40 Jahre Tip als PDF
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40 Jahre Tip als PDF
Verlagsbeilage Juni 2012 Jubiläum 40 Jahre Berlin Geschichten aus tausendundneunundsechzig Heften Im Tip lesen Sie, Wie Sie bei uns hören. Vielen Dank und herzlichen Glückwunsch! The Art of Listening Ein Festival des Musikhörens 12. 13. 14. Juli 2012 Symposium, Radiale Nacht Experimente des Musikhörens Neither, Nachtmusik, Podiumsdiskussion Foto: Sebastian Bolesch Liebe Leserinnen, liebe Leser, seit vierzig Jahren denken wir nur an Sie. Tag und Nacht. Ganz ehrlich: Sie sind unser liebstes Phantom. Wenn wir uns vorstellen, für wen wir schreiben, haben wir ausgehfreudige, bewegliche, aufs Neue gespannte, spontane und witzige Menschen vor Augen. Sie interessieren sich für ein Kulturfeld besonders, vielleicht Musik, vielleicht Film oder Theater, und Sie sind derjenige oder diejenige, an die sich Freunde und Bekannte wenden, wenn sie einen Ausgehtipp wollen. Wahrscheinlich sehen Sie auch gut aus, egal ob sie Mitte zwanzig sind oder Mitte fünfzig, schließlich macht Neugier immer schön. Und Sie mögen es, ernst genommen zu werden, von jemandem, der über die Stadt schreibt und ihre Kultur liebt wie Sie. Für Sie war der tip wahrscheinlich immer schon da, alle zwei Wochen neu am Kiosk, eine verlässliche Größe, egal ob man die Stadt für ein paar Urlaubstage verlassen hat oder sogar für ein paar Jahre. Vielleicht sind Sie aber auch Neuberliner und halten Ihre erste tip-Ausgabe in den Händen. Kein schlechter Einstieg in unsere Never-ending Story über Berlin, deren erste Folge 1972 geschrieben wurde. Seit vierzig Jahren denken wir nur an Sie – und an die Stadt, deren Geschichten wir alle vierzehn Tage neu erzählen. Anlässlich des 40. Geburtstags des tip haben wir nun das Gedächtnis des Magazins selbst aktiviert: nicht als nostalgische Übung, sondern um 40 Jahre Berlin gegenwärtig zu machen. Volker Gunske, viele Jahre als tip-Filmredakteur mit dem Heft eng verbunden, hat für dieses Special die 1 069 Ausgaben des tip durchstöbert, die seit 1972 erschienen sind. Er hat sie aus den Ordnern des Archivs geholt, entstaubt und viele Storys herausgesucht, die gemeinsam einen neuen Stadtroman bilden. Seine Arbeit wurde zu einer Reise durch die Zeit, in der APO und Punk-Avantgarde, Discomode und Mauerfall, Eduscho-Studium und Mückenmangel auftauchen — spannend, komisch und immer wieder auch berührend. Die Autoren dieser Texte (siehe Seite 46) stehen für die vielen Redakteure und festen und freien Mitarbeiter, die den tip ausmachen. Man könnte hunderte Geschichten über Berlin aus den tip-Heften montieren, dies hier ist eine. Gemeinsam schreiben wir mit Ihnen seit vierzig Jahren einen Fortsetzungsroman, von dem alle vierzehn Tage eine neue Folge erscheint. Wir freuen uns auf die nächsten 40 Jahre mit Ihnen und dem tip! Stefanie Dörre & Robert Weixlbaumer Impressum Verlagssonderbeilage tip Verlag GmbH & Co. KG Karl-Liebknecht-Straße 29, 10178 Berlin Redaktion Stefanie Dörre, Robert Weixlbaumer (V.i.S.d.P.), Volker Gunske Produktion & Layout Raufeld Medien GmbH, Paul-Lincke-Ufer 42/43, 10999 Berlin Grafik Anna Trautmann, Friedrich Schmidgall, Christine Seibold Anzeigenleitung Martin Stedler Anzeigenverkauf Alexander Falk, Melanie Gartzke, Klaus Gennrich, Konstanze Köhler, Michael Lüdicke, Kristina Lorenz, Johannes Nielsen, Susann Rack, Michelle Thiede Geschäftsführung Robert Rischke, Michael Braun, Stefan Hilscher Druck Frank Druck GmbH & Co. KG Titelgestaltung Friedrich Schmidgall Holzmarktstr. 33 10243 Berlin Spreeufer am Ostbahnhof Tickets www.radialsystem.de 030 288 788 588 40 Jahre Tip • Die 70er Jahre Die siebziger Fassbinder, Lindenberg, Deep Purple, Manfred Salzgeber, Lok Kreuzberg, Sex Pistols, Disco, Tunix-Kongress, SO36, Beuys, Frauenbuchläden, Günter Grass, Nina Hagen, Rosa von Praunheim 4 40 Jahre tip tip 13·12 Die 70er Jahre • 40 Jahre Tip Nummer eins Sechs Seiten, mit denen alles begann Rückblickend ist es ganz einfach. Als 1972 die ersten Programmkinos entstanden, wusste kaum jemand, was da so lief. Die Berliner Medien ignorierten die neue Kulturszene nach Kräften. Das merkte auch Klaus Stemmler, der gerade mit einem Freund das Notausgang-Kino ins Leben gerufen hatte. Was tun? Na klar, einfach das Programm selbst drucken. Dazu ein, zwei ArtikeI, Infos von befreundeten Kinos, das Fernsehprogramm und Kleinanzeigen. Tausend Stück gedruckt und kostenlos in Kneipen und Unis verteilt. So ging’s los, und es ging immer besser. Der tip wurde aus dem Stand zu einem Cultural und Social Network. Hier fand man die richtigen Filme und die zukünftige WG. Richtige Idee, richtige Zeit, richtige Leute, richtige Stadt. 13·12 tip 40 Jahre tip 5 40 Jahre Tip • Die 70er Jahre 1972 • Juli • tip 27 1973 • April • tip 8 Peinliche Berlinale Der letzte Tango in Paris „Alles vorbei Tom Dooley“ – das Festival bedröhnt das Publikum mit Schlagermusik Beim Rummel der Preisverleihung hätte der Zoo-Palast gewiß einen Sonderpreis verdient. Sein Bemühen, alte Schlager aus den Jahren 1955–1958 einem breiten Publikum zugänglich zu machen, war unermüdlich. Doch leider besitzt man im Zoo-Palast nur eine Schallplatte. Der Wettbewerb im Zoo-Palast bestand aus 25 verschiedenen Filmen, zu allen Filmen wurde dieselbe Platte gedudelt. Hörte man irgendwo jemanden einen alten Schlager vor sich hin summen, so konnte man sicher sein: auch ein ZooPalast-Besucher. Selbst „Fillmore“ wurde nicht verschont. „Santana“, „The Greatful Dead“ und als Vormusik „Alles vorbei Tom Dooly“. Das ist nicht mehr komisch, das ist peinlich, schließt aber den Kreis der Eindrücke, die vom Festival zurückbleiben. 1972 • September • tip 34 The Who Das Kinospektakel des Jahres zieht die Massen an Nicht endende Schlangen vor den Vorverkaufskassen (City und Kuli) beweisen es trotz überhöhter Eintrittspreise: Man will sich das Kinospektakel des Jahres nicht entgehen lassen! Denn schließlich prophezeien Kinoplakate und Publikationen eine Sexorgie zwischen der jungen Maria Schneider (Jeanne) und dem alternden Hollywood-Star Marlon Brando (Paul). Aber nicht scharfe Pornographie, sondern eher das Psychogramm einer kaputten Welt erwartet den sexhungrigen Zuschauer. Die Rockstars floppen in der Deutschlandhalle 11.000 Fans füllten die Deutschlandhalle. „My Generation“ war zuhauf gekommen und wollte ihre Idole, die Who, feiern. Doch als Hollands „Golden Earing“ vier Minuten nach acht die Bühne betraten, kam es anders: Sie bewiesen, daß sie mehr als nur eine Anheizergruppe sind. Als die Who mit einer superlauten Rock-Explosion nach der Pause begannen, reagierte das Publikum nur flau. Die Show der Who vor einigen Jahren im Berliner Sportpalast ist unvergessen geblieben – heute ist man wohl zu verwöhnt. Daß auch Weltstars wie die Who sich etwas Neues einfallen lassen müßten, sei auch diesen wohl hiermit ins Stammbuch geschrieben. 1973 • Januar • tip 1 Manfred Salzgeber In Zehlendorf öffnet Deutschlands bestes Polit-Kino – Manfred Salzgebers Bali Es tut sich was in Zehlendorf. Nach jahrelanger einseitiger Programmgestaltung wird sich im Bali in Zehlendorf einiges ändern. Manfred Salzgeber, einer der Mitbegründer des Arsenal und engagierter Buchhändler bei Marga Schöller, eröffnet am 5. Januar unter völlig neuer Konzeption das Bali. Als erster Film läuft Peter Handkes „Die Angst des Tormanns beim Elfmeter“ unter der Regie von Wim Wenders. Der größte „Heuler“ des Programms wird aber zweifellos der Film „Der Weg des Hans Monn“ 6 40 Jahre tip sein. Ein Film über Wittenau, wie man in die Nervenklinik kommt und wie man darin behandelt wird. Die Gestaltung des Spielplanes ist vom Tagesprogramm über die Spätvorstellung bis hin zur „Kindervorstellung“ kompromißlos, eigenwillig, engagiert und konsequent – neben dem Arsenal mit keinem anderen Kino zu vergleichen. 22 Nach dem Bali-Kino leitete Manfred Salzgeber ab 1980 die Berlinale-Sektionen Info-Schau und Panorama. Er starb 1994 an Aids. 1973 • Januar • tip 1 Deep Purple Das letzte Konzert im legendären Sportpalast Nach langem Hin und Her wird der bei den Berlinern ach so beliebte Sportpalast, mit dem sich ja auch so nette Erinnerungen verbinden („Wollt ihr den totalen Krieg?“), doch abgerissen! Damit ist der Auftritt der Deep Purple sozusagen der „Popabschied“ vom Sportpalast. (16. Januar, Sportpalast, 20 Uhr) tip 13·12 Die 70er Jahre • 40 Jahre Tip 1972 • Juli • tip 28 1974 • Januar • tip 1 Loretta im Garten Was ist an Fassbinder so toll? Eine der ersten KneipenKritiken im tip Über diese Kneipe kann man eigentlich nur sagen, daß man über sie nichts sagen kann. Hier ist nichts los, außer ständigem Verkehr (Publikumsverkehr natürlich), besonders im Sommer. »Würstchen gibt es auch. Und das ist schon alles, was man zu essen bekommt« Loretta im Garten ist dem Wetter ausgesetzt, was Gärten so an sich haben. Loretta, die frühere Mitbesitzerin, ist nicht mehr da, dafür aber der Garten. Er besteht aus Tischen, an denen man sitzen kann, und Bäumen, deren Äste einem ständig im Gesicht herumhängen, wenn man etwas lustwandeln will. Romantische Typen verziehen sich hinter die Hecke und sind fast ungestört, bis auf den Lärm. In einer Ecke steht eine Theke, an der man nur etwas bekommt, wenn es voll ist. Hier werden auch Würste gebraten, und das ist schon alles, was man zu essen bekommt. 22 Loretta im Garten wurde dann doch zu einer WestBerliner Institution. 2007 musste der Biergarten an der Lietzenburger Straße schließen. Rainer Werner Fassbinder geht an der Freien Volksbühne die Puste aus Warum zerbrechen sich intelligente Menschen über diesen vielgerühmten Tausendsassa des bundesdeutschen Films den Kopf? Sprachen einige Leute geradezu euphorisiert über seine schnell hininszensierten Filme, so drangen seine Theaterarbeiten nicht so stark ins Bewußtsein, blieben bis auf vielleicht „Bremer Freiheit“ nicht haften. Nun wagt er sich an Ibsens „Hedda Gabler“, ein interessantes, wenn auch nicht das wichtigste in Ibsens psychologischen Frauendramen. Liest man die Fragmente der Probengespräche im Programmheft nach, so entdeckt man mit Erstaunen, so toll ist das ja gar nicht. Dem Fassbinder geht ja auch mal die Puste aus. 1974 • März • tip 5 Udo Lindenberg Lindenberg gastiert zum ersten Mal in Berlin Nachdem sich in der deutschen Rock- und Popszene mit Joy Fleming schon eine Bluessängerin mit vornehmlich deutschen Texten mit Erfolg durchgesetzt hat, zeigt sich nun ein zweiter Vertreter dieser Deutsch-Rock-Art: Udo Lindenberg, der vielen erst durch seinen Fernsehauftritt in Reinhard Mays Show bekannt wurde. Mit seinen zum großen Teil autobiographischen Texten, fernab der sonst in Deutschlands Schlagerwelt üblichen, abgedroschenen Klischees und Leerformeln, beweist Udo Lindenberg die Hoffähigkeit der deutschen Sprache auch für die Rockmusik. Quartier Latin, 8. bis 10. März 1973 • Januar • tip 2 Elefanten Press Galerie Eine neue Art Galerie öffnet in Kreuzberg Eine neue Galerie besteht seit November 72 in Kreuzberg, und schon ihr Name sollte die Vorstellung von einer üblichen Galerie erst gar nicht aufkommen lassen. Obwohl keine neue Stätte der stillen Andacht beabsichtigt war, denn die Räume sind, über den Rahmen von ständigen 13·12 tip Ausstellungen hinaus, für die vielfältigsten Aktivitäten und Veranstaltungen geplant worden, hat man am 13.1. eine Ausstellung von Lars Pranger eröffnet. Weil seine Bilder und Collagen, die ästhetisch sehr beeindruckend sind, die Frage nach dem Sinn und Zweck solcher Kunst nicht beantworten können, muß dieser Künstler während der gesamten Dauer der Ausstellung, die hoffentlich nicht verlängert wird, ständig in den Räumen der Galerie anwesend sein, um sich den Fragen der Besucher zu stellen. Die Galerie befindet sich in der Dresdener Straße 10. 40 Jahre tip 7 40 Jahre Tip • Die 70er Jahre 1975 • Januar • tip 2 1974 • Dezember • tip 25 Kluge und Reitz Ost-Berliner Szene Die allererste Frage im allerersten tip-Interview ging an die Regisseure Alexander Kluge und Edgar Reitz Zunächst einmal die Gretchenfrage nach dem Zielpublikum eures Films „In Gefahr und höchster Not bringt der Mittelweg den Tod“. Habt ihr nicht die Befürchtung, daß einmal mehr nur Intellektuelle die Hauptbesucherschicht eures Films sein werden? KLUGE/REITZ Wir wissen, daß der Film nicht nur von Studenten gesehen wird, sondern auch gerade von Arbeitern, Ange- stellten und berufstätigen Frauen. Dies hat uns auch nicht überrascht. Der Film ist in Kinos vorgeführt worden, in denen diese nicht spezifisch intellektuellen Kreise in der Überzahl waren. Vor diesem gemischten Publikum haben wir uns in der Diskussion überzeugen können, daß der Film gerade bei dem Publikum ankam, das keine besonderen Bildungswege durchlaufen hat. 1974 • Juni • tip 12 Berlinale und WM Als die Filmfestspiele noch im Sommer waren – und gleichzeitig die Fußball-WM im eigenen Land stattfand Vor ein paar Jahren wünschte man sich nichts sehnlicher, als daß der Wettbewerb um Goldene und Silberne Bären recht bald eingehen möge. Nachdem man in den ersten Jahren der „Spaltung“ (zwischen Wettbewerb und Forum) immer mehr zu der Überzeugung gelangte, daß das eigentliche Festival sich doch im Arsenal und im Atelier am Zoo abspielte, scheint es in diesem Jahr wieder sinnvoller, sich in die Wettbewerbsfilme zu wagen. Zum äußeren Ablauf der Filmfestspiele: Im Festspielzentrum (Europa-Center) stehen Fernsehgeräte, damit die Fußballfans nicht zu kurz kommen. Ursprünglich hatte man auf eine Projekti- 8 40 Jahre tip on an die große Leinwand im Zoo-Palast spekuliert, doch die Fifa war dagegen. Kneipentipp: Historische Weinstuben am Alex Berlins Stadtplaner lassen ab und zu auch ein paar historische Häuser stehen: In unmittelbarer Alexumgebung, in der Poststr. 23, befinden sich die „Historischen Weinstuben“. In mondlosen Nächten ist eine Taschenlampe angebracht, um den verfallenen Eingang zu finden. Der Name ist etwas überholt, die Weinstuben bestehen seit vier Jahren nur noch aus einer einzigen Stube mit gut dreißig Plätzen. Der Raum erinnert irgendwie an eine Laube, das Mobiliar wirkt ein bißchen zusammengesammelt und vergammelt. Trotzdem ist es hier gemütlich, wie in einer badischen Weinstube. Auf der Speisekarte: verschiedene Schweinesteaks auf Toast, Gewürzfleisch und Wurst- oder Fleischsalat. Der hungrige Gast braucht dafür nur 2,90 bis 5,20 Mark zu bezahlen. Hauptsächlich gibt es natürlich Weine: ungarische Weißweine, Tokaji (1961!), Muskateller, rumänische Rotund Weißweine und einen sehr guten 67er aus der DDR, „Schlosskeller“. Die 0,2-LiterSchoppen liegen zwischen 2,– und 4,– Mark, die Flaschen zwischen 6,– und 24,– Mark. 22Die Historischen Weinstuben überlebten den Mauerfall. Die Adresse ist geblieben, Preise und Ausstattung haben sich geändert. »Möge der Wettbewerb um Silberne und Goldene Bären recht bald eingehen« Nun, Fernsehen ist ja auch ganz nett. Eine Verlegung der Filmfestspiele war übrigens nicht möglich, da die internationale Reihenfolge Cannes, Berlin, Moskau, Venedig eingehalten werden muß. Sei’s drum, Film- und Fußballfreunde, schlaft schon mal auf Vorrat, es erwarten euch lange Tage! tip 13·12 Die 70er Jahre • 40 Jahre Tip MAGAZZINO EST. 1972 MODE IN BESTEN QUALITÄTEN 40 Tage 1976 • Januar • tip 2 u sz i b 40% 40 Tage Jubiläumsangebote mit Preis-Nachlässen bis zu 40 % Woolrich: Alle Damen– und Herren-Modelle zu Jubiläums-Preisen: zum Beispiel Travel-Coat oder Rain-Coat in drei Farben nur 249,- (statt 399,-) oder das Shore-Jacket nur 149,- (statt 249,-) Connemara: Strick für Damen und Herren in feiner und robuster Merino-Qualität Jubiläums-Pullover ab 99,- (statt 159,-) men & women Strellson: Anzüge, Sakkos, Hemden, Krawatten, Mäntel und Jacken: Die Klassiker jetzt zu Jubiläums-Preisen. Anzüge schon ab 249,(statt 379,-), Hemden ab 39,-(statt 69,-)und alle Krawatten zum halben Preis! Wellensteyn: Modische Funktions-Jacken für Wind & Wetter. Vom Ausrüster der Weltmeer-Flotten: Jubiläums-Angebote ab 149,-(statt 279,-) Tagliatore: Herren-Anzüge, Damen-Anzüge, Sakkos und Blazer, hervorragende italienische Stoffe – meisterhaft verarbeitet; Jubiläums-Angebote bis zu 40 % auf die gesamte Kollektion, Damen und Herren Cambio Perfekt sitzende Hosen. Zum Jubiläum zu SpitzenPreisen ab 79,- (statt 139,-) Closed: Alle aktuellen Kollektions-Teile für Damen und Herren zu Jubiläums-Preisen! z. B. Hosen und Jeans ab 99,- (statt 159,-) Lok Kreuzberg Neue Wege zur Vermittlung politischer Songs Es ist noch gar nicht so lange her, da präsentierte die Lok im Quartier Latin das letzte Mal ihre musikalische Vielfältigkeit. Zusammen mit Volker Kriegels Mild Mania Orchestra versuchte sie, im Konzerteinerlei neue Wege zu gehen. Ende Januar zeigt die Lokomotive Kreuzberg an gleichem Ort ihr neues Programm: „Countdown!“ Grundlage und ausschlaggebend für dieses Stück war nicht nur die Suche nach neuen Wegen zur Vermittlung politischer Songs, sondern vor allen Dingen die Auseinandersetzung mit Problemen Jugendlicher. Die Arbeit an diesem Stück (es handelt sich um ein RockMusical) zeigt, wie stark sich diese Musikgruppe bemüht, eine Kommunikationsebene zum jugendlichen Publikum zu finden. 22Die Lok-Mitglieder Herwig Mitteregger, Bernhard Potschka und Manfred Praeker spielten später in der Nina Hagen Band. 1980 gründeten sie Spliff. 1976 • Juni • tip 13 Frauenbuchladen Foto: Frank Roland-Beeneken Zweiter Berliner Frauenbuchladen öffnet in Charlottenburg Männer brauchen nicht zu befürchten, dass sie Lilith verfallen, sie haben sowieso keinen Zutritt zum neuen Frauenbuchladen, der am 29. Mai in der Kantstraße 125 unter diesem Namen eröffnet wurde. Was für den Frauenbuchladen in der Yorckstraße gilt, gilt auch für den im Off-Ku’damm-Bereich. Gründe für diese Regelung liefern neben der Theorie der Frauenbewegung auch die Praxis: Wo 13·12 tip Männer auftauchen, haben die Frauen häufig nicht mehr viel zu melden oder trauen sich nicht mehr ihre Meinung zu vertreten, wenn sie von der ihrer männlichen Begleiter abweicht. Damit Frauen in Ruhe in Büchern schmökern können, sich zwanglos unterhalten können und selbst entscheiden, ob und was sie kaufen, gilt für Männer wie andernorts für Hunde: „Wir müssen draußen bleiben.