BGB AT - Unirep
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Dr. Mirko Sauer HU Berlin Aktuelle Rechtsprechung – Allgemeines Zivilrecht A. Allgemeine Rechtsgeschäftslehre (BGB AT) .................................................................... 3 I. Internetauktionen (Rechtsprechungslinie) .......................................................................... 3 1. BGH, Urteil vom 07.11.2001 (NJW 2002, 363) ........................................................... 3 2. BGH, Urteil vom 03.11.2004 (NJW 2005, 53 ff.) ........................................................ 4 3. BGH, Urteil vom 11.05.2011 (NJW 2011, 2421 ff.) .................................................... 5 4. BGH, Urteil vom 08.06.2011 (NJW 2011, 2643 f.) ..................................................... 6 5. BGH, Urteil vom 28.03.2012 (NJW 2012, 2723) ......................................................... 7 6. BGH, Urteil vom 08.01.2014 (NJW 2014, 1292 ff.) .................................................... 8 II. Zustandekommen von Verträgen bei Verwendung von CPU-Systemen ........................... 9 7. BGH, Urteil vom 16.10.2012 (NJW 2013, 598 f.) ....................................................... 9 III. Gefälligkeitsverhältnisse ................................................................................................ 10 8. BGH, Urteil vom 04.8.2010 (NJW 2010, 3087) ......................................................... 10 IV. Minderjährigenrecht ....................................................................................................... 11 9. BGH, Beschluss vom 30.9.2010 (NJW 2010, 3643 ff.) ............................................. 11 10. OLG München, Urteil vom 22.08.2012, Az.: 34 Wx 200/12 (NotZ 2013, 205) ...... 12 V. Anfechtungsrecht ............................................................................................................ 13 11. BGH, Urteil vom 11.08.2010 (NJW 2010, 3362) ..................................................... 13 VI. Formvorschriften ............................................................................................................ 14 12. BGH, Urteil vom 13.07.2012 (NJW 2012, 3171 ff.) ................................................ 14 VII. Gesetzliche Verbote / Sittenwidrigkeit ......................................................................... 15 13. OLG Frankfurt, Beschluss vom 16.5.2011 (BB 2011, 1474) ................................... 15 14. BGH, Urteil vom 01.08.2013 (NJW 2013, 3167 f., JA 2014, 65 f.)......................... 16 1 15. BGH, Urteil vom 10.04.2014 (NJW 2014, 1805 f.) ................................................. 18 16. BGH, Urteil vom 10.02.2012 (NJW 2012, 1570 f.) ................................................. 19 17. BGH, Urteil vom 24.01.2014 (MDR 2014, 456) ...................................................... 20 18. BGH, Urteil vom 19.02.2013 (NJW 2013, 1534 ff.) ................................................ 20 19. BGH, Urteil vom 10.10.2013 (NJW 2014, 141 ff.) .................................................. 21 VIII. Stellvertretungsrecht .................................................................................................... 22 20. OLG Koblenz, Urteil vom 4.11.2010 (NJW-RR 2011, 555 f.) ................................ 22 21. BGH, Urteil vom 01.03.2013 (MDR 2013, 707) ...................................................... 23 22. OLG Brandenburg, Urteil vom 21.06.2012 (MDR 2013, 105) ................................ 24 2 A. Allgemeine Rechtsgeschäftslehre (BGB AT) I. Internetauktionen (Rechtsprechungslinie) 1. BGH, Urteil vom 07.11.2001 (NJW 2002, 363) Internet-Auktion: Abschluss und Wirksamkeit des Kaufvertrags Merksatz 1. Die auf einen Vertragsschluss gerichteten Willenserklärungen können auch durch elektronische Übermittlung einer Datei im Internet - online - abgegeben und wirksam werden. 2. Ein Vertragsschluß nach § 156 BGB scheidet im Streitfall aus, weil auf das Gebot des Klägers kein Zuschlag erfolgt ist. 3. Ein Vertrag ist jedoch nach den allgemeinen Vorschriften der §§ 145 ff BGB zustande gekommen. 4. Wenn bei der Freischaltung der Angebotsseite vom Bieter zugleich die Erklärung abgegeben wird, dass er bereits zu diesem Zeitpunkt die Annahme des höchsten wirksam abgegebenen Kaufangebotes erklärt, so stellt diese Erklärung eine rechtsverbindliche Willenserklärung und keine invitatio ad offerendum dar. Sachverhalt Die R.AG führte auf ihrer Web-Site Online-Auktionen durch. Daran kann als Verkäufer oder Käufer nur teilnehmen, wer sich zuvor angemeldet und dabei die AGB der R anerkannt hatte. Die AGB lauteten wie folgt: Präambel (3) Auf private Auktionen finden § 156 BGB, § 34 b GewO und die Verordnung über gewerbsmäßige Versteigerungen keine Anwendung. § 3 Beschreibung des Kaufgegenstandes, Verkaufsangebot bei privaten Auktionen (1) R ermöglicht es Teilnehmern, im Eigentum des jeweiligen Teilnehmers stehende Gegenstände, die im Rahmen von privaten Auktionen verkauft werden sollen, auf Angebotsseiten öffentlich zu präsentieren. (5) Der anbietende Teilnehmer wird im Rahmen der Freischaltung der Angebotsseite aufgefordert, die in Abs. 4 und § 5 Abs. 4 genannten Zusicherungen und Erklärungen gegenüber R abzugeben. R handelt dabei als Empfangsvertreter aller anderen Teilnehmer, § 164 Abs. 3 BGB. Die Freischaltung erfolgt erst, wenn der anbietende Teilnehmer die geforderten Zusicherungen und Erklärungen abgegeben hat. § 4 Vertragsangebot (1) Für die von den anbietenden Teilnehmern im Rahmen von privaten Auktionen angebotenen Gegenstände können alle Teilnehmer mit Ausnahme des in Abs. 2 genannten Personenkreises während des jeweils für den angebotenen Gegenstand angegebenen Angebotszeitraumes (§ 6) verbindliche Kaufangebote über die RWebsite abgeben. (4) Kaufangebote, die unter dem von dem anbietenden Teilnehmer geforderten Mindestkaufpreis liegen, sind unwirksam. (7) Bei Angeboten, die im Rahmen von privaten Auktionen abgegeben werden, handelt R als Empfangsvertreter der anbietenden Teilnehmer, § 164 Abs. 3 BGB. § 5 Annahme eines Vertragsangebotes (4) Bei privaten Auktionen erklärt der anbietende Teilnehmer bereits mit der Freischaltung seiner Angebotsseite gemäß § 3 Abs. 5 die Annahme des höchsten unter Berücksichtigung von § 4 Abs. 4 und 5 wirksam abgegebenen Kaufangebotes. Der anbietende Teilnehmer wird von R vom Zustandekommen des 3 Kaufvertrages alsbald, spätestens jedoch bis 24.00 Uhr des zweiten Werktages nach Ende des Angebotszeitraumes (§ 6) per e-mail unter der von dem anbietenden Teilnehmer angegebenen e-mail-Adresse unterrichtet. Der V, der nebenberuflich mit reimportierten PKW handelte, richtete unter seinem Benutzernamen für den Verkauf eines Neuwagens VW-Passat eine Angebotsseite ein. Er legte den Startpreis (10 DM) fest und gab eine vorgegebene Erklärung ab, in der es u.a. heißt: „Bereits zu diesem Zeitpunkt erkläre ich die Annahme des höchsten, wirksam abgegebenen Kaufangebotes.