Januar 2011 - Landsmannschaft der Deutschen aus Russland e.V
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Januar 2011 - Landsmannschaft der Deutschen aus Russland e.V
E6891 E ISSN 0042-8337 VOLK AUF DEM WEG Nr. 1 Januar 2011 62. Jahrgang Landsmannschaft der Deutschen aus Russland e.V. Allen unseren Lesern ein frohes und besinnliches Weihnachtsfest und viel Erfolg im neuen Jahr! DIE LANDSMANNSCHAFT Adolf Fetsch: Eine Menge erreicht und noch viel zu tun! B eim Tages-Workshop, der am 5. Dezember 2010 die Mitglieder des Bundesvorstandes der Landsmannschaft und die Vertreter der Bundesländer unter dem Motto "Optimierung der Verbandsarbeit und Stärkung der Selbstorganisation" in Würzburg zusammenführte (siehe unseren Bericht auf den Seiten 7 und 8), fasste der Bundesvorsitzende Adolf Fetsch in seiner Eingangsrede die gegenwärtigen und künftigen Schwerpunkte landsmannschaftlicher Arbeit zusammen. Wir zitieren in größeren Auszügen: Wie Sie wissen, haben wir in diesem Jahr den 60. Jahrestag der Gründung der Landsmannschaft gefeiert. In all den Jahren war die politische Arbeit unseres Vereins geprägt von Sachlichkeit und der Bereitschaft zur Kooperation mit allen demokratischen Kräften des Landes. Wir halten nichts von der einseitigen Bindung an eine Partei und noch viel weniger von lauten Sprüchen und Aktionismus. Mit unserer soliden und beharrlichen Politik der kleinen Schritte haben wir in der Vergangenheit weit mehr erreicht, als sich die Gründerväter der Landsmannschaft erträumt hatten. Als Beispiel nenne ich unseren Beitrag zum gesamtgesellschaftlichen Werk, 2,8 Millionen Deutschen aus der ehemaligen Sowjetunion ihre ersehnte Heimat in Deutschland zu geben. Als weiteres Beispiel nenne ich die Leistungen unserer ehrenamtlichen und hauptamtlichen Sozialberater und –betreuer, die über die Jahre hinweg ihren Landsleute millionenfach bei ihren Bemühungen um Integration zur Seite gestanden haben. Trotz erschwerter Rahmenbedingungen ist die Landsmannschaft bis zum heutigen Tage die bei weitem wichtigste Vertretung der Deutschen aus Russland in der Bundesrepublik geblieben. Der Beauftragte der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, Dr. Christoph Bergner, bezeichnet die Landsmannschaft nicht von ungefähr als ersten Ansprechpartner der Bundesregierung in allen Angelegenheiten, die mit der Ausreise und Eingliederung von Deutschen aus Russland zu tun haben. Es ist daher gewiss kein Zufall, dass die von der Landsmannschaft eingebrachten Themen, Probleme und Lösungsvorschläge sowohl bei den Sitzungen des von Dr. Bergner geleiteten Beirates für Spätaussiedlerfragen beim Bundesministerium Pisa-Studie: Überdurchschnittliche Werte für russlanddeutsche Schüler A n der aktuellen PISA-Studie nahmen im Jahr 2009 rund eine halbe Million Fünfzehnjährige in 65 Ländern teil, aus Deutschland knapp 5.000 Schüler. Adolf Fetsch beim Workshop in Würzburg. des Innern als auch bei den Sitzungen des Bundes der Vertriebenen inzwischen oberste Priorität haben. Im Beirat für Spätaussiedlerfragen ist die Landsmannschaft im Übrigen nicht nur durch mich vertreten, sondern auch durch die Bundesvorsitzende unseres Jugendverbandes, des Jugend- und Studentenrings der Deutschen aus Russland, Elena Bechtold. Ähnliches gilt für die DeutschRussische Regierungskommission, an deren Sitzungen sich in den letzten Jahren meine Bundesvorstandskollegin Lilli Bischoff und Elena Bechtold beteiligt haben. Als weitere Erfolge darf ich unsere Beteiligung am Stiftungsrat der „Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ erwähnen. Ich selbst wurde am 8. Juli 2010 durch den Bundestag als Stiftungsratmitglied gewählt, und mein Bundesvorstandskollege Dr. Alfred Eisfeld wurde vor knapp zwei Wochen in den Wissenschaftlichen Beirat der Stiftung berufen. Für sehr erfreulich halte ich auch die Berufung eines weiteren Bundesvorstandsmitgliedes, meines jungen Kollegen Waldemar Weiz, in den neu gebildeten Arbeitskreis „Integration und Migration“ der SPD auf Bundesebene. Ergänzend darf ich Sie an unser Gespräch mit Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel im Vorfeld der Bundestagswahl des vergangenen Jahres erinnern. Es war das vielleicht wichtigste Gespräch, das von Titelbild: Krippe auf dem weltberühmten Nürnberger Christkindlesmarkt. „Neben der allgemeinen Verbesserung deutscher Schüler in den Bereichen Lesen und Textverständnis, Mathematik und Naturwissenschaften ist die Entwicklung der Kinder aus russlanddeutschen Spätaussiedlerfamilien besonders erfreulich“, so Dr. Christoph Bergner, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium des Innern und Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten. Insbesondere die zweite Generation der 15-jährigen Kinder von Spätaussiedlern weist überdurchschnittliche Werte bei der Lesekompetenz vor. Beim Durchschnitt von 515 Punkten erzielte diese Gruppe 12 Punkte mehr als die Vergleichsgruppe ohne familiären Migrationshintergrund. Verglichen mit den Pisa-Ergebnissen des Jahres 2000, lässt sich hier ebenfalls ein enormer Sprung nach oben feststellen. In der zweiten Generation unterscheiden sich Schülerinnen und Schüler, deren Eltern aus dem Gebiet der ehemaligen UdSSR zugewandert sind, nicht mehr signifikant von Gleichaltrigen aus Nicht-Zuwandererfamilien. Diese guten Ergebnisse sind Folge des häuslichen Gebrauchs der deutschen Sprache. Hier sind die Unterschiede zu türkischstämmigen Elternhäusern signifikant. Dort wird laut Pisa-Studie in der zweiten Generation nur bei 36,3 Prozent der Familien zu Hause deutsch gesprochen, bei den Russlanddeutschen dagegen in 76,1 Prozent der Familien. Auch wenn die Werte über Pisastudienteilnehmer russlanddeutscher Herkunft aufgrund ihrer Erhebungsmethode über die OECD nur indirekt erfasst werden, zeigen sie deutlich eine positive Tendenz. Damit haben russlanddeutsche Kinder beste Chancen auf vollständige Integration in unsere Gesellschaft. Pressemitteilung DIE LANDSMANNSCHAFT Die Landsmannschaft im Internet: Homepage: www.deutscheausrussland.de E-Mail: [email protected] Aus dem Inhalt Adolf Fetsch: Eine Menge erreicht – und noch viel zu tun! 2-3 Überdurchschnittliche Werte für russlanddeutsche Schüler 3 Die Landsmannschaft wird gebraucht! 4-5 Wir wissen um unsere Verpflichtung 6 Tages-Workshop in Würzburg 7-8 Multiplikatorenschulung in Köln 8-9 Multiplikatorenschulung in Nienburg 9 Entwurf eines Neunten Gesetzes zur Änderung des Bundesvertriebenengesetzes 10-11 Neufassung der landsmannschaftlichen Satzung 11 Landeskulturtagung in Bayern 12-13 Lebendige Integration in Karlsruhe 13-14 Schicksalsschläge mit Geduld und Demut meistern 15 Die deutschen Autoren aus Russland sind das Sprachrohr der Russlanddeutschen 16-17 Einsichten und Erkenntnisse einer russlanddeutschen Familie 18 Herbstfestival in München 19 Russlanddeutsche Schriftsteller. Von den Anfängen bis zur Gegenwart 20 Dr. Kotzians Thesen 20 Beilage Heimat im Glauben 21-22, 27-28 JSDR-Beilage 23-26 Bücherangebot 29 Besuch bei den evangelischen Gemeinden in Moldawien 30-31 Landsmannschaft regional 32-38 Integration durch Zusammenhalt und Öffnung 38 Weihnachten und Neujahr 39-41 Glückwünsche 42-43 Ein Postpaket aus Deutschland 43 Zum Gedenken 44-45 Nachrufe - Eugen Warkentin und Alexander Schwindt 46 Plattdeutscher Nachmittag 47 Unsere Heimat ist die Sprache 47 Mehr Engagement in der Kommunalpolitik! 48 Redaktionsschluss der Februar-Ausgabe 2011: 15. Januar 2011 Vertretern der Landsmannschaft im Verlauf ihrer Geschichte geführt wurde, und es zeigte, dass die Angelegenheiten der Deutschen aus Russland inzwischen auch auf höchster Ebene Gehör finden. Erinnern darf ich Sie auch daran, dass wir mit Bundesinnenminister Dr. Wolfgang Schäuble einen ausgesprochen prominenten Festredner für das Bundestreffen 2009 in Rheinberg gewinnen konnten und die Ministerpräsidenten der Länder BadenWürttemberg, Nordrhein-Westfalen, Bayern, Niedersachsen und Sachsen-Anhalt sich aktiv an weiteren Veranstaltungen der Landsmannschaft beteiligten. Wie sehr die Inhalte landsmannschaftlicher Arbeit wahrgenommen und übernommen werden, zeigte sich beispielsweise an einer Rede, die Dr. Bergner vor zwei Tagen im Rahmen einer Podiumsdiskussion in Augsburg gehalten hat. Er erwähnte unter anderem die folgenden Punkte, die sich weitgehend mit unserer Stellungnahmen zur Sitzung des Aussiedlerbeirates am 8. November 2010 decken: • Für Härtefälle beim Familiennachzug im Spätaussiedleraufnahmeverfahren sind verbesserte Regelungen für das kommende Jahr vorgesehen. • Neuregelungen wird es auch bei der Anerkennung von Bildungs- und Berufsabschlüssen von Aussiedlern und Spätaussiedlern geben. • Als sehr bedenklich bezeichnete Dr. Bergner ebenso wie die Landsmannschaft die Entwicklungen im Fremdrentenbereich, die für viele Spätaussiedler gleichbedeutend sind mit Altersarmut. Auch hier sind Nachbesserungen auf politischem Wege zu erwarten. • Ganz erstaunlich waren die Ausführungen des Aussiedlerbeauftragten zur fehlenden Repräsentanz der Deutschen aus Russland im Bundestag. Hier bestehe dringender Nachholbedarf – und Dr. Bergner appellierte geradezu an die Deutschen aus Russland und ihre Landsmannschaft, sich mit aller Kraft für die Behebung dieses Missstandes einzusetzen. Wie Sie meinen knappen Worten entnehmen konnten, hat die Landsmannschaft gerade auf politischem Gebiet in den letzten Jahren eine Menge erreicht. Es bleibt jedoch, wie ich ebenfalls angedeutet habe, noch viel zu tun. Vor uns steht ein riesiger Berg von Aufgaben, den wir nur gemeinsam bewältigen können. Unser Verantwortungsgefühl sollte es uns daher verbieten, uns in vereinsinternen Streitigkeiten zu verzetteln. Betrachten wir also den heutigen Workshop als Startsignal für ein gemeinsames Wirken in der Zukunft – ein Wirken, in dem kein Platz ist für Eifersüchteleien und Selbstdarstellungen. Liebe Landsleute, für das bevorstehende Weihnachtsfest und das neue Jahr 2011 übermittle ich Ihnen im Namen meiner Bundesvorstandskollegen und aller ehrenamtlichen und hauptamtlichen Mitarbeiter der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland meine besten Wünsche und hoffe, dass Sie gemeinsam mit Ihren Nächsten erfüllte und geruhsame Tage verbringen können. Ich danke Ihnen für Ihre Treue zu unserem Verein und darf Ihnen versprechen, dass wir uns auch künftig mit all unserer Kraft für die Deutschen aus Russland einsetzen werden. Sie sind herzlich eingeladen mitzumachen! Ihr Adolf Fetsch, Bundesvorsitzender Jeder, der sich innerhalb der Landsmannschaft für seine Landsleute einsetzt, hat unseren Dank verdient. Er sollte sich aber auch darüber im Klaren sein, dass er nur dann wirklich etwas erreicht, wenn sein Handeln vom Willen zur Zusammenarbeit und Kommunikation geleitet wird. Die Aufgaben, die in den nächsten Jahren vor uns liegen, zwingen uns zur Zusammenarbeit, wollen wir nicht den Bestand unseres Vereins gefährden. Die wichtigsten dieser Aufgaben seien genannt: • Sinkende Mitgliederzahlen und damit geringer werdende Eigenmittel aus Mitgliedsbeiträgen und Spenden werden uns vor wachsende Probleme bei der Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes stellen – sollte es uns nicht gelingen, erfolgreiche Maßnahmen der Mitgliederwerbung zu finden. • Die außerordentliche Bundesdelegiertenversammlung im April 2011, die sich ausschließlich mit der vorgeschlagenen Neufassung der landsmannschaftlichen Satzung beschäftigen wird, ist ein finanzieller Posten, der erst einmal geschultert werden muss. • Es wird zu klären sein, ob wir in der Lage sind, im kommenden Jahr ein Bundestreffen durchzuführen, das wir für unsere Außendarstellung dringend benötigen. • Vor allem aber werden wir alles tun müssen, um in angemessener Weise den 70. Jahrestag der Veröffentlichung des Vertreibungserlasses des Präsidiums des Obersten Sowjets der Sowjetunion vom 28. August 1941 zu begehen – mit einer Veranstaltung im größeren Rahmen, aber auch mit der Herausgabe einer Gedenkschrift. • In den Jahren danach werden dann die Feierlichkeiten anlässlich des 250-jährigen Jubiläums der Auswanderung von Deutschen an die Wolga anstehen. 3 VOLK AUF DEM WEG Nr. 1 / 2011 POLITIK Die Landsmannschaft wird gebraucht! Rede des Beauftragten für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten Dr. Christoph Bergner, bei der Jubiläumsfeier der Landsmannschaft in Hamburg N achdem ich an der zentralen Verherrschte allgemeine Verunsicherung, von anstaltung zum 60-jährigen Beder die Russlanddeutschen besonders bestehen der Landsmannschaft der troffen waren. Millionen ehemaliger SowDeutschen aus Russland in Stuttgart nicht jetbürger waren in Bewegung und viele teilnehmen konnte freue ich mich, dass Hunderttausende Russlanddeutsche suchich vor kurzem in Hannover und heute in ten den Weg in die historische Heimat. Hamburg Gelegenheit habe, Ihnen Dank Für die Landsmannschaft begann nun eine und Glückwünsche zu Ihrem Jubiläum enorme Bewährungsprobe. Der ursprüngübermitteln. lich kleine Verband erlebte einen enormen Ich begrüße es, dass Sie Ihr VerbandsjubiZulauf von Landsleuten und bekam eine läum auf so vielfältige Weise begehen und zentrale Bedeutung in der Integrationsarin einer Zeit, in der in Deutschland ständig beit. Als authentische Selbstorganisation von Integration gesprochen wird und man der Russlanddeutschen war er ihr glaubsich dabei vor allem auf die islamischen würdiger Interessenvertreter, der den AnZuwanderer konzentriert, Ihre Jubiläumskommenden Hilfe und Orientierung verfeiern die Aufmerksamkeit auf eine andemittelte. re, große Zuwanderergruppe lenken, die Die Landsmannschaft hatte in diesen Jahvor allem in den letzten 20 Jahren zu uns ren schwierige Auseinandersetzungen um kam, die Deutschen aus Russland. Gesetzgebungsverfahren zu bestehen. Ich Ihre Jubiläumsfeiern sollten auch die hisdenke an die Entscheidung zum Fremdtorisch-moralische Verpflichtung bewusst rentengesetz und Wohnortzuweisungsgemachen, die wir gegenüber den Russlandsetz. Sie hat sich dabei immer als Anwalt deutschen haben. der eigenen Landsleute verstanden und arDr. Christoph Bergner Die Ursprünge Ihrer Landsmannschaft tikuliert, aber gleichzeitig angesichts hogehen auf Pfarrer Roemmich zurück, der hatte, war es, die dafür sorgte, dass in ei- her Zuwanderungszahlen auch stets den 1950 die Arbeitsgemeinschaft der Ostum- ner Zeit des Umbruchs und mühevollen Blick für das Machbare behalten. siedler gründete. Die Arbeitsgemeinschaft Wiederaufbaus das Schicksal der Deut- Diese kritische wie auch konstruktive ist Mitunterzeichner der Charta der Ver- schen in der Sowjetunion Mitwirkung setzt sie bis in triebenen und Mitinitiator des Bundes- nicht vergessen und nicht Einsatz für rechtliche unsere Tage in unterschiedvertriebenengesetzes, das als wichtigste ignoriert wurde. lichen Gremien fort. Ich Gleichstellung Rechtsgrundlage für die Übersiedlung Ihrem Wirken und ihrem denke beispielsweise an Einfluss ist zu verdanken, dass Konrad unseren Spätaussiedlerbeirat, in dem der Deutscher aus Russland gilt. Für mich scheint es bemerkenswert, dass Adenauer bei seiner Moskaureise 1955 Vorsitzende der Landsmannschaft und Pastoren Ihren Verband ins Leben riefen nicht nur die Rückkehr der deutschen neuerdings auch die Vorsitzende des Juund seine Anfänge prägten. Wer die Lei- Kriegsgefangenen erreichte, sondern auch gend- und Studentenrings vertreten sind. densgeschichte der Russlanddeutschen im das Ende der Kommandanturverwaltung Besonders wichtig in diesen Jahren war 20. Jahrhundert betrachtet, wird nicht um- für die verbannten Russlanddeutschen die Botschaft, dass diejenigen, die als hin können festzustellen, dass es vor al- bei der sowjetischen Führung aushandeln Spätaussiedler zu uns kamen, Deutsche lem christliche Glaubensbindung in unter- konnte. sind und auch ein Recht hatten, als Deutschiedlicher konfessioneller Ausprägung Wir alle wissen, dass mit dem Ende der sche angenommen, akzeptiert und integKommandanturver- riert zu werden. Es sind in dieser Zeit viewar, die den Russlanddeutschen die Überle- Sorge um das Schicksal der waltung die Zeit der le dumme Reden und viele irreführende noch Betrachtungen entstanden, etwa wenn es benskraft in schwerer Deutschen in der Sowjetunion Repressionen längst nicht vorüber darum ging, auf den Verlust an deutscher Zeit gespendet hat. Die 60-jährige Geschichte Ihres Verban- war. Eingeschränkte Freizügigkeit, die Sprachbindung bei den russlanddeutschen des ist geprägt durch die weltpolitischen Unterdrückung der Sprache und kultu- Zuwanderern zu verweisen. Veränderungen dieser sechs Jahrzehnte, rellen Entfaltung und manche subtile Be- Die Landsmannschaft hat immer wieder die der Organisation wechselnde Aufga- nachteiligung kennzeichneten die nach- versucht, das Verständnis für die deutsche folgenden Jahrzehnte. Volkszugehörigkeit, die Leidensgeschichben und Herausforderungen gestellt hat. te, als deren Ergebnis der Ich möchte rückblickend die Entwicklung Mit Gorbatschow und Ihrer Landsmannschaft in drei Phasen ein- seiner Öffnungspolitik Spätaussiedler, die zu uns Sprachverlust der deutsetzte die zweite Phase kommen, sind Deutsche schen Sprache eintrat, in teilen: die Bevölkerung zu tra1950 die Gründungsphase, in der nur eine in der Geschichte der kleine Zahl der anzusprechenden Deut- Landsmannschaft ein. Die Politik der Pe- gen. Sie hat es sich andererseits nicht nehschen aus Russland im Gebiet der Bun- restroika und der politischen Lockerung in men lassen, ihre Verbandzeitschrift „Volk desrepublik Deutschland lebten und weit- der Sowjetunion ließ die Wiedergeburts- auf dem Weg“ ausschließlich in deutscher gehend isoliert von den Landsleuten in der Bewegung erstarken. Der Fall des Eiser- Sprache zu veröffentlichen und damit ein Sowjetunion waren, aber sich dennoch für nen Vorhangs ließ den Strom der Aussied- Zeichen dafür zu setzen, dass die eigentihre Rechte einsetzten. Diese kleine Schar, ler zunehmen, ein Strom, der nochmals liche Identität der Russlanddeutschen auf die Pfarrer Roemmich um sich gesammelt anschwoll, als die Sowjetunion zerfiel. Es ihrer deutschen Sprachbindung beruht. 4 VOLK AUF DEM WEG Nr. 1 / 2011 POLITIK Wenn wir die letzten zurückliegenden Jah- Landsmannschaft in Deutschland, der In- tun das ihre. Und trotzdem erleben wir, re betrachten, so können wir inzwischen teressenvertreter auch der Deutschen in dass Hunderttausende derjenigen, die aus durchaus von einer dritten Phase in der der früheren Sowjetunion. Jetzt können der früheren Sowjetunion zu uns gekomGeschichte der Landsmannschaft spre- wir der Partner der russlanddeutschen men sind, Zweifel an ihrer Zugehörigkeit chen. Dieser Zeitabschnitt ist Organisationen in der ehema- bekommen und nicht recht wissen, wo sie gekennzeichnet durch rück- Landsmannschaft ligen Sowjetunion sein.“ wirklich hin gehören. läufige Zuwandererzahlen. Das Festival der russlanddeut- Mir ist die Geschichte eines russlanddeutsetzt Zeichen Seit mehreren Jahren kommen schen Kultur in Uljanowsk, das schen Jungen überliefert worden, die mir nicht mehr Hunderttausende. Im letzten im September begangen wurde, eine von unter die Haut gegangen ist. Er ist mit seiJahr waren es 3.500, für 2010 rechne ich Deutschland und Russland gemeinschaft- ner Familie aus Kasachstan in eine deutmit etwa 2.000. lich geförderte Veranstaltung, hatte Chöre sche Großstadt gezogen. In Kasachstan Die Ursachen für den Rückgang der Zu- und Tanzgruppen der Landsmannschaft zu hatte er in seinem Zimmer als Zeichen wanderung sind unterschiedlich: Zum ei- Gast. Dies kennzeichnet die gegenwärtige seiner Identität immer eine deutsche Fahnen hat sich die Situation in den meisten Entwicklung der Landsmannschaft der ne hängen. Nach einer Anzahl von Jahren Nachfolgestaaten der Sowjetunion ver- Deutschen aus Russland. Es wird deut- in Deutschland hängt nun im Zimmer dieglichen mit der Zeit ihres Zerfalls konso- lich: Die Aufgaben und Herkunft und Geschichte ses Jugendlichen die ruslidiert. Wir hoffen auch, dass die Hilfen Schwerpunkte der Arbeit sische Fahne. der Familien als des deutschen Staates für die Deutschen haben sich in diesen 60 Dies ist das Ergebnis Anknüpfungspunkt in den Nachfolgestaaten der Sowjetuni- Jahren verändert; von eivon Unverständnis und on Lebensperspektiven vor Ort eröffnet ner kleinen Gruppe, die die elementaren Gleichgültigkeit der deutschen Gesellhaben, um sich auf der Basis dieser Le- Interessen Hunderttausender Landsleute schaft gegenüber der Geschichte und dem bensperspektiven als deutsche Minderheit in der Sowjetunion zu vertreten hatte, bis Schicksal der Russlanddeutschen. Im einzurichten und zu entwickeln. hin zu einer Gruppe, die Partnerschaften Interesse der Menschen dürfen wir dieSchließlich darf aber auch nicht ver- in die Herkunftsstaaten zu den Deutschen se Form geistiger Heimatlosigkeit nicht schwiegen werden, dass die rechtlichen in Russland, Kasachstan und der Ukraine zulassen. Gemeinsam mit der LandsHürden für die Ausreise und die Aufnah- zu pflegen beginnt. mannschaft möchte ich dafür sorgen, dass me in der Bundesrepublik Deutschland Heute geht es der Landsmannschaft vor Herkunft und Geschichte der Familien ein immer höher geworden sind. Der Volks- allem um die Bewahrung und Pflege des Anknüpfungspunkt bleiben, um hier einen zugehörigkeitsnachweis durch familiär kulturellen Erbes der Russlanddeutschen. authentischen und angemessenen Platz als vermittelte Sprache, die Sprachkundigen- Hier verweise ich ausdrücklich auf die- Deutsche unter Deutschen zu finden. prüfungen für die Angehörigen nach § 7 ses Recht der Russlanddeutschen und die Mit hoffnungsvoller Zuversicht sehe ich Bundesvertriebenengesetz und schließlich Pflicht der Bundesrepublik, ausgedrückt die Entwicklung der Jugendorganisation auch die Sprachkundigenprüfung nach § 8 durch den § 96 BVFG „Pflege des Kultur- der Landsmannschaft, die in Zukunft das Bundesvertriebenengesetz sind nachträg- gutes“. Ebenso eine wichtige Rolle spielt Werk ihrer Eltern und Großeltern fortfühliche Aufnahmehürden, die der deutsche und spielte die Wanderausstellung „Volk ren wird. Gesetzgeber eingefügt hat. auf dem Weg“. Nicht russischsprachige Diaspora ist der Diese dritte Phase in der 60-jährigen Ge- Ich darf im Namen der Bundesregierung angemessene Ort der Identifikation, sonschichte der Landsmannschaft hat aller- Ihnen allen und der Landsmannschaft für dern russlanddeutsche Kultur ist der Bedings noch ein weiteres Kennzeichen: Die die so unterschiedlich akzentuierte Arbeit zugspunkt, mit dem man selbstbewusst Verhältnisse in der Russischen Föderati- herzlich danken. Ich überbringe Ihnen in der modernen deutschen Gesellschaft on, aber auch in Kasachstan sind offener Respekt für die Leistungen, die in diesen leben soll. geworden, so dass die russlanddeutschen sechs Jahrzehnten nicht nur im Interesse Schließlich ist da noch etwas zu bewahOrganisationen als Organisation nationa- der Deutschen aus Russland, sondern auch ren, was eine kulturelle Einmaligkeit darler Minderheiten ihre Interessen eigen- bei der Bewältigung der Folgen von Krieg stellt – das kulturelle Erbe der Deutschen ständig wahrnehmen können. und Unterdrückung erbracht wurden. aus Russland, das vielfältige Ursprünge In dieser dritten Phase beginnen sich im- Aber bei Respekt und Dank will ich es hat, das geprägt ist durch eine Leidensmer mehr Partnerschaften zwischen der nicht belassen. Versuchen wir gemein- geschichte und das wie kein anderes eine Landsmannschaft, ihren Teilorganisation sam auf die zukünftigen Berührung zwischen deutEinmaligkeit und den Begegnungsstätten der deutschen Herausforderungen zu blischer Kultur und der Kultur Minderheit in der Russischen Föderation cken. Auch wenn das Ber- des kulturellen Erbes der slawischen Völker der aber auch in anderen Nachfolgestaaten der lin-Institut im letzten Jahr Russen und Ukrainer, der Sowjetunion zu entwickeln. Die Lands- den russlanddeutschen Spätaussiedlern zentralasiatischen Völker, der Völker Simannschaft der Deutschen aus Russland hervorragende Integrationserfolge be- biriens und des Nordens darstellt. ist neuerdings Gast der Deutsch-Russi- scheinigte, so sehe ich doch Probleme, die Die Landsmannschaft wird also auch nach schen Regierungskommission und sollte es nicht zu verschweigen gilt. 2,3 Mio. sechs Jahrzehnten gebraucht. Sie wird auch in die Arbeit der Deutsch-Kasachi- Menschen sind als russlanddeutsche Spät- gebraucht, um Hunderttausenden hier schen Regierungskommission einbezogen aussiedler in den letzten 20 Jahren hier in Deutschland eine geistige Heimat als werden. aufgenommen worden. Deutsche unter Deutschen zu geben. Sie Bemerkenswert für mich Partnerschaften mit den Versuchen wir uns vor- wird gebraucht als Partner russlanddeutDeutschen in der ist die Stellungnahme, zustellen, wie viele wir scher Minderheitenorganisationen in den ehemaligen Sowjetunion organisatorisch erreichen. Herkunftsstaaten der Sowjetunion. Und die bei der Deutsch-Russischen RegierungskomDie Landsmannschaft sie wird gebraucht, um ein einzigartiges mission im Jahre 2009 die stellvertreten- erreicht mit all ihren Publikationen viele kulturelles Erbe zu bewahren. In diesem de Vorsitzende Lilli Bischoff in Omsk Tausende. Gemessen an der großen Zahl Sinne wünsche ich der Landsmannschaft verlesen hat, in der sie deutlich machte: der hier lebenden Russlanddeutschen, ist der Deutschen aus Russland weitere er„In der Vergangenheit waren wir, d.h. die dies aber nicht genug. Auch die Kirchen folgreiche Jahrzehnte in der Arbeit. 5 VOLK AUF DEM WEG Nr. 1 / 2011 BADEN -WÜRTTEMBERG Wir wissen um unsere Verpflichtung Interview mit dem Beauftragten des Landes Baden-Württemberg für Vertriebene, Flüchtlinge und Aussiedler, Innenminister Heribert Rech Wenn Sie das zu Ende gehende Jahr Revue passieren lassen - was kommt Ihnen in den Sinn? Heribert Rech: Ich habe mich gefreut, dass ich auf zahlreichen Veranstaltungen der Heimatvertriebenen die unschätzbare Traditions- und Brauchtumspflege erleben und mit vielen Gespräche führen konnte. Der 60. Jahrestag der Verkündung der Charta der deutschen Heimatvertriebenen war sicher auch für Sie ein Höhepunkt. Heribert Rech: Aber ja. Es haben viele am 5. August den Weg nach Stuttgart zum Festakt im Neuen Schloss gefunden: Bundestagspräsident Professor Dr. Norbert Lammert, der Bundesaußenminister, der Bundesinnenminister, Frau Präsidentin Erika Steinbach, Landtagspräsident Peter Straub und viele Abgeordnete aus dem Bundestag und dem baden-württembergischen Landtag. Die Landesregierung hatte zudem zu einem Empfang gebeten. Jedenfalls war diese Veranstaltung nicht nur aus meiner Sicht gelungen und der Bedeutung der Charta angemessen. Warum ist für Sie die Charta so bedeutend und wichtig? Heribert Rech: Die Charta ist ein zukunftsweisendes Dokument. Bereits vor 60 Jahren haben die Vertriebenen auf Rache und Vergeltung verzichtet. Und sie haben die europäische Versöhnung und Einigung zu ihrer Sache gemacht. Das ist eine ganz großartige Leistung. Sie zeigt, dass die Heimatvertriebenen den Willen zur Versöhnung hatten und bis heute haben. Aus diesem Geist wuchsen die Vision und der Wille zu einem geeinten Europa. Nach unserer Beobachtung hat die Landesausstellung „Ihr und Wir. Integration der Heimatvertriebenen in Baden-Württemberg" große Resonanz gefunden. Sehen Sie das auch so? Heribert Rech: Absolut. Man muss ja sehen, dass das Thema nicht ganz leicht ist, Die Ausstellung im Haus der Geschichte in Kooperation mit dem Institut für donauschwäbische Geschichte und Landeskunde in Tübingen hat beeindruckend den schwierigen, aber doch erfolgreichen Prozess der Integration mit all seinen Konflikten um Wohnraum, Arbeit und Chancen gezeigt. Rund 20.000 Besucher 6 VOLK AUF DEM WEG Nr. 1 / 2011 diesem Jahr in der Stuttgarter Liederhalle, und nicht vergessen möchte ich den Russlanddeutschen Kulturpreis, der seit 1996 alle zwei Jahre verliehen wird und den grenzüberschreitenden Schülerwettbewerb mit Polen im Schuljahr 2009/2010. Dieser hat eine gute Resonanz: 4.000 Schülerinnen und Schüler, davon 1.000 aus Polen, haben sich mit dem jeweiligen Nachbarland beschäftigt. Die Preisverleihung im Sommer im Neuen Schloss in Stuttgart war sehr schön, denn ich hatte die Gelegenheit, mit vielen jungen Leuten ins Gespräch zu kommen und ihre Kreativität anzuerkennen. Heribert Rech, Innenminister des Patenlandes der Landsmannschaft, Baden-Württemberg. haben sie gesehen, das ist ein respektables Ergebnis. Es gab noch andere wichtige Ereignisse und Jubiläen. Heribert Rech: Wir konnten den zehnjährigen Geburtstag des Donauschwäbischen Zentralmuseums in Ulm feiern. Diese Einrichtung hat sich nach einer Bilanz zu einem festen Bestandteil der Museumslandschaft entwickelt. Mit seinen Ausstellungen und grenzüberschreitenden Kooperationsprojekten setzte es wichtige Akzente und hat eine bedeutende Sammlung aufgebaut. Und die in Kooperation mit dem Museum der Vojvodina konzipierte Ausstellung „Daheim an der Donau. Zusammenleben von Deutschen und Serben in der multiethnischen Provinz Vojvodina", die zuerst in Novi Sad in Serbien und dann in Ulm und Brüssel gezeigt wurde, ist beispielhaft. Um die Zukunft dieses Museums mache ich mir keine Sorgen. Noch einen runden Geburtstag, den 40., konnte das Haus der Donauschwaben in Sindelfingen feiern. Hier ist im Lauf der Jahre ein Stück donauschwäbischer Heimat in Baden-Württemberg entstanden. 