Donatella Versace - Uschi Bauer - Kommunikation mit allen Sinnen

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Donatella Versace - Uschi Bauer - Kommunikation mit allen Sinnen
Donatella Versace | stern.de | Lifestyle | Mode
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stern.de - 23.9.2003 - 15:21
URL: http://www.stern.de/lifestyle/mode/index.html?id=513383&eid=503767
Interview
Donatella Versace
© Guido Harari
Donatella Versace auf einem Tisch in ihrem Arbeitszimmer
Sie ist alles zusammen: blonde Sphinx, harte Geschäftsfrau, GlamourGirl, Mutter und manchmal noch immer Giannis kleine Schwester. Hier
spricht sie über Mode, Männer und andere Malheure
Kurz nachdem Gianni Versace vor seiner Villa in Miami erschossen wurde,
fragte "Business Week": "Kann das Unternehmen ohne ihn überleben?" Die
Antwort der kleinen Schwester war deutlich: "Natürlich", sagte Donatella,
"ich bin eine Versace vom Kopf bis zu den Füßen." Sechs Jahre später und
gemeinsam mit Bruder und Vorstandschef Santo hat die 48-Jährige es
geschafft, das Haus am Leben zu halten und als Life- style-Marke zu
etablieren. Unter ihrer kreativen Aufsicht entstehen heute zwölf
Kollektionslinien, das Unternehmen ist in 60 Ländern präsent, und der
nächste Schritt im Expansionsplan ist die Eröffnung eines neuen Geschäfts
im Oktober in München.
Frau Versace, wozu sind Männer nützlich?
Männer? Nützlich? Um auf die Nerven zu gehen. Aber, na gut, wenn
möglich, dann sollten sie einem Sicherheit geben, besonders in schwierigen
Momenten. Andererseits: Frauen müssen so etwas eigentlich alleine
hinkriegen. Sie könnten auch ohne Mann gut leben?
Mir hilft ein Mann, mich wirklich zu fühlen. Er soll in mir nicht "die
Versace" sehen, sondern Donatella, eine ganz normale, gelegentlich
zerbrechliche Frau. Das ist offenbar sehr schwierig. Seit mein Mann und ich
uns vor drei Jahren getrennt haben, hat das noch keiner geschafft. Was muss
ein Mann haben, um Ihnen zu gefallen?
Eine sexy Ausstrahlung ist nebensächlich. Ein perfekter Körper interessiert
mich nicht. Wichtig ist, wie er einen anschaut. Wie er Dinge halb
ausgesprochen lässt, so dass ich mir drei Tage lang den Kopf über der Frage
zerbreche: Meinte er das jetzt so? Oder ganz anders? Ein Mann muss mich
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neugierig machen.
Und wie muss er im Bett sein?
Für mich zählen da ganz altmodische Werte. Sex muss mit Liebe und
Vertrauen zu tun haben.
Ist es wichtig, wie ein Mann sich anzieht?
Sehr. Kaum etwas kann so sexy aussehen wie ein Mann mit Anzugjacke und
Krawatte. Aber: Es muss die richtige Jacke sein.
Sind Männer die schlimmeren Lügner?
Im Gegenteil. Einen Mann mit gewissen Wahrheiten zu konfrontieren bereitet
bloß Unannehmlichkeiten deshalb müssen Frauen öfter lügen.
Vor der Heirat bekam Ihr Ehemann Paul Beck von ihren beiden großen
Brüdern den Rat: "Du musst stärker sein als sie. Italienische Frauen
muss man beherrschen!"
Männern fällt es schwer zu akzeptieren, dass Frauen ihnen die
Machtpositionen streitig machen, zu Hause und bei der Arbeit. Sie fürchten
die selbstständige Frau.
Ist das spezifisch süditalienisch?
Nein. Wenn Ihre Frau beispielsweise Madonna hieße, hätten Sie garantiert
auch einige Probleme mehr mit ihrem Ego.
Sind Männer begeisterungsfähiger als Frauen?
Da gibt es keine Unterschiede zwischen den Geschlechtern. Mein Bruder
Gianni war jemand, der mich mitreißen konnte. Ich ihn aber auch. Doch
Männer, die Erfolg haben, sagen sich häufiger mal: "Toll, wie weit ich
gekommen bin. Deshalb müssen die anderen mir jetzt auch folgen!" Sie sind
selbstsicherer. Und sie benehmen sich auffälliger.