“ Einen Mindestkaufpreis setzte der V nicht fest. Der K gab mit 26.350 DM das letzte und höchste Gebot ab. Die R teilte dem K mit, er habe den Zuschlag erhalten und forderte ihn auf, sich mit dem V in Verbindung zu setzen. Der V lehnte daraufhin die Lieferung des Pkw zu dem Gebot des K mit der Begründung ab, es sei noch kein Vertrag zustande gekommen; er sei jedoch zu einem Verkauf zum Preis von ca. 39.000 DM bereit. Vorsorglich focht er seine etwaige Willenserklärung wegen eines Versehens bei der Eingabe des Startpreises an. 2. BGH, Urteil vom 03.11.2004 (NJW 2005, 53 ff.) Fernabsatzvertrag: Kein Ausschluss des Widerrufsrechts bei Kaufverträgen im Rahmen einer Internet-Auktion Leitsatz Bei Kaufverträgen zwischen einem gewerblichen Anbieter und einem Verbraucher, die im Rahmen einer sog. Internet-Auktion durch Angebot und Annahme gemäß §§ 145 ff. BGB und nicht durch einen Zuschlag nach § 156 BGB zustande kommen, ist das Widerrufsrecht des Verbrauchers nicht nach § 312d Abs. 4 Nr. 5 BGB ausgeschlossen. Sachverhalt Der Kläger handelt gewerblich mit Gold- und Silberschmuckstücken. Er stellte am 7.9.2002 auf der Website eBay ein „15,00 ct. Diamanten-Armband ab 1,- EUR“ zur Versteigerung ein und bestimmte eine Laufzeit für die Internet-Auktion von einer Woche. Der Beklagte gab am 14.9.2002 mit 252,51 € das höchste Gebot ab, verweigerte jedoch anschließend die Abnahme und Bezahlung des Armbands und berief sich auf sein Widerrufsrecht. Der Kläger verlangt von dem Beklagten die Zahlung von 252,51 € zuzüglich 11 € Versandkosten, insgesamt 263,51 € nebst Zinsen. 4 3. BGH, Urteil vom 11.05.2011 (NJW 2011, 2421 ff.) Abgabe rechtsgeschäftlicher Erklärungen unter Nutzung eines fremden eBayMitgliedskontos: Zurechnung unter den Voraussetzungen der Duldungs- oder Anscheinsvollmacht; Haftung des Kontoinhabers gegenüber Auktionsteilnehmern Leitsatz 1. Werden unter Nutzung eines fremden eBay-Mitgliedskontos auf den Abschluss eines Vertrages gerichtete Erklärungen abgegeben, liegt ein Handeln unter fremdem Namen vor, auf das die Regeln über die Stellvertretung sowie die Grundsätze der Anscheins- oder der Duldungsvollmacht entsprechend anzuwenden sind. 2. Ohne Vollmacht oder nachträgliche Genehmigung des Inhabers eines eBayMitgliedskontos unter fremdem Namen abgegebene rechtsgeschäftliche Erklärungen sind dem Kontoinhaber nur unter den Voraussetzungen der Duldungs- oder der Anscheinsvollmacht zuzurechnen. Für eine Zurechnung reicht es nicht bereits aus, dass der Kontoinhaber die Zugangsdaten nicht hinreichend vor dem Zugriff des Handelnden geschützt hat. 3. Eine von eBay gestellte und von jedem registrierten Nutzer akzeptierte Formularklausel, wonach Mitglieder grundsätzlich für sämtliche Aktivitäten haften, die unter Verwendung ihres Mitgliedskontos vorgenommen werden, begründet keine Haftung des Kontoinhabers gegenüber Auktionsteilnehmern. Sachverhalt Die Beklagte unterhielt beim Internetauktionshaus eBay ein passwortgeschütztes Konto. Unter Nutzung dieses Zugangskontos wurde eine komplette Gastronomieeinrichtung mit einem Eingangsgebot von 1,00 € zum Verkauf angeboten. Neun Tage vor Ablauf der Auktion gab der Kläger unter seinem Nutzernamen ein Maximalgebot von 1.000 € ab. Einen Tag später wurde die Auktion vorzeitig durch die Rücknahme des Angebots beendet. Der Kläger war zu diesem Zeitpunkt der Höchstbietende. In den AGB von eBay, denen jedes registrierte Mitglied zustimmen muss, heißt es in § 2 Ziffer 9: „Mitglieder haften grundsätzlich für sämtliche Aktivitäten, die unter Verwendung ihres Mitgliedskontos vorgenommen werden.“ (…) Zwischen den Parteien steht im Streit, ob das Angebot über den Verkauf von Einrichtungsgegenständen für den Gastronomiebedarf von der Beklagten oder - ohne deren Beteiligung und Wissen - von ihrem damaligen Verlobten und jetzigen Ehemann auf der Internetplattform von eBay eingestellt worden ist. Der Kläger, der die Auffassung vertritt, wirksam mit der Beklagten einen Kaufvertrag abgeschlossen zu haben, macht Schadensersatzansprüche in Höhe von 32.820 € geltend, wobei er den Zeitwert der nicht gelieferten Gegenstände auf 33.820 € beziffert und hiervon den von ihm gebotenen Kaufpreis von 1.000 € in Abzug bringt. 5 4. BGH, Urteil vom 08.06.2011 (NJW 2011, 2643 f.) - vgl. auch OLG Hamm, Urteil vom 4.11.2013 (BB 2013, 3074) Internetauktion: AGB-Auslegung über das Recht des Anbieters zur vorzeitigen Auktionsbeendigung Merksatz 1. Der Erklärungsinhalt der Willenserklärungen (§§ 133, 157 BGB) der Teilnehmer einer Internetauktion richtet sich auch nach den Bestimmungen über den Vertragsschluss in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen von eBay, denen die Parteien vor der Teilnahme an der Internetauktion zugestimmt haben. 2. Aus der Sicht der an der Auktion teilnehmenden Bieter (§§ 133, 157 BGB) ist das Verkaufsangebot dahin zu verstehen, dass es unter dem Vorbehalt einer berechtigten Angebotsrücknahme i.S.d. § 10 AGB steht. 3. Unter Hinzuziehung der ergänzenden Hinweise (Erläuterungen) von ebay ist die AGBBestimmung zur berechtigten Angebotsrücknahme („gesetzlich dazu berechtigt“) nicht nur auf die Fälle der tatsächlich „gesetzlich“ geregelten Vertragsauflösung (Anfechtung, Widerruf, Rücktritt, etc.) beschränkt, sondern umfasst auch den Verlust der angebotenen Sache. Sachverhalt Der Beklagte stellte eine gebrauchte Digitalkamera nebst Zubehör bei eBay für sieben Tage zur Internetauktion mit einem Startpreis von 1 € ein. Am folgenden Tag um 18.06 Uhr beendete der Beklagte die Auktion vorzeitig. Zu diesem Zeitpunkt war der Kläger, der ein Maximalgebot von 357 € abgegeben hatte, mit dem aktuellen Gebotsbetrag von 70 € Höchstbietender. Die für die vorliegende Auktion maßgeblichen Allgemeinen Geschäftsbedingungen von eBay (im Folgenden: eBay-AGB) enthalten in § 10 Abs. 1 folgende Regelungen: „Stellt ein Anbieter auf der eBay-Website einen Artikel im Angebotsformat Auktion ein, gibt er ein verbindliches Angebot zum Abschluss eines Vertrages über diesen Artikel ab. Dabei bestimmt der Anbieter einen Startpreis und eine Frist (Angebotsdauer), binnen derer das Angebot per Gebot angenommen werden kann. Der Bieter nimmt das Angebot durch Abgabe eines Gebots über die BietenFunktion an. Das Gebot erlischt, wenn ein anderer Bieter während der Angebotsdauer ein höheres Gebot abgibt. Bei Ablauf der Auktion oder bei vorzeitiger Beendigung des Angebots durch den Anbieter kommt zwischen Anbieter und Höchstbietendem ein Vertrag über den Erwerb des Artikels zustande, es sei denn der Anbieter war gesetzlich dazu berechtigt, das Angebot zurückzunehmen und die vorliegenden Gebote zu streichen….“ In den auf der Website von eBay zugänglichen Hinweisen zum Auktionsablauf wird als Grund für eine vorzeitige Angebotsbeendigung unter anderem der Verlust des angebotenen Artikels genannt. Der Kläger forderte den Beklagten vergeblich zur Lieferung der Kamera auf. Er begehrt mit seiner Klage Schadensersatz in Höhe des behaupteten Wertes der Kamera (1.125,32 €) und des Zubehörs (87,64 €) abzüglich des Gebotsbetrages (70 €), insgesamt 1.142,96 € nebst Zinsen, sowie Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 155,30 €. Der Beklagte beruft sich darauf, dass er zum vorzeitigen Abbruch der Auktion berechtigt gewesen sei, weil ihm die Kamera am Nachmittag des 24. August 2009 gestohlen worden sei. 6 5. BGH, Urteil vom 28.03.2012 (NJW 2012, 2723) Schadensersatzanspruch des Käufers bei Ersteigerung eines zu einem Startpreis von 1 Euro angebotenen Markenmobiltelefons zu einem unverhältnismäßig günstigen Preis und nachträglicher Feststellung des Vorliegens eines Plagiats. Leitsatz 1. Bei einer Internetauktion rechtfertigt ein grobes Missverhältnis zwischen dem Maximalgebot eines Bieters und dem (angenommenen) Wert des Versteigerungsobjekts nicht ohne Weiteres den Schluss auf eine verwerfliche Gesinnung des Bieters. 