arme in die Höhe recken, kann man eine Fußballgeschichte einleiten. Für Märchen und Fantasiegeschichten: Wenn es ganz sportlich zugehen soll, wird ein aktiver Zugang zur Märchenoder Geschichtenwelt inszeniert, z. B. durch das Springen über einen imaginären Fluss, der die echte Welt vom Märchenland trennt, oder durch das Krabbeln durch einen „unterirdischen“ Tunnel, der ins Reich der Fantasie führt. 18 Bewegtes Vorlesen I: Der Zuhörer wird zum Leser und Gestalter Vorleser und Zuhörer wechseln sich ab: Dafür eignen sich gut z. B. Bücher aus der Reihe „Erst ich ein Stück, dann du“, bei denen es leichte Textpassagen für das Lesen lernende Kind und längere für den Erwachsenen gibt. Dialoge vorlesen: Die Kinder erhalten Zettel mit kleinen Textteilen. Dafür bieten sich die wörtlichen Redepassagen aus dialogreichen Bilderbüchern wie „Die kleine Schusselhexe“ an. Mit dem Zettel in der Hand warten sie auf ihren Einsatz und lesen dann ihren Text an der entsprechenden Stelle vor. Szenisches Lesen: Der Text wird mit verteilten Rollen vorgelesen, wie es sich z. B. mit „Mäh von Bäh und die Gripspillen“ gut umsetzen lässt. Bewegtes Vorlesen II: Es wird laut! Signalwörter nutzen: Die Kinder greifen Hörgeräusche im Text auf und machen sie nach. Jedes Mal, wenn das Wort „Donner“ vorkommt, trampeln alle so laut sie können … Hör-Scharaden: Die Kinder machen nacheinander typische Tiergeräusche nach – die anderen müssen raten, um welches Tier es sich handelt. Als Grundlage lassen sich dafür z. B. „Das große Grundschullexikon der Tiere“ oder „Bitte anstellen!“ nutzen. res Vornamens. Diese Übung passt gut zu den Bilderbüchern „Pippilothek“ oder „Lindbergh“, in denen Bibliotheken eine wichtige Rolle spielen. Stoppwörter: Freeze! Bei einem vereinbarten Wort im Text, z. B. dem Namen des Helden im Erstleserbuch „Henri erbt ein Monster“, verharren alle bewegungslos, bis es zum nächsten Mal vorkommt. Dschungelolympiade: Die Kinder müssen verschiedene Geschicklichkeitsprüfungen bestehen, z. B. Balancieren oder über einen Abgrund springen. Viele Ideen finden sich dafür in „Geronimo Stilton – Die Dschungelprüfung“. Spiegelspiel: Je zwei Kinder stellen sich einander gegenüber. Einer macht Bewegungen vor, der andere muss ihn exakt kopieren. Geschichten, bei denen der Spiegel als wichtiger „Akteur“ auftritt, sind „Die Hexe, die sich im Dunkeln fürchtete“ und „Meine wunderbare Märchenwelt – Schneewittchen“. Armer schwarzer Kater: Jeweils ein Kind übernimmt die Rolle des Katers und versucht, die anderen durch lustige Bewegungen und lautes Miauen zum Lachen zu bringen. Wer es nicht schafft, ohne Kichern den Kater zu streicheln und laut „Armer schwarzer Kater“ zu sagen, muss in dessen Rolle schlüpfen. Starke Katzenrollen bieten z. B. „Die Hexe, die sich im Dunkeln fürchtete“ und „Edgar und die Schattenkatzen“. Bewegungsecho: Die Kinder greifen die Bewegungsimpulse aus dem Text direkt auf und machen sie nach, z. B. die hilflosen Schwimmversuche in „Bitte blubb blubb rette mich“. Monstercasting: Die Kinder stellen verschiedene Monster mit ihren Eigenheiten dar – anhand von Geräuschen, Bewegungen, Grimassen. Monsterbücher gibt es zahlreich, z. B. „Ich brauche mein Monster“, „Wo die wilden Kerle wohnen“, „Das Monster aller Monster“. Tierparade: Jedes Kind bekommt einen Zettel mit einem Tiernamen. Dann müssen sich alle so schnell wie möglich nach der – vermuteten – Größenordnung aufstellen. Die Übung passt zu „Bitte anstellen!“. Heldenduell: Zwei Buch-Charaktere treten mit ihren Stärken gegeneinander an. Die Bewegtes Vorlesen III: Geschichte, Bewegung und Spiel Bücherregal: Die Kinder bilden zwei Mannschaften, die gegeneinander antreten. Die Aufgabe lautet: Sortiert euch so schnell wie möglich nach dem Anfangsbuchstaben eu19 Gestaltungsmöglichkeiten findet man auf speziellen Kinderseiten wie z. B. www.netzwerkvorlesen.de www.lesestart.de www.hanisauland.de www.clixmix.de www.kindernetz.de www.naturdetektive.de www.labbe.de übrigen Kinder sind die Jury, die den Sieger kürt. Als Grundlage können „Star Wars – Kopf an Kopf“ oder die „Geschichten der Jedi und Sith“ genutzt werden. Variante: Die Helden müssen pantomimisch dargestellt und erraten werden. In die Schlange, fertig, los: Die Kinder stellen sich hintereinander auf und legen die Hände auf die Schulter des Vordermanns. Dann stampfen alle wie die Elefanten durch den Raum. Auf ein akustisches Signal hin wird die Bewegungsart geändert: Trippeln wie eine Maus, Stolzieren wie ein Pfau, Anschleichen wie ein Fuchs. Das ist für alle Tierbücher auch als Einstieg geeignet. Ob du wirklich richtig stehst: Es werden Fragen mit drei Antwortmöglichkeiten gestellt. Im Raum werden mit Klebeband drei Felder markiert (1, 2 und 3). Sobald die Frage gestellt ist, springen die Kinder zwischen den Feldern hin und her, bis sie sich – nach einem akustischen Signal – innerhalb von zwei Sekunden auf dem vermutlich richtigen Feld versammeln. Das ist ideal für Sachbücher wie „Was macht der U-Bahn-Fahrer, wenn er auf Toilette muss?“. Roboter-Rennen: Es werden Tandems gebildet. Jeweils ein Kind ist der Roboter, ein anderes der Controller. Dann wird ein Hindernisparcours aufgebaut und die Controller müssen die Roboter mittels verein20 barter Zeichen (Antippen mit der „Fernbedienung“ an bestimmten Körperteilen: rechts, links, geradeaus, wenden) durch den Parcours lotsen. Das schnellste Team gewinnt den großen Roboter-Preis! Passende Bücher sind: „Geschichten der Jedi und Sith“, „Orbis Abenteuer“, „Herr von Blech geht zur Schule“. Zauberkommandos: Ein Kind (oder der Vorleser) ist der große Zauberer und verhext die anderen in Tiere, die dann entsprechend laufen und sich äußern. Oder – Simsalabim! – plötzlich ganz still sind. An Zauberer- und Hexenbüchern mangelt es wahrlich nicht: „Zilly, die Zauberin“, „Die kleine Schusselhexe“, „Kotzmotz, der Zauberer“, „Die kleine Hexe“, „Der Räuber Hotzenplotz“, „Fips Fidibus“ etc. Anschlussaktionen Nachhaltig im Gedächtnis bleiben Vorlesestunden, wenn sie mit aktiven und/oder kreativen Elementen verknüpft werden. Dazu gehören neben den Bewegungsideen auch Basteln und Malen, Nachspielen, Weitererzählen, musikalische Begleitung oder Sound-Gestaltung, der Einsatz eines Erzählkoffers mit zur Geschichte passenden Gegenständen oder die Inszenierung einer Geschichte mittels Kamishibai oder Bilderbuchkino. Viele fantasievolle Eine ganz neue Möglichkeit des Vorlesens eröffnen auch digitale Leseangebote wie z. B. Kinderbuchapps für Tablet-Computer oder Smartphones. In vielen dieser interak- tiven Geschichten sind auch Aktions- und Bewegungsideen integriert. Bei gelungenen Apps werden die Kinder von Rezipienten zu Akteuren und können die Geschichten voranbringen bzw. beeinflussen oder gestalten. Einige Ideen aus AppUmsetzungen können aber auch ohne das digitale Leseangebot genutzt werden – man braucht sich nur inspirieren zu lassen. Schöne Apps für den Einstieg in die Vorlesestunde sind „Die große Wörterfabrik“ oder „Das falsche Buch“. Eine Auswahl besonders interessanter Apps finden Interessierte unter den Leseempfehlungen auf www.stiftunglesen.de Bewegte Lesetipps Barbara Bedrischka-Bös: Meine wunderbare Märchenwelt. Freiburg: Verlag Kerle 2013. Ab circa 5-6 Jahren. Nick Bland: Das falsche Buch. Hamburg: Verlag Friedrich Oetinger 2012. App für iOS. Ab circa 4-5 Jahren. Jürgen Brater: Was macht der U-Bahn-Fahrer, wenn er auf Toilette muss? Weinheim, Basel: Beltz Verlag 2013. Ab 10 Jahren. Simon Beecroft / Catherine Saunders: Star Wars. Geschichten der Jedi und Sith. München: Dorling Kindersley 2011. Ab 7 Jahren. Eoin Colfer: Tim und das Geheimnis von Knolle Murphy. Weinheim. Basel: Beltz & Gelberg 2014. Ab 8 Jahren. Agnès de Lestrade: Die große Wörterfabrik. München: Mixtvision digital 2014. App für iOS und Android. Ab 7-8 Jahren. Pablo Hidalgo: StarWars – Kopf an Kopf. Duell der Teams. Ravensburg: Ravensburger Buchverlag 2013. Ab 7 Jahren. Torben Kuhlmann: Lindbergh – Die abenteuerliche Geschichte einer fliegenden Maus. NordSüd Verlag 2014. Ab circa 6-7 Jahren. Patrick McDonnell: Das Monster aller Monster. Hamburg Aladin Verlag 2013. Ab 4 Jahren. Susan Niessen: Fips Fidibus und der verflixte Zauberkelch. Hamburg: Verlag Friedrich Oetinger 2014. Ab 5 Jahren. 21 Bewegte Lesetipps (Fortsetzung) Amanda Noll / Howard McWilliam: Ich brauche mein Monster. Oldenburg: Lappan Verlag 2011. Ab 4 Jahren. Tomoko Ohmura: Bitte anstellen! Frankfurt a.M.: Moritz Verlag 2013. Ab 3 Jahren. Otfried Preußler: Die kleine Hexe. Stuttgart: Thienemann Verlag 2013. Ab 6 Jahren. Otfried Preußler: Der Räuber Hotzenplotz. Stuttgart: Thienemann 2012. Ab 6 Jahren. Korky Paul / Valerie Thomas: Zilly, die Zauberin. Weinheim, Basel: Beltz & Gelberg 2013. Ab 4 Jahren. Lorenz Pauli / Kathrin Schärer: Pippilothek. Zürich: Orell Füssli 2011. Ab 5 Jahren. Dirk Schmidt / Barbara Schmidt: Bitte blubb blubb rette mich. München: Verlag Antje Kunstmann 2014. Ab circa 4 Jahren. Christian Seltmann: Henri erbt ein Monster. Würzburg: Arena Verlag 2013. Ab circa 6 Jahren. Maurice Sendak: Wo die wilden Kerle wohnen. Zürich: Diogenes Verlag 1967. Ab circa 4-5 Jahren. Mark Sommerset: Mäh von Bäh und die Gripspillen. Oldenburg: Lappan Verlag 2013. Ab 4 Jahren. Constanze Spengler: Die Hexe, die sich im Dunkeln fürchtete. Rostock: Hinstorff Verlag 2013. Ab 4 Jahren. Geronimo Stilton – Die Dschungelprüfung. Reinbek: Rowohlt TB 2013. Ab 8 Jahren. Tiere Grundschulwissen. Dorling Kindersley 2011. Ab circa 7 Jahren. Brigitte Werner / Birte Müller: Kotzmotz, der Zauberer. Stuttgart: Verlag Freies Geistesleben 2012. Ab circa 5 Jahren. Henrike Wilson / Anu Stohner: Die kleine Schusselhexe. München: Carl Hanser Verlag 2013. Ab circa 4 Jahren. Christine Kranz Christine Kranz, Jahrgang 1958, studierte Übersetzerin, ist seit 1990 als Referentin für Leseförderung für die Stiftung Lesen tätig. Unter anderem betreut sie seit vielen Jahren die Leseempfehlungen der Stiftung und hält jedes Jahr zahlreiche Fortbildungen zur Praxis der Leseförderung und Literaturvermittlung für ganz unterschiedliche Zielgruppen. Schwerpunkte liegen hierbei auf der Literacy-Erziehung, dem Vorlesen, der Leseförderung spezieller Zielgruppen und dem digitalen Lesen. 22 Hannes König / Lars Bäumer / Astrid Sepp: (Bildungs-)Partner vernetzen: Kommunikation als Schlüssel – Flirtregeln als Hilfestellung „A little story about four people named Everybody, Somebody, Anybody, and Nobody: There was an important job to be done and Everybody was sure that Somebody would do it. Anybody could have done it, but Nobody did it. Somebody got angry about that because it was Everybody‘s job. Everybody thought that Anybody could do it, but Nobody realized that Everybody wouldn‘t do it. It ended up that Everybody blamed Somebody when Nobody did what Anybody could have done.“ Written by: Somebody. Damit eine Kooperation nicht so verläuft wie in dieser Parabel, wurde das Konzept zum Workshop „(Bildungs-)Partner vernetzen“ entwickelt. Denn gerade bei der Verbindung von Lesen und Bewegung müssen unterschiedliche Partner zusammengebracht werden, weshalb das Thema Eingang in die Tagung gefunden hat. Wir Referenten selbst mussten dabei die zu vermittelnde Theorie direkt auf uns selbst anwenden, da einige der Rahmenbedingungen, unter denen Kooperationen ablaufen können, auf uns zutreffen: Wir waren vier Referenten mit unterschiedlichen Hintergründen, aus verschiedenen Bereichen, bundesweit verstreut und nur zum Teil miteinander bekannt, die gemeinsam einen Workshop entwerfen und leiten sollten. Vor Herausforderungen dieser Art stehen auch potenzielle Bildungspartner immer wieder: Eine gemeinsame Aufgabe – nicht selten von außen an sie herangetragen –, die sie meist mit knappen Ressourcen und unter „Wildwasserbedingungen“ angehen müssen, gilt es zu bewältigen. Um hier nicht Spielball der Wellen zu werden und sich in einem unübersichtlichen Netz aus unterschiedlichen Interessenslagen zu ver- stricken, ist ein bewusstes und reflektiertes Vorgehen ratsam. Eine einfache und leicht nachvollziehbare Hilfestellung bieten dafür Flirtregeln aus der Paarforschung, entwickelt für die Kommunikation in Paarbeziehungen. Der Erziehungswissenschaftler Benedikt Sturzenhecker hat solche Regeln bereits auf die Kooperation zwischen Schule und Jugendhilfe hin beleuchtet (vgl. Sturzenhecker 2009b, S. 161 ff.). Sie eignen sich auch hervorragend für weiter gespann- Wichtigste Erfolgsfaktoren für Bildungskooperationen aus Sicht der Workshopteilnehmer. 