7.65 Personalentwicklung für Mitarbeiter in der Produktion

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7.65 Personalentwicklung für Mitarbeiter in der Produktion
Personalentwicklung für Mitarbeiter in der Produktion
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Personalentwicklung für
Mitarbeiter in der Produktion
In diesem Beitrag erfahren Sie,
•
welche Fehlstellungen es durch mangelnde PE in der
Produktion gibt,
•
wie Sie eine gute Führung in der Produktion erreichen,
•
welche Führungsprinzipien in der Produktion erfolgreich sind,
•
welche Führungsfehler Sie unbedingt vermeiden
müssen,
•
welche Entwicklungsmaßnahmen in der Produktion
sinnvoll sind,
•
wie Sie dadurch Ihre Produktion viel effizienter gestalten können.
Der Autor
Bernhard Bachmann, Berater, Dozent und Coach mit 3 Hochschulabschlüssen,
Organisationsentwickler und Change Manager. Neben Einsatzfeldern als Analyst
und Interim Manager arbeitet er als Dozent für Marketing, Unternehmensführung,
Strategie, Produktionsmanagement, Governance sowie persönliche Effizienzsteigerung und hat selbst über 200 Projekte in diesen Feldern geleitet. Zentraler
Teil seiner Arbeit ist die Analyse vor allem von produzierenden Unternehmen bei
Konflikten und Performanceproblemen durch Tiefeninterviews. Hierbei werden
Teams, Berufsprofile, Schnittstellen oder ganze Belegschaften in bis zu 600 vertraulichen Gesprächen befragt, um zu Lösungen zu gelangen. Auch Kunden werden einbezogen. Ein weiterer Schwerpunkt ist der Einsatz von Lernlandkarten zur
Strategievermittlung, sowie das Coaching von Führungskräften, Selbstständigen
und von Teams.
Anschrift: Bachmann Analytics, Governance & Training GmbH, Villa Hagedorn,
65343 Eltville am Rhein, Tel.: 0 61 23/60 12 06, Fax: 0 61 23/60 18 91
E-Mail: [email protected], http: www.bachmann-leadership.de
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Die Ausgangssituation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Der operative Kontext . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Die Prinzipien „guter“ Führung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.1 Die Wichtigkeit der Vorbildfunktion . . . . . . . . . . . . .
3.2 Integrität und Vertrauen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.3 Der „moralische“ Mitarbeiter . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Unternehmenskultur und Unternehmensklima . . . . . . . . . .
Die Problemfelder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.1 Produktentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.2 Performance Measurements . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.3 Interner Wettbewerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.4 Schlechte Führungsqualitäten . . . . . . . . . . . . . . . .
Führungskultur und Führungsklima: Zusammenarbeit und
Kooperationsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Gesundheitsmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Die Ausgangssituation
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In meinem in diesem Handbuch erschienenen Beitrag über Lernbedarfsanalyse (Beitrag Nr. 5.92, 168. Erg.-Lfg., Feb. 2013) habe ich bereits
angemerkt, dass es bei der Personalentwicklung gewaltige Defizite im
Bereich der Produktionsmitarbeiter gibt. Dieser Beitrag geht nun auf
diese Problematik ein. Eigentlich ist ja alles ganz klar: Eine Produktion
basiert auf kalkulatorischen Grundlagen, auf Investitionen in harte Standortfaktoren und Maschinen, auf dem Controlling von Stückgutkosten und
Key Performance Indicators (KPIs) sowie auf den variablen und fixen
Kosten. Hinz kommen die Definition des Qualitätsmanagements, der Personalstärke und die entsprechenden Standards und Benchmarks.
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Soweit die Theorie, wie sie allerorten in den produzierenden Betrieben
verankert zu sein scheint. Und warum auch daran rütteln? Unsere Produktivität ist herausragend, die deutschen „Hidden Champions“ aus dem
Mittelstand zählen schließlich zu den Weltmarktführern. Und doch tauchen in vielen Projekten meiner Beratungstätigkeit erhebliche Zweifel auf,
ob das alles so richtig ist. Wie kann man, wie diese Projekte zeigen,
indem sich nur an den Themen Strategie und Führung etwas ändert,
nachweislich über 30 % mehr Ergebnisse erzielen, wenn alles andere
gleich bleibt?
Das ist, wie ich mittlerweile erforscht habe, mehr als nur ein Zufall (Bachmann 2015). In der Produktion begegnet man nur selten anderen Beratern; diese planen eher am grünen Tisch. Gelegentlich sieht man einen
Qualitätsmanager, Maschinenbauer oder Ingenieur; Prozessanalysten
oder gar Personalentwickler sind mir in den vor Dreck starrenden Buden
von Schichtleitern, bei 50 Grad im Unterbau von Maschinenstraßen oder
in einer stickigen Sandaufbereitung noch nie begegnet. Doch nur da wo
man durch Dämpfe watet, über ausgelaufene Salzsäure oder über flüssiges Eisen steigt, in staubigen Ansatzräumen oder den vergessenen
Bereichen der Fabriken, da zeigt sich überall der menschliche Faktor.
Dazu braucht es kein Raumschiff Enterprise: Bei zahlreichen Projekten
habe ich Bereiche besucht, unendliche Weiten sozusagen, in denen seit
teilweise über 20 Jahren keine Führungskraft oberhalb eines Schichtführers mehr gewesen ist. Entsprechend mitteilsam sind die dort anzutreffenden Arbeitskräfte.
Mein Fazit lautet: Wenn man produzierende Betriebe zu seinen Kunden
zählt, ist es immer wieder interessant zu beobachten, wie stark der
menschliche Faktor über alles entscheidet. Hierbei kommen vier Faktoren zusammen:
1. die Summe an Effizienz der Mitarbeiter in der Produktion,
2. die Summe menschlichen Handelns: Kultur und Klima,
3. die Summe an Fähigkeiten des Managements,
4. die Summe der Führungsqualität in der Produktion.
Bereits hier müsste auffallen, dass alle diese Bereiche durch eine Personalentwicklung steuerbar sind. Wesentlich weniger fällt dagegen erfahrungsgemäß ins Gewicht, welche Maschinen Sie einsetzen, ob Sie eine
gute vorbeugende Instandhaltung haben oder die Anlagen auf Crash fahren oder wie gut Ihre Planungssysteme sind. Diese Lehre verstößt natürPersonalEntwickeln
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lich gegen alle Glaubenssätze, die den Menschen vor allem in der Produktion so gerne entbehrlich machen möchten. Beispielsweise das
Gießen von Eisen und Stahl und die Metallverarbeitung gehören zu den
am längsten industrialisierten Bereichen des Menschen; hier braucht
sicherlich niemand mehr Nachhilfe? Und doch lassen sich selbst in diesen Branchen deutliche Effizienzsteigerungen erreichen, wenn man an
die menschlichen Faktoren geht. Leider wird das von den Führungsetagen oft nicht gesehen und beißt sich mit der Wirklichkeit in den Unternehmen. Lernbedarfsanalysen für Mitarbeiter und Führungskräfte aus der
Produktion fehlen häufig vollkommen. Die Personalentwicklung in der
Produktion wird selbst in deutschen Erfolgsunternehmen merkwürdig
zurückhaltend und stiefmütterlich behandelt. Das gilt sogar für manche
mission critical services wie Krankenhäuser.
Bei produzierenden Betrieben beobachte ich regelmäßig ein völliges
Fehlen der Ausbildung in Sachen Führung, Leadership, Change und Prozessgestaltung. Selbst in namhaften Industriekonzernen – bspw. beim
Berufsprofil „Schichtführer“ – werden gerade mal 12 % der Schichtleiter
in Maßnahmen geschult, die über Arbeitssicherheit, Unfallverhütung oder
Maschinenschulungen o. ä. hinausgehen. Bei einer Trainingsmaßnahme
wie „Schichtübergabe“ konnte ich feststellen, dass über die Hälfte der
Teilnehmer das Erlernte nicht anwenden, sondern teilweise bewusst
gegen die dort gelehrten Prinzipien verstoßen.
Unsere kleineren und mittleren Unternehmen des Mittelstands (KMU)
haben teilweise noch höhere Ausbildungsdefizite. In Deutschland gilt
anscheinend Ausbildung nicht mehr viel, wenn erst mal die Lehre abgeschlossen ist. Formen des Blended Learnings oder Selbststudiums werden in den wenigsten Betrieben angewendet bzw. honoriert. In Summe
kann man sagen, dass die Instrumente der Personalentwicklung regelmäßig dem Management und dem administrativen Teil der produzierenden Gewerbe vorbehalten bleiben. Das Geld wird allerdings zum Großteil
durch die Produktivität der Produktion verdient.
Außerdem, um es vorsichtig zu formulieren, kommen gelegentlich recht
merkwürdige Vorgaben heraus, wenn Personalentwickler, Ingenieure
oder Produktionsleiter, die nie selbst in der Produktion gearbeitet haben,
Programme für Produktionsmitarbeiter entwickeln. Bestenfalls wird hier
also ein irgendwie geeignet erscheinender Trainingsanbieter gesucht;
und die Wirkung der Trainings von der Stange fast nie analysiert.
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Manager zu entwickeln macht den Personalern sichtlich mehr Spaß, als
einen Produktionsbereich nach vorne zu bringen. Dabei, wie den Produktionsarbeitern meist sehr wohl bewusst ist, wird hier das Geld verdient,
das die Manager ausgeben, und Ineffizienzen in einer Produktion schlagen sich immer sofort auch in der Marge nieder. Man kann hier also
durch die richtigen Maßnahmen viel an Produktivitäts- und Effizienzsteigerungen erreichen, die sich regelmäßig sofort in Profitabilität ausdrücken. Trotzdem gelten Stückgutkosten, Auslastungsquoten und Maschinenlaufzeiten als das Mantra und Nonplusultra, obwohl dies auch
wissenschaftlich beispielsweise durch die Theory of Constraints ausreichend widerlegt ist (Dettmer 1998; Goldratt/Cox 1993; Jacob et al. 2010).
Die Performance kommt demnach aus dem marktkonformen und daher
profitablen Durchsatz der Fabrik und eben nicht durch die größtmögliche
utilisation rate.
Leider haben gerade Mitarbeiter und Führungskräfte aus dem Bereich
Produktion große Defizite in der Artikulation ihrer Lernbedarfe. Sie werden auch nicht sonderlich ermutigt, das zu ändern. Auch die Betriebsräte
nehmen sich den Themen Personalentwicklung oder Aus- und Weiterbildung nur selten in ausreichendem Maße an. Dennoch, getrieben durch
Fachkräftemangel und Demografie, eine älter werdende Belegschaft und
ein (wenn auch recht langsames) Umdenken, scheint momentan ein
Trend spürbar, dass der Bereich Produktion jetzt endlich verstärkt in den
Fokus der PE rückt. Dieser Beitrag trägt hoffentlich dazu bei, ein Mehr
an Aufmerksamkeit für die Personalentwicklung in der Produktion zu
erreichen.