26.000 Besucher pro Jahr aus aller Welt, über 600 Veranstaltungen und eine Bibliothek mit 16.000 Werken, von der auch die Wissenschaft profitiert. Ihren 60. Geburtstag feierte die Landsmannschaft der Deutschen aus Russland in Sie waren auch im Juli bei der 51. Gelöbniswallfahrt dar Donauschwaben nach Altötting dabei. Was hat Sie dabei berührt? Heribert Rech: Alles, die Intention, die Tradition und die feste Verwurzelung im Glauben. Besonders berührt hat mich, dass die Donauschwaben noch heute über 60 Jahre nach Ende des Krieges - mit vollem Herzen zu Ehren Marias nach Altötting pilgern. Das Motto "Orientierung und Heimat in der Kirche" passte sehr gut auf die Heimatvertriebenen, die den schmerzlichen Verlust von Heimat am eigenen Leib gespürt haben. Wenn Sie auf das neue Jahr schauen, was überwiegt: Zuversicht oder vielleicht etwas Pessimismus? Heribert Rech: Ich denke, wir alle haben Grund zu Zuversicht und Optimismus wirtschaftlich, politisch, gesellschaftlich. Baden-Württemberg ist zwar keine Insel der Seligen, aber wir stehen gut da. Zu verdanken ist das mit Sicherheit auch der fast schon sprichwörtlichen Schaffenskraft, die uns auszeichnet. Dadurch ist uns schon viel gelungen, und ich möchte die Heimatvertriebenen ausdrücklich einbeziehen. An unserer politischen Linie wird sich hier nichts ändern, wir wissen um unsere Verpflichtung. Ausdrücklich nennen möchte ich das Projekt der Heimatstuben, das kennen Sie. Wir werden es weiter vorantreiben, und das Haus der Heimat wird im Jahr 2011 eine Publikation zu den Heimatsammlungen herausgeben. Dieses Projekt ist für mich ein wichtiger Schritt bei unserem Weg hin zur Erinnerungskultur. Denn Zukunft braucht Herkunft. DIE LANDSMANNSCHAFT Gemeinsames Ziel: gesellschaftliche Relevanz Tages-Workshop der Landsmannschaft in Würzburg O ptimierung der Verbandsarbeit und Stärkung der Selbstorganisation" - unter diesem Motto fanden sich führende Vertreter der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland zu einem Tages-Workshop ein, der am 5. Dezember 2010 in der Jugendbildungsstätte Unterfranken in Würzburg (Bayern) durchgeführt wurde. Eingeladen waren die Mitglieder des Bundesvorstands sowie die Vorsitzenden der Landesgruppen Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz und Vertreter der übrigen Bundesländer. Der Bedeutung des Treffens angemessen, sagten nur sehr wenige der Eingeladenen ihre Teilnahme ab, so dass in der Jugend- bildungsstätte eine respektable Runde zusammenkam, die über aktuelle Probleme und Zukunftsperspektiven landsmannschaftlicher Arbeit diskutierte. Die Landsmannschaft entsprach mit dieser Veranstaltung einer Empfehlung ihres Beirates bei seiner Sitzung im November des Jahres 2009, Zusammenkünfte zwischen den Mitgliedern des Bundesvorstandes und den Vertretern der Landesgruppen nicht mehr nur alle drei Jahre durchzuführen, sondern zumindest einmal pro Jahr. In seinem einleitenden Referat fasste der Bundesvorsitzende der Landsmannschaft, Adolf Fetsch, in einer "Regierungserklärung" die gegenwärtigen Schwerpunkte der Vereinspolitik zusammen (siehe S. 2 und 3) und schloss seine Ausführungen mit den Worten: "Die nächsten Monate und Jahre werden zeigen, ob die Landsmannschaft der Deutschen aus Russland ein Auslaufmodell ist, Die Teilnehmer des Workshops in Würzburg (jeweils von links): - oben: die Mitglieder des Bundesvorstandes, Dr. Alfred Eisfeld, Leontine Wacker (Vorsitzende der Landesgruppe Baden-Württemberg), Adolf Fetsch, Waldemar Weiz, Rosa Emich, Ewald Oster; - Mitte: Dr. Ludmila Kopp (Bundesgeschäftsführerin), Dr. Otto Horst (Hamburg), Olga Ebert (Sachsen-Anhalt), Viktor Beierbach (Saarland), Pauline Wiedemann (SachsenAnhalt), Lilli Hartfelder (Niedersachsen), Rita Heidebrecht (verdeckt; Bundesgeschäftsstelle; - unten: Tamara Barabasch (Thüringen), Florian Braun (Sachsen), Johann Thießen (Hessen), Alexander Rupp (Berlin), Dr. Viktor Sieben (Rheinland-Pfalz), Dr. Alexander Morasch (Nordrhein-Westfalen). eine Organisation, die nicht mehr in die Gegenwart passt. Wenn ich selbst dieser Auffassung wäre, hätte ich mich vor einem Jahr nicht noch einmal der Verantwortung gestellt, die ein Bundesvorsitzender auf sich zu nehmen hat. Ich habe diese Verantwortung übernommen, weil ich der Auffassung bin, dass die Landsmannschaft ein lebendiger Verein ist und das auch bleiben kann, wenn alle Landsleute, die guten Willens sind, in solidarischer Weise zusammenarbeiten – jenseits aller privaten Interessen, frei von Intrigen, im Dienste der Deutschen aus Russland." Als weitere Teilnehmer des Workshops befassten sich die Bundesgeschäftsführerin der Landsmannschaft, Dr. Ludmila Kopp, und VadW-Redakteur Hans Kampen mit konkreten Aspekten der Verbandsarbeit. 7 VOLK AUF DEM WEG Nr. 1 / 2011 DIE LANDSMANNSCHAFT Die Bundesgeschäftsführerin informierte die Teilnehmer in aller Deutlichkeit und gestützt auf unbestechliche Zahlen über zurückgehende Mitgliederzahlen des Vereins und damit einhergehende finanzielle Schwierigkeiten. Als Möglichkeiten, diesem Trend entgegenzusteuern, nannte sie unter anderem die Intensivierung der Arbeit in und mit den örtlichen Gliederungen der Landsmannschaft und einen weiteren Ausbau der Projektarbeit. Hans Kampen führte in seinem Referat neben der vorgeschlagenen Neufassung der Satzung weitere Punkte auf, die zur Steigerung der Attraktivität der Landsmannschaft beitragen könnten. Als vordringlich bezeichnete er die Intensivierung der Arbeit in den Ausschüssen für Öffentlichkeit, Kultur und Soziales, in denen die Grundlagen der Vereinspolitik geschaffen werden. Der weitere Verlauf des Workshops war gekennzeichnet von lebhaften und zum Teil auch höchst kontroversen Diskussionen, die jedoch im Großen und Ganzen sachlich und auf solidarischer Basis geführt wurden. Bedenken seitens einiger Vertreter der Landesgruppen wurden vor allem hinsichtlich der vorgestellten Neufassung der landsmannschaftlichen Satzung geäußert, über die noch intensiver als bisher informiert werden müsse. Ebenfalls zur Sprache kamen Probleme im Umgang miteinander und bei der Abstimmung von Veranstaltungsterminen auf den unterschiedlichen landsmannschaftlichen Ebenen. Als Nagelprobe einer verbesserten Kommunikation in der Zukunft wurden die Gedenkfeiern im Jahr 2011 anlässlich des 70. Jahrestages der Vertreibung der Deutschen in der Sowjetunion nach dem Erlass des Präsidiums des Obersten Sowjets der Sowjetunion vom 28. August 1941 genannt. Dr. Alexander Morasch stellte die Maßnahmen vor, die in der von ihm geleiteten Landesgruppe Nordrhein-Westfalen bereits jetzt in Planung sind und die sich nicht mit denjenigen des Bundesverbandes überschneiden dürften. Eine frühzeitige Terminabsprache befürwortete auch der stellvertretende Bundesvorsitzende Dr. Alfred Eisfeld, der die Bedeutung der Gedenkfeierlichkeiten für die gesamte Volksgruppe betonte: "Wir müssen uns auf den 28. August gezielt vorbereiten und Argumente an allen Ecken und Enden vorbringen. Denn: Wenn wir uns Referate, Diskussionen, Anregungen und Empfehlungen Multiplikatorenschulung in Köln M itarbeiter der Landsmannschaft in den nördlichen Bundesländern waren zu einer Multiplikatorenschulung der Landsmannschaft eingeladen, die unter dem Motto "Eigenständig und eigenverantwortlich planen und handeln" am 20. und 21. November 2010 im NikolausGroß-Haus in Köln stattfand. Dass man sich nicht wie gewohnt in Nienburg an der Weser traf, hatte, so der Bundesvorsitzende Adolf Fetsch in seiner Begrüßungsrede, seinen Grund auch darin, dass in Köln seit einigen Monaten wieder neues landsmannschaftliches Leben entstanden ist. Wie bereits bei der Schulung für die südlichen Bundesländer hatte man sich auch in Köln auf einige wenige Themen konzentriert - am ersten Tag mittels Referaten und anschließenden Aussprachen und am zweiten Tag vor allem im Rahmen von Arbeitsgruppen. Grundsätzlich habe man sich, so Fetsch, mit dem Programm an den Empfehlungen der ehren- und hauptamtlichen Mitarbeiter bezüglich einer effizienteren Ge- Die Teilnehmer der Miltiplikatorenschulung in Köln. 8 VOLK AUF DEM WEG Nr. 1 / 2011 nicht bemerkbar machen, sind wir nicht gesellschaftlich relevant." Dieses Argument der "gesellschaftlichen Relevanz", ohne die jedes landsmannschaftliches Ansinnen zum Scheitern verurteilt ist, war es schließlich auch, das die Teilnehmer zum Abschluss des Workshops näher zusammenrücken und unterschiedliche Auffassungen in Einzelfragen als unbedeutend erscheinen ließ. VadW staltung von Multiplikatorenschulungen orientiert. Diese Empfehlungen gingen in Richtung eines reduzierten Themenkreises mit zielorientierter Vorgehensweise, wodurch sichergestellt werden solle, dass am Ende einer Schulung handfeste Ergebnisse stehen. Anschließend referierte VadW-Redakteur Hans Kampen ein weiteres Mal über zentrale Aspekte der vorgeschlagenen Neufassung der landsmannschaftlichen Satzung und veranschaulichte die Gründe, die für diese Neufassung sprechen. Den Vortrag zum Thema "Eingetragene Vereine und Finanzen" hatte die Bundesgeschäftsführerin der Landsmannschaft, Dr. Ludmila Kopp, in Vertretung des verhinderten berufenen Referenten Waldemar Axt übernommen. Auf Erfolge der letzten Monate konnte der stellvertretende Bundesvorsitzende der Landsmannschaft und des Jugendund Studentenrings der Deutschen aus Russland, Waldemar Weiz, in seinem Referat zur Interessenvertretung der Deutschen aus Russland in überregionalen politischen Gremien verweisen. Er selbst ist das beste Beispiel für diese Erfolge, DIE LANDSMANNSCHAFT wurde er doch erst vor wenigen Monaten in den Arbeitskreis "Integration und Migration der SPD" auf Bundesebene berufen. Anregungen und Vorschläge Sehr konkret waren die Anregungen und Vorschläge, die von den Teilnehmern im weiteren Verlauf der Multiplikatorenschulung erarbeitet wurden. Unter anderem Der stellvertretende Bundesvorsitzende Waldemar Weiz referierte wurden genannt: Fragen der politischen Interessenvertretung der Deutschen 1. Die Mitglieder der über aus Russland im Bundesgebiet. Landsmannschaft sollen in einer offenen Diskussion auf den 4. In "Volk auf dem Weg" sollten mehr Seiten von "Volk auf dem Weg" über die Berichte über die ehrenamtliche Tätigvorgeschlagene Änderung des Vereinskeit veröffentlicht werden namens in "Bundesverband der Deut- Genauso konkret waren die Punkte, die schen aus Russland e.V." befinden. Rimma Lohrei von der Ortsgruppe Unna2. Der Bundesdelegiertenversammlung Massen in ihren Ausführungen zur kultuder Landsmannschaft soll vorgeschla- rellen Breitenarbeit in den örtlichen Gliegen werden, den Mitgliedsbeitrag für derungen der Landsmannschaft ansprach. Auszubildende und Studenten auf 15 Von Möglichkeiten, Gruppen zu bilden, Euro zu senken. war darin ebenso die Rede wie von Ver3. Angesichts sinkender Mitgliederzahlen anstaltungen, die sich zur Teilnahme sollte sich die Bundesdelegiertenver- anbieten, und von Maßnahmen, die den sammlung für eine Senkung des Dele- Erfahrungsaustausch zwischen den Mitargiertenschlüssels auf unter 50 Mitglie- beitern verbessern. der pro Ortsgruppe entscheiden. VadW Informative Beiträge und lebhafter Austausch Helene Schulheiß berichtete in Nienburg über Theorie und Praxis der Polizeiarbeit. An zweiten Tag berichtete das Bundesvorstandsmitglied Lilli Bischoff über die Arbeit der Landesgruppe Niedersachsen, deren Vorsitzende sie ist. Anhand der Arbeit der Migrationsberatungsstelle in Hannover ging Lilli Hartfelder auf Kooperationsmöglichkeiten mit verschiedenen Beratungsdiensten ein. Gute Erfahrungen wurden bereits in der Ortsgruppe Hannover gemacht, wo zur Zeit fünf Sozialbetreuer tätig sind. Abschließend gab es zahlreiche interessante Beiträge aus einzelnen Ortsgruppen und einen lebhaften Austausch zu Erfolgen und Schwierigkeiten bei der Gestaltung der ehrenamtlichen Arbeit. Lilli Hartfelder Multiplikatorenschulung in Nienburg U nter der Leitung der stellvertretenden Bundesvorsitzenden der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland, Leontine Wacker, wurde am 13. und 14. November 2010 in der Deula-Schula in Nienburg an der Weser (Niedersachsen) eine Multiplikatorenschulung für ehrenamtliche landsmannschaftliche Berater und Betreuer durchgeführt. Nach der Begrüßung und Einführung in die Tagung durch Leontine Wacker stellte Frau Große vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ihre Einrichtung vor und erläuterte Vorgaben, die bei der Beantragung von Projekten zu beachten sind. Insbesondere betonte sie die Wichtigkeit der Zusammenarbeit mit den Regionalkoordinatoren. Helene Schultheiß, selbst Deutsche aus Russland und Mittlerin für Migranten und Aussiedler bei der Polizeidirektion Hannover, berichtete anhand konkreter Projekte und Maßnahmen über die Arbeit der Polizeidirektion und rief zur Zusammenarbeit auf. Außerdem informierte sie über das Gewaltschutzgesetz und zeigte mittels Beispielen aus der Praxis Möglichkeiten des Schutzes für Menschen mit Gewalterfahrungen auf, die von den Sozialbetreuern vor Ort umgesetzt werden können. Zu Rentenfragen referierten die beiden anerkannten landsmannschaftlichen Sozialexperten Wendelin Jundt (Nienburg) und Johann Engbrecht (Duisburg). Sie gaben den Teilnehmern wichtige Informationen zur Beantragung der Rente nach dem Fremdrentengesetz, erklärten die Bewilligungsmodalitäten und Ansprüche bei der Zusammensetzung der Rente und gingen sehr ausführlich auf die Fragen der Teilnehmer ein. Regensburg (Bayern): Anerkennung und ein kleines Dankeschön durch den Vorsitzenden der Kreis- und Ortsgruppe, Waldemar Eisenbraun (links), für seine Vorstandskollegen Alexander Weber (Mitte) und Heinrich Kratz - auch das gehört dazu, wenn man sich gewissenhaft innerhalb der Landsmannschaft betätigen will. 9 VOLK AUF DEM WEG Nr. 1 / 2011 POLITIK Entwurf eines Neunten Gesetzes zur Änderung des Bundesvertriebenengesetzes Stellungnahme der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland M it dem Entwurf eines Neunten Gesetzes zur Änderung des Bundesvertriebenengesetzes hat der Gesetzgeber dankenswerterweise Möglichkeiten einer nachträglichen Einbeziehung von im Aussiedlungsgebiet verbliebenen Ehegatten oder Abkömmlingen eines Spätaussiedlers in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers vorgeschlagen, die jedoch nach Auffassung der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland eine Reihe von ungelösten Problemen und Fragen aufwerfen. I. Erfordernis deutscher Sprachkenntnisse Insbesondere ist es in dem Gesetzentwurf neben den Erfordernissen der ausdrücklichen Beantragung der Einbeziehung und des Nichtvorliegens von Ausschlussgründen nach § 5 bei der generellen Forderung von Grundkenntnissen der deutschen Sprache beim Einzubeziehenden geblieben, die von der Landsmannschaft seit jeher äußerst kritisch gesehen wird. Außer den vor allem für den Spätaussiedler selbst relevanten geschichtlichen Hintergründen, die zum Verlust der deutschen Sprache bei den Deutschen in der ehemaligen Sowjetunion geführt haben und wesentlicher Bestandteil ihres kollektiven Kriegsfolgenschicksals sind, sind in dieser Hinsicht die folgenden erheblichen Bedenken gegen die grundsätzliche Erfordernis deutscher Sprachkenntnisse beim Einzubeziehenden zu berücksichtigen: 1. Insbesondere für viele Bewohner ländlicher Gebiete ist der Erwerb deutscher Sprachkenntnisse ein unzumutbares Hindernis, das sich aufgrund beschränkter finanzieller Verhältnisse sowie mangelhafter Verkehrsverbindungen in Ländern, die durch eine geringe Bevölkerungsdichte und große Entfernungen gekennzeichnet sind, aufbaut. Solange die Entfernungen zu den Sprachkursangeboten nicht per Gesetz auf ein zumutbares Maß reduziert sind, halten wir das grundsätzliche Erfordernis deutscher Sprachkenntnisse beim Einzubeziehenden für eine unzulässige Härte. 2. Verschärft wird die Situation für diejenigen Einzubeziehenden, die aufgrund ihres Alters und des erheblich einge10 VOLK AUF DEM WEG Nr. 1 / 2011 schränkten Zugangs zu Ausbildungsgängen in der ehemaligen Sowjetunion nicht oder kaum in der Lage sind, unter den geschilderten Bedingungen auch nur Grundkenntnisse der deutschen Sprache zu erwerben. Für diesen Personenkreis sind gesetzliche Voraussetzungen zu schaffen, in denen eine Altersgrenze, die nach unserer Auffassung bei 50 Jahren liegt, festgelegt ist und die genannten Behinderungen im Ausbildungsprozess berücksichtigt sind. 3. Ebenso wie der Besuch der Sprachkurse ist auch die Anfahrt zu den Sprachkursen in den häufig weit entfernten Goethe-Instituten mit einem unzumutbaren Aufwand an Zeit und Geld verbunden, der viele Aufnahmebewerber keineswegs freiwillig davon abhält, sich der Prozedur zu unterziehen. 4. Zudem ist der Test nach den uns zur Verfügung stehenden Informationen in der Praxis erst nach sechs Monaten wiederholbar, was bei akuten persönlichen oder familiären Problemen eine zusätzliche Hürde darstellt. II. Entscheidungskriterien und -mechanismen Bezüglich der Kriterien und Mechanismen, die letztlich für die Genehmigung einer Einbeziehung in den Aufnahmebescheid von Bedeutung sind, haben sich für uns die folgenden Probleme ergeben, die in den Ausführungsbestimmungen eindeutig zu behandeln sind: 1. Der Gesetzentwurf läuft auf Einzelfallentscheidungen hinaus, die den Entscheidungsinstanzen einen ganz erheblichen Entscheidungsspielraum überlassen. Betroffene werden sich gegen strittige Entscheidungen nur mithilfe von Rechtsanwälten zur Wehr setzen können – ein Umstand, der weder mit ihren finanziellen Verhältnissen noch mit den Gegebenheiten in den Herkunftsländern zu vereinbaren ist. 2. Die Landsmannschaft hält es für nicht zulässig, Entscheidungsprozesse, die in erheblichem Maße das Schicksal von Menschen beeinflussen, in unscharfer Weise zu definieren. Wann liegt eine „einfache Härte“ vor und wann eine „besondere Härte“ – und wer wird in Grenzfällen genügend Kompetenz ha- Wortlaut der vorgeschlagenen Änderung des Bundesvertriebenengesetzes: § 27 des Bundesvertriebenengesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. August 2007 (BGBl. I S. 1902), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 6. Juli 2009 (BGBl. I S. 1694) geändert worden ist, wird wie folgt geändert: 2. Nach Absatz 2 wird folgender Absatz 3 eingeführt: „(3) Abweichend von Absatz 1 kann der im Aussiedlungsgebiet verbliebene Ehegatte oder Abkömmling eines Spätaussiedlers, der seinen ständigen Aufenthalt im Geltungsbereich des Gesetzes hat, nachträglich nach Absatz 1 Satz 2 in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers einbezogen werden, wenn die Versagung der nachträglichen Einbeziehung eine Härte für den Spätaussiedler oder für seinen Ehegatten oder Abkömmling bedeuten würde und die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Eine Härte im Sinne von Satz 1 kann nur durch Umstände begründet werden, die sich nach der Aussiedlung des Spätaussiedlers belastend auf die persönliche oder familiäre Situation auswirken. Der Antrag auf Wiederaufgreifen eines unanfechtbar abgeschlossenen Einbeziehungsverfahrens nach den Absätzen 1 oder 2 ist nicht an eine Frist gebunden. § 8 Absatz 2 und § 9 Absatz 4 Satz 2 gelten für Familienangehörige der nach Satz 1 nachträglich einbezogenen Personen entsprechend.“ ben und die Verantwortung auf sich nehmen wollen und können? III. Zusätzliche Bedenken 1. Wir geben zu bedenken, dass die Integration der bereits hier lebenden Spätaussiedler gefährdet wird, wenn sie sich über eine lange Zeit und häufig vergebens um diejenigen Menschen zu kümmern haben, die ihnen am nächsten DIE LANDSMANNSCHAFT sind, wobei sie als Rechtsunerfahrene über Jahre hinweg auf unsicheres Terrain gezwungen werden. 2. Nach unserer Auffassung wird durch die Behinderung des Nachzuges von engsten Familienangehörigen der besondere Schutz der Familie gefährdet, der jedem Deutschen laut Grundgesetz garantiert wird. 3. Bei der Entscheidung über das Vorliegen eines Härtefalles ist erheblich stärker als bisher zu berücksichtigen, dass in den Herkunftsländern Grundprinzipien der Demokratie nach wie vor nicht oder nur in eingeschränktem Maße gelten, von Gebieten mit kriegsähnlichen Zuständen wie etwa Kirgistan ganz zu schweigen. 4. Einzuführen ist die Informationspflicht der Entscheidungsorgane allen Perso- nen gegenüber, die gemäß dem Gesetzentwurf ein nicht befristetes Anrecht auf nachträgliche Einbeziehung in den Aufnahmebescheid haben. Mit dem lapidaren Satz „Für die Verwaltung werden keine Informationspflichten neu eingeführt, geändert oder aufgehoben.“ hat man es sich nach unserer Auffassung sehr einfach gemacht. Es sollte gelten: Wer ein Anrecht auf nachträgliche Einbeziehung hat, sollte davon auch in Kenntnis gesetzt werden. 5. Gemäß Einschätzung unserer Mitarbeiter ist darüber hinaus die angegebene Zahl von 5.000 Normadressaten viel zu niedrig. In der Realität ist mit einer weit höheren Anzahl zu rechnen, so dass sich erhebliche Wartezeiten ergeben werden. Neufassung der landsmannschaftlichen Satzung W ie bereits mehrfach berichtet, konnte die vorgeschlagene Neufassung der Satzung der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland bei der Bundesdelegiertenversammlung im November 2009 aus Zeitgründen nicht abschließend behandelt werden und wurde für eine Außerordentliche Bundesdelegiertenversammlung, die im April 2011 stattfinden wird, anberaumt. Inzwischen waren die Satzungsänderungen Gegenstand einer Reihe von überregionalen Seminaren und Schulungen der Landsmannschaft und wurden dort ausführlich vorgestellt und mit den Teilnehmern besprochen. Um die Diskussion auf eine noch breitere Basis zu heben, haben wir nachstehend noch einmal die grundsätzlichen Überlegungen und wichtigsten Änderungen der Neufassung zusammengefasst - mit der Bitte um möglichst zahlreiche Stellungnahmen aus unserem Leserkreis! Ganz allgemein gingen die Mitglieder des Organisationsausschusses der Landsmannschaft bei der Ausarbeitung der neuen Satzung von der folgenden Überlegung aus: "Eine Anpassung der Satzung der Landsmannschaft an die Anforderungen der Gegenwart ist kein Allheilmittel, aber unbedingt nötig, um einen Weg aus der Krise zu finden." (Das Wort "Krise" bezieht sich vor allem auf den äußerst bedauerlichen Umstand, dass die Mitgliederzahlen der Landsmannschaft seit Jahren sinken.) Die Grundprinzipien der neuen Satzung: • Die Landsmannschaft öffnet sich für neue Mitglieder. • Ihren Mitgliedern wird eine größere Selbständigkeit ermöglicht. • Die Zusammenarbeit mit anderen Organisationen wird erleichtert. • Die Inhalte der landsmannschaftlichen Arbeit werden transparenter und anpassungsfähiger, aber auch resistenter ge- gen Angriffe, die ihrem Ziel und Zweck zuwiderlaufen. Umbenennung Am kontroversesten wurde bei den genannten Seminaren und Schulungen die vorgeschlagene Änderung des Namens "Landsmannschaft der Deutschen aus Russland e.V." in "Bundesverband der Deutschen aus Russland e.V." diskutiert. Den Traditionalisten standen dabei diejenigen gegenüber, die mit der Umbenennung einen Schritt in die Gegenwart machen und zudem unterstreichen wollen, dass sich die Landsmannschaft als Dachverband aller Deutschen aus Russland im Bundesgebiet versteht. Mitglieder Entgegen einigen Gerüchten, die in letzter Zeit aufgetaucht sind, wird sich für die bisherigen Mitglieder der Landsmannschaft hinsichtlich ihrer Mitgliedschaft nichts ändern: § 5, 2. Ordentliche Mitglieder des Bundesverbandes der Deutschen aus Russland e.V. sind sämtliche Mitglieder der (bisherigen) Landsmannschaft der Deutschen aus Russland e.V. Unabhängig davon öffnet sich die Landsmannschaft für weitere Bevölkerungskreise durch die Loslösung der „ordentlichen Mitgliedschaft“ von der Abstammung: § 5, 3: Darüber hinaus können ordentliche Mitglieder des Vereins alle natürlichen und juristischen Personen werden, die die Ziele des Vereins unterstützen und sich zur Gemeinschaft der Deutschen aus Russland bekennen. Rechte und Pflichten der Mitglieder Auch hier gilt: Für die bisherigen Mitglieder ändert sich nichts! Unter anderem zur Regelung der Wahlberechtigung bei Abstimmungen in den Gliederungen wird für künftige Mitglieder die "Familienmitgliedschaft" neu definiert: § 7, 7. Familienangehörige bzw. Angehörige einer eheähnlichen Gemeinschaft des Haushaltes eines ordentlichen Mitgliedes können die ordentliche Mitgliedschaft durch Zahlung des halben Beitrages erwerben. § 7, 8. Die Monatszeitschrift „Volk auf dem Weg" ist das offizielle Organ des Bundesverbandes. Sie wird den Mitgliedern ohne Erhebung eines Bezugsgeldes geliefert. Jeder Haushalt erhält nur ein Exemplar der Zeitschrift. Jugendvertretung Der Jugend- und Studentenring der Deutschen aus Russland (JSDR) findet als Jugendorganisation der Landsmannschaft Aufnahme in die Satzung: § 17, 4. Die Jugendorganisation des Bundesverbandes der Deutschen aus Russland e.V. ist der Jugend- und Studentenring der Deutschen aus Russland, der in seiner jugendpolitischen und erzieherischen Arbeit selbständig ist. Die Teilnahme des JSDR an der Bundesdelegiertenversammlung und den Sitzungen des Beirates soll wie folgt geregelt werden: § 13, 1f. (Die Bundesdelegiertenversammlung setzt sich zusammen aus...) ... dem Bundesvorsitzenden und den Landesvorsitzenden der Jugendorganisation des Verbandes; § 15, 6d. (Der Beirat setzt sich zusammen aus...) ... dem Vertreter der Jugendorganisation des Bundesverbandes. In der nächsten Ausgabe befassen wir uns insbesondere mit dem Kapitel "Rechtsformen und Rechtsstellung der selbständigen Untergliederungen". VadW 11 VOLK AUF DEM WEG Nr. 1 / 2011 KULTUR Erforschung und Bewahrung des russlanddeutschen Kulturerbes Landeskulturtagung in Bayern D ie Kulturtagungen der Landsmannschaft in Bayern haben mittlerweile Tradition. Um den einzelnen bayerischen Ortsgruppen die Möglichkeit zu geben, sich verstärkt in der Öffentlichkeit zu präsentieren, wird die Veranstaltung immer an einem anderen Standort durchgeführt. Nach den Kulturtagungen in Schweinfurt und Regensburg luden der Landesvorsitzende Eduard Neuberger und die Landeskulturreferentin Linda Wolf nun Vertreter der Ortsgruppen Bayerns zu einer Kulturtagung am 20. November in das Hotel „Residenz Bavaria“ in Bad Reichenhall ein. In die Vorbereitungen hatte sich auch die Ortsgruppe Berchtesgaden mit ihrer stellvertretenden Vorsitzenden Lilia Boxler eingebracht. Die Veranstaltung wurde vom Haus des Deutschen Ostens, München (Direktor Dr. Ortfried Kotzian), unterstützt. Eduard Neuberger eröffnete die Kulturtagung, und Linda Wolf stimmte die Teilnehmer aus den Ortsgruppen Berchtesgadener Land, München, Straubing-Bogen, Regensburg, Dingolfing und Landshut auf den Schwerpunkt "Erforschung und Bewahrung des russlanddeutschen Kulturerbes" ein. Dr. Herbert Lackner, Oberbürgermeister der Stadt, würdigte in seinem Grußwort die Aktivitäten und die vorbildliche Integrationsarbeit der Landsmannschaft in Bad Reichenhall und Umgebung. Ein rührender Augenblick und gleichzeitig eine angenehme Überraschung für die Betroffene war die Auszeichnung von Emma Neuberger. Für ihren langjährigen ehrenamtlichen Einsatz, vor allem in der Kinder- und Jugendarbeit der Ortsgruppe Straubing-Bogen, erhielt sie die bronzene Ehrennadel der Landsmannschaft. Ein Fotoständchen mit Oberbürgermeister Dr. Lackner rundete die Überraschung ab. Dr. Katharina Neufeld, Leiterin des Museums für russlanddeutsche Kulturgeschichte Detmold, referierte zum Thema „Museum für russlanddeutsche Kulturgeschichte und seine Aufgaben. Russlanddeutsche Kultur: eine Fiktion?“ und diskutierte mit den Teilnehmern über Identität und Selbstwahrnehmung der Deutschen aus Russland. Fragen wie "Was ist russlanddeutsche Kultur?", "Gibt es sie überhaupt?" oder "Wie sollen wir uns mit unsrem kulturellen Erbe nach außen präsentieren?" wurden angeregt besprochen. 