Viel Technik, ansprechend verpackt
Transcription
Viel Technik, ansprechend verpackt
Archiv ist online Startschuss ist gefallen Standortsuche ist richtig Wer sich für die Geschichte Handschuhsheims interessiert, der ist im frisch renovierten Tiefburg-Archiv richtig. Dort gibt es historische Fotos, alte Bücher oder Handschriften zu sehen. Auch im Internet ist ein Teil des Bestands abrufbar, die Digitalisierung wird aber noch lange weitergehen. > Seite 3 „Für die Wieblinger Feuerwehr geht ein Traum in Erfüllung“, hieß es jetzt beim Spatenstich für das neue Gerätehaus, das in 14 Monaten stehen soll. Dann können die Brandbekämpfer endlich aus ihrem viel zu kleinen Zuhause umziehen. Auch die DLRG bekommt dann in dem Gebäude eine neue Bleibe. > Seite 5 Die „Bürger für Heidelberg“ unterstützen die Standortsuche für ein neues Konferenzzentrum. Allerdings müsse sichergestellt sein, dass die neue Einrichtung der „alten“ Stadthalle keine Konkurrenz mache. Das steht auch in dem Gutachten, das auf der Mitgliederversammlung diskutiert wurde. > Seite 5 Blick in die Stadtteile Ausgabe 33 Wöchentliche Beilage der Rhein-Neckar-Zeitung 19. November 2013 Viel Technik, ansprechend verpackt Rundgang mit der Denkmalpflegerin Melanie Martens Von Timo Teufert Heidelberg. Wenn man an denkmalgeschützte Gebäude in Heidelberg denkt, dann kommen einem das Schloss sowie prachtvolle Fassaden von Wohnhäusern und Universitätseinrichtungen in den Sinn. Doch Heidelberg hat auch eine andere Seite: Zwar gibt es in der Stadt wenige Industriebauten, doch dafür umso mehr technische Bauwerke, die ansprechend verpackt wurden. Zusammen mit Melanie Mertens, Gebietsreferentin im Bereich Denkmalpflege beim Regierungspräsidium, machte die RNZ einen Rundgang durch das „technische Heidelberg“. „Als herr- Denkmalpflegerin schaftlicher Stütz- Melanie Mertens. F.:H punkt gegründet, stieg Heidelberg rasch zur Fürstenresidenz und dann zur Universitätsstadt auf, hatte aber am Fernhandel und an der gewerblichen Produktion größeren Stils wenig Anteil“, berichtet Mertens. Auch von der industriellen Revolution in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde die Stadt nur wenig berührt. „Die Förderung als Universitäts-, Wohn- und Fremdenstadt war bis zur Jahrhundertwende Maßstab für alle wirtschaftlichen Überlegungen“, erklärt die Denkmalpflegerin. 1895 habe die Stadt ohne Rücksicht auf das Arbeitsplatzpotenzial auf die Abwanderung der Portland-Zementwerke in Bergheim hingewirkt und das Firmenareal erworben. Dort wurde später das Radium-Solbad errichtet. „So besitzt Heidelberg nahezu keine Industriebauten von Bedeutung“, weiß Mertens. Und deshalb stechen „unter den technischen Bauwerken eher die Verkehrs- und Versorgungsbauten hervor, die der Qualität als Wohnstadt und der Pflege des Fremdenverkehrs entgegen kamen“. Weil dem Schienenverkehr von Beginn an in Heidelberg eine große Bedeutung zukam, gibt es besonders in diesem Bereich viele Denkmäler. Neben der ersten badischen Eisenbahnstrecke wurden das Neckartal und der Odenwald sowie die Region Richtung Bruchsal erschlossen. Das dicht besiedelte, enge Tal erforderte deshalb schon früh insgesamt drei Tunnel- bauten: den Gaisberg-, den Spital- und den Schlossbergtunnel. Zwischen 1909 und 1914 entstand zudem der Königstuhltunnel, der um die Jahrhundertwende zu den längsten Röhren Europas gehörte. Zu ihm gehört auch ein Entlüftungsbauwerk am Johannes-Hoops-Weg, das zwischen 1906 und 1908 im Stil einer Burg gebaut wurde. Durch den Kamin konnte der Wasserdampf der Lokomotiven sowie der Luftdruck nach oben entweichen, im Rotsandsteinbau gab es zudem Verwaltungsräume für die Wartung. 