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Der operative Kontext
In den produzierenden Bereichen von Unternehmen ist der operative
Kontext ausschlaggebend. Je mehr Kennzahlen eingesetzt werden, je
mehr ein rigides Kostendenken dort Einzug gehalten hat, je mehr man
Planungsinstrumenten und ERP unterworfen ist, desto mehr steigt der
Druck im Kessel an. In nahezu allen Projekten, an denen ich mitgearbeitet habe, hatte der wöchentliche Produktionsplan keinen Bestand; häufig
nicht mal der tägliche. Schwankende Qualitäten der Roh- und Zuschlagsstoffe oder der Zwischenprodukte, Maschinenprobleme, Ausfall von Mitarbeitern oder Eilaufträge aus Vertrieb und Arbeitsvorbereitung (AV) führen häufig zu einer laufenden Umpriorisierung.
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In der Produktion ist der Umgangston wesentlich rauer – überall, wo alles
gleichzeitig gehen muss und die Logistik alles komplex macht, schlägt
sich der Druck in den Umgangsformen nieder. Wer mal in die Küche
eines Sterne-Restaurants geschaut hat, wird wissen, worum es geht. In
manchen Betrieben kommen multikulturell zusammengesetzte Belegschaften hinzu, was die Kommunikation deutlich erschweren kann. Leiharbeiter werden immer wieder ausgewechselt; kaum hat man sie angelernt, wechseln sie in einen anderen Betrieb. Alleine dieser Sachverhalt
kostet richtig viel Geld, wird aber nie eingepreist. Wer schlecht zahlt und
die Mitarbeiter schlecht behandelt, sieht sich diesem Phänomen besonders häufig ausgesetzt – mit entsprechenden Konsequenzen in Effizienz
und Qualität. Sicherlich, die Arbeitnehmerüberlassung ist ein wesentlicher Faktor in der Kostenkalkulation und für die Glättung. Doch habe
ich Betriebe kennengelernt, die bspw. bei einer Stammbelegschaft von
120 Mitarbeitern 240 Leiharbeiter beschäftigen; dass hier die Politik interveniert, ist kein Wunder.
Diese Personalplanung bleibt oft den Betriebsleitern überlassen; Personalentwickler müssen hier darauf achten, dass die Arbeiter nach den
sechs Wochen, die es üblicherweise dauert, sie anzulernen, weiter bei
der Stange bleiben. Entlohnung, Wertschätzung und ein entsprechendes
Betriebsklima sind hierzu wesentlich. Arbeitsanweisungen, die auf Fotografien und Bildersprache basieren, haben sich hier ebenfalls stark
bewährt; der Aufwand, diese zu erstellen, lohnt sich.
In der Produktion werden im Minutentakt Entscheidungen getroffen, das
Tempo an Entscheidungen, die durchaus große Konsequenzen haben
können, ist hier ein ganz anderes als in den Verwaltungstrakten, außer
vielleicht im Handelsraum einer Großbank. Sich entscheiden zu können,
und die Kriterien zu steuern, auf denen diese Entscheidungen basieren,
sind eine häufig übersehene Quelle für Maßnahmen der Personalentwicklung, wie noch aufzuzeigen sein wird.
Das Problem in der Produktion ist, dass häufig Produktionsvorgaben,
maschinelle Realitäten, Qualitätsvorgaben und Kostenvorgaben miteinander kollidieren. Dies führt immer wieder zu Zielkonflikten. In einem
derart operativen Umfeld ist es daher entscheidend, wie Führungsqualitäten ausgebildet sind, um hier entsprechend effizient agieren zu können.
In vielen Betrieben liegt hier allerdings noch ein arg hierarchisches Verständnis vor. Natürlich gibt es auch Betriebe mit selbstbestimmten
Teams, z. B. in der Produktion von Möbeln; in den Großanlagen mit
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Maschinenstraßen ist das jedoch nach wie vor unüblich (Göbel 1998).
Moderne Organisationsformen wie SCRUM sind in der Produktion eigentlich nicht anzutreffen. Auch dass die Mitarbeiter von Toyota und anderen
Autobauern die Produktion anhalten dürfen, untergräbt keineswegs die
gerade in Japan stark hierarchischen Führungsprinzipien in den meisten
Fabriken. Viele Produktionsleiter, aber auch viele mittelständische Firmenpatriarchen haben hierbei ein geradezu archaisches Verständnis von
Führung und Gehorsam. Viele vergleichen das mit der Armee: Befehle
werden gefälligst nicht hinterfragt. Dabei sind gerade militärische Operationen das Ende eines jeden Plans und dessen Ersetzen durch Chaos;
weswegen sich gerade zuallererst in den professionellen Berufsarmeen
ein völlig anderes Führungsprinzip durchgesetzt hat, nämlich dass das
unterste Glied der Kette selbst in der Lage sein muss, taktische Entscheidungen treffen zu können, ohne auf Erklärungen oder Befehle zu warten.
Das scheint sich in vielen Fabriken aber noch nicht herumgesprochen
zu haben. Produktionsleiter, Abteilungsleiter und Schichtführer erhalten
meistens nicht einmal Basisausbildungen in Führung und Organisation.
Bevor allerdings dieser Mangel an Entwicklung Folgen hat, kommt es
bereits im Vorfeld zu gravierenden Fehlern bei der Auswahl von Führungskräften. Hierbei gibt es einen Klassiker zu bewundern: Kaum hat
sich jemand zu einem guten Mitarbeiter oder Maschinenführer entwickelt,
wird er bei der kommenden Vakanz befördert. Immer wieder werden gute
Maschinenführer zu Vorgesetzten erklärt und dann nicht geschult und
alleine gelassen. Während die Zahl der guten Maschinenführer abnimmt,
steigt der Zahl der unfähigen und überforderten Führungskräfte, vor allem
bei den Schichtführern und deren Vertretern.
Dies ist besonders in großen Betrieben ein Problem, wenn eine weitere
Dynamik, oft völlig unbeachtet von der Personalabteilung, hinzutritt: Während früher Schichtführer noch die meisten Einstellungen und Problematiken der Anlagen kannten, werden diese immer mehr zu Verwaltungskräften, die kaum noch aus der Schichtführerbude herauskommen. Und
stattdessen jede Menge Reports anfertigen, E-Mails bearbeiten und
Daten und KPIs ins ERP oder Performance Measurement System einmelden. Wenn dann keine Job-, Kompetenz- oder Orientierungsprofile
vorliegen, kann diese Rolle auch nicht entwickelt werden. Da generell
wenig Wert auf Führungsqualität in der Produktion gelegt wird, trauen
sich auch viele Mitarbeiter die Rolle des Schichtführers zu, die wenig bis
gar nicht geeignet sind; dies aber auch nicht sehen können, da ihre
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eigene Erfahrung ja eine andere ist: Durch Kommandieren und Druck
weitergeben kommt man weiter. In einigen Betrieben, so haben meine
Erhebungen ergeben, beschweren sich über 80 % der Mitarbeiter, dass
„Schreien, Toben, und Herumbrüllen“ eine alltägliche Form der Führung
durch die Vorgesetzten sei. Klar: Wenn es nur das ist, dann kann ich das
auch, sagt sich da so mancher. Hier helfen nur klare Rollenprofile und
ein Verständnis von Führungskultur und gewünschten Führungsprinzipien, die häufig erst entwickelt werden müssen.
Während Governance sich, was Fabriken angeht, meistens nur in der
Form von KPIs, Recyclingvorgaben oder Kostenkontrolle niederschlägt,
werden Führungsprinzipien jedoch eher weniger thematisiert. Dies kann
gravierende Folgen haben, vor allem, wenn die Unternehmenskommunikation auch hinterher hinkt. So habe ich ganz viele Fabriken kennen
gelernt, die doch ein recht merkwürdiges Verständnis der Unternehmenskommunikation aufweisen. In einer Fabrik bspw. wurden erst Terminals
an den Maschinenstraßen eingerichtet, auf denen die Mitarbeiter Zugang
zum Intranet hatten. Danach kam eine Direktive, dass die Nutzung des
Intranets die Mitarbeiter ablenkt und daher Sicherheitsrisiken beinhaltet,
und daher wurde das Intranet wieder abgeschaltet. In manchen Fabriken
wurden sogenannte Internet Cafés eingerichtet, die einen Zugang zu Intranet und Internet gewähren. In nahezu allen dieser Betriebsstätten
haben sich allerdings regelmäßig über zwei Drittel der Mitarbeiter
beschwert, dass sie von ihren Vorgesetzten immer wieder angeraunzt
werden, ob sie denn nichts zu tun hätten, wenn sie sich dort schlau
machen wollen. Größere Unternehmen haben Mitarbeiterzeitschriften,
die auch von Mitarbeitern in den Produktionsstätten genutzt werden. Die
Zielgruppe des Produktionsmitarbeiters bleibt jedoch häufig völlig unerwähnt in diesen Magazinen. Die meisten dieser Zeitschriften werden von
Fabrikmitarbeitern als Vorstandstrompete oder Verwaltungskommunikation angesehen. Ausnahmen stellen lediglich die Mitarbeiterzeitschriften
dar, die in reinen Produktionsstätten mit einer kleinen angeschlossenen
Verwaltung vorzufinden sind; hier dreht sich alles um Produktionsverfahren, Maschinen, oder Neuigkeiten aus der Fabrik. Hier bleiben viele
Chancen für eine gute Kommunikation ungenutzt; Personaler können
hier gut ansetzen.
Dies ist auch zwingend notwendig. Es fällt immer wieder auf, wie wenig
Personalentwickler von kommunikativen Vorgängen in den Fabriken wissen. Dazu muss man sich nur mal die schwarzen Bretter näher angu-
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cken. Viele Maßnahmen und Anordnungen, die sich dort finden, sind
offensichtlich nie durch eine Personalabteilung gegangen, denn sie stehen teilweise im krassen Gegensatz zu herrschenden Vorschriften und
Gesetzen. Je mehr die Betriebsräte schlafen, desto mehr schleifen sich
diese Dinge ein.
Zum anderen zeigen sich in diesen Aushängen auch immer wieder die
Zielkonflikte in den Unternehmen. Mein Lieblingsbeispiel, dass ich nun
schon in mehreren Unternehmen antreffen konnte, sieht so aus: An der
Maschinenanlage hängt ein Schreiben der Arbeitsvorbereitung, eines
Abteilungsleiters oder des Vertriebs, in dem eine Maschinencrew ausdrücklich dafür gelobt wird, dass sie eine neue Bestleistung an Maschinenlaufgeschwindigkeit und Produktionsausstoß der „Batch Nummer
xyz“ erzielt hat. Direkt daneben hängt ein offizielles Schreiben des Qualitätsmanagements, dass die „Batchnummer xyz“ gravierende Mängel aufwies, und dass daher an dieser Maschinenanlage eine bestimmte
Geschwindigkeit nicht mehr überschritten werden darf. In diversen Produktionsstätten, vor allem in deutschen traditionsreichen mittelständischen Betrieben, gibt es diesen Kulturkampf zwischen Qualität und Kostenführerschaft, bei dem keineswegs klar geregelt ist, wohin die Reise
gehen soll. Eine Tendenz zeichnet sich allerdings dabei ab: Auf diese Art
und Weise mit chinesischen Billigprodukten konkurrieren zu wollen, ist
herzlich sinnlos. Umso wichtiger werden Bereiche wie Produktentwicklung und Innovationsfähigkeit; auch dies zwei wichtige Felder für die Personalentwicklung. Und auch hier die wiederholte Feststellung, dass im
Verwaltungstrakt zwar einiges getan wird, die Fabrikationsstätte aber
außen vor bleibt. Dies ist besonders eine Schwäche in den Betrieben, wo
Produktentwicklung, Engineering und Verfahrenstechniken in der Fabrik
selbst angedockt sind.
