HPV-Impfung mit Gardasil® : aktueller Stand der wissenschaftlichen

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HPV-Impfung mit Gardasil® : aktueller Stand der wissenschaftlichen
 HPV‐Impfung mit Gardasil® : aktueller Stand der wissenschaftlichen Kenntnisse 1. Epidemiologie: HPV‐bedingte Erkrankungen im Anogenitalbereich Krebs, Krebsvorstufen und andere Erkrankungen Geschätzte Zahl der HPV-bedingten Erkrankungen
bei Frauen in der Schweiz pro Jahr 1,2
180 Vulva- und
Vaginalkarzinome
300 invasive
Zervixkarzinome
90 Frauen sterben pro Jahr
präkanzeröse
Läsionen der Vulva und
der Vagina
6’500 präkanzeröse
Läsionen der Zervix
(CIN*2/3)
niedriggradige Läsionen
der Vulva
und der Vagina
6’500
Genitalwarzen
7’300 niedriggradige
Läsionen der Zervix (CIN*1)
JORRP (selten)**
* CIN = zervikale intraepitheliale Neoplasie
**Juvenile rezidivierende respiratorische Papillomatose
(Juvenile onset recurrent respiratory papillomatosis)
1 EKIF und Arbeitsgruppe HPV-Impfung. Impfung gegen humane Papillomaviren (HPV). Kriterien für die Evaluation
neuer Impfstoffe zur Erarbeitung gesamtschweizerischer Empfehlungen (April 2007).
2 Szucs et al. Cost-effectiveness analysis of adding a quadrivalent HPV vaccine to the cervical cancer screening
programme in Switzerland Current. medical Research and Opinion, Vol 25 No 5 2008, 1473 -1483
2. Aktuelle Indikation1) GARDASIL® ist ein Impfstoff zur Anwendung ab einem Alter von 9 Jahren zur Prävention von Vorstufen maligner Läsionen im Genitalbereich (Zervix, Vulva und Vagina), Zervixkarzinomen und äußeren Genitalwarzen (Condylomata acuminata), die durch die Typen 6, 11, 16 und 18 des humanen Papillomavirus (HPV) verursacht werden. Die Wirksamkeit bei Frauen bis 45 Jahren ist belegt. 1)
Fachinformation Swissmedic Stand 09/2010 1
3. Humane Papillomaviren (HPV): ein wichtiges Thema 
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HPV 16 und 18 verursachen 70% aller Fälle von Gebärmutterhalskrebs 1) HPV 6 und 11 verursachen über 90% der Genitalwarzen 2)4) HPV kann zudem weitere Krebsarten und Erkrankungen im Genitalbereich verursachen 3,4) Die Lebensqualität von Frauen, die wegen bestimmter HPV‐Erkrankungen behandelt wurden, kann auf folgende Weise negativ beeinflusst werden: 5,6) ‐ durch schwerwiegende, mutilierende lokale Operationen ‐ durch emotionale Störungen Konisationen am Gebärmutterhals erhöhen das Risiko einer Frühgeburt erheblich a,7) 1)
Smith JS et al. Human papillomavirus type distribution in invasive clinical cancer and high‐grade cervical lesions: a meta‐analysis update. Int J Cancer 2)
2007:121; 621‐32. Factsheet vom Bundesamt für Gesundheit. Gebärmutterhalskrebs und andere HPV‐bedingte Gesundheitsschäden. Stand Dezember 3)
4)
2007. Barr E et al. Quadrivalent human papillomavirus vaccine. Clin Inf Dis 2007; 45: 609–17. Wieland U et al. Papillomavirus in human pathology: 5)
Epidemiology, pathogenesis and oncogenic role. In: Gross, Barrasso Eds. Human PapillomaVirus: A clinical atlas: Ullstein Mosby: 1997. p1‐18. Herzog TJ 6)
et al. The impact of cervical cancer on quality of life – the components and means for management Gynaecol Oncol 2007; 107; 572‐7. Turns D. 7)
Psychosocial issues: pelvic exenterative surgery. J Surg Oncol 2001; 76; 224‐36. Albrechtsen SA et al. Pregnancy outcome in women before and after cervical conisation: population based cohort study. Br Med J Cancer 2008; 337; a1343. 4. Vergleich: tetravalenter vs. bivalenter HPV‐Impfstoff Eigenschaften gemäss Fachinformation
Anzahl Typen
Populationen gemäss Fachinformation
 Junge Frauen (1)
 Erwachsene Frauen > 27 Jahre (1)
 Knaben 9 – 15 Jahres (USA, EU) (2,3)
 Männer 16 – 26 Jahre (USA, EU) (2,3)
Erkrankungen gemäss Fachinformation
 Gebärmutterhals-Karzinom (1)
 Vulva-Karzinom (1)
 Vaginal-Karzinom (1)
 Genitalwarzen (1)
 Anal-Karzinom (USA, EU) (2,3)
Andere Kriterien gemäss Fachinformation
 Langzeitschutz (4)
 Cross Protection (1)
 Schutz vor Reaktivierung/ Reinfektion (5)
Tetravalenter HPV
Bivalenter HPV
4 HPV-Typen
2 HPV-Typen
 (9 – 26 Jahre)


