Erfahrungsbericht Auslandsaufenthalt in Istanbul an der Yeditepe

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Erfahrungsbericht Auslandsaufenthalt in Istanbul an der Yeditepe
Erfahrungsbericht
Auslandsaufenthalt in Istanbul an der Yeditepe Universität
September 2014 bis Januar 2015
Carolin Hein
Gliederung:
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
Warum Istanbul?
Planung und Vorbereitung
Anreise, Ankunft und Organisation vor Ort
Das Leben an der Universität
Wohnen und leben in Istanbul
Vor bzw. nach der Abreise
Fazit
1. Warum Istanbul?
Dass ich während meines Studiums ein Semester im Ausland verbringen möchte stand für mich schon
von Anfang an fest. Allerdings noch nicht das Ziel. Als das Auslandssemester immer näher rückte,
musste ich mich dann auch für ein Ziel entscheiden. Zur Auswahl standen unzählige Städte in fast allen
europäischen Ländern. Letzten Endes habe ich mich für die Türkei als meine erste Wahl entschieden,
da es meiner Meinung nach das Land mit der unterschiedlichsten Kultur und Religion war. Für Istanbul
habe ich mich entschieden, weil es eine große Stadt ist in der man viel sehen und erleben kann.
Außerdem wusste ich auch von einer Freundin, die dort auch ihr Auslandssemester verbracht hat, dass
es dort gute Universitäten gibt.
2. Planung und Vorbereitung
Als Erstes muss man sich für sein Wunschziel und am besten noch für zwei Alternativen entscheiden.
Neben einem Motivationsschreiben muss man noch ein weiteres Dokument, das man von der
Universität bekommt, ausfüllen und sich damit bewerben. In der ersten Phase ist der Aufwand noch
relativ gering, allerdings sollte man unbedingt die Fristen im Auge behalten und diese auch einhalten.
Nach der Zusage habe ich relativ schnell eine Mail von der Gastuniversität mit weiteren Unterlagen
zum ausfüllen erhalten. Vor dem Auslandsaufenthalt muss man bereits die Kurse angeben, die man
gerne belegen möchte. Kursbeschreibungen von der Gasthochschule waren auf deren Homepage zu
finden. Allerdings muss man sich noch nicht endgültig festlegen, da die Kurse noch vor Ort ohne
Probleme umgewählt werden können.
Vor der Abreise hat man sich allerdings nicht nur um die Unterlagen der Universitäten zu kümmern,
sondern sollte auch zu den jeweils zuständigen türkischen Konsulat und sich ein Studentenvisum
besorgen. Dies ist zwar nicht Pflicht, allerdings spart man sich damit Kosten. Man kann sich bei dem
Konsulat über die aktuell nötigen Unterlagen erkundigen, da sich die Vorschriften in der Türkei ständig
ändern. Wichtig ist darauf zu achten, dass man nicht vor Beginn seines Visums einreist. Dies kann man
zwar tun, allerdings reist man dann nicht mit gültigem Visum ein. Das heißt man müsste dann eigentlich
ausreisen und im Gültigkeitszeitraum wieder einreisen. Ich bin leider nur als Tourist, also vor
Gültikeitsdatum meines Visums, eingereist und nicht mehr ausgereist. Daher musste ich um mein
Residence permit zu erhalten eine hohe Strafe zahlen. Die Strafe war mehr als 100 Euro. Diese muss
man auch zahlen wenn man ohne Studentenvisum einreist.
Außerdem sollte man sich so bald wie möglich um einen Flug kümmern, da diese mit der Zeit immer
teurer werden. In Istanbul gibt es zwei Flughäfen. Da beide mit öffentlichen Verkehrsmitteln gut zu
erreichen sind, spielt der Ankunftsflughafen keine Rolle.
Vor der Abreise habe ich noch eine zusätzliche Auslandskrankenversicherung abgeschlossen, die einen
gegen alle möglichen Vorfälle absichert. Der Schutz ist umfassender und bei einem längeren
Auslandsaufenthalt auch notwendig. Falls man gesetzlich versichert ist, sollte man sich außerdem von
der Krankenkasse ein sogenanntes T/A 11 Abkommen besorgen. Dies bestätigt ein Abkommen
zwischen der Türkei und Deutschland bzgl. der Gesundheitssyteme. Das Dokument kann man bei der
Beantragung für das Residence permit verwenden, um eine ausreichende Krankenversicherung
nachzuweisen.