Diese ungelösten Zielkonflikte führen bei vielen Mitarbeitern zu Kopfschütteln und zu einer allgemeinen Fragestellung, wer hier im Betrieb
eigentlich das Sagen hat. Aufgrund der nicht vorhandenen schlussendlichen Zielvorgaben entscheiden die jeweiligen Schichtführer so wie sie
es interpretieren. Dies führt zu einem Nebeneinander der unterschiedlichsten Vorgaben und Zielerreichungsgrade. Hier ist es die Aufgabe von
Governance und Personalentwicklung, klare Prinzipien und eindeutige
Vorgaben zu erstellen.
Der Weg dorthin ist nicht einfach. Viele Personaler verstehen zu wenig
vom operativen Kontext in den Fabriken. Die Produktionsleiter wiederum
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lassen sich ungerne in ihrem Bereich hineinreden und verstehen es meisterhaft, die „White collar“-Vertreter aus der Administration aus dem
Betrieb herauszuhalten. Diejenigen Personaler und Entwickler, die selbst
schon einmal in einer Produktion gearbeitet haben, haben hier einen klaren Vorteil. Im rauen Umfeld der Produktion ist es außerdem üblich, dass
man sich eine gewisse „street credibility“ erst erarbeiten muss, um
Akzeptanz zu haben. In ganz vielen Fabriken gibt es so etwas wie ein
„hüben und drüben“, wobei die kulturellen Unterschiede zwischen Verwaltung bzw. Administration und der eigentlichen Produktionsstätte
gemeint sind. Merkwürdigerweise fällt hierbei in den großen Fabriken
häufiger der Satz „diesseits und jenseits des Bahndamms“, selbst wenn
die Bahn seit Jahrzehnten nicht mehr genutzt wird, da die Gleise mitten
durch das Fabrikgelände führen und die Verwaltung meistens auf der
anderen Seite sitzt.
Immer wieder bemängeln Mitarbeiter von Fabriken auch, dass sie von
Verwaltungsmitarbeitern nicht ernst genommen, nicht gegrüßt oder nicht
ausreichend respektiert werden. Eine Art Klassiker: Ein Produktentwickler kommt in die Fabrikhalle und fragt den Kollegen bspw., wo denn die
Maschinenstraße X ist, und kennt den Weg nach drei Jahren immer noch
nicht. Ebenfalls stark unbeliebt: Tests auf Maschinenanlagen, bei denen
die Tester nicht anwesend sind, die den Produktionsablaufplan empfindlich stören und der Maschinencrew die Performance verhageln, und bei
denen den Mitarbeitern auch nicht erklärt wird, was sie eigentlich testen.
Personaler müssen diese konfliktreichen Prozesse identifizieren und
regeln.
Hierzu ist der beste mir bekannte Ansatz eigentlich ganz einfach: Man
muss sich für ein bis zwei Wochen einen Blaumann anziehen und in die
Tiefen der Produktion eintauchen. Begleitende Analysen von Unternehmensklima und Mitarbeitermotivation sowie die Analyse einzelner, stichprobenartiger Produktionsprozesse tun ein Übriges, um die Datenlage
erheblich zu verbessern.
Mitarbeiter, die in der Verwaltung neu anfangen und die häufig mit Kollegen aus der Produktion zu tun haben werden, sollten im Rahmen einer
Induction Week ebenfalls den Blaumann anziehen und sich dieser
Herausforderung stellen. Ab auf die Schicht! Diese Forderung habe ich
schon oft gestellt, stelle jedoch immer wieder fest, dass sich viele Mitarbeiter aus der Verwaltung dem entziehen, und dass die Vorgesetzten das
auch nicht ausreichend nachhalten. Der direkte Vergleich beweist jedoch,
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dass dieses Vorgehen ganz richtig ist. Bei diversen Neueinstellungen in
Personalabteilungen, die sich vorrangig um Produktionsmitarbeiter kümmern, hat ein Teil der neuen Kollegen sich in der Fabrik getummelt, der
andere Teil nicht. Während die ersteren Kollegen ihr neues Aufgabengebiet erfolgreich meistern konnten, sah das bei dem anderen Teil ganz
anders aus. Die letzteren Kollegen waren sich buchstäblich zu fein für
diese Art der Einführung („so habe ich mir das aber nicht vorgestellt“)
und hatten von Anfang an und bis zum Schluss erhebliche Schwierigkeiten, mit dem Arbeitsbereich zurechtzukommen, und erfuhren auch eine
mangelnde Akzeptanz. Eine derartige Maßnahme sollte eigentlich verpflichtend gemacht werden, und ist gleich ein erster Test der Arbeitseinstellung.
Fazit: Wenn Sie die Notwendigkeit der Personalentwicklung in der Produktion erkennen, Sie aber bislang wenig über die Gepflogenheiten und
Prozesse in der Produktion wissen, gönnen Sie sich selbst eine derartige
Induction. Sie werden es nicht bereuen – denn es führt kein Weg drum
herum, den operativen Kontext einer Produktion zu verstehen.
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Die Prinzipien „guter“ Führung
Es wurde bereits herausgestellt, dass einerseits der operative Kontext in
der Produktion oft auch dazu führt, dass das Verständnis von Führung
unterentwickelt bleibt, und der Umgangston, um es vorsichtig zu formulieren, durchaus rau sein kann. Und andererseits, dass überdurchschnittlich
häufig ungeeignete Personen zu Führungskräften befördert werden.
Auch ohne ein vollständiges Führungsbild oder eine vollständige Entwicklung von Führungsprinzipien kann bei der Personalauswahl viel
erreicht werden. Wenn man auf gewisse ethische Führungsprinzipien
Wert legt, ist dies bereits ein guter Anfang. Bevor wir zu den negativen
Formen von Führung und deren Begleiterscheinung kommen, ist es
daher sinnvoll, die positiven Aspekte näher zu beleuchten. Denn es gibt
eine Anzahl von Erfolgsfaktoren, die sich positiv auf Führung und Effizienz in der Produktionsstätte auswirken, und um die es sich zu kämpfen
lohnt, bevor alles verschliffen oder erodiert ist. Es handelt sich hierbei um
einige klassische, grundlegende Dinge, die in unserer schnelllebigen Zeit
vielleicht etwas in Vergessenheit geraten sind.
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Ganz vorne steht die Vorbildfunktion; je weniger Wert hierauf gelegt wird
bei der Rekrutierung von z. B. Schichtleitern, umso mehr werden Führungskräfte in der Produktion in Konflikte gezogen und kommen mit dem
operativen Druck nicht mehr klar. Das kann sich in einer Kultur niederschlagen, die dann schlussendlich alles untergräbt.
Am untersten Ende der Skala nenne ich hier die morgendlichen 8.00Uhr-Besprechungsrunden in so mancher Produktion, bei der Produktionsleitung, AV, Logistik, die Abteilungen und manche Schichtführer teilnehmen. Die Art und Weise, wie derartige Treffen ablaufen, erlaubt einen
tiefen Blick in die zugrunde liegende Führungskultur des Unternehmens.
Hier kenne ich Treffen, wo die Chefs herumbrüllen, Leute zusammenstauchen, Schuldige und Sündenböcke gesucht werden, der schwarze
Peter kreist; es wird keine Ursachenforschung betrieben und auch nicht
überlegt, was man anders oder besser machen kann.
Die schlimmste Art dieses Treffens kenne ich aus einem deutschen Traditionsunternehmen. Die Stimmung war immer mies, den Teilnehmern
standen Angst und Unwohlsein regelrecht auf die Stirn geschrieben. Alle
fürchteten vor allem die cholerischen Anfälle des Geschäftsführers, die
sich entsprechend auf die Abteilungsleiter auswirkten, die dann ebenfalls
Druck nach unten weitergaben. Ich habe dann in einer Analyse die regelmäßigen Teilnehmer über dieses Treffen befragt. Arbeitsergebnisse gab
es selten; nachgehalten wurde fast nie, protokolliert wurde auch nicht.
Eigentlich wurden nur Schuldige gesucht und mehr oder weniger öffentlich hingerichtet; dann ging alles auseinander. Jeder versuchte, wo es nur
ging, Gründe zu finden, die eine Teilnahme verhinderten. Die Teilnehmer
berichteten über Unwohlsein jeden Tag vor dem Treffen, über Herzrasen,
Schweißausbrüche und andere physische Störungen, Magenverkrampfungen, und hassten geradezu und ausnahmslos diese Art Start in den
Arbeitstag.
Die Gefahr ist nicht zu unterschätzen; gerade in dieser Firma wurden
tatsächlich drei der Teilnehmer, die nach meiner Beobachtung auch am
meisten in diesen Treffen zu leiden hatten, immer wieder und dann auch
langfristig krank.
Die gesundheitlichen Aspekte schlechter Führung werden von den Personalern oft nicht gesehen; und eine geradezu ritualisierte schlechte Führung wie in diesen Runden hat verheerende Folgen, denn sie beeinflusst
die gesamte Führungskultur und das Klima.
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3.1 Die Wichtigkeit der Vorbildfunktion
Für eine gesunde Führungskultur braucht es Vorbilder. Schicht- und
Arbeitsgruppenführer sollten auch führen und nicht nur schreien können,
das ist ein kleiner Anfang. Die Vorbildfunktion ist eine der entscheidenden
und wichtigsten Funktionen der Führung (Ruiz-Palomino/Martinez-Canas
2011). Die Leadership-Forschung ist sich weitgehend einig: Sie können
Corporate Social Responsibility (CSR) implementieren, einen code of
ethics publizieren, Compliance-Regelwerke entwerfen und publizieren,
aber alles dies reicht in der Regel nicht aus, um den operativen Kontext
zu steuern (Stellvertretend für viele Studien, die dies belegen: Mihelic et
al. 2010 sowie Barnes 2007).
Weitaus effektiver ist es, auf die Prinzipien einer ethischen angemessenen Führung zu achten. Wer ethische Rollenbilder und Vorbildfunktionen
hat, kann die Führungskultur entscheidend prägen, mehr als es CSRProzesse und deren begleitende Dokumente alleine vermögen (Avey et
al. 2012; Kaptein 2009: Brown/Treviño 2006).