“ drykorn: Anzüge, Sakkos, Hosen, Hemden, Mäntel u. Jacken: alles zu Jubiläums-Preisen – z. B. Herren-Anzüge ab 229,- (statt 349,-) oder Herren-Hemden ab 39,- (statt 69,-) John Smedley: Merino-Pullover in feinster Strickart. Englische Manufaktur seit 1784. Alle Klassiker mindestens um 20 % reduziert! Cinque Bei Mode und Klassikern: Jubiläums- Preise! Z. B. Mäntel und Jacken ab 149,- (statt 279,-) z. B. Kleider, Röcke, Blusen, Shirts: Alles zu Jubiläums-Preisen Lacoste: Alle Polos in allen Farben für Damen und Herren: 20–30 % Jubiläums-Rabatt! 0039-Italy: Blusen in tollen Drucken oder unifarben! Zum Jubiläum – schon ab 59,-(statt 109,-) Fred Perry Auf alle Klassiker-Polos erhalten Sie 20–30 % Jubiläums-Rabatt! Caliban: Die wunderschönen Damen-Blusen und die sehr beliebten Herren-Hemden aus hervorragend guten italienischen Stoffen bis zu 40 % im Preis reduziert. Mailander Manufaktur seit 1932. w.e.t. Die beliebte Sommer-Kollektion mit den immer wieder neuen fantasievollen Prints: Kleider, Blusen, Röcke, Tops jetzt zu Jubiläums-Preisen! Made by Ines Schneider Superdry: Sweaters, T-Shirts, Hoodys, Hemden, Blusen und Polos zum Jubiläum bis zu 40 % reduziert Peuterey: Das toskanische Mode-Label für exklusive Jacken der Luxus-Klasse. Alle Damen- und Herren-Modelle mit bis zu 40 % Jubiläums-Rabatt! START: Sonntag 10. Juni (12–18 Uhr) Güntzelstraße 21 · Berlin-Wilmersdorf · Tel. 030.873.99.46 · Fax 030.873.12.35 Öffnungszeiten: Mo-Mi 10-18.30 · Do-Fr 10-20 · Sa 9.30-18 Uhr www.magazzino.de · U9 Güntzelstrasse · U3 Hohenzollernplatz · Bus 249 40 Jahre tip 9 40 Jahre Tip • Die 70er Jahre Jubiläumsangebot exklusiv zum 40. Geburtstag! 6 Monate tip Berlin für nur € 40 2 Liquidrom-Gutscheine für je 4 Stunden gratis! Das Liquidrom bietet dem anspruchsvollen Großstädter den passenden Rahmen für entspanntes Baden, Sauna und Wellness. Verlasse die Hektik der Großstadt und betrete eine Wasserwelt der Sinne. Herzstück des Liquidroms ist die Kuppelhalle mit dem Pool und seinem warmen Salzwasser erlebe Schwerelosigkeit in flüssigem Klang. Guts chein _ Verlassen Sie die Hektik der Großstadt und betreten Sie eine Wasserw elt der Sinne. 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Die Truppe sollte erst im Kant-Kino auftreten, als die Nachfrage aber immer stärker wuchs, haben wir uns für die Neue Welt entschieden. »Die Pistols hätten etwas über 4 500 Mark gekostet« Foto: Ingo Harney Wann habt Ihr erfahren, dass das Ding platzt? Am Mittwoch vor dem Konzert kursierten die ersten Gerüchte, die Pistols hätten sich aufgelöst. Nachts wurde das noch mal durch den BBC bestätigt. Am Donnerstag erfuhren wir das offiziell von Mama Concerts. Ist euch ein Schaden entstanden? Ja, obwohl sich der in Grenzen hält. Wir zahlen an die Neue Welt 300 Mark Ausfallmiete, für die Werbung haben wir natürlich auch Geld locker gemacht, so daß sich alles insgesamt auf etwa 1 500 Mark Schaden beläuft. Wieviel hätten die Sex Pistols gekostet? Etwas über 4 500 Mark. Das Konzert in der Neuen Welt wäre das erste der Pistols in Deutschland gewesen? Richtig. Am 23. Januar wollte die Truppe in Berlin eine Platte einspielen, am 24. sollte sie in Hamburg auftreten. Zur Zeit kursieren Gerüchte, die Auflösung der Band sei unwahr, ein Werbegag. Ich bin nicht besser informiert als Ihr. 22 Conny Konzack leitete später die Konzertagentur Albatros und managte Extrabreit, Ideal und Die Ärzte. 13·12 tip Das SO36 legt los Punk-Mekka, Insider-Laden, Provo-Treff SO36: Buntes Neon, Wände zum Bemalen, Bühne, Bier, der kontrollierende Blick in den Spiegel auf den Toiletten oder sonstwo fällt aus – es gibt keine Spiegel. Am Heinrichplatz in Kreuzberg ist ein „Punk-Mekka“ entstanden, das sich als Alternative zum traditionellen Unterhaltungsbetrieb versteht: Die, die sonst kein Podium finden, erhalten es hier. Eine Bedingung: Es muss dreist genug sein. So startete der Insider-Laden mit einem Musikfestival unter dem Motto: „Zwei schräge deutsche Nächte in Süd-Ost“ mit zahlreichen Punkrockbands. Den Höhepunkt bildete in der Nacht zum 13. August ein Geburtstagsständchen der WallCity-Rock-Bands (PVC, FFURS, WALL) für die Mauer. Hierzu wurde den Musikern und den Besuchern ein Kuchen in der Form der Mauer mit Stacheldraht aus Schokolade und der Aufschrift „Anstiftung“ gereicht. Provokation?! Der Veranstaltungsbereich im SO36 wird in den nächsten Wochen intensiviert, es sind Undergroundfilme zu erwarten, viel Musik und Multi-Media. Der Laden hat mittwochs, freitags und samstags von 21 bis 5 Uhr geöffnet. 1978 • Januar • tip 2 Tunix-Kongress Aufruf zum legendären Rebellen-Treffen in West-Berlin Zu einer dreitägigen Massenveranstaltung ruft der Berlin Koordinationsausschuß „Reise nach Tunix“ auf. »Sie haben uns genug kommandiert, die Gedanken kontrolliert« An diesem Ausschuss sind beteiligt unter anderem: Verband des linken Buchhandels, Erich Fried, Jean-Luc Godard mit seiner Mediengruppe, Rote Hilfe Westberlin, Daniel Cohn-Bendit, Alexander Kluge, Schwulenzentrum Berlin, die italienische Gruppe Lotta Continua, die französische Zeitung „Liberation“ und alternative Blätter in der Bundesrepublik. Wo liegt Tunix? Die Veranstalter: „... zum Strand von Tunix, der weit weg liegen kann, oder vielleicht auch unter dem Pflaster von diesem Land“. Weiter: „Sie haben uns genug kommandiert, die Gedanken kontrolliert, die Ideen, die Wohnungen, die Pässe, die Fresse poliert. Am 27., 28. und 29. Januar wird deshalb in West-Berlin ein Treffen aller Freaks, Freunde und Genossen stattfinden, denen es stinkt in diesem Land.“ 40 Jahre tip 11 40 Jahre Tip • Die 70er Jahre 1977 • September • tip 19 1977 • Mai • tip 11 Günter Grass über Kritiker: Wadenbeißer und Pisser Buh, Bravo, Theatertreffen Wie Grass einmal prominente deutsche Literaturkritiker in den Boden rammte Seine Telefonnummer, weil geheim und in keinem Berliner Fernsprechbuch abgedruckt, wird unter Insidern nur mit Bedenken weitergegeben. Sein Domizil, idyllisch im Schöneberger Stadtteil Friedenau gelegen, knapp zwanzig Meter entfernt von der unfallträchtigen Handjery-/Niedstraße, wird abgeschirmt von seinem Sekretariat. Im roten Backsteinhaus, das durch einen verwilderten Vorgarten getarnt wird, residiert der Schriftsteller und Grafiker Günter Grass im ersten Stock, hinter einem überbreiten Monstrum von Tisch und dreht Zigaretten („Schwarzer Krauser“). Seit dem 10. August wird sein 700-Seiten-Buch „Der Butt“ (tip 17/77) verkauft, das in der „Spiegel“-Bestseller-Liste den Sprung von Null auf den ersten Platz schaffte. Im tip-Interview rechnet Günter Grass ungewohnt scharf und wütend mit der deutschen Literaturkritik ab. Wie steht der Autor Grass zur bundesdeutschen Literaturkritik? Marcel Reich-Ranicki beispielsweise will den „Butt“ in der Tradition eines bestimmten Realismus wissen ... GRASS Ranicki (Marcel ReichRanicki ist Literaturkritiker der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ – Anm. d. Red.) ist im Grunde in seiner Einstellung zur erzählenden Prosa beim geläuterten sozialistischen Realismus stehengeblieben. Deswegen wird er auch immer enttäuscht sein, wenn ein Autor diese Formen nicht mehr für tragfähig hält. Joachim Kaiser von der „Süddeutschen Zeitung“ spricht von der „Zusammenlesewut und Zitierseligkeit des geborenen Autodidakten“. Was sagt Grass zu Kaiser? Er stellt seine Besprechung unter die Überschrift „Gelang Grass ein Danziger ‚Zauberberg‘?“ Dann beantwortet er sich seine selbst gestellte Frage, ohne aber auch nur eine Sekunde darauf Rücksicht zu nehmen, ob ich jemals vorgehabt hätte, einen neuen „Zauberberg“ zu schreiben. Er hätte mich nur anrufen müssen, ich hätte es ihm verneinen können. (...) Nochmal: Wie steht der Autor Grass zur Literaturkritik? Ich habe das Gefühl, daß die Literaturkritik in der Bundesrepublik auf eine beschämende Art maßstabslos ist. Man hört im günstigsten Fall, wenn es ein belesener, ein gut aufgelegter Kritiker ist, seine persönliche Lesermeinung, mehr oder weniger witzig formuliert, und auch in erster Linie darum bemüht, mit Witz zu demonstrieren: Schaut, wie geschickt ich das Buch reflektiere. (...) Es gibt eine Legion von heruntergekommenen Literaturkritikern, ich nenne mal den Karasek (Hellmuth Karasek ist Feuilleton-Chef des „Spiegel“ – Anm. d. Red.) als Beispiel, der hat auch mal in der „Stuttgarter Zeitung“ gut und groß angefangen, das ist runtergekommen zu einer Legion von Wadenbeißern und Wadenpissern, die nur noch von der „Spiegel“-Häme, das heißt: von der Hand in den Mund leben, ihren Aufhänger suchen und ihren Text runterschreiben und genau wissen: Das kommt dem deutschen Bedürfnis nach Häme entgegen. Hier wird rasch befriedigt, das ist „Bildzeitung“ auf mittlerem Niveau. Wenn Schauspieler zurückbuhen und Studenten sich um Karten prügeln „Bemerkenswertes Theater“ haben uns die zehn Jury-Mitglieder des Theatertreffens ’77 versprochen, und bemerkenswertes Theater haben wir bekommen. „Kontrovers“ war das Stichwort des diesjährigen Treffens. Bei fast allen Aufführungen spaltete sich das Publikum in Buh- und Bravorufer, was am ersten Abend von „Othello“ die Schauspieler dazu veranlasste, ihrerseits das Publikum auszubuhen. Leicht war es für die Schauspieler und Regisseure nicht; viel Arges mussten aber auch die Zuschauer über sich ergehen lassen. Für die Veranstalter, die Berliner Filmfestspiele GmbH unter der Leitung von Dr. Ulrich Eckhardt, war es ein voller, fast stets ausverkaufter Erfolg. Dass regelrechte Kartenschlachten, angeleitet von Studenten des Theaterwissenschaftlichen Instituts, die sich um versprochene Eintrittskarten betrogen fühlten, ausgefochten wurden, schien in den Augen der erschreckten Zuschauer zum Glanze des Theatertreffens beigetragen zu haben. Design fe st. Freischwinger »Weimar« »3D Chair« von Pedrali ST I L E C H T I M S T I LW E R K . K A N T S T R AS S E 17. 12 40 Jahre tip Eiermann Tischgestell T E L E F O N 030. 88 55 26 76. W W W.F E R R O - b E R L I N . D E tip 13·12 Die 70er Jahre • 40 Jahre Tip 1978 • März • tip 5 1979 • Mai • tip 11 1979 • April • tip 9 Neue Kinos für Berlin Engagierte Kinomacher starten die Programmkinos Broadway, Yorck und Off Nina Hagen Nina Hagen erobert Berlin Die Nina Hagen Band, deren erstes Konzert am 25. Februar das Quartier Latin aus allen Nähten platzen ließ, hat zweifellos Lob verdient. Exzellenter, dynamischer Rock, Ninas phantastische Stimme und die locker über die Bühne gebrachte Show machen die Gruppe zum (Geheim-)Tip. 1977 • November • tip 24 Fotos: Klaus Hemme (links), Beatrice Kunz / Christoph Maas Extrem-Theater Winterliches Freilufttheater im Olympiastadion Unter dem Titel „Winterreise“ zeigt die Schaubühne am Halleschen Ufer an acht Abenden zwischen dem 1. und 13. Dezember im Berliner Olympiastadion eine Produktion von Klaus Michael Grüber, die auf Hölderlins Roman „Hyperion“ basiert. Jeweils 800 Zuschauer werden auf der überdachten Haupttribühne Platz finden. 13·12 tip Rosas Abrechnung Rosa von Praunheim über deutsche Schwule und Heteros Rosa von Praunheim (36), schwuler Filmemacher („Die Bettwurst“) und Schriftsteller („Sex und Karriere“), dokumentiert in seinem neuen Film „ Die Armee der Liebenden oder Aufstand der Perversen“ die Aktivitäten der amerikanischen Schwulen-Bewegung. Im tip-Interview grenzt sich Praunheim hart gegen alle heterosexuellen Männer ab, bezeichnet seine Kollegen Werner Herzog, Wim Wenders und Rainer Werner Faßbinder als „Scheißer“ und kritisiert scharf die „Umarmungen“ der heterosexuellen Linken: „Weil da nämlich ihre eigene verklemmte Sexualität aufbricht“ (Praunheim). Der Regisseur geht auch mit Deutschlands Schwulen nicht grade zimperlich um: „Die kiffen sich tot und fi- cken, bis sie die Gelbsucht kriegen.“ Dennoch sieht er Chancen einer Veränderung ... Rosa, du hast jetzt, nach sieben Jahren Arbeit, einen Film über die amerikanische SchwulenBewegung abgeliefert. Interessiert dich die deutsche Bewegung nicht mehr? PRAUNHEIM Ich hätte ganz gern einen Film über die deutsche Schwulen-Bewegung gemacht. Aber das wäre sicherlich frus trierend gewesen, denn das, was sich so in Deutschland abspielt, dieses Hickhack von akademischen kleinen linken StudentenZirkeln, die es jetzt Gott sei Dank nicht mehr gibt, ist nicht sehr erfreulich. Ich finde es besser, dann was zu machen, was halt Mut macht, was anregt, was konstruktiv ist. Nachdem die dreiköpfige Truppe des Broadway am Tauentzien wieder aufgemacht hat, haben sich dieselben Leute ein weiteres Kino vorgenommen: Das ehemalige Porno-Kino Rixi in der Hermannstraße 20 heißt von Anfang des nächsten Monats an Off und eröffnet das Filmprogramm mit Rüdiger Nüchterns letztem Streifen „Schluchtenflitzer“ am 5. Mai (Vorführungen 16.30, 18.30 Uhr). Die 20-Uhr-Vorstellung wurde mit „Assault – Anschlag bei Nacht“ programmiert. Das Spätvorstellungs-Repertoire stand bei Redaktionsschluß noch nicht fest. Die Motivation der Kinomacher ist eine ähnliche wie im Yorck in Kreuzberg, wo sie ihre Erfahrungen mit einem Konzept von stadtteilbezogener Kino-Arbeit gemacht haben. Das Programm soll möglichst breit gefächert werden und kann in Neukölln, wo es außer dem Ili kein nennenswertes Angebot gibt, eine große Lücke füllen. 22Georg Kloster entwickelte aus diesen Anfängen die heutige Yorck-Kinogruppe 40 Jahre tip 13 40 Jahre Tip • Die 70er Jahre 1978 • Juli • tip 15 1978 • Juli • tip 15 Wutrede 1 Berlinale-Chef Wolf Donner über die Filmstadt Berlin Warum ist Ihnen neulich im SFB der Kragen geplatzt? DONNER Gemotzt habe ich, weil hier in Berlin sehr vollmundig aus allen Kanonen orakelt, spektakelt und herumgedoktert wird an der allzeit reduzierten Filmstadt Berlin, und das geschieht auf so eine sehr seltsame Weise, nämlich in Form von Statements aus der Isolierstation. Jeder setzt so auf sein kleines Häufchen (...), meistens mit aufgehaltener Hand, und vertritt nur seinen eigenen Standpunkt. Aber so entsteht keine Filmstadt. Was hier völlig fehlt, ist das Bewusstsein, dass Filmstadt zunächst einmal Frage eines Klimas wäre, eines Filmklimas, eines Filmbewusstseins, einer Filmkultur. 1979 • März • tip 6 Ice Palace, Joachimstaler Straße, Eintritt: 5 Mark Wutrede 2 Die ersten Discos Haben Sie ein gestörtes Verhältnis zur Berliner Presse? DONNER Ja, Sie können das sicher so nennen. Das ist ein sehr prekäres Thema. Es gibt ein paar Indizien, die kann ich ruhig nennen, machen Sie damit, was Sie wollen. Die Berliner Presselandschaft insgesamt leidet unter einem ziemlich mickrigen Niveau. Das ist bekannt, darüber wird immer wieder geklagt. Und das wird außerhalb Berlins mit leichtem Erstaunen und auch etwas Ratlosigkeit zur Kenntnis genommen. Aber es ist so. Und ich habe von Anfang an sehr wenig Lust gezeigt, mich darauf übermäßig intensiv einzulassen, was sicher ein Fehler ist. Es gehört zu solch einem Job dazu, die Lokalmatadore bei Laune zu halten. Ich habe meinem Nachfolger empfohlen, es so zu machen, wie einst Dr. Bauer, mit zwei, drei dieser Herrschaften jede Woche mindestens eine Stunde zu telefonieren, damit da für gut Wetter gesorgt ist. 14 40 Jahre tip Neue Tanztempel ziehen die Massen an Disco etabliert sich nun auch in Europa als zentrales FreizeitPhänomen, gerade rechtzeitig im Zeitalter der „neuen Einsamkeit“ mit dem freiwillig gewählten „Single“-Dasein im Zeichen des Gottes Narcissus. Also wohin mit diesem neuen Feeling im ersten Sommer unseres Disco-Vergnügens? Die deutschen Diskotheken der Post-Psychedelic-Ära wirkten bislang so gräßlich anheimelnd wie Thingstätten bündischer Jugend. Doch nun gibt es „Bowie“, die Summe unserer Hard-Rock-Gymnastik-Erfahrung aus den frühen Siebzigern und unserer neoschicken Disco-Deca-Trance à la Kraftwerk. „Bowie“ ist all das, wofür der Namensgeber David in seinem neueren musikalischen Œuvre einsteht: Glamour, der auf dem proletarischen Teppich bleibt, Futurismus, der die Gegenwart nicht ignoriert. Die Bowie-Besitzer haben vom ehemaligen „Tolstefanz“-Publikum die Creme abgeschöpft: DrogenFlippies fehlen, Schickeria-Gecken lassen sich nicht blicken, linke Langweiler gaffen nicht bewusstseinsverändert herein. Dafür beinahe jeden Abend Platz für 500 ungemein attraktive jüngere Mittelklasse-Leute dreierlei Geschlechts und zivile Preise zur Musik von Graham Parker, Elvis Costello und Jonathan Richman. Orientalisch aussehende Besucher müssen mit Einlass-Schwierigkeiten rechnen; gelegentlichem Ärger reagieren die Bowie-Bewacher gleich mit Sippenhaft ab. 22BOWIE Brandenburgische Straße 35, täglich 21-5 Uhr, 2 Mark Eintritt. 2 Bose-Endstufen zu je 1000 Watt, 1 Soundcraft-ManEqualizer, 8 Bose-Boxen, 4 Paragon-Bass-Systeme, 2 Luxman-Audio-TechnicaPlattenspieler, Mischpult Dynacord Professional SM 800 tip 13·12 Foto: Klaus Hemme Berlinale-Chef Wolf Donner über die Berliner Presse Die 70er Jahre • 40 Jahre Tip G www.dbpromotion.de 1979 • August • tip 18 O SMART SOC CA Nur zur EM 2012: das Sondermodell „SOCCA“ mit 0,0 % Finanzierung1! >> Schwarz, flink und technisch brillant. Beuys bricht den Scheiß hier ab Finanzierungsbeispiel für einen smart fortwo 45 kW mhd pure2 inkl. Klimaanlage, Handschuhfach, Radio audio basic MP3/USB, elektr. Fensterheber, LM-Radsatz „bali“ in Mattschwarz u. v. m. Kraftstoffverbrauch, innerorts/außerorts/ kombiniert: 6,4–3,3/4,4–3,3/5,2–3,3 l/100 km; CO2-Emission, kombiniert: 119–86 g/km. Die Angaben beziehen sich nicht auf ein einzelnes Fahrzeug und sind nicht Bestandteil des Angebots, sondern dienen allein Vergleichszwecken zwischen verschiedenen Fahrzeugtypen. Abbildung entspricht nicht dem Angebot. 