23 Die sechs wichtigsten Flirtregeln finden Sie hier in Anlehnung an Sturzenhecker zusammengestellt: 1. Kenne und schätze dich selbst Um eine Kooperation zwischen Bildungspartnern so gestalten zu können, dass sie auf gleichberechtigter Aushandlung basiert, müssen sich die jeweiligen Partner ihrer eigenen Stärken bewusst sein und diese ebenso selbstbewusst vertreten. So haben alle Partner im Netzwerk Schule – verbandliche Jugendarbeit – offene Jugendarbeit einen wichtigen Teil zu einem ganzheitlichen Bildungskonzept beizutragen. Die Stärken der Schule liegen z. B. vorwiegend in den Bereichen der Reichweite ihrer Angebote, der Professionalität des in ihr wirkenden Personals und der Einheitlichkeit im Sinne strukturierter und vergleichbarer Bildungsinhalte. Verbandliche und offene Jugendarbeit liefern dagegen durch die ihnen immanenten Frei- und Gestaltungsräume, das Freiwilligkeitsprinzip und die Möglichkeiten zur Verantwortungsübernahme in realen Kontexten wichtige Beiträge zur Entwicklung personaler, sozialer und Engagement-spezifischer Kompetenzen (vgl. Baumberger 2014, S. 128 ff). Zu Recht postuliert Sturzenhecker, dass Jugendarbeit und Schule nur in Anerkennung ihrer Differenz als Partner gemeinsame Arbeitsfelder, -themen und -methoden bestimmen können, die für beide Seiten ohne Verlust ihrer Identität und eigentlichen Aufgabenstellung umsetzbar sind (vgl. Sturzenhecker 2009a, S. 138 f.) 2. Wisse, was du willst Kooperationen werden nur dann effektiv wirksam sein, wenn die unterschiedlichen Partner sie wirklich wollen. Dafür muss aber auch jedem der Partner klar sein, welche eigenen Erwartungen und Ziele er mit der Kooperation verbindet. Dies bildet den Ausgangspunkt für einen auf Kommunikation und Aushandlung basierenden Klärungsprozess über die gemeinsamen Ziele (vgl. Sturzenhecker 2009b, S. 162). Selbstbewusst- 24 sein und -vertrauen sind also gut und wichtig, ja sogar eine Voraussetzung, um in Kooperation gehen zu können, aber es gilt auch, das rechte Maß zwischen Selbstbewusstsein und angemessener Bescheidenheit zu halten, um die Partner nicht zu „überrollen“ (vgl. Thimm 2005, S. 18). Ein gelungenes Beispiel dafür bietet das Projekt „kicken&lesen“ der Baden-Württemberg Stiftung und des VfB Stuttgart, welches das Jugendzentrum Plochingen mehrmals durchgeführt hat. Die gemeinsame Zielsetzung war die Förderung der Lesemotivation bei Jungs über Themen, die sie begeistern. Allerdings hatten die unterschiedlichen Akteure auch klare Vorstellungen davon, was sie jeweils dazu beitragen können und wollen. So konnten z. B. ein Fußballverein, eine Stadtbibliothek, eine Jugendeinrichtung, eine Schule und weitere freie Akteure (Koch, Theaterpädagogin etc.) ihre jeweiligen spezifischen Kompetenzen gewinnbringend für die Teilnehmer in das Gesamtprojekt einfließen lassen. 3. Verstehe den anderen und lerne seine Welt kennen Der Kommunalverband Jugend und Soziales (KVJS) weist deutlich darauf hin, dass Mitarbeiter der verbandlichen und offenen Jugendarbeit sich in der Zusammenarbeit mit Schulen mit einem komplett anderen Regelsystem konfrontiert sehen. Es besteht daher die dringende Notwendigkeit, das Personal auf diese Aufgabe vorzubereiten und für die Zusammenarbeit zu qualifizieren (vgl. KVJS 2013, S. 119 f.). Der Württembergische Landessportbund (WLSB) hat zu diesem Zweck das Pilotprojekt „Dezentrale Koordinierungsstellen für Ganztagsschulen und Sportvereine im Schuljahr 2013/2014“ aufgesetzt (Zwischenbilanz des Projekts in LSV u. a. 2014, S. 18). Hierin werden einerseits Sportvereine bezüglich der Zusammenarbeit mit Schulen beraten und be- gleitet, andererseits auch Schulen über die Möglichkeiten und Angebote der Vereine informiert, um sich zu besser kennenzulernen. 4. Entdecke Gemeinsamkeiten Zwar gibt es sowohl für Schulen als auch die Akteure der außerschulischen Jugendarbeit mehr oder minder verbindliche rechtliche Grundlagen für die Kooperation, fraglich ist aber, wie wirksam „verordnete“ Kooperationen sein können. Es gehört mehr dazu, um Vernetzung auch erfolgreich zu gestalten. Die Frage ist, was die einzelnen Partner brauchen, um sich konstruktiv und gewinnstiftend auf eine Kooperation einzulassen. Strukturelle Grundlagen hierfür sind gleichberechtigte Zusammenarbeit und Freiwilligkeit in der Ausgestaltung der Kooperation (vgl. Rauschenbach 2009, S. 235). Bei genauerem Hinsehen und aus einer spezifischen, offenen und wertschätzenden Haltung heraus werden sich dann auch inhaltliche Gemeinsamkeiten entdecken lassen, auf die aufgebaut werden kann: Vor dem Hintergrund des verstärkten Ausbaus von Ganztagsschulen sehen z. B. alle Partner Schule nicht nur als Lernort, sondern auch als Lebensort und einen Ort von Jugendkultur. Es gilt, Experimentier-, Geselligkeits- und Kommunikationsbedürfnisse von Schülern aufzugreifen und auch Lerngelegenheiten in den Umfeldern, außerhalb des Ortes Schule, miteinzubeziehen (vgl. Thimm 2005, S. 14 f.). So ergeben sich aus einem gemeinsamen Interesse zahlreiche Anknüpfungsmomente, die als Ausgangspunkte für Kooperationen dienen können: z. B. Projektarbeit, Exkursionen, offene Lernformen, Weiterentwicklung einer positiven Schulkultur, ein vielfältiges Freizeitangebot, Förderung von Toleranz, Eigenverantwortlichkeit, Gemeinschaftsfähigkeit, Partizipation und Mitverantwortung, Entscheidungs- und Kritikfähigkeit oder die Auseinandersetzung mit typischen persönlichen und sozialen Problemlagen etc. 5. Akzeptiere Neins und Fehlschläge Nicht alle Kooperationen, die wünschenswert sind, kommen auch zustande. Das kann unterschiedlichste Gründe haben. Der Organisations- und Bildungswissenschaftler Stephan Gerhard Huber stellt als ausschlaggebenden Faktor die Frage nach der Machbarkeit von Kooperationsvorhaben. Er unterscheidet hierin vier wesentliche Aspekte: Kompetenzen („Können“, also Fähigkeiten, Fertigkeiten und Wissen), Motivation („Wollen“), Legitimation („Müssen und Dürfen“, also Entscheidungsbefugnis) sowie Ressourcen („Haben“) (vgl. Huber 2014, S. 18 f.). Ein „Nein“ in der Anbahnung einer Kooperation oder ein Misserfolg können also unterschiedlichste Ursachen haben. Wichtig ist, diese zu erkennen und gegebenenfalls auch zu akzeptieren. Denn einige Ursachen sind unter Umständen durch Aushandlung zu beheben, andere Hinderungsgründe können schlicht und ergreifend fehlende Ressourcen oder ungeeignete Strukturen sein. Ein häufig anzutreffendes Beispiel hierfür findet sich bei Kooperationsvorhaben im Rahmen von Ganztagsschulen: Vereine sind aufgrund ihrer ehrenamtlichen Strukturen häufig nicht in der Lage, mit Ganztagsschulen zu kooperieren. Das bedeutet aber nicht, dass sie nicht grundsätzlich Interesse hätten oder sich der Bedeutung solcher Kooperationen nicht bewusst sind. 6. Lasse jeder Phase ihr Recht Selten tut es gut, „mit der Tür ins Haus zu fallen“. Kooperationen sollten gut überlegt und vorbereitet sein, damit sie eine Chance haben, die gesteckten Ziele zu erreichen. Der Württembergische Landessportbund schlägt zur Anbahnung von Kooperationen ein sechsschrittiges Vorgehen vor: Im ersten Schritt steht die Aushandlung und Entscheidung über eine mögliche Kooperation zuerst einmal in der eigenen Institution an. Dann gilt es, die jeweiligen (Ansprech-)Partner zu identifizieren und mit ihnen am runden Tisch ins Gespräch zu kommen und gemeinsame Ziele 25 auszuhandeln. Diese sollten sich im gemeinsam zu entwickelnden Konzept spiegeln und in einer schriftlichen Kooperationsvereinbarung festgehalten werden. Erst dann erfolgt die Durchführung auf einer soliden Basis. Wichtig dabei ist, dass bei diesem Vorgehen auch allen Phasen die benötigte Zeit und Tiefe eingeräumt wird. So wäre es schwierig, ein Konzept für die konkrete Kooperation zu erarbeiten, wenn die Entscheidung in der eigenen Institution noch gar nicht getroffen ist, oder eine Kooperationsvereinbarung auszuformulieren, wenn die Ziele noch gar nicht ausgehandelt wurden. Genauso wie es von Vorteil sein kann, die Gelingensbedingungen erfolgreicher Kooperationen zu kennen, so kann es aber ebenso helfen, ein Bewusstsein für Stolpersteine zu haben, die ihnen im Weg stehen können. Auch hier zeigen die Berichte der WorkshopTeilnehmer im Rahmen von „Lesen in Bewegung“, dass die strukturellen Faktoren zwar gewichtig, aber deutlich weniger diffizil als die zwischenmenschlichen Töne sind. te Netzwerkbeziehungen, denn die „weichen“ Faktoren sind enorm wichtig, wenn es um die Frage des Erfolgs von Kooperationen geht. Aber warum eigentlich Vernetzung? Wie eingangs bereits angerissen, entstehen viele Kooperationen aus äußeren Zwängen: Knappe Ressourcen, Wettbewerb, Existenzsicherung und ähnliche Faktoren sind nicht selten Auslöser. Hier gilt es, „das Beste daraus zu machen“. Aber auch ohne diese Zwänge wird es immer angesichts sich wandelnder gesellschaftlicher Rahmenbedingungen – z. B. demografischer Wandel, Individualisierung, Pluralisierung der Lebensentwürfe, Technologisierung etc. – deutlicher, dass bislang getrennt betrachtete Bildungsprozesse und -zuständigkeiten zusammengeführt und 26 Stolpersteine für Bildungskooperationen aus Sicht der Workshop-Teilnehmer. in gemeinsamer Verantwortung begleitet werden müssen. Um dabei der Vielschichtigkeit der unterschiedlichen Bildungsgelegenheiten und -formen gerecht zu werden, sind die spezifischen Kompetenzen der unterschiedlichsten Bildungsanbieter und -orte nötig (vgl. Rauschenbach 2009, S. 233 ff.). Es braucht dafür kleinräumige, sinnvoll gestaltete Netze verschiedenster Bildungsakteure. Diese müssen jedoch auch professionell organisiert und koordiniert geknüpft werden. Jugendarbeit kann hier eine zentrale Rolle einnehmen – nicht nur weil das „Netzwerken“ in ihr als grundlegendes Selbstverständnis bereits angelegt ist, sondern weil sie eben auch ganz eigene Bildungsaspekte zur Gesamtbildung Kinder und Jugendlicher beitragen kann (vgl. König 2012, S. 38). Bilanzierend lässt sich feststellen, dass Kooperationen und Netzwerke nur bedingt vom Schreibtisch aus entwickelt werden können, allenfalls die Vorarbeit dafür. In dieser Phase sind all die strukturellen Faktoren zu beleuchten und zu berück- sichtigen. Nicht planbar sind jedoch die zwischenmenschlichen Aushandlungen, die über den Erfolg einer Kooperation entscheiden. Und wie „im echten Leben“ sollte man sich nicht entmutigen lassen, wenn in komplexen Kommunikationsgeflechten nicht alles auf Anhieb klappt! Als Hilfestellung abschließend die aus unserer Sicht wichtigsten Erfolgsfaktoren für langfristige und nachhaltige Bildungskooperationen (vgl. König / Lachat / Trieß 2014, S. 47 und Burow 2000, S. 50 f.): Kommunikation ist alles. Ohne Kommunikation ist alles nichts. „Structure follows Strategy“ Erst für Ziele sorgen. Dann Strukturen schaffen. Bevormundende Leitung verhindert. Wertschätzende und professionelle Koordination ermöglicht. Je mehr Beteiligung und Aushandlung, desto erfolgreicher. So könnte es wie im Film Casablanca „der Beginn einer großen Freundschaft werden“. Hannes König / Lars Bäumer / Astrid Sepp Hannes König, Jahrgang 1982, ist Diplom-Sozialpädagoge und beim Kreisjugendring Esslingen für die Leitung und Neukonzeptionierung der Kinder- und Jugendarbeit in Nürtingen zuständig. Als Mitarbeiter des Jugendzentrums Plochingen koordinierte er mehrere Jahre die außerunterrichtlichen Bildungsangebote an einer Ganztagsschule. Nebenberuflich berät er Kommunen, die auf dem Weg sind, kommunale Bildungslandschaften zu entwickeln. Lars Bäumer, Jahrgang 1989, studiert Erziehungswissenschaften an der Universität Münster. Als freier Mitarbeiter des Jugendzentrums Plochingen führte er bereits zweimal das Projekt kicken&lesen der Baden-Württemberg Stiftung federführend in Plochingen durch. Astrid Sepp, Jahrgang 1982, hat an der Universität Karlsruhe Sportwissenschaften studiert und ist als Referentin beim Württembergischen Landessportbund e. V. im Geschäftsbereich Bildung, Wissenschaft und Schulen tätig. Im Zuge ihrer Abschlussarbeit hat sie ein Bewegungsprogramm für adipöse Kinder entwickelt und an einer Kinder- und Jugendklinik evaluiert. 27 Literatur Burow, Olaf-Axel (2000): Ich bin gut – wir sind besser. Erfolgsmodelle kreativer Gruppen. Stuttgart: Klett-Cotta. Huber, Stephan Gerhard (2014): Kooperation in Bildungslandschaften: Aktuelle Diskussionsstränge, Wirkungen und Gelingensbedingungen. In: Huber, Stephan Gerhard (Hg.): Kooperative Bildungslandschaften. Netzwerke(n) im und mit System. Köln, Kronach: Carl Link, S. 3-29. König, Hannes (2012): Teilnehmen – teilhaben – Teil sein. In: Jugendstiftung BadenWürttemberg (Hg.): ProjektArbeit. Lust auf Politik? Heft 2012/2. Sersheim: Jugendstiftung BW, S. 37-41. König, Hannes; Lachat, Benjamin; Trieß, Klaus Dieter (2014): Einblick in den Bildungslandschaftsbau. Das BILAB-Prinzip als Prozessmodell zur Entwicklung kommunaler Bildungslandschaften. In: Huber, Stephan Gerhard; Wolfgramm, Christine (Hg.): SchulVerwaltung spezial. Zeitschrift für Schulgestaltung und Schulentwicklung. Heft 1.2014, 16. Jg., Köln, Kronach: Carl Link, S. 45-47. Kommunalverband Jugend und Soziales Baden-Württemberg (2013): KVJS Forschung. Kinder- und Jugendhilfe gestalten – Ganztagsschule als Impuls für kommunale Praxisentwicklungen. Stuttgart: KVJS. Landessportverband BW; Badischer Sportbund Freiburg; Badischer Sportbund Nord; Württembergischer Landessportbund (Hg.) (2013): Herausforderung Ganztag. Eine Praxishilfe für die Zusammenarbeit von Sportvereinen und Ganztagsschulen. 