Um eine Wohnung kann man sich auch schon vor der Abreise kümmern. Es gibt eine Seite namens
„craiglist“ (http://istanbul.de.craigslist.com.tr/search/roo). Dort findet man viele Angebote, allerdings
muss man oft eine Vermittlungsgebühr zahlen. Meist ohne Extragebühren findet man Wohnungen in
Facebookgruppen wie „Flatshare Erasmus Istanbul“. Dort kann man die Wohnungen bzw. Zimmer zwar
auf Bildern sehen, trotzdem habe ich mich entschieden mir mein Zimmer erst vor Ort zu suchen. Das
klappt auch ohne Probleme, wenn man schon ein paar Tage vor Unibeginn in Istanbul ist. Dadurch
lassen sich unangenehme Überraschungen vermeiden. Als Stadtteil kann ich Kadiköy sehr empfehlen,
da man von dort aus alle Stadteile und auch die Universität gut erreichen kann und der Teil auch einen
besonderen Charme durch die vielen kleinen Läden, Cafés und Bars hat. Außerdem ist es dort nicht so
touristisch und zum Bosporus hat man es nicht weit. Man kann natürlich auch auf dem Campus im
Wohnheim wohnen, allerdings kam das für mich nie in Frage, da die Universität nicht sehr zentral liegt,
es keine Einzelzimmer gibt und es dort auch keine Kochgelegenheit vorhanden ist.
3. Anreise, Ankunft und Organisation vor Ort
Einreisen in die Türkei darf man als deutscher Staatsbürger mit dem Personalausweis oder dem
Reisepass. Beides sollte noch mindestens ein Jahr gültig sein. Wie bereits erwähnt, haben beide
Flughäfen in Istanbul eine gute Anbindung. Sabiha Gökcen ist auf der asiatischen Seite gelegen und ist
der Flughafen, den die billigeren Airlines anfliegen. Am Flughafen gibt es einen Shuttlebus („Havatas“),
der nach Kadiköy fährt. Von dort aus sind alle Stadtteile gut zu erreichen. Vom Atatürk Flughafen aus,
auf der europäischen Seite gelegen, kann man entweder auch einen Shuttlebus bis an den Taksim Platz
nehmen oder die Metro bzw. auch den Metrobus. Den Shuttlebus muss man bar, also mit türkischen
Lira, bezahlen, die man sich am besten in Deutschland besorgt oder am Flughafen wechseln lässt. Für
die Metro bzw. den Metrobus sollte man sich eine „Istanbulkart“ besorgen, welche es an den
Metrostationen oder manchmal auch an kleinen Kiosken gibt. Diese kostet 7 Lira und ist beliebig oft
aufladbar. Die Karte wird benötigt um mit der Metro, dem Metrobus oder dem Linienbus zu fahren.
Falls man sich die Wohnung erst vor Ort suchen möchte, wie ich es getan habe, kann man die ersten
Tage auch in einem der zahlreichen Hostels oder Hotels verbringen. Wie bereits erwähnt, findet man
zahlreiche Wohnungsangebote über Craiglist oder Facebook. Um ein Handy vor Ort nutzen zu können
bzw. eine türkische Nummer zu erhalten muss man im Vergleich zu den meisten anderen Ländern
einen großen Aufwand betreiben. Es gibt die drei großen Anbieter Turkcell, Vodafone und Avea. Avea
und Vodafone sind zwar günstiger, allerdings hat man mit Turkcell den besten Empfang und daher
würde ich auch diesen Anbieter empfehlen. Es ist sinnvoll sich eine große Filiale aufzusuchen, da hier
die Wahrscheinlichkeit am größten ist dass jemand Englisch spricht. Als erstes muss man sich eine
Simkarte kaufen. Danach muss man mit dem Beleg zu einem Tax office und das Handy registrieren
lassen. Anschließend muss man wieder zurück zum Turkcell Laden und die Registrierung bestätigen
lassen. Insgesamt fallen Kosten in Höhe von ca. 100 Euro an. Es gibt verschiedene Tarife mit
unterschiedlich viel Internetvolumen und Freiminuten, welche man monatlich buchen muss. Um die
Registrierung zu vermeiden kann man sich auch ein Handy vor Ort kaufen, allerdings bleiben die
Gesamtkosten ungefähr gleich. Ein sehr großes Thema bzw. auch ein großer Aufwand ist die
Aufenthaltsgenehmigung (Residence permit), die man bei einem Aufenthalt von über drei Monaten
benötigt. Man sollte sich sofort nach Anreise oder noch besser schon vor Abreise einen Termin
besorgen. Dies ist im Internet auf der Homepage der Polizei möglich. Wichtig ist zu wissen, dass man
den Termin entweder in dem Stadtteil, in dem man wohnt oder auf der zentralen Polizeistation
vereinbaren muss. Vor dem Termin sollte man sich rechtzeitig um alle nötigen Dokumente kümmern.