2 Die berühmte Galerie Block schließt mit einer letzten großen Beuys-Ausstellung In schwere Säcke verstaut und zum Abtransport nach Amerika bereit liegt die Berliner Galerie Block im Vorgarten der Wilmersdorfer Schaperstraße 11. Was da beerdigt wird, ist nicht weniger als eine der bedeutendsten Galerien im Nachkriegs-Berlin. Joseph Beuys, Plastiker für eine menschlichere Gesellschaft, und der Galerist René Block zelebrieren den Abbruch gemeinsam, denn sie haben nach 15jähriger Zusammenarbeit auch heute noch eine wesentliche Gemeinsamkeit: Sie sind nicht interessiert am Leerlauf des modernen Kunstbetriebs, „diesem kleinen pseudokulturellen Getue“ (Beuys). Der abgeschlagene Putz der Galerie macht den Entschluß plastisch, und diese Konsequenz hat Geschichte. „Ja, jetzt brechen wir hier den Scheiß ab“ ist nicht nur der Titel der letzten Ausstellung und das Ende der Galerie Block, ein Experimentierfeld für die Entgrenzung der Kunst, es ist auch ein Zitat. Joseph Beuys beantwortete damit eine leidige Pressefrage nach seinem ersten sechsstündigen Happening in Berlin. Heute tönt der Satz in einminütiger Folge über den Lautsprecher in die Abbruchgalerie. 1979 • Dezember • tip 26 Der Menschenfeind Kaufpreis 11.895,– € Anzahlung 2.684,– € 1 Gesamtkreditbetrag 9.212,– € Laufzeit 36 Monate Laufleistung 30.000 km Sollzins, gebunden, p. a. Effektiver Jahreszins Schlussrate Monatliche Finanzierungsrate 0,0 % 0,0 % 5.648,– € 99,– € Ein Finanzierungsbeispiel der Mercedes-Benz Bank AG. Dieses Angebot ist nicht kombinierbar mit anderen Aktionen und Verwerterrabatten. smart center Berlin Salzufer 1, Rhinstraße 100, Daimlerstraße 135 Tel. 0 30.39 01-70, www.smartcenter-berlin.de B R I L L E N W E R KSTATT MO - FR 10 -18.30 SA 10 -14 ORANIENSTR 32 KREUZBERG TEL 614 73 18 Enzensberger reimt für Zadek den Molière neu – der tip reimt zurück Hans Magnus Enzensberger fiel’s nicht schwer für Zadek einzudeutschen den Molière. Des „Volkes Bühne“ führt das Stück nun auf – zum „Menschenfeind“ strömt man herbei zuhauf. Man jubelt und klatscht sich die Hände wund, die Schaperstraße hat ’nen dicken Hund. Das Publikum berauscht sich an den Reimen, die aus der neuen Übersetzung keimen. Des Enzensberger Jamben – wohl gehegt, da fühlt die tip-Kritik sich angeregt. Fünfmal gehoben ist genau die Zeile und auch gereimt – wenngleich in Hast und Eile. 13·12 tip Dircksenstr. 48 Am Hackeschen Markt Mo-Fr 10-20 Sa 10-17 Oranienstr. 32 Kreuzberg Mo-Mi 10-18.30 Do-Fr 10-20 Sa 10-16 40 Jahre tip 15 40 Jahre Tip • Die 80er Jahre Die Achtziger Hausbesetzer, Lummer, geniale Dilettanten, Ost-Berliner Punker, Heiner Müller, 750 Jahre Berlin, Einstürzende Neubauten, Heller Wahn, Linie 1, Wolfgang Neuss, die 3 Tornados, Mauerfall 1980 • März • tip 6 1980 • Oktober • tip 23 1980 • Januar • tip 2 PleitenBerlinale Joy Division Eine Einstimmung auf ihr einziges Berlin-Konzert Die erste Berlinale unter der neuen Leitung von Moritz de Hadeln und Ulrich Gregor Was man in den abschließenden Pressestimmen zu den Internationalen Filmfestspielen Berlin 1980 liest, hat man schon während des Festivals kommen sehen: Enttäuschung über den Mangel an wirklich erstklassigen Filmen, Empörung über die Stillosigkeit der neuen Leitung Moritz de Hadeln/Ulrich Gregor im Umgang mit Gästen, Presse und Publikum, noch dazu fehlendes Einverständnis mit mehreren Entscheidungen der Jury. »Hoffentlich ist diese Berlinale nicht für den gegenwärtigen Stand des Filmschaffens repräsentativ« Als Kinogänger wünsche ich mir, daß die Berlinale 80 nicht für den gegenwärtigen Stand des Filmschaffens in der Welt repräsentativ ist. Ich hoffe vielmehr, daß die Gründe für die allgemein beklagte Pleite des diesjährigen Filmfests nur in den Kinderkrankheiten der neuen Leitung, in den veränderten Auswahlprinzipien der Auswahlkommission oder etwa in der Zurückhaltung der großen Filmindustrie gegenüber Berlin zugunsten von Cannes zu suchen sind, und nicht darin, daß gute Filme einfach nicht mehr produziert werden. Dies wäre das größere Übel. 22 Moritz de Hadeln leitete die Berlinale bis 2001. 16 40 Jahre tip Theater-Spektakel Zehn Stunden „Orestie von Aischylos“ an der Schaubühne Peter Steins neueste Inszenierung an der Schaubühne am Halleschen Ufer stellt sich als ein gigantisches Theaterspektakel dar. Zehn Stunden lang müssen die Zuschauer ausharren, um der „Orestie von Aischylos“ von Anfang bis Ende zu folgen. Ein Racheakt löst den nächsten ab, und das Blut der Opfer ergießt sich in Strömen übers Parkett. Neuneinhalb Stunden – inklusive zweier Pausen à eine Stunde – auf dem Boden zu hocken und Ur-Zeit-Dramatik zu erleben, das schreckte mich und wird manche Überlegung beeinflussen, ob man sich das neue Antiken-Projekt der „Schaubühne“ zur Brust nimmt oder nicht. Im Gegensatz zu anderen Rezensenten hatte ich es versäumt, den Text der Trilogie vorher gründlich durchzuarbeiten – auch darin fühle ich mich den nicht professionellen Theatergängern verwandt. So begab ich mich mit der Eintrittskarte und einem schlechten Gewissen ans Hallesche Ufer, gewärtig, im inszenierten Herrschaftswissen der Kulturprofis zu versanden. In der Pause gibt es eine warme Suppe und Zeit, die Beine zu vertreten. Das Publikum flaniert diskutierend und argumentiert Pro und Kontra aus dem verblaßten Informationsvorrat eigener humanistisch-klassisch-antiker Schulbildung. Aber es geht auch ohne. Auch den Ungebildeten drückt Hauptdarsteller Udo Samel am Ende artig die Hand: „Leben Sie wohl. Vielen Dank, daß Sie zugeschaut haben!“ Gern geschehen! Mein Kopf hat auf Kosten meines Hinterns etwas gelernt. Das gefürchtete Jahrzehnt, in dem alles anders und schlechter zu werden droht, ist da. Wenn wir diese ungemütliche Dekade überleben wollen, wird uns das einige Anstrengungen kosten. Joy Division kann mithelfen, nicht nur, weil wir Musik noch brauchen werden, sondern gerade diese Musik: Sie spiegelt Realitäten, entlarvt die zunehmende Unbewohnbarkeit der Vororte und zerstört Illusionen. „The Sound Of The City“ – 1980! Manchester ist keine so schöne Stadt. Joy Division kommen da her. Ihre Musik ist ein Spiegel der Wirklichkeit, ihrer Wirklichkeit. „Wir haben keine eigentliche Botschaft“, sagt Sänger Ian Curtis. „Die Texte sind offen, interpretierbar, sozusagen multidimensional. Du kannst ihnen entnehmen, was du willst.“ Die Texte sind aber nur die eine Hälfte. Noch viel wichtiger ist die Musik: Überaus bedrohliche Klanggebilde, die sehr, sehr erregend sind. Musik, die an leergefegte, nasse Straßen bei Nacht, verlassene Parkhäuser und Kneipen, in denen die Stühle schon hochgestellt sind, erinnern. Wer ihr erstes im vorigen Jahr auf dem Factory Label erschienenes Album „Unknown Pleasure“ noch nicht kennt, sollte dies schleunigst nachholen. Eine bessere Platte ist 79 nicht erschienen, und sie ist eine ideale Einstimmung fürs Konzert. (21. Januar, Kant-Kino.) 22Sänger Ian Curtis erhängte sich im Mai 1980. Die drei verbliebenen Bandmitglieder gründeten die New-WaveBand New Order. tip 13·12 Die 80er Jahre • 40 Jahre Tip 1981 • Januar • tip 1 1981 • Oktober • tip 21 Lummer und der tote Rattay Der radikale Innensenator räumt Häuser und ein Demonstrant stirbt Am 22. September läßt Berlins CDU-Innensenator Heinrich Lummer acht von insgesamt 157 besetzten Häusern räumen. An diesem Tag stirbt auch der 18jährige Demonstrant Klaus-Jürgen Rattay, als Polizeieinheiten eine Straßenkreuzung räumen. »Lummer inspizierte die besetzten Gebiete. Draußen kochte es« Leerstand Spekulanten setzen auf den Verfall von Häusern und vernichten günstigen Mietraum Tatsächlich sind bis heute höchstens zwei Dutzend Häuser mit rund 100 Wohnungen in Berlin besetzt – nach offiziellem Eingeständnis stehen etwa 7.000 Wohnungen leer. In Wirklichkeit dürfte die Zahl etwa doppelt so hoch liegen: „Eine Leerstandsgenehmigung“ muß vom Hausbesitzer erst nach drei Monaten beantragt werden, eine wirksame Kontrolle gibt es praktisch nicht. Dagegen ist es „jahrzehntelange Praxis“, daß die staatlich bestellten Sanierungsträger, die ganze Quartiere in Berlin verwalten, „automatisch“ Leerstandsgenehmigungen ausgestellt bekommen – auch bei „unklarer Planungslage“ über die Zukunft der Altbauten. Die Folge dieses Skandals kann jeder bei einem Spaziergang durch den Südosten Kreuzbergs, 13·12 tip den Norden Schönebergs oder durch den alten Wedding besichtigen: „Entmietete“ Straßenzüge, schwarze Fensterhöhlen, verrottende Fassaden. Die Häuser der Gründerzeit – schon zur Zeit ihres Baus als „Mißstand mit drei Hinterhäusern“ bezeichnet – haben ihre Schuldigkeit getan. Knapp 100 Jahre alte Ruinen des Spekulantentums dämmern dem einzig profitablen Abriß und Neubau entgegen. Wenn selbst die türkische Bevölkerung die alten Häuser nicht mehr „kaputtwohnen“ kann, ist dieses Schicksal unvermeidlich: Trotz aller Beteuerungen von Politikern und Planern ist damit zu rechnen, daß bis Mitte der 80er Jahre etwa 50.000 billige Wohnungen aus dem Altbau-Bestand Berlins verschwinden. Das Manöver war abgeschlossen, die feindlichen Stellungen waren gestürmt, ohne nennenswerten Widerstand übrigens, denn die militärische Überlegenheit war eindeutig. Der Oberkommandierende inspizierte die besetzten Gebiete. Draußen kochte es. Doch er kostete den Triumph wie einer, der jahrelang davon nur träumen durfte. „Wenn schon, denn schon“, resümierte er vor der versammelten Presse, „alles in einem Aufwasch“. Wenige Minuten später wurde das Blut eines Opfers von der Straße gewaschen. Ein „Verkehrsunfall“ – aber nicht der BVG, sondern des Innensenators. Heinrich Lummer, fast einziger Berliner in den Reihen des neuen Senats – nicht nur die Radikalen der Hausbesetzerszene erhalten Zulauf aus Westdeutschland – wußte, was er tat. Schon bei den Auseinandersetzungen um das Rathaus Schöneberg forderten nicht nur wir: „Lummer muß zurücktreten!“ Im tip-Gespräch offenbarte Lummer ein eigentümliches Verantwortungsgefühl. Auf die Frage: „Wann brennt Berlin“, antwortete der Mandatsträger in zynischer Ohnmacht: „Berlin brennt dann, wenn die das wollen!“ Heißt im Klartext: Daran kann ich, der dafür Beauftragte, nichts ändern. (Andere nähmen schon hier ihren Hut.)++ Heißt weiter: Dafür schlagen wir aber zurück! „Wenn schon, denn schon. Alles in einem Aufwasch.“ 40 Jahre tip 17 40 Jahre Tip • Die 80er Jahre 1981 • September • tip 20 Festival genialer Dilettanten West-Berlins wichtigstes Konzert der 80er. Mit dabei: Sprung aus den Wolken, Malaria!, Mania D., Die Tödliche Doris, Sentimentale Jugend und Einstürzende Neubauten „Das ist Folklore, Berliner Folklore. Einfach authentische Musik, authentische Musik aus West-Berlin“, sagt Blixa Bargeld, Sänger und Gitarrist der Gruppe „Einstürzende Neubauten“. Was er da als Berliner Folklore bezeichnet, war Anfang September im Tempodrom-Zelt am Potsdamer Platz, vis-à-vis von der Mauer, zu hören: Rund vierzig Musiker traten in diversen Gruppen zu einem „Festival genialer Dilettanten“ an, das Bargeld zusammen mit dem Schauspieler, Musiker und Veranstalter Mabel und dem Schauspieler und Filmemacher Wieland Speck organsiert hatte. Diese „Große Untergangsshow“ bot rund 1500 zum größeren Teil ungläubig staunenden Besuchern eine Musik als Volksmusik an, die mit Wanderliedern zur Gitarre oder dem martialischen Singsang der Schöneberger Sängerknaben nichts mehr gemein hat. Wohl aber mit dem Ursprung von Folklore als einer Musik, die so einfach ist, daß sie jeder spielen kann und die eben nicht von wenigen für viele gemacht wird. In maximal zwanzig Minuten langen Auftritten pro Band waren an diesem Abend mehr an bisher nicht gehörten Rhythmen und Klängen zu hören als den Neuerern der Rockmusik, den Neue-Welle-Fabrikanten, zugesprochen werden. Und in ihren Texten, zumeist kurzen, zynischen Statements, ist mehr von der Realität in Berlin zwischen Kreuzberg und Wedding zu erfahren als in den lapidaren und aufgepeppten „Ich steh auf Berlin“-Hymnen der kommerziell erfolgreichen Wellen-Reiter. Auch hier und auch so läßt sich der Anspruch, Volksmusik zu spielen, festmachen. 1982 • Juli • tip 15 Punker vom Prenzlauer Berg Der West-Berliner Rockmusiker Dimitri Leningrad über die Ost-Berliner Punk-Szene und ihr Leben am Rand der sozialistischen Gesellschaft Ich traute meinen Augen nicht, als ich ihnen das erste Mal begegnete. Sie standen draußen, in einer geschlossenen Traube zusammen und gehörten zu denen, die den schon seit Wochen ausverkauften Konzertsaal nicht betreten würden. Das war vor wenigen Tagen vor einem Gig der Gruppe Pankow in der „Hauptstadt“. Vielleicht, dachte ich, ist an der alten Römerweisheit „nomen est omen“ doch etwas Wahres dran? Leider, dem war nicht so. Die Band langweilte. Zwar klappten einige Blockrockfans von den Stühlen, forderten euphorisch Zugaben, aber mit Punk hatte die Kapelle Pankow wirklich nichts zu tun. Egal, immerhin lernte ich an diesem Abend sieben Punks ken- 18 40 Jahre tip nen. Als wäre ich ihnen gestern in der Musichall oder im SO36 begegnet, so markant setzten sie sich von der wartenden Menge ab. Sie fallen auf. Fashion? Oder gilt es als der letzte Schrei, ein Punk zu sein in Ost-Berlin? Weder noch, denn „modisches Nachahmen führt zu nichts“, meint Reporter Martin Linzer zur unklaren Situation: ein klares Wort aus der kulturpolitischen Wochenzeitung, die der Kulturbund der DDR regelmäßig vorlegt. Herr Linzer hat Recht. Die Punks in der DDR sind keine Mode-Punks. Vielmehr bewegen sie sich riskant am Rand der sozialistischen Gesellschaft. Die SED staunt. Die Volkspolizei ist noch ratlos. Was tun? Aus allen Lagern der Society schließen sich ständig neue Anhänger dieser aufregenden Außenseitergruppe an, teilweise erst gerade 14, 15 Jahre alt. Es bilden sich Treffs, die meistens privat und geheim gehalten werden. tip 13·12 Die 80er Jahre • 40 Jahre Tip 1983 • März • tip 6 Heller Wahn Ein Verriss im tip sorgt für eine Empörungswelle auf der Berlinale und beschmierte Wände im Verlag Wie langweilig muß eigentlich ein Filmfestival sein, damit ein Verriß tagelang für Gesprächsstoff sorgen kann? Als vorletzten Donnerstag – an diesem Tag lief erstmals „Heller Wahn“ – der tip in Berlin ausgeliefert wurde, standen die Cineasten kopf. Die Kritik, die tip-Redakteur Werner Mathes unter dem Titel „Von Dackeln und Doggen“ über Margarethe von Trottas Film verfaßt hatte, bewegte die Gemüter, männliche wie weibliche. Auf der Pressekonferenz nach der Vorführung des Trotta-Werks verlas Margit Eschenbach eine Erklärung des Verbandes der Filmarbeiterinnen gegen die MathesKritik. Derselbe Text kursierte an diesem Tag auch als Flugblatt auf der Berlinale. Abends gegen 19 Uhr kreuzten mehrere Frauen im Haus der tip-Redaktion in der Potsdamer Straße auf und beschmierten die Wände des Hausflures bis hinauf in den zweiten Stock: „Mathes Schwanz-Bonus“. Auch ein Stil, immerhin. Schelte bezogen wir auch von Vertretern der Filmindustrie, die uns vorhielten, der tip sei als „Pilot-Blatt“ zu mehr Zurückhaltung verpflichtet. Deren Befürchtungen erwiesen sich als richtig: Fast in der gesamten deutschen Tagespresse wurde der TrottaFilm verrissen. Selbst nach den Filmfestspielen geisterte der Tenor der tip-Kritik noch durch die öffentlich-rechtlichen Nachbereitungen. Dabei ist der Film wirklich nicht gut – was sogar Kritikerinnen bestätigen. Kompetente Beratung für alle Fälle Atemberaubende Bildqualität Ein unvergleichliches visuelles Erlebnis Großbeerenstr 65 / 66 10963 Berlin Sony KDL-55HX855 Tel. 030. 253 753 10 139 cm / 55" 3D Internet TV mit premium Ausstattung für atemberaubende Bildqualität verpackt im brandneuen Monolith Air Design. 2.099,– € Mo – Fr 10 – 19 Uhr Sa 10 – 15 Uhr www.hifi-im-hinterhof.de Top-Design Top-Ausstattung Betroffene Pressekonferenz: Ula Stöckl, Margarethe von Trotta, Hanna Schygulla 1981 • September • tip 20 Heiner Müller Loewe Connect ID 40 2D / 3D TV Full-HD-LCD TV mit E-LED-Backlight, Bilddiagonale: 40" / 101 cm, 200 Hz Technologie; 1.920 x 1.080 Pixel, Kontrast: 6.000:1, Farbe: Beige / Schwarz Hochglanz, Energieeffizienzklasse B. Foto: Jochen Clauss / story press Der DDR-Dramatiker Heiner Müller inszeniert im Westen und erzählt die ganze Wahrheit über Bochum Da er alle bisherigen Aufführungen seiner Stücke für falsch hielt („zu penetrant-aufklärerisch“) inszenierte der DDR-Dramatiker Heiner Müller nun selbst. In Bochum brachte er spektakulär seinen „Auftrag“ zur Aufführung. Zentrales Thema des Stückes ist der Verrat an der Revolution 13·12 tip Kann man in Bochum arbeiten? MÜLLER Ja. Kann man in Bochum leben? Nein. Wie kann man dort arbeiten ohne zu leben? So was geht nur im Theater. 2.000 € Partner von HiFi TV Heimkino MultiRoom Großbeerenstraße 65 / 66 . 10963 Berlin . Tel. 030. 253 753 10 www.hifi-im-hinterhof.de . Mo – Fr 10 – 19 Uhr . Sa 10 – 15 Uhr 40 Jahre tip 19 40 Jahre Tip • Die 80er Jahre 1985 • Januar • tip 2 1984 • September • tip 19 Blixa Bargeld Was für eine Arschlochfrage! Nick Cave über Blixa Bargeld und die Neubauten Das erste Mal sah ich Einstürzende Neubauten im holländischen Fernsehen. Es war im Jahr des Herrn 1982. Meine damalige Gruppe The Birthday Party machte eine Serie von Konzerten in den Niederlanden, und es war gegen Ende der Tournee in Den Haag. Also ich war gerade bemüht, die Treppe unseres bescheidenen Hotels herunterzulaufen, als ein merkwürdiger hypnotischer Ton aus dem Fernsehraum geblasen kam und meine Ohren auf eine unwiderstehliche Art verführte – wie ein Wurm oder eine Zunge. Nicht unähnlich Odysseus, der Gestalt der griechischen Mythologie, wurde ich an die Quelle dieses geisterhaften, sirenischen Sounds gezogen, und als ich den Fernsehraum betrat, wurden meine musikalischen Vorstellungen mit einem Schlag weggewischt – zerschlagen auf dem Felsen der Musik von Einstürzende Neubauten. (...) Schließlich fand die Kamera den dritten Mann. Er stand da im schwarzen Leoparden-Imitat, schwarzen Gummi-Hosen, schwarzen Gummi-Stiefeln. Um seinen Nacken baumelte eine völlig ruinierte Gitarre. Seine Haut klebte an seinen hervorstechenden Knochen, sein Schädel war ein völliges Desaster – und die Augen quollen ihm aus dem Kopf wie einem blinden Mann. Und trotzdem: Die Augen starrten uns an, als würden sie einen himmlischen Besuch signalisieren. Hier stand ein Mann an der Schwelle zur Großartigkeit, hier stand ein Napoleon vor den Feuern des Sieges, ein Cäsar, der zu wissen schien, wer die Messer bereithielt. Für sechzig Sekunden stand dieser Mann wie erstarrt. Dann öffnete er seinen Mund und stieß einen Schrei hervor, der klang, als ob man ihm eine Distel aus der Seele gezogen hätte. Dieser Mann war Blixa Bargeld. 