2. Aufl. Stuttgart: WLSB. Landessportverband BW; Badischer Sportbund Freiburg; Badischer Sportbund Nord; Württembergischer Landessportbund (Hg.) (2014): Sport in BW. Das Magazin des Sports in Baden-Württemberg. Stuttgart: WLSB. Müller, Ulrich (2009): Bildungsmanagement – ein orientierender Einstieg. In: Gessler, Michael (Hg.): Handlungsfelder des Bildungsmanagements. Ein Handbuch. Münster: Waxmann, S. 67-90. Rauschenbach, Thomas (2009): Zukunftschance Bildung. Familie, Jugendhilfe und Schule in neuer Allianz. Weinheim, München: Juventa. Sturzenhecker, Benedikt (2009a): Konzeptentwicklung in Kooperation von Jugendarbeit und Schule. In: Sturzenhecker, Benedikt; Deinet, Ulrich (Hg.): Konzeptentwicklung in der Kinder- und Jugendarbeit. Reflexionen und Arbeitshilfen für die Praxis. 2. Aufl. Weinheim, München: Juventa, S. 138-160. Sturzenhecker, Benedikt (2009b): Flirtregeln als Hilfestellung zur Kommunikationsgestaltung zwischen den Partnern Jugendarbeit und Schule, gerade bei gemeinsamer Konzeptentwicklung. In: Sturzenhecker, Benedikt; Deinet, Ulrich (Hg.): Konzeptentwicklung in der Kinder- und Jugendarbeit. Reflexionen und Arbeitshilfen für die Praxis. 2. Aufl. Weinheim, München: Juventa, S. 161-169. Thimm, Karlheinz (2005): Jugendarbeit im Ganztag der Sek. I-Schule. Berlin: Deutsche Kinder- und Jugendstiftung (DKJS). 28 Holger Mügge / Ulf Kerber: Bewegte Geschichten und Computerspiele zum Davonlaufen In diesem Artikel stellen wir Autorensysteme vor, mit denen man selbst Touren, Outdoor Adventures oder allgemein mobile Narrationen erstellen kann, die mit Smartphones und Tablets „begangen“ werden können. Mit Autorensystemen für mobile Narrationen lassen sich zwei Szenarien der pädagogischen Nutzung realisieren, die Lesen und Bewegung miteinander verbinden: Erstellen von Geschichten: In einer Gruppe gemeinsam an mobilen Narrationen zu arbeiten, bezieht sehr viele verschiedene Aufgaben und Fähigkeiten ein: Von der Idee zu einer Tour, der Recherche von Fakten, Geschichten und Medien über das Design der Erzählung bis hin zur technischen Umsetzung sind viele Kompetenzen gefordert. „Begehen“ der Geschichten: Touren und begehbare Geschichten können mit Lerninhalten angereichert sein und dazu dienen, Lernende zu unterstützen oder zu motivieren, sich mit einem bestimmten Thema auseinanderzusetzen. Eine kurze Historie der mobilen Narration Ortsbasierte Narrationen haben eine lange Tradition. Als Suchspiele, die in eine Erzählung eingebettet sind, haben sie schon seit Generationen Kindergeburtstage belebt – im einfachsten Falle als mysteriöse Geschichte über den sagenumwobenen Piratenschatz. Für Erwachsene ist es das Letterboxing, bei dem eine Blechdose mit einem Logbuch versteckt und mittels Hinweisen aufgefunden werden kann, das Mitte des 19. Jahrhunderts im englischen Dart- moore seinen Ursprung hat (vgl. http:// de.wikipedia.org/wiki/Letterboxing). In dieser Tradition hat sich Geocaching entwickelt. Dies stellt gleichzeitig die erste Variante ortsbasierter Narrationen dar, die mit technischer Hilfe betrieben wird, nämlich dem Internet als Verbreitungs- und Organisationsmedium und dem GPS-Gerät als Werkzeug vor Ort. Den „Startschuss“ für Geocaching hat die Freigabe der genaueren Ortung mittels Global Positioning Systems (GPS) durch die NASA am 2. Mai 2000 gegeben. Damit war es plötzlich möglich, auch für nicht-militärische Nutzer mithilfe des GPS eine Ortung mit bis zu zehn Metern Genauigkeit durchzuführen. Nur wenige Stunden nach dieser Freigabe war der erste Cache über eine Internetseite abrufbar. Auch wenn die Technik des GPS hier im Vordergrund steht und diese die essentiellen Wegbeschreibungen des Letterboxing ablöst, bleibt das narrative Element wichtig und für einen hochwertigen Cache unverzichtbar. Die bis hierhin entwickelten mobilen Narrationen unterscheiden sich bereits fundamental von ortsagnostischen Narrationen (Buch, Hörbuch, Hörspiel, Comic, Film etc.): Sie lassen den „Leser“ die Geschichte an realen Orten „begehen“ und fügen ihr damit ein ganzheitliches Erlebnis hinzu. 29 Bis zum Aufkommen wirklich mobiler Computer bleibt aber die Struktur der Narration stark eingeschränkt. Um die Narration fortsetzen zu können, muss der Leser stets das nächste Stück Text finden. Wenn er es also nicht ohnehin schon bei sich trägt, bleibt nur das Suchen, das dadurch zum dominanten Element jeder Erzählung wird. Erst mobile Computer mit Multimedia-Fähigkeiten und allgemeiner Programmierbarkeit konnten dies ändern. Damit waren nun auch komplexe Spiellogiken und vielschichtige Handlungsstränge möglich. Die größten Vorteile gegenüber dem klassischen Geocaching liegen darin, dass interaktive Geschichten und Touren möglich wurden und dass physische Caches nun durch virtuelle ersetzt werden konnten. Probleme wie Zerstörung von Caches, aber auch Belastung der Umwelt durch Auslegen der Caches sind damit gelöst. Allerdings hatten diese Systeme noch zwei wesentliche Nachteile, die einen großen Erfolg verhindert haben: 1. Die Erstellung der Touren und Spiele war sehr anspruchsvoll und erforderte Programmierkenntnisse. 2. Die mobilen Geräte waren teuer und vergleichsweise leistungsschwach, sodass sie nur eine geringe Verbreitung fanden. Erst mit der Verbreitung von Smartphones, die über GPS verfügen, entstand eine Basis für erfolgreiche Autorensysteme für mobile Narrationen. Seit Erscheinen des iPhones mit GPS im Jahr 2008 entstanden diverse Apps und Autorensysteme, die es auch Computerlaien ermöglichen, ortsbasierte Spiele und Narrationen selbst zu erstellen. 30 Historischer Stadtrundgang Gemeinsam mit der PH Karlsruhe, dem Karlsruher Stadtmuseum und dem Verein „Tribut an Carl Benz” haben wir einen historischen Stadtrundgang gestaltet, der zu über 20 Stationen in großen Teilen der Stadt führt. Die Stationen sind hierbei frei wählbar. An jeder Station werden Filme oder Bilder sowie Texte und Episoden aus Benz’ Leben und Wirken in Karlsruhe gezeigt. Dieser Stadtrundgang wird als eigenständige App im Google Play Store veröffentlicht. Interaktives Spiel als Museumsführer GeoQuest GeoQuest ist ein Autorensystem, mit dem man selbst Touren, Outdoor-Adventures und vieles mehr für Smartphones und Tablets erstellen kann. Dafür sind bei GeoQuest keine Programmierkenntnisse erforderlich. Ein webbasierter grafischer Editor ermöglicht es, zum Beispiel eine eigene Stadtführung mit einigen Mausklicks und eigenen Medien zu erstellen. Die erstellte Tour wird dann auf dem Server gespeichert und kann mit der GeoQuest-App auf Smartphones geladen und vor Ort benutzt werden. Einfache Bausteine – vielfältige Quests Alle Quests bestehen aus einfachen Bausteinen, die relativ frei kombiniert werden können. Dazu zählen: Spielort (per GPS) Scannen von QR-Codes (und NFC-Tags) Medienausgabe (Text, Bild, Audio, Video) Aufnahme von Medien (Audio, Bild, Video) Text- und Multiple-Choice-Fragen, Auswahl von Alternativen. In dem Quest können die verwendeten Bausteine in einer fest vorgegebenen Reihenfolge nacheinander abgespielt wer- Eine Jugendradiogruppe bei Q3-Quartier für Medien.Bildung.Abenteuer hat dieses Quest geplant und mit uns gemeinsam realisiert. Es begleitet Kinder auf ihrem Weg durch eine vielfältige Ausstellung zum Thema Radio. Das Quest ist eine Mischung aus Museumsführung und Spiel, bei dem die Spieler einem Avatar helfen, seine verlorene Radiofrequenz wiederzufinden. Dabei lösen sie verschiedene Aufgaben, nehmen Interviews auf und experimentieren an vielen Exponaten, um Fragen beantworten zu können. Die Navigation durch die Ausstellung wird durch QR-Codes realisiert. Während der Tour versuchen die Spieler möglichst viele Punkte zu gewinnen, in dem sie die Aufgaben erfolgreich bearbeiten. Eine Bestenliste wird auf der Homepage des Projekts live angezeigt. Fotobuch mit interaktivem Quiz Mithilfe integrierter QR-Codes kann man GeoQuest nutzen, um ein „klassisches“ Buch mit interaktiven Medien zu ergänzen. So haben wir zur Demonstration ein Fotobuch mit den Bildern einer Amerikareise um ein interaktives Quiz bereichert. Dabei bekommt der „Spieler“ des Quiz einen zufällig gewählten kleinen Kartenausschnitt gezeigt und muss dann das richtige Foto im Buch dazu finden. Natürlich lassen sich auch andere Quiz-Varianten finden, z. B. mit Fragen zum Leseverständnis. Informatik-Adventure rund um den Marktplatz In diesem Adventure helfen die Spieler einer Variablen „i“ durch eine Fantasywelt, die einerseits das Innere eines kleinen Computerprogrammes darstellt, aber gleichzeitig rund um dem Bonner Marktplatz stattfindet. Während die Spieler dem kleinen „i“ helfen und dazu eifrig durch die Stadt gehen, lernen sie ein wenig über Schleifen und bedingte Verzweigungen und natürlich Variablen, wie sie in Programmierungen verwendet werden. den. Aber für viele Quests ist eine etwas aufwändigere Spiellogik nötig, z. B., wenn man den Spieler je nach gewählter Antwort einen anderen Weg gehen lässt oder abhängig vom ausgewählten QR-Code ein anderer Dialog angezeigt wird. Die Spiellogik kann im Editor grafisch erstellt werden. Dafür werden verschiedene Aktionen definiert, die wiederum immer von Ereignissen angestoßen werden. Zu den Ereignissen können zählen: Erreichen oder Verlassen von Spielorten Anklicken von Spielorten auf dem Display Starten eines Bausteins (z. B. Beginn der Anzeige eines Dialogs) Beenden eines Bausteins (z. B. Ende eines Films) Erfolg oder Misserfolg (z. B. bei korrekten oder flachen Antworten auf Fragen oder das Scannen des korrekten QR-Codes etc.) 31 Flexibel oder einfach – Spieltypen GeoQuest unterstützt verschiedene Spieltypen. So kann die Komplexität des Editors den Bedürfnissen der Autoren angepasst werden. Ein gutes Beispiel dafür ist die Opa-Enkel-App des DRK Herford. Hierbei geht es darum, einen intensiven Dialog zwischen Großvätern und ihren Enkeln durch ein gemeinsam gespieltes Quest anzustoßen. In dem Quest wählen Opa und Enkel ein Thema aus, wie z. B. „Spielzeug”, „Essen” oder „Schulweg”. Dann wählt der Opa z. B. sein früheres Lieblingsspielzeug aus. Anschließend nimmt sein Enkel ein Interview mit ihm dazu auf, wie er früher damit gespielt hat. Danach tauschen die beiden ihre Rollen und der Enkel erklärt seinem Großvater, was sein liebstes Spielzeug ist. Alle Aufnahmen, Bilder etc., die dabei entstehen, werden gesammelt und sind nachher als Andenken verfügbar. Soll ein neues Thema angelegt werden, bleibt der Ablauf gleich und die Autoren müssen nur eine kurze Beschreibung, evtl. neue Medien und Namen eingeben. Darauf basierend erzeugt der Editor dann Mit dem Autorensystem können Sie auf der Website von ActionBound eigene mobile Rallyes, Touren, Quiz und Lernspiele – sogenannte Bounds – erstellen. Diese Bounds stehen dann mobil als Apps allen Nutzern zur Verfügung. Das Spektrum reicht momentan von thematischen Stadtrundgängen über Stadionerkundungen bis hin zu Bibliotheksrallyes. Ingress (für: Android) Ingress ist ein Community-Location-BasedSpiel von Google. Die Spieler heuern als Agenten an und versuchen sogenannte Portale zu hacken. Das sind reale Orte auf der ganzen Welt – meistens Sehenswürdigkeiten. Die Spieler lokalisieren per GPS das nächste „Portal“ in ihrer Nähe, begeben sich dorthin und erobern es. Jeder kann „Portale“ in seiner Umgebung hinzufügen und so aktiv das Spiel weiterentwickeln. Aber Vorsicht: In Bezug auf den Datenschutz ist das Spiel nicht unbedenklich, da die Standortdaten der Nutzer an Google übermittelt werden. 32 Herford neue Themen erstellen und die App somit immer wieder um neue Aspekte bereichern, ohne dafür Informatik-Experten zu sein. Holger Mügge / Ulf Kerber Weitere Autorensysteme und Apps ActionBound (www.actionbound.de, App für iOS und Android) ein neues Quest und verwendet den oben geschilderten Ablauf wie einen Lückentext. Auf diese Weise können auch die Mitglieder einer Großvater-Gruppe beim DRK X-Mobile (für: Android) Diese App bietet eine sportliche Jagd durch die Stadt und ist an das Agentenspiel „Die Jagd nach Mr. X“ angelehnt. In Teams wird der Agent Mr. X durch die Stadt verfolgt, wobei der Spieleserver immer neue Hinweise an die Verfolger zum Aufenthaltsort des Gesuchten sendet. Schön auch: Das Spiel legt großen Wert auf den Datenschutz der Mitspieler. Tourality (für: iOS und Android) Die App hält Outdoor-GPS-Spiele für kleine Gruppen parat, die nach dem SchnitzeljagdPrinzip funktionieren. „Spielfeld“ kann jeder Ort auf der Welt sein. Es gibt fünf Spielmodi, in denen man gegen seine Mitspieler antreten kann. Ziel kann u. a. sein, als Erster Orte in einer bestimmten Reihenfolge anzusteuern oder schneller als die Mitspieler bestimmte geografische Punkte zu erreichen. Bei der Jagd können auch Extrapunkte und Trophäen, Abkürzungen oder andere Spielvorteile errungen werden. Holger Mügge, Jahrgang 1967, lebt in Köln und arbeitet in Bonn als Wissenschaftlicher Mitarbeiter des Institute of Computer Science III der Universität Bonn im Bereich Software Engineering / Informatik sowie als Geschäftsführer der Qeevee GmbH in der Entwicklung mobiler Spiele. Ulf Kerber, Jahrgang 1972, lebt in Karlsruhe als Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Transdisziplinäre Sozialwissenschaft an der Pädagogischen Hochschule in Karlsruhe und ist dort Dozent für Geschichts- und Mediendidaktik. Sein Arbeitsschwerpunkt liegt bei der Integration von Medienbildung in die Geschichtswissenschaft und der Entwicklung (mobiler) Lehr-Lernszenarien für den Geschichtsunterricht. Links und Literatur Farman, Jason (Hg.) (2014): The Mobile Story: Narrative Practices with Locative Technologies. London: Routledge. www.qeevee.com GeoQuest wird derzeit weiterentwickelt, um künftig auch eine App für iOS-Geräte anbieten zu können. Schulungen für den Editor und den pädagogischen Einsatz bieten wir mit unseren Partnern an der Akademie Remscheid, der PH Karlsruhe und auch mit dem Erzbistum Köln. http://buendnisse.spielmobile.de Für Bündnispartner der BAG-Spielmobile besteht die Möglichkeit, das System für Stadterkundungsspiele und Rallyes einzusetzen. Dieses Projekt findet im Rahmen der BMBF-Initiative „Kultur macht stark” statt. 