2. Aus einem geringen Startpreis (hier: 1 €) bei einer Internetauktion ergeben sich keine Rückschlüsse auf den Wert des Versteigerungsobjekts. 3. Ob und mit welchem Inhalt bei einer Internetauktion durch die Angebots-beschreibung des Anbieters eine Beschaffenheitsvereinbarung mit dem Meistbietenden zustande kommt, ist unter umfassender Würdigung der abgegebenen Willenserklärungen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. 4. Grob fahrlässige Unkenntnis des Käufers von der Unechtheit eines im Internet unter Angabe des Markennamens versteigerten Luxusobjekts kann nicht mit der Begründung bejaht werden, es sei erfahrungswidrig, dass ein solcher Gegenstand mit einem Startpreis von nur einem Euro angeboten werde. Sachverhalt Der Kläger verlangt von der Beklagten aufgrund eines zwischen den Parteien auf der Internetplattform eBay abgeschlossenen Kaufvertrages Schadensersatz. Die Beklagte bot auf der Internetplattform eBay im Rahmen einer Auktion unter Hinzufügung eines Fotos ein Mobiltelefon zum Verkauf unter der Bezeichnung "Vertu Weiss Gold" ab einem Startpreis von 1 € an. Zur Beschreibung heißt es in dem Angebot „Zustand gebraucht“. Außerdem teilte die Beklagte dazu Folgendes mit: „Hallo an alle Liebhaber von Vertu. Ihr bietet auf ein fast neues Handy (wurde nur zum ausprobieren ausgepackt). Weist aber ein paar leichte Gebrauchs-spuren auf (erwähne ich ehrlichkeit halber). Hatte 2 ersteigert und mich für das gelb goldene entschieden. Gebrauchsanweisung (englisch) lege ich von dem gelb goldene bei, das andere habe ich auch nicht bekommen. Dazu bekommt ihr ein Etui, Kopfhörer und Ersatzakku. Privatverkauf, daher keine Rücknahme. Viel Spaß beim Bieten." Der Kläger gab ein Maximalgebot von 1.999 € ab und erhielt für 782 € den Zuschlag. Die Annahme des seitens der Beklagten angebotenen Mobiltelefons verweigerte der Kläger mit der Begründung, es handele sich um ein Plagiat. Er behauptet, bei dem im Übergabetermin angebotenen Mobiltelefon habe es sich um eine Imitation der Firma Veptu gehandelt, ein Original des von der Beklagten angebotenen Mobiltelefons koste 24.000 €. Der Aufforderung des Klägers, ihm ein „Original Vertu Handy Signature weiß-gold“ zur Verfügung zu stellen oder Schadensersatz zu zahlen, kam die Beklagte nicht nach. Der Kläger nimmt die Beklagte auf Zahlung von 23.218 € Schadensersatz (24.000 € abzüglich des Kaufpreises von 782 €) nebst Zinsen und Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren in Anspruch; hilfsweise hat er die Erfüllung des Kaufvertrages sowie die Feststellung begehrt, dass sich die Beklagte im Verzug befinde. Zu Recht? 7 6. BGH, Urteil vom 08.01.2014 (NJW 2014, 1292 ff.) Internetauktion: Angebotsrücknahme durch Verkäufer bei möglicher Irrtumsanfechtung Leitsatz Der Erklärungsinhalt eines im Rahmen einer Internetauktion abgegebenen Verkaufsangebots ist unter Berücksichtigung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Unternehmens zu bestimmen, das auf seiner Internetplattform das Forum für die Auktion bietet. Kommt nach diesen Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Falle der Rücknahme des Angebots ein Kaufvertrag mit dem zu dieser Zeit Höchstbietenden nicht zustande, sofern der Anbietende gesetzlich dazu berechtigt war, sein Angebot zurückzuziehen, ist dies aus der Sicht der an der Internetauktion teilnehmenden Bieter dahin zu verstehen, dass das Angebot des Verkäufers unter dem Vorbehalt einer berechtigten Angebotsrücknahme steht (Bestätigung von BGH, Urteil vom 8. Juni 2011, VIII ZR 305/10, NJW 2011, 2643). Sachverhalt Der V bot Ende Dezember 2011 über die Internetplattform eBay einen Kraftfahrzeugmotor zum Verkauf an. Am 4. Januar 2012 beendete der V sein Angebot und strich die bis dahin vorliegenden Gebote. Zu diesem Zeitpunkt war der K Höchstbietender mit einem Betrag von 1.509 €. Als Grund für die Beendigung des Angebots gab der V gegenüber dem K vorprozessual an, er habe außerhalb der Internetauktion ein besseres Angebot für den Motor erhalten. Im Rechtsstreit begründete er die Angebotsrücknahme damit, der Motor habe seine Zulassung im Straßenverkehr verloren; dies habe er bei der Freischaltung des Angebots bei eBay noch nicht gewusst. Die Versteigerung des Motors erfolgte auf der Grundlage der Allgemeinen Geschäftsbedingungen von eBay. Dort heißt es (auszugsweise): § 10 Ziffer 1 Satz 5: „Bei Ablauf der Auktion oder bei vorzeitiger Beendigung des Angebots kommt zwischen Anbieter und Höchstbietendem ein Vertrag über den Erwerb des Artikels zustande, es sei denn der Anbieter war gesetzlich dazu berechtigt, das Angebot zurückzunehmen und die vorliegenden Gebote zu streichen.“ § 10 Ziffer 7: „Bieter dürfen ein Gebot nur dann zurücknehmen, wenn sie dazu gesetzlich berechtigt sind. Weitere Informationen.“ In den "Weiteren Informationen" wird auf folgendes hingewiesen: „Nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) können Sie sich von einer verbindlichen Willenserklärung [...] lösen, wenn ein so genannter Anfechtungsgrund vorliegt. Ein Anfechtungsgrund liegt vor, wenn Sie sich bei der Abgabe einer Willenserklärung in einem relevanten Irrtum befanden [...]. Sofern ein Anfechtungsgrund vorliegt, der Sie dazu berechtigt, sich von Ihrem Angebot zu lösen, können Sie dies durch das vorzeitige Beenden des Angebots und Streichung bereits vorhandener Gebote technisch umsetzen. Sie sollten auf jeden Fall den Grund für die vorzeitige Beendigung des Angebots dem Höchstbietenden gegenüber zusätzlich gesondert in Form einer Anfechtungserklärung geltend machen. Die Anfechtung muss dabei unverzüglich gegenüber dem Höchstbietenden erklärt werden. Geben Sie hierbei den Grund für die vorzeitige Beendigung an.“ Mit seiner Klage nimmt der K den V auf Zahlung von 3.500 € nebst Zinsen in Anspruch. Er behauptet, der vom V angebotene Motor habe einen Marktwert von 5.009 €; für diesen Preis hätte er den Motor verkaufen können. Durch die Angebotsrücknahme sei ihm ein entsprechender Schaden entstanden. Hat der K einen Anspruch auf entsprechenden Schadensersatz? 