22Blixa Bargeld war von 1984 bis 2003 Gitarrist der Band Nick Cave and the Bad Seeds. Interview mit Queen-Sänger Freddie Mercury Was macht die Frische dieser Tournee aus? MERCURY Ich und meine herrlichen Kostüme natürlich! (lacht) Das spannende Element dieser Tour ist, daß wir wirklich von allen Queen-Alben Songs spielen werden. Wir haben in den letzten Wochen auch viele alte Songs wieder einstudiert. Das hat mich nachdenklich gemacht. Vor 13 Jahren haben wir das gespielt. Damals hatte ich noch lange Haare, schwarze Fingernägel, Make-up im Gesicht – so wie das Boy George heute macht – das Gefühl, diese alten Lieder heute noch zu singen, ist seltsam – hört sich an, als wäre ich ein alter Mann, nicht wahr? Na ja, für 37 schaue ich gar nicht so schlecht aus, das sag ich dir, Darling! (lacht) Würdest du dich als Künstler beschreiben? Bist du eher ein ordentlicher, organisierter Mensch oder ein chaotischer, spontaner? Ich bin bloß eine musikalische Hure, mein Lieber. Eine ordentliche? Chaotisch, ordentlich und unordentlich. Manchmal so und manchmal so. Was für eine Arschlochfrage! Ich bin ich. Ich bin wie ich bin, das reicht doch, oder? 1983 • Juli • tip 14 Neues Deutsches Feuilleton Jörg Fauser in seiner Kolumne „Wie es Euch gefällt“ über die neuen Kulturkritiker Zu den bedenklichen Erbstücken, die uns der Narzißmus der siebziger Jahre hinterlassen hat, gehört ein Trend im Neuen Deutschen Feuilletonismus – jene Kulturkritik, deren Autoren sich selbst wichtiger nehmen als den Gegenstand ihrer Betrachtung. Sich selbst, damit meine ich: ihr Spiegelbild im lauen Bad ihrer Sätze. Daß sie auch Haarausfall oder Hämorrhoiden ha- 20 40 Jahre tip ben wie andere Menschen, Fickprobleme oder Schwierigkeiten mit dem Hausmeister, nein, das haben sie nicht zum Gegenstand ihrer Diskurse gemacht, sondern die schwarzen Stiefel, die Yamaha oder Harley Davidson, ihr geiles Fußballfeeling, den Fluß ihrer wichtigen Wörter, ihr Styling, ihre Gefühle, ihren eigenen Stil. Nicht etwa rasende Reporter und politische Paranoiker bestimmen den „new journalism“ bei uns, sondern durchgestylte Narzisse aus dem Dunstkreis der Adorno-Seminare und des Kulturbolschewismus der 68er-Bewegung, eine DeinhardLila-Fraktion der deutschen Spätlinken. 22Der Schriftsteller Jörg Fauser schrieb ab 1979 für den tip. 1987 verunglückte er tödlich. tip 13·12 Die 80er Jahre • 40 Jahre Tip 1986 • Mai • tip 11 1985 • Juni • tip 14 Botho Strauß Ein frühes Bashing des Schwurbelmeisters Der Windmacher verdichtet in seinem Buch „Diese Erinnerung an einen, der nur einen Tag zu Gast war“ den bösen Zeitgeist wieder einmal unnachahmlich. In den Sand möchte er stecken seinen Kopf. Klagt Strauß: „Ah, nicht wissen möchte’ ich, sondern / erklingen. Versaitet bis unter die Milz“, und das im Zeitalter des Kabel. Seine Prosa- und Theaterstücke »Wir überflogen uns nur / wie in einem viel zu langen Zeitungsbericht« Linie 1 Foto: Jochen Clauss / story press Die Premierenkritik zum größten Erfolg und Evergreen des Grips-Theaters So ein Berlin-Stück, so ein Stück Berlin schafft keine andere Bühne. Denn die Grips-Spieler sind auf dem Quivive, singen und agieren haarscharf zur U-Musik von Birger Heymann, die No-Ticket-Band macht Dampf. Der Zug geht ab, durch die Mythen des Berliner Alltags. Es wird ein Festzug: sich selbst anerkennend auf die Schulter zu klopfen, ist ein existenzielles Grundbedürfnis der Berliner. Jenseits von Sommernachtsträumen und 750-Jahrfeiern hat man auch im Grips-Theater ein Wir-BerlinerGefühl gern; das wird hier nicht von offiziellen Stellen verordnet, »Volker Ludwig hat wieder einen Hit geschrieben fürs Grips. Einen Hit für Berlin« das will erst einmal erarbeitet sein. Es ist viel drin in dieser Untergrund-Revue, wie in der Currywurst; viel Fleisch, aber nicht nur. Und auch viel Ketchup wird drübergegossen, dicke Soße des Gefühls beim Happy-End im Bahnhof Zoo. Volker Ludwig hat wieder einen großen Hit fürs Grips geschrieben. Einen Hit für Berlin. Das Lebensgefühl für diese Stadt, die Grundstimmung ist positiv. Woher der Grips-Chef seinen Optimismus nimmt, das wird uns auf der langen Reise vom Zoo zum Schlesischen Tor und zurück nicht verraten. waren ja schon immer kalauerverdächtig. Das elegische Gedicht (bei Hanser) vom Leben, Lieben und Sterben in unheiliger Zeit zeigt jetzt den Meister des unfreiwilligen Humors in Höchstform. In der tip-Redaktion macht vor allem der unsterbliche Epitaph: „Wir überflogen uns nur / wie einen viel zu langen Zeitungsbericht …“ die fröhliche Runde. 22Botho Strauß lebt heute in Berlin und in der Uckermark und steht weiterhin unter Kalauerverdacht. workout Viel mehr als Sport und Spa. Achten Sie auf unsere Sommerspecials www.aspria-berlin.de 13·12 tip A unique members’ club for culture, business, sport and well-being 40 Jahre tip 21B e More 40 Jahre Tip • Die 80er Jahre 1987 • August • tip 16 1986 • April • tip 9 750 Jahre Berlin Das Risiko Jubiläum, japanisches Großfeuerwerk, Tour de France, Queen, Reagan, Turnfest: Eine Sause jagt die nächste Die 750-Jahrfeier nähert sich dem Höhepunkt. Berlin (West) soll an den August-Wochenenden seine „SternStunden“ erleben. Die Sieges-Else im Tiergarten strahlt schon in frischem Gold. »Das Amüsement ist kalkuliert bis zum Klosettgroschen“ Jetzt nur nicht schlappmachen. Nach Deutschem Turnfest und Tour de France, nach Mythos und Reise nach Berlin, Berliner Lektionen und Berliner Gästebuch, nach Reagan, Mitterand und Queen Elizabeth, nach Bauausstellung, Oberbürgermeistertreffen und Transit 87 geht die Geburtstagsparty erst richtig los. Seit 15. Juli wird das „Stadtfest“ gefeiert, nonstop bis zum 30. August. Mit einem historischen Jahrmarkt und „Sternschnuppen“ auf der – seit Wochen schon abgesperrten – Straße des 17. Juni, „Nachtlandschaften“ im Tiergarten, Wasserkorso über Landwehrkanal, Spree und Havel, Westhafenfest und, zum Abschluß und -schuß, einem japa- nischen Großfeuerwerk auf dem Flughafen Tempelhof. Vom Sommerloch und Sommerpause keine Rede. Auch wenn es längst zum guten Ton gehört, sich über die Gigantomanie der 750-Jahrfeier zu mokieren, möchte man sich dem Urteil des Herrn Alfons Goldschmidt anschließen – „Wie kaum eine andere Großstadt der Welt verkauft Berlin seine Vergnügungen. Das Amüsement ist kalkuliert bis zum Klosettgroschen.“ Dies wurde den Berlinern allerdings schon 1928 ins Stammbuch geschrieben. 1986 • Juli • tip 16 Zu-rück-blei-ben! Die BVG zwischen Samtträumen und Sturmbannführerin „Ei-se-na-cher Straaaahse“, wispert die Stimme aus dem Lautsprecher, als werde dem ahnungslosen Fahrgast die Endstation Sehnsucht annonciert. Eigentlich wollten wir ja nur zum Video-Shop fahr’n; sind wir nun unversehens in Shangri-La eingelaufen, wo Märchenprinzen und Glücksnymphen auf uns warten? „Zurück-bleiben-bitte“, säuselt die Stimme beinahe flehentlich, mit einem dicken Seufzer hintendran. Die Türen knallen zu – aus, der kurze Traum! Eine ganz ordinäre 22 40 Jahre tip U-Bahn-Fahrt. Aber diese Stimme ... Für die Gemeinde der regelmäßigen Fahrgäste auf der U7 ist der Stopp in der Eisenacher Straße ein Kulturerlebnis – natürlich nur, wenn jener Zugabfertiger mit der Samtstimme das Mikro ableckt. „KLEISTPARK!!!“, kreischt uns dagegen die Sturmbannführerin vom nächsten Bahnhof die Ohren voll. „Einsteigen, bitte! Zurückbleiben!! ZURÜCKBLEIBEN!!!“ Wir stehen auf im Waggon, legen die Hände an die Jeans-Naht und salutieren. Zum Ende von Berlins schwärzestem Lokal Die Untergrund-Spelunke „Risiko“ hat am Ostersonntag dichtgemacht. Nach fünf Jahren nächtlicher Exzesse in Berlins schwärzestem Lokal ging nun das gnädige Rotlicht dort endgültig aus. Mit diesem „Laden“ an den Yorckbrücken wurde Stadtgeschichte gemacht; hier traf sich die Creme der sogenannten Rock-Subkultur. Vor allem in der Blütezeit zwischen 1981 und 1983 entpuppte sich das Risiko als Wohnzimmer der Berliner Untergrund-Kulturschaffenden. In aufsehenerregenden Spektakeln wurde der Grundstein für manche Karriere gelegt. Unter anderem wurde hier die Bewegung der „genialen Dilettanten“ ausgetüftelt. Der Laden wurde am 4. April 1981 von einem Kollektiv eröffnet. Zuvor beherbergten die Räume Deutschlands erste Frauenkneipe „Blocksberg“. Als jene das Handtuch warf, begann dort eine neue Epoche. Die Nächte, in denen es meist bis in die Morgenstunden ging, waren jeweils sehr unterschiedlich. Man konnte dort ein schwebendes Glücksgefühl erleben, aber auch finsterstes Chaos und Depression. »Das Wohnzimmer der Berliner UntergrundKulturschaffenden« Ebenfalls bemerkenswert war die Bandbreite der Musik, die aufgelegt wurde. Alles wurde gespielt und nicht selten brachten die Gäste eigene Produktionen mit. Aber auch Blut, fliegende Barhocker, zerbrochene Fenster gehörten zu diesem einzigartigen Ambiente. Mit der Schließung an Ostern ist es nun endgültig vorbei. Das komplizierte Miet- und Pachtverhältnis hat zum Ende geführt. Schade um diesen herrlichen „Schandfleck“, der nach der Räumung der Ruine am Winterfeldtplatz eine der letzten Bastionen des alten Berliner Underground war. tip 13·12 Die 80er Jahre • 40 Jahre Tip 1988 • April • tip 9 Du telefonierst leidenschaftlich gerne? Bei uns hast Du jetzt die Chance, in unserem internen Kundenservice Center als Kundenbetreuer/in (Inbound) durchzustarten! NEUSS Ich rede hier nicht als tip-Mitarbeiter, ich mache kein Interview, ich mache kein Gespräch mit euch, ich schlage vor, wir machen ’ne Diskussion. Jeder sagt, was ihm einfällt, weil, erstmal die Leser zum Lesen zu kriegen, das ist ’n Kunststück. Für mich ist in Berlin tip immer noch tip-top, verstehste? Ich les’ das immer noch lieber (lacht) als den „Stern“, wo ich doch „Stern“-Mitarbeiter bin. Ihr kommt gar nicht zu Wort, das merkt ihr, ja, ja? HOLGER Weil wir nicht im „Stern“ kommen? »Der AlkoholRock‘n‘Roll ist stehengeblieben. Kannste hören überall« NEUSS Weil sie erstens nicht im „Stern“ kommen. Zweitens: Im RIAS sind se nicht zu hören. Mach doch mal SFB 2 an. Da hörst du alles, nur nicht die Tornados. Und? Bei Radio Schamoni, ja, 100,6, Pornosender in Berlin, dieser eingewanderte 13·12 tip DDR-Sender, Schamoni, dieser Wichsgriffel aus Münster, der beschäftigt die Tornados und den Wolfgang nicht. Neiiin, nichts Angetörntes will der haben, und schon gar nicht, wenn’s jetzt im tip steht. Also: Der Arnulf Rating aus Wuppertal ist einer von den Tornados, der Holger Klotzbach aus Hannover ist der zweite von den Tornados … HOLGER Aus Düsseldorf. NEUSS Aus Düsseldorf. Ich hab’ extra Hannover gesagt, und aus Celle, der Willi Günter Thews ist der dritte Tornado. Und der vierte Tornado diskutiert mit denen, Wolfi Neuss. (...) Wenn ihr nicht soviel auswendig lernen müßtet, sondern Stegreif machen würdet, dann würdet ihr am liebsten toben – die ganze Nacht. Ihr würdet gar nicht mehr aufhören. Und wenn es nicht so ist, red’ ich es euch ein. ARNULF: Aber Wolfgang, die Leute bleiben nicht, wenn ich zwei Stunden schweige. NEUSS Nee, aber icke. Das war ja ’ne persönliche Sache zwischen uns beiden. Nee, so’n Typ wie du darf nicht zwei Stunden schweigen. Du bist ja schon mit Reden langweilig. Aber ich hab das doch mit dem Schweigen nur gemeint, weil du doch jetzt auf der Bühne den Günter mit der Ekstase übertriffst. Der Günter, der trinkt ja nun keinen Alkohol, das ist ja der Unterschied zwischen euch beiden, also drück ich’s mal elegant aus. HOLGER Zum Rock’n’Roll gehört aber Alkohol … NEUSS Früher. Der Rock’n’Roll hat auch ’ne Entwicklung. Und der Alkohol-Rock’n’Roll ist stehengeblieben. Kannste hören überall. Ach übrigens: Wenn wir im Rock’n’Roll- Jargon sprechen würden: Klar gehört ihr dann zu den Leuten, die Hardrock machen. Totalen Hardrock. 22Kurz nach Mauerfall lösten sich die 3 Tornados auf. Holger Klotzbach gründete die Bar jeder Vernunft und leitet heute das Tipi. Arnulf Rating arbeitet als Solo-Kabarettist. Günter Thews erlag 1993 seinem Aidsleiden. Wolfgang Neuss starb 1989. Man kann ihn auf dem Waldfriedhof Zehlendorf besuchen. 40 Jahre tip 23 Als kompetenter Ansprechpartner bietest Du unseren Kunden exzellenten Service per Telefon, E-Mail und Chat. Dich erwartet ein humorvolles Team, ein innovatives, internationales Arbeitsumfeld – und das Ganze im Herzen von Berlin! Du findest, es ist nun an der Zeit einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen? Dann freuen wir uns auf Deine Bewerbung an [email protected] Einen ersten Eindruck über die Arbeit bei uns findest Du hier: http://www.you-tube.com/ watch?v=5JKJtddD8Ss Vistaprint Deutschland GmbH Nancy Fussan Salzufer 6, 10587 Berlin Tel.: 0049-30-887 890 11 www.vistaprint.com 40 Jahre Tip • Die 80er Jahre 1988 • Juli • tip 15 Besetzer flüchten über die Mauer Die Besetzung des Lenné-Dreiecks endet in einem großen Gelächter Bombige Aufnahme in Ost-Berlin: Frühstück und Zigaretten für 220 Mauerspringer In der Nacht zum 1. Juli, um 5.01 Uhr, räumte die Polizei das Lenné-Dreieck und machte Schluß mit fünf Wochen „Freie Republik“. Damit nahm die längste Besetzung, die es seit Jahren gegeben hat, ein Ende. Trotzdem war wohl die Staatsmacht überrascht, mit welchem Ideenreichtum die Besetzer ihr entgegen- traten. Nur 52 von ihnen nahmen das Angebot an, durch eine Schleuse, eskortiert von Polizei, den Platz zu verlassen. Die große Mehrheit ging einen anderen Weg: über die Mauer. Laut Polizeiangaben waren es 182 Personen, nach Ansicht von Ex-Besetzern sollen es allerdings mindestens 220 gewesen sein, die bei der Mauerspring-Aktion mitmachten. Ein Augenzeuge: „Die Leute haben sich den Bauch gehalten vor lachen.“ „Drüben, in Ost-Berlin, wurden sie, so ein Beteiligter, „bombig behandelt“. Mit LKWs wurden sie aus dem Sperrbereich gefahren; der Staatssicherheitsdienst nahm ihre Personalien auf. Doch, noch einmal ein Beteiligter, „denen war es egal, ob wir unseren Ausweis zeigten oder nicht“. Danach gab es erst einmal ein opulentes Frühstück mit Gratiszigaretten. Schließlich wurden sie gefragt, welchen Übergang sie denn bevorzugen würden. Ihre Wünsche wurden samt und sonders erfüllt. In Sechsergruppen wurden sie zum Übergang ihrer Wahl gebracht. Der größte Teil der Ex-Besetzer stieg Friedrichstraße in die UBahn ein. Kaum ein Dutzend von ihnen wurde von Polizeikräften bei Spontanüberprüfungen identifiziert. Ein Novum des deutschdeutschen Tourismus: Kein Mauerspringer wurde zum Zwangsumtausch verdonnert. Keiner allerdings bekam nachher, wieder zurück im Westen, das obligatorische Begrüßungsgeld. »Kein Mauerspringer wurde zum Zwangsumtausch verdonnert« Und die Moral von der Geschicht: Die Drohung „Geht doch rüber in den Osten, wenn es euch hier im Westen nicht mehr paßt“ werden jetzt wohl immer mehr Leute beherzigen. Immer einen tip voraus. Danke für 40 Jahre Berliner Kulturinfo. Auch über gewöhnliche und besondere Ereignisse. 24 24 40 40 Jahre Jahre tip tip tip 13·12 Die 80er Jahre • 40 Jahre Tip 1989 • Dezember • tip 26 Revolution und Mauerfall Fotos: aus dem Buch „Berlin im November“, erschienen in der Nicolaischen Volksbuchhandlung Ost-Berliner Notizen aus den Tagen der Revolution – von Wolfgang Gersch Wir trauen unseren Augen nicht: Es ist Revolution! Tag für Tag. Und immer ein Stück mehr. Wir protestieren und unterschreiben, diskutieren und demonstrieren – und lesen am Morgen, und sehen am Abend, daß wir viele sind. Das sei keine echte Revolution, meinte ein Schriftsteller, weil es nicht um die Besitzverhältnisse ginge. Um was denn sonst? Es geht um das Besitzrecht, das die SED sich über das Volk angemaßt hat. Die Massen enteignen die sozialistischen Expropriateure. Neunter November, 18.57 Uhr, Fernsehen DDR. Ich verstehe wohl, daß die Grenze aufgehen wird, als Schabowski einen Zettel hervorfingert und am Schluß der Pressekonferenz so tut, als habe er noch den Wetterbericht zu verlesen. Aber die Phantasie reicht nicht aus, sich die Zukunft vorzustellen und daß sie noch am gleichen Abend beginnt. Auch ich möchte zur Bornholmer, als das Fernsehen die ersten Bilder vom Freudentaumel der Berliner bringt. Aber ich vermag es nicht. Ich rede mich auf das Referat heraus, an dem zu arbeiten mir in diesen Tagen unglaubliche Schwierigkeiten macht. In Wahrheit bin ich blockiert. Oft zu Vorträgen oder Lesungen eingeladen in die westliche Welt, war die Mauer für mich durchlässig geworden. Und ich wäre mir absurd erschienen zwischen jene, die nach 28 Jahren oder überhaupt zum ersten Mal im Leben ins andere Halberstadt zogen, wo ich eben erst, im Hanseatenweg geredet hatte. Ich schaue den Trabis nach, die durch die Nacht flitzen, wie ich noch nie Trabis flitzen sah. Früh um drei klingelt das Telephon. Der Sohn: „… Ich bin drüben. Hier sieht’s ja genauso aus wie bei uns!