Während die Forschung sich hier lange auf die Führungsspitze konzentriert hat, auf die CEOs, Vorstände und Geschäftsführer, ist es mittlerweile
erwiesen, dass Vorbilder im mittleren und unteren Management eine
weitaus größere Rolle spielen, und diese es sind, die letztlich die
gesamte Unternehmenskultur prägen. Gerade in der Produktion werden
laufend Entscheidungen gefällt, die weitab von der Einflusssphäre der
Vorstände ablaufen; hier existiert ein Eigenleben, das nur durch Prinzipien und Vorbilder kontrolliert werden kann (Yukl 2013). Viele Theorien
des sozialen Lernens unterstützen die Bedeutung von Vorbildern. Eine
schwache Unternehmenskultur ist oft alleine durch das Fehlen derartiger
Vorbilder geprägt; hier kann die PE ansetzen. Wie kann man sich eine
„ethische Führung“ vorstellen? Zusammenfassend wirken Vorbilder am
besten, wenn sie die folgenden Charakteristiken erfüllen:
• Zwischenmenschliche Verhaltensweisen basieren auf Fürsorge, Werten und Beziehungen. Führung wirkt unterstützend und übernimmt die
Verantwortung für andere.
•
Fairness gegenüber anderen, Ressourcen gerecht verteilend, gleiche
Behandlung, Achtung und Wertschätzung aller, erklärte, nachvollziehbare Entscheidungen.
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•
Ethisches Handeln, Selbstachtung, Ehrlichkeit, Vertrauenswürdigkeit,
Integrität, Demut, Übernahme von Verantwortung für das eigene Handeln.
•
Artikulation ethischer Normen, Aufrechterhaltung einheitlicher ethischer Grundsätze, Einnahme einer Stakeholder-Perspektive.
Derartig eingestellte Führungskräfte existieren in der Regel nicht von
Tag 1 an, sondern müssen aufgebaut und entwickelt werden. Sie müssen
durch viele operative ethische Dilemmata und Zielkonflikte hindurch, und
brauchen hier entweder selbst Vorbilder für die Orientierung, oder klare
Vorgaben und begleitende Interventionen durch die Firmenleitung, wenn
diese fehlen (Langvardt 2012). Lässt man angehende Führungskräfte mit
diesen Zielkonflikten alleine, geht es nur noch um Performance Measurements, und der operative Druck spült alle weiteren Haltungen, Ansätze
und Überlegungen unter. Führungskräfte verlieren dann ihren ehrenwerten Charakter, vergessen ihre Wertvorstellungen und gehen zur „dunklen
Seite der Führung“ über, wie es Brown/Mitchell (2010) ausdrückten. Eine
klare Aufgabe für die Personalentwicklung also; aber auch hier kann oft
beobachtet werden, dass in die CSR-Aktivitäten der Firmen eher die
Managementebenen und der Verwaltungstrakt einbezogen werden, nicht
aber die Produktion, in der jedoch wesentlich mehr CSR-relevante Entscheidungen fallen.
3.2 Integrität und Vertrauen
Integrität ist, betrachtet man sie näher, ein schwieriges Konzept. Selbst
die führende Literatur über Führung und Leadership umgeht diesen
Begriff gerne; bei Yukl (2013) taucht er nicht mal im Register auf, und
auch die letzte Auflage vom Northouse (2013) beschreibt Integrität in
lediglich einem Absatz als basierend auf Ehrlichkeit und Vertrauenswürdigkeit. Das Problem: Integrität ist ethisch neutral; wer starr Regeln
befolgt, handelt integer. Ungerecht erscheinende Gerichtsurteile sind
hierfür ein Beispiel, oder das starre Befolgen von Vorschriften; selbst ein
Tyrann kann integer erscheinen, wenn er sich an seine eigenen Regeln
hält; je nach Definition von Integrität (eine aktuelle Übersicht zu Definitionen von Integrität findet sich in Bachmann 2015).
Während die meisten Definitionen der Sozialwissenschaft von „Integrität“
auf eine Übereinstimmung von Worten und Taten abzielen, was bereits
für viele Führungskräfte im operativ hektischen Umfeld schwer genug
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erreichbar ist, überwiegt in der Leadership-Forschung die Definition, die
Integrität als eine Grundlage für Vertrauen umschreibt (Wang/Hsieh
2014). Umstritten ist, ob Integrität eine moralische Unterfütterung
braucht, also ein Wertekorsett. Für die Praxis ist das kein Problem;
wesentlich ist, dass bei der Rekrutierung auf Integrität in Form von Worte/
Taten-Übereinstimmung, Ehrlichkeit und Vertrauenswürdigkeit geachtet
wird. In den Einstellungsgesprächen muss man also auf entsprechende
Werthaltungen und Erzählungen aus dem Berufsalltag eingehen; es gibt
eine Anzahl von mittlerweile bewährten Interviewfragen, die genau hierauf abzielen. Auf die Anwendung der wertschätzenden Befragung
(appreciative enquiry, Cooperider et al. 2008) muss hierbei natürlich
geachtet werden.
Geradlinige Entscheidungen, basierend auf klaren Vorstellungen, die
nachgehalten werden, ein integres Verhalten als Grundlage für Vertrauen
und faires, alle gleich behandelndes Führungsverhalten sind die Zutaten
für die Vorbildfunktion, die gerade im operativen Umfeld gebraucht werden. Eine gute Governance jenseits des reinen Kostenmanagements, die
durch wirksame Maßnahmen in der Fabrik spürbar werden muss, die
richtige Personalauswahl und die richtige PE sind hierfür die benötigten
Prozesse. Die meisten Personalabteilungen beschränken sich eher auf
die Verwaltung der Produktion; gemessen an den zu erzielenden Effizienzsteigerungen lohnen sich hier Investitionen in PE-Kapazitäten allemal, und das in wie kaum einem anderen Bereich, wie die Erfahrungen
aus meinen Projekten ausweisen.
3.3 Der „moralische“ Mitarbeiter
Vorbildfunktion, Integrität und Charakter sind miteinander verwoben. Der
operative Kontext beeinflusst die Führungskraft, aber das moralische
Urteilsvermögen kann sich durchsetzen, wenn die Führungskraft entsprechend unterstützt wird. Idealerweise erfolgt das durch Vorbilder, durch
ein entsprechendes Führungsklima, durch begleitende CSR-Maßnahmen, und entsprechend nachgehaltene Prinzipien. Wo diese Dinge nicht
vorliegen, drehen sich die operativen Grundkonflikte immer wieder in die
Kostendiskussion und operativen Zielerreichungen. Am häufigsten
schlägt sich das im Qualitätsmanagement nieder. Während die entsprechenden Vorgaben und Prozesse vorliegen und oft genug zertifiziert und
auditiert sind, werden die entsprechenden Vorgaben nicht eingehalten,
durchgewunken, bereits gesperrte Ware wieder entsperrt und Richtung
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Kunden verschifft. Minderwertige Grundstoffe werden toleriert, Grenzwerte überschritten, Toleranzen ausgeweitet, und alles, was die Performance gefährdet, geradegebogen. Das geht bis hin zum Fälschen von
Protokollen oder Umprogrammieren der Steuerungssoftware. Der Druck
der operativen Zielerreichung kann hier zu eine völlig freien Entfaltung
von kreativen Manipulationen führen.
In schlecht geführten Unternehmen findet hier ein schleichender Prozess
statt, der das ursprünglich gewollte Qualitätsmanagement von allen Seiten her unterminiert. Während vordergründig beispielsweise Knowledge
Management und TQM regieren, herrscht allerorten der Rotstift. Rohstoffe und Komponenten werden gegen günstigere, teilweise aber minderwertige Komponenten ausgetauscht. Qualität und Eingangstests entfallen aus Kostengründen. Die Maschinenlaufgeschwindigkeiten werden
erhöht, das Qualitätsniveau gesenkt, entsprechende Kriterien aufgeweicht. Trotz einer zunehmenden Zahl von Zertifizierungen und Auditierungen kommt es in diesen Betrieben zu einem flächendeckenden Abfall
an Qualität. An den Mitarbeitern in der Produktion gehen diese Prozesse
nicht spurlos vorbei, denn diese haben ein ganz feines Gespür für die
Qualitäten, die eigentlich produziert werden sollen. Durch die Summe
dieser ganzen Erosionsprozesse entsteht ein operativer Entscheidungsdruck, der teilweise eine ursprüngliche Qualitätsführerschaft und die
darauf basierende Unternehmenskultur völlig zunichtemachen kann.
Hierdurch wird auch der moralisch richtig handelnde Manager untergepflügt. Denn der moralisch handelnde Manager ist nicht selbstverständlich. Er wird aber dringend benötigt; ein vorhandenes Wertekorsett und
die Vorbildfunktion gehen hier Hand in Hand. Der „moralisch“ oder
„ethisch“ korrekt handelnde Manager braucht zunächst ein Fundament:
Er muss auch eine moralische Person sein. Nur wenn es gelingt, diese
moralische Persönlichkeit gegen den operativen Kontext aufrecht zu
erhalten, kann man sich eine Reputation, Integrität, und den Ruf einer
moralisch und ethisch handelnden Führungskraft erwerben (Treviño et
al. 2000). Die geführten Mitarbeiter sehen eigentlich immer beides: die
moralisch handelnde Person und den moralisch handelnden Manager.
Die Reputation, Integrität und Ehrlichkeit einer Führungskraft ruhen auf
diesen beiden Säulen. Wenn eine moralisch schwache Person versucht,
sich als moralisch handelnde Führungskraft zu etablieren, empfinden
viele Mitarbeiter dies als eine Art Simulation und Scheinheiligkeit (siehe
dazu die Abbildung 1).
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Abb. 1: Ausprägungen moralischer Manager und moralische Führungskraft (basierend auf Trevino et al. 2000: 137)
Je mehr operative Entscheidungen getroffen werden müssen, desto größer wird die Wahrscheinlichkeit, hier uneinheitlich handeln zu müssen.
Das Problem ist, dass es vielen Führungskräften nicht gelingt, ihr internalisiertes Wertekorsett gegen den Druck der Zielerreichung aufrechtzuerhalten. Dies ist nur möglich in einer entsprechenden Unternehmenskultur
mit einem geeigneten Führungsklima.
Moralisch handelnde Personen haben ein stabiles Set von Charakteristiken und Verhaltensweisen und Entscheidungskriterien, die auf entsprechenden Prinzipien beruhen. Dazu gehören Integrität, Ehrlichkeit, und
Vertrauenswürdigkeit, das Ernstnehmen der Fürsorge und Verantwortlichkeit und das Bemühen um objektiv nachvollziehbare, regelbasierte
und faire Entscheidungen. Ohne klare Richtlinien und Regeln ist das entsprechend schwierig.
In einer Unternehmenskultur, in der immer wieder gegen Regeln verstoßen werden kann, ohne dass dies geahndet wird oder andere Auswirkungen hat, ist es üblich, dass die Entscheidungen grundsätzlich zugunsten
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von Kostendenken, Performance Management und Zielerreichung
gehen. Hier stumpfen auch die besten moralischen Personen ab und
fügen sich in ihr Schicksal. Das Ergebnis sind ethisch neutrale Führungskräfte. Wenn dann noch die allgemeine Führungskultur unvorteilhaft wird,
können sich moralische Personen als moralische Manager nicht mehr
durchsetzen. Dieses Phänomen ist weitaus verbreiteter als allgemein
angenommen und verhindert auch das Wirken vieler CSR-Programme,
die sich nicht in der Kultur verankern lassen.