1971, mit der Elektrifizierung der Neckartalbahn, wurde der Kamin mit Beton verfüllt und für umgerechnet 44 000 Euro an zwei Privatleute verkauft. Nachdem ein Winzer aus Bingen dort Weinfässer lagern wollte, wurde das Gebäude in den 1990er Jahren für eine Wohnnutzung umgebaut. Auch das Westportal des Tunnels und die davor liegende Brücke über den Steigerweg aus rötlichem, bossierten Sandstein stehen unter Denkmalschutz. Die Oberflächenstrukturen ähneln Wohnhäusern und wurden als ästhetisches Mittel verwendet. In Zusammenhang mit dem geplanten Güterbahnhof auf dem Gelände der heutigen Bahnstadt entstand dort 1910 der erste Wasserturm der Großherzoglichen Badischen Staatseisenbahn, der erstmals nicht als reine Stahlkonstruktion, sondern aus Beton errichtet wurde. „Das war damals eine spannende Zeit, als die Eisenbetontechnik schon verwendet wurde, aber die Gebäude noch mit historisierenden Elementen versehen wurden“, berichtet Mertens. Ursprünglich war der Turm mit vier massiven Strebepfeilern versehen, die Sandsteinverkleidung des Sockels sollte den Eindruck des traditionellen Mauerwerksbaus vermitteln. Ähnlich ging man auch beim größten Verkehrsdenkmal Baden-Württembergs vor, dem kanalisierten Neckar, bei dem Heidelberg eine ganz besondere Rolle spielte: Die Bürger protestierten gegen die Planungen des Architekten Paul Bonatz, weil sie fürchteten, dass durch die Schleusen- und Wehranlage am Karlstor der „wilde Fluss“ verschwinde und damit das Stadtbild seinen romantischen Reiz verlieren könnte. Dieser Protest führte dazu, dass die Bauwerke in Heidelberg neu gestaltet wurden. Mertens: „Bonatz hat sich nicht verleugnet, aber in Heidelberg wurde die Anlage niedriger gebaut und statt des sonst üblichen Betons roter Sandstein als Verklinkerung gewählt.“ Der Wasserturm am Czernyring wurde 1910 für die Wasserversorgung der Dampflokomotiven der Badischen Staatseisenbahn am Güterbahnhof gebaut. Anfänglich war er mit Stützen ausgestattet, später erhielt er die heute noch vorhandene Werbung. Die Firma gibt es allerdings seit 1982 nicht mehr. Zu den Anlagen des Güterbahnhofs gehörte auch die ehemalige Eisenbahnbrücke in Vollwandträgerbauweise zwischen Hebelstraße und Kirchheimer Weg. Durch den niedrigen Bahndamm bekam sie eine besonders breite Durchfahrt. Eines der wohl bekanntesten Gebäude ist der Wasserturm mit Nebengebäuden hinter dem Bauhaus in der Bahnstadt, der 1927 gebaut wurde. Fotos: Hoppe Denkmaltopografie wird Freitag vorgestellt Umfangreiches Nachschlagewerk für Experten und Denkmal-Interessierte Zur Jahrhundertwende der längste Eisenbahntunnel Europas: Das Westportal des Königstuhltunnels, unten das Entlüftungsbauwerk am Johannes-Hoops-Weg. Fotos: Hoppe Heidelberg. (tt) Seit Anfang 2008 waren mehrere Topografen im gesamten Stadtgebiet unterwegs, um sich die Baudenkmäler Heidelbergs für die in Kürze erscheinende Denkmaltopografie anzuschauen. Auf 750 Zeichen mussten die Topografen die Besonderheiten der Gebäude zusammenfassen. Offizielle Vorstellung der zweibändigen Dokumentation ist am Freitag, 22. November, um 14 Uhr im Großen Rathaussaal, Marktplatz 10. Die Denkmaltopografie hat das Ziel, alle Kulturdenkmäler der Länder zu veröffentlichen. Mit kurzen, charakterisierenden Texten, Abbildungen und Kartierungen ist sie besonders für Fachleute ein wichtiges Hilfsmittel, stellt aber auch für Denkmal-Interessierte ein umfangreiches, zweibändiges Nachschlagewerk dar. Darin Das Stauwehr und die Schleuse Karlstor gehören auch zu den Baudenkgibt es einen siedlungsge- mälern der Stadt. Die Anlage wurde 1927 gebaut, das untere Bild zeigt schichtlichen Überblick, die die Baustelle mit Blick auf die Alte Brücke. Fotos: Hoppe/WSA-Archiv eigentliche Denkmaltopografie und umfangreiche Register und Kartenmaterial der jeweiligen Stadt. Bislang gibt es Denkmaltopografien von Esslingen, Heilbronn, Ludwigsburg, Pforzheim und Staufen. Das Konzept der Denkmaltopografie wurde bereits in den 1970er Jahren entwickelt. Angestrebt wird ein bundesweiter Überblick über die Art und die Verteilung des Denkmalbestandes, der in einer einheitlich gestalteten Buchreihe publiziert wird. Bereits 1980 hat die Kulturministerkonferenz die erarbeiteten Richtlinien verabschiedet. Seit Anfang 2008 waren die Topografen im Heidelberger Stadtgebiet unterwegs. In den meisten Fällen begutachteten sie ein Haus nur von außen. In besonderen Fällen mussten sie sich auch das Innere ansehen, um die historische Innenausstattung in Augenschein zu nehmen. Auch die Stellwerke des ehemaligen Güterbahnhofs – der heutige Bahnstadt – stehen unter Denkmalschutz. Hier das Stellwerk 8 im Süden des Areals. Repros: Hoppe