“ Hatte er gedacht, nach Phantasien zu kommen? Aber er hat nur erst den Wedding gesehen. Jetzt kann ich mit den anderen schluchzen. Noch nie ist in Deutschland auf einen Schlag soviel geweint worden. CineStar gratuliert herzlich! Wir sagen Danke für 40 Jahre filmreife HaupstadtInfos und das volle Kinoprogramm im tip Berlin! Karten dazu gibt’s unter CineStar.de 13·12 tip 40 40 Jahre Jahre tip tip 25 25 40 Jahre Tip • Die 90er Jahre Die Neunziger Hauptstadt, rechtsradikale Jugend, East Side Gallery, Skandalfilme, Paul Van Dyk, Auguststraße, Loveparade, Volksbühne, Christos Reichstag, Mitte-Clubs, Hertha-Aufstieg, Holocaust-Denkmal 1990 • Januar • tip 1 1990 • Juli • tip 14 1990 • Januar • tip 1 Ost-Kino Ost-Musik Eine Einführung in den sozialistischen Kinoalltag Geht doch: In der DDR tönt mehr als Puhdys und Silly Die Ost-Berliner Kinolandschaft ist recht überschaubar: 22 Filmtheater gibt es dort. Keine in Wohnzimmergröße aufgeschachtelten Kinosäle oder sonstiger Schnickschnack, aber leider auch kein übermäßig moderner Komfort. Eben Kino, wie es mal war. Die Preise sind einheitlich und liegen, zumindest noch, auf dem sagenhaften Tiefstand von 2,05 bis 3,05 Mark, die fünf Pfennige sind die „Kulturabgabe“. Für Filme mit Überlänge wird 50% Aufschlag verlangt. Wer seine Ohren liebt, der hielt sie bisher beim Stichwort „Rock aus der DDR“ meist ganz schnell zu. Er musste schließlich befürchten, dass sie durch den real existierenden Schleim solcher Rock-Zombies wie City, Karat oder Puhdys sofort verklebten. Die gleiche Gefahr bestand auch bei den pseudoaufklärerischen Ost-Berliner Soft-Rockern Pankow oder Silly. Das, was sich bereits vor der Öffnung der Mauer privilegiert auf westlichen Bühnen tummeln durfte, war jedoch nur der offizielle, der SED-kompatible Teil der DDRMusikszene. Seit dem 9. November drängt nun eine Flut neuer, bisher unbekannter Bands in den Westen, speziell in den Westteil dieser Stadt. »Die Preise liegen auf dem sagenhaften Tiefstand von 2,05 Mark« Die großen modernen Uraufführungskinos befinden sich vorzugsweise in City-Nähe: Das International und das Kosmos in der Karl-Marx-Allee, und das altehrwürdige Colosseum in der Schönhauser Allee. Hier gibt es auch Spätvorstellungen. Eins der neuen Vorzeigeobjekte mit dem bezeichnenden Namen Sojus liegt im Neubaubezirk Marzahn. Gelegentlich finden Filmpremieren aber auch in kleineren, weniger zentralen Kinos wie dem Pankower Tivoli oder im Johannisthaler Astra statt. Hervorzuheben ist das Babylon am Rosa-Luxemburg-Platz. In diesem Kino laufen auch ältere Filme, Wiederaufführungen und Fundstücke für filmgeschichtlich Interessierte. Übrigens – Naschkatzen sollten ihre Verpflegung lieber mitbringen, die Süßwarenstände, sofern es sie gibt, sind häufig geschlossen. 26 40 Jahre tip East Side Gallery Malerinnen und Maler für ein letztes Mauerstück Von der Oberbaumbrücke bis Berlin Hauptbahnhof in der Mühlenstraße in Berlin-Friedrichshain entsteht auf dem ehemaligen Antifaschistischen Schutzwall die längste Bildersammlung der Welt unter freiem Himmel: „East Side Gallery GDR, The Largest Open Air Gallery in the World“. Wer kann und will, darf sich noch bis zum 13. August daran beteiligen. Die sogenannte Hinterlandmauer an der sechsspurigen Ausfallstraße ist mit ihrem festgefügten Beton eine logische Ergänzung zu der asphaltierten Autorennstrecke. Ein paar „verunfallte“ Schrottwagen zeugen stets von der ungebrochenen menschlichen Sehnsucht nach überhöhter Geschwindigkeit. Im absoluten Gegensatz dazu befindet sich die Malerei von inzwischen 27 Künstlern, die aus aller Damen und Herren Länder ihre Vorstellungen zu der thematischen Vorgabe „Umwelt, Toleranz und Frieden“ an die ehemals Unberührbare gepinselt, gespachtelt und ge- sprüht haben. Gemanagt wird die ungewöhnliche Galerie im Westen der Stadt von Christine MacLean. Die „wuva GmbH“, die „Werbe- und VeranstaltungsAgentur“, im östlichen Teil der Stadt hat vom Friedrichshainer Bezirk die Nutzungsrechte erworben und sich für die Idee begeistert, die Mauer als Mauer zum real existierenden Kunstwerk zu verändern: „Die Mauer, ehemals ein Symbol für Abgrenzung, Angst und Unterdrückung, wird durch diese Galerie in ein Kunstwerk umgewandelt, welches Menschen, Völker und Gedanken vereinigt.“ Wenn sich Malerinnen und Maler angesprochen fühlen, zu den vorgegebenen Themen ihre Umsetzung zu verwirklichen, sollten sie sich mit Christine MacLean in Verbindung setzen. Wie lange allerdings diese Kunstprodukte Bestand haben werden, weiß noch niemand. Und sicher ist es von Interesse, dann auch zu erfahren, was werden wird, wenn diese Mauer doch noch einmal abgebaut wird. »Eine Flut neuer Bands drängt in den Westteil dieser Stadt« Gruppen mit so kuriosen Namen wie Die Ich-Funktion, Big Savod, Herbst in Peking, Die Firma, Freigang, Feeling B, Die Skeptiker oder Die Vision gehören zu einer DDR-Musikszene jenseits der staatlichen Plattenfirma AMIGA. Allerdings war bisher keine DDR-Band in der Lage, den Staat völlig zu ignorieren. Um öffentlich auftreten zu dürfen, musste sich jede Band einer sogenannten „Einstufung“ vor Mitgliedern des Kulturministeriums unterziehen. Diese „Einstufungskommission“ überzeugte sich bei einem Live-Auftritt von den künstlerischen Qualitäten jeder Gruppe und vergab dann eine Spiellizenz. tip 13·12 Die 90er Jahre • 40 Jahre Tip 1991 • November • tip 24 1990 • Dezember • tip 25 Rechtsradikale Kann Berlin Hauptstadt? Scheißwesten, Scheißausländer: Ein Besuch bei Skinheads in Hohenschönhausen In der Vergangenheit war die pädagogische Betreuung rechter Schmuddelkinder in West-Berlin tabu. Tauchten rechtsradikale Cliquen auf, wurde mit Dokumentarfilmen über den Nationalsozialismus geantwortet. „Nazis raus!“ Mit unmissverständlichen Worten setzten die empörten Eltern Peter nach einem längeren Knastaufenthalt an die Luft. Seitdem ist der Achtzehnjährige, Skinhead aus Hohenschönhausen, obdachlos. Noch muss er sich die Nächte nicht in irgendwelchen Abbruchhäusern oder Parkanlagen um die Ohren schlagen. Ein Freund überließ ihm vorübergehend seine Bude – inzwischen Treffpunkt einer Skinclique aus Hohenschönhausen. „Die Alten sind für mich gestorben“, erklärt Peter mit stockender Stimme und feuchten Augen, die einer halb geleerten Brandyflasche geschuldet sind. „Ausländer kriegen die Sozialhilfe in den Arsch geschoben, und Peter kriegt nichts“, empört sich Freundin Susi (16). Wenig später gesteht Peter ein, dass er nicht weiß, wie er „den ganzen Stress auf dem Sozial- und Arbeitsamt bewältigen soll“. Seine Hilflosigkeit im Ämterdickicht steht im krassen Widerspruch zu seinem Machogehabe. Weder Straßenkampferfahrungen noch sein durchtrainierter Körper helfen ihm weiter. Während einer Schimpfkanonade auf den „Scheißwesten“ und die „Scheißausländer“ betreten zwei Kumpels die Wohnung, knallen Sixpacks auf den Couchtisch, legen umständlich ihre Bomberjacken ab. Linkisch ziehen sie ihre Gasknarren aus Schulterhalftern, deponieren sie demonstrativ neben einer Baseballkeule und einem Springmesser im ansonsten leeren Bücherregal. Man darf ja mal fragen So hart es klingt: Berlin fehlt die Reife für die Rolle der statisch empfindlichsten Hauptstadt im vielgerühmten europäischen Haus. Der Berliner eignet sich gerade noch für das kleinstädtische Personal einer Posse über ein europäisches Desaster unter deutscher Federführung. »Der Berliner leidet an zerebraler Muffigkeit« Er ist selbstgefällig, provinziell, lokalpatriotisch, zutiefst fremdenfeindlich, großmäulig und autistisch zugleich. Jeder Bewohner einer westdeutschen Mittelstadt weiß mehr über die Welt außerhalb seiner Stadtgrenzen als der Berliner. Der Berliner leidet an einer zerebralen Muffigkeit: Jeder Auffahrunfall in seinem Kiez erscheint weltpolitisch erheblicher als ein Volksaufstand in einem Nachbarland. Mit dem Berliner ist keine Hauptstadt zu machen. 22Am 20. Juni 1990 hatte sich der Bundestag für Berlin als Regierungssitz entschieden – mit 338 zu 320 Stimmen. 1992 • März • tip 6 Gorgonzola-Club Als Service in Kreuzberg noch besonders klein geschrieben wurde Foto: Birgit Hoffmann / tip Nur lästige Hektiker verlassen den Gorgonzola-Club in der Dresdener Straße, wenn nach einer Viertelstunde noch keine Karte auf dem Holztisch liegt. Schließlich ist das Restaurant halb gefüllt. Da können drei Kellner schon mal ins Schleudern kommen. Sie erklären dennoch geduldig, warum das gewünschte Gericht nicht bestellt werden kann („Ist aus“). Die zweite Wahl ist keine gute Idee („Auch aus“). Die Gnocchi in Salbeibutter sind auf Zimmer13·12 tip temperatur gehalten. Hohes Niveau auch bei den Desserts. Die Panna cotta, erst wenige Tage alt, ziert nicht etwa Beerenfruchtmark, sondern Apfelmus. Darüber hinaus stimmt die Atmosphäre. Hier räumen sogar manche Gäste nach dem Essen selbst das Geschirr ab, wenn sich gerade niemand darum kümmern kann. Viele leere Gläser und volle Aschenbecher sorgen zusätzlich für Gemütlichkeit. Und dafür zahlen Kreuzberger gern ein bisschen mehr. 40 Jahre tip 27 40 Jahre Tip • Die 90er Jahre 1993 • Januar • tip 1 1992 • Juli • tip 14 Paul van Dyk Der junge Paul van Dyk träumt von eigenen Partys Skandalfilme Christoph Schlingensief, Philip Gröning, Thomas Heise und Romuald Karmakar stören den politischen Betrieb Die spinnen, die Deutschen. Erst rufen sie laut nach Filmen, die sich mit den aktuellen Themen und Problemen auseinandersetzen. Und wenn sie da sind, macht man es ihnen schon wieder schwer. Kanzler Kohl beschwert sich höchstpersönlich über Philip Grönings „Die Terroristen“, Heiner Müller traut sich nicht, Thomas Heises „Stau“ in seinem Theater zu zeigen, die Filmbewertungsstelle verweigert Romuald Karmakars SöldnerDokumentation „Warheads“ ein Prädikat, und das Fernsehen wäre den von ihm koproduzierten Film „Terror 2000“ von Christoph Schlingensief gerne wieder los. Skandalfilme in skandalösen Zeiten. Ein Land hat sich radikal verändert. Eberswalde, Rostock, Hoyerswerda, Mölln. Das Vierte Reich. 76 registrierte rechtsex treme Organisationen, 4.000 straff organisierte Ultras, 6 bis 7.000 randalierende Neonazis und Skins. Ein Viertel aller Deutschen will die Ausländer rausschmeißen. Hass, dumpfe, dumme Vorurteile, Fremdenangst, Aggressionen gegen Türken, Vietnamesen, Asylbewerber, Juden, Linke, Schwule, Behinderte. Allein 1992 1.600 Gewalttaten, 800 Verletzte, 18 Tote. Jahrelang werden Neonazis und der rechte Straßenterror das beherrschende deutsche Thema sein. Die ganze Welt weiß das, sagt es, sorgt sich. Nur die Her- 28 40 Jahre tip ren in Bonn betreiben business as usual und reagieren mehr verärgert als entsetzt, seit das Geschäft gestört ist, seit der Industriestandort und Handelspartner Deutschland in Verruf gerät. Dauernd muss er sich entschuldigen, klagt Herr Kinkel. Währenddessen zündeln CDU und CSU weiter, schüren das Klima militanten Fremdenhasses, hetzen subtil die Rechten auf und laufen den Reps nach. Immer schon haben sie alles Linke verteufelt und alles Rechte toleriert. Nicht die ersten Morde in Deutschland, sondern die stille Duldung durch Politik, Polizei und Justiz hat die Welt aufge- »Bundeskanzler Kohl beschwerte sich höchstpersönlich über Philip Grönigs Film ›Die Terroristen‹« schreckt. Nicht die unselige Asyldebatte hat die Neonazis heimlich bestätigt, sondern unglaubliche antisemitische, fremdenfeindliche, nazifreundliche Bemerkungen seit Jahrzehnten aus dem Mund von CDU- und CSUChargen, Ministern, Bürgermeistern, Staatssekretären, die in anderen Demokratien sofort entlassen worden wären. Nicht hier, wo der braune Urschlamm nie ausgetrocknet wurde. Und nun geht die Saat auf. Wo wäre die House Music in Berlin ohne den ehemals von der Stasi beherrschten Teil des Volkes? Sicherlich stellte die jetzt vielbejubelte Szene einen ziemlich lächerlichen Haufen dar, denn gerade das Engagement von im Osten geborenen Techno-Trabanten sorgte oftmals für den entscheidenden, ekstaseverbreitenden Kick. So wurden die wichtigen Tekknozid-Partys vom ehemaligen Arbeiter- und Bauern-Staatsbürger Wolle Neugebauer organisiert, der Tresor von seinem Landsmann Johnny Keller zu einem der spektakulärsten Clubs in Europa hochgemanagt. Und die tollsten Partyorte befinden sich sowieso im alten Ost-Berlin. »Er mixt perfekt und saugt die Stimmung der Tänzer auf« Zum Beispiel mit Paul van Dyk, bekannt als DJ der „Brain“- und „Dubmission“-Partys. Der 20jährige ist in Eisenhüttenstadt bei Frankfurt/Oder geboren und aufgewachsen, ehe er kurz vor dem Mauerfall per Ausreiseantrag nach Berlin kam. Seine unverbrauchte Begeisterung brachte ihn dann später an die Plattenspieler, um die sich alles dreht. Er mixt perfekt, wirbelt hinter seinen Turntables, schwenkt die Arme und versucht, die Stimmung der Tänzer in sich aufzusaugen und zu steigern. „Was sind das nur für DJs, die pünktlich um 5 Uhr den Saphir über die Platte kratzen lassen, einpacken und nach Hause gehen, weil sie nicht länger bezahlt werden?“, fragt Paul verständnislos und fügt hinzu: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass diese Menschen überhaupt noch etwas für die Musik empfinden. Sie zerstören mit solchen Aktionen die ganze Atmosphäre und sorgen bei den Leuten für ein schlechtes Gefühl. Wenn ich irgendwann meine eigenen Partys mache, kommt das nicht vor.“ tip 13·12 Die 90er Jahre • 40 Jahre Tip 1992 • Juni • tip 12 1992 • März • tip 6 Berlinale dreist Die Filmfestspiele versinken in der Bedeutungslosigkeit Wem gehört die Auguststraße? Die Ausstellung „37 Räume“ hatte die entscheidende Antwort Auguststraße Foto: Birgit Hoffmann / tip Noch ist die Auguststraße in Mitte eine verrottete Gegend. Doch ein Ausstellungsprojekt macht sie zum Kunst- und Galerie-Zentrum Einst gehörte die Auguststraße in der Spandauer Vorstadt zu den Flecken dichtester Besiedlung Europas; heute droht das Gespenst des Abrisses der alten Bebauung. Die Klärung der Besitzverhältnisse lähmt jede Entwicklung. Für eine Woche (14. bis 21. Juni) wollen Kunstjournalisten und Ausstellungsmacher das soziale und kulturelle Potential des Ortes in „37 Räumen“ erschließen. Wem die Auguststraße im alten Berliner Scheunenviertel gehört, ist seit der Wende zur die Geschicke der Bewohner entscheidenden Frage im Berliner Monopoly MEIN Mii. geworden. Viele Wohnungen stehen zwangsweise leer und Häuser verfallen, während die Behörden nach alten Akten graben. Nahe des zukünftigen Regierungsviertels droht das Quartier als begehrter Standort verplant zu werden. Doch bevor in der brisanten baupolitischen Situation die Karten offen auf den Tisch gelegt werden, verteilen sich 37 Spieler über die Felder der Straße. Nicht in Besitz wollen sie die Räume nehmen, sondern sich für kurze sieben Tage in dem Zeitloch einnisten, das die ungewisse Zukunft als Spekulationsobjekt von der NULL Anzahlung NULL Zinsen ab 85 ¤/Monat 1 Vergangenheit trennt; schon einmal regierte hier die Politik der Vertreibung, nämlich der jüdischen Gemeinde. In kurzfristigen Mietverträgen hat der Kunstwerke e.V. die Möglichkeit der Zwischennutzung gesichert, die zur produktiven Keimzelle eines anderen Umgangs mit dem Stadtraum werden will. „Ich kannte die Auguststraße vorher nicht“, berichtet die junge Kuratorin Melitta Kliege. „Zunächst war ich erstaunt, erschüttert über die Baufälligkeit. Erst dachte ich: das ist Anmaßung, eine Farce, hier mit Kunst einzugreifen.“ Moritz de Hadeln sitzt fest im Sattel. Je tiefer das Festival in der Bedeutungslosigkeit versinkt, umso dreister dichtet der Festivalleiter Misserfolge in Erfolge um. „Es herrschte die beste Stimmung seit Jahren“, gab Festivalleiter Moritz de Hadeln seine Einschätzung zur Berlinale 1992 im offiziellen „berlinale journal“ zu Papier. Mochten regelmäßige Festivalbesucher auch an einen Druckfehler glauben – den Funktionären in Gremien und Kuratorien und ihrer greisen Kamarilla aus der deutschen Filmwirtschaft, der abhängigen Fachpresse und den Filmpolitikern wider Willen kam de Hadelns Notlüge gut zupass. Das Branchenblatt „Filmecho“, offizielles Organ des Hauptverbandes Deutscher Filmtheater, wo noch immer kräftig Fünfziger-Jahre-Luft geatmet wird, schloss sich dem Eigenlob des Festivalchefs an. „Eine erfreuliche Bilanz“ zog auch Berlins an der Berliner Filmkultur nachweislich desinteressierte Kultursenator Ulrich Momin. Der Schulterschluss der alten Garde und der jungen hedonistischen Lohnschreiber schafft ein Klima, in dem dem Kritiker die Rolle des Hofnarren zukommt. Die Berlinale ist auf dem besten Wege in eine Epoche, nach der sich das deutsche Kino seit Langem sehnt: geradewegs in die fünfziger Jahre. DER NEUE SEAT Mii. AB 8.890 ¤.2 Einmalige Überführungskosten von 610,00 ¤. Beispielrechnung für den SEAT Mii 1.0, 44 kW (60 PS): Fahrzeugpreis: 8.890,00 ¤, Anzahlung: 0,00 ¤, Nettodarlehensbetrag: 8.890,00 ¤, Sollzinssatz (gebunden) p.a.: 0,00 %, Effektiver Jahreszins: 0,00 %, Laufzeit: 54 Monate, Fahrleistung/Jahr: 10.000 km, 54 Monatsraten im AutoCredit à: 85,00 ¤, Bearbeitungsgebühr: 0,00 ¤, Schlussrate: 4.300,00 ¤, Gesamtbetrag: 8.890,00 ¤, Überführungskosten (einmalig): 610,00 ¤. Ein Angebot der SEAT Bank, Zweigniederlassung der Volkswagen Bank GmbH, Gifhorner Straße 57, 38112 Braunschweig, für die wir als ungebundener Vermittler gemeinsam mit dem Kunden die für die Finanzierung nötigen Vertragsunterlagen zusammenstellen. Kraftstoffverbrauch der beworbenen Modelle: kombiniert 4,7–4,1 l/100 km; CO2-Emissionswerte: kombiniert 108–96 g/km. Effizienzklassen: C–B 1) Ein Finanzierungsangebot der SEAT Bank, Zweigniederlassung der Volkswagen Bank GmbH für Privatkunden und Finanzierungsverträge mit 54 Monaten Laufzeit. Gültig für SEAT Mii Neuwagen. Bonität vorausgesetzt. Nicht kombinierbar mit anderen Sonderaktionen. Eine Aktion der SEAT Deutschland GmbH. 2) Unverbindliche Preisempfehlung der SEAT Deutschland GmbH. Abbildung zeigt Sonderausstattung. SEAT DEUTSCHLAND NIEDERLASSUNG GMBH – NIEDERLASSUNG BERLIN 13·12 tip Jahre Nachtalbenweg 61, 13088 Berlin, Tel. (0 30) 9 62 50-900, 40 Fax (0 30) 9 62tip 50-9 29 88 [email protected], www.seat-in-berlin.de 40 Jahre Tip • Die 90er Jahre 1993 • Februar • tip 5 1994 • Juli • tip 15 Frank Castorf Ein Krawallmacher, der begeistert Und Regisseure, die ohne falsche Sentimentalität den ostwestdeutschen Konflikt angehen. Castorf sucht sich gezielt Verstärkung. Er braucht verwandte Seelen, doch will er zugleich das Spielangebot erweitern. Seine eigenen Inszenierungen objektivieren sich in solchen Zusammenhängen. Er weiß wohl selbst, dass sich das große Haus auf Dauer mit Castorfiaden allein nicht füllen lässt. 22Frank Castorf hat gerade seinen Intendantenvertrag bis 2016 verlängert. 