Zu dem Termin mitzubringen sind in jedem Fall vier Passbilder, die Immatrikulationsbescheinigung
(Letter of enrolement) der Gastuniversität, das Dokument das man bei der Terminvereinbarung
bekommt, Ausweiskopien (erste Seite, Seite mit dem Einreisestempel und dem Visum), 50 Lira und
eine Versicherungsbescheinigung. Die meiste Zeit muss man hier für die Versicherungsbescheinigung
einplanen. Wenn man gesetzlich krankenversichert ist, sollte man ein sogenanntes T/A 11 Abkommen
bei der Krankenkasse anfordern. Damit muss man dann zu einer Gesundheitsbehörde (SGK) in der
Türkei gehen und sich den ausreichend gewährleisteten Versicherungsschutz bestätigen lassen. Es ist
ratsam zu dem Termin für die Aufenthaltserlaubnis eine türkisch sprechende Begleitung mitzubringen,
sofern man selbst kein Türkisch spricht, da die Polizisten meist kein Englisch sprechen. Wenn man alle
Dokumente wie gewünscht vorlegen kann, geht es auch ohne Türkischkenntnisse, allerdings gibt es oft
Probleme und diese sind ohne die nötigen Sprachkenntnisse nur schwer lösbar. Außerdem kann es
auch passieren dass man noch zusätzliche Dokumente benötigt. Dies ist abhängig vom jeweiligen
Polizisten. Man sollte unbedingt nach einer vorläufigen Aufenthaltserlaubnis fragen, falls der
Polizist/die Polizistin dies nicht von selbst ausstellen. Damit kann man ohne Probleme ein- bzw.
ausreisen. Es kann auch sein dass die Bearbeitungszeit sehr lange dauert und man die originale
Erlaubnis (in Kartenform) nicht rechtzeitig erhält. Bei der Ausreise benötigt man dann zumindest die
vorläufige Erlaubnis in Papierform.
4. Das Leben an der Universität
Zu der Yeditepe Universität gibt es eine gute Verbindung mit öffentlichen Buslinien. Von Kadiköy aus
kann man mit den Nummern 19 und 19F fahren, die ca. alle 10 Minuten abfahren. Bezahlt wird wieder
mit der Istanbulkart. Es fährt auch ein Shuttlebus von der Universität, allerdings ist der teurer als der
öffentliche Bus. Zu Beginn des Semesters hatten wir eine Informationsveranstaltung, die man auch
besuchen sollte, da dort wichtige Informationen verkündet werden und man in den ersten Kontakt mit
anderen Studenten kommt. Vor Vorlesungsbeginn sollte man sich an seinem Department einen
Vorlesungsplan besorgen. Dort kann man die jeweiligen Kurszeiten und Raumnummern entnehmen.
Die passenden Kursbeschreibungen findet man auf der Yeditepe Homepage. In der ersten Woche kann
man sich alle Vorlesungen in Ruhe anschauen. Dies ist auch zu empfehlen, da oft Kurse, die in
englischer Sprache gehalten werden sollten, dann doch in türkischer Sprache sind. Die zweite
Vorlesungswoche dient als „add and drop“ Woche. Dort kann man die vor der Abreise gewählten Kurse
umwählen. Dies muss man sich unbedingt vom Department Koordinator bestätigen lassen. Der
Unialltag ist etwas anders als in Deutschland. Es gibt eigentlich in jedem Kurs Anwesenheitspflicht.
Zusätzlich zu der Klausur am Ende des Semesters muss man meist noch eine Zwischenprüfung
schreiben. Außerdem sind Präsentationen und Hausaufgaben auch Bestandteil eines jeden Kurses. Der
Campus der Universität ist gut ausgestattet. Man hat dort zahlreiche Restaurants, einen Supermarkt,
eine Bank und einen Buchladen. Außerdem kann man sich in seiner Freizeit sportlich betätigen. Es gibt
dort Tennisplätze, Basketballplätze, ein Fitnessstudio, ein Schwimmbad und sogar einen Pool. Leider
muss man für alles separat bezahlen. Noch ein kleiner Tipp: man sollte sich am besten schon vorher
über die Anrechnung Gedanken machen. Es ist sehr hilfreich sich vor der Rückreise nach Deutschland
schon alle nötigen Unterlagen (Kursunterlagen, Gliederung, Teilnahmebescheinigungen usw.) zu
besorgen um damit den Anrechnungsprozess zu erleichtern.
