Beispiel Hotel Des Balance Luzern: Badewanne und

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Beispiel Hotel Des Balance Luzern: Badewanne und
Beispiel Hotel Des Balance Luzern: Badewanne und Lavabo stehen in der grossen Suite mitten im Wohnraum.
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Technik & Ambiente Badezimmer-Trends
Der jüngste Trend in Vier- und Fünfstern-Hotels
Das Badezimmer
wird zur Spa-Suite
Einst nur Waschgelegenheit, entwickelt sich das HotelBadezimmer immer mehr zur Wellnessoase – vor allem
in der Vier- und Fünfstern-Hotellerie. Duschvorhänge
weichen Milchglas-Installationen, sperrige Badewannen
machen Walk-in-Duschen Platz. Und das gute alte
Bidet? Es wird im besten Fall durch einen beheizbaren
Toilettensitz ersetzt. «Hotelier»-Autorin Nicole Amrein
hat sich in Hotel-Badezimmern umgesehen und nach
innovativen Bäderdetails geforscht.
Text: Nicole Amrein
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E
r ist weiss, manchmal auch durchsichtig, selten geblümt – und er hat vor
allem eine Eigenschaft: er wölbt sich
nach innen und klebt auf nasser Haut
fest. Und das ist nicht die Empfindung
einzelner Warmduscher, sondern wissenschaftlich erwiesen und mit dem IG-Nobelpreis ausgezeichnet. David Schmidt von der University of
Massachusetts hat nämlich einen Duschvorhang
in 50 0 00 Stücke zerteilt und über einer Badewanne aufgehängt. Dann hat er mit Hilfe einer
Software für Strömungsdynamik während 30
Sekunden aufgezeichnet, was mit dem Vorhang
während des Duschens passiert. Und tatsächlich:
Die Berechnung zeigt, dass in der Dusche ein stabiler Wirbel aus Luft und Feuchtigkeit entsteht.
Im Innern dieses Wirbels herrscht ein geringerer
Luftdruck, ähnlich wie in einem Tornado, sodass
der Vorhang zum Duschstrahl hin gesaugt wird. ›
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Badezimmer in der Hans-Badrutt-Suite im Palace St. Moritz. Blick in die Berge und auf den St. Moritzer See (die Fenster im Hintergrund können verstellt werden).
Und das Allerschlimmste: Beim Duschen mit warmem Wasser
wird der Effekt durch die Wärmebewegung sogar noch verstärkt.
Womit auch die letzten Verfechter des Duschvorhangs eines Besseren belehrt sein sollten, denn richtig sexy fand den Vorhang eh
niemand. Höchstens zweckmässig und günstig. Jedenfalls günstiger als eine Duschwand – und in etwa so appetitlich wie verkochter Blumenkohl unter Béchamelsauce.
Dabei soll sich der moderne Hotelgast im Badezimmer wohlfühlen,
es nicht nur aus hygienischen Gründen aufsuchen, sondern darin
auch Entspannung finden. Die dunkelgrün gefliesten Nasszellen
ohne Fenster und mit schummrigem Licht haben sich zum Schlafbereich hin geöffnet. Hell und luftig sind die neuen Waschzimmer,
im Idealfall mit grossen Spiegelflächen für die optische Erweiterung
des Raumes. Materialien wie Sandstein, Schiefer, Granit und Marmor schaffen eine wohlige, natürliche Atmosphäre. Da jedoch der
freie Blick vom Zimmer ins Bad und umgekehrt nicht jedermanns
Sache ist, hat sich die Hyatt-Gruppe, eine der Vorreiterinnen in
Sachen Bädertrends, eine spezielle Installation anfertigen lassen:
Spezialglas, das sich auf Knopfdruck in Milchglas verwandeln lässt.
Genauso raffinierte Scheiben setzt auch das Badrutt´s Palace in St.
Moritz ein. Im Bad der Hans-Badrutt-Suite gewähren die Aussenfenster freie Sicht auf die Berge – können aber gleichzeitig in milchiger Form den Ein- und Ausblick verwehren.
Einen Schritt weiter geht das Fünfstern-Haus Coco Palm Bodu Hithi
auf den Malediven, wo der Gast seine Island Villa durch das Bad
betritt. Die Wanne mitten im Raum, es könnte auf den ersten Blick
auch ein Brunnen sein. Den Gegentrend erleben wir in Europa:
Walk-in-Duschen ersetzen immer häufiger die sperrigen Badewannen, schaffen zusätzlichen Raum für neuartige Spa-Installationen.
In der Suite des Hotels Des Balances in Luzern sind dies eine Inf-
Badezimmer in einer Spa-Suite im Grand Resort Bad Ragaz. Eigene Sauna und Dampfbad, Whirpool und Sicht in die Berge.
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Technik & Ambiente Badezimmer-Trends
Park Hyatt Zürich. Blick ins Badezimmer der Präsidentensuite. Die Hyatt-Gruppe gilt als Vorreiterin in Sachen Bädertrends in der Hotellerie.
rarot-Kabine und eine zusätzliche Dampfdusche. Einen Steinwurf
entfernt, im Hotel Montana, geht man noch einen Schritt weiter, hat
unter dem Dach, dort, wo einst die Mitarbeiterzimmer waren, sechs
zum Teil zweistöckige Penthouse-Spa-Suiten erschaffen. Wellbeing mit Erlebnisdusche, Out- und Indoor-Whirlpool über den
Dächern der Leuchtenstadt. Ein veritabler Spa-Tower ist vor zwei
Jahren im Grand Hotel Bad Ragaz eröffnet worden: das Spa-Suiten-Hotel, gelegen zwischen den beiden Luxushotels Quellenhof
und Hof Ragaz. Ein zartgelbes Sandstein-Gebäude mitten in einem
Park, Heimat von 56 Design-Suiten zwischen 47 und 400 Quadratmetern Fläche. 29 der Suiten verfügen über eine frei stehende Whirlwanne im Badezimmer sowie über Dampfdusche und Sauna. Bei 27
fehlt lediglich die Sauna. Die Penthouse-Suite wartet zudem noch
mit Fitnessgeräten und einem grossen Whirlpool auf der Terrasse
mit Blick über das Rheintal auf. Unisono wird im Spa-Suiten-Ho-
tel mit Thermal-Wasser der Tamina-Quelle geduscht, die nur vier
Kilometer vom Hotel entfernt entspringt. Das 36,5 Grad heisse
Wasser wird direkt ins Haus gepumpt. Dieses Wasser ist speziell
mineralarm. Angereichert mit handgepflückten Voralpen-Kräutern
bildet es auch den Kern der neuen, Ragaz-eigenen Pflegelinie «To
B. Cosmetics». Eigene Kosmetik-Linien, beheizbare Schminkspiegel, Bademäntel aus Seide, beheizbare Toilettensitze – das Badezimmer erfreut sich immer mehr der Gunst der Hoteliers. Bei Umund Neubauten nimmt die Nasszelle bedeutend mehr Raum ein als
noch vor zehn Jahren. Und all denen, die vorerst noch mit den vorhandenen Ressourcen arbeiten müssen, sei gesagt, dass auch kleine
Gesten grosse Wirkung haben können. Eine Rosenblüte in einem
Wasserglas oder eine witzige, gelbe Plastikente auf dem Wannenrand – von der Nasszelle zum Erlebnisraum sind es manchmal nur
ein paar Schritte.
H
Penthouse-Suite im Hotel Montana Luzern. Die Badewanne steht über dem Bett, auf der Terrasse vergnügt sich der Gast im Whirlpool mit Sicht auf die Stadt.
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