33 Barbara Knieling: Die bewegte Elternveranstaltung – Lesen und Bewegung als gemeinsames Thema einer Elternveranstaltung Lesen, Bewegung und Elternarbeit – drei Schlagworte, die zunächst wenig miteinander verbindet. Lesen findet meist in Ruhepositionen statt, die Bewegung zuwider laufen. Elternabende werden mitunter als lästige Pflicht verstanden, wohlwissend, dass Vorbilder mehr als tausend Worte erreichen können. Worin besteht also der verbindende Ansatz, der Lesen, Bewegung und Elternarbeit miteinander in Beziehung setzt? Bildungsprozesse nehmen ihren Lauf und bleiben im Leben der aktiv Beteiligten nicht ohne Wirkung. Um diese Wirkung erreichen zu können, wird die Bereitschaft vorausgesetzt, die eigenen Bildungsangebote dahingehend zu überprüfen, inwiefern durch sie Teilnehmer ins Staunen versetzt werden. Mein Zugang zu „Lesen in Bewegung als Ansatz der Elternarbeit“ beruht neben fundierten Kenntnissen der Literaturpädagogik auf meiner langjährigen Erfahrung im Elternseminar der Stadt Stuttgart und der Erkenntnis, wie Bildungsprozesse entstehen. Elternarbeit bedeutet für mich Elternbildung, weshalb der Fokus zunächst auf den Begriffen Bildungsprozesse und Elternbildung liegt. Bildungsprozesse werden idealerweise nicht von außen angestoßen, sondern im Zusammenspiel aus Neugierde und Interesse an einem Thema geweckt. Menschen jeglichen Alters sehen, hören oder lesen etwas, sind darüber überrascht und geraten ins Staunen. Staunen versetzt ins Nachdenken, dem sich Gespräche anschließen, die wiederum den Gesprächspartner verblüffen können. 34 Elternbildung findet ebenfalls unter der Prämisse eines persönlichen Zugangs statt. Elterliches Interesse wird durch Themen geweckt, von denen sich Eltern einen Vorteil für sich oder ihre Kinder erhoffen. Nehmen Eltern dennoch erwartungslos an der Veranstaltung teil, bedarf es einer überraschenden – ins Staunen versetzenden – Gestaltung, die Interesse weckt. Derart durchgeführte Elternveranstaltungen bilden Eltern multiperspektivisch, indem sie zur Stärkung der Eltern-Kind-Beziehung sowie der Persönlichkeit von Eltern und Kindern beitragen. Interaktive Veranstaltungen schaffen eine Atmosphäre, die die sprachlichen Ausdrucksfähigkeiten von Eltern und Kindern zu verbessern helfen, wodurch eine höhere Chancen- und Bildungsgerechtigkeit erreicht werden kann. Diese führt zu mehr gesellschaftlicher Teilhabe und Integration, welche nicht selten mit der Identifikation mit der Einrichtung oder dem Verein durch ge- meinsame Erlebnisse im Freizeitbereich beginnt. Die Erkenntnis, dass „Eltern zuallererst eine stärkere Wertschätzung und Anerkennung [wollen]“ (Henry-Huthmacher 2008, o. A.), sollte dabei immer mitschwingen und als ständiges Korrektiv der eigenen Herangehensweise dienen. Eltern sind nicht gleich Eltern Die teilnehmenden Eltern einer Elternveranstaltung stellen sich selten als homogene Gruppe dar. Was sie verbindet, sind ihre Kinder, die gemeinsam dieselbe Einrichtung besuchen oder im selben Verein aktiv sind. Ansonsten unterscheiden sie sich in mehrfacher Weise, die sich in drei soziokulturelle Herkunftsmilieus einteilen lassen (vgl. Becker 2012, S. 258-259). Die Gruppe der anspruchsvollen, (über-)ehrgeizigen Eltern ist selbst gut ausgebildet und legt Wert auf die Bildung ihrer Kinder. Sie haben Interesse an den Einrichtungen und Vereinen, die ihre Kinder besuchen. Sie sind offen für Tipps und geben gerne Tipps; ihr Mitteilungsbedürfnis sollte bei der Gestaltung einer Elternveranstaltung berücksichtigt werden. Vertrauensvolle Eltern wissen um die Bedeutung von Bildung, fühlen sich aber in Erziehungsfragen häufig unsicher. Sie nehmen gerne an Veranstaltungen teil, sind offen und lernwillig, halten sich aber mitunter sehr zurück. Thematisch passende Klatsch- oder Bewegungsspiele, bei denen unweigerlich viel gelacht wird, helfen hier, das Eis zu brechen. Die dritte Gruppe der desinteressiert wirkenden Eltern teilt sich wiederum in drei Untergruppen auf. Manche dieser Eltern meiden den Dialog aus sprachlicher und/oder sozialer Unsicherheit. Für diese Eltern eignen sich Angebote, bei denen nicht nur Gespräche, sondern gemeinsames Handeln im Mittelpunkt stehen. Darüber hinaus gibt es Eltern, die noch kein Bewusstsein für eine lohnenswerte Zusammenarbeit zwischen Institution, Verein und Familie entwickelt haben. Schließlich gibt es die Gruppe der tatsächlich desinteressierten Eltern, die entsprechend selten bei Elternveranstaltungen anzutreffen sind. Was auch immer die Ursache für das vermeintliche Desinteresse ist – um auch diese Eltern zu erreichen, muss die tägliche Kommunikation von Wertschätzung und Akzeptanz getragen sein, ebenso wie die Themen der Elternveranstaltungen im Alltag – im Sinne eines Gesprächsanlasses – „sichtbar“ gemacht werden müssen, wovon letztlich alle Eltern profitieren. Neben aufgelockerten und handlungsorientierten Elternveranstaltungen bieten sich für solche Eltern gemeinsame Sportveranstaltungen – mit oder ohne Kinder – als „Eisbrecher“ an. Bei gemeinsamen Eltern-Kind-Veranstaltungen wie einem Fußballturnier oder einer Leseund Bewegungsolympiade können Eltern als Unterstützer verschiedene Aufgaben wahrnehmen, welche im Idealfall über die Veranstaltung hinaus zu einer veränderten Einstellung führen. Gelingende Elternbildung setzt daher Bildungsprozesse in Gang, die Eltern in vielerlei Hinsicht „bewegen“ und sie von bestehenden Meinungen oder Verhaltensmustern abrücken lassen. In diesem Sinne ist Bewegung auch als geistige Beweglichkeit zu verstehen. „Bewegte“ Elternabende Elternabende bedeuten also mehr als nur die Weitergabe von Informationen, die von der einladenden Institution als bedeutungsvoll erachtet werden. Wirkungsvolle Veranstaltungen schaffen für Eltern Beteiligungsmöglichkeiten, bei denen sie ihre Interessen, das heißt ihre Stärken, und ihre 35 Mitmachgeschichten und „bewegende“ Bücher: Ingrid Biermann: Fischers Fritz und Schneiders scharfe Schere – Spielideen zur Sprachförderung. Freiburg: Herder Verlag 2002. 3 bis 6 Jahre. Constanze Grüger / Anne Wöstheinrich: Bewegungsspiele für eine gesunde Entwicklung. Psychomotorische Aktivitäten für Drinnen und Draußen zur Förderung kindlicher Fähigkeiten und Fertigkeiten. Für Sport- und Turngruppen von 3 bis 8 Jahren. Münster: Ökotopia 2002. Swana Rensmann / Sibylle Velter: Mitmachgeschichten für Kindergruppen. München: Don Bosco Medien 2000. 3 bis 6 Jahre. Fredrik Vahle: Sprache mit Herz, Hand und Fuß. Weinheim, Basel: Verlagsgruppe Beltz 2010. Fragen einbringen können. Wie kann das beim Thema Lesen und Bewegung aussehen? Elternveranstaltungen sind immer auch Orte des geselligen Beisammenseins. Manche Eltern kennen sich und freuen sich, andere wiederzusehen. Andere kennen noch wenige und hoffen, beim Elternabend neue kennenzulernen. Beide Interessen benötigen Zeit für Gespräche und nicht nur die Abarbeitung einer Tagesordnung. Empfehlenswert ist daher ein offener Anfang, innerhalb dessen die Eltern eintreffen und Zeit zum Austausch untereinander haben. Um während dieser Anfangsphase nicht nur jene Eltern, die sich bereits kennen, miteinander ins Gespräch kommen zu lassen, bieten sich Themen-Tische oder kleine Ausstellungen an, die auch nach der Veranstaltung noch einige Tage präsent sein sollten. Fotodokumentationen verdeutlichen Eltern, wo sich beispielsweise die Lieb36 lingsleseorte der Kinder in der Einrichtung befinden oder bei welchen Bewegungsübungen die Meisterschaft angestrebt wird. Ein Büchertisch mit passender Literatur zum Thema Lesen und Bewegung gewährt interessierten Eltern Einblicke in die Vielfalt der Thematik. Soll der unmittelbare Bezug zu den Kindern hergestellt werden, bietet sich Einrichtungen mit eigenen Bibliotheken die Möglichkeit, kleine Ausstellungen mit den aktuellen Lieblingsbüchern der Kinder zu gestalten. Diese schauen sich Eltern gerne an und staunen mitunter, womit sich ihre Kinder beschäftigen. Sind die Bewegungsübungen als Parcours aufgebaut, erhalten Eltern zudem die Möglichkeit, aktiv zu werden und erfahren unmittelbar, welche Bedeutung sowohl Lesen als auch Bewegung im Leben ihres Kindes haben. Thementische haben den Vorteil, dass sie vom offenen in den thematischen Teil überleiten können. Bei Büchertischen können Eltern zunächst im Angebot schmökern, bevor sie ein Buch auswählen, von dem sie glauben, dass es ihren Sohn oder ihre Tochter interessiert. Im fachlichen Teil der Elternveranstaltung wird über die Bücher, ihr inhaltliches Spektrum sowie deren bewegungsorientierte Gestaltungsmöglichkeiten informiert. Insbesondere Vorlesegeschichten laden häufig zum Bewegen und Mitmachen ein, womit sie Kindern und Eltern besondere Vorleseerlebnisse bescheren. Je nach Alter der Kinder erhalten Eltern relevante Informationen rund um Lesen und Vorlesen und können jederzeit Fragen stellen. Solch diskursiv gestaltete Elternveranstaltungen nehmen die Erfahrungen und das Vorwissen der Eltern ernst, was wiederum die Bereitschaft erhöht, einiges des Gehörten und Ausprobierten in den Alltag zu integrieren. Umfassende Lesekompe- Beispiel für einen Thementisch: Lese- und Bewegungslust in der Kindertagesstätte Marlene Röder / Daniela Chudzinski: Frechvogel und Mutkröte. Ravensburg: Ravensburger Bucherlag 2014. Ab 4 Jahren. Andrea Schütze / Katrin Oertel: Ganz schön wackelig. Freiburg: Velber Verlag 2014. Ab 3 Jahren. John Fardell: Der Tag, an dem Louis gefressen wurde. Frankfurt / M.: Moritz Verlag 2012. Ab 4 Jahren. Regina Schwarz / Barbara Korthues: Wippen, zappeln, popowackeln – mach mit beim Wi-wa-wackeldackeln! Stuttgart: Esslinger Verlag 2011. Ab 3 Jahren. Hervé Tullet: Mitmach Buch. Freiburg: Velber Verlag 2010. Ab 2 Jahren. tenz stellt eine besondere Form geistiger Beweglichkeit dar. Um die zu erlangen, sind Kinder auf die Unterstützung kompetenter Anderer angewiesen – und auf ausreichende Angebote für ihre motorische Entwicklung. Denn nach wie vor [wird] „der positive Einfluss körperlicher Bewegung auf die motorische und geistige Entwicklung eines Kindes […] oft unterschätzt (Korte 2011, S. 212).“ Deshalb gehören thematisch passende Bewegungselemente ebenso zu einer Elternveranstaltung wie ins Staunen versetzende Impulse übers Lesen. In der Kombination bewegen sie Eltern im Idealfall doppelt – durch die Aktionen als auch die Impulse, die zu neuem Handeln bewegen. Der Text basiert auf einem Impulsvortrag, den Barbara Knieling gemeinsam mit Ingrid Strobl, Elternseminar der Stadt Stuttgart, beim Workshop „Die bewegte Elternveranstaltung“ gehalten hat. Barbara Knieling Barbara Knieling, Jahrgang 1965, ist Referentin in der Erwachsenenbildung sowie als Lese- und Literaturpädagogin tätig. Literatur Becker, Susanne Helene (Hg., 2012): 99 neue Lesetipps. Bücher für Grundschulkinder. Seelze: Kallmeyer. Henry-Huthmacher, Christine (2008): Eltern unter Druck. Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse der Studie. http://www.kas.de/upload/dokumente/2008/02/080227_henry.pdf (Zugriff vom 6.2.2014) Korte, Martin (2011): Wie Kinder heute lernen. München: Deutsche Verlagsanstalt. 37 Lese- und Bewegungstipps für Eltern und Kinder Mit diesen Leseempfehlungen und dazu passenden Bewegungsspielen können Eltern für bewegtes Lesen in der Familie sorgen. Bei einer Elternveranstaltung können die Medien und die Spiele vorgestellt und zusammen mit den Eltern ausprobiert werden. Tipp 2 Bettina Domzalski: Höher! Schneller! Weiter! Das ultimative Sport-Quiz-Buch. Weinheim: Beltz Verlag 2013. Ab circa 10 Jahren. Mit diesem kleinen Buch werdet ihr ruckzuck zum Sportprofi. Über 160 Quizfragen, Rätsel und Denkspiele warten auf euch! Was ist ein Qualifying beim Autorennen? Oder wer hat bis 2012 noch nie die deutsche Fußball-Nationalmannschaft trainiert? Neben den Quizfragen erfährst du in einer Info-Rubrik jede Menge über Fakten und Rekorde der jeweiligen Sportarten. Damit das alles nicht zu theoretisch wird, helfen die Fünf-Minuten-Fitnessbreaks dabei, euch fit zu halten. Tipp 3 Lisa Gallauner: Halfpipe – Leon legt los. Wien: G & G Verlagsgesellschaft 2012. Ab 9 Jahren. Tipp 1 Miriam Cordes: Hopsasa und Trallala. Spiellieder für die Kleinsten. Hamburg: Oetinger 2012. Ab 2 Jahren. Zehn kleine Zappelmänner stehen in einer Ringel, Ringel, Reihe zusammen mit der lieben Laurentia und sehen dem Teddybär zu, wie er sich umdreht. Wem das komisch vorkommt, der braucht unbedingt Hilfestellung. Zum Beispiel in Form dieses sehr ansprechend illustrierten Büchleins, das bekannte Spiellieder vorstellt. Butzemänner und Tanzbären: Die passenden Bewegungsanleitungen zu den Spielliedern finden Sie im Buch. Wackeln Sie mit Ihrem Kind wie ein Eselchen, hüpfen Sie wie ein Häschen, schleichen Sie wie ein Kätzchen und schütteln Sie sich wie ein Bi-Ba-Butzemann. Das macht Spaß und ist ein guter Einstieg in die frühkindliche Sprach- und Bewegungsförderung. 