5. Wohnen und leben in Istanbul
Das Leben in Istanbul ist einmalig. Istanbul ist eine gigantische Stadt und hat daher auch alles zu bieten,
was man sich vorstellen kann. Es gibt zahlreiche Sehenswürdigkeiten, Museen und viele Moscheen.
Auch einige Tagesausflüge bieten sich von Istanbul aus an, wie die Prinzeninseln oder verschiedene
Ausflüge zum Strand. Das Nachtleben hat einiges zu bieten. Während in der Gegend um den Taksim
Platz vor allem viele Clubs zu finden sind, hat man in Kadiköy eine riesige Auswahl an Bars. Mobil zu
sein in Istanbul ist sehr einfach. Neben Metro, Metrobus und Linienbus gibt es zudem noch preiswerte
Taxen, Sammeltaxen (Dolmus), Minibusse und Fähren (letztere zahlt man bar). Um die öffentlichen
Verkehrsmittel noch günstiger nutzen zu können, kann man sich auch eine Studententransportkarte
ausstellen lassen. Dazu benötigt man lediglich die Immatrikulationsbescheinigung und ein Passbild. Die
Transportkarte kostet 10 Lira und man zahlt anschließend nur noch die Hälfte. Die Karte erhält man in
bestimmten Büros der Verkehrsgesellschaft. In Kadiköy liegt dieses direkt neben dem Busbahnhof.
Sparen kann man als Student außerdem noch bei den Museumseintritten. Für nur 25 Lira kann man
sich eine Museumskarte kaufen. Damit kann man ein Jahr lang fast alle Museen in der Türkei umsonst
und beliebig oft besuchen.
6. Vor bzw. nach der Abreise
Vor der Abreise muss man noch verschiedene Dokumente der Gastuniversität ausfüllen lassen. Zudem
auch die Abreise für die Heimatuniversität bestätigen lassen. Dies sollte man nicht am letzten Tag tun,
da es oft schwierig ist die Verantwortlichen persönlich anzutreffen. Zurück in Deutschland sollte man
sich um die restlichen anfallenden Dokumente und die Anerkennung kümmern.
7. Fazit
Die Entscheidung mein Auslandssemester in Istanbul zu verbringen habe ich und werde ich nie
bereuen. Das Land, die Leute und deren Kultur und natürlich Istanbul sind einmalig. Ich habe in diesen
fünf Monaten so viel gelernt, gesehen und erlebt. Die Türkei ist wirklich ein wunderschönes Land. Dort
gibt es Berge, das Meer und viele historische Stätten. Die Menschen sind hilfsbereit, offen und sehr
gastfreundlich. Man lernt im Auslandssemester nicht nur ein neues Land und die Einheimischen
kennen, sondern viele andere Erasmusstudenten aus den unterschiedlichsten Ländern. Dadurch hat
man nicht nur einen Einblick in die türkische Kultur, sondern auch in viele andere. Seine
Englischkenntnisse verbessert man dadurch automatisch. Man lernt aber vor allem viel über sich selbst
und sich selbst zu organisieren. Selbstständigkeit ist hier gefragt und auch nötig. Auch improvisieren
sollte man können bzw. lernt man, denn viele Türken sprechen kein Englisch. Trotzdem konnte ich
mich immer irgendwie verständigen und habe bekommen was ich wollte. Etwas gestört hat mich die
relativ schlechte Organisation an der Gastuniversität. Außerdem auch die übertriebene Bürokratie der
Türkei und deren nicht funktionierendes System. Ich hatte viele Probleme mit meiner
Aufenthaltserlaubnis. Zudem wird man als Tourist gerne und oft abgezockt. Dies passiert sogar in
offiziellen Läden wie Turkcell. Trotzdem überwiegen die positiven Erfahrungen und Eindrücke bei
weitem die Negativen und daher kann ich Istanbul und auch die Yeditepe Universität als Ziel des
Auslandsaufenthalts nur empfehlen.