12 VOLK AUF DEM WEG Nr. 1 / 2011 Die Teilnehmer der Kulturtagung in Bad Reichenhall. Anhand einer Bildpräsentation erläuterte Dr. Neufeld die Aufgaben des Museums und zeigte, was es an Raritäten und Kostbarkeiten beherbergt. Am 22. Juli 2011 soll das neue Museumsgebäude eröffnet werden, das nach den in Deutschland üblichen Museumsstandards ausgestattet ist und museumspädagogische Programme für alle Altersgruppen anbieten wird. Im Anschluss las der Dichter und Schriftsteller Andreas Peters aus Bad Reichenhall aus seinen Büchern vor. Die Lesung wurde musikalisch von einem Duo mit Micha Peters (Saxofon) und Julian Lerchl (Schlagzeug) begleitet. Nina Paulsen, Redakteurin von „Volk auf dem Weg“, sprach zum Thema „Heimatbücher – das Herzstück der Landsmannschaft“. Die Heimatbücher der Deutschen aus Russland dokumentieren das wertvolle kulturelle Erbe der Volksgruppe. Seit Dr. Katharina Neufeld 1954 sind 32 Bände erschienen – eine Dokumentation, die sich sehen lassen kann! Nach dem Mittagessen und einer kurzen Stadtführung, die Elena Baranov leitete, trafen die Teilnehmer pünktlich zum Beginn des Kulturnachmittags ein. Im Foyer des Gemeindehauses stellte Andreas Prediger seine Werke aus, und Nikolai Braun präsentierte wunderbare Holzschnittarbeiten, die man nicht nur bewundern, sondern auch bestellen oder kaufen konnte. Zum Heimatabend versammelten sich Aussiedler und einheimische Nachbarn, auch so mancher Vertreter der Kommunalpolitik und örtlicher Institutionen war der Einladung der Landsmannschaft gefolgt. Durch das Programm führten Elena Ortmann und Julia Mut von der JSDRGruppe Bad Reichenhall, die vor etwa einem Jahr gegründet wurde und aktiv bei landsmannschaftlichen Veranstaltungen und Initiativen mitwirkt. Lilia Hein (Akkordeon) und Helena Ipatow (Gesang) aus Altötting traten mit russischen Klassikern und deutschen Titeln auf. Der Seniorenchor aus Bad Reichenhall (Svetlana Scheier, Irma Kremer) stellte sich mit ukrainischen Liedern vor. Die Schülerin Caroline Domme aus Freilassing spielte Saxofon. Von volkstümlich über klassisch bis modern reichten die Darbietungen einiger Tanzgruppen. Das Ensemble „Letas“ (Leitung: Elena Müller) brillierte mit einem russischen Tanz. Die landsmannschaftliche Tanzgruppe „Konfetti“ (Leitung: Tatjana Fesin) aus Freilassing stellte sich mit einer "Finnischen Polka" KULTUR INTEGRATION und anderen Tänzen vor. Die BRK-Tanzgruppe (Leitung: Galina Schaak) aus Altötting vertrat die moderne Stilrichtung und tanzte mit der HipHop-Gruppe aus Bad Reichenhall (Leitung: Lilia Gaivan) um die Wette. Die Theatergruppe, in der auch die JSDR-Jugendlichen mitspielen, zeigte eine Szene zum Thema „In der Schule“, wobei sie dem deut- Bronzene Ehrennadel für Emma Neuberger (2. von rechts). Links schen Schulsystem neben ihr Ehemann Eduard Neuberger, Vorsitzender der Landesund allerlei Vorurtei- gruppe Bayern; links die Kulturreferentin der Landesgruppe Baylen mit viel Witz und ern, Linda Wolf, rechts der Oberbürgermeister von Bad Reichenhall, Humor den Spiegel Dr. Herbert Lackner. vorhielt. Amtes für Jugendliche, Familien und Beindruckend war die Modenschau Kinder, war ebenfalls von dem Gesche„Gala“ mit Galina Woronkin. Die Mäd- hen auf der improvisierten Bühne begeischen aus dieser Gruppe führten zu roman- tert. Obwohl sie mit den Aktivitäten der tischen Musikklängen selbst entworfene Landsmannschaft bereits vertraut ist und Kleider vor. sie unterstützt, war sie von der Vielfalt der Alle Teilnehmer des Kulturprogramms Talente beeindruckt und äußerte, dass man ernteten den begeisterten Beifall des Pub- hier sicher sein könne, dass die Förderung likums. Annemarie Müller, Leiterin des ihr Ziel erreiche. VadW „Den Landsleuten die Würde zurückgeben.“ Lebendige Integration in Karlsruhe U nter dem Motto „Alle unter einem Dach“ ist das Jugendhaus der Orts- und Kreisgruppe Karlsruhe (Vorsitzende Erna Pacer) in der Scheffelstraße 54 seit über zwei Jahren Mittelpunkt der gesamten Vereinsarbeit. „Jeder Mensch braucht ein Zuhause. Für unsere Landsleute, in deren Auftrag sich die Orts- und Kreisgruppe in Karlsruhe vor 55 Jahren gegründet hat, war schon immer klar, dass ein Treffpunkt für Kinder, Jugendliche und Erwachsene sehr wichtig ist. Aber es hat lange gedauert, bis dieser Wunsch in Erfüllung ging“, sagt Emilia Schmackow, die 2006 bis 2008 das landsmannschaftliche Projekt "Alle unter einem Dach" (gefördert vom BAMF) leitete. Bereits in dieser Zeit war es der Ortsgruppe und ihren Aktiven gelungen, durch vielfältige Angebote und Aktivitäten im Rahmen der Projektarbeit Respekt und Anerkennung in der Stadt zu gewinnen. Unter dem Leitspruch „Jugend ist unsere Zukunft“ bemühten sich der Vorstand mit Erna Pacer und die Projektleiterin, in den gemieteten Räumlichkeiten im Grünwinkel den Grundstein für eine vielfältige Vereinsarbeit von heute zu legen. „Aus dem Bedarf heraus und dem Bestreben, den eigenen Landsleuten die Würde zurückzugeben, wurden die anfänglichen Angebote immer wieder ausgebaut“, sagt Erna Pacer. So entstanden nach und nach der Beratungsdienst, eine Jugendband, eine Folkloregruppe für Erwachsene und Kinder, eine Bläsergruppe, die Kinder- und Jugendtanzgruppen, ein Senioren- und Frauentreff, Nachhilfeunterricht in Englisch, Deutsch und Mathematik, eine Theatergruppe und schließlich die erste Gruppe der Pinocchioschule mit Frühkunsterziehungsangeboten, die heute fünf Gruppen hat. „Mit Bildung und Erziehung im Kinderalter fängt alles an, darauf legen wir einen großen Wert“, meint Emilia Schmackow, die sich bereits in ihrer alten Heimat St. Petersburg in ähnlicher Weise engagiert hat. Mit zunehmendem Interesse für die Angebote der Landsmannschaft wurde es in den alten Räumlichkeiten allmählich zu eng, so dass ein Umzug in das Jugendhaus in der Scheffelstraße trotz dessen schlechten Zustandes anstand. Mit Unterstützung der Stadt Karlsruhe, des Büros für Integration, des Stadtjugendausschusses und zahlreicher ehrenamtlicher Helfer, die sich ein ganzes Jahr lang an den Umbauarbeiten beteiligten, wurde das ehemalige Haus der djo - Deutsche Jugend in Europa in Eigenregie renoviert und bekam ab dem 1. September 2008 eine neue Verwendung. Die Bauarbeiten leitete ehrenamtlich Sergej Stol, der in unzähligen Arbeitsstunden abends, an Wochenenden und im Bei der Renovierung des Jugendhauses packten viele fleißige Helfer mit an. 13 VOLK AUF DEM WEG Nr. 1 / 2011 INTEGRATION Unterricht mit Emilia Schmackow (oben) und Elena Karsten. Das Märchentheater, das ebenfalls im Rahmen der Projektarbeit entstanden ist, wird nach wie vor von Emilia Schmackow und Ida Martjan geleitet. Die Beratung und Betreuung im sozialen Bereich liegt in den Händen von Irina Kiba, Erna Pacer und Emilia Schmackow. All das und vieles mehr wird mit Unterstützung der Stadt Karlsruhe und durch Spenden organisiert und umgesetzt. „Wir fühlen uns hier heimisch und aufgehoben“, sagt Erna Pacer, die bei allen Vorhaben tatkräftig von den Vorstandsmitgliedern Irina Kiba, Alexander Martjan, Olga Miller, Emilia Schmackow, Irina Stol, Lina Tomm und Waldemar Gergenreder unterstützt wird. In der zufriedenen Feststellung schwingt allerdings auch etwas Besorgnis mit, denn auch diese Vereinsräume sind inzwischen zu klein geworden für die generationenübergreifenden Aktivitäten der Landsmannschaft... VadW, Stärkung der demokratischen Bürgergesellschaft N ikolaj Magal (Projektleiter Baden-Württemberg) und Tatjana Cybaeva (Ortsgruppe Altötting) beteiligten sich am 5. Oktober 2010 an der Transferkonferenz Süd, die von der Jugendstiftung Baden-Württemberg organisiert wurde. Urlaub mit den Jugendlichen Alexander Paul, Viktor Scheck, Roman Miller, Alexander Lehmann, Constantin Martjan, Igor Schmackow, Eugen Mörling, Katja Stol, Katharina Dorn, Denis Schlegel, Olexej Repetskij und anderen das marode Haus auf Vordermann brachte. Fenster, Strom, Dielen – alles musste erneuert werden. Auch viele erwachsene Helfer brachten sich ein, darunter Alexander Martjan, Nikolaj Stol, Lidia Zadan, Larissa Repeska, Waldemar Gergenreder, Alexander Kulgunin, Alexander Schmackow, Waldemar Tverdokhlebow, Eugen Erdmann, Wasilij Sebold und Vital Karsten, um nur einige zu nennen. Seit über zwei Jahren ist das Jugendhaus Treffpunkt für Jung und Alt; hier findet eine gelebte Integration statt. Den Interessen entsprechend gibt es ein breites Spektrum an Angeboten, das ständig erweitert wird. Dabei wird besonders darauf geachtet, dass alles, was angeboten wird, einen interkulturellen und integrationsbedingten Charakter hat. Die Pinocchioschule für die Kleinen, die von Emilia Schmackow im Rahmen ihrer Projektarbeit 2007 gegründet wurde, wird heute von ihrer jungen Nachfolgerin Anna 14 VOLK AUF DEM WEG Nr. 1 / 2011 Kastalion weiter geleitet. Die Lehrerin Klaudia Duscher, die seit drei Jahren die Vorschule leitet, hat 2010 die Studentin Ricarda Staab als Verstärkung bekommen. Bei der Hausaufgabenbetreuung engagieren sich Elena Eichner (Englisch), Olga Miller und Helene Karsten (Deutsch) sowie Lilia Rogatkina und Vera Wild (Mathematik). Vera Wild dokumentiert außerdem die Arbeit des Vereins, pflegt und betreut die gut gestaltete Homepage der Landsmannschaft. Deutsch für Frauen mit Kinderbetreuung bieten die Lehrerinnen Irina Kiba und Olga Miller an, wobei sich Katja Stol und Julia Grishina bei der Kinderbetreuung engagieren. Emilia Schmackow unterrichtet Russisch als Fremdsprache, für den Musikunterricht sind Galina Schlegel und Elena Moor zuständig, und die Malstunden gestaltet Olga Davydova. Die Tanzgruppen verschiedener Altersgruppen werden von Ida Martjan und Galina Kulgunina betreut. Die Bläsergruppe „Gute Laune“ und eine Folkloregruppe für Senioren leitet Waldemar Friedrich. Die Jugendband „Ex More“ betreut Denis Schlegel, und das Puppentheater wird von Anna Kastalion geleitet. Sie stellten die Landsmannschaft der Deutschen aus Russland vor und waren Tischgeber beim World-Café „Beteiligung von Migrantenorganisationen vor Ort“. Damit war die Beteiligung von Migrantenorganisationen an den Bundesprogrammen „Vielfalt tut gut“ und „Toleranz für Demokratie“, die gegen Rechtsextremismus, Fremdrnfeindlichkeit und Antisemitismus in Deutschland gerichtet sind, gemeint. Positiv war, dass sich viele Teilnehmer der Konferenz, unter denen Vertreter von Wohlfahrtsverbänden, Mitarbeiter von Ämtern und Zuständige für die Organisation und Durchführung von "Lokalen Aktionsplänen" waren, für das Themengebiet des Tisches interessiert haben. Es wurden Möglichkeiten der Zusammenarbeit mit Migrantenorganisationen, Probleme, die Einbeziehung von Menschen mit Migrationshintergrund in kommunale Netzwerke und Gremien sowie die Entdeckung und Entfaltung des Potenzials zugewanderter Menschen diskutiert. VadW DIE VOLKSGRUPPE Drei Schwestern – Schicksalsschläge mit Geduld und Demut meistern A m Samstag, den 30. August 1941 erhielten wir die letzte Ausgabe der Zeitung „Nachrichten“ mit dem Erlass des Präsidiums des Obersten Sowjets der UdSSR über die Aussiedlung der Wolgadeutschen in den Osten. Und bereits am 4. September begann die Aussiedlung von der Eisenbahnstation „Netka“. Zuerst waren das Dorf Pfeiffer und die Straße Perwomajskaja (die Lawlagass) unserer Kolonie Kamenka an der Reihe. Der Zug mit den Deportierten kam nach über zwei Wochen an der Station Issilkul, Gebiet Omsk, an. Die Familie unseres Nachbarn Josef Kissner landete im Dorf Solnzewka. Später zog er in die benachbarte Siedlung Becker, wo er in der Kolchose als Mähdrescherfahrer arbeitete. Anfang 1942 wurde Josef in die Trudarmee geholt und kam nach Iwdel, Gebiet Swerdlowsk. Seine Ehefrau Katharina (geb. 1917) blieb in der Fremde mit zwei kleinen Kindern zurück. All ihre Verwandten verschlug es nach Kasachstan. Im August 1942 beschloss Katharina, sich zu ihren Verwandten durchzuschlagen ohne Abmeldung und Genehmigung! Vom ohnehin bescheidenen Hab und Gut, das die Familie in der Eile der Deportation mitnehmen konnte, war nicht viel übrig geblieben. Einiges konnte sie gegen Dringenderes eintauschen, das meiste verschenkte sie nun einfach, damit sie nicht viel zu tragen hatte. Der Rest – nur die notwendigsten Dinge – passten genau in den selbst gefertigten Kinderwagen. So machte sie sich auf den Weg Richtung Kasachstan, fest entschlossen, die Mutter und ihre zwei Schwestern zu finden – den zweijährigen Sohn auf dem Arm und die fünfjährige Tochter am Rockzipfel. Das Unternehmen war sehr mühsam und vor allem gefährlich. Russisch konnte Katharina kaum; den Weg von Omsk bis Koktschetaw erfragte sie sich bei den Einheimischen mit Händen und Füßen, nicht selten musste sie umherirren. Geschlafen wurde meist unter freiem Himmel, gegessen und getrunken, was es eben so gab. Das Schlimmste war, dass Katharina unterwegs bestohlen wurde – all ihre Dokumente waren weg. Nach Wochen beschwerlichen Fußmarsches erreichte sie das Dorf Dorofejewka im Gebiet Akmolinsk. Hier lebten ihre Mutter, die Schwester Maria Schmidt (geb. 1915) und die Schwester Anna Baier (geb. 1919). Das Eintreffen von Katharina mit den Kindern war eine Überraschung ohnegleichen und eine große Freude. Die Verwandten konnten sich kaum vorstellen, wie sie es geschafft hatte, allein mit kleinen Kindern einen Weg von Hunderten Kilometern zurückzulegen. Sie unterstützten Katharina nach Kräften und halfen ihr, sich am neuen Ort einzuleben. Beim 90. Geburtstag: Katharina Kissner mit ihren Kindern. 1944 kam Josef Kissner aus der Trudarmee zurück; auch danach arbeitete er in der Kolchose "Kollektivist" (Dorf Dorofejewka) als Mähdrescherfahrer. 1959 übersiedelten die Kissners in das benachbarte Dorf Kamennyj Karjer in der Nähe der Stadt Schtschutschinsk. Die Siedlung war fast ausschließlich von Wolgadeutschen aus Kamenka aufgebaut worden. Langsam trat auch in das Leben der Familie Kissner eine gewisse Normalität ein. Nach den zwei Kindern brachte Katharina noch sieben weitere zur Welt; heute sind nur noch vier von ihnen am Leben. Katharina sang im Kirchenchor des Dorfes mit. Ihren Mann beerdigte sie 1986, seit 1993 lebt sie mit ihren Kindern in Deutschland. Auch Egor Baier kam 1946 aus der Trudarmee zurück und arbeitete als Tischler. 1960 siedelte die Familie ebenfalls nach Kamennyj Karjer um. Von ihren zehn Kindern sind alle noch am Leben. 1987 musste Anna Baier ihren Mann beerdigen. 1995 kam sie mit ihren Kindern und deren Familien nach Deutschland. Drei Jahre später mussten die Kinder den Tod ihrer Mutter beweinen. Josef Schmidt arbeitete nach der Trudarmee als Motorenwart auf der Elektrostation. Maria Schmidt fand zeitweilig eine Beschäftigung in der Kolchose. Die Auswanderung nach Deutschland hat Josef leider nicht erleben können. Er verstarb 1994, kurz bevor Maria mit ihren Kindern in das Land der Vorfahren aufbrach. 53 Jahre hatte sie in Dorofejewka gelebt. 1997 ging sie friedlich aus dem Leben – in der neuen Heimat. In Deutschland konnten alle Familien mit staatlicher Starthilfe und dank eigenem Fleiß schneller Fuß fassen, als es ihren Eltern1941 nach der Deportation in Kasachstan möglich gewesen war – der Heimat beraubt und unter Verdacht stehend, Verräter und Spione zu sein. Und so trauern sie auch ihrer alten Heimat, die sie für Jahrzehnte in der Verbannung ließ, nicht nach. In ihrem langen, strapazenvollen Leben lernten Schwestern, die Schicksalsschläge mit Geduld und Demut zu meistern. Am 20. Februar 2007 versammelten sich zum 90. Geburtstag von Katharina Kissner die Nachkommen der Familien Kissner, Schmidt und Baier. Damals, als die 25-jährige Katharina sich mit zwei kleinen Kindern auf den Weg machte, konnte sie sich wohl kaum vorstellen, dass sie auch noch nach 65 Jahren im Kreise der Familie – leider ohne die beiden Schwestern, die ihr damals geholfen hatten – feiern würde. Auch mit 93 ist Katharina Kissner noch geistig fit, obwohl sich das vorgerückte Alter langsam bemerkbar macht. Deswegen kümmert sich ihre Tochter Rosa Meder um den Haushalt. Die Nichten und Neffen vergessen ihre Tante gleichfalls nie, ganz zu schweigen von den Enkeln, Urenkeln und Ururenkeln. Im Namen der weit verzweigten Verwandtschaft wünsche ich Katharina noch viele glückliche und zufriedene Jahre im Kreise ihrer Nächsten – sie hat es verdient! Artur Schneider, Backnang (Deutsch von Nina Paulsen) 15 VOLK AUF DEM WEG Nr. 1 / 2011 KULTUR Agnes Gossen-Giesbrecht: „Die deutschen Autoren aus Russland sind das Sprachrohr der Russlanddeutschen“ D ie 2010 mit der Ehrengabe des Russlanddeutschen Kulturpreises des Landes Baden-Württemberg ausgezeichnete Lyrikerin und Essayistin Agnes Giesbrecht (geb. Gossen) wurde 1953 in dem russlanddeutschen Dorf Podolsk, Gebiet Orenburg, geboren. Schon in ihrer frühen Kindheit entwickelte sie eine Liebe zum Buch und zum geschriebenen Wort, verfasste seit der Schulzeit Gedichte, hauptsächlich in russischer Sprache. Zu Hause sprach man Plattdeutsch. Agnes studierte Slawistik an der Pädagogischen Hochschule Orenburg und Bibliothekswesen im Nordkaukasus, unterrichtete anschließend Russische Sprache und Literatur im Gebiet Orenburg und im Nordkaukasus, war als Bibliothekarin und gleichzeitig als freischaffende Journalistin tätig und leitete einen Literaturzirkel. Seit 1989 lebt Agnes Gossen-Giesbrecht in Deutschland und arbeitet als Bibliothekarin an der Universität in Bonn. Neben dem Hauptberuf unterrichtet sie Russisch an der Volkshochschule und engagiert sich bei der Bonner Plattdeutschen Initiative, der Bonner Werkstatt Kreatives Schreiben und der Gesellschaft Prussia. Außerdem „bastelt“ sie am Projekt „Literaturbrücke Bonn-Kaliningrad“. 1995 gründete sie mit Gleichgesinnten den Literaturkreis der Deutschen aus Russland e.V., den sie rund zwölf Jahre leitete. In dieser Zeit entwickelte sich der Freundeskreis von ursprünglich 14 Autoren zu einem Bundesverband mit über 90 Mitgliedern. Als Vorsitzende hat sie zahlreiche Veranstaltungen organisiert und war „Geburtshelferin“ bei vielen Publikationen. „Es war für mich nie so wichtig, eine Vorsitzende zu sein. Wichtig war immer, dass sich etwas bewegt, dass die russlanddeutsche Literatur in Deutschland präsentiert wird. Es war mehr Verantwortung als Ehre und außerdem eine riesige Aufgabe, die nur dank immer neuer Kontakte und der Unterstützung vieler Autoren machbar war“, sagt sie rückblickend. In Russland begeisterte sich die Lyrikerin insbesondere für die Klassiker der russischen Literatur, aber auch für die Freigeister wie Anna Achmatowa, Marina Zwetajewa oder Josef Brodskij. In der neuen Heimat entdeckte sie die poetische Sprache bekannter deutscher Autoren und 16 VOLK AUF DEM WEG Nr. 1 / 2011 wagte 1991 den Versuch, in deutscher Sprache zu schreiben, unter anderem im Rahmen einer Literaturwerkstatt in Bonn. Inzwischen hat sie sich zu einer Autorin entwickelt, die mit beiden Sprachen souverän und kreativ umgeht. Agnes Gossen-Giesbrecht ist Autorin von sechs eigenen Büchern in Deutsch und Russisch sowie Herausgeberin mehrere Publikationen des Literaturkreises der Deutschen aus Russland. Als Dichterin hat sie sich Agnes Gossen-Giesbrecht am meisten gefreut, als 2000 ihre ersten beiden Bücher in Deutsch teraturkreis der Deutschen aus Russland. „Die Feder tanzt“ und „Zwischen gestern Das unveröffentlichte Manuskript, das und heute“ im Robert Burau Verlag veröf- ich eingereicht hatte, weil der Kulturpreis fentlicht wurden und als 2005 die von ihr auch für Literaturkritik ausgeschrieben zusammengestellte Anthologie „Kindheit war, enthielt meine Gespräche mit bein Russland“ erschien, die 2007 ihre zwei- kannten deutschen Autoren aus Russland te Auflage erlebte. Jetzt arbeitet Agnes wie Lore Reimer, Andreas Peters, Ida Gossen-Giesbrecht an einer Fortsetzung, Bender und Eugen Warkentin, aber auch sammelt neue Texte über Kindheiten in mit den jüngeren Autoren Max Schatz und Russland und Deutschland aus der Nach- Juri Bender oder dem Liedermacher Dikriegszeit bis zum heutigen Tag. mitri German sowie meine Rezensionen Die deutschen Autoren aus Russland sieht zu Büchern unserer Autoren. Leider hasie als Sprachrohr der Russlanddeutschen. ben wir zu wenige gute Literaturkritiker, „Wenn unsere Bücher gelesen werden, Ausnahmen sind Herold Belger und Elena können die Einheimischen uns besser Seifert, Nina Paulsen und der Rumänienverstehen und weniger Vorurteile uns ge- deutsche Ingmar Brantsch, die sich alle genüber haben. Besonders freut es mich, bestens in der Materie auskennen. Litewenn ich von einheimischen Kollegen ratur und Literaturkritik leben voneinanhöre, dass wir die bundesdeutsche Kultur der. Literaturkritik ist wichtig, um auf die bereichern, ein frischer Wind für sie sind, Bücher deutscher Autoren aus Russland neue Themen und Erfahrungen einbrin- aufmerksam zu machen, ihre Stärken und gen“, sagt sie. Schwächen zu analysieren, aber auch für In den zwölf Jahren als Vorsitzende des Li- die Belebung und weitere Entwicklung teraturkreises hat sie unter anderem dazu der Literaturwissenschaft. beigetragen, dass der Verein auf eigenen Beinen steht – mit inzwischen sechs Orts- Sie gehörten vor 15 Jahren zu den Beund Regionalgruppen, die von engagier- gründern des Literaturkreises der Deutten Autoren geleitet werden. Trotzdem schen aus Russland e.V. und haben den wird sie auch in Zukunft wohl alle Hände Verein zwölf Jahre lang mit viel Enthuvoll zu tun haben. Sie plant ein Buch über siasmus geleitet. Wie hat sich aus Ihrer den Literaturkreis sowie zwei eigene Pub- Sicht die russlanddeutsche Literaturlikationen mit größeren Prosatexten, die szene in den vergangenen Jahren vergeduldig in der Schublade warten. ändert? Was hat der Literaturkreis dazu beigetragen? VadW: Was bedeutet für Sie der Russ- Am Anfang war es ein kleiner Kreis von landdeutsche Kulturpreis? Gleichgesinnten mit 14 Autoren. Vor drei Agnes Gossen-Giesbrecht: Er war für Jahren waren es 96, jetzt ist der Literaturmich eine Überraschung, aber auch eine kreis leider auf fast die Hälfte geschrumpft. Ehre und Anerkennung für den ganzen Li- Am Anfang haben wir 70-seitige Literatur- KULTUR kalender herausgegeben, 2001 den ersten zweisprachigen Almanach. In den letzten Jahren, in denen sehr viele neue Mitglieder, die russisch schreiben, zu uns kamen, konnten wir zwei Literaturalmanache im Jahr herausgegeben - in Deutsch und in Russisch. Aber es sind auch über 50 neue Einzelbände unserer Autoren erschienen, darunter auch Romane, zum Beispiel von Viktor Heinz und Anatoli Steiger. Besonders erfreulich, dass wir für unsere jungen Liedermacher zwei Broschüren mit Liedertexten in Deutsch und Russisch veröffentlichen konnten und dass zur jungen Generation des Literaturkreises sechs Kinder unserer Mitglieder gehörten, die hier in Deutschland aufgewachsen sind und Deutsch als Muttersprache beherrschen. Max Schatz, Florian Bergner und Juri Bender haben bereits mit 18 Jahren ihre ersten Publikationen veröffentlicht. Lena Klassen, die Tochter der Dichterin Lore Reimer, hat mittlerweile sieben Bücher herausgegeben. Das beweist, dass sich die russlanddeutsche Literaturszene nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ verändert. Die Literatur der Deutschen aus Russland bleibt einer breiten Leserschaft nach wie vor weitgehend unbekannt. Was fehlt, damit es anders wird? Leider ist es die bittere Realität. Andererseits ist das Lesen in Deutschland laut einer Statistik auf 13 Leser pro herausgegebenem Buch geschrumpft, und ein Drittel der gesamten Lesezeit geht auf Gebrauchsanweisungen. Und natürlich haben unbekannte Autoren es schwieriger, auf dem riesigen deutschen Büchermarkt auf sich aufmerksam zu machen. Es gibt aber auch positive Beispiele, die sich auf Autoren mit russlanddeutschen Wurzeln beziehen. Die wohl bekannteste Autorin seit vielen Jahren ist Nelly Däs, die erste Preisträgerin des Russlanddeutschen Kulturpreises für Literatur 1996. Ihr Buch „Mädchen vom Fährhaus" wurde verfilmt. Der junge Autor Johann Trupp gewann 2007 den 15. open mike und den Preis der taz-Publikumsjury. Eleonora Hummel aus Dresden, Förderpreisträgerin des Russlanddeutschen Kulturpreises 2002, bekam für ihren Roman „Die Fische von Berlin" 2006 den Adelbert-von-Chamisso-Förderpreis (Auszeichnung der Robert-BoschStiftung für herausragende literarische Leistungen deutsch schreibender Autoren, deren kulturelle Herkunft nicht in Deutschland ist). Inzwischen ist 2009 ihr Fortsetzungsroman „Die Venus im Fenster“ erschienen. Es gab auch schon russlanddeutsche Filmpreisträger, und vielleicht ist das der „modernste“ Weg, die Werke unserer Autoren bekannt zu machen. Ich freue mich auch darüber, dass die Anthologie mit humoristischen Erzählungen, herausgegeben vom Literaturkreis, gut ankommt. Und die „Kindheit in Russland“ ist in 2. Auflage erschienen. Wahrscheinlich, weil diese Themen bestimmte Lesegruppen besonders ansprechen. Ich bin optimistisch, was die Entwicklung der russlanddeutschen Literatur angeht. Bestimmt werden einige schreibende Vertreter der jüngeren Generation es schaffen, in Deutschland bekannt zu werden. Deutsch oder auch Russisch? Das Dilemma hatte die russlanddeutsche Literatur der Nachkriegszeit bereits in der Sowjetunion; damals wurden die auf Russisch verfassten Werke eher verleugnet. Hier und heute sind sie Realität, auch wenn sie eine stark begrenzte Leserschaft haben. Sie selbst sind der beste Beweis dafür, wie man eine neue Heimat gewinnen kann, ohne die alte Heimat verlieren zu müssen. Und doch, wo liegt - sprachlich gesehen - aus Ihrer Sicht die Zukunft der Literatur der Deutschen aus Russland? Die Zukunft unserer Literatur in Deutschland liegt natürlich in der deutschen Sprache, auch wenn es momentan noch nicht so aussieht. Die Angehörigen der zweiten Aussiedlergeneration können teilweise nur noch russisch sprechen, aber oft nicht mehr lesen und schreiben, wenn sie als Kleinkinder nach Deutschland gekommen und hier aufgewachsen sind. Ich selbst habe lange Zeit Gedichte in Russisch, aber Erzählungen und Rezensionen seit meiner Ankunft in der neuen Heimat bewusst in Deutsch geschrieben. Später habe ich dann auch drei Gedichtbändchen in Deutsch veröffentlicht. In der letzten Zeit habe ich auch einige Erzählungen und Gedichte in Plattdeutsch geschrieben sowie Autorenseminare für plattdeutsch Schreibende organisiert. Der Dialekt ist die Quelle unserer Sprache, er bereichert und schmückt sie, auch wenn er vielleicht langsam ausstirbt. Jede Sprache ist auf ihre Weise schön und eine Bereicherung, aber die Liebe zur Muttersprache und ihre Pflege sind besonders wichtig. Für unser so lange heimatlos gewesenes Volk ist die Sprache immer die Heimat gewesen. In letzter Zeit ist es stiller um den Literaturkreis der Deutschen aus Russland geworden. Liegt es an der mangelnden Führung oder daran, dass sich Autoren an vielen Orten bundesweit organisieren? Ist es eine Entwicklung, die der Literatur der Deutschen aus Russland insgesamt gut tut oder nicht? Vor einigen Jahren haben wir sechs Ortsgruppen des Literaturkreises gegründet, weil es zum Beispiel in Berlin und Ham- Agnes Gossen-Giesbrecht: „Ich bin optimistisch… - die russlanddeutsche Literaturszene befindet sich in ständiger Bewegung und entwickelt sich dadurch weiter.“ burg, aber auch in Bonn und im Süden aktive Autoren gab, die mehrere Veranstaltungen organisierten. Jetzt haben sich einige verselbständigt, wie die Berliner Gruppe, wo es bereits drei verschiedene Literaturvereine mit Landsleuten aus der ehemaligen Sowjetunion als Mitglieder gibt. Wie in einer großen Familie gab es auch im Literaturkreis in letzter Zeit einige negative Tendenzen, Meinungsverschiedenheiten und einen Überhang von russisch schreibenden Autoren. Einige früher aktive Autoren haben sich zurückgezogen, die anderen kommunizieren seit Jahren übers Internet. Vor kurzem wurde zum neuen Vorsitzenden des Literaturkreises Gennady Dick gewählt, der schon seit einiger Zeit eine russlanddeutsche Bibliothek mit Bücherpräsentationen und eine russlanddeutsche Zeitschrift im Internet anbietet. Ich denke auch, dass es wahrscheinlich der richtige Weg ist, die Kommunikation über das Internet zu aktivieren. Veränderungen sind unvermeidlich, und das ist auch gut so, denn auch die russlanddeutsche Literaturszene befindet sich in ständiger Bewegung und entwickelt sich dadurch weiter. Eigentlich war und bleibt der Schrifttellerberuf, wenn man ihn als Beruf bezeichnen kann, eine einsame Sache. Aber es tut immer gut, über den eigenen Tellerrand zu schauen, sich von anderen Autoren inspirieren zu lassen, also nicht nur zu schreiben, sondern auch fremde Bücher zu lesen und sich Gedanken über die gesamtdeutsche Literatur zu machen. Die Fragen an Agnes Gossen-Giesbrecht stellte Nina Paulsen. Buchbestellungen bei der Autorin (Tel.: 0228-96499232; E-Mail: agnes. [email protected], [email protected]), und in Buchhandlungen: • „Agnes Gossen-Giesbrecht. Leben und Werk. Festschrift zum 55. Geburtstag“, 2008, ISBN 978-3-93367355-0. • Agnes Giesbrecht, „Die Feder tanzt…“, Gedichte, BMV Verlag Robert Burau, Preis 5,30 Euro, ISBN 978-3-935000-02-4. • Agnes Giesbrecht, „Zwischen gestern und heute“, Erzählungen, BMV Verlag Robert Burau, Preis 7,95 Euro, ISBN 978-3-935000-01-7. • Agnes Giesbrecht, „Zwischen Liebe und Wort“, Lyrik, Geest-Verlag 2004, Preis 10,- Euro, ISBN 3-937844-31-7. 