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Es ist und bleibt die schönste Messe Die internationale Gemeinde trifft sich wieder in Maastricht. Die European Fine Art.Fair behauptet ihren Rang. Wer hätte auch etwas anderes erwartet? MAASTRICHT, 13: März ie kleine Gestalt kommt mit minimalen Angaben aus: Die Nase nur ein feiner Grat; kleine Brüsre; Arme.von äußerster Abstraktion vor dem festen Leib, und fertig ist die Frau. Was aussieht, als habe die Galerie Cahn eine moderne Skulptur unter ihre antiken Götter und Helden gemischt, ist tatsächlich wohl das älteste Stückauf der diesjährigen „European Fine Art Fair" (Tefaf) in Maastricht. Das Idol entstand vor mindestens sechstausend Jahren im Vorderen Orient und gehörte einst dem französiSchen Archäologen Claude Sellaeffer, später seinem Kollegen Pierre Ponsieh. Die Erwähnung der soliden Provenienz ist David ,Cahn wichtig; der Basler Händler empört sich über jüngste Anwürfe in der Presse, die den Antikenhändel mit den terroristischen Bilderstürmern und Plünderern kostbarsten Kulturguts 'ohne Belege unter eine Decke stecken. Statt den seriösen Handel gegen solche Verdächtigungen verteidigen zu müssen, würde Cahn es begrüßen, wenn schnellstens 10 000 vom Archäologischen Institut in Mainz gesammelte Bilder von. Artefakten aus Syrien veröffentlicht würden, was helfen könnte, diese vor dem Verschwinden in dunklen Kanälen zu bewahren. Die kleine neolithische Dame liefert den steinernen Beweis für die Zeitlosigkeit guter Kunst. Reichlich davon bringen rund 270 Händler aus zwanzig Ländern auch in diesem Jahr mit, um das beschauliche Maastricht für ein paar Tage in den Mittelpunkt der Kunstwelt zu verwandeln. Angesichts von brechend voller Halle und Verkehrschaos am Eröffnungstag :ist der Einstieg dazu bestens gelungen. Doch um den Führungsanspruch als Messe der Superlative zu behaupten, muss hart gearbeitet und ständig gefeilt werden. Sichtlich profitiert in diesem Jahr die bildschöne Antiken-Sektion von ihrer Vergrößerung und neuem Arrangement — ein Gegengewicht setzt zeitgenössiSche Kunst mit der Sonderausstellung „Night fishing". Sydney Picasso kuratierte sie zum Thema Skulptur mit Werken von Nam June Paik bis Baselitz. Über ihre: Beiträge sitzen damit bekannte Galeristen im MaastrichtBoot, die — wie etwa Thaddaeus Röpac oder Hans Mayer- aktuell auf 'der Art Basel Hongkong ihre Kojen aufschlugen. Überhaupt liefert Bildhauerei Pointen quer durch die Epochen: Georg Laues raritätenpralle Kunstkammer zeigt — neben fein ziseliertem Renaissance-Gartengerät für den Fürsten (35 000 Euro) öder Bernsteinkästchen von einmaliger Qualität- einen nur fünf Zentimeter messenden, marmornen heiligen Hieronymus (160 000 Euro). Um 1430 schuf ihn derselbe sogenannte Meister von Rimini, dessen allerdings deutlich größerer Apostel Philippus bei Daniel Katz aus London gut das Zehnfache kostet; ihn hat ein bedeutendes New Yorker MuSeum schon reserviert. Bei Böh1er begeistert Georg Petel als grandioser Schnitzer, da Winden sich schmerzgekrümmte Sehäther neben dem Gekreuzigten, die gemarterte Muskulatur angespannt und trotz des kleinen Formats mit jeder Faser frühbarocke Emphase verströmend (750 000 Euro). Bei Otto Naumann führt Ludovico Casellis große Marmorgruppe „Hagar und Ismael" von 1850 die Härte des Wüstenlebens auf (375 000 Dollar), umgeben, von Alten Meistern; etwa Theodore Romboirts munter schummelnden „Kartenspielern". Zurück von der großen Münchner Ausstellung zu Canaletto, hängt seine Idealvedute mit Selbstbildnis in venezianischem Adelsgewand wieder am Stand. Objekte, die wie dieses Bild zwölf Millionen Dollar erfordern, brauchen manchmal Zeit. Nur Marktfrisches aufzubieten wäre ohnehin unmöglich bei der gebotenen Fülle alter Malerei — immer noch Nukleus dieser Messe. Liegt es am knappen Nachschub, wenn der eine oder andere Atmeisterhändler mit der Moderne flirtet? Nähert man sich Drei Frauen, drei Jahrhunderte: Caspar Netschers „Dame mit Papagei" bei Richard Green (6,7 Millionen Euro), Julia Margaret Camerons „Study of the Cenci" bei H. P. Kraus (75 000 Dollar), Kees van Dongens „Femme rose sur fond rouge" bei Ivo Bouwman (3,4 Millionen Pfund). Fotos Galerien, © VG Bild-Kunst, Bonn 2015 damit einem jüngeren Geschmack an, oder neidet man der Moderne ihre teilweise irrwitzigen Preise? Vermutlich ist es eine Kombination aus 'alldem. Und ob man sich bei Möretti für eine Madonna mit Kind aus Botticellis Umkreis entschiede oder für ein schneeweißes Nagel-Lein wand-Relief von