Ihr Bruder ist vor über sechs Jahren gestorben. Haben Sie immer noch
das Gefühl, er könnte jeden Augenblick durch die Tür kommen? Das
sagten Sie jedenfalls vor einigen Jahren mal.
Es ist nicht so, dass er mir Nachrichten aus dem Jenseits schickt, ich glaube
nicht an ein Leben nach dem Tod. Aber er fehlt mir sehr. Und in meinen
Träumen erschreckt er mich. Das hat er im Leben schon mit mir gemacht und
ich mit ihm. Wir sind eben Kalabrier.
Da darf man sich exaltiert benehmen?
Wir sind leidenschaftlich, sehr körperlich. Wenn Gianni und ich uns über
Mode unterhielten, dachten die Leute, wir würden uns gleich die Köpfe
einschlagen.
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Er hat sie "Idealfrau" genannt "Rockstar, zäher Arbeiter und Mutter
zugleich".
Wir waren mehr als Geschwister, wir waren beste Freunde. Seit ich zehn war,
hat er mich wie eine Frau behandelt, dafür bin ich ihm dankbar. Ich wurde
schnell erwachsen. Er war nicht nur als Modemacher ein Genie er war es
auch als Bruder.
Wird Ihr Sohn ein Mode-Versace?
© Guido Harari
Donatella auf der Treppe ihres Mailänder Palazzos
Daniel weiß noch nicht, ob er lieber
Fußballer oder Rockstar werden soll.
Als ich ihn darauf hingewiesen habe,
dass er dann Instrumente lernen
muss, meinte er: Warum, bei all den
Rock n Roll-Freunden, die du hast!
Irgendwann werden beide ihre
Entscheidung treffen. Kind
berühmter Eltern zu sein ist kein
leichtes Los.
Ihr Mann lebt mittlerweile in New York, Sie sind also alleinerziehende
Mutter.
Nicht wirklich. Die Kinder fliegen oft zu Paul, außerdem kommt er alle vier
Wochen nach Mailand. Das funktioniert, weil wir uns wieder gut verstehen.
In der Branche gelten Sie als Glamour-Queen, immer in PromiBegleitung, ständig in Partylaune. Ist das die echte Donatella?
Dieses Bild ist in den Medien entstanden. Denen passt es nämlich ganz gut,
eine ausgeflippte Partyblondine im Kreis ihrer berühmten Gäste zu
präsentieren, das bringt bunte Bilder. Okay, manchmal schätze auch ich die
Idee vom glamourösen Leben. Aber privat bin ich natürlich eine andere.
Wenn ich zu Hause eine Feier mache, dann bin ich auch barfuß unterwegs,
schlecht geschminkt und im Morgenrock.
Auf den nächtlichen After-Show-Partys wirken Sie selten wirklich
entspannt.
Als ich die ersten Male auf diese Partys ging, war ich zu Tode erschrocken.
Aber Gianni hatte noch mehr Eile, ins Bett zu kommen. An solchen Abenden
verdrückte er sich manchmal schon um elf Uhr. Ich habe heute nichts mehr
dagegen, mich ab und an zu amüsieren. Es gibt jede Menge Modemacher, die
glauben, sie würden nur ernst genommen, wenn sie 20 Stunden lang an ihren
Kollektionen schuften, um dann allein nach Haus zu gehen und sich im Bett
noch an einem Buch über byzantinische Kunst zu erfreuen. Das ist ein
altmodisches Bild vom Modeschöpfer. Wer heute kreativ sein will, muss so
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viel Gegenwart wie möglich mitkriegen. Hätten die Versaces als Mailänder
Sippe den gleichen Erfolg gehabt?
Nein. Als Gianni aus Kalabrien in den Norden kam, hatte er einen
unstillbaren Hunger, sich durchzusetzen, sich einen Namen zu machen. Die
meisten Modemacher hier, jene, die alles immer nur in Beige und auf
Nummer sicher machen, sind über ihn hergezogen. Wegen seiner Farben,
seiner Lebhaftigkeit haben sie seine Mode vulgär genannt. Darunter hat er
sehr gelitten. Manchmal ließ er sich verunsichern von dieser Umgebung. Du
bist nicht Gianni Versace, weil du graue Anzüge zeigst, sagte ich ihm in
solchen Momenten, du musst etwas wagen! Er war immer dann am besten,
wenn er sich selbst treu blieb. Gianni ist ein Genie gewesen, das begreife ich
heute immer besser. Nicht, dass er nur Wunderwerke geliefert hätte,
manchmal hat er auch fürchterlich danebengehauen. Der Mittelweg hat ihn
nicht interessiert. Niedliche, hübsche Sachen wollte er nie machen.