17 VOLK AUF DEM WEG Nr. 1 / 2011 KULTUR Waldemar Giesbrecht – Einsichten und Erkenntnisse einer russlanddeutschen Familie A ls Kind deutscher Eltern 1925 in Russland geboren, schildert Waldemar Giesbrecht in seinen Büchern die Geschichte seines Lebens. Die Entwicklungen in „Einblicke“ (2007) finden in dem Band „Doppelmoral“ (2009) ihre Fortsetzung. Die Bücher umfassen eine Zeitspanne von 1925 bis in die Gegenwart; sie sind autobiografisch angelegt und erzählen doch die Geschichte der gesamten russlanddeutschen Volksgruppe. Den Wunsch, seine Erinnerungen niederzuschreiben, hatte er schon 1990, als er in den Ruhestand ging. Hauptgrund war jedoch die Aufforderung seines Vaters, die Lebensbeschreibung der Familie fortzuführen. Dieser hatte seine Geschichte unter den Verhältnissen des repressiven Regimes der Sowjetunion niedergeschrieben, als jegliches Andersdenken schwer bestraft wurde. Notgedrungen hatte er deshalb viele Erlebnisse gar nicht erst geschildert und seine Aufzeichnungen mit dem Beginn des II. Weltkriegs abgebrochen. Seine Begründung war sehr viel sagend: „Die Wahrheit niederschreiben darf ich nicht und lügen will ich nicht.“ Im Alter von 76 Jahren starb der Vater 1976 in Temirtau, Kasachstan. In „Einblicke. Einsichten und Erkenntnisse einer russlanddeutschen Familie im Kampf ums Überleben - 1925 bis 1956“ schildert Waldemar Giesbrecht seine Kindheit und Jugend bis zur Gründung einer eigenen Familie und der Aufhebung der Kommandantur. Er wurde in Lesnoje im Deutschen Rayon in der Kulunda-Step- 18 VOLK AUF DEM WEG Nr. 1 / 2011 Der Vorsitzende der Kreis- und Ortsgruppe Regensburg, Waldemar Eisenbraun (links), überreichte Waldemar Giesbrecht die bronzene Ehrennadel der Landsmannschaft. pe, Altai, geboren. Nach der Mittelschule träumte er von einem Medizinstudium, aber das unheilvolle Jahr 1941 zerstörte mit einem Schlag alle Hoffnungen. Als 16-Jähriger meldete er sich zur Roten Armee, doch statt in einer Panzerschule fand er sich 1942 in einem Arbeitslager in Tscheljabinsk wieder. Es folgte ein jahrelanger Kampf ums Überleben mit Schwerstarbeit und Demütigungen unter menschenunwürdigen Verhältnissen. „Schnell wurde mir klar, was der Grund und wer der Urheber dieser Schrecknisse waren: Ich war Deutscher und in den Augen der kommunistischen Regierung der Sowjetunion somit ein Verbrecher“, schreibt Giesbrecht. Ebenso erschütternd waren die Erkenntnisse in den weiteren Jahrzehnten, die im zweiten Band „Doppelmoral. Einsichten und Erkenntnisse einer russlanddeutschen Familie im Kampf ums Überleben – 1957 bis heute“ geschildert werden. 74 Jahre dauert das Leben nach doppelter Moral unter dem Sowjetregime. Um sich zu schützen, blieb den Menschen nichts anderes übrig, als nach dieser Doppelmoral zu leben: Das eine sagen, aber völlig anders denken. Seine Lebensstationen nach der Arbeitsarmee im Nordural waren ein Uranbergwerk in Kirgisien, ein berufsbegleitendes Bauingenieurstudium in Ust-Kamenogorsk, Ostkasachstan, der Aufbau der geheimen Atomstadt Stepnogorsk bei Astana, Kasachstan, und zuletzt einer geheimen Atomstadt im Gebiet Moskau. Dabei erkannte er „das wahre Gesicht der Kommunisten und Bolschewiken und begann es für den Rest meines Lebens erbittert zu hassen“. „Beeindruckend, dass Waldemar Giesbrecht in allem versucht, offen und ehrlich zu schildern, was war - und dabei weder zu beschönigen noch in ein künstlich schlechtes Licht zu rücken. Dass er in diesen Aufzeichnungen seiner Erinnerungen nicht nur detailliert und umfassend wiedergibt, was ihm unter dem sowjetischen Regime zugefügt wurde, sondern auch eigene Enttäuschungen mit einschließt, scheint mir außergewöhnlich“, schreibt David Neufeld, Prediger der Mennonitengemeinde Regensburg, im Vorwort zum ersten Buch. Ab den 80er Jahren wanderten Verwandte der Familie Giesbrecht nach Deutschland aus. Bis Anfang der 90er Jahre war der Großteil der Verwandtschaft im Land der Vorfahren. 1995 kam auch Waldemar Giesbrecht nach Bayern. Als Zeitzeuge ist er davon überzeugt, dass es notwendig ist, Lebensberichte zu verfassen. Als Begründung zitiert er den russischen Literaturwissenschaftler Dmitrij Lichatschow im Vorwort zu seinem ersten Buch. „Erinnerungen öffnen uns ein Fenster in die Vergangenheit. Sie teilen uns nicht nur Informationen über das Vergangene mit, sondern geben uns auch durch die Sicht des Zeitzeugen eine lebendige Vorstellung von den Ereignissen… Es lohnt sich, Memoiren zu verfassen, damit Ereignisse nicht vergessen werden, die Atmosphäre der Vergangenheit aufgefangen wird und, das Wichtigste, damit eine Spur von den Menschen zurückbleibt, an die sich möglicherweise keiner mehr erinnern wird und von denen die Dokumente Lügen berichten…“ Die Bücher sind beim Autor zu beziehen: Waldemar Giesbrecht Am Flachlberg 9. 93057 Regensburg Tel.: 0941-6400487 KULTUR Herbstfestival der Talente in München D ie Vereinten Nationen haben 2010 zum Internationalen Jahr zur Annäherung der Kulturen erklärt – ganz im Sinne unseres Herbstfestivals der Tradition und Kultur der Russlanddeutschen, das wir zum ersten Mal anbieten“, beschreibt die Organisatorin und Projektleiterin Olga Gusch die Idee des Vorhabens. Das Herbstfestival ist eine Initiative der Landsmannschaft und des Projektes „Angekommen und integriert in Bayern“. Die Veranstaltung fand am 28. November 2010 im Restaurant „Moccar Pompidou“ in München statt und wurde durch das Bayerische Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen über das „Haus des Deutschen Ostens München“ gefördert. Zahlreiche Gäste konnten das über dreistündige Kulturprogramm genießen. Durch das Programm führten Margarita Gusch und Anton Rieb. „Das Festival hat eine breite Resonanz gestreut. Deutsche aus Russland konnten zeigen, was sie an Talenten und kreativen Fähigkeiten mitgebracht haben“, so Olga Gusch. Zu den Ehrengästen gehörten der Bundesvorsitzende der Landesmannschaft, Adolf Fetsch, der in seiner Ansprache auf die 60-jähige Geschichte des Vereins einging, Linda Wolf, Kulturreferentin der Landesgruppe Bayern, und Walter Föllmer, Geschäftsführer des Bundes der Vertriebenen in München. Das Programm eröffnete der Chor „Poljanuschka“, der vor fast 40 Jahren von der Deutschen aus Russland Anna Lengenfelder gegründet wurde und mit russischen Volksliedern bei vielen Veranstaltungen präsent ist. Anna Lengenfelder hat sich gleich nach ihrer Ausreise nach Deutschland ehrenamtlich bei der Landsmannschaft und außerhalb des Vereins engagiert. Adolf Fetsch dankte ihr für ihr vielfältiges Ehrenamt und überreichte ihr eine Teilnahmebestätigung und ein Dankschreiben der Landsmannschaft. Weitere Teilnahmebestätigungen und Dankschreiben überreichte Linda Wolf unter anderem Tatjana Büxel für ihre Arbeit mit Kindern und Jugendlichen bei der Landsmannschaft in München. Den Erfolg ihrer Arbeit bestätigte das Kindermusiktheater unter der Leitung von Larisa Lozkina und Nikolaj Bortanov mit Kinderliedern aus russischen Zeichentrickfilmen und dem deutschen Klassiker „Stille Nacht, heilige Nacht“ – ganz im Sinne des 1. Advents, an den Linda Wolf mit einer angezündeten Kerze erinnerte. Der Chor "Poljanuschka" mit der Leiterin Anna Lengenfelder (2. von rechts). Mit Gesang in verschiedenen Sprachen klassischer, volkstümlicher und moderner Musik unterhielten weitere Akteure das Publikum: der Chor „Russkaja duscha“/ „Russische Seele“ (Leiterin und Dirigentin Eleonore Kocnov), die Musikgruppe „Vesna“ (Leitung: Larysa Novikava) aus München sowie die Musikerin Lilia Hein (Akkordeon) und die Opernsängerin Helena Ipatov aus Altötting, die von der Vorsitzenden der Ortsgruppe Altötting, Anna Heid, vorgestellt wurden. Die Dichterinnen Bella Jordan (Leiterin des Literaturclubs „7 Musen“) aus Rosenheim und Maria Schefner (Leiterin des Projektes „Lesungen der russlanddeutschen Autoren in Bayern“) präsentierten sich mit eigenen Werken auf Deutsch und Russisch. Das Münchner Jugend-Theaterensemble „TamTam“ (Leiterin Katharina Schmeer) zeigte Loriots „Garderobe“ und die Aufführung „Gute Nacht“ nach einem Theaterstück von Pjotr Grigorjew. Gute Stimmung verbreitete auch die Tanzgruppe „Letas“ (Choreografin und Gruppenleiterin Elena Müller, Kostümgestalterin Tatiana Vorotnikova). Die vier Tänzerinnen brillierten mit einem „Russischen Volkstanz“, anschließend heizten Elena Helena Ipatow wurde bei ihrem Gesangsvortrag von Lilia Hein auf dem Akkordeon begleitet. Olga Gusch würdigte den Einsatz ehrenamtlicher Kräfte mit Urkunden. und Sergej Müller die Stimmung mit einem „Zigeunertanz“ weiter an. Bei der Veranstaltung ehrte Olga Gusch auch einheimische Ehrenamtliche, die im Übergangswohnheim Höhenkirchen-Siegertsbrunn Aussiedler aus der ehemaligen Sowjetunion bei ihren ersten Schritten in der neuen Heimat unterstützen. Hans-Jochen Leitner, Franz Dielmann, Bernhard Raebiger und Birgit Rauscher-Leitner halfen Anträge ausfüllen, Briefe schreiben, Lebensläufe und Bewerbungen richtig formulieren. Sie organisierten Ausflüge, Hausaufgabenhilfe und Sammlungen. Roswitha und Heinz Hagen leiten seit 2007 ehrenamtlich einen Konversationskurs für Deutsche aus Russland in München; sie haben Ausflüge, Feste sowie Hausaufgabenbetreuung für Kinder im Übergangswohnheim Laim organisiert. Seinen Ausklang fand das Festival mit dem gemeinsam gesungenen Lied „Wir wünschen euch Glück“ und einem Tanzabend, bei dem die Gäste unter Anleitung der Tanzlehrerin Martina Flores Sandoval (Dozentin für Paartanz an der Münchner Volkshochschule) und Milan Sagner auch neue Tanzschritte lernen konnten. VadW 19 VOLK AUF DEM WEG Nr. 1 / 2011 KULTUR "Russlanddeutsche Schriftsteller. Von den Anfängen bis zur Gegenwart" P ünktlich zum 100. Geburtstag des russlanddeutschen Literaturwissenschaftlers, Literaturhistorikers und Literaturkritikers Woldemar Ekkert (29.11.1910-23.3.1991) ist das Buch „Russlanddeutsche Schriftsteller. Von den Anfängen bis zur Gegenwart“ von Herold Belger in 2. Auflage (258 Seiten, Preis 19,- Euro) in deutscher Sprache erschienen - ergänzt und um mehrere Autorenbiografien erweitert. „Im Gedenken an Woldemar Ekkert“ hatte Herold Belger, Schriftsteller und Literaturkritiker aus Almaty, Kasachstan, die Vorgeschichte des Buches in der ersten Auflage in deutscher Sprache (erschienen 1999) überschrieben. Bereits in den 80er Jahren hatte Belger ein unvollendetes Manuskript von Woldemar Ekkert in die Hand bekommen, den Entwurf für ein Buch. Dieser hatte begonnen, biographische Daten und Angaben über russlanddeutsche Literaten zusammenzutragen. Ein „Kurzes Nachschlagewerk der sowjetdeutschen Literatur“ hatte Woldemar Ekkert im Sinn; neben der Nennung der Werke der Autoren sollten auch wichtige biographische Stationen der Autoren mitgeteilt werden. Das Buch – ein unschätzbarer Beitrag zur Kulturgeschichte der Russlanddeutschen – sollte 1983 erscheinen, doch dazu kam Ekkert nicht mehr. Woldemar Ekkerts Konzeption überzeugte Herold Belger: Die Literatur ist ein hohes Gut und bewahrt das kollektive Gedächtnis eines jeden Volkes. „Es darf nicht sein, dass die Vergangenheit spurlos im Nichts verschwindet, dass das kollektive Gedächtnis erlischt, dass die nationale Kultur der Russlanddeutschen ausgelöscht wird“, so Belgers Überzeugung. 1996 konnte er das Lexikon (136 Seiten) in russischer Sprache herausgeben. Das Buch stellte mehr als 200 Autoren vor. Dank der Bemühungen der Literaturwissenschaftlerin und Slawistin Dr. Erika Voigt aus Berlin, die das Buch für die erste Auflage in deutscher Sprache übersetzte und durch historische Hintergründe und Bilder erweiterte, sowie anderer Unterstützer erschienen 1999 und 2010 zwei Auflagen in deutscher Sprache. „Wie kam es, dass ich der Überzeugung war, dieses schmale Buch in deutscher Sprache herausgeben zu müssen? Es war die Zeit, als eine große Zahl Spätaussiedler ... nach Deutschland kam. Von beiden Seiten war die Eingewöhnung in die neue Situation von Vorurteilen belastet. In Belgers Buch fand ich Andeutungen von Bio20 VOLK AUF DEM WEG Nr. 1 / 2011 graphien, die Vorbehalte hätten erklären können… Als ich die Arbeit begann, erfuhr ich große Unterstützung nicht nur von Herold Belger, sondern auch von vielen Autoren, ohne die ich den Text nicht um vieles erweitern konnte. Jetzt sind zehn Jahre vergangen, seit die erste deutsche Fassung erschienen ist. Wiederum haben dieses Vorhaben interessierte Leser unterstützt, so dass wir – Irina Leinonen, Nina Paulsen, Elena Seifert und Nadja Runde – weitere Autoren in unser Buch aufnehmen konnten“, erläutert Erika Voigt. Bestellungen: NORA Verlag (Torstr. 145, 10119 Berlin; Tel.: 030-20454990; Fax: 030-20454991; E-Mail: [email protected]). Buchhandlungen unter ISBN 978-3-86557-243-1. Nina Schein Eine fundierte Gesprächsgrundlage: Dr. Kotzians Thesen A m 11. November überzeugte der Leiter des Hauses des Deutschen Ostens in München, Dr. Ortfried Kotzian, bei einem Vortrag in Augsburg einmal mehr mit fundierten Kenntnissen der russlanddeutschen Thematik. Nach einem Prolog mit dem kanonischen russlanddeutschen Gedicht von Irmgard Stoldt „Wer bin ich?" spannte Dr. Kotzian einen weiten Bogen über die Geschichte unserer Volksgruppe. Sein Non-Stop-Referat über 150 Minuten war absolut druckreif und wurde von den etwa 100 Zuhörern im voll besetzten Saal des Bukowina-Instituts mit größter Anteilnahme verfolgt. Dr. Kotzian unterteilte die Russlanddeutschen vor 1941 in fünf Gruppen - Wolhynier, Kaukasusdeutsche, Krimdeutsche. Wolgadeutsche, Schwarzmeerdeutsche - und eine Sondergruppe, die Baltendeutschen. Bei der Einwanderung der Deutschen nach Russland begann Dr. Kotzian mit den "Gastarbeitern" unter Iwan dem Schrecklichen (1533-1584). Die Einwanderer unter Peter dem Großen (1689-1725) bezeichnete er als Spezialisten und die während der Regierungszeiten von Katharina der Großen (1762-1796) und Alexander I. (1801-1825) eingewanderten Deutschen als Siedler oder Kolonisten. Hätten Sie gewusst, dass für die Auswanderer aus dem Südwesten Deutschlands nach Russland Napoleon I. der Antichrist und Alexander I. der Retter im Sinne der Bibel waren? Oder dass Lenin die Nationalitätenfrage nach Schweizer Muster lösen wollte? Da mussten besonders alte Zuhörer Dr. Kotzians staunen, denen in der Kindheit der Satan als Antichrist und Christus als Retter vorgestellt worden waren. Dr. Kotzian nannte auch sehr einprägsame Zahlen über die Bedeutung der Deutschen im alten Russland. Obwohl sie bei der Volkszählung von 1897 nur 1,43 Prozent der Gesamtbevölkerung Russlands ausmachten, produzierten allein die Schwarzmeerdeutschen mehr Getreide und die Wolhynier mehr Kartoffeln als das gesamte Deutsche Reich! Für die Zukunft des Deutschtums in den Nachfolgestaaten der Sowjetunion sieht Dr. Kotzian allerdings schwarz: Der Krieg mit Deutschland habe den Russlanddeutschen das Genick gebrochen. Die Folgen seien der Verlust der deutschen Sprache und der Perspektiven. Optionen wie die Wiederherstellung der Autonomie an der Wolga, die Ansiedlung in Ostpreußen oder das Angebot des ukrainischen Präsidenten Krawtschuks an die nach Asien verbannten Ukraine-Deutschen, sich wieder am Schwarzen Meer niederzulassen, hätten sich sehr schnell als unerfüllbar erwiesen. Und auch die deutschen Rayons neueren Datums in Asowo und Halbstadt in Sibirien seien nur dem Namen nach deutsch. J. Kampen Aus der evangelischen Welt ISSN 0437-1674 Wer überwindet, der wird es alles ererben. D ie Offenbarung ist über viele Seiten ein Buch, das viele schreckliche Ereignisse aus der Endzeit unserer Welt beschreibt. Viele machen deshalb einen großen Bogen um dieses Buch, weil da auf den ersten Blick vieles sehr unverständlich ist. Doch heißt das Buch nicht umsonst „Offenbarung“. Und wenn viele dieses Buch „ein Buch mit sieben Siegeln“ nennen, so steht dem doch entgegen, was der Engel ganz am Ende dieses Buches dem Empfänger Johannes sagt: „Versiegle nicht die Worte der Weissagung in diesem Buch.“ (22,10) Offenbar möchte Gott uns, den Lesern dieses Buches, etwas Wichtiges mitteilen, was wir unbedingt wissen sollten. Die Offenbarung enthält neben der Beschreibung all der schrecklichen Ereignisse auch eine ganze Reihe großartiger Bilder über die gewaltige Herrlichkeit des Himmels und vor allem der Erlösten Gläubigen in der Ewigkeit. Zum Beispiel in Kap. 7 ab Vers 9: Danach sah ich, und siehe, eine große Schar, die niemand zählen konnte, aus allen Nationen und Stämmen und Völkern und Sprachen; die standen vor dem Thron und vor dem Lamm, angetan mit weißen Kleidern und Palmzweigen in ihren Händen … Sie werden nicht hungern noch dürsten; es wird auch nicht auf ihnen lasten irgendeine Hitze; denn das Lamm mitten auf dem Thron wird sie weiden und leiten zu den Quellen des lebendigen Wassers, und Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen. Solche und ähnliche Stellen gibt es viele in der Offenbarung. In dem Vers vor dem oben zitierten heißt es: Ich will dem Durstigen geben von der Quelle des lebendigen Wassers umsonst (22,6). Durst machen will uns die Offenbarung, Appetit auf das wahre Leben, Vorfreude auf die Herrlichkeit der Ewigkeit. Je mehr uns das groß wird, je weniger wird uns nach den Herrlichkeiten dieser Welt verlangen. Und umso weniger werden sie uns zum Hindernis auf dem Weg in die Ewigkeit. Denn die Herrlichkeit erben werden nicht nur die Menschen, die die Zeit der großen Trübsal und die schrecklichen Verfolgungen überwinden. Ebenso werden sie auch alle die erben, die jede Art von Versuchung zum Bösen überwinden. Denn wir lesen im folgenden Vers 8: Die Feigen aber und Ungläubigen und Frevler und Mörder und Unzüchtigen und Zauberer und Götzendiener und alle Lügner, deren Teil wird in dem Pfuhl sein, der mit Feuer und Schwefel brennt; das ist der zweite Tod. Diese alle haben nicht überwunden. Das heißt, unser Herr zählt zu den Überwindern nicht nur die, die in Trübsal und Verfolgung nicht feige ihren Glauben aufgeben. Ebenso zählt er dazu - die Menschen, die der Wegweisung der Heiligen Schrift mehr glauben und vertrauen als ihrem eigenen Verstand oder dem Verstand der Menschen ihrer Zeit und Gesellschaft, - die Menschen, die der süßen Verlockung zur Sünde widerstehen und um des ewigen Erbes willen sich in Verzicht üben, - die Menschen, die aller Versuchung zu sexueller Ausschweifung widerstehen um der Treue willen zu dem oder der Einen und vor allem um der Treue willen zu dem einen Heiland und Erlöser, - die Menschen, die ihren Zorn, auch wenn er berechtigt ist, zügeln, auch in ihren Gedanken, und ihren Feinden stattdessen Gutes tun und sie segnen, - die Menschen, die es aushalten, nicht um jeden Preis, und wenn es mit Hilfe finsterer Mächte ist, Dinge zu erfahren, die Gott ihnen verborgen hat, besonders die eigene Zukunft betreffend, - die Menschen, die ihr Leben und ihr Vertrauen nicht an tote Götzen oder den Reichtum hängen, auch wenn sie noch so viel Sicherheit und Geborgenheit versprechen, - die Menschen, die nicht die Lüge, die vom Teufel kommt, lieben und tun (22,15), sondern den Herrn Jesus in Person als ewige Wahrheit anerkennen. Offenbarung 21,7 Wer überwindet, der wird es alles ererben. An jenem Tag dabei zu sein in der großen Schar aus allen Nationen und mich von Jesus persönlich zu den Quellen lebendigen Wassers leiten zu lassen – welch ein Tag, o welch ein Tag! Das Herz wird mir ganz weit, wenn ich daran denke! Es lohnt sich. Unser Erbe ist unbeschreiblich. Christen aller Zeiten haben in großen Bedrängnissen und Verfolgungen ihre Überwinderkraft daraus geschöpft. Ich hoffe und bete, dass auch wir, Christen in der Wohlstandszeit, es schaffen, unser Herz an dieses Erbe zu hängen und allem, was uns davon abhält, abzusagen. Verlassen werd ich den Pfad dieser Welt, für mich gibt es kein Zurück. Und für immer werd ich bei Jesus sein. Halleluja, welch ein Glück! Eduard Lippert Alfred Eichholz berichtet aus Kirgistan A ls wir im August dieses Jahres eine Gemeinde in Deutschland besuchten, hat mich ein Bruder gefragt: „Na, Bruder Alfred, wie geht es euch in Kirgisien?“ Meine Antwort war: „Den Umständen entsprechend, aber Gott sei es gedankt, dass Er uns in allen Umständen bewahrt und segnet!“ Und dann kam von dem Bruder ein Satz, der mir auf manche Fragen eine Antwort gegeben hat: „Auch die Umstände werden von Gott zugelassen, manchmal auch von IHM geschaffen!“ HEIMAT IM GLAUBEN 1/2011 1 Aus diesen Gedanken heraus grüßen euch ganz herzlich Alfred und Larissa Eichholz aus Kirgistan. In Röm. 8, 28 heißt es: „Wir wissen aber, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Besten dienen, denen, die nach seinem Ratschluss berufen sind.“ Gott sei Dank, dass wir glauben können und sogar wissen dürfen, dass wir nach dem Ratschluss Gottes berufen sind, hier in Kirgistan zu sein, um die wichtigste Aufgabe des Herrn Jesus Christus zu erfüllen. Dieses Wissen hat VOLK AUF DEM WEG uns geholfen, auch in ganz schwerer Zeit in diesem Jahr durchzuhalten. Weil gerade die Umstände nicht so ganz angenehm waren. Wie wir schon berichtet haben, gab es im April wieder einmal eine Revolution, bei der auch ein Umsturz der Regierung stattfand. Leider kamen dabei viele Menschen um, und es gab viele Verletzte. Für uns Gläubige, und besonders die ausländischen Mitarbeiter, waren die Umstände nicht so ganz günstig, so dass viele Ausländer das Land verlassen haben. Aber Gott sei Dank! Unsere lutherischen Christen, und wir persönlich, kamen nicht zu Schaden. Gott lässt eine Situation zu, aber Er hilft dann auch den Seinigen. Wir konnten von Herzen Gott danken! Danach kam für uns eine ganz schwere Zeit der längeren Trennung. Meine liebe Frau Larissa erkrankte und musste nach Deutschland reisen. Wir dachten, dass es so schnell wie möglich geht, aber es stellte sich heraus, dass sie eine längere Behandlungszeit brauchte, so dass daraus vier Monate wurden. Aber auch diese Umstände haben uns zum Besten gedient. Gott hat uns wieder spüren und erfahren lassen, wie teuer wir einander sind. Unser Eheleben hat in dieser Zeit einen noch größeren Wert bekommen. Und wir konnten unserem Gott von Herzen dankbar sein für unsere Ehe. Im Juni brachen ethnische Auseinandersetzungen zwischen Kirgisen und Usbeken aus. Es waren Bürgerkriegszustände im Lande. Es gab Tausende Tote; viele Menschen blieben ohne Haus und Gut, weil man ihnen die Häuser angezündet hatte. Aber auch in solchen Umständen hat Gott uns und unsere Gemeinden geschützt. Nachbarhäuser brannten, aber Häuser von Christen wurden, wie in Ägypten damals, als der Tod über die Erstlinge von Ägypten kam, geschützt. Man erlebte viel Angst, und doch konnten wir Gott danken für Behütung und Bewahrung. Zu dieser Zeit war ein richtiges Chaos im Lande. Viele Menschen waren bewaffnet. Über- AUS DER EVANGELISCHEN WELT Besuch bei deutschen Christen in Kirgistan. fälle und Raub waren fast ungehindert im Laufe. Von Juni bis Oktober wurden 26 christliche Kirchen und Bethäuser überfallen und beraubt, darunter auch unser Büro. Auf brutale Weise schlugen sie in der Adventgemeinde den Wächter tot. Auch diese Umstände hat Gott zugelassen, vielleicht mit Erinnerung an Ps.127, 1b: „Wenn der Herr nicht die Stadt behütet, so wacht der Wächter umsonst.“ Die ganze Zeit bis jetzt beteten die evangelischen Christen miteinander, dass Gott hilft, die Bande zu fassen. Am 6. November ist das endlich gelungen! Eine kriminelle Gruppe von 19 jungen Menschen im Alter von 18 bis 24 Jahren wurde auf frischer Tat ergriffen und gefasst. Sie werden jetzt zur Verantwortung gezogen. Wir – die, die Gott lieben – sagen wieder „Gott sei Dank!“ Gott hat es zugelassen, und Er hat aus diesen Umständen einen Ausweg gefunden. Die Situation in Kirgistan zeigt ganz deutlich, dass noch eine große Menge von Menschen Christus nicht kennen. Darum finden sie nur eine Möglichkeit, aus unangenehmen Umständen herauszukommen, nämlich durch Gewalt und gesetzwidrige Taten. Für uns Christen und Missionare in Kirgistan bedeutet die Lage, uns noch mehr anzustrengen, um den Menschen Christus zu bringen, von IHM zu erzählen, die frohe Botschaft zur Zeit und Unzeit zu verkündigen. Und nur aus diesem Grund habe ich euch das alles so offen erzählt und die Umstände in Kirgistan beschrieben. Ich wünsche, dass das Missionsverständnis bei allen Christen, besonders aber bei den Russlanddeutschen, so klar wird, dass es eine Missionsbewegung hervorruft. Die kaputte und kranke Welt braucht dringend Jesus Christus, den Erlöser. Jesus Christus braucht Menschen, die bereit sind, SEINEN Auftrag zu erfüllen, indem sie in die Mission gehen. Und wieder andere, die die Mission fleißig im Gebet und mit Gaben unterstützen. Es ist noch Gnadenzeit! Es ist noch Tag! „Kommt, lasst uns mit IHM gehen“, sagte Thomas, der Jünger (Joh. 11, 16). Wir bedanken uns ganz herzlich bei allen, die dieses für uns schwierige Jahr mit uns gegangen sind; bei allen, die die Missionsarbeit in Kirgistan unterstützt haben; bei allen, die für Larissa gebetet haben und auch für mich, weil man gerade in schwierigen Zeiten mehr Kraft, Mut, Weisheit und Unterstützung braucht. Wir bitten, dass Gott in Jesus Christus euch reichlich segnet, eure Familien und Gemeinden. Und wir sind sicher, dass wenn es jemandem von euch sehr schwer im Leben oder Glauben wird und er Trost braucht, dass Gott dann unbedingt Menschen finden wird, die bereit sein werden, mit euch mit zu gehen. Und denket bitte immer daran – Römer 8, 28. Ich bedanke mich auch bei allen, die die Gemeinde in Duschanbe unterstützen, im Gebet und mit Gaben. Sie ist die einzige lutherische Gemeinde in Tadschikistan geblieben. Die Gemeinde hat etwa 50 Mitglieder und nur eine Predigerin. Ich versuche zweimal im Jahr sie zu besuchen, aber es klappt nicht immer, weil es immer schwieriger wird, ein Einreisevisum zu bekommen. Das Religionsgesetz in Tadschikistan ist noch viel härter gegen den christlichen Glauben als in Kirgistan oder Kasachstan. Manche Kirchen, die zu sehr missionarisch wirken, werden von der Regierung geschlossen. Wir wollten dieses Jahr eine Bibelwoche für die Gemeinde dort durchführen. Das hat nicht geklappt, weil wir die Erlaubnis für einen ausländischen Referenten nicht bekamen. Bitte betet für die Christen in Tadschikistan und auch in Usbekistan, denn sie befinden sich in einer Situation der Unterdrückung. Verantwortlich: Kirchliche Gemeinschaft der Evangelisch-Lutherischen Deutschen aus Russland e.V. Telefon: 05652-4135, Telefax: 05652-6223, Postfach 210, 37237 Bad Sooden-Allendorf Bankverbindung: Ev. Kreditgenossenschaft Kassel, BLZ 520 604 10, Kto.