Bericht über das ERASMUS-Semester an der Marmara Üniversitesi

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Bericht über das ERASMUS-Semester an der Marmara Üniversitesi
Bericht über das ERASMUS-Semester an der Marmara
Üniversitesi im Sommersemester 2013
Vorbereitung:
Zur Vorbereitung lässt sich nicht allzu viel sagen. Man sollte sich rechtzeitig um
die Bewerbung kümmern. Die Semesterzeiten in der Türkei wichen von denen
in Deutschland ab. So beginnt
das Wintersemester bereits im
September
und
Sommersemester
schon
das
im
Februar, ist Ende Mai aber auch
schon vorbei. Auf der Homepage
des
International
Office
der
Marmara Üniversitesi finden sich
eigentlich
Dokumente
(http://international.marmara.edu.tr/).
Ein
alle
erforderlichen
Motivationsschreiben
brauchte ich nicht. Es hat gereicht, den Bewerbungsbogen auszufüllen, was
ungefähr eine halbe Stunde in Anspruch nimmt. Kompliziert wird es allerdings
mit dem Learning Agreement: da die Kursliste für das kommende Semester
relativ spät feststehen und sich jederzeit ändern können, sollte man sich einfach
eine Kursliste aus dem vergangenen Semester
nehmen und von dort Kurse wählen. Das Learning
Agreement lässt sich leicht vor Ort in Istanbul
anpassen. Rechtzeitig sollte man sich auch um ein
Studentenvisum für die Türkei kümmern. Das
bekommt man bei jedem türkischen Konsulat und
kostet um die 60€ (Stand 2013). Vor Ort muss man
als Austauschstudent bald nach seiner Ankunft noch
ein sogenanntes Residents Permit beantragen. Dies
kostet ca. 80€ und erlaubt einem, das Land zu
verlassen und wieder einzureisen. Aber auch darüber finden sich Informationen
auf der Homepage des International Office (s.o.). Bei Fragen konnte ich mich
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aber auch jeder Zeit an Herrn Mühlenberg wenden. E-Mails an das International
Office in Istanbul blieben meist unbeantwortet.
Unterkunft:
Die Marmara Üniversitesi bietet seinen Austauschstudenten kein festes
Kontingent an Zimmern in einem Studentenwohnheim an. Man kann sich aber
dennoch dafür bewerben. Davon ist
aber abzuraten, da die Zimmer
meist mit anderen geteilt werden,
relativ dreckig sind und strenge
Hausordnungen gelten. Viel besser
ist es, sich nach einer privaten
Unterkunft
hilft
umzuschauen.
die
Dabei
Internetseite
http://www.craigslist.org/about/sites. Dort werden ähnlich wie bei wg-gesucht.de
Zimmer und Wohnungen angeboten. Einige meiner Kommilitonen haben bereits
ein Zimmer gemietet bevor sie in Istanbul ankamen. Ich bin zuerst in ein Hostel
gezogen und habe vor Ort Besichtigungen gemacht – diesen Weg würde ich
auch empfehlen, da du deine potentiellen Mitbewohner sofort kennenlernst.