1995 • Juni • tip 12 Holocaust-Denkmal Wie Lea Rosh die Mauer beinahe mal zum Denkmal für die ermordeten Juden gemacht hätte Ohne sie gäbe es das geplante Holocaust-Denkmal wahrscheinlich nicht. Unbeirrt zog sie das Projekt durch: Lea Rosh, eine führende Kraft der deutschen Bewältigungsbranche. Hätte man gleich auf Lea Rosh gehört, dann wäre uns der ganze Rummel um das HolocaustDenkmal, das eine 20.000 Quadratmeter große Fläche zwischen Brandenburger Tor und Potsdamer Platz füllen soll, erspart geblieben. Keiner der über 500 größenwahnsinnigen Ent- 30 40 Jahre tip würfe hätte je das Licht der Welt erblickt. Aber es wollte ja keiner hören. Lea Rosh’ Vorschlag im Bildband „Berlin 13. August 1990“ war ebenso einleuchtend wie genial, und vor allem billig. Einfach den ehemals antifaschistischen Schutzwall stehen lassen und zum „Denkmal für die Juden“ umdeklarieren. 221997 wurde ein zweiter Wettbewerb ausgeschrieben. Das heutige Stelenfeld wurde 2004 eröffnet. Betriebsurlaub vom Planeten Ork Loveparade Die Rave-Nation kam und spaltete die Stadt Wie ein aus dem Ruder gelaufener Betriebsausflug vom Planeten Ork brach am 2. Juli die RaveNation über Berlin herein. Die Loveparade hinterließ neben dem verwüsteten Ku’damm eine geteilte Hauptstadt. Die Urteile der halbnackten, durchgedrehten Raver und die der hüftsteifen Chronisten am Rande des Umzugs könnten nicht unterschiedlicher sein: „Love, Peace & Happiness funktioniert noch immer“, jubeln die einen; „Weltkongress der Autisten in Trance“, nörgeln die anderen. Die Sozialpädagogen sichteten in diesem Jahr Massen an Proleten und Kindsköpfen mit Spritzpistolen. Permanent blickten diese in das Antlitz des Bösen, ohne es zu erkennen: Adidas und Puma waren präsent, und Camel versuchte sich mit schnödem Mammon und Kugelschreibern street credibility zu erschleichen. Die blasierten kleinen Rave-Arschlöcher ließen sich jedoch – unbeeindruckt vom Vorwurf der Hohlköpfigkeit – gutgelaunt die Hirnrelais von den mächtigen Beats auf „Party“ umschalten. Will wirklich noch jemand den Begriff „Underground“ in den Diskurs über den Massenkarneval Loveparade einführen, dessen Donnerhall selbst in der „Dithmarscher Landeszeitung“ zu vernehmen war, und sich damit nicht lächerlich machen? Ja? Dann einfach weiter beim Schreiben den Autopiloten anlassen: Die Klischees kommen so ganz von selbst. tip 13·12 Foto: Birgit Hoffmann / tip (unten) Frank Castorfs Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz ist ein erstaunliches Phänomen. Ganz egal, wie die Inszenierungen (Klassiker, aber auch viele neue Stücke) im Einzelnen beurteilt werden – dieses zu DDR-Zeiten heruntergespielte Haus lebt. Es gibt Bewegung, Aufregung, Diskussion. Von welchem anderen Theater könnte man das behaupten! Nicht zu vergessen – die einmalig günstigen Eintrittspreise. So bekommt man junges Publikum ins Theater. Es zeigt sich jetzt auch, dass der Regisseur Castorf das Zeug zum Intendanten hat. Er lässt das ganze Haus bespielen, holt Rockmusiker, Videokünstler, Literaten in den Roten Salon. Und er macht eben nicht alles allein, sondern umgibt sich mit Theatermachern, deren Arbeit man sonst gar nicht zu sehen bekommt – den Schweizer Christoph Marthaler, den Filmregisseur Christoph Schlingensief (sein Polit-Horror-Film „Terror 2000“ wurde von der BerlinaleLeitung ausgesperrt), den Choreographen Johann Kresnik. Allesamt, wie Castorf selbst, Provokateure, Krawallmacher im eingeschlafenen Theaterbetrieb. Die 90er Jahre • 40 Jahre Tip 1995 • Juni • tip 14 Ballett Centrum & Berliner Musicalschule Kurfürstendamm Karree 883 11 75 Kurfürstendamm 207, 10719 Berlin www.ballettcentrum-berlin.de 25 Jahre erfolgreich: Ballett, Jazz, Street Dance, Step, Modern, Pilates, Akrobatik, Musical Dance Kurse für Kinder u. Jugendliche mit erstklassigen Pädagogen! Projekt mit der Deutschen Oper Berlin! RADIO EINS & ELECTRONIC BEATS präsentieren: NEW ORDER Do. 21.06. 20:00 Tempodrom Reichstag verhüllt RADIO EINS & VISIONS präsentieren: PEARL JAM Mi. 04.07. 20:00 O World 2 So lässig war Berlin noch nie – dank Christo und Jeanne-Claude 5.7. Zusatzkonzert Do. KulturNews & StarFM präsentieren: Allen Unkenrufen und Wetterunbilden zum Trotz, der Reichstag ist verhüllt. Und es ist großartig. Bei Sonnenschein, bei Regen, bei Dunkelheit und in der Dämmerung. Und bis auf die Nörgler, die immer die Haare in der Suppe suchen, die Mäkler, die es nicht leiden können, wenn anderen etwas ziemlich Tolles ge- lingt, sind alle zufrieden. Sie gehen und staunen, reden und zeigen, machen Picknick und umkreisen den ehemaligen Reichstag wie Motten das Licht. Sie unterhalten sich über Kunst, über das Für und das Wider. Sie sind begeistert und merken meist gar nicht, wie sehr dieses Ereignis nicht nur den Reichstag, 1995 • Mai • tip 11 1997 • April • tip 9 Prater Hertha BSC Foto: tip Der traditionell herunter– gekommene Prater wird eine neue Spielstätte der Volksbühne Proletarier aller Stadtteile – amüsiert euch! Wo sich vor hundert Jahren die Dienstmädchen und Ladengehilfen mit Polka, einem Schießstand und einer Würfelbude vergnügten, wo der Gesangsverein „Immerfroh“ und der Raucherklub „Maryland“ rauschende Sommerfeste feierten, hat die Volksbühne eine neue Spielstätte eröffnet: Im alten Berliner Ballhaus und Vergnügungslokal „Prater“, mitten im Prenzlauer Berg an der Kastanienallee gelegen, wollen Castorfs Mannen eine Mischung aus Varieté und Experimentierbühne etablieren: Entertainment auf der Höhe der Zeit. 13·12 tip sondern die ganze Stadt verändert. Das Brandenburger Tor ist auf, die Linden sind die Straße, auf der man flaniert, und die Mauer ist nur noch eine Fußnote der Geschichte. Und alle bleiben dabei normal, sind freundlich wie nie. Christo und JeanneClaude haben ein Kunststück fertiggebracht. Am Tag, als alle über die Zahl 75.000 sprachen Liebe Hertha, zugegeben, wir haben dir immer wieder die rote Karte gezeigt – Jahr für Jahr, Saison für Saison. Wer interessierte sich schon für dich? Kein Schwein, höchstens ein paar verlorene Froschseelen im riesigen Olympiastadion. Du hast es uns auch nicht leicht gemacht: Skandale über Skandale, Dummheiten über Dummheiten, Grabenkämpfe noch und nöcher. Fußball fand nur nebenbei statt. Doch plötzlich ist alles ganz anders. Du hast eine zurechnungsfähige Geschäftsführung, einen erstklassigen Trainer und eine sympathische Mannschaft. Am Tag nach dem Spiel gegen Kaiserslautern machte eine Zahl in der Stadt die Runde: 75.000. Ob beim Bäcker oder Blumenhändler, in der U-Bahn oder am Tresen. Alle sprachen diese Zahl fast ehrfürchtig aus und bekamen dabei leuchtende Augen. Wir natürlich auch. Ist doch klar. SKUNK ANANSIE Fr. 16.11. 21:00 Columbiahalle RADIO EINS & Musikexpress präsentieren: FLORENCE & THE MACHINE Sa. 01.12. 20:00 Arena Infos unter www.mct-agentur.com Online Tickets unter www.tickets.de Ticket Hotline: 030 - 6110 1313 takt los Salsa, Walzer oder Swing – taktlos tanzt zu jedem Takt mittwoch ab 20:30 Tanzparty Tanzschule taktlos Urbanstr. 21 Berlin-Kreuzberg Fon 693.58.35 www.taktlos.de »Fußball fand bei dir nur nebenbei statt. Doch plötzlich ist alles ganz anders« 75.000. Eine so schöne Zahl kriegen die Bayern in ihrem Olympiastadion ihren Lebtag nicht zustande. Nie mehr zweite Liga! Und vor allem: immer wieder ins Olympiastadion! 40 Jahre tip 31 40 Jahre Tip • Die 90er Jahre 1994 • Dezember • tip 26 1996 • Mai • tip 10 Clubszene Mitte Karneval der Kulturen Gut für Mitte: Die Bonner bleiben lieber zu Hause. Der Club-Wildwuchs kann ungestört weitergehen Für die Clubszene im Stadtbezirk Mitte sah es noch vor ein oder zwei Jahren eher schlecht aus, schwebte doch über jeder kleinen Spelunke die Vision eines topsanierten Bürokomplexes mit Erlebnisgastronomie, wenn nicht sogar hauptstädtische Raumordnung. Doch das Ausbleiben der Bonner Ministerialkolonnen führt jetzt wieder zum Wachstum der subkulturellen Mauerblümchen. Es vergeht kein Monat, in dem nicht irgendwo ein neuer Laden die Berliner Nachtschattengewächse bereichert. Aber das Clubbing hat in Mitte einen anderen Charakter als sonst in Berlin. Clubtouren müssen nicht von MTV erschaffen werden, sie finden jedes Wochenende statt. Hier ist mehr Raum zum Experimentieren, denn genau das, was andere urbane Bereiche eher behindert und abschreckt, bildet den Nährboden für die WMFs, Toasters, Delicious Doughnuts, Moskaus, E-Werke, Tresore, Bunker, ExKreuz-Clubs, Lime-Clubs und Friseure. Es gibt kaum jemanden, der die genaue Anzahl von Örtlichkeiten aufzuzählen vermag, die in Mitte einen festen Platz gefunden haben. Das Ausblieben der hauptstädtischen Flugbegradigung hat die notwendige Intimität geschaffen, die im Westteil der Stadt für die Clubszene immer hart erkämpft werden musste. Dazu kommt noch, dass es dort auch immer schwerer wird, sich zu platzieren. Seitdem selbst die Gegend um das Schlesische Tor den Charme Charlottenburger Prunk immobilien versprüht, gibt es offenbar für die Clubszene kein Halten mehr. Das fällt umso leichter, da in Mitte „ja sowieso schon alle herumhängen“. Der Karneval tanzt zum ersten Mal durch Kreuzberg Der „Karneval der Kulturen“ geht in die Arena und feiert mit einem Straßenumzug. Eigentlich ist es ja schade, dass keiner rufen wird: „Kamellekes, de Prinz kütt.“ Aber dafür ist dieses neu ins Leben gerufene Fest weniger vom Lokalkolorit, dafür umso mehr international geprägt. All die Kulturen, die in Berlin zu Hause sind, seien sie nun afrikanisch, südamerikanisch oder auch türkisch geprägt, haben den Deutschen ein Rhythmusgefühl beigebracht. Die Selbstdarstellung der Kulturen, deren Spektrum von traditioneller Musik bis zu EthnoPop, von Jungle bis Soul, von Walzer bis zur Samba reicht, dürfte schon am Vorabend des Himmelfahrtstages auf der Party in der Arena reichen, um das tanzwütige Publikum in Laune zu bringen. An dem Erfolg der Parade vom Hermannplatz zum Mariannenplatz, mit 30 Sattelschleppern und 2000 Akteuren, dürfte kaum ein Zweifel bestehen, schließlich haben die Erfahrungen mit der „Love Parade“ gezeigt, dass das Potenzial der Amüsierwilligen unerschöpflich ist. 1998 • Mai • tip 12 George Tabori Ein Interview mit der Theaterlegende zum 84. Geburtstag 32 40 Jahre tip Ja, aber ich sehe hier genug und ich höre genug. „Der nackte Michelangelo“ ist ein Stück mit wenig Text. Sehr schöne Songs. Nach Gedichten von Michelangelo. Sehr, sehr schöne Songs von Schostakowitsch, die er geschrieben hat, bevor er starb. Spielte der Stalinismus eine Rolle in diesem Werk? Wer? Der Stalinismus. Nein. Foto: David Baltzer / Zenit George Tabori, wie geht es Ihnen? Sie haben gerade Ihren 84. Geburtstag gefeiert. TABORI Ich sehe und ich höre fast nichts mehr. Wie kann man Regie führen, ohne etwas zu sehen und zu hören? Sagen Sie das bitte noch mal … Es ist doch sicher ein Problem, Regie zu führen, wenn man nicht mehr viel hören und sehen kann … tip 13·12 Die 90er Jahre • 40 Jahre Tip 1998 • April • tip 9 Modern Talking Oh doch, sie sind wieder da! Und größer als Gott Dieter Bohlen und Thomas Anders sind als Modern Talking vereint zurück. Und tip-Autor Knud Kohr erklärt uns, warum man davon auch begeistert sein kann. Das Comeback von Modern Talking nimmt Ausmaße an, von denen die Protagonisten selbst überrascht sein dürften. Dass sie eine Menge CDs verkaufen werden – das Album stieg von null auf eins in die deutschen Charts ein, das Remix-Album „Back For Good“ hatte 200.000 Vorbestellungen – damit war zu rechnen. Schließlich setzte die Band von 1984 bis ’87 weltweit über 60 Millionen Platten ab. Wirklich verwunderlich aber ist, wie triumphal die Rückkehr der peinlichen Zwei vonstatten geht: Während ihres ersten Auftritts bei „Wetten, dass …?“ waren über 17 Millionen Fernsehzuschauer dabei. Nahezu jedes seriöse Feuilleton berichtete über sie. Mädchen, die beim Split des Duos gerade erst ihre Milchzähne bekamen, drängeln sich nun vor ihren Hotels. Auch ich mache da übrigens keine Ausnahme: Ich fuhr an einem Tag die 600 Kilometer von Berlin nach Frankfurt am Main und zurück, um ihrer Pressekonferenz beizuwohnen. Für die Rolling Stones täte ich das nicht. Und nicht für Gott persönlich. Wir gratulieren herzlich zum Jubiläum und freuen uns auf eine weiterhin erfolgreiche Zusammenarbeit! LEXTON Rechtsanwälte | Kurfürstendamm 220 | 10719 Berlin Telefon: (030) 88 66 88 6-0 | Fax: (030) 88 66 88 6-60 www.lexton.de 1999 • November • tip 25 Mein Berlin LAS VEGAS IN BERLIN Wladimir Kaminer über das insektenarme Berlin Auf mich wirkt Berlin wie ein Kurort. In erster Linie wegen des milden Wetters. Im Sommer ist es selten heiß, im Winter nie richtig kalt. Und es gibt ganz wenig Mücken, hier im Prenzlauer Berg eigentlich gar keine. In New York gefährden die Moskitos den Straßenverkehr, sie übertragen Krankheiten und sorgen dort ständig für Epidemien. In Moskau ist die Mückenproblematik auch aktuell. Überall auf der Welt gibt es Mücken. Nur hier nicht. Das ist selbstverständlich nicht der einzige Grund, warum mir Berlin so gefällt. Die Menschen finde ich auch cool. Die meisten Bewohner der Hauptstadt sind ruhig, gelassen und nachdenklich. Wenn man überlegt, was so alles passiert ist in den letzten Jahren, der Mauerfall, die Wie13·12 tip dervereinigung, die Schließung des Kasinos im Europa-Center … Trotzdem drehen nur wenige durch. Die Berliner tun stets, was sie für richtig halten, und haben am Leben Spaß. »Trotz Mauerfall und Kasino-Ende drehen nur wenige durch« In Moskau dagegen, als die Tagesschau einmal 20 Minuten später gesendet wurde, kam es zu einer Serie von Selbstmorden, und viele flohen aus der Stadt, weil sie dachten, die Welt geht unter. Laut Statistik haben in Russland nur 17,8 Prozent der Bevölkerung an ihrem Leben Spaß. Zu viele Mücken wahrscheinlich. Deswegen ziehe ich Berlin vor. TICKETS: 6831 6831 AB AB 20 20 EURO EURO · · MI MI -- SA SA 20.30, 20.30, SO SO 17.00 17.00 UHR UHR ESTREL ESTREL BERLIN BERLIN · · STARS-IN-CONCERT.DE STARS-IN-CONCERT.DE 40 Jahre tip 33 40 Jahre Tip • Die 90er Jahre 1999 • April • tip 8 Deutscher Filmpreis Sektglashumanist Michael Naumann lädt zum Nomination-Event minierungen reden. Mit dem neudeutschen Filmtitel „The Marriage of Eva Braun“ hat unser Staatsminister für kulturelle Angelegenheiten bereits auf den Filmfestspielen den richtigen Impuls gegeben. Der Adlon-Abend der Filmpreisnominierungen war Event qua seiner Präsenz, ein NaumannEvent eben, mit der Mischung aus platonischem Staatsphilosophentum und Bad Godesberger Wir-sind-wieder-wer. Naumann, der immer ein wenig den Sektglashumanisten gibt, wenn er ganz nietzscheanisch vom „Kunstwillen“ des deutschen Films spricht, Naumann, der zart den Zeitgeist geißelt und nach einem kleinen spontanen Aperçu stolz wie Oskar bemerkt: „Das stand nicht im Manuskript.“ Michael Naumann ohne Hummerhäppchen, dafür mit Lola-Statue Foto: Svea Pietschmann / tip Am 17. Juni wird der letzte deutsche Filmpreis dieses Jahrhunderts verliehen. Da kann man die Nominierungen nicht einfach nur vermelden. Michael Naumann lud zum Nomination-Event ins Adlon Hotel. Was macht den Event zum Event? Und was unterscheidet den Nomination-Event zum deutschen Filmpreis von den dpa-Meldungen der letzten Jahre? Vielleicht die typischen Event-Insignien: windschnittige Empfangsdamen, Corporate Design, neurotische EntertainmentEinlagen und die Hummerhäppchen von der Hypo-Bank. Nomination, natürlich, wo wir doch sowieso schon keine Ortsgespräche, sondern Citycalls führen, aber komischerweise immer noch altmodisch von Oscar-No- Echt mittendrin. Echt unterwegs. Echt schon 40? Der Berliner Kurier gratuliert dem jüngsten 40-Jährigen der Hauptstadt zu mehr als 1000 Ausgaben tip. 34 40 Jahre tip Der von hier tip 13·12 Die 90er Jahre • 40 Jahre Tip 1999 • Dezember • tip 26 Schaubühne am Lehniner Platz Neue Bewirtschaftung: Sasha Waltz und Thomas Ostermeier übernehmen die berühmteste Bühne Deutschlands Einerseits ist es ein ganz normaler Intendantenwechsel, neue Leute übernehmen ein großes Theater. Andererseits ist es ein Einschnitt, der wie kein anderer in den letzten Jahren einen Generationswechsel markiert: Thomas Ostermeier (Ex-DT-Baracke) und die Choreografin Sasha Waltz (Ex-Sophiensäle) übernehmen gemeinsam die seit der Stein-Zeit berühmteste Bühne Deutschlands. Ostermeiers Theater lässt sich in Stoffwahl und theatralischen Mitteln radikal auf die Gegenwart ein – dem schicken Stil der alten Schaubühne setzt er neue Stücke entgegen, die von einer heruntergekommenen, kaputten, verfallenden Gesellschaft erzählen. Sasha Waltz hat mit ihren Tanztheaterstücken („Al- lee der Kosmonauten“) dem Tanz ein neues, jugendliches Publikum erschlossen und mit ihren komisch melancholischen Stücken absurde, traurige, temporeiche Geschichten erzählt. Mit dem Neubeginn an der Schaubühne übernehmen zum ersten Mal ein Regisseur und eine Choreografin gemeinsam ein Theater. Einen Bruch mit schlechten Konventionen des Kulturbetriebs markiert die neue Schaubühne durch Mitbestimmung des Ensembles und finanzielle Selbstbeschränkung der Künstler. 222005 verließ Sasha Waltz die Schaubühne. Thomas Ostermeier gehört weiterhin zur künstlerischen Leitung der Schaubühne. Haben Sie schon die App vom Tip gesehen? Wir produzieren auch Ihre App oder Ihren Online-Auftritt. Raufeld Medien GmbH, Paul-Lincke-Ufer 42/43, 10999 Berlin Tel. 030/695 665 0, www.raufeld.de 13·12 tip 40 Jahre tip 35 40 Jahre Tip • Die 2000er Jahre zweitausender Die peinlichsten Berliner, Generation Wodka, Hebbel am Ufer, Göttinnen der Volksbühne, Neukölln, Baader Meinhof Komplex, Neues Museum, Bonaparte, Lars von Trier, Schlingensief 2001 • Dezember • tip 24 2000 • Januar • tip 1 Cookie Die Peinlichen Ein Mann und seine Bars Zum Millenniumbeginn kürte der tip das erste Mal die 100 peinlichsten Berliner In einer wüsten Kellerbar hat alles angefangen. Hier sind wir versunken, nachts, wie in einem Traum, mit hart gemixten Cocktails für fünf Mark. Wir haben die Winternächte im Keller geliebt, berauscht und glücklich, dass es einen Ort wie diesen gab: die erste Cookies Bar, Auguststraße, Berlin-Mitte, 1994. Cookie, alias Heinz, betreibt seit sechs Jahren die Cookies Bar. Er war blutjung, als er 1992 von London nach Berlin ging. „Ich wollte in Berlin leben und Spaß haben“, sagt der 26-Jährige. Inzwischen hat sich ein Traum für ihn erfüllt, den er gar nicht hatte. Innerhalb von sechs Jahren hat er die Kellerbar zum kommerziellen Club etabliert, ist Mitinhaber der Greenwich Bar und Besitzer des Café Bravo geworden. Die Zeiten haben sich geändert, mit ihnen Cookie und sein Publikum. „Ich bin ein Mitte-Boy, und das find ich gut“, sagt der unnahbare Cookie. „Berlin-Mitte hat sich sehr verändert. Und ich bin froh darüber. Gäbe es keine Veränderung, wären wir noch beim klassischen Haustanz.