38 Leon zieht zusammen mit seiner Mutter in eine andere Stadt. Nun ist er der Neue in der Klasse und ein echter Außenseiter. Wegen seiner Brille und weil er meistens gute Noten schreibt, halten ihn alle für einen Streber. Vor allem Tim, ein cooler Skater, macht sich immer wieder über ihn lustig. Doch als Leon zum Geburtstag ein tolles Skateboard bekommt, ändert sich sein Leben schlagartig. Doch wird er es schaffen, das Skateduell gegen Tim zu gewinnen? Skateboard-Begriffe: Im Buch dreht sich alles um das Thema „Skaten“. Sammeln Sie mit Ihrem Kind die verschiedenen Begriffe rund ums Skateboard. Taucht ein neuer Begriff auf, wird er auf einem Blatt Papier notiert und irgendwo im Raum mit der beschriebenen Seite nach unten abgelegt. Dann geht es mit der Geschichte wieder weiter. Taucht der nächste Begriff auf, wird genauso verfahren. Kommt ein Begriff nochmals vor, wird das Blatt Papier mit dem Begriff gesucht und ein Strich gemacht. So können Sie und Ihr Kind zum Schluss zählen, wie oft die verschiedenen Wörter verwendet wurden. Außerdem lernen Sie gemeinsam so jede Menge Begriffe rund ums Thema Skateboarden. Wie viele waren es insgesamt? Antwort-Laufen: Antwort-Fangen: Suchen Sie sich vier Sport-Geräte an (z. B. Tennisschläger, Fußball, Turnschuh …) und legen Sie diese in einer gewissen Distanz ab. Jedes Gerät wird einer Antwortmöglichkeit zugeordnet: Der Tennisschläger steht beispielsweise für Antwortmöglichkeit a). Neben jedem Gegenstand liegen außerdem ein Blatt Papier und ein Stift parat. Dann werden die Fragen und die Antwortmöglichkeiten aus dem Buch vorgelesen. Wer die richtige Antwort kennt, rennt zum passenden Antwort-Gegenstand und schreibt die Nummer der Frage auf das Papier. So können Sie am Schluss kontrollieren, wie viele Fragen richtig beantwortet wurden. Daraus lässt sich auch ein Wettkampf für die gesamte Familie veranstalten. Wer zuerst beim Gegenstand ist, bekommt einen Punkt. Aber natürlich nur, wenn die Antwort richtig ist. Wer weiß am meisten über Sport und reagiert am schnellsten?! Dazu werden vier Bälle in verschiedenen Farben oder einfach vier verschiedene Bälle (ein Tennisball, ein Softball oder auch Tücher) benötigt. Jeder Ball wird einer Antwortmöglichkeit zugeordnet: Der grüne Ball steht beispielsweise für Antwortmöglichkeit a). Dann werden die Fragen und die Antwortmöglichkeiten vorgelesen. Jetzt hat Ihr Kind kurz Zeit zum Überlegen. Dann werfen Sie die vier Bälle gleichzeitig in die Luft und Ihr Kind schnappt sich den richtigen Ball. Wenn Antwortmöglichkeit a) richtig ist, muss es den grünen Ball fangen. Das Ergebnis wird notiert und am Ende kontrolliert. Sie können auch einen Wettkampf daraus machen und abwechselnd lesen und werfen. 39 Tipp 4 Tipp 7 Ann C. Håkans: Mein lebensgefährliches Leben – Die Schwimmbadkrise. Würzburg: Arena Verlag: 2012. Ab 6 Jahren. Monika Toman-Banke: Max erster Wettkampf – Leichtathletik ist leicht. Reutlingen: Oertel & Spörer 2011. Zum Vorlesen ab 6 Jahren. Als ob es nicht reichen würde, wenn man einen so bescheuerten Namen hat. Juni!! Wer heißt schon wie ein Monat? Mitschüler Jonas macht sich ständig über Juni lustig und Klassenkameradin Bella will nicht mit ihr befreundet sein, obwohl sie immer nett zu ihr ist. Aber das alles ist nichts gegen Junis Geheimnis, das auf keinen Fall herauskommen darf: Sie kann nicht schwimmen! Wenn Juni daran denkt, hat sie das Gefühl, dass in ihr drin ein Kaktus sitzt, der lauter Löcher die Haut piekt. Und jetzt sind es nur noch 50 Tage, bis das Unvorstellbare eintreten wird: der Schwimmunterricht in der zweiten Klasse … Wasser-Raten: Jeder Spieler denkt an einen einfachen Gegenstand, der im Buch vorkommt, z. B. das Haus der Familie Stomp, den Buchstaben A, der im Unterricht behandelt wird, der Fußball, den Juni an den Kopf bekommt. Nun versucht er, den Gegenstand exakt zu schwimmen. Der Rest der Familie steht am Beckenrand und muss raten, um was es sich handelt. Ist gerade kein Wasser in der Nähe, geht das Spiel auch pantomimisch oder mit alten nassen Socken an den Füßen, mit denen man auf dem Asphalt den Gegenstand „malen“ kann. 40 Tipp 5 Tipp 6 Sandra Ludwig / Sigrid Leberer: Wir machen Sport. Hamburg: Carlsen 2013. Ab 3 Jahren. Geronimo Stilton: Karate Maus Geronimo. Hamburg: rororo 2012. Zum Vorlesen ab 6 Jahren. Diese Woche geht es in der Kita sportlich zu: Jeden Tag können die Kinder eine neue Sportart entdecken und ausprobieren. Von Turnen über Fußball bis zum Kinderyoga – für jeden Geschmack ist etwas dabei. Vielleicht auch etwas für Ihr Kind? Dieser Band aus der Lesemaus-Reihe ermöglicht einen spielerischen Zugang zu diversen Sportarten und macht Lust darauf, selbst aktiv zu werden. Ich packe meinen Koffer: Die Kinder aus dem Kindergarten machen viele verschiedene Sportarten. Können Sie sich gemeinsam die Sportarten merken? Passen Sie gut auf, wenn die Kinder von ihren Sportarten erzählen. Nach jeder Erzählung überlegt sich Ihr Kind eine Bewegung, die zu der Sportart passt (z. B. eine Drehung im Ballett) und macht diese Bewegung vor. Nach der nächsten Erzählung wiederholt Ihr Kind zuerst die erste Bewegung (die Drehung). Dann überlegt es sich eine neue Bewegung für die neue Sportart. Nach der nächsten Sportart wiederholt ihr Kind dann die ersten beiden Bewegungen und überlegt sich dann wieder eine neue und immer so weiter – bis zur Olympiade. Können Sie und Ihr Kind alle Bewegungen noch einmal nacheinander ausführen? Wissen Sie noch, welche Sportarten es waren? Wer Geronimo Stilton kennt, weiß, dass er unsportlich ist. Warum um alles in der Welt haben ihn bloß sein bester Freund und seine Cousine zur Karateweltmeisterschaft angemeldet? Eine Woche hat er Zeit, sich auf dieses Turnier vorzubereiten. Das reicht, um einiges über Karate zu lernen, aber reicht es auch, um Weltmeister zu werden? Trainieren mit Geronimo: Geronimos Trainingsplan ist ganz schön hart. Unterstützen Sie ihn beim Training und trainieren Sie gemeinsam mit ihm. Der Trainingsplan für Sie und Ihr Kind lautet: Kurzhanteln: 10 Mal zwei Bücher stemmen Spinning: 1 Minute im Sitzen Beine strampeln Dauerlauf: 3 große Runden um einen Bücherstapel Langhanteln: 10 Wiederholungen mit dem gespannten Theraband Seilspringen: 10 Sprünge Liegestütze: 3 Wiederholungen Führen Sie nach jedem Kapitel eine Übung durch. Erfüllen Sie den gesamten Trainingsplan, bevor das Buch fertig gelesen wurde! Leichtathletik? Max weiß gar nicht, was das ist. Es klingt irgendwie so kompliziert. Doch dann erfährt er, dass es dabei um „laufen, springen und werfen“ geht. Darin ist Max richtig gut – bei den Bundesjugendspielen gehört er sogar zu den Besten der Schule. Das Training, zu dem seine Mutter ihn angemeldet hat, macht richtig viel Spaß. Doch als er ausgewählt wird, beim nächsten großen Wettkampf in der Staffel mitzulaufen, wird er plötzlich krank. Vielleicht hat ja der Wettergott noch ein Einsehen. Dreikampf: Zu dieser Übung benötigen Sie noch weitere Bücher. Wie Max beginnen Sie gerade gemeinsam mit dem Training. Markieren Sie eine Startlinie. Legen Sie für die erste Disziplin ein Buch etwas entfernt (je nach Platz) von der Startlinie auf den Boden. Wie lange braucht Ihr Kind von der Startlinie bis zum Buch? Notieren Sie das Ergebnis. Für die zweite Disziplin springt Ihr Kind von der Startlinie aus, so weit es kann. Legen Sie bei diesem Punkt als Markierung ein Buch hin. Für die dritte Disziplin legen Sie wieder ein Buch etwas entfernt von der Startlinie auf den Boden. Nun versucht Ihr Kind mit einem Sandsäckchen (es kann auch ein Papierknäuel sein) so nah wie möglich an das Buch heran zu werfen. Wiederholen Sie gemeinsam alle drei Disziplinen nach jedem Kapitel und beobachten Sie, ob Sie sich verbessern. Am Ende des Buches sind Sie und Ihr Kind bestimmt schon richtig gut geworden. 41 Frank Maria Reifenberg: Leseförderung mit Ball und Buch Zwischen dem achten und zwölften Lebensjahr nimmt bei Jungen das Interesse am Lesen rapide ab. Mit 15 Jahren liest laut den PISA-Studien über die Hälfte der Jungen nur noch, wenn sie muss. Viele Jungen hängen schließlich ein ganzes Schuljahr zurück. In der Konkurrenz zu Fernsehen und Computerspielen ist Lesen für Jungs uncool und unmännlich. Selten begegnen ihnen männliche „Lese-Vorbilder“. Oft trifft die angebotene Lektüre nicht ihre Bedürfnisse und Interessen. Sie lesen anders und sie lesen anderes als Mädchen. Diese Tatsache verdient viel mehr Beachtung: Jungen brauchen eine Förderung, die das berücksichtigt und eine besonders anspornende Atmosphäre bietet. Leseförderung mit Ball und Buch Zwischen Fußball und Lesen gibt es Analogien, die wir nutzen: Beide Tätigkeiten sind uns nicht in die Wiege gelegt, aber beide können wir durch Ausdauer, Training und Teamarbeit erlernen oder verbessern. Der Fußball ist in diesem Projekt nicht nur eine billige Masche oder „Verkaufe“. Einige Elemente (Trainingscamp, Spielertreffen, Incentives etc.) sollen natürlich die Motivation zur Teilnahme fördern. Das alleine reicht jedoch über einen längeren Zeitraum nicht, um Begeisterung für das gesamte Projekt zu erzeugen. Nach und nach sollen die Jungen erfah42 ren, dass man Lesen in einem ganz anderen Kontext erleben kann. Die Begeisterung vieler Jungen für Fußball wird in direkte Tuchfühlung mit der „stillen“ Beschäftigung Lesen gebracht. In einem Wechsel und Zusammenspiel von körperlicher Erprobung und Aktivität mit dem Ball auf der einen Seite und Konzentration und Ruhe mit dem Buch auf der anderen werden die Teilnehmer an neue Lese-Erlebnisse herangeführt und erfahren Lesen als eine Praxis, die sich durchaus mit ihrem Selbstverständnis als Jungen vereinbaren lässt. Fußball spielt als Inhalt der Bücher in den Bücherkisten natürlich eine wichtige Rolle. Die Jungen erleben Lesen als eine lustbetonte Aktivität, sowohl in der Schule als auch in der Freizeit. Sie lernen Lesen als eine attraktive Kultur- und Medien-Praxis kennen, die keineswegs nur etwas für Mädchen ist. Ihre Lesekompetenz wird gefördert, sodass sie in der Lage sind, Texte flüssiger zu lesen. Im Mittelpunkt steht das an ihren Interessen orientierte und freie Lesen. Ball und Buch als Partner Das Lesen kann sich nur nach und nach einen Platz neben der deutlich attraktiveren Sportart erkämpfen. Dabei müssen die Jungen ermutigt, unterstützt und angeleitet werden. Natürlich ist dieses Konzept kein Zaubermittel gegen Lesefrust, aber alle Erfahrungen mit vergleichbaren Einzelworkshops zeigen, dass – bei der richtigen und geschlechtsspezifischen Ansprache – Jungen sich stärker und schneller begeistern lassen, als wir vermuten. Ihr Selbstbild ist geprägt von vielen eher entmutigenden Erfahrungen: „Lesen ist mir zu anstrengend … Ich kann den Ansprüchen nie genügen …“ Dem müssen wir etwas entgegensetzen. Dazu bieten wir u. a. im Verlauf des Projekts den Teilnehmern mindestens zwei Mal sogenannte „Incentives“. Das sind Belohnungen, die den Jungen zeigen, dass sie Teil einer besonderen Aktion sind. Sie dienen auch dazu, den Teilnehmern Lesen und Bücher auf eine Art zu präsentieren, die neu oder besonders für sie geeignet ist. Dazu gehören Besuche in Buchhandlungen mit Lesungen oder Treffen mit FC-Spielern, ein Besuch im Sport- und Olympiamuseum oder in der Sportredaktion eines Radio- oder Fernsehsenders. kicken&lesen Köln Das Projekt kicken&lesen wurde 2007 von der Baden-Württemberg Stiftung und dem VfB Stuttgart ins Leben gerufen. Es richtet sich vor allem an Jungen aus lesefernen Familien und lädt jährlich Schulen, Sportvereine, Bibliotheken, Träger der offenen Jugendarbeit und sonstige Vereine zur Teilnahme ein. Das Projekt kicken&lesen Köln wird in Kooperation mit der Baden-Württemberg Stiftung durchgeführt und richtet sich vorrangig an Schulen: Im Projekt werden Jungen der fünften Klasse an Schulen und Einrichtungen der offenen Jugendarbeit über den Zeitraum von einem Schuljahr intensiv begleitet. Es handelt sich dabei um Förder-, Haupt-, Real- und Gesamtschulen, die das Projekt teils im Regelunterricht, teils als AG oder als Pflicht-AG umsetzen. Jede Projektgruppe hat unterschiedliche Betreuer: Deutsch- und Sportlehrer, Klassenlehrer und Referendare, Sportlehrer und Sozialpädagogen, Sozialarbeiter sowie ehrenamtliche Jugendbetreuer usw. Die Gruppenstärke ist auf jeweils 20 Teilnehmer beschränkt. Die Schulen verpflichten sich, wöchentlich mindestens eine kicken&lesen-Trainingseinheit von 90 Minuten durchzuführen. In der Endphase des Projekts trainieren die Teams einen Tag lang mit den Jugendtrainern des 1. FC Köln. Am Ende treten sie in einem Fußballturnier und einem Book Slam® um den kicken&lesen-Pokal gegeneinander an. Projektträger