8 II. Zustandekommen von Verträgen 7. BGH, Urteil vom 16.10.2012 (NJW 2013, 598 f.) Flugticketbuchung mit elektronisches Kommunikationsmittel: Bestimmung des Inhalts der Willenserklärung; Abschluss eines Beförderungsvertrags bei Eingabe des Namen des Reisenden mit "noch unbekannt" Leitsatz 1. Der Inhalt eines unter Einsatz elektronischer Kommunikationsmittel über ein automatisiertes Buchungs- oder Bestellsystem an ein Unternehmen gerichteten Angebots und einer korrespondierenden Willenserklärung des Unternehmens ist nicht danach zu bestimmen, wie das automatisierte System das Angebot voraussichtlich deuten und verarbeiten wird. Maßgeblich ist vielmehr, wie der menschliche Adressat die jeweilige Erklärung nach Treu und Glauben und der Verkehrssitte verstehen darf. 2. Gibt ein Flugreisender in die über das Internet zur Verfügung gestellte Buchungsmaske eines Luftverkehrsunternehmens, die den Hinweis enthält, dass eine Namensänderung nach erfolgter Buchung nicht mehr möglich sei und der angegebene Name mit dem Namen im Ausweis übereinstimmen müsse, in die Felder für Vor- und Zunamen des Fluggastes jeweils "noch unbekannt" ein, kommt ein Beförderungsvertrag regelmäßig weder durch die Buchungsbestätigung noch durch die Einziehung des Flugpreises zustande. Sachverhalt Der K buchte am 7. September 2009 über das Internetportal der G Flüge von Dresden über Frankfurt am Main nach Larnaca und zurück für zwei Personen. In die Buchungsmaske gab er unter der Rubrik "Person 1" seinen Vor- und Zunamen ein. Unter der Rubrik "Person 2" trug er in die Felder für die Eingabe des Vor- und Zunamens jeweils "Noch unbekannt" ein. Die Buchungsmaske der Beklagten enthielt folgenden Hinweis: „Bitte beachten Sie, dass eine Namensänderung nach erfolgter Buchung nicht mehr möglich ist und der Name mit dem Namen in Ihrem Ausweis übereinstimmen muss.“ Die G übermittelte dem K am selben Tag eine automatisierte Buchungsbestätigung (insbesondere für „Mr. Noch Unbekannt“) und zog den Preis für zwei Hin- und Rückflüge in Höhe von insgesamt 365,42 € per Lastschrift vom Konto des K ein. Als der K der G telefonisch den Namen der zweiten mit ihm reisenden Person angeben wollte, teilte ihm die G mit, dass die Nachbenennung eine zu diesem Zeitpunkt nicht mehr mögliche Namensänderung darstelle; der K könne lediglich die Buchung stornieren und für die zweite Person neu buchen. Von dieser Möglichkeit machte der K keinen Gebrauch. Er trat die Reise alleine an und verlangt wegen der zweiten Buchung Rückzahlung des Flugpreises sowie eine Ausgleichszahlung für Nichtbeförderung. 9 III. Gefälligkeitsverhältnisse 8. BGH, Urteil vom 4.8.2010 (NJW 2010, 3087) Gebrauchsüberlassung aus Gefälligkeit: Verschuldensunabhängige Haftung des Begünstigten für die Beschädigung des überlassenen Gegenstandes durch einen Dritten Leitsatz Im Rahmen einer Gebrauchsüberlassung aus Gefälligkeit kann eine verschuldensunabhängige Haftung des Begünstigten für die Beschädigung des überlassenen Gegenstandes durch einen Dritten, an den der Gegenstand vom Begünstigten ohne Wissen des Gefälligen weitergegeben worden ist, nicht durch eine entsprechende Anwendung des § 603 Satz 2 BGB begründet werden. Sachverhalt Der Kläger verlangt von dem Beklagten Schadensersatz für seinen bei einem Unfall beschädigten Motorroller. Der Kläger überließ dem Beklagten den in seinem Eigentum stehenden Motorroller für eine „Spritztour“. Auf dieser Fahrt, bei der der Beklagte von dem Zeugen H. auf einem Leichtkraftrad begleitet wurde, kam es zu einem Unfall, bei dem das Fahrzeug des Klägers erheblich beschädigt wurde. Der Unfallhergang ist zwischen den Parteien streitig, insbesondere ob der Motorroller des Klägers zum Zeitpunkt des Unfalls von dem Beklagten oder dem Zeugen H. gefahren worden ist. Das Amtsgericht hat nach Durchführung einer Beweisaufnahme den Beklagten als Lenker des Motorrollers des Klägers angesehen und ihn gemäß § 823 BGB zum Schadensersatz verurteilt. Die hiergegen gerichtete Berufung des Beklagten blieb erfolglos. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, dass es dahingestellt bleiben könne, ob der Beklagte oder der Zeuge H. im Unfallzeitpunkt den Motorroller gesteuert habe. Sollte der Beklagte den Motorroller unerlaubt dem Zeugen H. überlassen haben, hafte er entweder aus §§ 603 Satz 2, 280 Abs. 1 BGB oder aus einer entsprechenden Anwendung dieser Vorschriften, weil der Beklagte den Motorroller dem Zeugen ohne Erlaubnis des Klägers überlassen habe. Zwischen den Parteien sei nämlich entweder ein Leihvertrag geschlossen worden oder es liege ein Gefälligkeitsverhältnis vor, in dessen Rahmen der Beklagte jedoch keine weitergehenden Befugnisse haben könne, als der Entleiher. Deshalb sei bei der Annahme eines Gefälligkeitsverhältnisses eine analoge Anwendung der §§ 603 Satz 2, 280 Abs. 1 BGB geboten. Zu Recht? 10 IV. Minderjährigenrecht 9. BGH, Beschluss vom 30.9.2010 (NJW 2010, 3643 ff.) Schenkweiser Erwerb einer Eigentumswohnung durch einen Minderjährigen: Erfordernis der Genehmigung des gesetzlichen Vertreters Merksatz 1. Der Erwerb einer Eigentumswohnung ist für den Minderjährigen jedenfalls deshalb nicht lediglich rechtlich vorteilhaft, weil er mit dem Erwerb der Eigentumswohnung nicht nur einen Vermögensgegenstand erwirbt, sondern Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft wird. Die den Minderjährigen damit kraft Gesetzes treffenden persönlichen Verpflichtungen können nicht als ihrem Umfang nach begrenzt und wirtschaftlich so unbedeutend angesehen werden 2. Daher bedarf der Erwerb (Einigung) der Genehmigung des gesetzlichen Vertreters nach § 107 BGB. Auf den Inhalt der Gemeinschaftsordnung, das Bestehen eines Verwaltervertrags oder eines Mietvertrags über die Eigentumswohnung kommt es nicht an. 3. Diese Entscheidung können im vorliegenden Fall aber nicht die Eltern treffen, weil ein Elternteil mit der Veräußerin in gerader Linie verwandt ist. Nach § 1629 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 1795 Abs. 1 Nr. 1 BGB sind beide Elternteile daher an der Vertretung gehindert sind. Das macht die Bestellung eines Ergänzungspflegers nach § 1909 BGB erforderlich. Eine Genehmigung der Auflassung auch durch das Familiengericht nach §§ 1643 i.V.m. 1821 BGB ist dagegen nicht erforderlich. Sachverhalt Nach Aufteilung ihres Grundstücks in Wohneigentum in eine große und eine kleine Eigentumswohnung schenkte die O mit notariellem Vertrag ihrer Enkelin E, im Wege der vorweggenommenen Erbfolge die kleinere Wohnung. Dabei behielt sich die O ein lebenslanges Nießbrauchsrecht und einen Rücktritt für die Fälle einer Veräußerung der Wohnung und einer Verschlechterung der wirtschaftlichen Verhältnisse vor. Der Rückauflassungsanspruch sollte durch eine Vormerkung gesichert werden. Das Grundbuchamt machte den Vollzug des Schenkungsvertrags von der Genehmigung eines zu bestellenden Ergänzungspflegers und des Familiengerichts abhängig. Zu Recht? 11 10. OLG München, Urteil vom 22.08.2012, Az.: 34 Wx 200/12 (NotZ 2013, 205) Grundbuchverfahren: Umschreibung von Wohnungseigentum an Minderjährige aufgrund eines Vermächtnisses Merksatz 1. Zur Umschreibung von Wohnungseigentum an Minderjährige in Erfüllung eines Vermächtnisses, wenn ein Elternteil (Mit-) Erbe ist. 2. Der Mitwirkung eines familiengerichtlich bestellten Pflegers bedarf es zur dinglichen Überlassung des vermachten Wohnungseigentums in diesem Fall nicht. 