4
Unternehmenskultur und Unternehmensklima
Unternehmenskultur ist ein soziales Kontrollsystem und wird beeinflusst
durch Prozesse, vor allen Dingen aber auch durch das Handeln von Menschen. Unternehmensklima kann verstanden werden als die Auswirkung
dieses kulturellen sozialen Systems auf Individuen und Gruppen.
Definiert, steuert und formt man eine Unternehmenskultur nicht, erhält
man eine Bürokratie oder ein wertfreies Gebilde. Eine Unternehmenskultur basiert auf der Summe der „gelernten Reaktionen“, die wiederum auf
den zugrunde liegenden Annahmen, Grundhaltungen und Glaubenssystemen basieren, die die Mitglieder einer Organisation miteinander teilen
(Schein 2004). Hier gibt es eine große Erwartungshaltung, wie die Dinge
in einer Firma ablaufen. Auch hier kommt es auf die Übereinstimmung
von Worten und Taten an, welche Dinge geahndet werden, welche Dinge
belohnt werden, und welche ignoriert werden. Daher klaffen auch Mission
Statements, Visionen und andere Absichtserklärungen und wirkliche
Unternehmenskultur so oft auseinander. Welche Firma versteckt sich beispielsweise hinter diesem Werte-Statement: „Respekt, Integrität, Kommunikation und Exzellenz“?
Ändern sich Kultur und Klima nicht, verpuffen alle CSR-Programme wirkungslos, wenn es darauf ankommt. Man weiß heute: Nur auf die Führung vor Ort und auf die „echte“ Kultur kommt es an. Man denke an die
Deepwater Horizon Katastrophe; die beteiligten Firmen BP, Transocean
und Halliburton hatten allesamt komplexe CSR-Programme implementiert, sowie prämierte Sicherheits- und Risk-Management-Prozesse am
Laufen und konnten dennoch alle unethisches Handeln vor Ort nicht verhindern und auch mit den Risiken nicht umgehen, und das aus einem
Grund: operativer Druck (Mostovicz et al. 2011). Im Falle von Fukushima
haben sich staatliche Aufsichtsbehörden, die Atomindustrie, und unab-
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hängige Beobachter und Journalisten sämtlich korrumpieren lassen, allen
Sicherheitsmaßnahmen und CSR-Prozessen zum Trotz. Kennzeichnend
auch die Auflösung zur obigen Frage, denn diese „Werte“ gehörten zu
ENRON, die Firma, die das mit ca. 60 Mrd. $ Schaden bislang teuerste
Verbrechen der Wirtschaftsgeschichte zu verantworten hat.
Bislang hatte die Leadership-Forschung das Wirken von Vorständen und
Geschäftsführern überbetont, doch der größte Teil der Unternehmenskultur wird durch das tägliche Handeln von mittleren und unteren Führungskräften geformt (Martin et al. 2009). Die meisten Mitarbeiter haben es
konkret mit diesen Führungsebenen zu tun. Hier muss die Personalentwicklung ansetzen und ihre Bemühungen verstärken. Dies kann nicht
geschehen, ohne dass man sich klare Ziele in Bezug auf Ausprägung
und Werthaltigkeit der Unternehmenskultur setzt. Hier kommt es vor
allem und gerade auch auf die Definition einer Führungskultur als Teil
der Unternehmenskultur an.
Unternehmenskultur ist der Ausdruck der zugrunde liegenden Annahmen
und erwarteten Verhaltensweisen. Das Unternehmensklima ist wiederum
die empfundene Auswirkung dieser Kultur auf die Verhaltensweisen einzelner Personen und Führungskräfte.
Steuert man Kultur und Klima nicht entsprechend, können die Auswirkungen verheerend sein. Motivation, Wir-Gefühl bzw. Teamgeist und der
Wille zur Zusammenarbeit können hierbei erheblich eingeschränkt werden. Dies liegt natürlich auch am systemischen Charakter von Organisationen begründet. Wir konstruieren unser Bild von Welt. Organisationen
sind daher voller unterschiedlicher Wahrheiten. Als Berater und Coach
begegnet einem diese unterschiedliche Darstellung der jeweils konstruierten und empfundenen, wahrgenommenen Wahrheit typischerweise auf
die folgende Weise: Die Mitarbeiter beschweren sich über ihren Chef,
er (oder sie) höre nicht zu, nehme sie nicht wahr, schmetterte alle ihre
Vorschläge ab, würde nicht auf sie eingehen, und jede Kreativität und
Aktivität sofort im Keim ersticken. Der Chef wiederum beschwert sich
über die Mitarbeiter, dass sie nicht proaktiv seien, sich nicht einbringen
würden, keine nutzbringenden Vorschläge machen, und auch auf Aufforderung nicht aktiv würden. Hier hilft es nicht zu sagen, die Wahrheit liegt
irgendwo in der Mitte, denn das Problem ist, dass beide Seiten jeweils
berechtigterweise für sich reklamieren können, Recht zu haben. Denn so
ist die jeweilige Perspektive und die Wahrnehmung, und so prägen diese
empfundenen Wahrheiten auch die Unternehmenskultur samt der darin
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wohnenden Führungskultur. Das Verstehen der unterschiedlichen Wahrnehmungen, das Aufheben der Grundkonflikte und die Schaffung neuer
Perspektiven sind hier ein wesentlicher Ansatzpunkt. Ohne ein klares Bild
von Führung und den damit verbundenen gewollten Werten, die sich in
der Führungskultur dann auch niederschlagen und nachgehalten werden
müssen, geht das nicht.
Mehrere Fragen sind an dieser Stelle wichtig, die die Personalentwickler
eines jeden Unternehmens für sich selbst beantworten müssen: Wie können produzierende Betriebe sicherstellen, dass moralisch eingestellte
Personen auch als Führungskraft moralisch und ethisch richtig handeln
können, und wie muss eine Führungskultur beschaffen sein, die eine entsprechende Unternehmenskultur mit sich bringt?
5
Die Problemfelder
In der Produktion gibt es diverse Problemfelder, bei der die bisher
genannten Problematiken zusammenlaufen. Je nachdem, wie mit diesen
Problemen umgegangen wird, formen sich daraus die Führungskultur
und ein entsprechendes Führungsklima. Hier ist nicht der Platz, auf alle
Problemfelder detailliert einzugehen, aber zumindest sollen die zugrunde
liegenden Zusammenhänge in den wichtigsten Feldern dieser Art aufgeführt und dargestellt werden. Hierzu gehören auch einige Bereiche, die
von Personalentwicklern klassischerweise nicht unbedingt in Betracht
gezogen werden.
5.1 Produktentwicklung
Die Produktentwicklung wird hier der Vollständigkeit halber aufgelistet. In
vielen produzierenden Betrieben treten in diesem Bereich große Schwächen zutage, da die verschiedenen Bereiche, die an der Produktentwicklung beteiligt sind, nicht miteinander synchronisiert sind. Die Folgen: Produkte, die nicht rechtzeitig oder mangelhaft aktualisiert werden, am Markt
vorbei entwickelt werden, oder an den produktionsspezifischen Stärken
und Schwächen der angeschlossenen Produktion oder der Zulieferer vorbei entwickelt werden. Die Fähigkeiten der Produktion ändern sich auch
im Laufe der Zeit, daher ist es immer auch ratsam, die technische Planung mit einzubeziehen. Auch hier kann immer wieder festgestellt werden, dass die entsprechenden Kontakte nicht gepflegt sind.
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Probleme im Produktentwicklungsprozess (PEP) sind insbesondere dann
ein Problem, wenn der Vertrieb die Erkenntnisse, die anhand von Kunden-Feedback oder anderen Rückläufen gewonnen werden, nicht an die
Produktentwicklung weitergibt.
Die Produktentwicklung hat eine oft unterschätzte Bedeutung für die Zielkonflikte in der Produktion; hierbei geht es um die Produktionsverfahren,
die Materialien, die Kostenstruktur und deren Zielvorgaben, vor allen Dingen aber auch die durch Vertrieb und Marketing eingepreisten Absatzziele, die wiederum die vorgenannten Faktoren stark beeinflussen. Die
unterschiedlichen Berechnungen von Stückgutkosten, Materialien,
gekoppelt an die Absatzziele, basieren häufig auf überoptimistischen und
geschönten Prognosen, die wiederum ebenfalls aus Erfolgsdruck und der
Notwendigkeit, kalkulatorische Ziele erreichen zu müssen, stammen. Hier
beißt sich die Katze in den Schwanz.
Am meisten aber leidet die Produktion unter diesen Fehlstellungen, denn
die Summe der Entscheidungen im Vorfeld bildet nun mal das Geflecht
an KPIs, die erreicht werden müssen. Regelmäßig laufen hierbei die Kosten aus dem Ruder, die Produktion muss zurückgefahren werden, die
Kalkulation der Stückgutkosten und der Maschinenauslastung stimmen
vorn und hinten nicht mehr, und der Druck auf die Produktion steigt
erneut. Kommt es dann noch zu unvorhergesehenen Produktionsausfällen durch Maschinenstillstand, zu einem hohen Krankenstand, zu Qualitätsproblemen bei Roh- oder Zuschlagstoffen, zu Lieferantenengpässen
oder Streiks, sind hohe Verluste vorprogrammiert. Die Personalentwicklung muss daher regelmäßig im Auge haben, dass diese Bereiche miteinander gut verdrahtet sind, aber eben nicht nur auf dem Organigramm,
sondern real.
Ein Irrglaube ist außerdem die Annahme, dass ein Innovationsbeauftragter in der Lage ist, die Unternehmenskultur derart zu ändern, dass plötzlich und entgegen aller bislang andersartig laufenden Prozesse Innovationen aus dem System heraus entspringen können. Der Merksatz hier
lautet: Innovationen finden immer nur zwischen den Systemen statt, aber
nicht innerhalb eines Systems. Der globalisierte Wettbewerb hat bei vielen produzierenden Unternehmen dazu geführt, dass die Produktentwicklung mit all ihren Schwächen Probleme bereitet. Die Erhöhung der Innovationskraft ist daher notwendig, gelingt aber nur, wenn auch die
Unternehmenskultur entsprechend angefasst wird, und mit der Erhöhung
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der Kooperationsbereitschaft und des Willens zur Zusammenarbeit einhergeht.
Auch dies ist eine ganz klare Aufgabe für eine Führungskultur, die entsprechendes leisten muss. Die Personalentwicklung muss es sich daher
zur Aufgabe machen, die gewollte Führungskultur zu definieren und zu
formen. Gelegentlich wird dies versucht, indem eine neue Truppe von
Produktentwicklern eingestellt wird, häufig mit dem Auftrag verbunden,
„alles neu“ zu machen. Kennen Sie den Spruch: „Hier darf kein Stein auf
dem anderen bleiben“? Wehe, die derart Beauftragten legen tatsächlich
einfach los. Die Unternehmenskultur wehrt sich gegen diese Veränderungen, häufig Führungskräfte und Mitarbeiter gemeinsam. Hier gilt es, die
neuen Produktentwickler im Produktentwicklungsprozess, aber auch in
Change Management und Innovationsmanagement zu schulen, und eine
besonders intensive Induction in den Tiefen der Produktion zu gewährleisten – Stichwort: rein in den Blaumann. Hier kann es sonst zu regelrechten Kulturkämpfen kommen, wie sie bereits bei der Problematik Kosten vs. Qualität versteckt, aber vielfach vorzufinden sind.