dort ist die SK Stiftung Kultur. Projektpartner ist die Stiftung 1. FC Köln. Die wissenschaftliche Begleitung und Evaluation erfolgt durch Professorin Dr. Christine Garbe vom Institut für Sprache und Literatur der Universität Köln. Weitere Informationen: www.kickenundlesen.de 43 Lautlese-Verfahren Viellese-Verfahren Mithilfe von Lautlese-Verfahren sollen vor allem die kognitiven Prozesse der Schüler beim Lesen gefördert werden, also die Wort- und Satzidentifikation und die Herstellung von Zusammenhängen zwischen den einzelnen Sätzen. Die Schüler lesen für sich kurze Texte laut vor und trainieren so ihre Leseflüssigkeit. Die Leseflüssigkeit umfasst vier Dimensionen: Dekodiergenauigkeit, d. h. möglichst schnell einen Satz korrekt verstehen, die Automatisierung der Dekodierprozesse, die Lesegeschwindigkeit und ausdrucksstarkes Vorlesen, d. h. sinngemäße Betonung. Bei den Viellese-Verfahren werden feste Lesezeiten in den Unterricht eingebaut. Die Schüler sind in diesen Zeiten (stille Lesezeiten) verpflichtet zu lesen, dürfen aber ihre Lektüre aus dem vorhandenen Bestand der Kinder- und Jugendbücher frei wählen. Das Besondere an den VielleseVerfahren ist, dass das Gelesene im Unterricht nicht weiter behandelt wird. Die Verfahren sind vielseitig gestaltbar und sollen die Schüler zum Lesen anregen und motivieren. Durch das gesteigerte Lesepensum soll die Leseleistung verbessert werden. Von der Leseflüssigkeit hängt auch das Leseverstehen ab. Es existieren vielfältige Varianten von Lautlese-Verfahren, die mehrheitlich auf zwei Grundformen basieren, dem „Wiederholten Lautlesen“ und dem „Begleitenden Lautlesen“. Das Lautlese-Verfahren darf nicht verwechselt werden mit dem lauten Vorlesen in der Klasse. Dieses ist meistens kontraproduktiv, weil besonders die leseschwächeren Kinder vor versammelter Klasse „vorgeführt“ werden und die Lust am Lesen zusätzlich verlieren! (vgl. Rosebrock / Nix 2012) Gezielte Förderung: Lautleseund Viellese-Verfahren Zur praktischen Unterstützung werden den Trainern, die bei uns bewusst nicht Lehrer heißen, zwei Methoden und entsprechende didaktische Materialien an die Hand gegeben: das Lautlese- und das Viellese-Verfahren. Mit Seminaren, im Rahmen der formativen Evaluation und durch telefonische und persönliche Beratung werden die Schulen begleitet und im kompletten Projektverlauf unterstützt. Mit der Erkenntnis, dass viele Jungen in der fünf44 Dieses Verfahren hilft besonders den Kindern, die schon eine gewisse Sicherheit erreicht haben und nach mehr Lesestoff verlangen. In einem Projekt wie kicken&lesen hilft es besonders, Jungen auf unterschiedlichen Kompetenzstufen einzubinden und bei der Stange zu halten. Während die Schüler mit noch größeren Schwierigkeiten im LautleseVerfahren „punkten“, können die fortgeschritteneren Leser über die Menge des Gelesenen ihren Beitrag leisten und verlieren nicht die Lust, weil sie vielleicht unterfordert sind. (vgl. Rosebrock / Nix 2012) ten Klasse noch große Probleme mit den grundlegenden Lesefertigkeiten haben, ist es sinnvoll, ihnen konkrete Hilfsangebote zu machen, die sie vielleicht noch nicht kannten und die sich vom bisherigen Unterricht unterscheiden. Die Zusammenarbeit als „Trainer“ und „Sportler“ im Lautlese-Verfahren spricht sie dabei anders an. Allein der Beziehungsaspekt in dieser Methode sollte schon erste Türchen einen Spalt weiter öffnen. Jeder teilnehmende Junge erhält kostenlos eine Trainingsmappe mit dem Trainingsprogramm von Andrea Bertschi-Kaufmann et al. und die Trainer den dazugehörigen Kommentar (vgl. Bertschi-Kaufmann et al. 2010 und 2007). Für das Viellese-Verfahren wird eine umfassende Bücherkiste mit über 70 Büchern aller Genres zur Verfügung gestellt. Darin enthalten sind Abenteuer-, Fantasy- und Gruselromane, Sachbücher, Literaturcomics, Fußballbücher usw. Die Kisten werden am Leistungsniveau orientiert einzeln zusammengestellt und verbleiben auch nach Projektende in den Gruppen. Das Viellese-Verfahren kann natürlich von allen genutzt werden, soll aber besonders auch die Teilnehmer einbinden, die schon flüssiger und vielleicht auch gerne lesen bzw. in der Lage sind, ihrem Leistungsniveau entsprechende Bücher selbstständig zu lesen. Jeder Teilnehmer erhält ein Was ist ein Book Slam®? Der Book Slam® ist eine spielerische und kreative Methode, die den großen Vorteil hat, dass sie die intensive Auseinandersetzung mit einem Buch erfordert, jedoch nicht wie ein Vorlesewettbewerb am Ende öffentlich die Lesefertigkeit oder die Leseunfertigkeit eines Teilnehmers zur Schau stellt. Das ausgewählte Buch muss von der Gruppe oder einem Teil der Gruppe mit kreativen Mitteln so eindrucksvoll wie möglich dargestellt werden. Malen, tanzen, singen, Pantomime, Theater, Rap – alles ist möglich und erlaubt. Nur eine Zeitüberschreitung nicht (Limit wird vorher festgelegt, drei oder fünf Minuten)! Am Ende entscheidet das Publikum/eine Jury, welches Buch sie nach dieser Performance am spannendsten findet. „Trainingsbuch“, das unter der Anleitung des Trainers wie ein Lesetagebuch genutzt werden kann. Es enthält freie Seiten, die die Jungen selbst gestalten können, sowie den „Lese-Pass“, in dem die Jungen ihre gelesenen Seiten oder Bücher dokumentieren. Sanfter Wettbewerb Im Mittelpunkt steht lustbetontes, freies Lesen und nicht eine nach klassischem Lehrplan und Lektürekanon abrufbare Leistung. Vorrangiges Ziel ist eine Veränderung im Bereich der Lesemotivation. Auch ein gewisser Wettbewerbsgedanke spielt eine Rolle. Deshalb gibt es am Ende der Projektzeit ein zweiteiliges Turnier: ein Fußballturnier beim 1. FC Köln sowie einen Book Slam®. Der Lese-Teil des Wettbewerbs ist nicht direkt über die Verbesserung der Lesefertigkeiten definiert. Wie bei klassischen Vorlese-Wettbewerben würden wir dadurch die schwächer lesenden Jungen noch mehr abhängen. Aus diesem Grund wird der Book Slam® für den Leseteil den abschließenden Wettbewerb darstellen. Am Ende des Projekts wird der Gesamtsieger aus den Ergebnissen des Book Slam® und des Fußballturniers ermittelt. Ausführliche Informationen zur Methode: www.bookslam.de 45 Integriertes Fußball- und Lesetraining Zwei exemplarische Abläufe für eine 90-minütige Trainingseinheit: Trainingseinheit A 1.Warm-up Erklärung der Trainingseinheiten, evtl. Mannschaftseinteilung, Aufwärmübungen....................................................................................... 10 Min. 2.Fußball 1 Dribbling-Übung mit Ball um Zylinder-Parcours....................................... 10 Min. 3.Lesen 1 Lautlese-Übung in Zweier-Teams .............................................................. 15 Min. 4.Fußball 2 Ball zuwerfen und auffangen mit Zylindern (Motorik / Sozialverhalten).10 Min. Pause ........................................................................................................................10 Min. 5.Lesen 2 Stille Lesezeit ............................................................................................... 15 Min. 6.Fußball 3 Fußballspiel ................................................................................................. 15 Min. 7.Abschluss Absprache, Aufgabe fürs nächste Training: Vorübung für den Book Slam©, jeder sucht sich ein Buch aus der Bücherkiste und bereitet fürs nächste Training etwas dazu vor (genauer anleiten) .......... 5 Min. Trainingseinheit B 1.Einstieg Freiwillig: Wer stellt „sein“ Buch kurz vor? Lesen 1 (Aufgabe aus der Vorwoche)...................................................................... 10 Min. 2.Warm-up nur Körper, Geist ist schon mit 1. in Gang................................................. Jede Gruppe kann andere Schwerpunkte bei der Durchführung setzen, eine Vorgabe muss aber eingehalten werden: Beide Elemente, Fußball und Lesen, sind gleichberechtigt nebeneinander zu stellen. Im Schnitt sollte also gleichviel Zeit für beide Teile verwendet werden. Gelegentlich ist es sinnvoll, in einer Trainingseinheit dem Fußball, in einer anderen dem Lesen mehr Raum zu geben. Dagegen spricht nichts. Grundsätzlich sollte jede Trainingseinheit aber ausgeglichen sein. Da die Jungen wahrscheinlich immer aufs Fußballspielen drängen werden, braucht es dazu eine klare und strikte Vereinbarung. Die gesamte Trainingseinheit sollte in der Sporthalle oder auf dem Sportplatz stattfinden, um auch tatsächlich Fußball spielen zu können und Geräte für den sportlichen Teil zur Verfügung zu haben. Es wechseln sich Fußball- und Leseübungen ab, wobei auch „integrierte“ Fußballund Lesespiele zum Einsatz kommen können. Frank Maria Reifenberg 5 Min. 3.Fußball 1 Ball behaupten (zwei Spieler halten sich an der Hand, dribbeln, Ball behaupten, ohne Handschluss zu verlieren)...................................... 10 Min. 3.Lesen 2 Lautlese-Übung in Zweier-Teams .............................................................. 15 Min. 4.Fußball 2 Schusstechnik (Zylinder im Kreis mit Bällen darauf, Abschuss und Trainer in der Mitte treffen)........................................................................ 10 Min. 5. Lesen 3 Weitere Buchvorstellungen (Aufgabe aus der Vorwoche)....................... 10 Min. Pause ....................................................................................................................... 10 Min. Frank Maria Reifenberg, Jahrgang 1962, künstlerischer Leiter von kicken&lesen Köln, ist ausgebildeter Buchhändler und arbeitete später in der Öffentlichkeitsarbeit, u. a. in Kampagnen zu Aids, Sexualaufklärung, Suchtprävention. Er schreibt seit 1999 Drehbücher und Romane. Er spricht mit seinen Lesungen besonders auch leseschwache Jungen an und bietet dazu spezielle Workshops nur für Jungen sowie Vorträge und Seminare zum Thema Jungenleseförderung für Eltern, Erzieher, Bibliothekare und andere Multiplikatoren. Seit dem Wintersemester 2013 unterrichtet er im Rahmen eines Lehrauftrags an der Universität zu Köln „Leseanimation für Jungen“. Weitere Informationen: www.frank-reifenberg.de und www.lesefoerderung-fuer-jungen.de 6.Fußball 3 Fußballspiel ................................................................................................. 15 Min. 7.Abschluss Absprache, evtl. Aufgabe fürs nächste Training (Zeitungsausschnitte zu Fußball sammeln, Collage anfertigen) .................................................. 5 Min. Literatur Bertschi-Kaufmann, Andrea et al. (2010): Lesen. Das Training I. Lesefertigkeiten – Lesegeläufigkeit – Lesestrategien. Schülermappe mit 4 Arbeitsheften – 5./6. Schuljahr. Stuttgart: vmp. Bertschi-Kaufmann, Andrea et al. (2007): Lesen. Das Training I. Kommentar. Lehrerband mit Audio-CD – 5. / 6. Schuljahr. Stuttgart: vmp. Rosebrock, Cornelia / Nix, Daniel (2012): Grundlagen der Lesedidaktik und der systematischen schulischen Leseförderung. Baltmannsweiler: Schneider Verlag Hohengehren. 46 47 „Lesen in Bewegung“ – Chancen, Hürden und Voraussetzungen „Lesen in Bewegung“ versteht sich als ein dezidiert interdisziplinärer und verbindender Ansatz. Leseförderer, Trainer, Politiker, Lehrkräfte, Fußball- und Sportfunktionäre, Wissenschaftler, Erzieher, Ehrenamtliche, Pädagogen, Netzwerker, aktive und passive Sportler: Sie alle haben einen individuellen Blickwinkel auf das Thema. Denn gerade die vielen Perspektiven bereichern das Feld und erhöhen die Schlagkraft der Maßnahmen. Exemplarisch kamen im Rahmen der Tagung bei einem Abschlussgespräch zum Thema „Lesen in Bewegung“ ein Minister, ein ehemaliger Profifußballer, ein Professor, eine Politologin und eine Lehrerin zu Wort und teilen ihre Sichtweisen und Erfahrungen. Thomas Hitzlsperger Als Kind habe ich mich nicht besonders fürs Lesen interessiert, da gab es für mich in meiner Freizeit nur Fußball. So richtig mit dem Lesen angefangen habe ich erst zu Beginn meiner Fußballkarriere. Als Profi ist man um 13 Uhr mit der Arbeit fertig. Mit der Zeit danach wollte ich etwas Sinnvolles anstellen, also habe ich angefangen, Bücher zu lesen. Den Zugang zum Lesen habe ich nicht über Fußballbücher bekommen, sondern über ein Buch von Helmut Schmidt. Danach folgten weitere Sachbücher, da ich etwas lernen wollte. Später habe ich dann auch Romane für mich entdeckt. Andreas Stoch, MdL Für mich als Minister bedeutet „Lesen in Bewegung“ Akten zu lesen, während ich von einem Termin zum nächsten fahre. Zu meinem Beruf gehört das Lesen von Sachtexten zum täglichen Geschäft, auch wenn ich persönlich Lesen mit Romanen und das Eintauchen in Fantasiewelten verbinde. Im Urlaub lese ich deshalb ganz bewusst Romane und keine Sachbücher. Seitdem ich gesagt habe, dass ich gerne lese, bekomme ich oft Bücher geschenkt. Das ist der große Vorteil, wenn man berühmt ist. Mittlerweile sind es so viele, dass ich sie wahrscheinlich gar nicht alle lesen kann. Am Anfang wurde ich von meinen FußballerKollegen wegen des Lesens belächelt. Aber irgendwann haben sie sich daran gewöhnt. Solange man erfolgreich ist, wirkt sich das Lesen positiv auf das Image eines Fußballers aus. Die Leute sagen sowas wie „Der Hitzlsperger spielt gut Fußball und liest auch noch gerne!