3. Jedoch bedarf die Auflassung von Bruchteilen eines Wohnungseigentums an Minderjährige der familiengerichtlichen Genehmigung nach § 1822 Nr. 10 BGB, und zwar auch dann, wenn zwei minderjährige Kinder gemeinsam zu gleichen Anteilen erwerben. Sachverhalt Die A und B sind Töchter der am 23.6.2011 verstorbenen Erblasserin Ingeborg H. und gemäß notariellem Testament vom 29.9.2008 Erbinnen je zur Hälfte. In ihrer letztwilligen Verfügung hatte die Erblasserin Vermächtnisse angeordnet. Soweit hier erheblich überließen die A und B den F und G (beide minderjährige Kindern von Dr. Christo M. und der A), zu notarieller Urkunde vom 5.3.2012 in Erfüllung dieser Vermächtnisse je zu hälftigem Miteigentum eine Eigentumswohnung mit TiefgaragenDoppelparker. Die A und deren Ehemann erklärten für ihre beiden Kinder die Auflassung; sie bewilligten und beantragten die Eintragung des Rechtsübergangs im Grundbuch. Die den minderjährigen Kindern überlassene Eigentumswohnung ist nicht vermietet und steht leer. Die Urkunde enthält unter Buchstabe X. (Familiengerichtliche Genehmigung) folgende Erklärung: „Die Beteiligten gehen davon aus, dass die für die minderjährigen Kinder in dieser Urkunde enthaltenen Erklärungen von deren sorgeberechtigten Eltern für ihre Kinder ohne Bestellung eines Ergänzungspflegers abgegeben werden können, da die an die minderjährigen Kinder übereignete Wohnung unvermietet ist und somit die Erfüllung des Vermächtnisses für die Kinder rechtlich lediglich vorteilhaft ist. Weiter gehen die Beteiligten davon aus, dass die Voraussetzungen für eine familiengerichtliche Genehmigungspflicht der Vermächtniserfüllung an die minderjährigen Kinder gemäß § 1643 Abs. 1 i.V.m. § 1821 Nr. 5 BGB nicht gegeben sind, weil vorliegend mangels zu erbringender Gegenleistung aus dem Vermögen der minderjährigen Kinder kein entgeltlicher Erwerb von Grundbesitz vorliegt. ...“ Das Grundbuchamt hat in diesem Zusammenhang am 17.4.2012 durch fristsetzende Zwischenverfügung aufgegeben, einen Ergänzungspfleger zu bestellen und eine familiengerichtliche Genehmigung für das Rechtsgeschäft einzuholen. Hiergegen wenden sich die Urkundsbeteiligten, die, wie schon in der Urkunde niedergelegt, davon ausgehen, dass es weder eines Ergänzungspflegers noch einer familiengerichtlichen Genehmigung bedarf. 12 V. Anfechtungsrecht 11. BGH, Urteil vom 11.08.2010 (NJW 2010, 3362) Arglistanfechtung des Gewerberaummietvertrages: Pflicht des Mieters zur Aufklärung des Vermieters über außergewöhnliche bedeutsame Umstände Merksatz 1. Der Mieter ist verpflichtet, den Vermieter vor Abschluss eines Gewerberaummietvertrages über außergewöhnliche Umstände aufzuklären, mit denen der Vermieter nicht rechnen kann und die offensichtlich für diesen von erheblicher Bedeutung sind. 2. Eine Tatsache von ausschlaggebender Bedeutung kann auch dann vorliegen, wenn sie geeignet ist, dem Vertragspartner erheblichen wirtschaftlichen Schaden zuzufügen. 3. Die Vermietung von Räumen zum Verkauf von Waren, die in der öffentlichen Meinung ausschließlich der rechtsradikalen Szene zugeordnet werden, ist geeignet, den Vermieter in der öffentlichen Meinung in die Nähe zu rechtsradikalem Gedankengut zu stellen und sich auch deshalb geschäftsschädigend für ihn auszuwirken. Im Hinblick auf diese möglichen gravierenden Auswirkungen war der beabsichtigte Verkauf von Waren dieser Marke für die Vermieterin von erheblicher Bedeutung. 4. Eine Bestätigung des anfechtbaren Geschäfts im Sinne des § 144 BGB liegt nur vor, wenn ein Verhalten gegeben ist, das den Willen offenbart, trotz der Anfechtbarkeit an dem Rechtsgeschäft festzuhalten; jede andere den Umständen nach mögliche Deutung muss ausgeschlossen sein. Sachverhalt Mit Vertrag vom 1.06.2007 vermietete der V an den M ein Ladengeschäft zum Verkauf von Textilien und Sortimenten im Outdoorbereich. Bestandteil des Vertrages war eine als Anlage 5 beigefügte Sortimentsliste vom 23.05.2007, die allgemeine Angaben zu dem beabsichtigten Bekleidungsangebot enthält, ohne eine Marke zu nennen. Der M beabsichtigte, in den Mieträumen nahezu ausschließlich Waren der Marke „Thor Steinar“ zu verkaufen. Diese Marke wird in der Öffentlichkeit in einen ausschließlichen Bezug zur rechtsradikalen Szene gesetzt. Nachdem die V von dem beabsichtigten Angebot der Marke „Thor Steinar“ erfahren hatte, versuchte sie, den Beklagten zu einem Verzicht auf die Eröffnung des Ladens oder auf den Vertrieb des Warensortiments der Marke „Thor Steinar“ zu bewegen. Am 27.07.2007, dem Tag der Eröffnung des Ladens, unterzeichnete der M auf Wunsch des V eine Erklärung zum Mietvertrag, in der er versicherte, dass von seinem Gewerbe keine verfassungsrechtlich relevanten Aktivitäten ausgingen und er auch keine rechts- oder linksextremistische Parteien oder Gruppierungen finanziell unterstütze und unterstützen werde. Diese Erklärung wurde auch von dem V unterzeichnet. Mit Schreiben vom 27.07.2007 kündigte der V den Mietvertrag aus wichtigem Grund. Er wiederholte die Kündigung mit Schreiben vom 2.08.2007 und erklärte darüber hinaus die Anfechtung des Mietvertrages wegen arglistiger Täuschung. Die V verlangt nun von dem M die Räumung und Herausgabe eines Ladengeschäfts. 13 VI. Formvorschriften 12. BGH, Urteil vom 13.07.2012 (NJW 2012, 3171 ff.) Grundstückskaufvertrag: Heilung einer formunwirksamen Rückkaufsverpflichtung für den Verkäufer Leitsatz Verpflichtet sich der Verkäufer einer Immobilie formunwirksam zu deren Rückkauf, so wird diese Verpflichtung nicht dadurch wirksam, dass ein Dritter auf Veranlassung oder Vermittlung des Verkäufers die Immobilie formgerecht kauft. Sachverhalt Mit notariellem Vertrag vom 18.12.1998 kaufte der K von einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, deren alleinvertretungsberechtigter Gesellschafter der V war, eine Eigentumswohnung. Am Tag darauf schloss der K mit dem V privatschriftlich einen sog. Gewährleistungsvertrag, der u. a. eine Verpflichtung des V enthält, die Wohnung zurückzukaufen. Der K wurde als Wohnungseigentümer in das Grundbuch eingetragen. Mit Schreiben vom 29.05.2008 forderte der K den Beklagten auf, die Rückkaufsverpflichtung zu erfüllen. Daraufhin kaufte eine Bauträgergesellschaft, vertreten durch den V als geschäftsführenden Gesellschafter, mit notariellem Vertrag vom 19.12.2008 die Eigentumswohnung von dem K. Später trat sie jedoch von dem Vertrag in Ausübung eines ihr eingeräumten Rücktrittsrechts wieder zurück. Der K verlangt von dem V Schadensersatz wegen Nichterfüllung der Rückkaufsverpflichtung in Höhe des vereinbarten Rückkaufpreises von 51.065,16 € zuzüglich 31,20 € entrichteter Grundsteuern, Zug-um-Zug gegen Übereignung der Eigentumswohnung. 14 VII. Gesetzliche Verbote / Sittenwidrigkeit 13. OLG Frankfurt, Beschluss vom 16.5.2011 (BB 2011, 1474) Wirksamkeit eines Vertrages zur Durchführung einer Hochzeit bei Vereinbarung einer „Schwarzzahlung“ Leitsatz 1.Vereinbaren die Parteien eines Vertrages zur Durchführung einer Hochzeit, dass die Gegenleistung zum Zwecke der Steuerhinterziehung „schwarz“ gezahlt wird, ist der gesamte Vertrag nichtig (§§ 134, 138, 139 BGB). 