Dazu gehört es auch, die strategischen Zielvorgaben auf den Prüfstand
zu stellen. „What you measure is what you get“ – das ist den meisten
Managern noch bekannt. Dennoch wird diese Erkenntnis häufig nicht in
ein entsprechendes Handeln umgesetzt.
5.2 Performance Measurements
Dass zur Zielerreichung viele Performance Measurements manipuliert
werden, wurde bereits gesagt. Ein weiterer klassischer Schwachpunkt in
vielen Fabriken sind schwer zu bedienende Einmeldepunkte, wo es
immer wieder zu Fehleingaben oder Missverständnissen kommt. So werden zum Beispiel von der Spätschicht bereits bearbeitete Teilmengen
eingemeldet, die von der Nachtschicht mit der Gesamtmenge eines Batches gerade wieder eingegeben werden. Dies führt oft zu fehlerhaften
Bestandsmengen. Und obwohl dies in vielen Betrieben eine dauerhafte
Fehlerquelle ist, wird nicht in die entsprechenden Schulungsmaßnahmen
investiert. Da aber die Datenmengen wiederum in die Kalkulationen und
Prognosen einfließen, schaukeln sich diese Fehlerquellen immer wieder
hoch. Im Extremfall sind das die Betriebe, die jemand ins Lager schicken
müssen, um die realen Bestände manuell zu überprüfen und zu zählen,
weil man sich auf die Datenbestände im ERP nicht verlassen kann.
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Je nach dem Druck, der gerade im Kessel herrscht, kann die Schichtübergabe hier zu den wunderlichsten Konstellationen führen. So gibt es
in manchen Betrieben Schichten, die kurz vor Schichtende noch mal
einen neuen Produktionslauf anfangen, nur um die Maschinenstraße
nicht reinigen zu müssen, wie es das Übergabeprotokoll eigentlich vorsieht. Auch die Arbeitsvorbereitung und der Vertrieb spielen hier diverse
unrühmliche Rollen, denn durch vorgezogene oder Eilaufträge wird die
laufende Produktionsplanung immer wieder über den Haufen geworfen.
Dies geht zulasten der Performance. Besonders beliebt ist es, wenn mit
einer Anlage, die gerade dunkle Farbstoffe verarbeitet hat, plötzlich helle
Farbtöne erzeugt werden müssen. Vielfach verstößt diese laufende Umpriorisierung der Produktionsplanung gegen viele bewährte Prozesse des
Umrüstens und der Abfolge von Produkten. Man kann durch Training
zum „Umrüstkönig“ werden, aber irgendwo sind die Grenzen dessen, was
noch sinnvoll und möglich ist, überschritten. Entsprechend mehr Mühe
muss die Produktion sich geben, ihre Ziele noch zu erreichen. Die
wenigsten Betriebe verstehen es, Planungspuffer und Reservekapazitäten zuzulassen, sondern aus Kostengründen geht die Tendenz eher
dazu, die Produktionskapazität quasi zu 110 % verplanen.
So werden häufig Maschinenstraßen, die früher von vier Personen
bedient wurden, heute mit drei Personen gefahren. Entsprechend steigt
der Druck auf die Performance wiederum an, und die Mitarbeiter fangen
an, Maßnahmen des Selbstschutzes dagegen zu ergreifen. Sobald ein
gewisses Maß an Druck überschritten wird, greift dieser Mechanismus.
Neue Mitarbeiter werden regelmäßig geschult, die theoretisch vorliegenden Ziele nicht zu erreichen, damit der Leistungsdruck für das Team nicht
zu groß wird. Im Extremfall führt dies dazu, dass Schichten versuchen,
sich gegenseitig herunterzuziehen, oder zumindest nicht gegenseitig zu
übertreffen.
Eine genaue Planung und eine gut getaktete Produktion zu erreichen, ist
daher das oberste Ziel, das aber wiederum nur durch das gemeinsame
Handeln, die Zusammenarbeit und die Kooperation der einzelnen, betroffenen Bereiche herbeigeführt werden kann. Ohne eine entsprechende
Führung und Personalentwicklung geht das nicht.
Falsche und überzogene Zielvereinbarungen, KPIs und Performance
Measurements sind eine der größten Quellen für den Frust, der in der
Produktion vorherrschen kann. Man hat nur eine Produktionskapazität:
diese sollte man so gut wie möglich schützen, und das ist eine GemeinPersonalEntwickeln
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schaftsaufgabe. Viele Zielkonflikte werden jedoch auf dem Rücken der
Produktion ausgetragen, wodurch der Druck, Ziele erreichen zu müssen,
soweit ansteigen kann, dass die Führungskultur umkippt.
5.3 Interner Wettbewerb
Eine unrühmliche Rolle in dieser Dynamik spielt vor allen Dingen auch
der interne Wettbewerb. Viele Produktionsleiter und Führungskräfte in
der Produktion haben sich es zur Angewohnheit gemacht, mit Drohkulissen wie Auslagerung, Outsourcing oder Fremdvergabe zu drohen, oder,
wenn es sich um größere Konzerne mit mehreren Produktionsstandorten
handelt, damit zu drohen, dass ein Produkt an eine andere Produktionsstätte innerhalb des Konzerns verlagert wird. Mit derartigen Drohungen
wird auch dann gearbeitet, wenn es sich eher um kleine Probleme handelt. Anstelle einer Ursachenforschung kommt hier gleich die Verlagerungskeule, mit entsetzlichen Folgen für das Klima und die Mitarbeiterzufriedenheit. In Betrieben, wo dieser interne Wettbewerb angestachelt und
angefacht wird, sind Klima und Zufriedenheit sowie die Mitarbeitermotivation regelmäßig am Boden. Im Extremfall kann dies bedeuten, dass über
80 % der Belegschaft deutlich unzufrieden sind und am liebsten sofort
die Stelle wechseln würden. Es ist bekannt, dass dieser internen Kündigung nicht immer sofort auch Taten folgen, denn der Schmerz, sich neu
zu orientieren und eine andere Stelle auch zu finden und dann wechseln
zu müssen, ist häufig noch größer, als den Schmerz leidend zu ertragen.
Für die Gesamtperformance hat eine derart demotivierte Belegschaft
jedoch nichts Gutes. Viele Betriebe überleben eigentlich nur dadurch,
dass sie in sehr strukturschwachen Gebieten angesiedelt sind, wo die
Mitarbeiter mangels Alternative an dem Betrieb gebunden sind, weil sie
sonst überlange Pendlerstrecken bewältigen müssten. Man kann so
überleben, aber die Überlegung muss eigentlich in diese Richtung gehen:
Wenn man mit einer derartig demotivierten Belegschaft überleben kann,
wie viel Profitabilität ist eigentlich erreichbar, wenn dieselbe Mannschaft
plötzlich motiviert arbeiten würde? Leider gibt es immer wieder Betriebe,
die nur onlinegestützte Mitarbeiterzufriedenheitsanalysen durchführen,
und bei allen derartigen Projekten die Produktionsstätten übergehen.
Man kriegt das Gefühl, viele Vorstände wollen es gar nicht wissen, was
in der Produktion wirklich los ist. Hierdurch wird viel Potenzial verschenkt.
Am Ende gilt auch hier: weniger ist mehr, denn eine einzige Produktverlagerung wirkt sehr viel stärker in das Problembewusstsein als eine tau-
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sendfache Androhung. Das Arbeiten mit Erpressung, Weitergeben von
Druck und mit Drohungen ist leider ein Führungsstil, der immer weiter
um sich greift, je stärker der Druck ansteigt. Hierdurch wird ein gutes
Führungsklima zerstört.
Der interne Wettbewerb drückt sich häufig auch dadurch aus, dass
interne Ziele wie X per Minute, Meter per Stunde, Menge pro X usw.
dadurch erreicht werden, dass einzelne Abteilungen sich gegenseitig
problembehaftete Ware zuschieben. Dies in der Hoffnung, der qualitative
Mangel schlägt sich in der benachbarten Abteilung in den Büchern nieder. Auch, wenn es um die Themen Abfall und Ausschuss geht, wird
gelogen und gebogen, was das Zeug hält. Denn gerade in recyclinglastigen Betrieben kann das Thema Abfall zu einem echten Streitpunkt werden, je nachdem, wie die Materialkreisläufe berechnet werden. Performance Management ist eine der wesentlichen Stellgrößen von
Governance, und beeinflusst das Führungsklima in den Betrieben daher
äußerst stark. Eine intelligente Überprüfung sämtlicher KPIs hat daher
eine stark prägende Auswirkung auf die Führungs- und Unternehmenskultur. Diese Zusammenhänge werden oft so nicht gesehen, und sind ein
wesentlicher Ansatzpunkt für die Personalentwicklung.
5.4 Schlechte Führungsqualitäten
Es gibt ein ganzes Sammelsurium an schlechten Führungseigenschaften, die sich negativ auf das Führungsklima und entsprechend auf die
Motivation der Mitarbeiter niederschlagen. Diese Führungseigenschaften
oder Charakteristiken werden von den Mitarbeitern häufig als einhergehend mit einem Mangel an Integrität und Ehrlichkeit beschrieben. Das
Problem hierbei ist, dass in den Fabriken nicht einfach nur schlechte oder
mangelhaft ausgebildete Führungskräfte den Ton angeben, sondern
dass der operative Druck, wenn man nicht gegensteuert, immer mehr
in diesen schlechten Verhaltensweisen seinen Niederschlag findet. Wie
bereits angemerkt, kippt dann das Führungsklima.
Die folgende Liste ist bei weitem nicht vollständig und nennt einige der
beobachteten Verhaltensweisen, die hierbei besonders häufig anzutreffen sind:
– unfaire Kritik, unfaire Bemerkungen,
– Bevorzugung und Günstlingswirtschaft, Seilschaften,
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– Schuldzuweisungen und Suche nach einem Sündenbock,
– das Zurückhalten von Informationen,
– Unehrlichkeit, Lügen, Manipulation,
– Schweigekartelle,
– Weitergabe von Druck,
– Gebrüll, auch wenn die Ziele erreicht sind,
– unfaire oder intransparente Verteilung von Bonusgeldern,
– Weiterreichen von Qualitätsproblemen,
– Manipulieren und Fälschen von Kennzahlen,
– Führen durch Erpressen oder Drohen,
– Führen durch Druck und Abmahnungen,
– Verallgemeinerung von Bagatellen,
– unethisches Verhalten,
– ungehobelte und unmenschliche Führung,
– „Bote schlechter Nachrichten wird erschossen“-Syndrom,
– Führungskräfte sind ignorant und unterstützen nicht,
– langsame Entscheidungen auch wenn es dringend ist,
– Führungskräfte verstecken sich, wenn sie gebraucht werden,
– Führungskräfte, denen man nicht vertrauen kann,
– mangelnde Integrität, kein Vertrauen, fehlende Ehrlichkeit,
– mangelnde oder völlig fehlende Wertschätzung,
– „Schimpfen“ und „Anbrüllen“ als bevorzugte Form der Führung.