-Nr. 100 002 119 HEIMAT IM GLAUBEN 1/2011 2 BEILAGE JSDR - JANUAR 2011 Jugend- und Studentenring der Deutschen aus Russland www.jsdr.de Grüße zum neuen Jahr Liebe JSDR-Mitglieder, liebe Freunde, das Jahr 2010 haben wir hinter uns gebracht - mit Erfolg und Spaß, wie ich finde! Wie auf den Seiten dieser und der vorigen JSDR-Beilagen zu lesen und zu sehen ist, wächst der Jugend- und Studentenring der Deutschen aus Russland und entwickelt sich weiter. Im Oktober wurde schon wieder ein neuer Landesverband gegründet – diesmal in unserer Hauptstadt Berlin. Wir hatten 2010 mehrere bundesweite Veranstaltungen, wie zum Beispiel das Sport- und Kulturfest in NordrheinWestfalen oder das JSDR-Jugendforum in Stuttgart. Im Bereich Bildung liefen deutschlandweit fünf Orientierungskurse unter dem Namen „Integration und Identität Plus". Das Thema Identität und die Frage, wer wir als Deutsche aus Russland denn eigentlich sind, ist immer wieder ein wesentlicher Aspekt Elena Bechtold bei unseren Seminaren und Workshops. Auch internationale Jugendbegegnungen sind uns in diesem Zusammenhang nach wie vor wichtig, grenzüberschreitende Beziehungen sollen auch weiterhin intensiv gepflegt werden. Der Dialog zwischen unserem „Elternverband", der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland, und unserer Jugendorganisation hat im vergangenen Jahr neue Impulse erhalten und wird auch 2011 auf der Agenda bleiben. Wie kann und soll unser „verbandliches Miteinander" aussehen und in Zukunft gestaltet werden? Das war ein zentrales Thema des JSDR-Forums in Stuttgart im November 2010. Damit werden wir uns auch künftig auseinander setzen. Und natürlich wollen wir unseren Spaß an Sport- und Musik-Events und anderen kulturellen Aktivitäten auch im neuen Jahr nicht vermissen. Ich wünsche uns allen für das kommende Jahr dieses gute Gefühl, das man hat, wenn man gemeinsam etwas schafft, bewegt und genießt! Alles Gute für das Jahr 2011! Elena Bechtold, Bundesvorsitzende des JSDR JSDR - Januar 2011 - 1 JSDR - JANUAR 2011 „Integration durch Identifikation“ Seminarwochenende in Mecklenburg-Vorpommern A m 20. und 21. November trafen sich Vertreter der JSDR-Landesgruppe Berlin und unsere Mitglieder aus Waren (Mecklenburg-Vorpommern) zu einem gemeinsamen Seminarwochenende zum Thema „Integration durch Identifikation“, bei dem es auch darum ging, Kooperationsmöglichkeiten der beiden Gruppen zu entwickeln. Ausflug in die Vergangenheit Das Wolhynier Umsiedlermuseum im mecklenburg-vorpommerschen Linstow war unser erstes Ziel. Das Museum zeigt sehr anschaulich, wie man es schafft, seinen geschichtlichen Ursprung zu bewahren. Eine originalgetreue Haus- und Hofanlage mit diversen Einrichtungsgegenständen, Fotografien, dem Modell eines Dorfes in Wolhynien und verschiedenen Ausweisen aus früherer Zeit ermöglichte einen sehr guten Einblick in die damaligen Lebensumstände. Es porträtiert die Geschichte der Wolhyniendeutschen und zeichnet ein einschneidendes Ereignis, die Umsiedlung, nach. Darüber hinaus vermittelte das Museum eine interessante Erkenntnis: eine Wandstickerei mit christlichen Motiven, das Kreuz, die Bibel, Haushaltsgegenstände - alles Gegenstände, wie sie in jedem lokalen Heimatmuseum in Deutschland zu finden sind. Ein anschaulicheres Beispiel dafür, dass die Deutschen in Russland tatsächlich wie Deutsche gelebt haben, kann es kaum geben. Es mag banal klingen: Es mit eigenen Augen zu sehen, wirkt stärker als jede noch so ausführliche Geschichtsstunde; gerade für die Jüngeren kann dadurch der Begriff „Russlanddeutsche“ veranschaulicht werden. Zurück in der Gegenwart Anschließend ging es im Seminarraum von Perspektive e.V. in Waren um Themen der Gegenwart. Das Seminar „Integration durch Identifikation“, das von Edwin Warkentin geleitet wurde, bot reichlich inhaltlichen Diskussionsstoff. Unterschiedliche Ansätze und Meinungen in der persönlichen Auslegung wurden offen dargelegt und kritisch hinterfragt: Die TeilnehmerInnen des Seminarwochenendes in Mecklenburg-Vorpommern. • Was bedeutet Integration? • Muss die eigene Identität aufgegeben werden, um vollkommen deutsch zu sein? • Oder reicht es, wenn man einfach nur gut genug deutsch spricht, sich aber weiterhin oder auch wieder Russe nennt? • Wie sieht man sich selbst, warum sieht man sich so? • Und warum ist es überhaupt wichtig, das eigene Selbstverständnis ggf. zu überdenken und es ohne Missverständnisse nach außen zu transportieren? Wer zum Beispiel als Deutscher aus Russland die übliche Eröffnungsfrage „Wo kommst du her?“ mit einem einfachen "aus Russland ... aus Kasachstan ... aus Ukraine ... aus Kirgistan beantwortet, hat zwar die Wahrheit gesagt, aber nur die halbe. Die andere Hälfte müsste lauten: " ... und ich bin Russlanddeutscher.“ Warum ist das überhaupt wichtig? Und wie kann mir diese Antwort helfen, mich in der neuen Heimat zu integrieren? Mit einem intensiven und offenen Erfahrungsaustausch versuchten wir, diese schwierige Frage zu beantworten. Eine eindeutige Antwort gab es nicht, vielmehr kristallisierte sich die Erkenntnis heraus, dass wir alle eine gemeinsame Geschichte haben und dass diese mit der Aussiedlung nach Deutschland nicht vorbei ist. JSDR - Januar 2011 - 2 Außerdem ist es wichtig, Anknüpfungspunkte an die deutsche Gesellschaft zu finden. Dabei hilft einem auch die Frage: "Warum bin ich stolz, dass ich ein Deutscher bin?" Diese Frage führt weiter zu der nächsten Frage, ob ich berechtigt bin, stolz auf Leistungen zu sein, die ich nicht selber erbracht habe. Eines ist jedoch klar: In Deutschland fühlen sich viele zu Hause. Sich in diesem Land wohl zu fühlen, sollte das Bestreben eines jeden Einzelnen sein, und das kann nicht von außen übernommen werden. Am zweiten Tag des Seminars ging es dann um die Ausarbeitung eines Programms der Zusammenarbeit. Die JSDR-Landesgruppe Berlin möchte die Kooperation mit den norddeutschen Landesgruppen erweitern; die Ausarbeitung des Programms mit den Mitgliedern aus Waren sollte die Grundlage bilden. Bei den Überlegungen und anschließenden Ausarbeitungen kamen vielfältige Projektideen auf, die im Verlauf der nächsten Wochen fixiert werden. Es war ein spannendes Seminarwochenende, das zeitgemäße Fragen in offener Form aufwarf, die man für sich selber nicht beantworten kann. Im gegenseitigen Austausch wurden jedoch Antworten zutage gefördert, und es wurde Raum für inhaltlich starke Projekte geschaffen. Vitalij Brodhauer JSDR - JANUAR 2011 Tanzen, bis der Arzt kommt! S eit 2009 findet in der Bundesgeschäftsstelle der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland in Stuttgart ein Aerobic–Tanzkurs unter der professionellen Leitung von Olga Roms statt. Mehrmals in der Woche treffen sich Tanzbegeisterte, um gemeinsam ein umfangreiches Repertoire von Tanzübungen einzustudieren und auch um durch Aerobic etwas für ihre Gesundheit zu tun. Der Tanzkurs läuft im Rahmen des Projektes "Gesund leben? – Wir sind dabei!“. Zu den Inhalten des Kurses gehören außerdem Informationsveranstaltungen zu gesundheitsbezogenen Themen und Einrichtungen in Stuttgart sowie praktisches Training zur Förderung des Körperbewusstseins und der körperlichen Bewegung. Geleitet wird der Kurs von Olga Roms, die bereits 1996 in Kasachstan Aufführungen ihres Tanzkollektivs ,,Show–Ballett Astana“ leitete. Die Gruppe setzte sich aus 16 Tänzerinnen zusammen, die mit lateinamerikanischen, mexikanischen, Rock- und Jazztänzen im In- und Ausland auftraten, bei Kulturtagen, Festivals und Wettbewerben. Für Olga Roms gab es dabei unter anderem Auszeichnungen als beste Choreographin im Bereich Aerobic. Unterstützt durch die Landsmannschaft und ihre Bundesgeschäftsführerin Dr. Ludmila Kopp, bietet Olga Roms im Stuttgarter Haus der Deutschen aus Russland Tanz- und Aerobic-Kurse für Anfänger und Fortgeschrittene an sowie einen Kurs mit besonderer Betonung auf Aerobic und Gesundheit. Zu den jüngsten Auftritten zählen Sportveranstaltungen des Jugendund Studentenrings der Deutschen aus Russland und das JSDR–Forum 2010. Dabei überraschten und erfreuten die Tänzerinnen die Zuschauer mit ihren ausgefallenen Kostümen und perfekter Choreografie Olga Roms: ,,Es würde mich sehr freuen, wenn sich noch mehr für die Kunst des Tanzens begeistern würden. Wir sind bereits ein starkes Team und könnten und werden noch besser werden. Man sollte keine Angst vor Herausforderungen haben und jede Chance für Wettkämpfe nutzen.“ JSDR JSDR-Bundesvorsitzende Elena Bechtold und der stellvertretende Bundesvorsitzende Waldemar Weiz (vordere Reihe) mit Inna Schuldeschow, Olga Roms, Tatjana Makwijenko, Natalia Becker und Xenia Hoff (von links) von der Stuttgarter Tanzgruppe. Projektarbeit: "Potentiale erkennen Miteinander stärken" I m Rahmen des bundesweiten Projektes "Potentiale erkennen - Miteinander stärken" haben im Oktober und November zwei Seminare stattgefunden: "Stärkung der Erziehungskompetenz" Beim Seminar "Stärkung der Erziehungskompetenz", das vom 1. bis 3. Oktober 2010 in Him- Mit Fragen der Erziehungskompetenz befassmighausen (Nordrhein-Westfa- ten sich die Teilnehmer des Seminars in Himlen) durchgeführt wurde, stand mighausen. die gesamte Familie im Vordergrund. • Wie helfe ich meinem Kind, seine Im Rahmen der Maßnahme wurden Probleme selbst zu lösen? von den erwachsenen Teilnehmern • Wie vermittle ich eigene Wertvordie folgenden Fragen behandelt: stellungen? • Wie setze ich meinem Kind Gren• Wie löse ich Konflikte so, dass sich zen, ohne es herabzuwürdigen? keiner als Verlierer fühlt? • Wie finde ich einen Ausgleich zwischen meinen Anliegen und denen Breit gefächert war das Angebot für meiner Familienangehörigen? die Kinder: JSDR - Januar 2011 - 3 JSDR - JANUAR 2011 tum erlebt. Immer mehr Leute versuchten deshalb diese Tätigkeit zu erlernen und schmücken sich mit dem Namen „Beulendoktor“. Leider können diese fachlich häufig nicht darstellen, was einen Ausbeuler zu einem Beulendoktor macht. Im ersten Moment scheinen die Arbeiten vielleicht billig, auf den zweiten Blick entpuppt sich dies jedoch als Trugschluss, denn - nur 60% des Schadens wird tatsächlich repariert - größere Dellen werden nicht oder mangelhaft beseitigt hieraus folgt: - Kundenunzufriedenheit Bei der Schulung für Jugendliche und Erwachsene in Köln. • bewusster Umgang mit der Natur; • positive Lebenseinstellung durch Freude an der Bewegung; • Entwicklung der Ausdrucksfähigkeit durch Sprache, Musik und Sport. Ergänzt wurde das Seminarprogramm durch einen Vortrag, der sich mit der Geschichte der Russlanddeutschen am Beispiel der Geschichte einer Familie befasste. "Chancen und Möglichkeiten in der Jugendarbeit" Am 20. und 21. November 2010 stand dann in Köln die Schulung "Chancen und Möglichkeiten der Jugendarbeit" an, die sich an Jugendliche und Erwachsene richtete, die ehrenamtlich tätig sind. Der Schwerpunkt des Schulungsprogramms lag auf der Stärkung der Selbstorganisation und ihrer Einbindung in die Angebote und Verbände der allgemeinen Jugendarbeit. Es wurde über Perspektiven der Jugendarbeit diskutiert, und es wurden konkrete Vorschläge zur Öffentlichkeitsarbeit, Maßnahmenplanung und Finanzierung gesammelt. Darüber hinaus wurden die Teilnehmer in das Veranstaltungs- und Projektmanagement eingeführt. Anna Weiz Mitglieder des UVDR I n der letzten Ausgabe haben wir über die Gründung unseres "Unternehmerverbandes der Deutschen aus Russland" (UVDR) beim JSDR-Forum in Stuttgart berichtet. Ab dieser Ausgabe stellen wir seine Mitglieder vor. Wir beginnen mit der Firma "Sergej Cetvertnyh - Ausbeulservice" in 45473 Mülheim an der Ruhr, Lüderitzstr.16, Mobil: 0177-7929272, E-Mail: [email protected], die sich selbst wie folgt präsentiert: Unser Team wurde von uns vorab getestet, und alle haben sich als echte Beulendoktoren erwiesen. Durch gegenseitigen Erfahrungsaustausch ist es uns immer wieder möglich, unser Wissen zu erweitern und unser Können zu verbessern. Neue Blechsorten und der vermehrte Einsatz von Alu-Blechteilen im Bereich Karosseriebau erhöhen den Schwierigkeitsgrad der Dellenentfernung, doch auch das ist für unser Team kein Problem. HAGELSCHADEN-REPARATUR Lange Zeit war das Lackieren die einzige Möglichkeit, beschädigte Fahrzeuge wieder instand zu setzen. Allmählich setzen sich allerdings nach und nach neue Verfahren der Hagelschaden-Reparatur durch, die zu enormen Einsparungen der Reparaturkosten beitragen. Die sanfte Methode der Hagelschaden-Reparatur ist durch die Bezeichnung "ausbeulen ohne lackieren" nur unzureichend beschrieben. Neben dem Herausdrücken mit Hebeln und dem Klopfen mit dem Hammer können die Hageldellen auch mit Hilfe von speziellem Heißkleber aus dem Blech gezogen werden. Die gewählte Methode hängt in erster Linie von der Stelle ab, an der sich die Delle befindet. So sind nicht alle Stellen an der Karosserie gleich gut zugänglich. Folgende Vorteile bietet die sanfte Methode: - Sie ist kostengünstiger. - Die Fahrzeuge verlieren nicht an Wert. - Kein Farbtonunterschied. - Die Fahrzeuge sind schnell instand gesetzt. - Die Methode ist umweltfreundlich. AUSBEULSERVICE Ausbeulen ohne Lackieren hat seit den 90er Jahren ein stetiges WachsJSDR - Januar 2011 - 4 VOLK AUF DEM WEG AUS DER KATHOLISCHEN WELT Ein Kind ist uns geboren, ein Sohn ist uns geschenkt. Weihnachtsgruß 2010 von Weihbischof Dr. Reinhard Hauke Beauftragter der Deutschen Bischofskonferenz für die Vertriebenen- und Aussiedlerseelsorge I m Bethlehemhospital zeigt eine Kinderkrankenschwester der Bischofsdelegation aus Deutschland im Jahr 2007 ein Baby, das aus einer Nomadenfamilie stammt und in das Krankenhaus gebracht wurde, weil es Asthma bekommen hat. Die Ärzte und Schwestern werden sich nach allen Kräften bemühen, die Krankheit zu besiegen, aber was geschieht danach? – Das Kind wird wieder im Zelt wohnen und vielleicht bald wieder zur Behandlung im Krankenhaus sein. Zur Zeit der Geburt Jesu gab es weder ein Hospital mit Krankenschwestern noch eine Herberge. Maria und Josef mussten mit einer ärmlichen Behausung zufrieden sein. Die nahende Geburt des Kindes ließ ihnen keine andere Wahl, als die ärmliche Behausung zu beziehen. Die Gefahr einer Erkältung oder einer anderen Krankheit aufgrund der Armut bestand sicherlich auch im Stall von Bethlehem, denn die Annahme der Menschheit bedeutete ja auch: Annahme aller Schwächen der menschlichen Natur – bis hin zur Leidensfähigkeit. Das Kaschubische Weihnachtslied macht dem göttlichen Kind das Angebot einer gemütlichen Behausung zur Geburt. Ich bin sicher, dass Jesus dankend abgelehnt hätte. Wenn ich auch verstehen kann, dass der gläubige Christ oder auch jedes empfindsame Kind dem Jesusknaben ein besseres Zuhause wünscht, so muss ich doch auch Verständnis dafür aufbringen, dass es sich für einen anderen Weg entschieden hat – den Weg der Armut, wie er auch für das Kind im Babyhospital von Bethlehem besteht. Krippe und Kreuz stehen nahe beieinander. Bei einer Krip- pendarstellung aus Polen, die in einer Erfurter Kirche steht, sieht man über dem Stall die drei Nägel der Kreuzigung und daneben den Baum der Erkenntnis von Gut und Böse aus dem Paradiesesgarten. Jesus sagt nicht erst am Kreuz sein Ja zur Armut und Schuld des Menschen, sondern sein Weg in Demut und Einfachheit beginnt schon hier in Bethlehem. Ich bin mir sicher, dass hilflose Kinder im Babyhospital von Bethlehem unter einem besonderen Segen Jesu stehen – und das nicht nur zur Advents- und Weihnachtszeit. Ebenso dürfen wir in den gesunden und kranken Kindern das Spiegelbild des göttlichen Kindes entdecken. In den Kindern können wir „GOTT schauen, wie er ist“ (vgl. 1 Joh 3,2). Freuen wir uns auf die Gesichter der Kinder an diesem Tag. Das Fremde ist in Gott nicht fremd – das große Fest der Heiligen Drei Könige Z um Weihnachtsfest gehört unzertrennlich auch das Hochfest Erscheinung des Herrn, das im Volksmund meist schlicht „Dreikönigsfest“ genannt wird. Wer den Reliquienschrein im Kölner Dom besuchen durfte und die märchenhaft schöne Gestaltung dieses Schreins bewundern konnte, wird unwillkürlich auch auf die Bedeutung dieses Jahrhunderte alten Wallfahrtsortes schließen können und ahnen, dass die Pracht des Kölner Domes selbst der Reliquie der Heiligen Drei Könige Rechnung tragen will. Brauchtum Als aufgeklärte Menschen wollen wir immer vorweg wissen, was an dieser Erzählung geschichtliche Wahrheit ist und was eigentliche Botschaft der Bibel. Schon ein genauer Blick in den Text hilft Klar- heit zu schaffen: Bei Matthäus 2,1-12 ist die Rede von Sterndeutern oder Weisen, nicht von Königen. Erst das christliche Brauchtum hat daraus Könige gemacht, wohl unter dem Eindruck von Jes. 60, 1-6, einer Lesung, die dem Evangelium von den Sterndeutern im Gottesdienst vorausgeht. Auch die Gaben Gold, Weihrauch und Myrrhe gaben Anlass, von Königen zu sprechen, denn solch kostbare Gaben lassen an sehr vornehme Besucher denken. Auch die Zahl drei ist nicht biblisch und erst später – wegen der damals bekannten Zahl von drei Kontinenten – hinzugekommen. Gleiches gilt für die Namen Caspar, Melchior und Balthasar – sie sind spätere Beigabe. Hier aber griff die Kirche selbst ein und gab den Anfangsbuchstaben „C+M+B“, die von den Sternsingern zusammen mit der Jahresangabe auf die Eingangstüren der Wohnun- HEIMAT IM GLAUBEN 1/2011 3 gen und Häuser geschrieben werden, eine neue Deutung: „Christus mansionem benedicat“, d.h. „Christus segne dieses Haus“. Diese Beigaben müssen vor dem Hintergrund einer Zeitspanne von 2.000 Jahren als „Ausschmückung“, nicht als Fälschung der biblischen Wahrheit betrachtet werden. Und sie können die eigentliche Botschaft der Bibel gar nicht überdecken, auch nicht davon ablenken. Die Botschaft der Bibel Die biblische Erzählung von den drei Weisen aus dem Morgenland enthielt genügend Sprengstoff für die Juden damals und für uns Christen heute. Das „auserwählte Volk“ der Juden damals und wir Christen heute müssen lernen mit der Tatsache umzugehen, VOLK AUF DEM WEG dass Sterndeuter und Weise – Nichtchristen also – von einem Stern nach Bethlehem zum neugeborenen König der Juden geführt worden sind. Diesen König haben sie als den Messias, den Retter der Welt betrachtet, und dem zu huldigen haben sie die weite Reise „vom Rande der Welt“ auf sich genommen. Lediglich die Hirten, eine Randgruppe der jüdischen Gesellschaft, waren früher da. AUS DER KATHOLISCHEN WELT Eine Botschaft für uns Die Erwählung, das Herausgehobensein der Christen als Auserwähltes Volk Gottes kann vor dem Hintergrund dieser Botschaft heute nicht als Herrschaft über die Welt, sondern in demütiger, aber dennoch auch mutiger Weise nur als Dienst an der Welt gedeutet werden, im Sinne eines Vorausgehens mit gutem Beispiel. Hier ergeben sich mehrere Wege, die jeder für sich überprüfen kann. Einen hat der große Jesuit des 20. Jahrhunderts, Karl Rahner, so beschrieben: „Man kann seinem Nächsten den eigenen Teller Suppe überlassen und dabei erstaunlicherweise die Nähe Gottes erfahren.“ Der andere Weg lenkt unseren Blick auf all das „Wahre und Heilige“ in anderen Religionen, das „nicht selten einen Strahl jener Wahrheit erkennen“ lässt, das „alle Menschen erleuchtet“. (Vaticanum II, Nostra Aetate 2). Wir verunsicherten Christen können uns von der Hingabe, Besonnenheit und inneren Heiligkeit eines buddhistischen Mönchs anspornen lassen, das Heilige und Unverwechselbare der Botschaft Jesu mit neuen Augen zu sehen und mit viel ernsterem Engagement für das eigene geistliche Leben fruchtbar zu machen. Auf diese Weise kann die Botschaft des Dreikönigsfestes uns helfen, die Erfahrungsebene des Glaubens zu erschließen, damit der Mensch nicht wegen des Gebots, sondern wegen der Liebe, und aus einer inneren Beziehung heraus die Ideale Jesu befolgen kann. Das ist für uns heute einer der wichtigsten Punkte, den es neu in den Blick zu nehmen gilt. Denn Worte gibt es genug, viel seltener gibt es Menschen, die uns die Quelle erleben lassen, aus der wir Licht und Leben trinken können: es kann der Teller Suppe für den Obdachlosen sein in diesen kalten Wintertagen, es kann die Perlenschnur des immerwährenden Gebetes sein, das dann einem Menschen wieder Kraft und Freude für den Alltag gibt. Zur Quelle gehen, kann an diesen Tagen auch das stille Verweilen und Beten vor der Krippe bedeuten, den Weisen aus dem Morgenland ähnlich. Visitator Dr. Alexander Hoffmann Wettbewerb für russlanddeutsche Jugendliche in Deutschland und im Gebiet Kaliningrad: „Meine Gedanken über Gott und die Welt“ I Es ist auffallend, dass alle, die den Retter als eine machtpolitische Figur erwarten, die Geburt des Kindes nicht mitbekommen, den Messias nicht erkennen. Und Gott meidet seinerseits alle oberflächlichen Machtstrukturen, und er setzt dort an, wo Menschen existenziell von Leid und Elend betroffen sind. Er will Antwort auf ihre Sehnsucht nach Heil sein, unabhängig von politischen Machtkonstellationen, Grenzen, Volks- und Religionszugehörigkeiten. Er ist auch der Messias für die „Heiden“! (Wie überheblich dieses Wort doch klingt, angesichts der Mühe, der Bildung, der Gottessehnsucht der Sterndeuter.). Lediglich in diesem Sinne sind wir Christen ein Auserwähltes Volk Gottes – im Dienst an den Menschen. Dieser Weg ist dann auch der besondere Weg in der Nachfolge Jesu, zum Heil der Welt. Glorienvolle Selbstbeweihräucherung und Machtgehabe widersprechen dem Geist Jesu und verhindern, dass der Geist weht, wo er will und all die Wunder bewirken kann, die er bewirken will. Die Botschaft dieses großen Festes kann aber weit mehr als nur unserem Denken und Verhalten gegenüber den Fremden einen neuen Impuls geben. Sie will immer auch zugleich unser Gottesverhältnis auf den Prüfstand stellen und auch unser Gebetsleben entsprechend verändern, weiten, vertiefen. m Rahmen eines Projektes für russlanddeutsche Jugendliche in Deutschland und im Kaliningrader Gebiet lädt die Seelsorgestelle der Deutschen Bischofskonferenz für die Gläubigen aus den GUS-Staaten in Zusammenarbeit mit dem Literaturkreis der Deutschen aus Russland e.V. zu einem literarischen Wettbewerb zum Thema "Meine Gedanken über Gott und die Welt" ein, mit dem besonderem Blick auf die Wechselbeziehungen von religiösen und gesellschaftlichen Problemen und die Fragen nach Gott im Leben eines Menschen in der heutigen modernen Gesellschaft. Zu dem Wettbewerb sind Jugendliche im Alter von 15 bis 25 Jahren eingeladen. Einsendeschluss ist der 30. Juni 2011. Folgende Rahmenbedingungen sind zu beachten: Ein unveröffentlichter literarischer Texte (Erzählung, Gedicht, Lied usw.), maximal 5 Seiten (30 Zeilen pro Seite und 60 Anschläge pro Zeile) in fünf Exemplaren und auf CD oder per Internet sind mit dem Vermerk „Jugendwettbewerb“ zu senden an Seelsorge für kath. Russlanddeutsche Kaiser-Friedrich-Straße 9, 53113 Bonn Tel.: 02 28 - 103 446, Fax: 02 28 - 103 448 E-Mail: [email protected] Die Texte werden von einer fünfköpfigen Jury ausgewertet, die besten werden ausgezeichnet und in der Festschrift zum 65-jährigen Jubiläum der katholischen Seelsorge veröffentlicht. Die Gewinner werden zu einer Lesung nach Bonn im Dezember 2011 und zu einem Jungautorenseminar nach Oerlinghausen im Sommer 2012 eingeladen. Seelsorgstelle für katholische Deutsche aus Russland und den anderen GUS-Staaten, Kaiser-Friedrich-Str. 9, D-53113 Bonn, Tel.: 0228-103446, Fax: 0228-103448, E-Mail: [email protected], Internet www.kath-deutsche-aus-russland.de HEIMAT IM GLAUBEN 1/2011 4 BÜCHERANGEBOT DER LANDSMANNSCHAFT HEIMATBÜCHER 1954, Gesamtübersicht über das Russlanddeutschtum 1955, Geschichte, Kultur, Wolgagebiet 1956, Odessa, Geschichte, Kultur u.a. 1957, Saporoshje, Großliebenthal u.a. 1958, Dnjepropetrowsk, Kronau, Orloff u.a. 1959, Sibirien, Mittelasien, Wolhynien u.a. 1960, Krim, großes Auswanderungsverzeichnis u.a. 1961, Kaukasus, Wirtschaft, Kultur u.a. 1962, Wolhynien, städtisches Deutschtum u.a. 1963, Russlanddeutsche in Übersee 1964, Sibirien, Wolga, Kirchen, Schulen u.a. 1965, Heutige Lage, Schrifttum, Volkstum 1966, Aussiedlung und die Vertreibung 1967/68, Hof und Haus, Kultur (Preis, je HB 1954 bis 1968 - 8,- Euro + Versandkosten) 1969-72, Joseph Schnurr, “Die Kirchen und das religiöse Leben der Rußlanddeutschen”, Katholischer Teil, 23,- Euro, Evangelischer Teil, 19,- Euro 1973-81, Hungersnot, Deportation u.a., 11,- Euro 1982-84, mit Karte der ASSR der Wolgadeutschen, 12,- Euro 1985-89, Geschichte, Literatur, Aktuelles, 10,- Euro 1990/91, Krieg und Frieden, Rückkehr, 10,- Euro 1992-94, Deportation, Ausreise, 284 S., 10,- Euro 1995/96, Heimat Deutschland, Trudarmee, 336 S., 10,- Euro 1997/98, Deportation, Jugenderinnerungen, 340 S., 10,- Euro 2000, I. Teil, Geschichte der Volksgruppe, Heimat 10,- Euro 2000, II. Teil, Geschichte der Volksgruppe, Heimat 10,- Euro Heimatbuch 2001/02, 60 Jahre Vertreibung 10,- Euro HEIMATBUCH 2003, 2004, 2005, 2006, 2007/08 Je 10,00 EURO WEITERE LITERATUR Dr. E. Biedlingmaier, "Ahnenbuch von Katharinenfeld in Georgien, Kaukasus. Chronik der Familien", 98,- Euro. Bosch/Lingor, “Entstehung, Entwicklung und Auflösung der deutschen Kolonien am Schwarzen Meer”, 7,- Euro V. Aul, “Das Manifest der Zarin”, 7,- Euro D. Weigum, “Damals auf der Krim”, 6,- Euro E. Imherr, “Verschollene Heimat an der Wolga”, 10,- Euro I. Walker, “Fatma” - eine historische Lebensgeschichte aus dem Kaukasus, 10,- Euro J. und H. Kampen, “Heimat und Diaspora”, Geschichte der Landsmannschaft, 8,- Euro Anton Bayr, “Vergessene Schicksale”, 17,- Euro G. Prehn, “Otto Flath. Ein Bilder-Zyklus zum Neuen Testament”, 24,80 Euro G. Orthmann, “Otto Flath, Leben und Werk”, 5,- Euro W. Mangold: “Rußlanddeutsche Literatur”, 7,- Euro J. Warkentin, “Geschichte der rußlanddeutschen Literatur”, 8,- Euro Rosalia Prozel, “Weißer Tee”, 5,- Euro N. Däs, “Alle Spuren sind verweht. Rußlanddeutsche Frauen in der Verbannung”, 10,- Euro N. Däs, “Der Schlittschuhclown”, 8,- Euro N. Däs, “Kochbuch der Deutschen aus Rußland”, 10,- Euro N. Däs, “Laßt die Jugend sprechen”, 5,- Euro N. Däs, “Rußlanddeutsche Pioniere im Urwald”, 9,- Euro N. Däs, “Wölfe und Sonnenblumen”, 10,- Euro R. Keil, “Rußland-Deutsche Autoren, 1964-1990”. 7,- Euro V. Heinz, “In der Sackgasse”, 13,- Euro V. Harsch, “Aus der Lebensbeichte meiner Mutter”, 4,- Euro M. Schumm, “Sketche und Kurzgeschichten”, 3 Euro I. Melcher, “Kurze Prosa”, 3,- Euro Dr. Karl Stumpp, "Die Auswanderung aus Deutschland nach Rußland in den Jahren 1763-1862", 1020 S. 48,- Euro Alfred Eisfeld (Herausgeber), "Von der Autonomiegründung zur Verbannung und Entrechtung", Sonderband der Reihe "Heimatbücher der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland e.V., 292 Seiten, 10,- Euro W. Hermann, “Das fremde Land in dir”, 7,- Euro G. Steinmüller, “Perlen der russischen Volksmedizin”, 6,- Euro Alexander Fitz, “Puteschestwie na semlju”, 5,- Euro F. Dortmann, “Olga von der Wolga”, Lieder im Volkston, 12,Euro O. Geilfuß, “Für alle Kinder”, Kinderlieder, 5,- Euro Liederbuch “Deutsche Volkslieder aus Russland”, 10,-Euro Kassette Nr. 1, “Bei uns, ihr Leit, ist Hochzeit heit”, 7,- Euro Kassette Nr. 2, “Ai, ai, was ist die Welt so schön”, 7,- Euro CD Nr. 1, “Bei uns, ihr Leit, ist Hochzeit heit”, 10,- Euro CD Nr. 2, “Ai, ai, was ist die Welt so schön”, 10,- Euro GEDICHTE E. Fotteler, "Im winterlichen Park", 9,- Euro J. Warkentin, “Rußlanddeutsche Berlin-Sonette”, 5,- Euro W. Mangold, “Rund um das Leben”, 7,- Euro K. Lubomirski, “Propyläen der Nacht”, 10,- Euro Nelly Wacker, “Es eilen die Tage”, 7,- Euro A. Brettmann, Stimmen des Herzens, 10,- Euro NEU A. Eisfeld, "Etappen eines langen Weges Beitrag zur Geschichte und Gegenwart der Deutschen aus Russland", 5,- Euro H. Exner, "Die Frauen von Janowka", eine wolhynische Familiengeschichte, 9,80 Euro H. Rahn, "Der Jukagire", 12,50 Euro "Andreas Prediger. Ich träume in Bildern", Katalog mit Werken des Künstlers, 28,- Euro A. Zerr, "Einwanderungsgeschichte der Familie Zerr in Russland, 12,- Euro Peter Dück “Kasachstan - Faszination des Unbekannten”, Bildband, 19,90 Euro. “Die Deutschen im Prikamje. XX. Jahrhundert”, drei Bände, 58,- Euro A. Dück, “Das Leben zu bestehen ist mehr als übers Feld zu gehen”, 19,80 Euro. R. Nachtigal: “Die Dondeutschen 1830 bis 1930”, deutsche und russische Ausgabe, je 17,- Euro W. Turra, "Ich war Stalins Gefangener", 16,- Euro Richten Sie Ihre Bestellungen bitte an: Landsmannschaft der Deutschen aus Russland e.V. Raitelsbergstr. 49, 70188 Stuttgart Telefon: 0711-1 66 59 22 Telefax: 0711-2 86 44 13 E-Mail: Lmdr.versand@gmxde 29 VOLK AUF DEM WEG Nr. 1 / 2011 HEIMAT IM GLAUBEN Besuch bei den evangelischen Gemeinden in Moldawien N achdem ich vor zwei Jahren erstmals Moldawien besucht hatte, flog ich Ende Oktober auf Einladung der evang.-luth. Gemeinde Kischinau mit meinem Sohn Christoph von München nach Kischinau. In unserem Gepäck befanden sich neben Kleidung und Lebensmitteln auch 30 deutsch-russische Gesangbücher. Pünktlich landete das spärlich besetzte Flugzeug aus München in Kischinau. Nach einer kurzen Kontrolle trafen wir in der Eingangshalle Pfarrer Valentin Dragan, der die drei evangelisch-lutherischen Gemeinden Moldawiens zusammen mit seiner Frau Anna betreut und uns in den kommenden sechs Tagen Land und Leute näher brachte. Von 1814 bis 1940 gab es im damaligen Bessarabien mehr als 200 blühende deutscher Gemeinden und Kirchspiele. Die Bessarabiendeutschen waren ab 1814 mit D ie ehemalige Sowjetrepublik Moldawien oder Moldau ist ein Binnenstaat in Südosteuropa. Er grenzt im Westen an Rumänien. Im Norden, Osten und Süden wird Moldawien von der Ukraine umschlossen. Moldawien ist mit seiner Gesamtfläche von 33.843 km² eher klein. Das Kerngebiet liegt größtenteils zwischen den zwei größten Flüssen Dnister (mold./rum. Nistru) und Pruth (Prut) und damit in der historischen Landschaft Bessarabien. Ein kleinerer Teil des Landes (etwa 17 Prozent der Bevölkerung auf 12 Prozent der Fläche) liegt östlich des Dnister und hat sich 1992 im Zuge des Transnistrien-Konflikts als Transnistrien abgespalten. Moldawien hatte bei der letzten offiziellen Volkszählung 2004 eine Bevölkerung von knapp 3,4 Millionen; inzwischen wird sie auf 4,2 Millionen geschätzt. 