2. Wird eine Hochzeitsfeier vertragswidrig nicht durchgeführt, erstreckt sich der Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung nicht auf den Minderbetrag der Werte der Hochzeitsgeschenke, die dem Gläubiger bei der ersatzweise mit weniger Gästen durchgeführten Hochzeitsfeier zukamen. Sachverhalt Der A wollte heiraten und eine große Hochzeitsfeier veranstalten. Mit dem Hochzeitsveranstalter H schloss er daher einen Vertrag über die Durchführung der Veranstaltung. Die im schriftlichen Vertrag genannte Vergütung entsprach dabei nicht der tatsächlich vereinbarten Vergütung; diese habe vielmehr etwa das Doppelte betragen sollen, wobei die Differenz „schwarz“ zu zahlen gewesen sei. Dem H gelang es nicht, den Veranstaltungssaal rechtzeitig fertigzustellen. Dadurch musste die ursprünglich größer geplante Hochzeitsfeier an dem vorgesehenen Termin an einem anderen Ort stattfinden. Der andere Saal war allerdings nur zur Bewirtung von weniger Gästen geeignet. Deshalb mussten 220 Personen wieder ausgeladen werden. Der A begehrt nun vom H Schadensersatz. Er macht geltend, dass ihm dadurch Geschenke im Wert von insgesamt 8.250 Euro entgangen sind. Dieser Betrag errechne sich aus dem durchschnittlichen Wert eines Hochzeitsgeschenkes abzüglich der Bewirtungskosten je Gast (37,50 € pro Gast (brutto)). § 370 AO Steuerhinterziehung (1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer 1. den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht, 2. die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder 3. pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt § 1 UStG Steuerbare Umsätze (1) Der Umsatzsteuer unterliegen die folgenden Umsätze: 1. die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt § 13 UStG Entstehung der Steuer (1) Die Steuer entsteht 1. für Lieferungen und sonstige Leistungen 15 14. BGH, Urteil vom 01.08.2013 (NJW 2013, 3167 f., JA 2014, 65 f.) Werkvertrag „ohne Rechnung“: Ausschluss von Mängelansprüchen des Bestellers bei Vertragsnichtigkeit wegen Verstoßes gegen das Schwarzarbeiterverbot Leitsatz 1. § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG enthält das Verbot zum Abschluss eines Werkvertrages, wenn dieser Regelungen enthält, die dazu dienen, dass eine Vertragspartei als Steuerpflichtige ihre sich aufgrund der nach dem Vertrag geschuldeten Werkleistungen ergebenden steuerlichen Pflichten nicht erfüllt. 2. Das Verbot führt jedenfalls dann zur Nichtigkeit des Vertrages gemäß § 134 BGB, wenn der Unternehmer vorsätzlich hiergegen verstößt und der Besteller den Verstoß des Unternehmers kennt und bewusst zum eigenen Vorteil ausnutzt. 3. Mängelansprüche des Bestellers bestehen in diesem Fall grundsätzlich nicht. Sachverhalt Die K ist Eigentümerin eines Grundstücks in N. Der B (Holzfahrer und selbständiger Lohnunternehmer) wohnt im selben Ort. K und B vereinbarten im Mai 2008, dass der B die Auffahrt auf dem Grundstück der K neu pflastern sollte. Die Auffahrt sollte der Belastung durch das Befahren mit einem 40 t-Lkw standhalten. Die K sollte das Material und die Geräte bis auf einen Radlader des B stellen. Es wurde ein Werklohn von 1.800 € vereinbart, der in bar ohne Rechnung und ohne Abführung von Umsatzsteuer gezahlt werden sollte. Der Betrag ist auch gezahlt worden. Der B führte die Arbeiten gemeinsam mit seinem Nachbarn, Herrn Z., im Mai und Juni 2008 aus. Kurz darauf traten Unebenheiten auf. Außerdem war die Anbindung an die Straße falsch. Nach den Feststellungen des Sachverständigen war die Auffahrt mangelhaft. Sie weise keine ausreichende Festigkeit für die Befahrung mit einem 40 t-Lkw auf, so dass sich Lunken gebildet hätten. Außerdem weise sie kein ausreichendes Gefälle auf. Die K forderte den B zur Nachbesserung auf. Daraufhin bearbeitete der Beklagte die Fläche mit einem Rüttler, ohne aber die Unebenheiten beseitigen zu können. Mit Schreiben vom 7. September 2008 forderte die K den B zur Beseitigung der Unebenheiten bis zum 30. September 2008 auf. Im Anschluss daran leitete sie ein selbständiges Beweisverfahren vor dem Landgericht Kiel ein. Der dort eingesetzte Sachverständige kam zu dem Ergebnis, dass Ursache für die Unebenheiten eine von dem Beklagten zu dick ausgeführte Sandschicht unterhalb der Pflastersteine war. Zur Beseitigung der Unebenheiten seien voraussichtlich Kosten in Höhe von 6.069,00 € brutto notwendig. Die K verlangt von dem B Schadensersatz wegen der Beseitigung von Mängeln an Pflasterarbeiten. Der B behauptet, er habe nur aus Gefälligkeit bei der Pflasterung der Auffahrt geholfen. Hat die K einen Anspruch? 16 Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz (SchwarzArbG) § 1 Zweck des Gesetzes (1) Zweck des Gesetzes ist die Intensivierung der Bekämpfung der Schwarzarbeit. (2) Schwarzarbeit leistet, wer Dienst- oder Werkleistungen erbringt oder ausführen lässt und dabei 1. als Arbeitgeber, Unternehmer oder versicherungspflichtiger Selbstständiger seine sich auf Grund der Dienst- oder Werkleistungen ergebenden sozialversicherungsrechtlichen Melde-, Beitrags- oder Aufzeichnungspflichten nicht erfüllt, 2. als Steuerpflichtiger seine sich auf Grund der Dienst- oder Werkleistungen ergebenden steuerlichen Pflichten nicht erfüllt, Umsatzsteuergesetz (UStG) § 1 Steuerbare Umsätze (1) Der Umsatzsteuer unterliegen die folgenden Umsätze: 1. die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt § 13 Entstehung der Steuer (1) Die Steuer entsteht 1. für Lieferungen und sonstige Leistungen § 14 Ausstellung von Rechnungen (2) Führt der Unternehmer eine Lieferung oder sonstige Leistung nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 aus, gilt Folgendes: 1. führt der Unternehmer eine steuerpflichtige Werklieferung (§ 3 Abs. 4 Satz 1) oder sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück aus, ist er verpflichtet, innerhalb von sechs Monaten nach Ausführung der Leistung eine Rechnung auszustellen; 17 15. BGH, Urteil vom 10.04.2014 (NJW 2014, 1805 f.) Schwarzgeldabrede für Bauhandwerkerleistungen: Bereicherungsrechtlicher Wertersatzanspruch des Schwarzarbeiters Leitsatz Ist ein Werkvertrag wegen Verstoßes gegen § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG nichtig, steht dem Unternehmer für erbrachte Bauleistungen ein bereicherungsrechtlicher Anspruch auf Wertersatz gegen den Besteller nicht zu. Sachverhalt 2010 ließ der B und der C vier Reihenhäuser auf ihrem im Miteigentum stehenden Grundstück errichten. Mit der Ausführung der Elektroinstallationsarbeiten sollte der U beauftragt werden. Der U erteilte dem B am 28. Oktober 2010 eine Auftragsbestätigung, die von dem B am 1.11.2010 unterzeichnet wurde. Darin waren die auszuführenden Arbeiten beschrieben und ein Pauschalpreis von 18.800 € ausgewiesen mit dem Vermerk: „5.000 € Abrechnung gemäß Absprache“. Nachfolgend unterzeichneten der B und der U einen Pauschalvertrag über eine Summe von 13.800 €, zahlbar in verschiedenen Abschlagszahlungen nach Baufortschritt. Daneben haben B und U vereinbart, dass weitere 5.000 € in bar gezahlt werden sollten und für diesen Betrag eine Rechnung nicht erstellt werden sollte. Der B zahlte an den U zunächst 3.800 €. Nach Abschluss der Arbeiten stellte der U eine Schlussrechnung über restliche 10.000 € aus der Pauschalsumme von 13.800 €. Darüber hinaus fordert er die übrigen vereinbarten 5.000 €. Hat der U einen Anspruch auf die noch ausstehende Bezahlung erbrachter Werkleistungen? 18 16. BGH, Urteil vom 10.02.2012 (NJW 2012, 1570 f.) Nachträgliche Heilung eines wucherähnlichen Grundstückskaufvertrages? Leitsatz 1. Vereinbarungen, mit denen die Parteien die im Ursprungsvertrag vereinbarten Hauptleistungen (über den Kaufgegenstand oder den Preis) nachträglich ändern, sind bei der Prüfung, ob das Rechtsgeschäft wegen eines auffälligen Missverhältnisses von Leistung und Gegenleistung nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig ist, grundsätzlich zu berücksichtigen. 