Die Summe dieser schlechten Führungsqualitäten schlägt sich, wie
bereits geschildert, in Verlust des Wir-Gefühls, der Motivation, und in
einem sehr schlechten Betriebsklima nieder, in dem die Mitarbeiter stark
unzufrieden sind. Obwohl dies auf der Hand liegt, ist es erstaunlich, in
wie vielen Produktionsstätten ein derartiger Umgangston toleriert wird.
Auf Dauer beeinträchtigt dies Kultur und Klima, lähmt die Performance,
und führt dazu, dass weit hinter den eigentlichen Möglichkeiten produziert
wird. Erklärt werden kann die Häufigkeit dieses Phänomens nur, weil zu
wenige Personalabteilungen sich um das Betriebsklima in den Produktionsstätten kümmern.
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Es gibt wenige Untersuchungen über die Folgen dieser Betriebsblindheit.
Durch die Behebung derartiger Missstände und eine Verbesserung von
Klima und Kultur, so die Erfahrung aus einigen meiner Projekte, können
innerhalb von wenigen Monaten über 30 prozentige Umsatzsteigerungen
erreicht werden. Projekte, die vor allen Dingen die Verbesserung der
Kooperationsbereitschaft und der Zusammenarbeit verbessern, können
mit mehrmaligen Umsatzverdoppelungen und das über mehrere Jahre
hinweg, einhergehen. Das sollte zu Denken geben.
Häufig werden schlechte Führungsqualitäten toleriert, weil man es mit
vermeintlichen „Regenmachern“ und „Umsatzbringern“ zu tun hat.
Gerade im Vertrieb ist diese Geisteshaltung häufig anzutreffen. Nicht kalkuliert werden dagegen die Kosten, die das Gesamtsystem aufbringen
muss, um Choleriker, sexistische, oder sonst wie ungehobelte Führungskräfte ertragen zu müssen. Auch der an und für sich unerträgliche Vertriebsleiter, der gute Ergebnisse bringt, wird nie daran gemessen, wie viel
an Ergebnissen eigentlich drin sein müsste, wenn er (oder sie) sich besser mit seinem Umfeld verstehen würde. Wie viele andere Kunden verprellt wurden, wird nicht gemessen.
Der Schaden für die Gesamtperformance wird nicht kalkuliert. Die Leiden
der Opfer und die geraubte Energie ebenso wenig. Negative Interaktionen mit fiesen Zeitgenossen wirken sich allerdings fünfmal stärker auf
unser Gemüt aus als positive. Der Einfluss negativer Energie auf Unternehmen ist weitaus nachhaltiger als vielfach angenommen. Vielfach ziehen Mitarbeiter sich zurück, weil sie Angst haben, zur Zielscheibe negativer Führungsqualitäten zu werden. Hierbei reden wir noch nicht von
Mobbing oder sexuellen Übergriffen, sondern einfach nur von schlechter
Führung. Die Kosten: sinkende Leistungsfähigkeit von Individuen und
Teams, häufiger Personalwechsel, höherer Krankenstand, niedrige
Arbeitsloyalität, Ablenkung, und eine Performance unterhalb der eigentlichen Möglichkeiten. Die Erfassung der Kosten und der Minderleistung ist
extrem schwierig, doch gehen Schätzungen davon aus, dass beispielsweise eine cholerische Führungskraft alleine Opportunitätskosten an
interner Aufmerksamkeit von 120.000 A im Jahr mit sich bringt (Sutton
2007). Hierbei sind entgangene Geschäfte und externe Opportunitätskosten noch nicht mit eingerechnet.
Die Folgen von schlechter Führung schlagen sich natürlich auch im Kooperationsverhalten und der Fähigkeit zur Zusammenarbeit unmittelbar
nieder.
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Führungskultur und Führungsklima:
Zusammenarbeit und Kooperationsfähigkeit
Wie bereits aufgeführt, schlägt sich der operative Druck, gepaart mit
schlechten Führungsqualitäten, in einem schlechten Arbeitsklima nieder.
Dies geht regelmäßig einher mit dem Verlust des Team- oder WirGefühls, des Zusammengehörigkeitsgefühls, und einer niedrigen Arbeitsmotivation bei gleichzeitiger, hoher und andauernder Unzufriedenheit mit
dem Arbeitsplatz. Verschärft wird diese Problematik regelmäßig durch
Seilschaften, dem „Old Boys Network“, das sich gerade in traditionsbehafteten Betrieben oft wiederfindet, und dem häufig Produktionsleiter, Firmeneigentümer, teilweise aber auch externe Meinungsmacher und Entscheider angehören. Es ist eine knochenharte Aufgabe für Personaler,
die sich aber lohnt, diese Netzwerke zu zerschlagen und durch eine besser geeignete Führungskultur zu ersetzen, denn dies bringt regelmäßig
deutliche Performancesteigerungen mit sich.
Ebenso ist hier auf die Gesamtgemengelage zu achten: Ein schlechtes
Betriebsklima, gepaart mit niedriger Motivation, schlechtem Führungsverhalten und vielen ungelösten Zielkonflikten, lähmt die Performance des
gesamten Produktionsbetriebes. Zusammenarbeit und Kooperation
erhält nur, wer sich um ein entsprechendes Führungsklima bemüht. Dies
fängt bei dem individuellen Verhalten einzelner Führungskräfte, Schichtleitern und Abteilungsleitern, an. Vor allem dann, wenn es um unbewältigte Konflikte geht.
Immer wieder erlebe ich, dass die Belegschaften ganzer Abteilungen in
einen Krieg der Führungskräfte hineingezogen werden. Für viele Mitarbeiter ist es unmöglich, hier neutral zu bleiben, denn die Führungskräfte
lassen dies nicht zu. Wenn zwei Abteilungsleiter sich streiten, leidet in
der Regel ein ganzer Betrieb darunter, dessen Performance in vielen
Bereichen abnimmt. Je nach dem Persönlichkeitsprofil der betroffenen
Führungskräfte können diese Konflikte bis zur offenen Sabotage hinauslaufen.
Viele Personalabteilungen oder Firmenleitungen scheuen sich davor,
klare Personalentscheidungen zu treffen, und den Konfliktherd durch den
Austausch einer oder beider oder mehrerer Beteiligten klar zu beenden.
Auch hier werden die Kosten nicht kalkuliert, können aber in die Millionen
gehen (Sutton 2007).
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Worauf ist zu achten, wenn man seinen Betrieb diesbezüglich analysieren möchte? Hierüber gibt Abbildung 2 Aufschluss.
Abb. 2: Effizienzgrad und die Fähigkeit zur Performance von Organisationen
Um den Effizienzgrad und die Fähigkeit zur Performance von Organisationen zu analysieren, teile ich jeweils die Aktivitäten in
• eine Produktionszone, in der es vor allem um die Kernprozesse der
Produktion geht,
•
eine Prozesszone, wo die unterstützenden Prozesse und systemischen Einflussfaktoren sich niederschlagen,
•
eine Koordinationszone und in
•
eine Kooperationszone.
In den beiden letztgenannten Zonen kommt es vor allen Dingen auf den
Willen zur Zusammenarbeit an, wie die unterstützenden Prozesse sich
auswirken, und ob die entsprechenden kooperativen Führungsqualitäten
überhaupt gegeben sind. Die Koordinationsfähigkeit basiert auf guter Planung, Effizienzen und entsprechender, guter, kooperativer und vorausschauender Führung.
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Es lassen sich immer verschiedene Problemfelder identifizieren, die je
nach vorherrschenden Komplexitätsgrad durch Personen, Prozesse,
Instrumente oder eine entsprechende kulturbildende Kommunikation aufgelöst werden müssen. Das Ziel in all diesen Fällen ist es, die Kooperationsbereitschaft und die Fähigkeit zur Zusammenarbeit zu erhöhen, damit
die gesamte Organisation effizienter wird und die Performance steigt.
Dabei kommt es immer wieder auf das Performance-Management an.
Warum das so ist, ist schnell erklärt: Was man misst, erhält man auch.
Sobald wir anfangen, Lehrer danach zu bewerten, wie viele gute Schüler
sie haben, haben wir einen Notendurchschnitt von 1,0 – denn Organisationen richten sich an ihren Kennzahlen aus (Neely 1998). Das ist Fluch
und Segen gleichermaßen, denn einerseits werden so Strategien implementiert, andererseits erkennen wir anhand von Kennzahlen immer nur
das, was gestern war.
Wenn man auf diese Art und Weise eine Organisation analysiert, stellt
man immer wieder fest, dass der Drang zur lokalen Perfektion – der sich
in Performance Measurements und KPIs niederschlägt – dazu führt, dass
diese Ziele nur auf Kosten der Ziele von benachbarten Abteilungen
erreicht werden können. Jede Abteilung versucht sich selbst innerhalb
seines Einflussbereichs so stark wie möglich zu optimieren, wodurch die
Effizienz des gesamten Systems stark in Mitleidenschaft gezogen wird.
Viele verschiedene lokale Maßnahmen schaukeln sich so zu jeder Menge
Sand im Getriebe auf, man kann es wirklich kaum anders beschreiben.
Je stärker das Profitcenter-Denken in einem Konzern verankert ist, das
muss an dieser Stelle ganz klar betont werden, desto mehr optimieren
sich die einzelnen Bereiche auf Kosten der anderen. Da die einzelnen
Ziele immer wieder auf die Bereiche heruntergebrochen und operationalisiert werden, fehlt der gesamthafte Überblick, den auch das oberste
Management oft nicht mehr hat. Die Art des oben aufgezeigten Überblicks, gepaart mit den analytischen Bausteinen meines Transformationsmodells, die ich normalerweise hierbei einsetze, erlaubt es, die geeigneten Maßnahmen zu treffen, um die aufgefunden Problemfelder dauerhaft
zu beseitigen.
Im Übrigen funktioniert das Performance Management immer dann am
besten, wenn man die Mitarbeiter mit einbezieht und die Ziele und deren
Realisierung und Durchführbarkeit gemeinsam formuliert und festlegt
(Gruman/Saks 2011). Dies geht immer einher mit der Etablierung einer
geeigneten Führungskultur, die in diesem Fall natürlich darauf abzielt,
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Zusammenarbeit und Kooperation zu erreichen. Ohne die begleitenden
Prozesse wie die Neugestaltung bzw. Überprüfung des Performance
Management geht es nicht.