70 Prozent der Bevölkerung leben in Städten, neben der Hauptstadt Chischinău (deutsch: Kischinau, russ. Kischinew) vor allem in Balti (Belz), Tiraspol und Tighina (Bender). In Moldawien leben Völker unterschiedlicher ethnischer Herkunft: Die größte Gruppe machen die rumänischen Moldauer mit 64,5 Prozent aus. Etwa gleich groß sind die Anteile der Ukrainer (13,8 Prozent) und der Russen (13,0 Prozent), von denen viele in Transnistrien leben. Hinzu kommen Gagausen, Bulgaren, Juden, Polen, Weißrussen, Armenier und Deutsche. 30 VOLK AUF DEM WEG Nr. 1 / 2011 Beim Gottesdienst in der evangelisch-lutherischen Gemeinde Kischinau im Oktober 2010. Vorne rechts Pfarrer Valentin Dragan, links daneben Pfarrer Frank Schleßmann. etwa 9.000 Personen hauptsächlich aus Im Dezember 1999 trafen sich etwa 20 Württemberg, Baden, dem Elsass sowie Personen zum ersten Weihnachtsfest in aus preußischen Gebieten im heutigen Po- Kischinau. In einem Schulraum wurde erstmals nach 55 Jahren das Weihnachtslen nach Bessarabien ausgewandert. Das Gebiet am Schwarzen Meer war da- evangelium gelesen. mals als Neurussland Teil des russischen Bereits im Jahre 2000 wurde die Deutsche Zarenreichs, später wurde es zum Gou- Gesellschaft „Einigkeit“ gegründet. Im Februar 2002 kam es dann zur Gemeinvernement Bessarabien. In ihrer 126-jährigen Geschichte waren degründung in Kischinau; im April 2003 die Bessarabiendeutschen eine nahezu wurde die Gemeinde durch den Staat anrein bäuerliche Bevölkerung. Sie stellten erkannt. mit 3 Prozent Bevölkerungsanteil eine Die ersten zwei Jahre traf man sich in Minderheit dar. Im Sommer 1940 wurde einem Schulraum. Dort wurden GottesBessarabien als Folge des Hitler-Stalin- dienste gefeiert und Bibelstunden abPakts von 1939 von der Sowjetunion mi- gehalten. Da viele der Deutschen ihre litärisch besetzt. Einer Umsiedlung ins Muttersprache vergessen hatten, wurden Deutsche Reich Ende 1940 schloss sich Sprachkurse durchgeführt. Im Herbst die Volksgruppe nahezu geschlossen mit 2003 wurden zunächst desolate Kellerrund 93.000 Personen an. Etwa 2.000 Per- räume in der Titulescustraße angemietet, die in der Folgezeit renoviert wurden. Es sonen blieben in der Heimat zurück. In der sowjetischen Zeit gab es kein offizielles kirchliches Leben mehr. Vereinzelt trafen sich Deutsche inoffiziell in Brüdergemeinden oder als sog. Stundisten. Der Glaube wurde höchstens innerhalb der Familie im Geheimen weitergegeben. Nachdem in Kischinau bei der Umsiedlung 1940 eine kleine Gruppe Deutscher zurückgeblieben war, konnten bis Frühjahr 1944 in der 1838 eingeweihten großen evangelischen Nikolai-Kirche noch Gottesdienste gefeiert werden. In den Folgejahren wurde die Kirche als Offiziershaus und später als Lager benutzt, bis sie schließlich 1962 von den Sowjets abgetragen wurde. An ihrer Stelle steht heute das Regierungsgebäude Moldawiens! Zu Besuch bei einer deutschen Familie in Belz. HEIMAT IM GLAUBEN gab weder Strom noch Wasser oder sanitäre Anlagen. Nachdem diese Räume angekauft worden waren, entschloss man sich 2005, eine Küche einzurichten, in der von Montag bis Freitag gekocht wird. Etwa 20 bedürftige Personen, darunter ein Gemeindeglied, bekommen täglich kostenlos eine gute warme Mahlzeit. Weitere Essen werden verkauft, und mit dem Erlös bezahlt man die Gehälter der Angestellten. Auch das Pfarrerehepaar Valentin und Anna Dragan bezieht daraus sein bescheidenes Einkommen. Valentin Dragan war ursprünglich Bergbauingenieur und besuchte von 2004 bis 2008 das Theologische Seminar in Nowasaratowka bei St. Petersburg. Seine Frau Anna war früher Architektin. Man muss wissen, dass pensionierte Akademiker in Moldawien oft nur 60 Euro Pension im Monat bekommen, doch für ihre Wohnungen mindestens 40 Euro monatlich bezahlen müssen. Aus diesem Grund ist die Verteilung humanitärer Hilfsgüter (Kleidung und Lebensmittel) durch die Gemeinde sehr wichtig! Am Sonntag wird der Speiseraum in der Titulescustraße zum Gottesdienstraum. Etwa 50 Personen nehmen im Schnitt am Gottesdienst teil. Die Liturgie und die Predigt werden auf Russisch gehalten, da das die Sprache ist, die alle verstehen. Die Lieder werden auf Deutsch und Russisch gesungen, wobei das deutsche siebenbürgische Gesangbuch sowie kopierte Liedzettel benutzt werden. Im Gebrauch ist auch das deutsch-russische Gesangbuch, das vom Martin-Luther-Bund in Erlan- gen herausgegeben wurde. Seit kurzem hat die Gemeinde eine kleine elektrische Orgel, und ein sehr begabter junger Mann begleitet die Choräle. In der Stadt Belz (Balti) gab es bis 1940 nur ganz wenige Deutsche. Im Oktober 2007 trafen sich erstmals wieder einige Deutschstämmige zum Gottesdienst in einer Wohnung. Belz liegt 150 km von Kischinau entfernt, und die Fahrt auf den relativ schlechten Straßen stellt eine große Herausforderung für Valentin Dragan dar. Nachdem wir dort zunächst die Vorsitzende der Gemeinde, Nadeshda Gastinger, besucht (ihr Ehemann Dimitri Tilnov Gottesdienst in Belz. besucht seit Herbst 2010 das dreijährige theologische Seminar in Odessa) und anschließend dem 97-jährigen Herrn Hundert (siehe Bild) einen Besuch abgestattet hatten, feierten wir in einem unschönen Schulraum den Gottesdienst. In Belz kommen gewöhnlich zwischen 20 und 40 Personen zum Gottesdienst. Man sitzt auf wackeligen Stühlen und muss ohne instrumentale Begleitung singen. Im Anschluss steht man bei Tee und Gebäck zusammen und bespricht Glaubensfragen und verschiedene Probleme. In Belz ist die Not am größten, da es sehr wenige Arbeitsplätze gibt. Der größte Wunsch für die Gemeinde wäre die Anmietung einer kleinen Wohnung, in der man sich regelmäßig treffen könnte. Dafür wären 100 Euro im Monat ausreichend! Ein weiterer Besuch galt der dritten Gemeinde Bender. Diese wurde im Februar 2008 gegründet; zu Ostern des Jahres 2008 wurde der erste Gottesdienst nach 68 Jahren gefeiert! Bender liegt im Übrigen nur 70 km von Kischinau entfernt, doch muss man dabei die Grenze nach Transnistrien überqueren (mit Wartezeit, Ausfüllen von Papieren, Zollkontrolle etc.) Bis 1940 lebten in Bender etwa 80 Gemeindeglieder, die ein Bethaus mieteten. In den 1970er Jahren waren einige russlanddeutsche Familien aus verschiedenen Republiken der damaligen Sowjetunion nach Bender gekommen, die sich in einer Brüdergemeinde trafen. Diese wanderten jedoch in den 80er Jahren fast vollständig nach Deutschland aus. Heute trifft sich die kleine, aber sehr aktive Gemeinde, die zum Großteil noch aus Deutschen besteht, in der Wohnung einer Deutschen. Auch in Bender besteht ein deutscher Kulturverein namens „Glaube“. Nach dem Gottesdienst war die Gemeinde noch längere Zeit bei mitgebrachtem Essen zusammen, und wir führten viele interessante Gespräche. Nach sechs sehr intensiven Tagen flogen wir zurück. Dabei gaben wir das Versprechen ab, im kommenden Jahr wieder nach Moldawien zu kommen. Pfarrer Mag. Frank Schleßmann, Mattighofen, Österreich Nach dem Gottesdienst in Bender. 31 VOLK AUF DEM WEG Nr. 1 / 2011 LANDSMANNSCHAFT REGIONAL BadenWürttemberg auf dem Klavier begleitet wurden. Das Spiel begeisterte die Gäste so sehr, dass sie gebeten wurde, noch etwas vorzuspielen. Der Höhepunkt war der NiCrailsheim kolaus, dem vor allem die Schwäbisch Hall Kinder entgegenfieberten und der schwer mit GeIn der Kreisgruppe Crailsheim - Schwäschenken beladen war. Zur bisch Hall haben am 20. November 2010 Bescherung versammelten Vorstandswahlen stattgefunden. sich die Kinder um ihn und Der neu gewählte Vorstand besteht aus der bedankten sich mit rührenVorsitzenden Olga Exter, der Schriftfüh- Der neue Vorstand der Ortsgruppe Crailsheim - Schwäbisch den Gedichten, Liedern und rerin Margarita Funk (sie übernimmt auch Hall mit Edith Klein (2. von rechts) vom Vorstand der Landes- leuchtenden Augen. die Funktion der Kulturbeauftragten) und gruppe Baden-Württemberg. Die ganze Feier über arbeider Kassenwartin Nina Overtschenko. Als tete die Bastelecke, die von Kassenprüferinnen wurden Galina Krebel unser Vorstandsmitglied Lydia Becker Marina Schäfer organisiert und durchgeund Irina Kirsch gewählt. wurde das Programm von ihr durchge- führt wurde. Jedes Kind durfte sich kreErfreulicherweise konnten bei der Ver- führt und moderiert. ativ betätigen und weihnachtliche Dekosammlung drei neue Mitglieder der Das Programm war sehr abwechslungs- rationen für zu Hause basteln. Eltern und Landsmannschaft gewonnen werden. reich gestaltet und wurde sehr einfühlsam Kinder waren von dieser Idee begeistert Der Vorstand vorgetragen. Es wurde eröffnet mit einem und äußerten den Wunsch, dass es auch Weihnachtsgedicht von Michael Ulrich; im nächsten Jahr wieder eine Bastelecke Heilbronn ihm folgte Uli Gumenschaimer mit dem geben möge. Gedicht "Nimm dir Zeit", und anschlie- Lydia Becker bedankte sich bei den GäsFür den 22. Januar 2011 um 19 Uhr laden ßend trug Frau Pfeil die Adventsgeschich- ten, die an der Weihnachtsfeier teilnahmen wir Jung und Alt zu unserem Faschings- te "Die vier Kerzen" vor. und zu ihrem Gelingen beitrugen, besonball in der Gemeindehalle Frankenbach, Rührend sang Diana Becker, auf dem Kla- ders bei der Familie Fettig, bei Rosa BauWürzburger Straße, ein. Wie jedes Jahr vier begleitet von Anja, das Lied "Stille mann und Anette Koslov und bei allen, sollten Sie gute Laune und viel Humor Nacht, heilige Nacht". Dann brachte sie die reichlich Kuchen gespendet hatten. mitbringen. mit dem Lied "Lasst uns froh und munter Der Vorstand Für Stimmung und gute Unterhaltung ist sein" den ganzen Saal dazu mitzusingen. Inga mit der Gruppe "Express" zustän- Auch bei dieser Weihnachtsfeier spielte dig, und für das leibliche Wohl sorgt die Elisabeth Becker wunderschön auf der Landsmannschaft reichlich. Flöte. Der Vorstand Begeistert hörten die Gäste das selbst geschriebene Weihnachtsmärchen der Dingolfing-Landau Rems-Murr-Kreis russlanddeutschen Schriftstellerin Irina Bei den Neuwahlen am 20. November Paschkewitsch an. Der festlich geschmückte Saal der St.- In der Pause zwischen dem Programm wurde Alexander Rolhäuser aus DinAntonius-Kirche in Waiblingen empfing und dem Kommen des Nikolaus holte golfing zu unserem neuen Vorsitzenden auch in diesem Jahr zahlreiche Gäste zur Olga Pahl die Senioren auf die Bühne gewählt. Dazu auch an dieser Stelle ein Weihnachtsfeier der Ortsgruppe Rems- und ließ alle Besucher gemeinsam Weih- herzlicher Glückwunsch und viel Erfolg Murr-Kreis. Nach der Begrüßung durch nachtslieder singen, die von Jelena Töws bei der Amtsführung! Als weitere Vorstandsmitglieder wurden Paulina Kulmann, Nadja Runde, Anna und Albert Schmol gewählt. Kurz darauf, bei der Nikolausfeier am 4. Dezember 2010, hat der neue Vorstand dann seine Feuertaufe bestanden. Die Feier wurde in enger Zusammenarbeit mit dem Verein "Artec Projectum" erfolgreich durchgeführt. Traditionell durften wir auch heuer den 1. Bürgermeister von Dingolfing, Josef Pellkofer, und Pfarrer Eugen Pruszynski als Ehrengäste begrüßen. Der neue Vorstand bittet Landsleute, die ein Musikinstrument spielen oder gerne singen, sich bei Alexander Rolhäuser, Tel.: 08731-319282, zu melden. Wir laden Sie herzlich ein zu unserem Faschingsball am 12. Februar 2011 um 18 Uhr im Gasthof "Apfelbeck" in Mamming. Bei der Weihnachtsfeier der Ortsgruppe Rems-Murr-Kreis wurde in der Bastelecke fleißig gei.A.: Albert Schmol arbeitet. Bayern 32 VOLK AUF DEM WEG Nr. 1 / 2011 LANDSMANNSCHAFT REGIONAL Die Kinder mit dem Nikolaus und den Ehrengästen bei der Nikolausfeier in Dingolfing. Wieder einmal füllten unsere erwartungsvollen Gäste den Gemeindesaal der St. Trinitatis-Kirchengemeinde, und schon bei den ersten festlichen Klängen des Mandolinenorchesters Richard Horst zog weihnachtliche Stimmung in den Raum ein. Auch die traditionellen Weihnachtslieder des Chores „Abendklang“ unter der Leitung von Lilia Berschin stimmten die Gäste auf das bevorstehende Fest ein. Valentina Isinger erfreute das Publikum mit einer bunten Melodienauswahl und wurde ebenso wie die Opernsängerin Olga Groß aus St. Petersburg mit begeistertem Beifall für ihre großartige Darbietung belohnt. Wie in jedem Jahr besuchte auch dieses Mal der Weihnachtsmann mit kleinen Geschenken für Groß und Klein unsere Feier und entließ die Gäste in einen besinnlichen vorweihnachtlichen Abend. Der Vorstand Hessen Fulda Der neue Vorstand der Orts- und Kreisgruppe Dingolfing-Landau mit seinem Vorsitzenden Alexander Rolhäuser (3. von rechts). Straubing-Bogen Unser Veranstaltungsprogramm wird auch im neuen Jahr bunt, umfangreich und ansprechend sein. Der Vorstand legt besonders großen Wert auf die Kinder- und Jugendarbeit, aber auch für die Erwachsenen gibt es Angebote unserer Ehrenamtlichen wie z. B. Yoga oder Gymnastik. Gern wird der Computerkurs in Anspruch genommen. In den Gruppenstunden wird bei uns gesungen, musiziert und getanzt. Im Namen des Vorstandes bedanke ich mich bei unseren Mitgliedern ganz herzlich für ihre Spenden, die auch weiterhin gefragt sind. Die Kinder-Musikgruppe braucht dringend Musikinstrumente und die Tanzgruppen brauchen Kostüme. Ebenso gefragt ist die ehrenamtliche Unterstützung unserer Landsleute. Verstecken Sie sich nicht mit ihren Fähig- keiten und Talenten, helfen auch Sie uns ehrenamtlich! Dadurch leisten Sie einen unschätzbaren Beitrag zur Eingliederung unserer Kinder und Jugendlichen. Kommen Sie einfach vorbei, besuchen Sie unsere gemütlichen Nachmittage mit Musik und Tanz. Ich darf Sie herzlich zu unseren Veranstaltungen im Jahr 2011 einladen und würde mich freuen, wenn Sie durch Ihre Teilnahme die Arbeit der Landsmannschaft unterstützen. Eduard Neuberger, Vorsitzender "Alle Jahre wieder..." Am dritten Adventssonntag veranstaltete die Kreisgruppe Fulda ihre beliebte Weihnachtsfeier, bei der die Vorsitzende Rosa Emich zahlreiche Gäste in der Caritas-Altentagesstätte empfangen durfte. Schon beim Betreten versetzte der festliche geschmückte Saal mit leiser Musik im Hintergrund die Gäste in weihnachtliche Stimmung. Nach der Begrüßung durch Rosa Emich erwartete die Besucher ein buntes Unterhaltungsprogramm in entspannter und fröhlicher Atmosphäre. Neben einem kleinen Rollenspiel wurden zahlreiche Gedichte, besinnliche und humorvolle, von bekannten Autoren und selbst verfasste, vorgetragen. Für die musikalische Unterhaltung sorgte der Chor der Kreisgruppe Fulda unter der Leitung von Peter Bocksberger. Dessen eigene musikalische Werke, aber auch alt- Hamburg Am ersten Adventswochenende traf sich unsere Landesgruppe zu ihrer Die Opernsängerin Olga Groß wurde bei der Weihnachtsfeier in Hamburg mit begeistertem Beifall bediesjährigen Weihnachtsfeier. dacht. 33 VOLK AUF DEM WEG Nr. 1 / 2011 LANDSMANNSCHAFT REGIONAL Der Chor der Kreisgruppe Fulda mit seinem Leiter Peter Bocksberger (links). bekannte russische und deutsche Volkslieder begeisterten die Zuhörer. Am Buffet gab es reichlich Kuchen, Kaffee und Tee. Für ihre unermüdliche Arbeit zum Wohle der Landsleute bedankte sich Rosa Emich bei den Vorstandsmitgliedern Lydia Freudenberger, Olga Roon, Olga Schmunk, Helena Fritzler, Eduard Fehler und Peter Jansen sowie bei Frau Berg und den Familien Sikorski, Fehler, Bocksberger, Roon, Rohn und Frik. Am Tag der Feier feierte das älteste Mitglied der Kreisgruppe Fulda, Erna Wiens, seinen 90. Geburtstag, Alle Mitglieder der Kreisgruppe wünschen der Jubilarin Gesundheit, Glück und Gottes Segen. So verlief unsere letzte Veranstaltung im Jahr 2010, nach der die Gäste mit einem Hauch von Vorfreude auf das nächste Fest die Heimreise antraten. Helena Fritzler Kassel Liebe Landsleute, herzlichen Dank für Ihre aktive Teilnahme an den Aktivitäten Beitrittserklärung (Nur für neue Mitglieder. Die Mitgliedschaft von Landsleuten, die bereits Mitglied sind, verlängert sich automatisch.) Ich erkläre hiermit meinen Beitritt zur Landsmannschaft der Deutschen aus Russland e.V. Die Zeitung “VOLK AUF DEM WEG” wird mir als Mitglied zugestellt. Die Mitglieds- und Bezugsgebühr beträgt jährlich 30,- Euro in den alten Bundesländern und 27,- Euro in den neuen Bundesländern. Spätaussiedler zahlen in den ersten drei Jahren ihres Aufenthaltes in Deutschland 15,- Euro. Name Vorname (Vorname des Ehegatten) Straße PLZ Geburtsdatum Lahn-Dill Ort Einreisedatum Der Beitrag ist jährlich im Voraus zu bezahlen. Herr/Frau hat mich geworben. Einzugsermächtigung Hiermit ermächtige ich die Landsmannschaft der Deutschen aus Russland widerruflich, die Mitglieds- und Bezugsgebühr durch Einzugsauftrag (Lastschrift) von meinem Konto einzuziehen. Meine Konto-Nr. Bankleitzahl 34 Unterschrift VOLK AUF DEM WEG Nr. 1 / 2011 Bank/Sparkasse Datum der Ortsgruppe Kassel, den Fahrten nach Berlin und Frankfurt zu Seminaren für ehrenamtliche Berater und Betreuer, der Kranzniederlegung am Vertriebenendenkmal auf dem Hauptfriedhof, der Multiplikatorenschulung sowie an unseren Weihnachtsfesten. Wir laden Sie herzlich ein zu unseren nächsten Veranstaltungen: • 30. Dezember: Neujahrsfest in der Kita Zierenberger Straße 35. • 31. Dezember: Silvesterfeier im Bürgersaal Lohfelden. Moderation Olga Isakova, Musik Konstantin Freund. • 14. Januar 2011, 18 Uhr: „Das alte Neujahr“ in der Gaststätte „Volkswohl“ mit Musik von Konstantin Freund. • 15. Januar, 15 Uhr: Jahresempfang im Kasseler Rathaus. • 18. Januar, 15 Uhr: Besuch des Tapetenmuseums. • 27. Januar, 15 Uhr: Besuch beim „Schokoladen-Mann“, Friedrich-Ebert-Straße 85. • 6. Februar: Faschingsfest in der Stadthalle. Die Sprechstunden von Svetlana Paschenko und der anderen Betreuern finden montags von 16 bis 20 Uhr und nach Vereinbarung im Zimmer W 212 des Kasseler Rathauses statt. Kostenlose Computerkurse montags, dienstags und mittwochs von 10 bis 11 Uhr und freitags von 18 bis 19 Uhr in der Kohlenstraße 12. Weitere Auskünfte erteilen gerne: - Svetlana Paschenko, Tel.: 0561-7660119; Lydia Gitschev, Tel.: 0561-8618573. Der Vorstand Am 17. Oktober 2010 kamen Landsleute im Haus der sozialen Stadt Niedergirmes in Wetzlar zusammen, um eine neue Kreisgruppe Lahn-Dill zu gründen. Vom Vorstand der Landesgruppe Hessen waren die stellvertretende Landesvorsitzende Svetlana Paschenko sowie die Mitglieder Otto Kotke und Lydia Kiefel dabei und berichteten über die Aufgaben, Ziele und Aktivitäten der Landsmannschaft. Mit Otto Kotke als Wahlleiter wurde folgender Vorstand gewählt: - Lydia Kiefel, Vorsitzende, Sozial- und Kulturarbeit; Aliftina Gerling, stellvertretende Vorsitzende, Jugendarbeit und Schatzmeisterin; - Lilli Salzseiler, Schriftführerin und Aufnahmehelferin. Bei der konstituierenden Vorstandssitzung wurden Asja Ramenskih und Olga Hoffmann als Kassenprüferinnen vorgeschlagen und gewählt. Wir wünschen der neuen Kreisgruppe viel bürgerschaftliches Engagement bei der ehrenamtlichen Arbeit für die Verbesserung und Stärkung der Integration der Landsleute sowie kreative Anregungen LANDSMANNSCHAFT REGIONAL Nienburg Zur Weihnachtsfeier der Kreis- und Ortsgruppe Nienburg an der Weser am 12. Dezember 2010 im Begegnungszentrum Sprotte in Nienburg konnte der Vorsitzende Wendelin Jundt wie immer zahlreiche Landsleute im gefüllten Saal begrüßen. Als Ehrengast war die Vorsitzende der Landesgruppe Niedersachsen, Lilli Bischoff, gekommen. Den musikalischen Rahmen der gelungenen Feier gestaltete die Familie Anders, die mit ihren vier Kindern Lilli Salzseiler, Lydia Kiefel (Vorsitzende) und Aliftina Ger- Weihnachtslieder sang. Als ling vom Vorstand der neuen Kreisgruppe Lahn-Dill in der weitere Gäste erschienen hinteren Reihe mit Svetlana Paschenko und Otto Kotke vom der Schneemann und natürVorstand der Landesgruppe Hessen. lich der Weihnachtsmann, und Initiativen für ihre zukünftige Arbeit der den Kindern Weihnachtsgeschenke zum Wohl der Landsleute. mitgebracht hatte. Der Landesvorstand Im Verlauf der Feier zeichneten Lilli Bischoff und Wendelin Jundt Ida Hörner und Hilda Leicht mit goldenen sowie Margarethe Klassen und Waldemar Befuß mit bronzenen Ehrennadeln der LandsHannover mannschaft aus. Der Vorstand Niedersachsen Am 11. Dezember fand in der Epiphanias-Kirchengemeinde unsere alljährliche Adventsfeier statt, zu der wir erneut zahlreiche Kinder und erwachsene Besucher begrüßen durften. Zu Beginn nahmen alle an einem weihnachtlichen Gottesdienst mit Frau Pastorin Schmitz und Herrn Pastor Habenicht teil. Einer der Höhepunkte des Gottesdienstes war die neu interpretierte Krippenaufführung unserer Kinder, die abschließend den verdienten begeisterten Applaus der Besucher erhielt. Danach lud der Vorstand alle Teilnehmer zu einem gemütlichen Beisammensein in den schönen Räumen der Kirchengemeinde ein. Bei Tee, Kaffee, Kakao und Kuchen verbrachten über 100 große und kleine Besucher einen besinnlichen Nachmittag. Ebenfalls wie jedes Jahr spendeten unsere Landsleute nach der Veranstaltung fleißig. Wir danken allen Spendern ganz herzlich. Das uns anvertraute Geld wird für die Vereinsarbeit mit Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen im kommenden Jahr verwendet. Den Veranstaltungskalender der Ortsgruppe Hannover finden Sie auf der Internetseite www.lmdr-hannover.de. Gleichzeitig werden wir jedoch alle Mitglieder und Interessierten, die keinen Internetanschluss haben, in VadW informieren. Der Vorstand Wolfsburg Am 4. Dezember veranstalteten das ProIntegrationszentrum MeiNZ ("Mein neues Zuhause") und die Ortsgruppe Wolfsburg im Bürgersaal Westhagen einen AdventsSeniorennachmittag mit Kaffee und Kuchen. Die Leiterin des Zentrums, Ludmilla Neuwirth, die außerdem Ortsbürgermeisterin in Wolfsburg und Kulturreferentin der Landesgruppe Niedersachsen der Landsmannschaft ist, konnte mehr als 100 Gäste begrüßen, darunter Pastor i.R. Arnulf Baumann und der Vorsitzende des BdV-Kreisverbandes Wolfsburg, Gerhard Voigt, mit Ehefrau. Nach der Begrüßungsansprache und dem einleitenden Lied "Freue dich, Welt" unseres Chores unter der Leitung von Waldemar Varlamov hielt Pastor Baumann eine Andacht, die mit einem Gebet und dem Lied "Alle Jahre wieder" abgeschlossen wurde. Bevor die Kaffeetafel an den liebevoll gedeckten Tischen begann, trug der Chor noch einige weitere Lieder vor. Nach der Kaffeetafel zeichnete Robert Fischer als Vorsitzender der Ortsgruppe Kornelius Riesen, Jakob Matheis und Reinold Neumüller mit Ehrenurkunden für 25-jährige Mitgliedschaft aus. Gerhard Voigt überreichte Johann Fischer für seine langjährige Arbeit auf dem Gebiet der sozialen Betreuung der Landsleute die silberne Ehrennadel des BdV. Und schließlich zeichnete Ludmilla Neuwirth Pastor Baumann für seinen unermüdlichen Einsatz für die Deutschen aus Russland mit der goldenen Ehrennadel der Landsmannschaft aus (Bericht auf der nächsten Seite). Höhepunkt der Veranstaltung war ein weiteres Mal der Beitrag der Kinder der Gruppe "Tanzwelt" unter der Leitung von Shanna Weiser. Für ihr "Wintermärchen der 12 Monate" bekamen sie begeisterten Applaus. Auch an dieser Stelle einen herzlichen Dank an Shanna und die kleinen Tänzerinnen und Tänzer. Wendelin Jundt (links) und Lilli Bischoff (2. von rechts) überreichten in Nienburg Margarethe Klassen, Hilda Leicht, Ida Hörner und Waldemar Befuß (von links) Ehrennadeln der Landsmannschaft. 35 VOLK AUF DEM WEG Nr. 1 / 2011 LANDSMANNSCHAFT REGIONAL hoven, Tel.: 02433-442137, E-Mail: [email protected]; - Tatjana Haar (stellvertretende Vorsitzende), Tel.: 02452-155323. Unsere nächsten Termine: • 23. Dezember: Fahrt zum Freizeitpark Phantasialand in Brühl (Winterprogramm). • 14. bis 16. Januar 2011: Teilnahme an einem Seminar zum Thema "Erlebnispädagogik" in Hilchenbach. Der Vorstand Rhein-Sieg-Kreis Die Kinder der "Tanzwelt" von Shanna Weiser bei der Adventsfeier der Senioren in Wolfsburg. Bild: Richard Matheis Musikalisch begleitet von Alex Weiser, sangen wir zwischen den Beiträgen gemeinsam Weihnachtslieder. Zum Abschluss bedankte sich Ludmilla Neuwirth bei den Mitwirkenden und wünschte allen eine gesegnete Advents- und Weihnachtszeit. Bei der Adventsfeier am 4. Dezember in Wolfsburg wurde Pastor i.R. Arnulf Baumann mit der goldenen Ehrennadel der Landsmannschaft ausgezeichnet. Pastor Baumann kam 1976 als Direktor des Diakonischen Werkes nach Wolfsburg. Kurz danach gründete er den "Arbeits- und Freundeskreis für Spätaussiedler im Kirchenkreis Wolfsburg e.V.", an dem sich regelmäßig Mitarbeiter des Diakonischen Werkes, des Arbeits- und des Jugendamtes, des BdV, der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland, des Stadtflüchtlingsrates, von Schulen mit Förderklassen und des Roten Kreuzes beteiligten. Durch die Einrichtung war es möglich, den neu angekommenen Aussiedlern eine optimale Eingliederung zu ermöglichen. Pastor Baumann leitete den Arbeitskreis bis zu seiner Pensionierung 1997. In den 80er und 90er Jahren führte Pastor Baumann alljährlich einen Spätaussiedlertag mit Gottesdienst durch, bei dem zahllose Aussiedler und Spätaussiedler getauft, konfirmiert und getraut wurden. Auch darüber hinaus ist Pastor Baumann dem Schicksal unserer Landsleute bis heute intensiv verbunden geblieben. Bei unseren Veranstaltungen ist er nicht nur ein gern gesehener Gast, sondern bietet auch bei Bedarf seine Hilfe an. Pastor Arnulf Baumann ist Bessarabiendeutscher, so dass sein Schicksal sehr dem unseren ähnelt, was er auch immer wieder unterstreicht. Nach wie vor ist er im Vorstand des Bessarabiendeutschen Vereins aktiv, und dank seiner Hilfe hat auch die Landsmannschaft der Deutschen aus Russland in Wolfsburg und darüber hinaus an Ansehen gewonnen. Pastor Baumann wurde für seine großen Verdienste mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande ausgezeichnet. Und nicht zu vergessen: Er ist unserer Landsmannschaft als Mitglied beigetreten - eine Ehre und Bereicherung für die Ortsgruppe Wolfsburg und die gesamte Landsmannschaft! Helmut Kieß NordrheinWestfalen Heinsberg Kontakt zu unserer Ortsgruppe Heinsberg können Sie über die folgenden AdDie goldene Ehrennadel der Landsmannschaft für Pastor i.R. ressen aufnehmen: - AlexanArnulf Baumann (Mitte). Neben ihm Ludmilla Neuwirth vom der Böttcher (Vorsitzender), Vorstand der Landesgruppe Niedersachsen und Helmut Kieß Luxweg 25, 41836 Hückelvom Vorstand der Ortsgruppe Wolfsburg. 36 VOLK AUF DEM WEG Nr. 1 / 2011 Am 3. Dezember fand in Heisterbacherroth unser alljährliches Adventstreffen statt, das vom Neubürgerbeauftragten des Rhein-Sieg-Kreises, Ludwig Neuber, und aktiven Mitgliedern der Landsmannschaft organisiert und durchgeführt wurde. Mit vier Bussen kamen mehr als 150 Frauen, Männer und Kinder in das wunderschöne Schlesienhaus, um miteinander die Vorweihnachtszeit zu feiern. Nach einer kurzen Eröffnungsansprache von Ludwig Neuber, der das Treffen gefördert hatte, wurden die Gäste von Landrat Frithjof Köhn begrüßt, der den Beitrag der Deutschen aus Russland zur positiven wirtschaftlichen und kulturellen Entwicklung des Rhein-Sieg-Kreises hervorhob. Im Anschluss an die Ansprachen sangen wir zur Klavierbegleitung von Herrn Epp gemeinsam Weihnachtslieder. Die weitere musikalische Umrahmung mit schönen Weihnachtsliedern übernahmen wie immer die Angehörigen der Familie Tänzer. Zuerst sangen die Kinder im Duo und Trio, dann die Mutter mit der ganzen Familie, und schließlich spielten die Geschwister zu dritt Melodien mit Akkordeon und Geige. Es folgten Weihnachtsgedichte, und endlich kam der von den Kindern so lange ersehnte Weihnachtsmann mit einem großen Sack voller Geschenke. Die vielen Kinder sangen Lieder, sagten Gedichte auf und wurden dafür vom Weihnachtsmann reichlich beschenkt. Im offiziellen Teil der Veranstaltung bedankte ich mich im Namen der anwesenden Landsleute beim Landrat und beim Neubürgerbeauftragen für ihre Unterstützung der Volksgruppe. Gleichzeitig betonte ich, dass sich die Deutschen aus Russland des Vertrauens, mit dem man ihnen in den Anfangsjahren begegnet sei, als würdig erwiesen hätten. Viele von ihnen hätten sich beispielsweise als Unternehmer oder hoch qualifizierte Spezialisten hochgearbeitet. Als Beweis nannte ich den Deutschen aus Russland Andre Geim, dem in diesem Jahr der Nobelpreis für Physik verliehen wurde. Im schön geschmückten Saal wurden die Teilnehmer des Adventstreffens mit LANDSMANNSCHAFT REGIONAL Die Bundesgeschäftsstelle Zentrale Kinder und Erwachsene der Familie Tänzer sorgten für den musikalischen Rahmen beim Adventstreffen der Ortsgruppe Rhein-Sieg-Kreis in Heisterbacherroth. Kaffee und Kuchen verwöhnt, und zum Schluss bekam jeder auch noch einen Stollen als Weihnachtsgeschenk mit auf den Weg. Oskar Schweizer SachsenAnhalt Köthen Bei der Präsentation des Projektes „Mittendrin statt nur dabei“ und der landsmannschaftliche Wanderausstellung am 11. August 2010 in Lutherstadt Wittenberg wandte sich Prof. Dr. Wolfgang Böhmer, Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, in seiner Ansprache an die Vorsitzende der Ortsgruppe Wittenberg, Pauline Wiedemann, mit der Bitte, eine Landesgruppe der Landsmannschaft in Sachsen-Anhalt anzustreben. Damit hatte er den Wunsch vieler Aktiven der Landsmannschaft in und um Wittenberg getroffen, so dass man die Arbeit zur Umsetzung dieser Aufgabe und vor allem zur Gründung einer neuen Ortsgruppe in Köthen weiter intensivierte. Durch Überzeugungsarbeit, unter anderem am Beispiel der landsmannschaftlichen Aktivitäten in Wittenberg, gelang es Pauline Wiedemann und Irina Smolaninov aus Köthen, viele Landsleute für die Landsmannschaft zu begeistern. Die Landtagsabgeordnete Brigitte Take unterstützte ihr Engagement bei der Suche nach geeigneten Räumlichkeiten für die Gründungsversammlung. Und am 30. November 2010 kamen dann an die 80 Landsleute, Mitglieder der Landsmannschaft und solche, die es werden wollten, im Saal der Diakonie Köthen (Bärteichpromenade 12a) zusammen. Pauline Wiedemann eröffnete die Versammlung und stellte die Ehrengäste vor, darunter Gastgeber Pfarrer Horst Leischner, Brigitte Take, Bernhard Gödecke, stellv. Landrat in Köthen, Matthias Waschitschka, Mitarbeiter des Hallenser Wahlbüros von Dr. Christoph Bergner, Leontine Wacker, stellv. Bundesvorsitzende und Landesvorsitzende Baden-Württemberg der Landsmannschaft, Florian Braun, Landesvorsitzender Sachsen, und Bei der Gründungsfeier der neuen Ortsgruppe in Köthen. Raitelsbergstr. 