“. Läuft es aber mal nicht so gut, dann heißt es: „Der denkt zu viel“. Für mich persönlich ist es ein großes Glück, dass ich das Lesen entdeckt habe. Thomas Hitzlsperger, Jahrgang 1982, ist ehemaliger Fußballnationalspieler und Deutscher Meister. Als Vater von vier Kindern habe ich natürlich eifrig vorgelesen. Dabei konnte ich beobachten, dass die Schwelle vom Vorlesen zum selbst Lesen gar nicht so einfach zu überwinden ist. Am leichtesten geht es mit einem spannenden Buch, mit dem aus der Anstrengung Lesefreude wird. Lesen und Bewegung miteinander zu verzahnen, halte ich für sehr sinnvoll. Diese Kombination bietet vor allem in der Ganztagsschule eine Chance, Bewegungsförderung verstärkt in Schulen einzubringen und gleichzeitig die Lesekompetenz zu stärken. Andreas Stoch, Jahrgang 1968, ist Minister für Kultus, Jugend und Sport des Landes Baden-Württemberg. 48 49 Prof. Dr. Klaus Roth Bewegung gilt als „Zünder“ und „Motor“ für das Lernen und die gesamte kindliche Entwicklung. Kinder sind „Bewegungswesen“. Körperliche Aktivität ist Ausdruck von Vitalität und Lebenskraft. In unserem Projekt „Motorik ABC“, das sich an Kita-Kinder richtet, wird die spielerisch-freudvolle, vielseitige Förderung der motorischen Intelligenz und der motorischen Basisfähigkeiten mit Sprache verbunden und Sprachanlässe werden in Bewegung umgesetzt. Darauf aufbauend kommen im Grundschulalter in der Ballschule Heidelberg Lerngelegenheiten im sozialen und kognitiven Bereich hinzu. Beide Programme richten sich an alle Heranwachsenden, ausdrücklich auch an motorisch schwache Kinder und Kinder mit gesundheitlichen Einschränkungen. Wir müssen vermitteln, dass Bewegung genauso wie Lesen alltags integriert, jederzeit und überall gewinnbringend stattfinden kann. Prof. Dr. Klaus Roth, Jahrgang 1951, ist Professor für Bewegungs- und Trainingswissenschaft am Institut für Sport und Sportwissenschaft der Universität Heidelberg. Erika Seitz Lesen lernen ist für viele Kinder ein unheimlich mühsamer Prozess. Bewegung dagegen fällt Kindern viel leichter. Wenn man es also schafft, ein bisschen von der Bewegungsbegeisterung in den Leselernprozess einfließen zu lassen, würde das dem Lesen enorm zugutekommen. Ich versuche das einerseits in unserem Projekt „Drachenstark“ umzusetzen, es natürlich andererseits auch in meinen Beruf als Lehrerin zu tragen. Um allerdings „Lesen in Bewegung“ in der Schule konkret umsetzen zu können, braucht es eine offene und unterstützende Schulleitung und engagierte Lehrkräfte. Wir haben zum Glück beides bei uns! Erika Seitz, Jahrgang 1959, Projektleiterin „Drachenstark“, Karate- und Gewaltschutztrainerin und Lehrkraft an einer Sprachheilschule. 50 51 Bewegungsparcours „Lesen in Bewegung“ Mit den folgenden Lese- und Bewegungsspielen kamen die Teilnehmer der Tagung „Lesen in Bewegung“ ordentlich ins Schwitzen. Die Übungen zeigen, wie kürzere Texte, Lieblingsbücher, Klassiker und Rätsel rund ums Lesen mit Bewegung verbunden werden können. Bewegte Klassiker! Birgit Schiffers Wir haben heute ein neues Bildungsverständnis, das mit neuen Bildungskonzepten und Bildungsinhalten einhergeht. Dort kann Raum für Kooperationen entstehen. Türöffner für eine Zusammenarbeit sind immer engagierte Einzelpersönlichkeiten, für den Bereich „Lesen in Bewegung“ z. B. charismatische Lehrkräfte oder Trainer. Befürchtungen und Vorbehalte gibt es natürlich in den unterschiedlichen Institutionen, sie können aber meistens im Gespräch überwunden werden. Das Schöne bei Kooperationen ist ja: Jugendliche selbst schauen nicht auf Institutionen, sondern auf Inhalte. Ist das, was angeboten wird, spannend? Machen das auch meine Freunde? So können auch auf den ersten Blick ungewöhnliche Netzwerke hervorragend funktionieren, wie es etwa ein ganz besonderes Beispiel aus unserer Arbeit zeigt: eine Kooperation zwischen einem Elektroinstallateur und einer Gemeinschaftsschule, die ein Projekt zum Thema Seifenkistenrennen durchgeführt haben. Birgit Schiffers, Jahrgang 1966, ist Politologin und bei der Jugendstiftung BadenWürttemberg in den Themenfeldern Kompetenznachweise, berufliche Bildung und Demokratieerziehung tätig. 52 Klassiker oder eine Klassenlektüre lassen sich auf spannende Weise als besonderes Bewegungserlebnis aufbereiten. Dabei können diverse Elemente aufgegriffen werden: die Figuren, die Handlung, einzelne Szenen, Bücherwelten etc. „Erzähl-Quidditch“ Wer kennt Harry Potter am besten? Das lässt sich mit einem Partner herausfinden: Einer erzählt die Handlung von Harry Potter nach, während der andere einen Luftballon mit allen Körperteilen in der Luft hält. Da muss man gut zuhören! Denn wenn der Erzähler nicht mehr weiter weiß oder der Luftballon den Boden berührt, werden die Rollen getauscht und der Jongleur muss weitererzählen. Bewegen wie „Emil und die Detektive“ Denken Sie sich gemeinsam für jede Figur von „Emil und die Detektive“ eine Fortbewegungsart aus: zum Beispiel „Emil – auf einem Bein hüpfen“, „Pony Hütchen – Pferdegalopp“, „Gustav mit der Hupe – Hockgang“. Die Kinder laufen nun durch einen Hütchen- parcours durch die Halle. Wenn sie den Namen eines Buchhelden hören, müssen die Kinder den Lauf in der entsprechenden Bewegungsart fortsetzen. Pippi Langstrumpf und Kleiner Onkel Verteilen Sie kurze Texte aus „Pippi Langstrumpf“ in der Halle – auf dem Boden, an der Wand, auf Kästen etc. In Paaren erkunden die Kinder diese „Pippiwelt“: „Pippi“ führt den „Kleinen Onkel“ durch leichte Druck- und Ziehbewegungen am Seil, das um den Körper gebunden wird, zu einem Pippi-Text, den Pippi dem Kleinen Onkel vorliest. Dann werden die Rollen getauscht und es geht auf zum nächsten Abenteuer. 53 Lesen in Bewegung mit kurzen Texten Auch das Erschließen von kurzen Sachtexten, Zeitungsartikeln oder selbst geschriebenen Texten lässt sich mit Bewegung kombinieren und so sinnentnehmendes Lesen motivierend aufbereiten. Sprung-Lesen Lese- und Bewegungsquiz Wissen lässt sich spielerisch mit Bewegung abfragen und überprüfen. Fragen können dabei aus allen Gebieten und Fächern kommen – aber auch eng an Lektüre und Bücher geknüpft sein. Buchstaben-Twister Ersetzen Sie die bekannte Twister-Matte mit den farbigen Punkten durch eine Buchstabenmatte und bereiten Sie QuizFragen rund um Bücher und Sport vor. Jeder Frage wird ein Körperteil zugeordnet (linker Arm, rechter Arm, linker Fuß, rechter Fuß). Nun heißt es, das entsprechende Körperteil auf den Buchstaben zu bringen, mit dem die Antwort beginnt. Zum Beispiel: Rechte Hand: „Wer ist der Sportliche von „Die Drei ???“ = Rechte Hand auf P!“ Antwort-Wettrennen Bauen Sie zwei Reihen mit jeweils vier Hütchen auf, die mit den Buchstaben A bis D versehen sind. Die Staffel-Teams stellen sich in einigem Abstand zu ihren vier Hütchen auf. Lesen Sie eine Frage mit vier Antwortmöglichkeiten vor (a, b, c und d) – zum Beispiel zu Ihrer Klassenlektüre. Jedes Hütchen steht für eine Antwortmöglichkeit. Die Kinder rennen schnellstmöglich um das entsprechende Hütchen und wieder zurück zum Ausgangspunkt. Wer am schnellsten um das richtige Hütchen gerannt ist, gewinnt einen Punkt für sein Team. 54 Beim Lesen ins Schwitzen kommen! Während dem Seilspringen wird ein Text gelesen, der an der Wand befestigt ist. Er enthält einen Fehler. Wer findet ihn? Würfeltexte Drucken Sie für jedes Kind einen Sachtext auf farbigem Papier aus – jeder Text erhält eine andere Farbe – und schneiden Sie diesen dann in sechs Teile. Nummerieren Sie diese auf der Rückseite und verteilen Sie sie im Raum. Teilen Sie dann jedem Kind eine Farbe zu und einen Würfel aus. In einem Gymnastikreifen treten dann zwei Kinder zu einem Wettstreit an: Sie würfeln gleichzeitig und suchen dann schnellstmöglich ihren Textteil mit der passenden Augenzahl und bringen diesen in den Ring. Wurden alle Textteile gesammelt, müssen sie in die richtige Reihenfolge gebracht werden. Wer schafft es zuerst, alle Textteile zu einem zusammenhängenden Text zu ordnen? Die Sachtexte können für weitere Aufgaben oder Spiele genutzt werden. Lieblingsbücher in Bewegung Gerade (Lieblings-)Bücher und Medien können bewegt vorgestellt und von den anderen entdeckt werden. So können Bücher aus der Klassenbibliothek neue Fans finden. Bücher-Boule Lese-Bock Mit diesem Spiel können nicht nur gute Bücher kennengelernt, sondern auch die eigene Treffgenauigkeit getestet werden: Bücher werden in unterschiedlichen Abständen hintereinander aufgebaut. Ein Sandsäckchen wird dann von der Startlinie aus möglichst nahe zum ersten Buch geworfen. Wer am nächsten dran ist, darf das Buch bis zum Ende des Spiels behalten und es unter die Lupe nehmen. Dann geht es von der Startlinie auf zur Eroberung des zweiten Buchs. Wer hat am Ende des Spiels die meisten Bücher? Welches der gewonnenen Bücher hat das größte Interesse geweckt? Lieblingsbücher im Bocksprung entdecken? So geht es: Die Kinder erstellen zu ihrem jeweiligen Lieblingsbuch einen Steckbrief. Dann werden die Bücher zusammen mit den Steckbriefen in der Halle verteilt. Jetzt laufen die Kinder von Buch zu Buch und lesen die Steckbriefe. Allerdings darf man erst weiter zum nächsten Buch, wenn man durch einen Bocksprung erlöst wurde. Nach dem Lesen des Steckbriefs heißt es also: sich über das Buch gebeugt hinstellen und warten! Ideensammlung Die Teilnehmer der Tagung haben auch ihre kreativen Ideen für „Lesen in Bewegung“ mit uns geteilt. Geschichten vorlesen und pantomimisch mitspielen lassen Lesewanderung (statt Weinwanderung) Gedichte und Balladen gehend lesen Literarischer Spaziergang durchs Museum mit Kinderbuchklassikern Textlupe: Selbst verfasste Texte wandern mit Kommentarbogen durch die Klasse Klappstuhl-Lesung: Klappstuhl beliebig aufstellen, etwas vorlesen, wer vorbei geht, kann zuhören Galeriegang: Plakate mit Ergebnissen aus der Gruppenarbeit werden aufgehängt und dann bei einem Rundgang mit neu gemischten Gruppen präsentiert. 55 Initiativen rund um „Lesen in Bewegung“ – Bewegte Projekte zur Leseförderung kicken&lesen: Denn Jungs lesen ander(e)s! Diese Sammlung von innovativen Aktionen und ganzheitlichen Initiativen rund um „Lesen in Bewegung“ zeigt, wie das innovative Potenzial, das in diesem Thema steckt, an vielen Orten schon verwirklicht wird. Die Projekte dienen sowohl als Impulse für die eigene Praxis als auch als Anlässe für Vernetzung und Austausch. 1:0 fürs Lesen Hinter 1:0 fürs Lesen steckt die Idee, Fußball und Lesen im Rahmen einer Klassenfahrt geschickt miteinander zu verbinden und gleichzeitig die vielen Herkunftssprachen der Kinder in der teilnehmenden Klasse einzubeziehen. Im Mittelpunkt steht die spielerische Auseinandersetzung mit Texten und Medien zum Thema „Fußball“, bei denen insbesondere die Fußballkenner unter 56 den Schülern ihr Wissen anwenden und vergrößern können. Ergänzend gibt es vielfältige Aktivitäten rund ums Lesen: Bei diversen Lesespielen mit Bewegung, beim Book Slam©, der nicht nur Lesekompetenz, sondern auch schauspielerisches Talent erfordert, und beim Lösen von Rätselgeschichten können sich die Kinder mit Sprache und Geschichten auseinandersetzen. 1:0 fürs Lesen ist ein gemeinsames Projekt der Sparkassenfußballschule des Niedersächsischen Fußballverbands (NFV), der Akademie für Leseförderung Niedersachsen, der Kollektion OLMS junior im Georg Olms Verlag sowie der ehemaligen Klasse 4c der Fichteschule Hannover, gefördert vom Landessportbund Niedersachen e. V. Weitere Informationen: www.alf-hannover.de Das Interesse am Lesen nimmt bei Jungen im Alter zwischen zehn und 14 Jahren rapide ab. Oft lesen sie nur noch, wenn es sein muss. Die Folge ist, dass sie sich im Vergleich zu Mädchen beim Lesen und Textverständnis schwerer tun und in der Schule zurückliegen. Zudem gilt Lesen oft als „unmännlich“ und „uncool“. Doch Jungen interessieren sich durchaus für Bücher und Lesen im Allgemeinen. Sie brauchen aber individuelle Angebote und eine Förderung, die ihren Interessen gerecht wird. Genau da setzt das Projekt kicken& lesen der Baden-Württemberg Stiftung an. Denn es holt die Jungs dort ab, wo sie mit Enthusiasmus dabei sind: auf dem Bolzplatz. Über ihre Begeisterung für Fußball und durch motivierende Aktivitäten werden die Erfolgserlebnisse der Jungen beim Lesen erhöht. Zudem unterstützen mit dem VfB Stuttgart und dem SC Freiburg gleich zwei Bundesligavereine das Projekt und sorgen für viele spannende Angebote rund ums Kicken und Lesen. Schulen, Vereine, Bibliotheken und andere gemeinnützige Einrichtungen in Baden-Württemberg können sich mit ihren Ideen jährlich für eine Teilnahme am Programm bewerben. Die besten Konzepte werden mit bis zu 4.000 Euro und vielen weiteren Aktionen unterstützt. Bislang haben mehr als 1.200 Jungen daran teilgenommen und mit Ball und Buch einen echten Volltreffer erzielt. kicken&lesen ist ein Projekt der BadenWürttemberg Stiftung in Zusammenarbeit mit dem VfB Stuttgart und dem SC Freiburg. Es wird auch in Köln und in Hessen durchgeführt. In Köln sind die SK Stiftung Kultur und u. a. der 1. FC Köln, in Hessen die Hessenstiftung und der FSV Frankfurt mit von der Partie. Weitere Informationen: www.kickenundlesen.de Komm mit in das gesunde Boot Körperliche Inaktivität und Übergewicht