Im operativen Kontext, wie er für die Produktion typisch ist, bedeutet das,
dass Unternehmenskultur und Unternehmensklima der Gesamtperformance und der Effizienz des gesamten Systems untergeordnet werden
müssen. Personalentwickler, ob sie wollen oder nicht, müssen sich daher
mit Controllern und dem Vertrieb, der für die Absatzprognosen zuständig
ist, zusammensetzen, um die notwendige Zusammenschau zu betreiben,
die nötig ist, eine geeignete Führungskultur zu entwickeln. Recruiting,
das Erstellen von Stellenprofilen, Neueinstellungen, Neubewertungen,
und Umstrukturierungen sind möglicherweise notwendig. Wesentlich ist,
dass alle Führungspositionen sich mit der gewünschten Führungskultur
auseinandersetzen müssen, sich an den hier beschriebenen Werten und
Zielvorstellungen auch messen lassen müssen, und durch entsprechende Personalentwicklungsmaßnahmen die Belegschaft dabei begleitet wird, sich in diese Richtung zu entwickeln.
Das ist natürlich teilweise angewendetes Change Management, jedoch,
wenn es gelingt, dies an den richtigen Schaltstellen mit ethischer Führung
und dem Schaffen von Vorbildern zu verbinden, können diese Veränderungen sehr schnell über die Bühne gehen. Wesentlich ist, dass man
Führungskräfte und Belegschaft auf dieser Reise nicht alleine lässt. Man
darf sich aus den in der Produktion vielfach anzutreffenden Zielkonflikten
nicht heraushalten. Machen Sie die entsprechenden Analysen, denn die
zu erreichenden Effizienzsteigerungen sind immens, und das interessanterweise gerade in denjenigen Betrieben, die von sich glauben, sie wären
bereits überoptimiert.
Man sollte sich hierbei auch nicht von der Fülle an Literatur im Bereich
Change Management beeindrucken lassen, wo so häufig betont wird, das
es die Königsdisziplin ist, eine Unternehmenskultur anzufassen und zu
verändern. Denn in dem Augenblick, wo eine klare Führungskultur definiert und nachgehalten wird, verändert sich die Unternehmenskultur von
ganz alleine. Wie geführt wird, mit welchen Qualitäten, ist hierbei leider
im Produktionsbereich ein Feld, das immer wieder stark vernachlässigt
wird.
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Gesundheitsmanagement
Und das schlägt sich gnadenlos auch in Abwesenheiten und Krankheitstagen nieder; Statistiken, die so mancher knapper Kostenkalkulation den
Boden entzogen haben. Meinen Erhebungen zufolge ist der Krankenstand in denjenigen Betrieben, in denen Zufriedenheit und Motivation der
Mitarbeiter sowie das Betriebsklima besonders am Boden sind, mehr als
doppelt so hoch wie in anderen Betrieben. Auch hier fällt auf, dass in
extremen Fällen die Mitarbeiter dazu übergehen, sich in einer Art Selbstverteidigung krank zu melden und ihr Heil in einer Art Flucht vom Arbeitsplatz suchen (Stichwort „Absenteeism“).
Schlechte Führung und ein schlechtes Betriebsklima unterminieren die
Widerstandskraft der Mitarbeiter (Stichwort „Resilienz“). Hierbei ist anzumerken, dass immer mehr Betriebe, vor allen Dingen, wenn sie größeren
Konzernen zugehörig sind, sich mit dem Thema Resilienz beschäftigen.
Teilweise bekommt man allerdings den Eindruck, dass es hierbei nicht
darum geht, die Ursachen für die Störungen zu beseitigen, sondern eher
darum, sich Mitarbeiter zu suchen, die noch resistenter gegen Stress
sind.
Es geht hier nicht darum, dem Trend des Burn-Out-Syndroms das Wort
zu reden. Doch lässt sich aufgrund der Daten aller größeren Krankenversicherungen feststellen, dass es in den letzten Jahren eine hohe
Zunahme bzw. ein geradezu exponenzielles Wachstum bei den psychologischen Erkrankungen gegeben hat. Und zwar bei solchen, die sich
auf zunehmenden Stress bei der Arbeit, wachsenden Wettbewerb und
anderen Stressoren zurückführen lassen (Wellensiek 2011). Destruktives
oder despotisches Führungsverhalten kann ebenfalls ein großer Auslöser
von derart psychologischen Erkrankungsbildern sein (Padilla 2007).
Typisch hierfür ist eine Gemengelage von ungeeigneten Führungskräften, resignierten Mitarbeitern, einem dauerhaften Verfehlen von Zielen,
unerreichte Ambitionen, niedrigen Reifegraden in der Führung, und
einem Fehlen von Werten.
Hinzu kommen die Instabilität, die die Ausgangssituation mit sich bringt,
die ständige Bedrohung der Mitarbeiter durch unfähige Führungskräfte,
das Fehlen korrektiver Maßnahmen und einer moralischen Governance,
sowie zahlreiche weitere Ineffizienzen. Mit anderen Worten, der psychologische Vertrag wurde aufgekündigt bzw. das psychologische Kapital ist
verbraucht.
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•
Der psychologische Vertrag regelt bekanntlich die gegenseitigen
Erwartungen von Arbeitsumfeld, Entgelt und Sicherheit gegen die
Arbeitsleistung.
•
Das psychologische Kapital, als gemeinsame Willenserklärung von
Unternehmen und Mitarbeiter verstanden, lässt sich am besten wie
folgt umschreiben: Die Wirkungskraft des gemeinsamen Wirkens, verstanden als Vertrauen, dass die eingesetzten Bemühungen sich positiv niederschlagen, Hoffnung, Optimismus und eine Art Widerstandskraft, verstanden als Willen und Fähigkeit, dass Probleme gemeinsam
überwunden werden können (Walumbwa et al. 2010).
Je stärker sich schlechte Führungsqualitäten in einer Organisation niederschlagen, desto eher führt dies dazu, dass der psychologische Vertrag aufgekündigt und dieses Kapital verbraucht wird, die Mitarbeiter
resignieren, und in der Folge davon oft auch krank werden. Oder im Zweifel eben, wenn Konflikte drohen oder bevorstehen, sich auch schon krank
melden, bevor es so weit ist. Eine Art Selbstschutz sowie die tatsächlich
gegebene Notwendigkeit, sich unter Umständen gegen schlechte Führung schützen zu müssen, können dies zur Folge haben.
Fakt ist, dass in schlecht geführten Betrieben der Krankenstand besonders hoch ist. Spitzen bis zu 15 % Krankenstand bzw. krankheitsbedingte
Abwesenheit sind dann möglich. Konstante Abwesenheiten von 8-10 %
können in einem derartigen Umfeld dauerhaft normal sein. Je nach Branche, und ob es sich um Services oder schwere Industrie handelt, wären
Zahlen zwischen 4-5 % normal. Der holländische oder deutsche Durchschnitt pendelt je nach Statistik und Studie zwischen 4-5,7 %. Der Schaden für die Performance und die Effizienz lässt sich kaum beziffern, ist
aber immens. Selbst wenn man den Krankenstand nur mit 1,6 % ansetzt,
verlieren Länder wie die USA jedes Jahr 400 Millionen, und Großbritannien 175 Millionen Arbeitstage.
Das Fazit: Schlechte Führung macht krank. Man muss als Personalentwickler jetzt nicht unbedingt ein weiteres Fass aufmachen und das
Thema Gesundheitsmanagement auch noch angehen, erreicht aber,
indem man die Führungskultur stärker berücksichtigt und entsprechend
formt, geeignete, regulierende Effekte und wirksame Gegenmaßnahmen.
Ethische Führung kann hier Wunder wirken. Die Gefahr, die der Performance des Gesamtunternehmens durch schlechte Führung droht, wird
vielfach unterschätzt.
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Hier kann und muss die Personalentwicklung handeln. Dazu muss sie
sich ein Bild verschaffen, wie es in der eigenen Produktion aussieht, wie
es um die Führungskultur und das Betriebsklima bestellt ist. Kein Unternehmen kann es sich auf Dauer leisten, gegen die eigenen Angestellten
zu agieren. In genau diesen Krieg, ob nun getrieben durch Unvermögen
oder ungeeignete Zielvorgaben, ziehen aber manche Führungskräfte. Die
gute Nachricht ist, dass Personalentwickler hier ein dankbares Umfeld
antreffen, in dem viel bewirkt und erreicht werden kann.
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Zusammenfassung
Das Umfeld der Produktion ist regelmäßig ein von Personalentwicklungsmaßnahmen unberührter Bereich. Hier menschelt es an allen Ecken und
Enden, denn der operative Kontext führt dazu, dass ein hoher Druck im
Kessel herrscht. Dies drückt sich in einer entsprechenden Führungskultur
aus; wie es menschelt, und wie man es also mit der Führung hält, muss
von der Personalentwicklung entsprechend analysiert und gesteuert werden. Die Aus- und Weiterbildung der Führungskräfte auch in den Bereichen, in denen es bisher keine Führungskräftetrainings gegeben hat, ist
dazu zwingend erforderlich. Dies betrifft den fachlichen Bereich (Schichtübergabe, Maschinen und Bedienung, Verfahrenstechnik, Arbeitssicherheit) und den Bereich der Führung.
Hierzu ist eine Zusammenschau auch des Umfelds nötig, denn der operative Kontext wird durch Kosten-Controlling, strategische Vorgaben, Performance Management und weiteren Vorgaben definiert und gesteuert.
Alle diese Bereiche müssen an die geeignete Form der Führungskultur
angepasst werden. Auch die Formen der Unternehmenskommunikation
und des Zugangs der Mitarbeiter in der Fabrik zu Informationen ist häufig
damit einhergehend zu verbessern. Die Formen schlechter Führung,
ungeeignete Führungsqualitäten, unmoralische und unethische Führung
sind unbedingt zu beseitigen, denn sie haben verheerende Auswirkungen
auf Motivation, Klima, und Performance. Formen guter und geeigneter
bzw. ethischer Führung, am besten verbunden mit einer Vorbildfunktion,
sind stattdessen einzusetzen. Integrität und Vertrauen sind wiederherzustellen. Die vorherrschende Kultur sollte derart gestaltet sein, dass moralisch handelnde Personen auch moralisch handelnde Manager sein
können.
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Hierbei hat es sich bewährt, in die Bereiche der Kooperationsbereitschaft
und der Fähigkeit zur Zusammenarbeit hineinzuschauen. Mit gezielten
Personalentwicklungsmaßnahmen können hier große Verbesserungen
schnell und sicher herbeigeführt werden. Entsprechende Analysen, angefangen bei Mitarbeiterzufriedenheit, Motivation und Unternehmensklima
bis hin zur umfassenden Analyse der verschiedenen Bereiche von Produktion, Prozess, und Kooperation, können entsprechende Daten für
Personalentwicklungsmaßnahmen liefern. Gezielte Maßnahmen zur Verbesserung der Führungsqualität im Produktionsbereich können auch
dazu beitragen, den Krankenstand schnell und dauerhaft zu senken. Von
Personen mit einer stark negativen Ausstrahlung sollte man sich dabei
zügig und beherzt trennen, denn dies beeinflusst die Führungskultur sehr
stark positiv, und rechnet sich, wenn man die Opportunitäts- und Folgekosten einrechnet.
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