49, 70188 Stuttgart Tel.: 0711/1 66 59-0 Fax: 0711/ 286 44 13 E-Mail: [email protected] Homepage: www.deutscheausrussland.de Mitgliederverwaltung, Anzeigen für Volk auf dem Weg: 0711/166 59-17 und -18 Versand (Bücher etc.): 0711/166 59-22 Projekte: Tel.: 0711-16659-23 Öffentlichkeitsarbeit: 0711/166 59-0 MBE - Migrationsberatung: Stuttgart: Tel.: 0711-16659-19 und -21 München: Tel.: 089-44141905 Neustadt/Weinstraße: Tel.: 063219375273 Hannover: Tel.: 0511-3748466 Arnstadt: Tel.: 03628-928131 Irina Ehlis, Vorsitzende der vor kurzen gegründeten Ortsgruppe Sangerhausen. In ihren Grußworten wünschten die Ehrengäste der künftigen Ortsgruppe viel Erfolg für ihr Ehrenamt bei der Landsmannschaft. Brigitte Take ging kurz auf das Schicksal der Deutschen aus Russland ein, während Leontine Wacker über die 60-jährige Geschichte der Landsmannschaft sprach. Die Teilnehmer konnten sich darüber hinaus mittels der ausgelegten Festschrift über die Thematik informieren. Die Wahlleitung übernahmen Leontine Wacker und Florian Braun. Zur Vorsitzenden der Ortsgruppe Köthen wurde Irina Smolaninov gewählt, zum Vorstand gehören weitere sechs Personen. Die Ortsgruppe Lutherstadt Wittenberg übernahm die Patenschaft über die neu gegründete Ortsgruppe, und Pauline Wiedemann überreichte der Vorsitzenden eine Fahne der Landsmannschaft. Nach dem offiziellen Teil konnten sich die Teilnehmer in einer gemütlichen Runde bei Kaffee, Tee und Gebäck austauschen und ein stimmungsvolles Kulturprogramm genießen. Der Chor aus Köthen, zwei Tänzerinnen und die Gesangsgruppe „Aljonuschka“ aus Wittenberg unterhielten die Gäste mit gelungenen Darbietungen. Die erwähnte Gruppe aus Sangerhausen will einen ähnlichen Abend organisieren, um neue Mitglieder zu gewinnen. Im Namen des Bundesvorstandes danke ich allen Teilnehmern, Organisatoren und Förderern ganz herzlich für die Unterstützung und wünsche unserer Ortsgruppe Köthen eine intensive Vereinsarbeit. Leontine Wacker, stellv. Bundesvorsitzende 37 VOLK AUF DEM WEG Nr. 1 / 2011 LANDSMANNSCHAFT REGIONAL stand gewählt. Die Arbeit des bisherigen Vorstandes wurde von den Teilnehmern der Wahlversammlung mit den Noten gut und befriedigend bewertet. Als 1. Vorsitzende wurde Tamara Barabasch wieder gewählt. Ihr zur Seite stehen Ludmila Shokin und Elena Maul. Die Wahl wurde vom Vorsitzenden der Landesgruppe Sachsen, Florian Braun, koordiniert; Die Vorstandsmitglieder der Orts- und Kreisgruppe ebenfalls eingeladen war Anja KröErfurt (von links): Tamara Barabasch, Vorsitzende, ner. Die Orts- und Kreisgruppe unterLudmila Shokin und Elena Maul. nimmt alles, um den Bekanntheitsgrad und das Ansehen der Landsmannschaft in Erfurt zu steigern. Laut Statistik kamen 2010 mehr als 500 Personen zur Erfurt Beratung und zu unseren Veranstaltungen. Am 20. November 2010 hat die Orts- und L. Papuscha Kreisgruppe in Erfurt einen neuen Vor- Thüringen Projekt ServuS: Multiplikatorenschulung „Integration durch Zusammenhalt und Öffnung“ I m Rahmen des Integrationsprojektes „ServuS“ (gefördert durch das Bundesministerium für Familien, Senioren, Frauen und Jugend) fand vom 10. bis 12. Dezember 2010 in Halle/Saale die Multiplikatorenschulung „Integration durch Zusammenhalt und Öffnung“ für Ehrenamtliche in den neuen Bundesländern statt. Zu dem dreitägigen Seminar versammelten sich 26 Ehrenamtliche aus landsmannschaftlichen Gliederungen und Mig- rantenorganisationen in Sachsen-Anhalt, Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern. Im Mittelpunkt standen Schwerpunkte wie Erfahrungsaustausch und Zusammenarbeit - untereinander sowie mit Netzwerken und Bundesprogrammen („Integration durch Sport“). Dr. Ludmila Kopp, Projektleiterin und Bundesgeschäftsführerin der Landsmannschaft, berichtete zu den Themen „Ehrenamt, Verbandsarbeit und Netzwerkarbeit in den neuen Bundesländern“ und „Zusammenarbeit mit der Landsmannschaft Viktor Jukkert (rechts) mit Teilnehmern der Schulung in Halle. 38 VOLK AUF DEM WEG Nr. 1 / 2011 INTEGRATION Mediziner im Dialog V or kurzem fand ein "Russischer Stammtisch" der Ärzte des Unfallkrankenhauses Berlin-Marzahn und der russischsprachigen Ärzte von Berlin statt. Der Direktor der Klinik für Allgemeinund Viszeralchirurgie, Dr. med. Henryk Thielemann, moderierte die Fortbildungsveranstaltung und unterstützte gekonnt neue Ideen, Anregungen und produktive Diskussionen. Die Stammtische werden organisiert, um Chirurgen und Allgemeinmediziner zum Zweck einer besseren Behandlung der Patienten in den Dialog zu bringen. Es wurden drei aufschlussreiche Vorträge präsentiert, darunter von Dr. Alexander Gamayunov, Facharzt für Chirurgie an der Klinik des Unfallkrankenhauses, zum Thema „GIST“ und der Hospitantin Dr. Anna Jastak über sonografische Diagnostik des Karzinoms. Die russischsprachigen Ärzte Dr. Elsa Schaubert, Dr. Jakob, Dr. Anna Koreschkowa, Dr. Lydia Mayer, Dr. Natalia Priewe, Dr. Galina Hinzer, Dr. Grenz und andere gewannen an diesem Abend einen aufschlussreichen Einblick in die Tätigkeit der Chirurgen des UKB Marzahn. Tamara Harwardt, Berlin der Deutschen aus Russland und dem Jugend- und Studentenring der Deutschen aus Russland als Dachverbänden für Organisationen der Spätaussiedler“. Olga Ebert, Vorsitzende der Ortsgruppe Halle der Landsmannschaft und stellvertretende Sprecherin des Landesnetzwerkes „Migrantenselbstorganisationen in Sachsen-Anhalt", referierte über die Arbeit der Landsmannschaft und der Migrantenorganisationen vor Ort und stellte ihr Projekt „Kinder integrieren Eltern“ vor. Viktor Jukkert, Landeskoordinator in Sachsen-Anhalt, berichtete über die Zusammenarbeit der Migrantenorganisationen mit dem Bundesprogramm „Integration durch Sport“. Bei den Berichten aus den Gruppen und dem Erfahrungsaustausch setzten sich die Teilnehmer noch einmal mit den Schwerpunkten des Seminars auseinander. Neben der Arbeit in Gruppen zur Entwicklung gemeinsamer themenorientierter Projekte und Maßnahmen in den Bereichen Kultur, Sport, Familie und Generationen konnten sich die Teilnehmer in den Räumlichkeiten der Ortsgruppe Halle umsehen, die Stadt Halle und Vatterode besichtigen und schließlich an der Jahresabschlussveranstaltung der Ortsgruppe Halle teilnehmen. VadW WEIHNACHTEN Borowsk – Weihnachten 1945 vor uns. Die Frauen waren in dem Lager unmittelbar neben dem unseren untergebracht. Bis zu diesem 24. Dezember 1945 hatten wir nicht gewusst, wer dort interniert war. D as Leben hält für uns gelegentlich äußerst berührende Momente parat. Mir, einem 82-jährigen Niederösterreicher, ist Folgendes vor einem guten halben Jahr widerfahren: Das Telefon läutete, am Telefon eine Frau, die mich fragte: „Sind Sie der Herr Anton Bayr?“ Ich antwortete: „Ja.“ „Haben Sie das Buch 'Vergessene Schicksale' geschrieben?“ „Ja.“ Und dann sagte die Frau: „Dann haben wir am Heiligen Abend 1945 in Borowsk gemeinsam das Lied 'Stille Nacht, heilige Nacht' gesungen.“ Meine Gesprächspartnerin war die in Bad Segeberg wohnhafte Emilie Zeier. Hintergrund der berührenden Mitteilung war ein Ereignis, das sich so vor 65 Jahren zugetragen hat: Ich wurde am 10. Mai 1945 von den Tschechen gefangen genommen und nach einigen Wochen an die Sowjets übergeben, die uns in den Archipel GULAG im Ural brachten. Bis zu meiner Rückkehr im November 1947 war ich in vier Lagern untergebracht, in Solikamsk, Borowsk, Gremyachinsk und Kisel. Im Jahr 2005 habe ich meine Erlebnisse im Ural in dem Buch „Vergessene Schicksale“ festgehalten. Das Buch wurde im Österreichischen Parlament bei einer Gedenkveranstaltung 60 Jahre nach Ende des II. Weltkrieges vorgestellt. Eine wesentliche Hilfe beim Verfassen des Buches war mein Tagebuch, das ich trotz Verbotes immer geheim geschrieben und schließlich in die Heimat mitgebracht hatte. In diesem Buch habe ich unter anderem beschrieben, wie wir den Heiligen Abend 1945 in Borowsk verbrachten: Einteilung zur Nachtschicht, Entladen von Kohlenwaggons. Wir hörten zwar, dass in der Finsternis vor uns auch geschaufelt wurde, wussten aber nicht, wer dort arbeitete. Um Mitternacht – man stelle sich vor: mitten im Ural, bei mehr als 40 Grad Kälte! – hörten wir zu unserer Überraschung, dass Frauen vor uns begannen, das Lied „Stille Nacht, heilige Nacht“ zu singen. Wir sangen sofort mit, und plötzlich war einige Augenblicke lang Weihnachten im Ural! Die Bewacher waren zuerst sprachlos, doch dann brüllten sie: „Dawei, dawei!“ Die Trostlosigkeit umfing uns wieder. Emilie Zeier gehörte mit ihren wolgadeutschen Landsleuten zu der Arbeitsgruppe Nachdem sie mein Buch gelesen hatte, wurde das traurige Erlebnis des Jahres 1945 in Emilie Zeier wieder lebendig, und sie hatte den Kontakt zu mir gesucht. Anton Bayr Weihnachten 2010 in Friedland D ie Weihnachtsfeier im Grenzdurchgangslager Friedland ist längst zur guten Tradition geworden. Auch diesmal war es am 14. Dezember um 14 Uhr wieder soweit. Heinrich Hörnschemeyer, Leiter des Grenzdurchgangslagers Friedland – Niedersächsisches Zentrum für Integration, begrüßte die zahlreich erschienenen Eltern und Kinder sowie viele weitere Gäste aus Politik, Verbänden und Öffentlichkeit, darunter Editha Lorberg, MdL, Klaus-Peter Bachmann, MdL, Dr. Michael Griesbeck, Vizepräsident des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, und Ortsbürgermeister Joachim Lüther, um nur einige zu nennen. Grußworte sprachen Dr. Frank Frühling (MI-Referatsleiter 45), Wolfgang Petersson, Vizepräsident des Bundesverwaltungsamtes, sowie Joachim Mrugalla vom Bundesverwaltungsamt, Außenstelle Friedland. Pastor Martin Steinberg, evangelischer Lagerseelsorger, wandte sich mit geistlichen Worten an die Versammelten. Den musikalischen Rahmen gestaltete das Jugendorchester Friedland unter der Leitung von Willi Gröschl. Mit Melodien wie „Tochter Zion“, „Kling, Glöckchen, klingelingeling“, „Hört der Engel helle Lieder“ und „O du fröhliche“ schufen die jungen Künstler eine feierliche und besinnliche Atmosphäre. Aussiedlerkinder hatten Lieder und Gedichte in gutem Deutsch vorbereitet und zeigten, was sie in kurzer Zeit bereits gelernt haben. Frei nach dem Lied und der Melodie „Hallo, guten Morgen Deutschland“ hatten sie gemeinsam mit ihren Deutschlehrerinnen ein Loblied auf Friedland verfasst, das sie mit viel Elan vortrugen. Daraus ein paar Zeilen: Hallo, ich bin hier in Friedland. Aus Kasachstan, da komme ich her, in unsere neue Heimat Deutschland, und die Familie freut sich sehr. Noch habe ich hier keine Freunde. Vieles ist hier anders als zu Haus, doch hier ist jetzt meine Heimat, und ich mach das Beste draus. Für die Familien in Friedland, viele von ihnen kommen aus den Nachfolgestaaten der Sowjetunion, war es ihr erstes Weihnachtsfest in der neuen Heimat. Alle Kinder bekamen Geschenke vom Weihnachtsmann und den Ehrengästen. Für die Landsleute aus der ehemaligen Sowjetunion ist Friedland mit einem hoffnungsvollen Neubeginn und vielen Plänen für die Zukunft verbunden. Die Landesgruppe Niedersachsen der Landsmannschaft mit ihrer Vorsitzenden Lilli Bischoff gehört zu den Organisationen, die sich darum kümmern, dass sich dieser Neubeginn erfolgreich gestaltet. Die ehrenamtlichen Helfer der Landsmannschaft leisten Lebenshilfe, betreuen und begleiten ihre Landsleute bei ihren ersten Schritten in der neuen Heimat und nicht selten auch danach. VadW 39 VOLK AUF DEM WEG Nr. 1 / 2011 WEIHNACHTEN NEUJAHR Gebet zwischen Kommandantur und Weihnachten L ieber Heiland, lass mich leben. Wenigstens noch drei Jahre. Damit mein Kind alt genug ist, um auf Russisch um Brot bitten zu können!" So betete Ella vor 55 Jahren im Krankenhaus von Syktywkar in der ASSR der Komi im hohen Norden Russlands, wo sie nach der Entbindung mit dem Tod rang. Ella betete auf Deutsch, so wie sie es von ihren Eltern seit ihrer Kindheit gewohnt war, so laut, dass es eine Krankenschwester gehört hatte. Und die Schwester muss es verstanden haben, denn sie fragte auf Russisch und fast vorwurfsvoll: „Durotschka (Dummerchen), warum hast du dir nicht wenigstens zehn Jahre gewünscht?" Ella traute dem Frieden nach zehn Jahren Kommandantur immer noch nicht. Die Schwester konnte ja eine ehemalige fanatische Komsomolzin sein, die in der Mittelschule Deutsch als Fremdsprache gelernt hatte. Deshalb antwortete sie vorsichtig: „Man wird sich doch wenigstens zum neuen Jahr etwas wünschen dürfen." Das war zu Weihnachten 1955. Die Kommandantur, das heißt die totale Diskriminierung der Russlanddeutschen, war am 13. Dezember aufgehoben worden. Aber der neue Ukas brauchte sehr lange, um die Verbannungsorte der Deutschen zu erreichen. Es vergingen oft Jahre, bis der letzte Zwangsumsiedler von dem Ukas wirklich profitierte. Bei Ella dauerte es 36 Monate, bis sie ihr erstes Weihnachtswunder ohne Kommandanturbewachung erlebte. Es war wieder im Krankenhaus von Syktywkar. Typhus. Die Ärzte hatten sie bereits aufgegeben! Ella nicht. Sie durfte nicht kapitulieren. Klein Alexander, den man Sascha nannte, war jetzt drei Jahre alt und brauchte unbedingt seine Mutter. Der Junge sprach auf der Straße russisch und zu Hause deutsch. Nur zu Brot sagte er immer „Chle-ba". Das war zwar weder deutsch noch richtig russisch, aber es war leichter auszusprechen. Wegen des rollenden R's, mit dem Kinder nationaler Minderheiten mehr Probleme hatten als russische Kinder. Sascha verhungerte nicht; dafür dankte Ella ihrem Herrgott täglich, nach alter Sitte, auf Deutsch, aber vorsichtshalber leise. Unter den Krankenschwestern konnte sich ja eine fanatische Ex-Komsomolzin befinden! Aber sie hatte auch noch einen Wunsch: „Lieber Heiland, lass mich nicht sterben, wenigstens noch zehn Jahre, damit ich mein Kind in die Heimat fahren kann." 40 VOLK AUF DEM WEG Nr. 1 / 2011 Ella betete sehr leise, um nicht aufzufallen. Trotzdem bemerkte sie, dass die Schwestern gelegentlich tuschelten, aber rührend um sie bemüht waren. Drei Frauen wechselten abwechselnd Ellas verschwitzte Nachthemden rund um die Uhr, um die junge Mutter zu retten. Ella blieb am Leben. Es vergingen noch 23 Jahre, bis Ellas Herzenswunsch erfüllt wurde. Im Herbst 2010 sagte die 80-jährige noch recht rüstige gläubige Christin, Mutter, Großmutter und Urgroßmutter: „1981 durften wir endlich nach Deutschland ausreisen. Meine Gebete hatten geholfen." Ich habe dafür auch keine bessere Erklärung, obwohl mein kindlicher Glaube im Laufe der letzten 70 Jahre doch arg strapaziert worden ist. J. Kampen Nach 72 Jahren wieder in der Petrikirche A llen Mitarbeitern von VadW und der Landsmannschaft herzlichen Glückwunsch zu Weihnachten und zum Neuen Jahr! Ich lese „Volk auf dem Weg“ seit 1991, als ich nach Deutschland kam, und nach wie vor mit dem gleichen Interesse. Ich finde es besonders gut, dass immer wieder auch Beiträge über unsere alte Heimat und die Zeit noch vor dem verhängnisvollen Krieg veröffentlicht werden. Rund um St. Petersburg waren es mehr als 20 deutsche Kolonien, die im Zuge der deutschen Einwanderung auf Einladung der Zarin Katharina II. besiedelt und gegründet wurden. In der wunderschönen evangelischen St.-PetriKirche der Stadt haben wir, damals 15 Jahre alt, 1937 das Die St.-Petri-Kirche. Abendmahl empfangen. Es war allerdings das letzte Mal, dass ich die Im Sommer 2009 war ich nach genau 72 schöne Kirche sah. In den umliegenden Jahren erneut in St. Petersburg und in der Kolonien waren sämtliche Gotteshäuser Petrikirche. Auch hier hat der Kommuniszu der Zeit bereits geschlossen oder um- mus mit seinem antireligiösen Wahn tiefe funktioniert worden. Spuren hinterlassen. Von ihrer früheren 1942 wurden auch wir als Deutsche aus- Pracht hat die Kirche zwar viel eingebüßt, gewiesen; bis 1956 lebte ich wie alle an- aber sie hat diese Zeiten immerhin überderen Russlanddeutschen unter Sonder- lebt. kommandantur. Erst 1998 erhielt ich die Katharina Braun (geb. 1922), Rehabilitierungsbescheinigung. Ettlingen Erfülltes Leben N icht von ungefähr stellt man sich am Ende eines Kalenderjahres Fragen. Gedanken tauchen auf, die wir vielleicht von uns weg schieben wollen, die sich dann aber doch in uns bewegen: Was hat das vergangene Jahr gebracht? Wodurch war es geprägt? War es ein Jahr der Gnade und Hilfe in schweren Tagen? Oder ein Jahr der Prüfung und Bewährung in Entscheidungssituationen? NEUJAHR Wenn dieses Jahr nun geht zu Ende und leis' das neue tritt herein, zum Himmel ich die Bitte sende... „Lass immer wahren Frieden sein! Maria Görzen Ein HFDRWandbildkalender zum neuen Jahr! D ie Wandbildkalender des Historischen Forschungsvereins der Deutschen aus Russland, die seit 2000 erscheinen und spannende Einblicke in die russlanddeutsche Kulturgeschichte vermitteln, haben viele Landsleute und andere geschichtsinteressierte Mitbürger lieb gewonnen. Oder ein Jahr der Hoffnung und Genesung, in dem sich der niedergeschlagene Sinn wieder aufrichten konnte? Jeder von uns weiß am besten, was die Tage des vergangenen Jahres mit Sinn erfüllt hat, was diesen Tagen Glanz verlieh und wodurch es für seine Lebensgeschichte unauslöschlich wurde. So kann das Gefühl, das uns am Jahresende erfasst, vielleicht eher als jedes nüchterne Aufrechnen einzelner Erfahrungen dabei helfen, Bilanz zu ziehen: Bis hierher hat mich Gott gebracht durch seine große Güte. Es wird allerdings nicht ausbleiben, dass wir unseren Lebensweg mit dem anderer Menschen vergleichen: Andere können im Kreise ihrer Lieben feiern, wir sind vielleicht einsam und mussten schon von unseren Angehörigen, womöglich von unserem Lebenspartner, Abschied nehmen. Die einen sind kerngesund, andere haben mit den Beschwerden des Alters zu kämpfen. Anderen steht das Glück ins Gesicht geschrieben, wieder andere müssen sich Sorgen um ihre Kinder und Enkel machen. Doch da rät uns der große dänische Denker Sören Kierkegaard, der kein einfaches Leben hatte, auf das Vergleichen zu verzichten, und zwar zu unserem eigenen Besten: „Das Vergleichen ist das Ende des Glücks und der Anfang der Unzufrieden- heit! Unzufrieden aber ist das stärkste Gift für das Gemüt. Zufriedenheit jedoch, und das bedeutet, zum inneren Frieden gelangt zu sein, lässt das Leben erfüllt erscheinen, trotz vieler unerfüllter Wünsche.“ Viele kleine Freuden Nicht immer ist es ein Vergnügen, was uns das Leben so beschert. Doch lass dich nur nicht unterkriegen, läuft dir auch manchmal was verkehrt. Du darfst nicht gleich den Mut verlieren, trifft öfter dich ein neuer Schlag. Versuch, das Gute aufzuspüren! Ein kleines Licht bringt jeder Tag. Such nach des Lebens schönen Seiten, die dir erfüllten Geist und Sinn. Es gibt so viele schöne Freuden, die dir auf deinem Wege steh'n. Jahreswechsel Und wieder mal ist Jahreswende vorbei ein Jahr voll Glück und Leid. Wie Abschied nehmend, reich ich hin die Hände. Ein Jahr versinkt im Schoß der Zeit. Im Wechselspiel von Freud und Sorgen war jeder Tag voll angefüllt. Man fragt sich oft: „Was bringt der Morgen? Bleibt unsre Zukunft grau verhüllt?" Zusammen ergeben die zwölf farbigen Kalender einen Schatz an Informationen in Bild und Wort aus allen Bereichen der russlanddeutschen Kulturgeschichte – von der Einwanderung nach Russland vor fast 250 Jahren bis zur Rückkehr in das Land der Vorfahren. Im Kalender 2011 finden sich neben Porträts herausragender russlanddeutscher Persönlichkeiten Beiträge, die deutsche Ansiedlungsgebiete und Stationen oder auch schicksalhafte Ereignisse der russlanddeutschen Geschichte darstellen. Das Titelthema mit einer Abbildung von Nishnaja Dobrinka, der ältesten deutschen Siedlung an der Wolga, wird im Leitartikel von Dr. Anton Bosch „70 Jahre Totaldeportation aller RusslandDeutschen nach Sibirien und Mittelasien“ fortgesetzt. Neben Porträts des Lehrers und Denkers Anton Schneider aus Mariental, Wolga, von Johann Kampen, der aktiver Gewerkschafter und Betriebsrat war, des Künstlers Otto Flath sowie des Heimatforschers und Hobbyhistorikers Eduard Mack geben weitere Themen Einblicke in verschiedene Zeitspannen der russlanddeutschen Geschichte. Das sind u.a.: - Einbürgerung der Russlanddeutschen 1943-1945; - Liedgut der Deutschen aus Russland; - Anfänge des Wolhynien-Deutschtums; - deutsche Kolonien auf der Krim: - Auswanderung der Calvinisten an die Wolga; - Flucht der Belowesher im Treck der Schwarzmeerdeutschen 1934/44; - Katholizismus in Sibirien; - sächsisch-russische Beziehungen im Bereich Bergbau seit Peter I. Abgerundet wird die Themenvielfalt mit Tipps für Ahnenforscher. Mehr zum HFDR unter www.hfdr.de Bestellungen bei: Michael Wanner, Tel.: 09402-3916, E-Mail: [email protected]; Nina Paulsen, Tel.: 0911-6279253, E-Mail: [email protected]. 41 VOLK AUF DEM WEG Nr. 1 / 2011 GLÜCKWÜNSCHE Zum 99. Geburtstag am 1. Januar gratulieren wir unserem lieben Vater, Großvater und Urgroßvater Jakob Lutz geb. in Andreasdorf bei Odessa, und wünschen alles Gute und jede Menge Gesundheit. Deine Kinder, Enkel und Urenkel. Wir gratulieren Elli Krieger geb. Heinzelmann geb. in Kljutschewaja in der Ukraine, zum 90. Geburtstag am 19.1. 2011! 90 Jahre bist du jung,/ bist noch immer gut bei Schwung./ Mit Elan und ganzer Kraft/ hast du deinen Weg gemacht! Wir danken dir für deine Güte,/ dass Gott sich weiterhin behüte! Das wünschen dir deine Kinder, Enkelkinder und Urenkel, dein Schwiegersohn, deine Nichten und Neffen. Zum 90. Geburtstag am 26.1.2011 gratulieren wir unserem lieben Opa und Papa Walter Bäuerlein geb. 1921 in Gnadenburg, Nordkaukasus. Die 90 hast du nun erreicht,/ das Leben war nicht immer leicht./ Gingst durch Höhen und durch Tiefen,/ warst immer da, wenn wir dich riefen. Bist ein Mensch, der jedem Freude macht,/ der niemals böse, immer lacht,/ der pflichtgetreu, voll Mitgefühl,/ den niemand bei uns missen will. Für alles, was du tust, hab Dank,/ bleib schön gesund und werd' nicht krank./ Acht gut auf dich und mach es wahr,/ dann wirst du sicher 100 Jahr'! In Liebe und tiefer Dankbarkeit: deine Enkel Anna und Alexander, deine Schwiegertochter Nadja und Manfred. Zum 80. Geburtstag gratulieren wir dir, Albert Dening geb. am 28.1.1931 im Gebiet Odessa, recht herzlich. Die 80 hast du nun erreicht,/ die Zeit, sie war nicht immer leicht./ Manchmal traurig, manchmal heiter,/ irgendwie ging's immer weiter./ Glück, Gesundheit und viel Kraft,/ damit du auch die 100 schaffst! In Liebe: deine Frau Natascha. 42 VOLK AUF DEM WEG Nr. 1 / 2011 Zum 60. Hochzeitstag am 26.11.2010 gratulieren wir herzlich Rosa (geb. Hochhalter) und Heinrich Dickmann Wir alle feiern heut' aus gutem Grunde/ den Tag, der eurem Leben Glanz verleiht./ Wir gratulieren euch zu dieser Stunde/ in dankbar-herzlicher Verbundenheit. Wir danken euch in stiller, echter Rührung/ für alles, was ihr je für uns getan./ Und eure liebevolle, feste Führung/ gab sicher Richtung unserer Lebensbahn. Umsorgt habt ihr uns stets; bewahrt, geleitet./ Ihr wart uns Zuflucht, wart uns Trost und Halt./ Ihr habt uns für das Leben vorbereitet;/ wir waren's, denen eure Liebe galt. So war es stets, und so ist es geblieben/ auf allen unseren Wegen - dort und da./ Wohin uns auch des Lebens Stürme trieben:/ In Freud' und Leid wart ihr uns immer nah. Wir danken euch. Drum nehmt an diesem Tage/ den Glückwunsch an von jedem, der euch liebt./ Wir danken euch. Ihr seid ganz ohne Frage/ die allerbesten Eltern, die es gibt! Zum 80. Geburtstag am 11.1.11 gratulieren wir ganz herzlich Valentin Nürenberg geb. in Alexandrowka, Krasnodar. Lebe glücklich, lebe heiter,/ lebe in Gesundheit weiter./ Lebe viele Jahre noch!/ Lieber Valentin, lebe hoch! Alles Liebe wünschen dir deine Frau, deine Kinder, Enkelkinder und Urenkel. Zum 75. Geburtstag gratulieren wir ganz herzlich meiner lieben Frau, unserer lieben Mutter, Schwiegermutter und Großmutter Elwira Wagner geb. am 12.1.1936 in der Ukraine. Wir wünschen dir das Allerbeste,/ Gesundheit und ein langes Leben./ Wir möchten dir gern sagen -/ es ist schön, dass wir dich haben. In Liebe: deine Familie. Für Irma März geb. Völk die am 8.1.2011 ihren 80. Geburtstag feiert: Liebe Mama, mit diesem Gruß möchten wir uns bei dir bedanken für all die Liebe und Fürsorge, die wir in vergangenen Jahren erfahren haben. Die Zeit war nicht immer einfach, mal musstest du weinen, aber auch öfters lachen. Du warst bescheiden und mutig, hilfsbereit und immer um unser Wohl bemüht. Trotz allem hast du die Fähigkeit bewahrt, dich an den kleinen, netten Dingen und schönen Momenten des Lebens zu erfreuen. Wir gratulieren dir ganz herzlich zum Jubiläum und wünschen vor allem Gesundheit und noch recht viele glückliche Jahre! Wir lieben dich sehr: deine Kinder. Zum 80. Geburtstag am 14.1.2011 gratulieren wir Sebastian Gärtner geb. in Rastatt, Ukraine. Ist das nicht toll?/ Unser lieber Papa und Opa macht die 80 voll! Auf einige Jahre blickst du nun zurück,/ auf manche Sorgen, manches Glück. Man muss es einmal deutlich sagen:/ Hast viel geschafft in diesen Jahren!