 (10 – 25 Jahre)

1)






7 Jahre


6.8 Jahre (Brasilien)

Fachinformation Swissmedic Stand 09/2010 Product Information Gardasil® EMA 3) Product Information Gardasil® FDA 4)
Kjaer SK, An evaluation of the long‐term effectiveness, immunogenicity and safety of Gardasil® in previously vaccinated women. EUROGIN, Lisbon, 8‐11 May 2011. Abstract PS 2‐6. 5)
Joura E et al, Effect of human papillomavirus (HPV) quadrivalent vaccine in a subgroup of women with cervical and vulvar disease: retrospective pooled analysis of trial data. BMJ 2012, 344:e1401 doi:101136/bmj.e1401 (Published 27 March 2012), last access 29 March 2012. 2)
2
5. Seropositivität und klinische Wirksamkeit korrelieren nicht Immunogenität und Wirksamkeit des monovalenten HPV 16‐Impfstoffs gegen HPV 16‐assoziierte CIN bei Frauen zwischen 16 und 26 Jahren1) Die Daten aus der Proof‐of‐Principle‐Studie für den monovalenten HPV 16‐Impfstoff bestätigen, dass für HPV‐Impfstoffe keine minimalen schützenden Antikörperkonzentrationen bekannt sind1) 1) Rowhani‐Rahbar A et al. Long‐term efficacy of a prophylactic human papilloma virus type 16 vaccine (Abstract). Presented at the 25th International Papillomavirus Conference (IPVC). Malmö, Sweden, May 8‐14, 2009 6 a. Cross‐protection Effekt bei HPV‐Impfstoffen In den klinischen Studien zeigte sich eine Schutzwirkung auch gegenüber HPV‐Typen, welche nicht im Impfstoff enthalten sind: → Cross‐protection (Kreuzprotektion)1) Eine klinisch signifikante Wirkung wurde sowohl beim tetravalenten‐ wie bivalenten‐ HPV‐Impfstoff für den HPV‐Typ 31 festgestellt und auch in der entsprechenden Fachinformation erwähnt. Gegenüber anderen HPV‐Typen ist die Wirksamkeit schwankend und wenig solide belegt1). Gemäss den aktuell verfügbaren klinischen Daten ist der Cross‐Protection‐Effekt nur vorübergehend und nach wenigen Jahren nicht mehr signifikant 2,3). 1)
Fachinformation Swissmedic Stand 09/2010 GlaxoSmithKline clinical study register (http://download.gsk‐clinicalstudyregister.com/files/20401.pdf) Accessed May 5, 2011 3)
GlaxoSmithKline clinical study register (http://download.gsk‐clinicalstudyregister.com/files/20207.pdf) Accessed May 5, 2011 2)
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6 b. Cross‐protection Effekt ist nur vorübergehend Individual Non‐Vaccine Type Efficacy: 6‐Month Persistent Infection1:
Up to 8‐Year Follow‐Up In A Phase II Study of Cervarix™ (Protocol 023)
Phase III (Study 008)
Phase II (Study 007)
Phase II (Study 023)
Follow-Up: 48 Months
Follow-Up: Up to 6.4 Years
Follow-Up: Up to 8 Years
TVC-N*
ATP-E**
ATP-E**
VE %
VE %
VE %
Vacc
Contr
Vacc
Contr
Vacc
Contr
(95% CI)
(95% CI)
(95% CI)
HPV Type
HPV 16
2
81
98 (91, 100)
0
27
100 (87, 100)
0
12
100 (69, 100)
HPV 18
3
23
87 (57, 98)
0
10
100 (60, 100)
0
8
100 (50, 100)
HPV 31
38
163
77 (67, 84)
5
9
48 (<0, 86)
6
6
10 (<0, 76)
6
5
-16 (<0, 71)
6
4
-37 (<0, 68)
HPV 33
53
92
43 (19, 60)
HPV 45
13
61
79 (61, 89)
2
4
52 (<0, 96)
5
3
-52 (<0, 70)
The duration of cross‐protective efficacy is unknown.
Currently available data suggest that the efficacy is not long‐lived.
1. Romanowski B, Presented at the International Papillomavirus Conference. Montreal, Canada. July 2010. 1
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3
2. GlaxoSmithKline clinical study register. http://www.gsk‐
clinicalstudyregister.com/files/pdf/20401.pdf. Accessed May 5, 2011. 3. GlaxoSmithKline clinical study register. http://download.gsk‐
clinicalstudyregister.com/files/20207.pdf. Accessed May 5, 2011.
7. UK wechselt von Cervarix® zu Gardasil® Das britische Gesundheitsministerium hat Ende 2011 entschieden, dass die HPV‐Impfung im vereinigten Königreich ab 2012 mit Gardasil® durchgeführt werden wird und nicht mehr wie bisher mit Cervarix® 1)  Ausschlaggebend für die Entscheidung war einerseits die breitere Schutzwirkung von Gardasil®, die vor allem auch eine Protektion gegen Genitalwarzen enthält 