stellen im Kindesalter ein gesellschaftliches und gesundheitliches Problem dar. Im Jahr 2009 beauftragte die Baden-Württemberg Stiftung die Universität Ulm mit der Entwicklung, Umsetzung und Evaluation eines Programms zur Gesundheitsförderung bei Grundschülern in ganz Baden-Württemberg. Mittlerweile hat es sich zum größten schulbasierten Programm in Europa entwickelt. Ziel des Programms Komm mit in das gesunde Boot ist die Stärkung einer gesunden Entwicklung und eines gesundheitsbewussten Verhaltens bei Grundschülern, das sie als Jugendliche und Erwachsene beibehalten sollen. Die Themen sind ausreichende Bewegung, sinnvolle Freizeitgestatung 57 und Reduktion des Medienkonsums sowie gesunde Ernährung. Das Programm behält die Wirksamkeit und Effektstärke auch mit einer steigenden Ausbreitung. Ein wesentlicher Aspekt ist die Integration der Lehrer bei der Umsetzung des Programms im Alltag. Dieser „Bottom-up-Ansatz“ bezieht diese nachhaltig ein und erreicht dies über Schulung und Unterstützung bei der Umsetzung der Inhalte Aus diesem Grund wurde ein flächendeckendes Multiplikatorensystem für Baden-Württemberg entwickelt mit Lehrern, die regional ihre Kollegen schulen und später bei der Umsetzung unterstützen. Die Materialien beinhalten Ziele und Inhalte des Bildungsplanes und können direkt in den regulären Alltag / Unterricht integriert werden. Für die Grundschule wurden folgende Ziele erreicht: eine erfolgreiche Ausbreitung mit derzeit 2.011 Lehrern und etwa 50.000 Schülern, eine wissenschaftliche Evaluation, die auch die Wirkungen belegt und die Intervention verstärkt sowie eine Weiterentwicklung des Programms für den Kindergarten, das allen Kindergärten in BadenWürttemberg zur Verfügung stehen wird. Der Erfolg der Anpfiff ins Leben-Förderung beruht auf der einzigartigen Verzahnung der vier Förderbereiche Sport, Schule, Beruf und Soziales. Rund 3.200 Jungen und Mädchen im Alter von fünf bis 19 Jahren können durch die Mitgliedschaft in einem der Partnervereine alle Förderprogramme von „Anpfiff ins Leben“ wahrnehmen. Dazu gehören „Doppelpass Schule – Beruf“, „Jung und Alt“ und „Kick & Science“. Anpfiff ins Leben ist ein gemeinnütziger Verein, der von der Dietmar Hopp Stiftung getragen wird. Weitere Informationen: www.anpfiff-ins-leben.de Drachenstark Komm mit in das gesunde Boot ist ein Projekt der Baden-Württemberg Stiftung. Weitere Informationen: www.gesundes-boot.de Über das Jahr verteilt finden Drachenstark-Veranstaltungen in Kindergärten, Schulen, bei Ferienprogrammen, bei Lesungen und Fortbildungen statt. Anpfiff ins Leben e. V. Anpfiff ins Leben e. V. fördert die sportlichen Talente von Kindern und Jugendlichen und unterstützt sie beim Meistern von schulischen Herausforderungen, bei der Verwirklichung ihrer beruflichen Ziele und bei der Entwicklung ihrer Persönlichkeit in der Metropolregion Rhein-Neckar. 58 Altersbereich von 6 bis 12 Jahren themenspezifisch angepasst werden. Pate steht der Drache Ferdinand, der Identifikationsfigur, Leitmotiv und Maskottchen in einem ist. Das Projekt besteht aus drei ineinander übergehenden Modulen: Karate und Bewegung, Leseförderung sowie Gewaltprävention. Im Baustein Karate und Bewegung werden die allgemeinen motorischen Fähigkeiten sowie Geschicklichkeit und Koordination der Kinder geschult. Karateübungen, Körperbeherrschung und Teamgeist stehen im Vordergrund. Zur Leseförderung kommen bekannte Drachenbücher ins Spiel, die dem Projekt den Namen geben. In diesem Modul wird gelesen, werden Texte wiedergegeben und eigene kleine Geschichten verfasst. Ergänzend werden auch Basteleinheiten angeboten. Der Schwerpunkt bei der Gewaltprävention liegt auf dem Miteinander und der Erziehung zu einer gewaltlosen Streitkultur. Die Kinder lernen dabei, Konfliktsituationen oder Gefahren im Ansatz zu erkennen und deren Eskalation zu verhindern. Dazu gehört auch, die persönlichen Grenzen und Belange zu formulieren und zu schützen. Drachenstark fördert mit seinem Modulsystem Sport, Kreativität und Teamfähigkeit bei Grundschulkindern der dritten und vierten Klassen, kann aber an jede weitere Kinder- oder Jugendgruppe im Drachenstark ist ein Angebot des KarateTeam Reutlingen e. V., das seit 2008 fester Bestandteil der Kinder- und Jugendarbeit des Vereins ist. Weitere Informationen und eine Bildergalerie mit Impressionen aus diversen Veranstaltungen unter: www.karateteam.de Fußball trifft Kultur Das Projekt Fußball trifft Kultur unterstützt Kinder aus sozial benachteiligtem Umfeld durch Fußballtraining und Förderunterricht, um ihnen dadurch die erforderlichen Fähigkeiten und Fertigkeiten für eine selbstbestimmte, erfolgreiche Zukunft zu vermitteln. Das Projekt läuft mindestens über ein Schuljahr. Die Kinder erhalten zweimal wöchentlich Fußballtraining und danach Förderunterricht. Das Fußballtraining erfolgt in Zusammenarbeit mit einem renommierten lokalen Fußballclub wie Hertha BSC Berlin, Eintracht Frankfurt oder FC Schalke 04. Beim Förderunterricht wird auf die individuellen Bedürfnisse der Projektteilnehmer Rücksicht genommen, meist liegt der Schwerpunkt aber auf der Vermittlung der deutschen Sprache. Häufig wird das Thema Fußball als Lernansatz genutzt, ob z. B. beim Rechnen mit Fußballtabellen, dem Lesen von Fußballbüchern oder dem Ausfüllen von Fußballlückentexten. Regelmäßig finden zudem kulturelle Ausflüge oder Veranstaltungen statt – ein Museumsbesuch, ein Rap-Poetry-Workshop oder aber auch eine Rallye durch die Bibliothek. Durch diese Kombination wird das soziale und kommunikative Verhalten der Kinder verbessert, ihre Motivation zum Lernen gestärkt und ihr Interesse für kulturelle Themen geweckt. 59 Die Begeisterung für Fußball dient den Kindern dabei als Antrieb. Sie verbessern spielerisch ihre Sprachfähigkeit und beteiligen sich aktiver am Unterricht. Das wirkt sich auch positiv auf ihr Selbstwertgefühl aus. Das Projekt Fußball trifft Kultur wurde 2007 von der LitCam – Frankfurt Book Fair Literacy Campaign – ins Leben gerufen. Gestartet mit nur einer Gruppe wächst die FTK-Familie stetig weiter und erfreut sich wachsender Beliebtheit und Bekanntheit. Seit 2012 ist die Bundesliga-Stiftung neben zahlreichen regionalen Unterstützern der bundesweite Partner von Fußball trifft Kultur. Weitere Informationen: www.litcam.de/projekte/fussball-trifft-kultur Fußballerde Die Fußballerde wurde Schülern der dritten bis sechsten Klassenstufen im Rahmen des Kreativwettbewerbs „Talente 2006 – Die FIFA WM in der Schule“ gestaltet. Die Schüler entwickelten ein Gemeinschaftsspiel, das mit mehreren Spielern, auch Rollstuhlfahrern, gespielt werden kann. Anpassung, Absprache, Rücksicht, Koordination, Geschicklichkeit, Reaktion, Konzentration werden außer Teamgeist und visuomotorischen Fähigkeiten gefördert. Gestaltet wurde eine Fußballerde, wobei der untere Teil der Kugel die Erde und der obere 60 Teil den Fußball und dessen Stellenwert in der Welt, aber auch den Einheits- und Einigkeitsgedanken symbolisiert. Auf dem Spielfeld sind auch die verschiedenen Kontinente mit Fußballspielern vertreten. Das Fußballerde-Spiel ermöglichte einen vielfältigen, unterrichtlichen Bezug. Im fächerübergreifenden Unterricht konnten viele Details erarbeitet und geklärt werden. Kontinente und Länder wurden näher kennengelernt, Spielanleitungen geschrieben, Entfernungen berechnet und vieles mehr rund um das Thema Fußball. Fußballerde ist ein Projekt der Schule mit Förderschwerpunkt motorische Entwicklung Landstuhl. Jugendbegleiter-Programm Baden-Württemberg Das Jugendbegleiter-Programm ermöglicht seit 2006 in umfassender und vielfältiger Weise außerunterrichtliche Bildungs- und Betreuungsangebote durch engagierte Einzelpersonen und außerschulische Partner an Schulen in BadenWürttemberg. Jugendbegleiter sind qualifizierte Ehrenamtliche aus Vereinen, Verbänden, Kirchen und dem Umfeld der Schule. Sie bieten für Schüler ein regelmäßiges Betreuungsangebot an. Die Angebotspalette deckt das gesamte Spektrum gesellschaftlicher Aktivitäten ab. Es gibt Bewerbungstrainings, Computerkurse, Sport, Kochen, Theaterspiel, Hausaufgabenbetreuung, Schüler-firmen, Naturexpeditionen, Erste Hilfe und vieles mehr. Insgesamt decken 22.464 Jugendbegleiter rund 43.290 Betreuungsstunden pro Schulwoche ab. An rund 1.720 Schulen werden ganztägige Bildungs- und Betreuungsangebote im Rahmen des Jugendbegleiter-Programms im schulischen Raum durchgeführt. Das Jugendbegleiter-Programm wird von der Jugendstiftung Baden-Württemberg im Auftrag und mit Mitteln des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport umgesetzt. Weitere Informationen: www.jugendbegleiter.de Motorik ABC – Bewegungs- und Sprachförderung im Kindergarten Das Motorik ABC ist ein neu konzipiertes Programm für Klein- und Vorschulkinder, das einerseits die motorische Leistungsfähigkeit der Kinder frühzeitig, systematisch und nachhaltig fördert und gleichzeitig sprachliche Kompetenzen der Kinder stärkt. Das Programm setzt sich aus zwei Teilmodulen zusammen: Es beinhaltet das namensgebende Basismodul Motorik ABC, das von dem Initiator der weltweit be- kannten und weitverbreiteten Ballschule Heidelberg, Prof. Dr. Klaus Roth (Universität Heidelberg), entwickelt worden ist. Dieses wird ergänzt durch ein Aufbaumodul Bewegte Sprache von Prof. Dr. Renate Zimmer (Universität Osnabrück). Sie ist national und international eine der renommiertesten Bewegungspädagoginnen für das Kleinkind- und Vorschulalter. Die beiden Teilmodule folgen einer gemeinsamen Grundphilosophie und fühlen sich den Leitlinien der Entwicklungsgemäßheit, Ganzheitlichkeit, Vielseitigkeit und Freudbetontheit verpflichtet. Im ersten Modul geht es um ein speziell für das Projekt entwickeltes, sportwissenschaftlich fundiertes Programm zur motorischen Frühförderung an Kindergärten. Dabei wird der Philosophie der Orientierungspläne in allen Bundesländern entsprechend das Bildungsfeld „Körper, Bewegung, Gesundheit“ gezielt mit sprachlichen, kognitiven und sozial-emotionalen Lerngelegenheiten verknüpft. Im zweiten Modul steht die Förderung sprachlicher Kompetenzen und der Sprechfreudigkeit im Vordergrund. Auch hier werden – dem Prinzip der Ganzheitlichkeit folgend – weitere Bildungsfelder, vor allem der Bereich der Motorik, systematisch berücksichtigt. Sprach- und Bewegungsanlässe werden zwanglos aufeinander bezogen. Denn durch das Lernen mit dem ganzen Körper, mit allen Sinnen und Bewegung wird eine vielfältige und komplexe Vernetzung der Inhalte im Gehirn möglich. Das Motorik ABC ist ein Projekt der BASF SE und der Manfred Lautenschläger-Stiftung im Rahmen der BASF-Initiative „Offensive Bildung“. Weitere Informationen: www.motorik-abc.de 61 Bundesliga Kids-Clubs: Lesestark und Fußballfit Impressum Baden-Württemberg Stiftung I Stiftung Lesen (Hg.): Lesen in Bewegung. Innovative Leseförderung mit Bewegungsansätzen. Dokumentation einer Tagung der Baden-Württemberg Stiftung und der Stiftung Lesen Herausgeber und Verleger: Die Bundesliga Kids-Clubs stehen 2013 / 14 ganz im Zeichen des Themas „Lesen“! Kinder, Eltern und Betreuer in den Vereinen werden eine Spielzeit lang mit Aktionen und Veranstaltungen zum Lesen bewegt. Einen ersten Impuls für Leseprojekte setzte ein exklusiver Lese-Fußball-Bewegungsparcours beim DFL Kids-Club Sommercamp 2013, der die Kids „Lesestark und Fußballfit“ machte. Damit die Verbindung von Lesen und Fußball auch in die Elternhäuser getragen wird, hat sich die gemeinsame Initiative etwas Besonderes ausgedacht: Der „Lesepass für Lesespaß in der Familie“ unterstützt Eltern, ihre Kinder aktiv beim Lesen zu fördern, und begeistert die ganze Familie mit Lesetipps und Bewegungsimpulsen. Auch in allen teilnehmenden Kids-Clubs finden vielfältige Leseaktionen statt. Ideen dafür finden Betreuer der Kids-Clubs, aber auch andere Fußball- und Lesebegeisterte in der Broschüre „Ideen für Leseaktionen und Schmökerstunden in den Kids-Clubs“. Neben Tipps für besondere Lesestunden enthält sie auch Leseempfehlungen rund ums Thema Fußball mit Aktionsideen und Bewegungsimpulsen für Action vor, während und nach dem Lesen. „Lesestark und Fußballfit“ ist eine gemeinsame Initiative von Stiftung Lesen, Bundesliga Kids-Clubs und Deutsche Fußball-Liga GmbH (DFL). 62 Baden-Württemberg Stiftung Kriegsbergstraße 42, 70174 Stuttgart www.bwstiftung.de Verantwortlich: Christoph Dahl Redaktion: Christine Potnar Stiftung Lesen Römerwall 40, 55131 Mainz www.stiftunglesen.de Verantwortlich: Dr. Jörg Maas Programme und Projekte: Sabine Uehlein Redaktion: Dr. Sigrid Fahrer Gestaltung: wordsimages Kaiserstraße 38 , 55116 Mainz Druck: johnen druck GmbH & Co. KG Industriegebiet Bornwiese 54470 Bernkastel-Kues Auflage: 500 Exemplare Irrtümer und Preisänderungen vorbehalten © 2014, Stuttgart, Mainz Baden-Württemberg Stiftung I Stiftung Lesen Weitere Informationen zur Initiative „Lesen in Bewegung“ finden Sie unter www.lesen-in-bewegung.de Baden-Württemberg Stiftung Stiftung Lesen Kriegsbergstraße 42 70174 Stuttgart Römerwall 40 55131 Mainz Tel: 0711/248467-0 Fax: 0711/248476-50 Tel.: 06131/28890-42 Fax: 06131/28890-37 www.bwstiftung.de www.stiftunglesen.de