/ Bist immer da, wenn man dich braucht,/ und jung geblieben bist du auch! Bleib, wie du bist, treib's nicht zu doll,/ dann machst du auch die 100 voll! Alles Liebe wünschen dir deine Frau und deine Kinder mit Familien. Zum 90. Geburtstag am 16.12.2010 gratulieren wir herzlich unserer lieben Mutter, Schwiegermutter, Oma und Uroma Hildegard Tausch geb. Eckstein geb. in Katharinenfeld, Kaukasus. Du bist ein Teil von unserem Leben,/ viel Liebe hast du uns gegeben./ Drum wollen wir dir dankbar sein,/ du sollst noch lange bei uns sein./ Glück, Gesundheit und viel Kraft,/ damit du auch 100 schaffst. In Liebe und Dankbarkeit: deine Kinder und Schwiegerkinder, fünf Enkel und acht Urenkel. UUUUU DIE VOLKSGRUPPE GLÜCKWUNSCH Nelli Heidt (Morosowa) Ein Postpaket aus Deutschland (Eine Geschichte aus meiner Kindheit) E s war im Jahr 1963. Unsere Familie erhielt ein Postpaket, und nicht irgendeines, sondern eine große Kartonkiste direkt aus Westdeutschland. Es kam vom jüngeren Bruder meiner Mutter, Onkel Rudolf, der als 13-Jähriger während der Aussiedlung der Deutschen aus den ukrainischen Dörfern in den Westen verschollen war. Und nun hatte er uns gefunden und schickte einen Gruß aus dem fernen Deutschland. Wir alle stehen um die geöffnete Kiste herum und wissen nicht, wo wir anfangen sollen. Die Freude der Verwandten ist grenzenlos, alle weinen und lachen gleichzeitig und können ihren Augen kaum trauen – der Rudolf ist am Leben, und das ist der Beweis! Dann holt der Großvater irgendwelche Sachen aus der Kiste, darunter Blusen, Schals, Handtücher. Jeder probiert irgendein Kleidungsstück an und schaut, ob es ihm passt. Ganz unten auf dem Boden liegen Sandalen. Sie passen ganz unerwartet mir. Die Sandalen riechen nach echtem Leder, leuchten hellbraun, haben Ziernähte, eine Lackdecksohle, einen glänzenden Verschluss und ein Lochmuster in Blumenform vorne. Diese Schönheit ist nicht zu vergleichen mit den üblichen grob geschusterten Sandalen aus Schweineleder mit flacher Laufsohle. Ich laufe gleich auf die Straße, um den Nachbarn die neuen Sandalen zu zeigen. Die ausländischen Sandalen glänzen in der Sonne, der Fuß ist gebettet wie auf einem Kissen, auch wenn die Schuhe eine Nummer zu groß sind. Aber diese Kleinigkeit kann meine fröhliche Laune nicht trüben. Die neuen Sandalen kamen wie gerufen: In zwei Tagen sollte ich in das Pionierlager nach Bektauata. Sammelpunkt war auf dem Platz vor dem Kulturpalast um 8 Uhr morgens. Als ich mit meiner Mutter ankam, standen bereits mehrere Busse zur Abfahrt bereit, und eine Menge Kinder und Eltern warteten auf ein Signal. Wir suchten unseren Bus, die Mutter trug mich in die Liste ein, und schon bald war der Heimatort Vergangenheit. Hoch lebe der unvergessliche Pioniersommer! Während der Bus ein paar Stunden durch die staubige und holprige Straße rollt, singen wir lustige Pionierlieder, die unsere Pionierleiterin anstimmt, von uns mit unseren hellen Stimmen enthusiastisch unterstützt: „Junge Adler lernen fliegen“, „Steigt, Lagerfeuer, in den blauen Nächten auf“ und andere. Angelangt am Endziel, fallen wir müde und befreit aus den Bussen. In dem ganzen Chaos hatte ich völlig vergessen, dass ich die schicken neuen Sandalen aus dem Ausland anhatte. Aber unsere Pionierleiterin, die schlanke Ljuda, hatte sie sofort bemerkt. Am Abend trat sie an mich heran und sagte: „Nelli, kannst du mir deine Sandalen für morgen Abend ausleihen. Ich muss die Festrede halten, aber meine ‚Tschetschenenschuhe‘ sehen ganz schrecklich aus“ Selbstverständlich hatte ich nichts dagegen, denn was macht man nicht alles für eine gemeinsame Sache! Am anderen Tag kam dann auch schon unsere Erzieherin und fragte, ob ich meine Auslandssandalen einem Mädchen leihen könnte, das bei der Laienkunstschau tanzen sollte. Fast jede Nacht verschwanden meine Sandalen auf die geheimnisvollste Art und waren früh morgens wieder pünktlich da. Durch diese allgemeine Liebe waren sie noch breiter und größer geworden - für meine Füße schon einige Nummern zu viel. Bei einem der Fußmärsche fielen sie zu meiner Verzweiflung in den Teich, in dem alle badeten. Die Jungs tauchten solange, bis sie die Sandalen gefunden hatten. Da sie Löcher hatten, dienten sie obendrauf noch zum Fangen von Kaulquappen. Danach legte ich die Sandalen zum Trocknen in die Sonne. Durch das Sonnenbad schrumpften sie und passten mir wieder. Der Sommer war schnell vorbei. Die deutschen Sandalen waren so strapazierfähig, dass ich sie das ganze Jahr hindurch als „Wechselschuhe“ zur Schule trug. Wie nebenbei fragte ich einmal meine Mutter, ob sie den Onkel nicht bitten könne, mir noch einmal so schöne Sandalen zu schicken. Vielleicht hatte sie es getan, denn pünktlich zum nächsten Sommer erhielten wir vom Postboten die Mitteilung, dass wir ein Postpaket aus Deutschland abholen sollten. Allerdings war als Adresse nicht das Postamt angegeben, sondern irgendeine Behörde. Großvater Anton zog seinen Festanzug an und machte sich auf den Weg, das Paket abzuholen, ohne dabei an etwas Schlimmes zu denken. Das Paket stand auch schon bereit auf dem Tisch. Der Großvater unterzeichnete den Abholschein an der angemerkten Stelle mit seinem Namen und wollte gerade das Paket nehmen, als plötzlich aus dem Neben- Zum 85. Geburtstag am 2.1.2011 gratulieren wir von ganzem Herzen unserer lieben Mutter und Schwiegermutter, guten Oma und Uroma Herta Witzig geb. in Helenendorf, Kaukasus. 85 Jahre sind nicht wenig,/ aber auch nicht viel./ Das gehört zu deinem Leben,/ wie auch wir zu dir. Darum wollen wir dir sagen:/ Es ist schön, dass wir dich haben. In Liebe und Dankbarkeit: deine Kinder Gertrude, Alfred und Arnold, Schwiegertöchter Valentina und Polina, fünf Enkel und zehn süße Urenkel. zimmer ein Mann in Uniform trat und den Großvater aufforderte, noch zu bleiben. „Wie geht es Ihnen denn, Bürger Sch.? Leben Sie so schlecht in der Sowjetunion, dass Sie nichts zu essen oder nichts anzuziehen haben? Wieso bitten Sie unsere Feinde um Almosen? Haben Sie denn die Kolyma und die Kommandantur vergessen?“ Beim Großvater, dem die Sorge um das Schicksal und die Zukunft seiner Familie auch so schon tief im Nacken saß, schrillten die Alarmglocken. In Panik geraten, unterzeichnete er auf der Stelle ein Papier, mit dem er nicht nur auf die Annahme des Pakets verzichtete, sondern auch die Verwandtschaft mit seinem Sohn leugnete. Erst zu Hause wurde ihm bewusst, was er damit angerichtet hatte. Kurz darauf erlitt er einen Schlaganfall und bleib zehn Jahre gelähmt ans Bett gefesselt. Von seinem Sohn Rudolf hörte er seitdem nie mehr etwas, der Briefwechsel wurde unterbrochen - obwohl er sich bis zu seinem Tod nichts sehnlicher als ein Wiedersehen mit dem Sohn wünschte. Diese unerfüllte Sehnsucht und diesen Herzenswunsch meines verstorbenen Großvaters konnte ich nach 31 Jahren erfüllen, als ich mit meiner Familie nach Deutschland kam. Rudolf, damals bereits ein betagter Mann, der kein Wort Russisch sprach, hatte niemals verstanden, wieso das Postpaket, das er den Verwandten in die Sowjetunion geschickt hatte, zurückgekommen war. Es enthielt doch nur Alltagssachen und nichts Verbotenes! Damals war er sogar beleidigt gewesen, weil er gedacht hatte, wir wollten nichts von ihm wissen. Das Papier, das sein Vater unterzeichnet hatte, hatte seinen Verdacht nur bestätigt. Ich versuchte, ihm die damalige Situation in der Sowjetunion zu erklären, so gut es ging, hatte dabei jedoch den Eindruck, von ihm nicht wirklich verstanden zu werden... 43 VOLK AUF DEM WEG Nr. 1 / 2011 ZUM GEDENKEN Zum 10-jährigen Todestag LUDMILLA GIESER geb. Jahner Obwohl wir dir die Ruhe gönnen, ist voller Trauer unser Herz. Dich leiden sehen und nicht helfen können, das war für uns der größte Schmerz. Du hast gesorgt, du hast geschafft, wohl manchmal über deine Kraft. Nun ruhe sanft, du gutes Herz, Gott wird lindern unsern Schmerz. Wir werden immer an dich denken und haben dich immer in unseren Herzen: deine Kinder Margarete, Anna, Eduard und Eugen mit Familien. Als Gott sah, dass der Weg zu lang und das Atmen zu schwer wurde, legte er den Arm um mich und sprach: „Komm heim!“ ADELINA MAIER geb. Krause geb. 19.7.1924 in Arbeiterheim/ Lugansk/Ukraine gest. 27.11.2010 in St. Johann/Tirol In Liebe, Dankbarkeit und tiefer Trauer: deine Tochter Erika und dein Sohn Waldemar mit Familien. In stiller Trauer nehmen wir Abschied von unseren lieben Mutter, Schwiegermutter, Oma, Uroma und Ururoma LINA MOSER geb. Wilchelm geb. 5.3.1919 in Krasna/Odessa gest. 29.11.2010 in Ingolstadt Der Platz ist leer, groß ist der Schmerz und voller Trauer unser Herz. Wie schmerzvoll war’s, vor dir zu stehen, dein Leiden hilflos anzusehen. Du bist erlöst von allen Schmerzen, der Abschied fällt uns allen schwer. Du bleibst bei uns in unseren Herzen, wir lieben dich und trauern sehr. Nun schlaf in Frieden, ruhe sanft und hab für alles lieben Dank. In tiefer Trauer, Liebe und Dankbarkeit: dein Sohn Jakob mit Familie, deine Tochter Maria mit Michael und Familie. Wir danken allen Verwandten, Freunden und Bekannten für die herzliche Anteilnahme. 44 VOLK AUF DEM WEG Nr. 1 / 2011 Zum Andenken an unsere liebe Mutter, Oma und Uroma MARIA WEBER geb. 19.10.1918 in Klosterdorf/ Ukraine gest. 27.11.2010 Der Kampf des Lebens ist zu Ende, vorbei ist aller Erdenschmerz. Nun ruhen deine müden Hände, still steht dein teures Mutterherz. In stiller Trauer nahmen Abschied: Sohn Viktor mit Ehefrau, Enkelin Larissa mit Ehemann, Urenkel Christina und Michael, Schwester Barbara mit Familie, Schwägerin Elisabeth mit Kindern. Wir danken allen Verwandten, Freunden und Bekannten für die herzliche Anteilnahme und das letzte Geleit. Für die Welt warst du irgendwer, für uns warst du die ganze Welt. JOHANNES DEGENSTEIN geb. 20.10.1927 in Kandel/Odessa gest. 13.11.2010 in Offenburg Wir werden dich nie vergessen. In unseren Herzen wirst du für immer weiterleben. In stiller Trauer: deine Ehefrau, Kinder, Enkel, Urenkel sowie alle Angehörigen. Wir danken allen Verwandten, Freunden und Bekannten für die herzliche Anteilnahme an unserer Trauer. In tiefer Trauer nehmen wir Abschied von meinem heben Mann, unserem lieben Vater, Schwiegervater, Opa, Bruder und Onkel JOSEF DUTTENHÖFER geb. 24.12.1934 in Kandel/Odessa gest. 2.12.2010 in Sulz a.N. Als Gott sah, dass der Weg zu lang und das Atmen zu schwer wurde, legte er seinen Arm um dich und sagte: „Komm heim, damit du bist, wo ich bin.“ In Liebe und tiefer Trauer: deine Ehefrau Johanna, deine Kinder Georg mit Philippina, Anton mit Irene, Josef mit Ludmila, Johann und deine Enkel. Gemeinsam mit seiner Frau Dorothea Spenger, seinen vier Kinder, 13 Enkeln und Urenkeln trauern wir um unser langjähriges Mitglied ADAM SPRENGER geb. 22.8.1928 in in Kassel, Ukraine gest. 10.11.2010 in Straubing Orts- und Kreisgruppe Straubing-Bogen. EMILIE WERWEIN geb. Kayerleber geb. 16.11.1925 in Neu-Berlin/Odessa gest. 27.11.2010 in Erlensee Du bist erlöst von allen Schmerzen, der Abschied fiel uns allen schwer. Du bleibst bei uns in unseren Herzen, wir lieben dich und trauern sehr. In Liebe und stiller Trauer: Kinder, Enkel, Urenkel, alle Angehörigen, Verwandten und Bekannten. In stiller Trauer nehmen wir Abschied von unserer lieben Mutter und denken an unseren lieben Vater O Herr, gib ihnen die ewige Ruhe. HELENE KRAHN, geb. Ens geb. 26.1.1928 in Burwalde gest. 24.11.2010 in Münster WILHELM KRAHN geb. 17.7.1927 in Rosengart gest. 26.10.2002 in Münster Nicht sie gehen weiter weg von uns, wir kommen ihnen näher, jeden Tag ein bisschen mehr. In Liebe und Dankbarkeit: Kinder, Schwiegerkinder, Enkel und Urenkel. † ZUM GEDENKEN die Wunden im Herzen heilt auch keine Zeit. Was ich getan in meinem Leben, ich tat es nur für euch. Was ich gekonnt, hab' ich gegeben, als Dank seid einig unter euch. Wir trauern um CELESTINA BUCHMÜLLER geb. Weinberg geb. 25.5.1927 in Katarinendorf/ Ostkasachstan gest. 18.3.2010 in Bonn Diese Abschiedsblumen Diese Blumen zum Abschied, Mama, nehmt Sie entgegen von uns In dieser leidvollen Stunde. Wir werden nie wieder hören Eure Stimme so teuer und herzlich, Denn der Grabhügel bedeckt euch. Wir glauben an die Seele, In hellem Gedächtnis an euch. Trocknen wird unsere Träne In der allerschwersten Stunde. Der Eine hat euch als Mädchen in Erinnerung, Den Weizen der Felder wegfahrend. Es gab kein besseres Mädchen, So liebevoll, strahlend und nah. Das Wasserkraftwerk von Ust-Kamenogorsk Half dieses Mädchen zu bauen. Heute bedeckt die feuchte Erde Ihren Körper in Seelenheil ruhend. Einer Tochter und fünf Söhnen Habt ihr das Licht der Welt geschenkt. Ihr liebtet sie von ganzem Herzen Und habt euer Vermächtnis ihnen überlassen. Einander liebend, bedauernd, Denn näher als euch auf der Welt gibt es nicht. Die ganze Schale des Lebens ausgetrunken, Euer Licht den Kindern abgegeben. Mama, wir werden uns an euch erinnern Und euch im Gedächtnis bewahren, Arbeiten, lieben und leben, Einander wertschätzen. Diese Blumen zum Abschied, Mama, nehmt entgegen von uns In dieser leidvollen Stunde. Ewige Ruhe und segne sie der liebe Gott. In Liebe und tiefer Trauer: Eure Kinder, Enkelkinder, Urenkelkinder, die gesamte Familie. Wir nehmen Abschied von KLARA WEBER geb. Rogoschewski geb. 16.8.1922 in Klosterdorf/ Ukraine gest. 28.10.2010 in Schweinfurt Weinet nicht, ich hab' es überwunden, ich bin erlöst von Schmerz und Pein, denkt gern zurück an mich in schönen Stunden, lasst mich immer bei euch sein. In Liebe und stiller Trauer: deine Kinder, Enkel und Urenkel. Zum Gedenken an unsere lieben und nie vergessenen Eltern. O Herr, gib ihnen die ewige Ruhe, und das ewige Licht leuchte ihnen. O Herr, lass sie ruhen in Frieden. Amen. Plötzlich und für uns unerwartet entschlief unsere liebe Mutter, Schwiegermutter, Oma, Uroma, Schwester und Tante KATHARINA DIETZ geb. Waljor geb. 7.7.1922 in Baden/Odessa gest. 12.10.2010 in Ludwigsburg Es ist so schwer, dies zu verstehen, dann wir uns hier nicht wieder seh'n. Nun hast du Ruh', uns bleibt der Schmerz, schlaf wohl, du bestes Mutterherz. Die liebe Mutter ist nicht mehr, das Vorbild unseres Lebens; wir suchen traurig hin und her und suchen sie vergebens. Groß ist die Trauer, tief ist der Schmerz, quälende Fragen zerreißen das Herz. Schwer war der Abschied, unendlich das Leid, Zum 14-Jahres-Gedächtnis an unseren guten Vater, Schwiegervater, Opa, Uropa, Bruder und Onkel MATHIAS DIETZ geb. 25.4.1921 in Baden/Odessa gest. 26.11.1996 in Ludwigsburg Die Tränen alle, die wir weinen, die seht ihr nicht, nicht unsern Schmerz. Was wir an euch verloren haben, das weiß allein nur unser Herz. Es war so wunderbar mit euch zusammen, wir danken euch für diese schöne Zeit, für das, was wir aus der Erziehung nahmen für Liebe, Nähe und Geborgenheit. In Liebe, Dankbarkeit und tiefer Trauer: eure Kinder Maria Rosalinde und Peter; Schwiegerkinder Alexander, Ludwig und Olga; Enkelkinder Eduard mit Cornelia, Eugen mit Natali, Marianna mit Maxim, Christine, Daria, Alexandra und Mathias; Urenkel Levin-Dean; Geschwister Karolina Feht, geb. Waljor, und Maria Ibach, geb. Waljor, mit Familien, Rochus, Adelheid, geb. Dietz, und Georg Dietz mit Familien; Familien Schmidt, Badinger und Derzap. Herzlichen Dank allen Verwandten, Freunden, Bekannten und Nachbarn für die Anteilnahme an unserer Trauer. Zum Gedenken Zum Gedenken In stiller Trauer nahmen wir Abschied von meiner lieben Frau, unserer Mutter, Schwiegermutter, Oma und Uroma NATALIA ROTH geb. Klass an unsere liebe Schwester und Tante RAISA RUDER geb. 20.6.1933 gest. 6.12.2010 geb. 3.2.1928 in Serafimowka/ Ukraine gest. 24.11.2010 in Gemünden (Wohra) Der Tod ist das Ende eines Lebens, aber nicht das Ende einer Liebe, die in unseren Herzen und in unseren Gedanken weiterleben wird. Mein Leben war mit Glück und Schmerz gesegnet, auf allen Wegen bin ich Gott begegnet. Herr, meine Kraft ging zu Ende, nimm mich auf in deine Hände. In tiefer Trauer: dein Mann Hugo, deine Kinder mit Familien, deine Enkel und Urenkel. Herzlichen Dank für das Beileid aus Russland meiner Schwester Nelly König und ihrer Kinder, Enkel und Urenkel. Wir bedanken uns ganz herzlich bei allen Bekannten und Freunden für die herzliche Anteilnahme an unserer Trauer. In tiefer, stiller Trauer: Schwester Rosalija mit Kindern und Enkeln, Nichte Tanja und Albert mit Kindern und Enkeln, Schwägerin Sina mit Kindern und Enkeln. † 45 VOLK AUF DEM WEG Nr. 1 / 2011 ZUM GEDENKEN Der Literaturkreis der Deutschen aus Russland trauert um Eugen Warkentin D er Lehrerberuf und das Schreiben gehörten unzertrennlich zu Eugen Warkentins Leben. Es zog ihn immer wieder in die Schule. Eugen Warkentin schrieb viel über Lehrer und die Probleme des deutschsprachigen Unterrichts in Kasachstan und der Sowjetunion. Mitte der 60er Jahre war er Mitarbeiter einer Lokalzeitung, danach schrieb er zehn Jahre für die neu gegründete deutschsprachige „Freundschaft" (Zelinograd), zuletzt als Leiter des Kulturressorts. Danach arbeitete er 16 Jahre für das „Neue Leben" (Moskau) als Eigenkorrespondent in Nordkasachstan; eine Zeitlang schrieb er auch für eine deutsche Zeitung in Kanada. 1964 erschien seine erste Erzählung „Ein Wiedersehen“, die vom Schicksal eines verbannten Deutschen handelte. Sein erster Sammelband „Sommerregen. Dokumentargeschichten über namhafte Deutsche“ erschien 1983 im Verlag Kasachstan (deutsche Redaktion), fünf Jahre später kam das Büchlein „Morgenrot über dem Irtysch“ heraus. Im Sammelband „Der Weg zum Sieg“ (1990) veröffentlichte er seine Erzählung „Im Partisanenwald“, und im Almanach „Heimatliche Weiten“ unter der Redaktion von Hugo Wormsbecher erschienen seine Skizzen „Orenburger Steppen“. In der Perestrojka-Zeit verfasste Warkentin eine Reihe von Skizzen unter dem Titel „Heimatlose“. Er führte in dieser Zeit auch viele ausführliche Interviews mit russlanddeutschen Schriftstellern durch, unter anderen mit Rosa Pflug, Helene Ediger, Herold Belger und Dieter Rempel. Später setzte er diese Arbeit in Deutsch- Eugen Warkentin, geb. 7. März 1937, gest. 5. November 2010. land fort: Es entstanden „Literaturgespräche“ mit Nora Pfeffer, Artur Hörmann, Nelly Wacker, Andreas Peters und anderen Literaten. Seit 1994 lebte Eugen Warkentin in Dortmund und veröffentlichte seine Beiträge im „Russlanddeutschen Literaturkalender" und in den Almanachen des Literaturkreises "Literaturblätter deutscher Autoren aus Russland”. Mit Pastor Edgar Born engagierte sich Warkentin in dessen Projekt „Das russland(s)deutsche Haus“; dabei kamen fast 80 Lesungen mit Vorstellung der russlanddeutschen Literatur und neuer Bücher unserer Autoren zustande. In all den Jahren hat der Lehrer, Journalist und Schriftsteller Eugen Warkentin Beachtliches getan, um das Werk und Leben der russlanddeutschen Autoren in Russland und Deutschland bekannt zu machen und bei den einheimischen Deutschen um Verständnis für die Neubürger zu werben. Agnes Gossen-Giesbrecht (im Namen des Literaturkreises der Deutschen aus Russland e.V.) Zum Gedenken an Alexander Schwindt I n tiefer Trauer nahmen wir Abschied von unserem unermüdlichen wolgadeutschen Kameraden ALEXANDER SCHWINDT der sich um das Deutschtum und die Alexander deutsche Kultur verSchwindt dient gemacht hat. Alexander Schwindt wurde am 1. September 1923 in Morgentau an der Wolga geboren, und nach langer, schmerzhafter Schicksalsreise gelang es ihm 1975, mit 46 VOLK AUF DEM WEG Nr. 1 / 2011 seiner Familie in das Land seiner Vorfahren zurückzukehren, wo er am 4. November 2010 seine Ruhestätte fand. Seine Aktivitäten hier in Deutschland waren nicht zu unterschätzen. Ein unvergessliches Denkmal hatte er sich mit dem Lebenskunstwerk des Bauernhofes seiner Eltern in Morgentau geschaffen, das uns an unser Leben an der Wolga erinnerte. Er war stolz auf dieses selbst gebaute Denkmal und hat es gerne bei Veranstaltungen des Bundes der Wolgadeutschen und der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland gezeigt, vor allem bei deren Wanderausstellungen, zu denen er im ganzen Bundesgebiet unterwegs war. Danke, dass es dich gab. Danke dafür, dass wir dich gehabt haben. Danke für alles, was du uns gegeben hast. O Herr, gib ihm die ewige Ruhe, und das ewige Licht leuchte ihm. JOHANNES KARL geb. 17.2.1929 in Kleinliebental/ Odessa gest. 24.11.2010 in Ennigerloh. In tiefer Trauer: Ehefrau Franziska, Tochter Elisabeth mit Georg, Christine, Eva mit Karl, Rosa mit Alexander, deine elf Enkel und zwei Urenkel. "Zeugen für Christus" P apst Johannes Paul II. rief zur Jahrtausendwende die Ortskirchen auf, die Märtyrer des 20. Jahrhunderts in Erinnerung zu behalten. Dazu ist jetzt das "Deutsche Martyrologium" in seiner fünften Auflage unter dem Titel „Zeugen für Christus“ erschienen. Das Buch enthält 76 neue Namen von Blutzeugen des 20. Jahrhunderts. Der Beauftragte der Deutschen Bischofskonferenz für das Martyrologium, Prälat Prof. Dr. Helmut Moll, hat in einer detaillierten wissenschaftlichen Arbeit unter den neuen Märtyrern zwölf Geistliche und 14 Laien aus der Zeit des Nationalsozialismus, im Herrschaftsbereich des Kommunismus acht russlanddeutsche Priester und 14 Laien sowie sudetendeutsche Gewaltopfer und ermordete Ordensfrauen ausfindig gemacht. „Zeugen für Christus. Das deutsche Martyrologium des 20. Jahrhunderts“, herausgegeben von Helmut Moll im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz. 2 Bände, 1.623 Seiten, Verlag Ferdinand Schöningh Paderborn, Preis 88-, Euro, ISBN 978-3-50675778-4. In Dankbarkeit erinnern wir uns an sein schweres, beispielloses Schicksal. Wir werden ihn sehr vermissen, aber er bleibt ewig in unseren Herzen in guter Erinnerung. Bund der Wolgadeutschen, i.A. Ida Schäfer, Vorsitzende KULTUR ANZEIGE „Plattdeutscher Nachmittag“ in Kruft – beliebter Treffpunkt seit fünf Jahren D ie „Plattdeutschen Nachmittage“ nahmen ihren Ursprung vor fünf Jahren in Bonn mit dem ersten Treffen der Bonner Initiative der Plattdeutschen aus Russland, organisiert von Tina Wedel und Agnes Giesbrecht mit Unterstützung des Literaturkreises der Deutschen aus Russland und des Vorsitzenden des Vereins „Plautdietsch Frind“ Heinrich Siemens. Dabei waren damals ca. 20 Aktivisten, die bis heute die jährlichen Treffen in Kruft (Rheinland-Pfalz) vorbereiten und durchführen. Diese werden immer gut besucht und sind zu einem beliebten Treffpunkt von Plattdeutschen geworden. Immer dabei sind auch Tische mit plattdeutschen Büchern, CDs und Videos, Stände und Fotoausstellungen zur Geschichte verschiedener Familien, Bilder plattdeutscher Maler, Handarbeiten und Präsentationen historischer plattdeutscher Trachten. In diesem Herbst waren wieder viele Landsleute in die Vulkanhalle nach Kruft gekommen, wo sowohl auf der Bühne als auch im Saal eine besondere Atmosphäre herrschte. Die Moderatoren Katharina Wedel und Heinrich Siemens führten die Gäste durch das Programm. Über vier Stunden lang präsentierten russlanddeutsche Interpreten in ihrer plattdeutschen Mundart klassische, christliche, folkloristische und moderne Lieder, Gedichte und Musikstücke. Der Prediger Viktor Janzen hielt eine Ansprache, die aufgebaut war auf einem Gleichnis für die Wichtigkeit von Begegnungen zu einer bestimmten Zeit an einem vertrauten Ort. Vertraut waren auch die Begrüßungsund Abschiedslieder aller Teilnehmer „Unsere Heimat est dee Sprock“. Einige plattdeutsche Lieder stammten aus der Feder von Tina Wedel und Ella Deppe, aber sie sangen zusammen auch eine plattdeutsche Übersetzung von Okudschawas „Weintraubenkern“. Der 10-jährige Max Hermann sang solo und mit seiner Oma Katharina Wedel das lustige Lied „So gehen wir gemeinsam“. Gut kam die Idee Katharina Wedel und Max Herrmann. einer „Prippsstuv“ Unsere Heimat ist die Sprache Z um dritten Mal trafen sich Autoren, die in Plattdeutsch schreiben, im St. Hedwig-Haus in Oerlinghausen zu ihrem „Plautdietsche Schriewasch Seminau“. Der Vorsitzende des Vereins „Plautdietsch Frind“, Heinrich Siemens, hielt einen spannenden Vortrag über verschiedene Gedichtgattungen und Reimmöglichkeiten. Danach nahm er Probetexte für eine CD auf, die als Beilage zu dem im vorigen Jahr erschienenen Buch „Üt onsem Leewe“ („Aus unserem Leben“) jetzt in Arbeit ist. Es wurden neue Erzählungen, Lieder und Gedichte vorgelesen und analysiert. Anschließend fand traditionsgemäß ein literarisch-musikalischer Abend für die Teilnehmer und Gäste statt. Allein schon die Tatsache, dass es in der Gruppe fünf Gitarrenspieler gab, die eigene Lieder vortrugen (u.a. Katarina Fast, Irina Heinze und Tatjana Klassner), dazu begabte Lyriker und Satiriker, die das Publikum unterhielten, spricht für sich. Das Konzertprogramm war sehr abwechslungsreich – mit Alltagsgeschichten und viel Humor, mit lustigen und nachdenklichen Liedern. Mit einer Schweigeminute wurde der russlanddeutschen Opfer von Deportation und Trudarmee gedacht. Vorgeschlagen und vorbereitet von Agnes Gossen, war der Sonntagvormittag dem kreativen Schreiben gewidmet. Innerhalb kurzer Zeit entstanden Texte, in denen die Autoren ihre Lebenserfahrung und ihren Umgang mit der plattdeutschen Sprache ausdrückten. Anschließend wurden sie vorgelesen und besprochen. Tatjana Klassner und Heinrich Dick zeigten am Beispiel gesammelter Synonyme und Sprichwörter, wie reich und flexibel der plattdeutsche Dialekt ist. Bei der Bewertung des Seminars zeigten sich alle sehr zufrieden mit der Atmosphäre und den neuen Schreiberfahrungen. Es wurde beschlossen, sich im nächsten Herbst wieder zu einem ähnlichen Seminar zu treffen. Agnes Gossen-Giesbrecht (Kaffeestube) mit der Familie Penner als Gastwirten an, in der Dimitri Neufeld und Heinrich Fast für gute Stimmung sorgten. Auch Andreas Dyck, der bereits mehrere CDs mit plattdeutschen Liedern herausgebracht hat, war ein willkommener Gast. Viel Beifall fand der gemeinsame Auftritt von Nikolai Sudakow und seiner Tochter Svetlana mit einem zweisprachigen Duett „Ich such dich“. Die Folkloregruppe „Lerche“ mit plattdeutschen Aussiedlern aus der Altairegion sorgte für den schönen Schlussakkord des Konzertes. VadW, Fotos: Theodor Thyssen 47 VOLK AUF DEM WEG Nr. 1 / 2011 VOLK AUF DEM WEG erscheint monatlich, viermal im Jahr mit der Beilage "Heimat im Glauben". Der Bezugspreis ist im Mitgliedsbeitrag enthalten. Der Mitgliedsbeitrag von 30,- Euro ist laut Satzung am Jahresanfang für das laufende Kalenderjahr im Voraus zu entrichten. Verleger und Herausgeber: Landsmannschaft der Deutschen aus Russland e.V. Raitelsbergstr. 49, 70188 Stuttgart Telefon: (0711) 1 66 59-0, Telefax: (0711) 2 86 44 13 E-Mail: [email protected], Homepage: www.deutscheausrussland.de Stuttgarter Volksbank AG, Konto-Nr.: 214758001, BLZ 600 901 00 Herstellung: PD Druck Augsburg Redaktion: Hans Kampen, Nina Paulsen Alle Beiträge geben die Meinung der Autoren wieder, die sich nicht unbedingt mit den Auffassungen der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland und der Redaktion decken muss. Für unverlangt eingesandte Manuskripte oder Fotos kann keine Haft- oder Rücksendepflicht übernommen werden. Landsmannschaft der Deutschen aus Russland e.V., Raitelsbergstr. 49, 70188 Stuttgart Postvertriebstück - E 6891 E - Entgelt bezahlt Mehr Engagement in der Kommunalpolitik! Seminar im Rahmen des Projektes „Stark und offen in Niedersachsen“ Z u einem Seminar im Rahmen der landsmannschaftlichen Projektarbeit in Niedersachsen luden die Projektleiterinnen Svetlana Judin und Anna Welz (landesweites Projekt „Stark und offen in Niedersachsen“) Ehrenamtliche nach Nienburg ein. Etwa 40 Multiplikatoren, die meisten aus den Ortsgruppen der Landsmannschaft in Niedersachsen, setzten sich mit dem Seminarthema „Kommunalwahlen 2011. Mehr Engagement der Deutschen aus Russland für die Kommunalpolitik in Niedersachsen“ auseinander. Vor allem die Vorträge der eingeladenen Referenten schlossen nicht nur Wissenslücken im politischen Bereich, sondern regten auch zu Diskussionen an. Hermann Kluge, Dozent der Volkshochschule Hannover, referierte über das politische System in Deutschland. Editha Lorberg (MdL), Aussiedlerbeauftragte der CDUFraktion im Niedersächsischen Landtag, berichtete über den aktuellen Stand der Kommunalpolitik in Niedersachsen und schilderte ihren Weg in die Politik. Das Motto „Stark und offen in Niedersachsen“ ist auch Programm des landesweiten Projektes „zur Stärkung des ehrenamtlichen Engagements der Zuwanderer durch die Einbindung ihrer Aktivitäten in die kooperative Migrationsarbeit in Niedersachsen“ (2009-2012, gefördert vom BMI und dem Niedersächsischen Ministerium für Inneres, Sport und Integration) und wendet sich an ehrenamtliche und hauptamtliche Mitarbeiter aus den Migrantenselbstorganisationen der Zuwanderer aus den Nachfolgestaaten der Sowjetunion, ehrenamtliche Sozialbetreuer (Integrationslotsen) aus den Ortsgruppen der Landsmannschaft und ehrenamtlich engagierte Zuwanderer. 48 VOLK AUF DEM WEG Nr. 1 / 2011 Versammlung der Teilnehmer vor dem Weihnachtsbaum. In einem Gespräch am Runden Tisch konnten dann zwei Deutsche aus Russland, Paul Derabin (CDU) aus Laatzen und Andreas Maurer (Die Linke) aus Quakenbrück, die sich seit Jahren in der Kommunalpolitik engagieren, über ihr politisches Engagement berichten und mehrere diesbezügliche Fragen beantworten: Lydia Hoffmann, Vorsitzende des Vereins „Spätaussiedler & Deutsche Rückwanderer e.V. Hameln“, stellte ihren Verein vor. Er kümmert sich um Zuwanderer im Landkreis Hameln-Pyrmont, bemüht sich um den Ausgleich ihrer sozialen Benachteiligung, leistet Hilfe zur Selbsthilfe und versucht, Sprachbarrieren, Isolation und Ausgrenzung zu durchbrechen. Das Abendprogramm gestalteten die Ortsgruppe Osnabrück (Vorsitzende Frieda Dercho) und Teilnehmer aus Osnabrück. Die Tanzgruppe „Born“ mit Rimma Born Foto: Wladimir Born und Lilli Butwilowski, die bereits mehrmals bei landsmannschaftlichen Veranstaltungen in Osnabrück und Hannover zu sehen war, lud die Teilnehmer zu einem ausgelassenen Tanzabend ein. Als Einstieg bot die Tanzgruppe einen wolgadeutschen Tanz, den sie beim internationalen Seminar der Landsmannschaft für Leiter von Chören und Tanzgruppen im August 2010 einstudiert hatte. Für die musikalische Umrahmung sorgte Wladimir Born. Der Landesvorstand Niedersachsen bedankt sich ganz herzlich bei den Ehrenamtlichen der Landsmannschaft und anderer Vereine, die sich vor Ort in der Integrationsarbeit mit Zuwanderern aus der ehemaligen Sowjetunion engagieren, für ihren unschätzbaren Einsatz und wünscht allen Landsleuten ein erfolgreiches und erfülltes Jahr. VadW