Zumal ist es zu Beginn hilfreich zuerst einmal ein Gefühl für die Größe der Stadt
zu bekommen, um nicht in einem dezentralen Stadtteil zu landen. Freunde, die
ein Zimmer bereits aus ihren Heimatländern gemietet hatten, waren überrascht,
als sie in Istanbul ankamen und
teilweise
am
Stadtrand
ihre
Wohnungen vorfanden. Ein Zimmer
vor
Ort
zu
finden
ist
relativ
unkompliziert, bei mir hat es 2 Tage
gedauert. Das Angebot ist groß und
die Leute meistens sehr offen. Die
Durchschnittsmiete
bei
mir
und
meinen Kommilitonen lag zwischen 600 und 650 Lira, wobei man sagen muss,
dass dies Preise für Ausländer sind und Einheimische für die gleichen Zimmer
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wohl weniger zahlen müssten. Wo man in Istanbul leben möchte ist eine Frage
über die man sich schnell klar werden sollte. Der Campus der Fakultät für
Kommunikations-wissenschaften ist auf der europäischen Seite der Stadt. Wer
es schnell zum Taksim (dem Ausgehviertel) oder zur Uni haben möchte, sollte
dort hinziehen – nimmt aber in Kauf, zu den meisten seiner Freunde lange zu
pendeln. Denn man sollte bedenken, dass die meisten Erasmus-Studenten der
Marmara im Stadtteil Kadiköy auf der asiatischen Seite wohnen. Dort gibt es
viele Bars und kleine Geschäfte. Da sich die Zahl an Kursen, die man in der
Woche hat, in Grenzen hält, ist es einen Gedanken wert einen weiteren Weg
zur Uni in Kauf zu nehmen aber dafür in der Nähe seiner Kommilitonen zu
wohnen. Ich würde empfehlen, nach Kadiköy zu ziehen.
Studium an der Marmara Üniversitesi:
Das Studium an der Marmara Üniversitesi hält einige Überraschungen bereit.
Zunächst gab es keine Kursliste von der man seine Kurse hätte wählen können.
So waren wir gezwungen zu jedem
Dozenten persönlich zu gehen, der
einen
englischsprachigen
Kurs
angeboten hat, und zu fragen, ob wir
an seinem Kurs teilnehmen dürfen. Der
ERASMUS-Koordinator
unserer
Fakultät war leider keine große Hilfe. Er
zeichnete sich eher durch Unwissenheit
und Desinteresse an den ERASMUS-Studenten aus. Man braucht ihn jedoch
auch nur, um das Learning Agreement unterschreiben zu lassen, danach kann
man getrost auf ihn verzichten. Nach dem Treffen mit allen Dozenten stelle sich
heraus, dass die Fakultät zwar offiziell Kurse in englischer Sprache anbietet,
diese allerdings alle auf Türkisch unterrichtet werden, da die einheimischen
Studenten nur schlechtes Englisch sprechen. Die meisten Dozenten waren
jedoch
sehr
bemüht
und
haben
uns
Einzelstunden
angeboten
oder
Projektarbeiten mit uns vereinbart, sodass wir eigentlich nicht die Kurse
besuchen mussten. Die Klausuren (es gibt Midterms und Finals) müssen
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dennoch mitgeschrieben werden. Allerdings wird man vorher genau gebrieft,
was im entsprechenden Examen vorkommt, sodass man eigentlich nicht
durchfallen sollte. Einige Dozenten lassen auch selber entscheiden, ob man die
Klausur mitschreiben möchte oder stattdessen ein Paper schreibt, dass man
dann in während der Klausur abgibt. Ich selbst habe die Universität seit den
Zwischenprüfungen nicht mehr von innen gesehen und habe alle Prüfungen gut
bestanden. Die Klausuren sind für die ERASMUS-Studenten auch auf Englisch.
Zum Lehrniveau lässt sich sagen, dass es im Vergleich zu Deutschland viel
niedriger ist. Der Stoff, der durchgenommen wird, ist nicht sonderlich schwer
und vieles kannten wir auch schon von unseren Heimatuniversitäten. Der
Unterricht
ist
weniger
durch
Diskussionen
gekennzeichnet
als
durch
Frontalunterricht: der Dozent schreibt
etwas an die Tafel und alle schreiben
es ab. Da es an der Fakultät nur
wenige Austauschstudenten gibt, die
einheimischen Studenten nur schlecht
Englisch sprechen und der Campus
ansonsten auch relativ weit weg von
den anderen ist, empfiehlt es sich
auch
an
dem
angebotenen
Türkisch
Kurs
für
Austauschstudenten
teilzunehmen. Dort trifft man in einer Klassenatmosphäre eigentlich alle
anderen und kann erste Kontakte knüpfen.