“ 36 40 Jahre tip Miss Sexyland Sie war jung und brauchte das Geld. So wurde Marion S. für 500 Mark zum bekanntesten Busen Berlins Marion S. ist von Natur aus eher schüchtern. Verhandeln war noch nie ihre starke Seite. Und außerdem: Woher sollte sie ahnen, was aus diesem Bild einmal werden würde? 500 Mark klang gut, Anfang der 80er. Und stolz war sie natürlich auch ein wenig, sagt sie heute. Vorher hatte eine Farbige für Big Sexyland geworben und davor eine Brünette und vor der Brünetten noch eine andere. Nach Marion kam gar keine Frau mehr, ganze 18 Jahre lang, bis heute. Und so ist sie die „Miss Sexyland“ von Berlin geworden, erst im Westen und dann – nach dem Fall der Mauer – auch im Osten. Irgendwann, vielleicht Mitte der 90er, hat sich das Bild von seinem ursprünglichen Inhalt gelöst, hat sich befreit von den sexuellen Konnotationen und Anspielungen, wurde zu etwas anderem, zum Markenzeichen des alten Berlin, zum verbliche- nen Logo einer Stadt, die unter Tonnen von Betonplatten, Baukränen und Partner-für-BerlinBroschüren begraben wurde. Wer heute das Plakat sieht, denkt an David Bowie und das Sound, an den Dschungel und Christiane F., an Peepshow-Baracken zwischen Ku’damm und Kant-Dreieck. Wenn Marion ihr eigenes Bild sieht, denkt sie immer nur, wie blöd sie war – damals, als sie den Fetzen Papier unterschrieb, der sie für 500 Mark zum Lockvogel für einen Sexbetrieb machte, zur Masturbationsvorlage im öffentlichen Raum. Mehrmals hat sie versucht, das Plakat zu beseitigen, hat mit den Sexyland-Betreibern gesprochen, hat Anwälte eingeschaltet, irgendwann resigniert. Das war Mitte der 80er und für Marion S. Zeit, einen Schlussstrich zu ziehen. Schlussstrich unter ein Leben, das ihr nur wenig Geld und viele falsche Freunde einbrachte. Platz Nr. 1: Dr. Motte Magier für Millionen möchte er sein, doch in Wahrheit ist er kaum mehr als ein Pausenclown für Provinzraver: Motte alias Matthias Roeingh, „größter Partyveranstalter aller Zeiten“. Mit dümmlichen Mottos („Music is the Key“) und noch dümmlicheren Teilnehmern (Junge Union) hat er aus der Love Parade eine pubertäre Trallala-Veranstaltung für Sparkassen-Azubis und Marken-Junkies gemacht. Will man ihm sein Riesenspielzeug wegnehmen, stampft er mit den Füßen und droht mit Liebesentzug. Für seine anhaltenden Verdienste um den schlechten Geschmack bekam er im letzten Jahr den Bambi verliehen. Das qualifiziert ihn für einen Spitzenplatz in unserer Liste. Ab in die Kiste, Motte! tip 13·12 Foto: Harry Schnitger / tip (links) 2001 • Januar • tip 2 Die 2000er Jahre • 40 Jahre Tip 2001 • September • tip 20 Bastarde Qpferdachs Editorial nach dem 11. September 2001 „Bastarde“ – so titelte in der vergangenen Woche unmittelbar nach dem Anschlag die New Yorker „Village Voice“. Bastarde sind Menschen, die Dinge tun, die man unter keinen Umständen tut. Bastarde sind die Terroristen, die das La Belle in die Luft sprengten und in diesen Tagen nach 15 Jahren ihr Urteil erwarten. Der Bombe damals bin ich als regelmäßiger Besucher dieser Disco nur knapp entgangen, weil ich nicht dort war, sondern zufällig an dem Wochenende in Westdeutschland weilte. Ich kenne die Wut und den Hass, die so ein Anschlag erzeugt. Und trotzdem war es damals wie heute klar, dass man sich so etwas nicht gefallen lassen kann. Die Auftraggeber für den Massenmord zu finden und vor ein Gericht zu stellen, wird unvergleichlich schwieriger, doch nicht unmöglich. Unsere westliche Lebensart aber werden die Islamisten nicht aushebeln. Und wenn sich das Koordinatensystem unserer Wahrnehmung tatsächlich verschoben hat, betrifft es sicher nur die Relation von wichtig und unwichtig. Die Bastarde aber, die meinen, sie könnten sich in Gottes Namen zu Herren über Leben und Tod machen, sie soll der Teufel holen, wenn es ihn denn geben sollte. 2002 • Februar • tip 5 Kosslicks Einstand Fettnäpfe ohne Ende: Dieter Kosslicks erste Berlinale Lieber Dieter Kosslick, Zugegeben, Ihr Deutsch ist besser als das von Moritz de Hadeln, doch damit hat es sich denn auch. Mit dem seismografischen Gespür eines Minensuchgeräts orteten Sie jeden Fettnapf im Umkreis von zehn Meilen zum Berlinale-Palast, outeten sich auf der Verleihung des Teddy im Tempodrom als Nicht-Gay, klampften im Kant-Kino zur musikalischen Todesstrafe BAP oder ließen sich auf dem Marle13·12 tip ne-Dietrich-Platz im Bademantel ablichten. Jeder einzelne Fauxpas hätte anderen Festspieldirektoren längst den Ruf ruiniert, doch Sie leben damit gänzlich ungeniert. So spontan wird keine Berlinale mehr sein. Und so viel Stimmung wird der Stadt in den nächsten Monaten fehlen. Vielleicht auch ein Signal an den Senat: Don’t worry! Be peinlich! Wowereit, übernehmen Sie. Stapelliege von R. Heide HAPP BIRTHDY AY TIP! Nicht quadratisch, aber praktisch und gut. Entdecken Sie die Welt der intelligenten Massivholzmöbel. Kantstr.17/ Ecke Uhlandstr. im · 10623 Berlin Telefon: 030 - 315 15 460 Internet: www.trollhus.de 40 Jahre tip 37 40 Jahre Tip • Die 2000er Jahre 2002 • April • tip 8 2004 • Januar • tip 2 Kaminers Kaffee Burger Hebbel am Ufer Was kann schon toll sein, ein paar Russen beim Feiern zuzuschauen? Eine ganze Menge. Zu den Polka-Partys im Burger oder im Mudd Club kommen vor allem Deutsche. Ab 23 Uhr ist das Kaffee Burger, wo die Veranstaltung zweiwöchentlich samstags stattfindet, voll. Vor dem Eingang bilden sich lange Schlangen. Aber nur jeder fünfte Gast sei tatsächlich ein Russe. „Meine Frau überprüft die Quote regelmäßig, indem sie an der Kasse sitzt und jeden Besucher auf Russisch anspricht“, erzählt Wladimir Kaminer. Er lacht. „Sie hat damit nicht viel Erfolg. An einem Abend konnten sogar nur vier Leute auf ihre Fragen richtig antworten.“ Kaminer denkt nach, sagt, er wisse nicht, weshalb fast nur Deutsche kommen. Er wendet sich wieder seinem Turntable zu und sucht die nächsten Platten aus. Ska, Punk und Independent-Rock. »Wenn die MoskauTussis tanzen, fliegt der Goldschmuck« Viele Deutsche kommen nur deshalb, weil er der DJ ist: Wladimir Kaminer ist hierzulande der beliebteste Russe seit Gorbatschow. Mit seinen Erzählungen über die Berliner Russen erreicht der 34-Jährige eine immer größer werdende Anhängerschaft. Auch im Burger ist er der Star: Auf dem Podest an der Tanzfläche stehen immer ein paar Russinnen direkt in seiner Nähe. Doch Kaminer, ein Familienvater mit gemütlicher Ausstrahlung, beachtet sie kaum. Mehr als in allen anderen Szeneläden aber erfüllen die BurgerRussinnen auch hier das Klischee: Sie sind stark geschminkt, die Haare tragen sie vorn mit kurzem Pony, an den Seiten wallend und hoch toupiert. Wenn sie tanzen, fliegt der Goldschmuck: Moskau-Tussis. 38 40 Jahre tip Matthias Lilienthals ausschweifendes HAU-rein-Theater Seit dem Neubeginn unter Matthias Lilienthal vor zwei Monaten hat sich das Hebbel-Theater in ein Versuchslabor verwandelt: Das Hebbel am Ufer, kurz HAU, testet die Grenzen des Theaters aus – und sorgt für spannende Kollisionen zwischen Kunst und Wirklichkeit. Das Jahr hat gut angefangen für Matthias Lilienthal, den Mann, der seit November an den drei HAU-Bühnen das Theater neu erfindet. Auf der Silvesterparty im HAU2, dem früheren Theater am Halleschen Ufer, tobte eine „Porno-Karaoke“, bei der Performer live für den passenden Soundtrack zu Filmen der Sparten Blümchensex, Oswald Kolle und Hardcore sorgten. Kein Wunder, dass die HAU-Partys inzwischen auch bei Leuten, die nie freiwillig ins Theater gehen würden, Kultstatus genießen. Ein paar Stunden später, morgens um kurz nach sieben am ersten Tag des neuen Jahres, hängt Lilienthal nicht wie jeder normale Mensch verkatert im Bett, sondern im Flugzeug nach New York, er will einige Regisseure treffen, mit denen das HAU zusammenarbeitet. Der Mann schont sich nicht. Allein in den ersten beiden Monaten fanden auf den drei HAUBühnen gut 70 Premieren statt, dazu noch Minifestivals, HipHopKonzerte, ein Themenwochenende zur Wirtschaftskrise in Argentinien, Besuche streiken- der Studenten, Diskussionen mit Diedrich Diederichsen und Guillaume Paoli, dem Philosophen der Glücklichen Arbeitslosen, und jede Menge ausschweifende Partys. Ein gewisser Overkill scheint zum Stil des Hauses zu gehören. Das Prinzip Überforderung funktioniert. Das HAU hat in wenigen Wochen eine enorme Ausstrahlungskraft entwickelt. Die Werbeplakate mit den lädierten Boxern sind in Kreuzberg, Mitte und Schöneberg kaum zu übersehen, auch Theater-Ignoranten haben von dem neuen Theater zumindest mitgekriegt, dass es irgendwie hip ist, und im Zuschauerraum tauchen immer öfter lauter junge Gesichter auf. Sieht so aus, als hätte das HAU in Rekordzeit ein neues Publikum gefunden. 2006 • Februar • tip 3 Arctic Monkeys Ein waschechtes Punkalbum und das nächste große Ding „I Predict A Riot“ – mit diesem Schlachtruf mischten die Kaiser Chiefs aus Leeds vor einem Jahr die Szene auf. Doch der wahre Krawall findet woanders statt. Vier Jungs um den 19-jährigen Sänger Alex Turner ist das gelungen, was andere Bands in den letzten Jahren versprachen, aber nie ganz einlösten: ein waschechtes Punkalbum. „Never mind the bollocks, here’s the Arctic Monkeys!“ Doch der Hype ist berechtigt. Die klasse Kracher auf „Whatever People Say I Am, That’s What I’m Not“ werden diese Band zum großen Ding machen. tip 13·12 Foto: Thomas Aurin Party bis zum Abwinken mit Polka, Punk und Ska Die 2000er Jahre • 40 Jahre Tip 2004 • August • tip 18 Unsere Göttinnen Die Schauspielerinnen der Volksbühne sind scharf und gefährlich wie Rasiermesser. Eine Begeisterung Bald ist es so weit: Die Sommerpause ist vorbei, die Spielzeit beginnt. Und wenn es endlich wieder in die Volksbühne geht, dürfen wir ihnen wieder begegnen, den Dostojewski-Nihilisten, Koks-Gräfinnen und Hysterikern der New Economy, all den Exzesskünstlern aus Frank Castorfs und René Polleschs Theaternächten. Lauter Heroen der Schauspielkunst. Und vor allem: lauter unglaubliche Schauspielerinnen. Nirgends sind Frauen auf der Bühne so sexy und so unkalkulierbar, nirgends werden Radikalfeminismus, der offene Sexismus des Intendanten und die Lust am großen männermordenden Auftritt so rasant kurzgeschlossen. Die Volksbühne, das bedeutet Astrid Meyerfeldts heisere Tobsuchtsanfälle. Susanne Düllmanns fein nuanciertes Parlando. Jeanette Spassovas unterkühlte Melancholie. Kathrin Angerers wimpernklimpernder Lolita-Sex. Die hysterische Intelligenz und damenhafte Grandezza von Sophie Rois. Lauter Ex–tremisten. Ein Darstellerkollektiv, wie es seit Fassbinders Tagen keines in Deutschland mehr gegeben hat. Und ein Ensemble aus lauter Stars, wie sie lange kein Theater hervorgebracht hat. 2006 • Oktober • tip 21 Helge Schneider Helge Schneider übers Sterben und sein Eduscho-Studium SCHNEIDER Das Interview ist doch für den Film „Das kleine Arschloch und der alte Sack – Sterben ist schön“, oder? „Sterben ist scheiße.“ Sterben ist scheiße? Ach ja, ist ja scheiße. Obwohl im Film das Sterben letztlich doch ganz schön ist. Ich habe den Film ja noch nicht ganz gesehen. Nimmst du schon auf? Ja. Ich habe gelesen, dass Sie als junger Mann in Ihrer Freizeit ein Eduscho-Studium betrieben haben – also alte Männer in Stehcafés beobachten. Haben Sie für 13·12 tip die Synchronisation des alten Sacks noch auf diese Erfahrungen zurückgegriffen? Der alte Sack ist ja jetzt schon in einem Stadium, wo er alle Facetten des Menschseins durchgemacht hat. Da kommt dann das Sich-Ergeben-im-Leben, das einfache Dasein, und in meiner Synchronstimme ist das alles erhalten. Ich versetze mich dann in diese Figur und bin das dann. Da habe ich bei den alten Opas im Eduscho einiges gelernt. Vielen Dank für das Gespräch. Was war das jetzt? „taz“? Nein, tip. 40 Jahre tip 39 40 Jahre Tip • Die 2000er Jahre 2006 • April • tip 9 2007 • April • tip 9 Die Berliner Ein überfälliges Loblied Nord-Neukölln Nach dem Rütli-Skandal und vor der Gentrifizierung: In Neukölln lebt die berühmte Berliner Mischung Nord-Neukölln gilt seit dem Rütli-Skandal als die Berliner Bronx. Das ist Unsinn, denn die robuste Berliner Mischung aus Bürgerlichen und Freaks, Kreativen und Migranten verhält sich gegen alle Einheitsprinzipien extrem resistent, auch gegen das Ghetto-Label. Wenn ich aus meinem Wohnzimmerfenster schaue, sehe ich auf den Hof der Rütli-Schule. Seit die ersten Meldungen vom Hilferuf der Rütli-Lehrer kamen und sich die Pressemeute vor dem Schultor sammelte, lebe ich laut „Spiegel“ in der deutschen Bronx. Manche sprechen gar von Slum. Doch wenn ich vor die Haustür trete, stolpere ich über die Auslagen eines Bio-Ladens, der Trödler an der Ecke winkt, und die Glocken der St. Christophorus-Kirche läuten. Der Kiez hat es schwer, seinem GhettoImage gerecht zu werden, denn seine neuen Seiten werden immer sichtbarer. Die Veränderung kommt mit leuchtenden Schaufenstern n a ch N o rd - N e u kö l l n , d a s manchmal ganz schön dunkel ist, weil so viele Geschäfte leer stehen. In einem ehemaligen Döner-Laden jedoch lehnen seit 40 40 Jahre tip Kurzem großformatige Bilder an den Wänden. Der Ausländeranteil im ReuterKiez liegt bei 30 Prozent, und damit weit über dem Neuköllner Durchschnitt. Doch gerade deswegen ist die Gegend heiß begehrt, vor allem bei jungen Leuten und solchen, die Wert auf die berühmte Berliner Mischung legen – Bürgerliche und Proleten, Kreative und Migranten, Spießer und Freaks, alle auf einem mehr oder minder harmonischen Haufen. Prächtige Gründerzeitbauten prägen das Straßenbild. Die Wohnungen sind toll, aber oft unsaniert, und so bleiben die Mieten billig. Vor Kurzem hat das Café Ringo »Der Kiez hat es schwer, seinem Ghetto-Image gerecht zu werden« in der Sanderstraße eröffnet und ist schon ein Magnet. Betreiberin Christina Hohmann, deren Teilhaber auch das Café Mathilda in der Kreuzberger Graefestraße gehört, schätzt das ruppige Flair in Neukölln. Dem Berliner wird, und daran ist er möglicherweise nicht ganz unschuldig, eine recht grobschlächtige Beurteilung zuteil. Unfreundlich soll er sein, ruppig und ausgestattet mit großer Schnauze. Mag alles stimmen, greift aber viel zu kurz. Daher folgt hier ein Loblied. Zunächst mal ist gar nicht einzusehen, was so unfreundlich da ran ist, wenn jemand einen Großteil der Stadt von Zugezogenen besiedeln lässt – ja, ihnen ganze Stadtteile überlässt, ohne zu mucken. Der Berliner erzeugt keinen Assimilationsdruck auf die neuen Bürger. Er lässt sie in ihren Ghettos wursteln, er zeigt jedem eine Ecke, in der er sich einrichten kann, und schreit nicht ständig nach Anpassung wie die Schwaben, die schon schief gucken, wenn der Bürgersteig schlecht gefegt ist. »Der Berliner schreit nicht ständig nach Anpassung« Er ist tolerant. Man kann mit Krawatte in eine Kreuzberger Kneipe gehen oder mit kurzen Hosen ins Borchardt, ohne dass es jemanden juckt. Der Berliner hat einen großen Langmut. Mit besonders nervigen Neu-Berlinern geht er nach dem Motto um: nicht mal ignorieren. Überhaupt ist der Berliner nicht vordergründig freundlich, nur weil das nach außen besser wirkt. Seine Schroffheit ist Ehrlichkeit auch Fremden gegenüber, die er immer wissen lässt, woran sie sind. Er kennt keine Klassenunterschiede – jeder kann sein Freund werden, das hat er z.B. den Hamburgern voraus. Auch den Unfug überlässt er den Auswärtigen: Das Stadtschloss will ein Baumarktbesitzer aus Norddeutschland wieder errichten, und den rbb, einen der schlechtesten Sender der ARD, führt eine Frau aus Heidelberg. Im Grunde genommen ist und bleibt er der einzige Weltbürger der Stadt. tip 13·12 Die 2000er Jahre • 40 Jahre Tip 2008 • September • tip 21 RAF im Kino Der Ballerfilm „Baader Meinhof Komplex“ versetzt die Nation in ein schweres Trauma. Viele müssen jetzt reden Die RAF ist immer noch in der Lage, Schaden anzurichten. Eines der prominentesten Opfer im aktuellen deutschen Herbst ist Frank Schirrmacher. Nach Sichtung des RAF-Films veröffentlichte der „FAZ“-Herausgeber einen Text, der zwischen Größenwahn und Heulsusigkeit pendelte. Schirrmacher betrachtete den Film nämlich als „eine Befreiung von der Erziehungsdiktatur“, und man würde schon gerne wissen, welche Erziehungsdiktatur gemeint ist und was sie unterrichtet. Aber Schirrmacher redet in Zungen. Überhaupt entwickelte sich in den Tagen vor dem Kinostart eine anschwellende Gespensterdebatte. Reihum fuhren viele Medien Augenzeugen, Betroffene und Leibhaftige auf. Der ExBundesjustizminister Hans-Jochen Vogel talkte bei „Anne Will“, der Ex-Innenminister Gerhart Baum schrieb für die „Zeit“, der Ex-Terrorist Peter-Jürgen Boock parlierte mit dem Deutschlandfunk. Es war wie ein riesiges Ehemaligentreffen. „Der Baader Meinhof Komplex“ ist da lange kein Film mehr, sondern eine öffentliche Gruppentherapie mit Millionen von Teilnehmern. Halb Deutschland ist im RAF-Trauma, Schirrmacher nur einer von vielen. Kleines Jubiläum gratuliert großem Jubiläum 10 Jahre Anzeigenvermarktung für den tip und mehr als 50 weitere regionale Magazine in ganz Deutschland papaya thai cuisine am boxhagener papaya noodles & soups 2008 • September • tip 21 10245 berlin-friedrichshain krossener straße 11 & 15 tel.: +49 30 - 29 77 12 31 tel.: +49 30 - 21 23 88 48 papaya thai cuisine am kleistpark 10827 berlin-schöneberg hauptstraße 159 tel.: +49 30 - 81 49 42 54 papaya am winterfeldtplatz 10781 berlin-schöneberg winterfeldtstraße 42 tel.: +49 30 - 61 29 00 12 büro tel.: fax: catering: +49 30 - 29 35 17 92 +49 30 - 29 35 19 85 +49 30 - 29 35 18 40 e-mail: [email protected] Bonaparte Foto: Harry Schnitger / tip Ein kleines Wunder: kritische Musik zum Glücklichsein Durchatmen, hinsetzen. Noch mal drüber nachdenken. Nein, wirklich, Bonaparte sind das nächste große Ding. Das, worauf die Welt gewartet hat. Kritische Musik zum Glücklichsein. Anspruch und Party. Nicht brav, nicht doof, nicht hässlich. Dabei macht die „Hedonist Army“ – wie sie sich auch bezeichnen – nicht unbedingt neue Musik, nur bringen sie sie 13·12 tip verdammt glaubwürdig rüber. In Berlin, Europa oder Neuseeland hat Bonaparte seine Zirkustruppe überzeugend präsentiert. Wo sie waren, stand hinterher eine verschwitzte und weich gerockte Menge mit Zeilen im Ohr wie „You know Tolstoi, I know Playboy. You know too much too much too much!