2. Um einem nach § 138 Abs. 1 BGB nichtigen Vertrag Rechtswirksamkeit zu verschaffen, müssen sich die Parteien nicht nur über die zur Beseitigung des Nichtigkeitsgrunds erforderlichen Änderungen oder Ergänzungen verständigen, sondern auch das Geschäft nach § 141 Abs. 1 BGB bestätigen oder insgesamt neu abschließen. Sachverhalt V und K schlossen notariellen Vertrag über den Verkauf einer Eigentumswohnung zu einem Kaufpreis i.H.v. 54.000 Euro. Zu diesem Zeitpunkt betrug der objektive Wert der Immobilie aber nur 25.000 Euro. Nach dem Notartermin einigten sich V und K mündlich, den Kaufpreis auf 43.000 Euro herabzusetzen. Der K zahlte dem V 43.000 Euro und wurde als Eigentümer ins Grundbuch eingetragen. Über das Vermögen des K wurde später das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Insolvenzverwalter fordert von V Rückzahlung des von K geleisteten Kaufpreises Zug-umZug gegen Rückübereignung der Immobilie. Zu Recht? 19 17. BGH, Urteil vom 24.01.2014 (MDR 2014, 456) Sittenwidrigkeit eines Grundstückskaufvertrages Leitsatz Ein besonders grobes Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung, das ohne das Hinzutreten weiterer Umstände den Schluss auf eine verwerfliche Gesinnung des Begünstigten erlaubt, liegt bei Grundstückskaufverträgen grundsätzlich erst ab einer Verkehrswertüber- oder -unterschreitung von 90% vor. Sachverhalt Der K gab am 20. Oktober 2006 gegenüber dem B ein notariell beurkundetes Angebot zum Kauf einer Eigentumswohnung nebst Tiefgaragenstellplatz (tatsächlicher Verkehrswert 65.000 €) für 118.000 € ab. Der B, der die Wohnung zwei Monate zuvor für 53.000 € erworben hatte, nahm das Angebot mit notarieller Urkunde vom 14. November 2006 an. Unter Berufung auf eine sittenwidrige Überhöhung des Kaufpreises nimmt der K den B auf Rückabwicklung des Vertrages und auf Schadenersatz in Anspruch. 18. BGH, Urteil vom 19.02.2013 (NJW 2013, 1534 ff.) Bürgschaft des nichtehelichen Lebensgefährten für einen Bankkredit zum Erwerb eines Hausgrundstücks: Nichtigkeit wegen krasser finanzieller Überforderung bei Vereinbarung einer Höchstbetragsbürgschaft Leitsatz Bei Höchstbetragsbürgschaften, bei denen sich die Haftung für Nebenforderungen lediglich nach der Bürgschaftssumme und nicht nach der höheren Hauptschuld richtet, ist Maßstab der krassen finanziellen Überforderung des dem Hauptschuldner persönlich besonders nahe stehenden Bürgen die vertragliche Zinslast aus der Bürgschaftssumme und nicht aus der höheren Hauptschuld (Fortführung BGH, Urteile vom 14. Mai 2002, XI ZR 50/01, BGHZ 151, 34, 38, vom 28. Mai 2002, XI ZR 199/01, WM 2002, 1647, 1648, vom 3. Dezember 2002, XI ZR 311/01, BKR 2003, 157, 158, vom 25. Januar 2005, XI ZR 28/04, WM 2005, 421, 422 f. und vom 24. November 2009, XI ZR 332/08, WM 2010, 32 Rn. 13). Sachverhalt Die K (eine Sparkasse) nimmt den B aus einer Höchstbetragsbürgschaft in Anspruch. Die K gewährte der L (damaligen Lebensgefährtin des B) für die Finanzierung des Erwerbs eines (Haus-)Grundstücks zwei Darlehen über 360.000 DM zu einem Zinssatz von 5% p.a. Neben weiteren von der Darlehensnehmerin (L) gestellten Sicherheiten übernahm der B, der niemandem unterhaltspflichtig war und zu diesem Zeitpunkt über ein Arbeitseinkommen von netto 2.500 DM verfügte, eine Höchstbetragsbürgschaft über 93.000 DM. Das pfändbare Einkommen des Beklagten betrug 903,70 DM. Die monatliche Zinslast aus dem gesamten Darlehensbetrag betrug 1584 DM. Aus einem anteiligen Betrag des Darlehens in Höhe des Höchstbetrages der Bürgschaft betrug der vertraglich vereinbarte Zins 387,50 DM. Verzugszinsen aus dem Höchstbetrag der Bürgschaft hätten „höchstens” 581,25 DM monatlich betragen. Nach Kündigung der Darlehen nimmt die K den B als Bürgen in Anspruch. Zu Recht? 20 19. BGH, Urteil vom 10.10.2013 (NJW 2014, 141 ff.) Abtretung einer zahnärztlichen Honorarforderung: Trennbarkeit einer formularmäßigen Einverständniserklärung über die Abtretung an eine gewerbliche Abrechnungsgesellschaft und der weiteren Abtretung an ein Kreditinstitut - Teilbare Klauseln Leitsatz Die von einem Zahnarzt formularmäßig verwendete Einverständniserklärung, die vorsieht, dass der Patient der Abtretung der zahnärztlichen Honorarforderung an eine gewerbliche Abrechnungsgesellschaft und gegebenenfalls der weiteren Abtretung an ein Kreditinstitut zum Zwecke der Refinanzierung zustimmt, enthält inhaltlich voneinander trennbare, einzeln aus sich heraus verständliche Regelungen, die Gegenstand einer gesonderten Wirksamkeitsprüfung sein können. Sachverhalt Die K übernimmt geschäftsmäßig die Erstellung und den Einzug zahnärztlicher Honorarrechnungen. Sie verlangt von der B aus abgetretenem Recht das Honorar für eine zahnärztliche Behandlung, die der Zahnarzt Z (Zedent) durchgeführt hat. Die B befand sich in zahnärztlicher Behandlung in der Praxis des Z. Dabei wurden unter anderem mehrere Implantate eingesetzt und ein Langzeitprovisorium eingegliedert. Zu Behandlungsbeginn unterzeichnete die B eine von dem Z formularmäßig verwendete "Einverständniserklärung" mit folgendem Inhalt: "Einwilligung zur Abtretung • Ich erkläre mich damit einverstanden, dass der umseitig genannte Zahnarzt zum Zweck der Erstellung der Rechnung sowie zur Einziehung und der ggf. gerichtlichen Durchsetzung der Forderung alle hierzu notwendigen Unterlagen, insbesondere meinen Namen, Anschrift, Geburtsdatum, Leistungsziffern, Rechnungsbetrag, Behandlungsdokumentation, Laborrechnungen, Formulare etc. an die K weitergibt. • Insoweit entbinde ich den Zahnarzt ausdrücklich von seiner ärztlichen Schweigepflicht und stimme ausdrücklich zu, dass der Zahnarzt die sich aus der Behandlung ergebende Forderung an die K und diese ggf. an das refinanzierende Institut der D-Bank (D) abtritt. • Ich bin mir bewusst, dass nach der Abtretung der Honorarforderung mir gegenüber die K als Forderungsinhaberin auftritt und deshalb Einwände gegen die Forderung - auch soweit sie sich aus der Behandlung und der Krankengeschichte ergeben - im Streitfall gegenüber der K zu erheben und geltend zu machen sind und der mich behandelnde Zahnarzt als Zeuge vernommen werden kann. Einwilligung nach Datenschutzgesetz Ich bin gleichfalls damit einverstanden, dass meine persönlichen Daten und meine Behandlungsdaten von dem Zahnarzt und der K - ggf. elektronisch - erhoben, gespeichert, verarbeitet, genutzt und übermittelt werden zum Zweck der Erstellung der Honorarrechnung sowie der Einziehung und ggf. gerichtlichen Durchsetzung der Forderung." Für eine am 17. März 2004 durchgeführte Behandlung stellte der Z einen Betrag von 10.000 € in Rechnung. Die B zahlte nicht. Der Z trat daraufhin die Forderung an die K ab. Hat die K einen Anspruch auf Zahlung von 10.000 €? 21 VIII. Stellvertretungsrecht 20. OLG Koblenz, Urteil vom 4.11.2010 (NJW-RR 2011, 555 f.) Handeln „unter fremden Namen“ / Fehlender gutgläubiger Erwerb eines im Internet angebotenen unterschlagenen Wohnmobils Merksatz 1. § 932 BGB meint Situationen, in der ein Nichtberechtigter vortäuscht, Eigentümer zu sein und aus dieser Stellung heraus verfügt (Eigengeschäft des Nichtberechtigten). 