Der zweite wesentliche Grund waren ökonomische Überlegungen. Durch die breitere Schutzwirkung kommt es zu substantiell höheren Kosteneinsparungen für die Krankenversicherung, was gerade in Zeiten von angespannten Budgets für die britischen Behörden ein entscheidendes Argument war 1) BBC News, Daily Mail, UK Department of Health November 24th, 2011 8 a. Unerwünschte Wirkungen  Das Nebenwirkungsprofil von Gardasil® entspricht den Erwartungen und Beobachtungen bei anderen zugelassenen Impfstoffen. Die häufigsten Nebenwirkungen waren lokaler Art (Schwellung, Rötung, Schmerz und Fieber)1)  Seit Juni 2006 wurde der quadrivalente Impfstoff in mehr als 127 Ländern zugelassen. Mehr als 87 Millionen Dosen wurden seither weltweit vertrieben 2). 1)
2)
Fachinformation Swissmedic Stand 09/2010 Internal data as of end 2011 8 b. Gardasil® Breite Überwachung auch nach Markteinführung 9. Der Nutzen in der Praxis: Das Beispiel Australien1)  Australisches
Impfprogramm für Mädchen/Frauen:
- 12-18 Jahre: Schulimpfprogramm (seit April 2007)
- 18-26 Jahre: catch-up (seit Juli 2007)
 Impfrate:
ca. 70%
 Vergleich
der Inzidenz von Genitalwarzen
- 2004-2007: vor Einführung des Impfprogramms
- 2009: nach Einführung des Impfprogramms
(siehe untenstehendes Diagramm)
1)
Donovan B et al: Lancet Infect Dis 2011 ; 11 : 39‐44 Erfolg hoher Impfraten1) 1)
Rückgang der Genitalwarzen um 59%
bei Frauen im Alter 12 bis 26 Jahren
Donovan B et al: Lancet Infect Dis 2011 ; 11 : 39‐44 Rückgang der Inzidenz hochgradiger Läsionen am Beispiel Australien Brotherton J.M.L. et al Lancet 2011; 377: 2085–92
Der Abfall der Inzidenz von
CIN 2+ nach Einführung der
Impfung ist bei den unter
18-Jährigen deutlich zu
erkennen
Zusammenfassung  Hohe und anhaltende vorbeugende Wirksamkeit gegen Gebärmutterhalskrebs und dessen Vorstufen 
Der einzige Impfstoff mit nachgewiesenem Schutz gegen hochgradige Krebsvorstufen von Vulva, Vagina (CH, EU, USA) und Anus (EU, USA) 
Der einzige Impfstoff mit Schutz gegen Genitalwarzen 
Ein gutes Sicherheitsprofil in klinischen Studien und nach Markteinführung 
Eine Langzeitwirksamkeit kann erwartet werden. Sicherheit und Wirksamkeit werden nachhaltig überwacht Kurzfachinformation GARDASIL®Z: Eine Impfdosis (0.5 ml) Impfstoffsuspension enthält ca. 20 µg HPV -Typ 6 L1-Protein, 40 µg HPV-Typ 11L1-Protein,
40 µg HPV-Typ 16 L1-Protein, 20 µg HPV-Typ 18 L1-Protein. I: Impfstoff zur Anwendung ab einem Alter von 9 Jahren zur Prävention von Vorstufen maligner
Läsionen im Genitalbereich (Zervix, Vulva und Vagina), Zervixkarzinomen und äusseren Genitalwarzen (Condylomata acuminata), die durch die Typen 6, 11,
16 und 18 des humanen Papillomvirus (HPV) verursacht werden. D: Grundimmunisierung: 3 Einzeldosen zu je 0.5 ml, die gemäss Impfschema 0, 2, 6 Monate
verabreicht werden. Der Impfstoff ist intramuskulär anzuwenden. Die Anwendung von Gardasil bei Kindern unter 9 Jahren wird nicht empfohlen. KI:
Überempfindlichkeit gegen die Wirkstoffe oder gegen einen der sonstigen Bestandteile; akute, schwere, fieberhafte Erkrankung. VM: Wie bei allen
injizierbaren Impfstoffen sollten für den Fall seltener anaphylaktischer Reaktionen nach Gabe des Impfstoffs geeignete Behandlungsmöglichkeiten unmittelbar
zur Verfügung stehen, Synkopen UW: Erythem, Schmerzen, Schwellung; Fieber, Schmerzen in den Extremitäten; Bluterguss, Pruritus. P: Fertigspritze (1
Impfdosis) mit Nadelschutzvorrichtung und zwei separat eingeblisterten Nadeln. Packungen mit 1 und 10 Fertigspritzen. Stand der Information: 09/2010.
Weitere Informationen zu Gardasil® entnehmen Sie bitte der Fachinformation.