“, immer noch freudig auf und ab springend. AUS DEN SAMMLUNGEN DES DEUTSCHEN HISTORISCHEN MUSEUMS 7. JUNI BIS 25. NOVEMBER 2012 25 2012 1987 I L B C M K H G J N E D DEUTSCHES HISTORISCHES MUSEUM UNTER DEN LINDEN 2 | BERLIN TÄGLICH 1018 UHR WWW.DHM.DE 40 Jahre tip 41 40 Jahre Tip • Die 2000er Jahre 2010 • Juni • tip 13 2009 • September • tip 21 Neue Mitte Wird die King Size Bar zum Partykeller der Berliner Republik? Shalom, Berlin! Berlin wird zum Magneten für junge Israelis Junge Israelis erobern das Berliner Nachtleben. Sie eröffnen Clubs in alten Lagerhallen, veranstalten Disco-Nächte in Kellergewölben und legen Platten von Grandmaster Flash und Dschingis Khan auf. Ihre Herkunft ist dabei zwar stets präsent, spielt aber oft nur eine untergeordnete Rolle. „Ganz ehrlich“, sagt Natalie, als ihr Romina den Flyer zeigt. „Das Ganze ist schon ein bisschen meschugge.“ Rabbinerköpfe fliegen darauf herum, siebenarmige Leuchter und Davidsterne – und das in einer Optik, die man sonst nur von Werbezetteln für Großraumdiscos kennt. Der Flyer kündigt die schwul-jüdische „Meschugge“-Party an, die ein wilder Israeli einmal im Monat im Ackerkeller in Mitte veranstaltet. Über dem Dancefloor hängen israelische Flaggen. Aus den Lautsprechern kommen Oriental-Sounds, hebräische Schlager, Electropop und die größten Grand-Prix-Hits aller Zeiten. „‚Dschingis Khan‘ ist einer meiner absoluten Lieblingssongs“, sagt DJ Jonathan, die gleichnamige Band sei damit 1979 beim Grand Prix in Jerusalem angetreten. Auch Modern Talking gehört zu seinem Repertoire, „Maria Magdalena“ von Sandra und „Personal Jesus“ von Depeche Mode. Der Top-Hit der Party heißt „Messiah“, eine Klezmerpop-Hymne, die von der Ankunft des Erlösers handelt und 42 40 Jahre tip alle mitreißt. Etwa ein Drittel der tanzenden Menge versteht den hebräischen Text und singt: „Messiah, Oioioioioi!“ Auch Natalie und Romina sind nicht mehr zu bremsen. Hinter dem DJ hüpft Aviv Netter auf und ab, der den „Meschugge“Abend veranstaltet und heute Hasenohren trägt. Das Energiebündel aus Israel freut sich, dass die Stimmung mal wieder super ist. „Ich möchte mit meiner Party die unkoschere Seite Israels zeigen“, sagt er und erzählt, dass schon bei seiner ersten Veranstaltung vor zwei Jahren der Andrang so groß gewesen sei, dass die Polizei kommen musste, weil sich Nachbarn über das Tohuwabohu vor der Tür beschwert hatten. Als er vor vier Jahren zum ersten Mal nach Berlin kam, hat er sich gleich in die Stadt verliebt. „Kein Vergleich zum Nachtleben in New York“, sagt der 24-Jährige. Dort lebt seine Familie heute. Avivs Affinität für die deutsche Hauptstadt war für sie ein Skandal. Seine verstorbene Großmutter, die vor dem Krieg nach Palästina ausgewandert war, stammte aus einer Intellektuellenfamilie in Berlin-Mitte, die fast komplett dem Holocaust zum Opfer fiel. Für Familie Netter war Deutschland tabu. „Mein Vater hat mich für verrückt erklärt, als ich ihm sagte, dass ich nach Berlin gehen werde“, erzählt er. Meschugge eben, genau wie seine Party. King Size – der Name ist natürlich ein Witz. Ein Tresen, ein paar Barhocker, eine Wand, ein Durchgangsbereich zu den Toiletten, der sich zu vorgerückter Stunde in eine Tanzfläche verwandelt. Der Laden in der Friedrichstraße 112b ist winzig, hinter den verspiegelten Scheiben verbirgt sich kaum mehr als ein Loch in der Wand, und das ist auch der Grund, warum hier nicht jeder reinkommt. Die besten Kontakte helfen nicht weiter, wenn es drinnen so voll ist wie in der U-Bahn von Tokio zur Rush Hour. Und das war seit der Eröffnung der Bar im Mai bisher an jedem Wochenende der Fall. King Size, so heißt die neue Bar, für die sich die Grill-Royal-Betreiber Boris Radczun und Stephan Landwehr mit dem überaus umtriebigen Partyveranstalter Conny Opper zusammengetan haben. Wenn der Grill Royal das Wohnzimmer der Berliner Republik ist, hat die King Size Bar das Zeug dazu, ihr Partykeller zu werden. Auch der Hype um das King Size wird irgendwann abklingen, und dann wird eine kleine, tolle Bar übrig bleiben, in der sich wohl noch öfter solche Szenen abspielen werden wie neulich auf dem Nachhauseweg. Ein Paar stolpert aus der Bar. Er stützt sich bei ihr ab. Bleibt stehen, wankt, kramt in seinen Taschen. „Scheiße, ich hab mein ganzes Geld verloren.“ Sie: „Das hast du nicht verloren, das hast du da drin versoffen.“ Dass das Geld der beiden nicht mehr fürs Taxi reicht, ist aber nicht so schlimm. Die Straßenbahn hält direkt gegenüber. Auch nachts. tip 13·12 Die 2000er Jahre • 40 Jahre Tip 2011 • September • tip 21 H ERZ L I C H EN gLüCkwu NsCH Wir gratulieren dem TIP Verlag zum Jubiläum! 40 Lars von Trier Das Filmfestival von Cannes hat Lars von Trier wegen eines Nazi-Scherzes verbannt. Im tip-Interview spricht er nun über die Nazi-Franzosen. Scherzhaft natürlich Nein, das soll ich nicht sagen. Schneiden Sie das raus. (lacht) Das habe ich auf Band. „Die Franzosen sind die echten Nazis.“ Das ist ein gutes Zitat. Ja, das ist ein gutes Zitat. Ja, das finde ich auch. Autorisieren Sie das ganze Interview? Oh ja. Haben Sie etwas gesagt, das Sie zurücknehmen möchten? Nein, nein. Bitte. Danke. Ich bin sicher, Sie beschützen mich so gut Sie können. Druckerei H. Heenemann GmbH & Co. KG Bessemerstraße 83–91 · 12103 Berlin Telefon (030) 753 03 0 · Telefax (030) 753 03 131 [email protected] · www.heenemann-druck.de done by WE DO Sind Sie denn mit zukünftigen Filmen aus Cannes verbannt? VON TRIER Ich bin mir nicht sicher. Ich habe nichts gehört. Das Problem ist ja auch: Was, wenn ich mich plötzlich für Schuhe zu interessieren beginne? Die veranstalten ja auch andere Messen im Festivalpalais, eine Schuhmesse etwa – darf ich mich dann dort aufhalten? Niemand will jenseits des Filmfestivals freiwillig nach Cannes. Vielleicht. Aber die Theorie interessiert mich. Die Franzosen. Die Franzosen sind die echten Nazis. Fresh & French 2011 • März • tip 8 Til Schweiger Til Schweiger über die Peinlichen-Liste und gute Komödien In „Zweiohrküken“ gibt es eine Szene, in der Sie den tip ausführlich würdigen: Sie überfahren einen Kiosk, der exklusiv mit tip-Heften mit dem fiktiven Titel „Die 40 nervigsten Kritiker“ ausgestattet ist. Im Audiokommentar auf der DVD sprechen Sie über das Jahr, in dem Sie prominent die ganze Stadt geziert haben, weil wir Sie in unserer Liste der 100 peinlichsten Berliner aufgenommen hatten. Sie machen das mit viel Humor. SCHWEIGER Das hat mir auch einen wahnsinnigen Spaß ge13·12 tip Brasserie | Lounge | Lutèce Bar Augsburger Str. 41 . 10789 Berlin . T: (030) 800 999 7700 [email protected] . berlin.concordehotels.de macht, die Szene zu drehen. Aber ich würde es nicht noch mal machen. Aber nicht, weil Sie uns schonen wollen? Nein, weil das ein Insider-Gag war, der für viele Zuschauer nicht nachvollziehbar war, die dann die Szene als unrealistisch empfanden. Was ist für Sie der Maßstab für eine gelungene Komödie? Wenn ich lache. Zum Beispiel? „Keinohrhasen“. 40 Jahre tip 43 40 Jahre Tip • Die 2000er Jahre 2011 • Juli • tip 15 KUNDENZUFRIEDENHEIT ALS ANSPORN Klassische „k. u. k.- Küche” im malerischen Bötzowviertel Clemens Kleine Unternehmensgruppe – Ihr IFM-Partner in Berlin. Di -Sa 18 - 24 Uhr | So 12 - 24 Uhr Hufelandstr. 22 | 10407 Berlin 030 / 70 12 96 10 www.altwien-berlin.de www.clemenskleine.de Café Restaurant Klaus Lemke „Ein Splitter vom Paradies“ – der Münchener Regisseur Klaus Lemke hat sich hemmungslos in Berlin verliebt Internationale Küche Ludwigkirchstr. 11 10719 Berlin-Wilmersdorf Fon 030 . 88 578 20 [email protected] | www.manzini.de SAINT CHARLES Apotheke Apotheke für Naturheilkunde & Homöopathie Einfach. Zufrieden. Sein. Pariser Straße 20 · 10707 Berlin talk to us: 030-88725300 www.saintcharles.de [email protected] 44 40 Jahre tip Auf seine alten Tage hat der Münchener Guerilla-Filmemacher Klaus Lemke seine Liebe zu Berlin entdeckt. Er sagt, dass ihm die Stadt so gut gefällt, weil man hier lernen kann, glücklich von einer Katastrophe des Lebens in die nächste zu schreiten. »Die Bauarbeiter in den Cafés sehen hier aus wie Rockstars« Lassen Sie uns über Berlin sprechen. Vor ein paar Jahren sagten Sie in einem Interview, Berlin sei gar nichts. Neowilhelminischer Unsinn. Eine Steinwüste. Was für verwirrte Söhne, verspannte Töchter. Warum drehen Sie nun trotzdem hier? LEMKE Erst mal glaube ich, dass der Satz mit den Söhnen und Töchtern immer noch stimmt. Aber der ist egal. Berlin ist die einzige Stadt, die tatsächlich ideologiefrei ist. Weder katholisch wie München noch in der calvinistischen Ideologie der Dinge gefangen wie Hamburg. Jeder hier, der nicht ganz doof ist, versucht sich ein Stück Boheme zu erhalten. (...) Für die meisten Leute sind die 14 Tage, die sie hier verbringen, die freiesten ihres Lebens. In dieser Stadt, die nur aus Lücken besteht. Man kann in Berlin lernen, glücklich von einer Katastrophe des Lebens in die nächste zu schreiten. Ist es trotzdem nicht etwas seltsam, dass Sie ausgerechnet vorm Oberholz gedreht haben, der Berliner Zentrale der Webkreativen? Das ist ganz fantastisch mit denen. Ich kann dort alles machen. Wir haben davor schon mit Stühlen geschmissen. Alle, die da sitzen, wollen zum Film, deswegen sagen sie nichts. Gibt es noch andere Gründe, warum Sie Berlin auf einmal ins Herz geschlossen haben? Die Straße des 17. Juni mit dem Sowjetischen Ehrenmal, mit den Panzern, das ist eindrucksvoll. Wir sind nächtelang durch die Stadt gefahren. Du fährst eine Stunde lang und es ist immer noch Stadt. Das ist für uns ungewöhnlich. Oder wenn ich hier die Bauarbeiter in den süßen, kleinen billigen Cafés sehe – die sehen hier aus wie Rockstars. Was hier alles in der U-Bahn fährt, in dem Karton, also in dem Waggon, das ist hier so bunt. Oder die Wohnungen, die hundertmal größer sind als das, was ich mir in München leisten könnte. Mit dieser Notbeleuchtung, da hat man fast Angst, vergewaltigt zu werden in der Ecke. Das klingt ja wie eine Liebeserklärung. Berlin ist für mich wie ein Splitter vom Paradies. Ich gehe manchmal weinend durch die Straßen, weil ich so viel Glück habe, das in meinem Alter noch kennenlernen zu dürfen. tip 13·12 Die 2000er Jahre • 40 Jahre Tip 2010 • August • tip 19 Christoph Schlingensief Christoph Schlingensief starb im August 2010. Ein Nachruf „Es ist so schön, Blödsinn zu machen, dass einfach nur das Leben da ist. Ich will, dass diese Krankheit abhaut, dass sie von der Erde verschwindet“, hat Christoph Schlingensief, schon schwer krank, vor gut einem Jahr in seinem letzten tip-Interview gesagt, wütend, verletzt und lebensbejahend, auch wenn das Leben wehtut. Die Ehrlichkeit, mit der er sich in seinen letzten Inszenierungen und dem Buch über seine Krebserkrankung mit seinem drohenden Sterben auseinandergesetzt hat, hat vielen Menschen in ähnlichen Situationen geholfen. Und vermutlich jeden, der sich darauf eingelassen hat, tief berührt. Christoph Schlingensief war ein sehr besonderer Mensch. Sein Mut, seine Warmherzigkeit, seine ziemlich radikale Kunst, sein guter Humor, eine menschliche und künstlerische Integrität und Nicht-Korrumpierbarkeit, die weder durch Erfolg noch durch Karrierekrisen gefährdet war, die scheinbar kindliche unverstellte Unschuld, mit der er sich in seine Theater-, Kino- und Kunstabenteuer gestürzt hat, machen ihn zu einer Ausnahme in einem Kulturbetrieb, der fast nur aus Profis, kaum aus Leuten, die aufs Ganze gehen, zu bestehen scheint. Deshalb gibt es auch keinen Widerspruch zwischen seinen harten Schock-Kunstwerken und dem letzten Projekt, ein Festspielhaus für Afrika zu bauen: Immer ist das Kunstwerk, mit einem von Beuys geliehenen Lieblingsausdruck Schlingensiefs, eine „soziale Plastik“. Kunst war für Christoph Schlingensief kein Beruf, sondern eine Lebensform, die einzig mögliche Weise, sich in der Welt zu bewegen. Christoph Schlingensief war für das Theater, für die Aktionskunst und erst recht für viele Menschen, die ihn kannten, das, was Fassbinder, neben Beuys wahrscheinlich sein zweites großes Vorbild, für das deutsche Kino sein wollte: jemand, nach dem nichts mehr ist wie davor. Eure 13·12 tip 40 Jahre tip 45 40 Jahre Tip • Die 2000er Jahre Abspann MEDIA FALKEN WERBE UND PROMOTIONAGENTUR HERZLICHEN GLÜCKWUNSCH TIP BERLIN! Wir sagen DANKE und freuen uns auf die weitere Zusammenarbeit. Wir danken herzlich den Autoren, aus deren Texte wir auf den vorangegangenen Seiten zitiert haben ... Bernd Albrecht (7), Wolfgang Altmann (42), Joel Amaretto (28), Helmut Blecher (6), Michael Böhm (17), Nick Cave (20), Rudolph Dolezal (20), Wolf Donner (28), Ottavio Endrizzi (7), Eraserhead (22), Laura Ewert (41), Jörg Fauser (20), Monika Frey (8), Oliver Gehrs (40), Wolfgang Gersch (25), Fiesta Gitana (6), Barry Graves (14, 22), Hans Jürgen Günther (16), Iris Hahnemann (7), Brigitte Herdlitschke (26), Karl Hermann (36, 37), Alfred Holighaus (27), Bärbel Jäschke (9), Julia Johannsen (36), Wladimir Kaminer (33), Knud Kohr (33), Peter Lauderbach (31, 32, 35, 38, 39, 45), Olaf Leitner (15, 16), Dimitri Leningrad (18), Stephen Locke (12), Lutz Manthe (9), Werner Mathes (11, 12, 13, 17), Rebecca Menzel (40), Katrin Bettina Müller (29), Wolfgang Neuss (23), Sassan Niasseri (38), Katja Nicodemus (34), Beate Ostermann (26), Hans-Ulrich Pönack (14, 16), Qpferdach (26, 32, 37), Carola Rönneburg (27), Hans-Georg Sausse (18), Rüdiger Schaper (21, 22, 30, 32), Michaela Schlagenwerth (35), Barbara Schnurle (15), Eberhard Seidel-Pielen (27), Andre Simonoviescz (8), Stief (6), Johnnie Stieler (32), Kaus Stemmler (4), Nicolas Sustr (44), Christoph Terhechte (29), Sascha Rettig (39), Klaus Vogt (30), Thomas Weiland (38), Heiko Zwirner (42, 43) ... und den Kolleginnen und Kollegen aus 40 Jahren: »Die Rechtschreibreform ist alternativlos! « Schöne Grüße an das „Tipp“ Sie zahlen das teurere u. erhalten ein weiteres Hauptgericht bis max. 8 gratis dazu. ü Direkt am Bahnhof Friedrichstraße www.distel-berlin.de Kasse: 204 47 04 Hoch die Tassen! Die taz gratuliert zum 40. Geburtstag. www.taz.de 46 40 Jahre tip Jackie A. Stefan Abtmeyer Karin Aderholt Bernd Albrecht Betty Amrhein Eva Apraku Bettina Baumgartl Jens Berger Thomas Behrendt Anna Blancke Helmut Blecher Robert Bleyl Karim Bouchouchi Bernhard Braith Iris Braun Wolfgang Brenner Christian Bug Dietmar Bührer Oliver Burghard Heiner Deja Wolfgang Doebeling Olga-Louise Dommel Wolf Donner Joachim Düring Johannes Duringer Eugen Egner Friedrich Eckelt Laura Ewert Katrin Falkenberg Jörg Fauser Sandra Feldt Michael Z. Fischer Monika Frey Uwe Gaschler Oliver Gehrs Fred & Günther Britta Geithe Smetty Gensch Petra Grimm Constanze Groß Dirk Grünheit Volker Gunske Hans-Jürgen Günther Doja Hacker Iris Hahnemann Claudia Harder Erik Heier Christine Heise Elke Hemmen André C. Hercher Karl Hermann Eva-Maria Hilker Birgit Hoffmann Bodo Hoffmann Alfred Holighaus Amelie Holtfreter-Glienke Peter W. Jansen Axel Jacobi Ilka Jänicke Bärbel Jäschke Silke „Jenny“ Jentzsch Renate Junge Sebastian Kasper Heike Keil Stefan Klaasen Andrea Kloidt Brigitta Kock Konstanze Köhler Gabriele König Heike Korge Ulrike Kowalski Christiane Lang Martin Lang Michael Langenstein Peter Laudenbach Stephan Lehmann Martina Leykamm Olaf Leitner Hagen Liebing Marcus Liesenfeld Stephen Locke Dorit Loock Reszö Markovicz Julia Martineck Werner Mathes Matthias Matussek Bernd Maywald Jürgen Meurer Norbert Michalke Wiebke Mieder Cristina Moles Kaupp Natalie Moritz Lillian Mousli Svjetlana Mur Werner „Hase“ Müsch Betty Myller Erik Neumann Sönke Lars Neuwöhner Sassan Niasseri Katja Nicodemus Ruth Nicolay Thomas Nöske Roland Oelfke OL Beate Ostermann Michael Ostermann Jürgen Otte Roland Owsnitzki Daniel Papra Winfried Passilewicz Lars Penning Gert Pflüger Angelika Philipp Svea Pietschmann Bernd Pohlenz Hans-Ulrich Pönack Sven Poser Benjamin Pritzkuleit Alfons Puke Qpferdach Jim Rakete Rattelschneck Babette Rautenberg Bert Rebhandl Regina Reddig Petra Reiche Gertraud Richter Riesenmaschine Carola Rönneburg Andreas Rost Thea Sahm Bernd Sauer-Diete Hans-Georg Sausse Rüdiger Schaper Christian Scharff Susan Schiedlofsky Heike Schmidbauer Edeltraud Schmidt Kai Schmidt Sandra Schmidt Harry Schnitger Denise Schöwig Rainer Schulz Anne Schuster Ingo Schütte Mike Schüttler Kornelia Schwarz Christine Seibold Guido Sieber Andre Simonoviescz Elena Skobalj Thomas Skorloff Jacek Slaski Dana Sohrmann Frank Sperling Anita Staud Klaus Stemmler Carola Stoiber Armin Stolz Holger Stück Christoph Terhechte Astrid Tetzel Dirk Teuber Melanie Thamm László Trepák Dieter Trompeter Sylvia Troschke Susanne Vahl Michael Vahlsing Carsten van Ryssen Eva Vierling Karin Vogel Kerstin Vogel Elisabeth Völker David von Becker Katharina Wagner Marcus Weingärtner Michael Werzinger Claudia Wiegand Sonja Witkowski Oliver Wolff Martin Zeising Heiko Zwirner tip 13·12 happy birthday! Frank Druck gratuliert zum 40sten! Frank Druck GmbH & Co. KG Industriestr. 20 · 24211 Preetz Telefon: +49 4342 - 765-0 · Fax: +49 4342 - 765-375 Email: [email protected] · www.frank-druck.com 40 Jahre tip 47 tip X X X X X X 3 P O T 48 40 Jahre tip 17x in Ihrer Nähe Alle Informationen zu Identität und Anschrift Ihres Marktes finden Sie unter www.mediamarkt.de/meinmarkt oder kostenlos unter 0800/2080200. tip 13·12