2. Handelt der Nichtberechtigte „unter dem Namen“ des in der Zulassungsbescheinigung aufgeführten Eigentümers, kommen die Stellvertretungsregeln (§§ 164 ff.) analog zur Anwendung. Mangels Vertretungsmacht (Genehmigung des stellvertetenen Eigentümers) ist bereits die Übereignungseinigung unwirksam. Ein Eigentumserwerb scheitert schon daran. 3. (Überdies) Wird ein unterschlagenes Wohnmobil im Internet unter Angabe einer Handynummer zum Verkauf angeboten, reicht die Aushändigung eines scheinbar echten Fahrzeugbriefs nicht aus, um Gutgläubigkeit des Erwerbers zu begründen, wenn daneben zahlreiche Indizien darauf deuten, dass der Verkäufer nicht der Eigentümer ist (hier: fehlende Papiere und Schlüssel; Barzahlung eines hohen Betrags auf einem Parkplatz; eklatante Rechtschreibschwäche eines angeblichen Polizisten). Sachverhalt Der Kläger vermietete im Rahmen seines Gewerbes am 24.03.2009 ein ihm gehörendes Wohnmobil an eine Frau. Wenig später wurde das Fahrzeug im Internet unter Angabe einer Handy-Nummer für 24.500 € zum Verkauf angeboten. Die Beklagte nahm mit dem Anbieter telefonischen Kontakt auf und besichtigte den Wagen am folgenden Abend gemeinsam mit ihrem Ehemann auf einem Moselparkplatz, auf dem weitere Wohnmobile standen. Bei einem zweiten Treffen, das am 03.04.2009 gegen 19.00 Uhr auf einem anderen, nahe gelegenen Parkplatz stattfand, schloss die Beklagte einen schriftlichen Kaufvertrag mit dem Anbieter. Dieser trat dabei, wie bereits zuvor unter dem Namen des Klägers auf. Er hatte mitgeteilt, Polizeibeamter zu sein. Der Kaufpreis wurde mit 24.000 € vereinbart. Im Vertragsformular, das der Anbieter handschriftlich aufsetzte waren einige Rechtschreibfehler enthalten (z.B. „FAhRADTREGER“ statt Fahrradträger; „GESenDED“ statt gesendet). Die Beklagte entrichtete den Kaufpreis in bar. Sie erhielt einen Satz von Schlüsseln, mit denen sich die Zündung betätigen sowie die Toilette und das Fahrrad-Depot öffnen ließen. Der für den Safe bestimmte Schlüssel passte nicht. Außerdem händigte der Verkäufer eine Zulassungsbescheinigung II (Kfz-Brief) aus, unter deren Vorlage die Beklagte das Fahrzeug dann auf sich ummeldete. Später stellte sich heraus, dass diese Bescheinigung gefälscht war. Der Kläger hat die Beklagte unter Hinweis auf seine Eigentümerstellung auf Herausgabe des Wohnmobils in Anspruch genommen. Die Beklagte hat gutgläubigen Erwerb eingewandt. Besteht ein Herausgabeanspruch? 22 21. BGH, Urteil vom 01.03.2013 (MDR 2013, 707) Kauf eines unterschlagenen Gebrauchtwagens: Eigentumserwerb bei Auftreten des Veräußerers unter dem Namen des Eigentümers Merksatz 1. Tritt der Veräußerer eines unterschlagenen Kraftfahrzeuges „unter dem Namen“ des Eigentümers auf, wird Vertragspartner des Erwerbers grundsätzlich die unter fremden Namen handelnde Person und nicht der Eigentümer, sofern der Kauf sofort abgewickelt wird (a.A. OLG Koblenz – Fall 20!) 2. § 932 BGB ist ohne weiteres anwendbar. 3. Der Kläger hat das KfZ hier gutgläubig erworben. Sachverhalt Der E vermietete ein in seinem Eigentum stehendes Wohnmobil an einen Dritten, von dem er es nach Ablauf der Mietzeit nicht zurückerhielt. Der K, der Gebrauchtwagenhändler ist, stieß auf ein Zeitungsinserat, in dem das Wohnmobil zum Verkauf angeboten wurde. Nach einer Kontaktaufnahme mit dem Verkäufer unter der angegebenen Handy-Nummer wies er einen Mitarbeiter an, zum Verkäufer zu fahren, um den Kauf abzuwickeln. Der Mitarbeiter nahm, nachdem er dort nicht wie vereinbart am Bahnhof abgeholt worden war, telefonisch Kontakt zu dem Verkäufer auf. Dieser gab an, verhindert zu sein. Der Mitarbeiter solle sich aber zu einem Parkplatz begeben, auf dem sich das Wohnmobil befinde. Auf dem Parkplatz traf der Mitarbeiter des K zwei von dem Verkäufer beauftragte Personen an. Nach Telefonaten, die der Mitarbeiter mit dem Verkäufer und dem K führte, einigte man sich auf einen Kaufpreis von 9.000 €. Der Mitarbeiter des K formulierte handschriftlich einen Kaufvertrag, den er für den K unterschrieb. Als Verkäufer wurde der Name des E eingetragen. Für den Verkäufer unterschrieb einer der beiden von ihm beauftragten Personen mit dem Nachnamen des E. Der Mitarbeiter des K übergab seinen Verhandlungspartnern den Kaufpreis in bar. Ihm selbst wurden das Wohnmobil sowie die auf den E ausgestellten Papiere des Fahrzeugs (Kraftfahrzeugschein und Kraftfahrzeugbrief) ausgehändigt. Der Kraftfahrzeugbrief war, wie sich später herausstellte (für den Mitarbeiter des K nicht offensichtlich), gefälscht. Das Wohnmobil überbrachte der Mitarbeiter dem K, bei welchem es von der Polizei sichergestellt wurde. Diese gab das Wohnmobil an den E heraus. Der K verlangt vom E Herausgabe des Wohnmobils. 23 22. OLG Brandenburg, Urteil vom 21.06.2012 (MDR 2013, 105) Eigentumsverschaffungsanspruch aus Grundstückskaufvertrag: Rechtsscheinhaftung einer veräußernden Gesellschaft bei fehlender Vertretungsmacht des selbsternannten, im Handelsregister eingetragenen Geschäftsführers Orientierungssatz 1. Wird ein Grundstückskaufvertrag auf der Verkäuferseite durch einen fälschlicherweise im Handelsregister eingetragenen selbst ernannten Geschäftsführer (hier: einer LPG mbH) geschlossen, so kann der Käufer daraus keinen Eigentumsverschaffungsanspruch herleiten, da der Verkäufer beim Abschluss des Kaufvertrages nicht wirksam vertreten wurde. 2. Der Käufer kann sich auch nicht auf die Vermutung des § 15 Abs. 3 HGB (Eintragung im Handelsregister) berufen, wenn der Verkäufer die Bekanntmachung und die Eintragung, dass ein Geschäftsführer bestellt worden sei, nicht zurechenbar veranlasst hat. 3. Der durch § 15 Abs. 3 HGB gewährte Vertrauensschutz ist in der Weise eingeschränkt, dass die Vorschrift nur zu Lasten desjenigen wirkt, der den Eintragungsantrag selbst gestellt hat oder sich einen solchen Antrag zurechnen lassen muss. Nur dann ist eine Tatsache „in dessen Angelegenheiten“ einzutragen. Sachverhalt Der K, der Die K-GmbH ist im Immobilienhandel tätig. Sie besteht aus zwei Gesellschaftern (S und G). Der S ist alleiniger Geschäftsführer der K-GmbH. Der S erlitt eine Herzattacke. Um die Handlungsfähigkeit der K-GmbH in laufenden rechtlichen Angelegenheiten zu gewährleisten, überließ der S der Rechtsanwältin R vorsorglich einige Blankounterschriften. Diese Blankounterschriften nutzte der G, um gemeinsam mit dem N das Protokoll einer Gesellschafterversammlung zu fälschen, aus dem hervorgeht, dass der N zum Geschäftsführer der K-GmbH bestellt wurde. Dieses Protokoll ist sodann notariell beglaubigt worden. Der N hat seine Bestellung im Anschluss ins Handelsregister eintragen lassen. Die Eintragung wurde öffentlich bekannt gemacht. Danach schloss der N im Namen der K-GmbH mit dem B einen Kaufvertrag über ein Grundstück. Der Vertrag wurde notariell beurkundet. Der S hatte weder eine Kenntnis von der Bestellung des N zum Geschäftsführer noch von dem Grundstückskaufvertrag. Ob der B von den Vorgängen um die Gesellschafterbestellung wusste, ist unklar. Der B verlangt nunmehr die Übereignung dieses Grundstücks. Zu Recht? 24