Alltag und Freizeit:
Istanbul ist eine unglaubliche Stadt und alle Mühen im Vorfeld wert. Ein
Semester reicht nicht aus, um alles zu
machen oder zu erleben, was diese Stadt
einem bietet. Der Alltag war vor allem
dadurch gekennzeichnet, sich mit seinen
Freunden
treffen.
Dann
hat
man
gemeinsam die Stadt erkundet, Nargile
geraucht oder Cay getrunken. Man kann
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Ausflüge an das Schwarze Meer machen, wenn man schwimmen möchte, man
kann sich Museen angucken, den Prinzeninseln vor Istanbul einen Besuch
abstatten, dort picknicken, Fahrrad fahren oder einfach die Ruhe genießen.
Istanbul ist riesig und schwer mit einer anderen europäischen Metropole
vergleichbar. Am Abend trifft man sich in
einer der unzähligen Bars in Kadiköy
oder Taksim, wo man anschließend bis
in den nächsten Morgen feiern gehen
kann. Die Ausgehmöglichkeiten, vor
allem Clubs und Diskotheken, liegen
relativ
dicht
Auswahl
ist
beieinander
und
überschaubar.
die
Aber
eigentlich ist für jeden etwas dabei und es ermöglicht auch, Studenten von
anderen Universitäten kennenzulernen. Auch wenn man sich nicht verabredet
hat, so trifft man sich doch immer wieder zufällig in Taksim. Man sollte in
Besiktas frühstücken gehen, in Ortaköy eine frische Waffel essen, ein
Fußballspiel eines der drei großen Istanbuler Vereine besuchen, die Fähre über
den Bosporus nehmen … Genießt die Stadt und ihre einmalige Atmosphäre aus
westlichen Lebensphilosophien auf der einen und
traditionellen, muslimischen Werten auf der anderen
Seite.
Istanbul
Geschäftsviertel
ist
direkt
kontrastreich.
neben
Reiche
kleinteiligen
Wohnvierteln. Armut und Reichtum, Tradition und
Moderne
direkt
nebeneinander.
Es
wird
nicht
langweilig, es gibt immer etwas Neues zu entdecken.
Und sollte Istanbul einem doch zu klein und eng
werden, so ist das Reisen innerhalb der Türkei nicht
teuer. Überlandbusse bringen einen für wenig Geld in
alle Gegenden des Landes, aber auch innertürkische Flüge sind relativ
preiswert. Es lohnt sich, das Land abseits von Istanbul kennenzulernen, denn
Istanbul ist nicht die Türkei und die Türkei bietet einiges, was wert ist, sich
anzusehen.
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Fazit:
Die fünf Monate, die ich in Istanbul verbringen durfte waren eine unglaubliche
Erfahrung und eine sehr intensive Zeit. Ich bereue es in keiner Weise, diesen
Schritt gemacht zu haben und kann
es jedem nur empfehlen, es auch zu
tun. Man sollte jedoch bedenken,
dass das Semester akademisch nicht
viel bringt und die Universität vor Ort
nicht unbedingt gut organisiert ist
(siehe Abschnitt „Studium“). Es gab
bei uns auch keine Veranstaltungen
(bis auf einen halbstündigen Vortrag in einem Hörsaal) für die ERASMUSStudenten, die es in der Anfangszeit leichter gemacht hätten, Leute
kennenzulernen oder sich besser in der Stadt zu Recht zu finden. Auch danach
wurde von der Gastuniversität nichts organisiert. Das ist nicht schlimm, weil
man es auch leicht alleine schafft, Leute und Stadt kennenzulernen, man sollte
jedoch nicht erwarten, dass einem dabei geholfen wird. Abgesehen von der
Universität und der Lehre also war es ein Semester, das ich nicht missen
möchte. Ich hatte die einmalige Chance mich mit Menschen aus den
verschiedensten Ländern auszutauschen, mit Ihnen das Land zu bereisen oder
einfach Feiern zu gehen.
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