Enrico Castellani, ist bei je mehr als einer Million Euro eher Geschmacks- als Preisfrage. Konrad 0. Bernheimer bleibt in Maastricht bei seinem und Colnaghis ureigenem Leisten.. Im Hieronymus-Kloster zu Cuenca in Spanien entdeckte er Abraham Janssens Prachtgemälde des heiligen Hieronymus mit Lendentuch, dem Löwen und abgelegtem Kardinalshut in bester caravaggesker HellDunkel-Manier (1,1 Millionen Euro). Prominent hängte Richard Green Caspar Netschers reizende „Dame mit Papagei", ein Werk mit bewegter Vergangenheit: Zweimal von den Nationalsozialisten geraubt, vom Wuppertaler Von-der-Heydt-Museum restituiert und im vergangenen Jahr bei Christie's in London versteigert, sucht die niedliche Dame nun für 6,7 Millionen Euro ein langfristiges Zuhause. In der Londoner Weiss Gallery bekommt der jüngere Frans Pourbus einen Soloauftritt mit etlichen Porträts von Händlern und Monarchen in feiner Renaissancespitze, aus der das Töchterchen von Henri IV. und Maria Medici wie schaumgeboren hervorschaut. Auf eine Doppelschau von Kirchner und Grosz konzentriert man sich bei Henze & Ketterer, während die meisten Kollegen ihr Programm an Klassischer Moderne weit aufspannen. Mehrmals begegnet man dabei schönen Frauen von Kees van Dongen, der schönsten Glutäugigen vielleicht bei Ivo Bouwman aus Den Haag. Bereits 1978 verkaufte er die „Femme rose sur fond rouge", damals für etwa 280 000 Gulden; jetzt kam 'sie an ihn zurück und kostet 3,4 Millionen Pfund. Seit den Neunzigern steigen Wertschätzung und Preise des Fauvisten kontinuierlich. An Außenund Hauptwänden plazieren die Aussteller ihre Highlights, die großen Formate und teuren Hingucker. Meistens aber lohnt die Inspizierung des Stand-Innenlebens. Nur so lässt sich bei Hopkins hinter Picasso und Marx Ernst auch Emile Bernards kleine 'Ansicht des Hafens von St. Briac von 1887 entdecken, wo lachsrote Segel leuchten und Frauen am Strand werkeln (190 000 Euro). Und bei Richard Nagy suchen zarte erotische Schiele-Zeichnungen weiter hinten Lichtschutz. Nicht n-ur. Thomas von Salis kombiniert Design und Kunst, insbesondere Fornasettis Leopardenkommode mit 'einer Traumszenerie von de Chirico (675 000 Euro). Auch Axel Vervoordt geht wieder in die Vollen, jede Menge Uecker-Nagelbilder, dazu Möbel-Ikonen und Antiken in den Regalen. Erstklassig steht die Design-Abteilung da, wo man die Galerie Downtown als ein komplett mit Originalmöbeln eingerichtetes Shaker-Haus betritt. Nebenan räumt Yves Macaux mehrere Kabinette ausschließlich Objekten von Gustave Serrurier-Bovy ein. Zehn Jahre sammelte er den zwischen floralem und strengem Jugendstil changierenden Lütticher Gestalter. Neuaussteller De/nisch Danant setzt den Akzent bei kühlen Entwürfen der sechziger und siebziger Jahre. Hier noch ein paar Superlative: Die kleinsten Landschaften von Tefaf hat Daxer & Marschall ausgemessen, Johann Christian Clausen Dahis „Oder im Mondschein" und Peter Balkes norwegischer „Berg Stetind" sind je nur rund zwölf Zentimeter breit. Das schönste Klavier steht bei Sengen David Roentgen tarnte es 1785 als elegantes klassizistisches Bureau-Plat, aufgeklappt zeigt es sein' melodisches Geheimnis, für die Musiktechnik sorgte Peter Kinzing. Den dicksten Büffel bändigt Littleton & Hennessy in Gestalt einer lebensnahen chinesischen Bronze der Quing Dynasty: Die meisten Soldaten-Vasen offeriert Jorge Welsh: Sieben der kindsgroßen chinesischen Kostbarkeiten zieren seinen Stand. Ihren Namen verdanken sie übrigens der Gewohnheit Augusts des Starken, solche Stücke mit Soldaten statt mit Geld zu bezahlen. Und die frechste Mickey Mouse grinst bei Marlborough von Manolo Val- ' d8s atelierfrischem Großformat. An Fotografie Interessierten dürften bei H. P. Kraus wieder einmal die Augen übergehen vor frühen Aufnahmen wie Julia Margaret. Camerons melancholischem Mädchenbild „Study of the Cenci", welches die große Künstlerin mit ihrer charakteristischen Unschärfe umhüllt (75 000 Dollar). Daniel. Blau bringt Raritäten aus dem Nachlass des Duc de Luynes mit; 1864 und 1866 ließ dieser Archäologe und berühmte Sammler Forschungsreisen von den Fotografen Louis Vignes _und Henri Sauvaire begleiten, deren Aufnahmen uns überliefern,, wie es zwischen Beirut und Palmyra, in Hebron und Syrien zu friedlicher/ Zeiten aussah (Einzelbilder von 3500 Euro an). BRITA SACHS MECC Maastricht, bis zum 22. März. Täglich von 11 bis 19 Uhr, am Sonntag, dem 22. März, von 11 bis 18 Uhr. Eintritt 40 Euro, inklusive Katalog 55 Euro, für zwei Personen 95 Euro.