Ihr Bruder Santo wirkt ruhiger. Ein Mann, von dem alle Mütter
träumen?
Stimmt. Santo kam von der Schule nach Haus und rief: "Ich habe eine Eins!"
Gianni brüllte: "Ich habe null Punkte!" Santo ist die Vaterfigur für uns beide
gewesen, weil er besonnen ist, weise. Gianni und ich waren kaum
kontrollierbar.
Und die Eltern?
Meine Mutter Franca wuchs in einer Region Italiens auf, in der nichts, gar
nichts modern war. In der die Frauen immer unterdrückt wurden. Nur meine
Mutter nicht. Sie war die Tochter eines Anarchisten. Eine mutige Frau, eine
aufgedrehte Person.
Gianni sprach nur von seiner Mutter. Den Vater hat er öffentlich kaum
erwähnt.
Dem war Giannis Karriere völlig gleichgültig. Gianni gefiel die Vorstellung,
Vater würde eines Tages nach Mailand kommen und sagen: "Verdammt, wie
könnt ihr in diesem Chaos leben!" Er kam aus einer enorm wohlhabenden
Familie: Großbürgertum und Kohleminen aber von einem unsäglichen Geiz.
Statt sich mit all dem Geld zu amüsieren, sparten sie es. Mein Vater war ein
Poet, ein Intellektueller, aber ein komplett irrationaler Mann. Ich habe ihn
angebetet, doch die wichtigen Dinge, die fundamentalen Werte, das kam alles
von meiner Mutter. Sie arbeitete als Näherin in einer Schneiderei.
Irgendwann stattete sie die wichtigsten Hochzeiten aus, von Rom hinunter bis
nach Reggio.
Sie wurden zehn Jahre nach Gianni geboren. Ein Zufall?
Nein. Es gab noch eine andere Schwester, sie war die Erstgeborene, zwei
Jahre älter als Santo. Ein sehr schönes Mädchen. Mit elf Jahren ist sie
gestorben. Es war Karneval, sie war mit Freundinnen unterwegs, stürzte auf
ein rostiges Eisenrohr, 24 Stunden später war sie tot. Mutter fiel in tiefe
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Depressionen. Mein Vater wollte dann noch ein Kind für sie. Ich wurde also
zum Trost meiner Mutter geboren. Ich hatte einen wichtigen Auftrag zu
erfüllen. Sie waren ein verhätschelter Spätankömmling?
Ich bin von meiner Mutter nicht verwöhnt worden. Wenn du dieses haben
willst, musst du jenes machen das ist ein Grundsatz meiner Erziehung
gewesen. Daran halte ich mich auch bei meinen beiden Kindern. Ich bin eine
strenge Mutter.
Ihre Tochter Allegra wird bald 18 Jahre alt und kann frei über ihr Erbe
verfügen. Onkel Gianni vererbte ihr die Hälfte der Firmenanteile. Macht
sie sich etwas aus Mode?
Sie ist ein fleißiges und gelehriges Mädchen. Sie studiert und möchte lieber
Schauspielerin werden. Sie hat mir gesagt: Bitte lass mir Zeit, bis ich 21 bin.
Wenn ich bis dahin keine Schauspielerin bin, dann leiste ich dir bei deiner
Arbeit Gesellschaft.
Zu den Höhepunkten der Mailänder Modewoche gehört die VersaceSchau samt Ihrem Auftritt auf dem Laufsteg. Macht Ihnen das Spaß?
Ich hasse es. Es ist der schwierigste Teil meiner Arbeit. Auch für Gianni war
es das Schlimmste. Schon Minuten vorher saß er nass geschwitzt vor Angst
hinter dem Vorhang. Man musste ihn wie ein kleines Kind beruhigen. Dann
wagte er sich drei Schritte auf den Laufsteg und drehte wieder um. Die Rolle
des Stars überließ er gerne den anderen.
Machen Sie das doch genauso.
Das sagt sich so leicht. Kann ich nicht mit dem Unsinn aufhören, habe ich
meine Leute gefragt. Und die antworteten: "Absolut nicht! Das Publikum will
dich sehen! Das ist ein Teil der Maschinerie!" Man würde sich wundern und
fragen: Was steckt dahinter, dass sich Donatella plötzlich nicht mehr
hervortraut?
Meldung vom 23. September 2003
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