Juni 2010 - KONEXUS CONSULTING GROUP

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Juni 2010 - KONEXUS CONSULTING GROUP
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Juni 2010
CONect
Das Kundenmagazin der
StadtwerkeKooperationen
einmal anders
Netzgesellschaften
im Wandel
Mediationsverfahren
zur Konfliktlösung
Carsten Liedtke
im Interview
Schnell, schlank und gut:
Shared ServiceDienstleistungen
in der Zukunft
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EDITORIAL
Liebe Leserin,
lieber Leser,
gehören Zählerwesen, Abrechnungsleistungen
und
Kundenservice eigentlich zu
den Kernkompetenzen der
Energieversorger? In jedem
Fall determinieren sie wichtige erfolgskritische
Parameter der Unternehmen, wie etwa die Kostensituation, Kundenzufriedenheit und Prozesseffizienz. Dies allein ist für uns Grund genug,
uns in dieser CONect einmal intensiver mit den
Shared Service-Dienstleistungen – heute und in
Zukunft – zu befassen. Denn nur Unternehmen,
die „drinnen“ wettbewerbsfähig agieren, werden
auch „draußen“ erfolgreich sein können.
Herzliche Grüße,
Guido Wendt, Partner und
Geschäftsführer C1 CONEXUS
BEDENKEN:
Stadtwerke-Kooperationen
einmal anders
2
Netzgesellschaften im Wandel
4
Mediationsverfahren zur Konfliktlösung
6
BELEUCHTEN:
Das Geschäftsmodell Inkasso:
zusätzliche Ertragspotenziale
realisieren
Höhere Effizienz und Kundenzufriedenheit durch Automatisierung
im Kundenservice
8
11
12
BEGEGNEN:
2
Guido Wendt und Dr. Thorsten Gliniars
Der Kostendruck, den die BNetzA auf die Netzbetreiber
ausübt, ist atemberaubend. Zudem sorgt der wachsende
Wettbewerb im Vertrieb für sinkende Margen bei immer
kleiner werdenden Marktanteilen. Auch die Komplexität
des Portfolio- und Risikomanagement hat erheblich zugenommen.
G
INHALT
Schnell, schlank und gut:
Shared Service-Dienstleistungen
in der Zukunft
StadtwerkeKooperationen
einmal anders
Carsten Liedtke im
persönlichen Gespräch
14
Das Historische E-Werk
in Baden-Baden
16
leichzeitig ist die Liste der Themen,
die durch Gesetzgeber, Politik und Öffentlichkeit auf die Agenda der Energieversorger gesetzt werden lang: Mandantentrennung, Smart Meter, E-Mobility und
CO2-freie Erzeugung seinen hier stellvertretend für viele andere genannt. Dies
alles zeigt: Die Unternehmen stehen unter
einem erheblichem Anpassungsdruck.
Und dieser Druck forciert die Kooperationsbereitschaft in der Branche.
So hat die MVV AG für die Bereiche Netz,
Billing, Metering, IT und Beschaffung beispielsweise Shared Service-Gesellschaften gegründet, die aktuell im Rahmen der
Strategiedefinition weiter gestärkt werden.
In Schleswig-Holstein wurde die Abrechnungsgesellschaft EVU Service GmbH
durch eine Reihe von Stadtwerken aus
der Taufe gehoben. Auch die Trianel ist
mit der „EnergieGut“ gestartet, einer Vertriebsgesellschaft für Stadtwerke, die
außerhalb des eigenen Netzgebietes
Strom und Gas an SLP-Kunden verkauft.
Neben erfolgreichen Beispielen gibt es
aber immer wieder auch „Kooperationsleichen“, gemeinsame Ansätze, die weder
die Erwartungen erfüllen noch genug
eigene Dynamik entfalten, um langfristig
zu reüssieren.
Betriebswirtschaftlich lassen sich drei
Fälle herauskristallisieren, die eine
Zusammenarbeit grundsätzlich sinnvoll
erscheinen lassen:
Neue Themen, die Investitionen
und Know-how Aufbau erfordern
(z.B. Smart Meter, E-Mobility oder
Portfoliomanagement Gas).
„Alte“ Themen, die unter großem
Effizienzdruck stehen und häufig
mengenkritisch sind (z.B. Abrechnung, IT oder Kundenservice)
Kapitalintensive Themen, die alleine
nicht oder nur in begrenztem
Umfang bewältigt werden können
(z.B. Kraftwerke)
Kooperationen sind aber auch mit Risiken
versehen, die einer erfolgreichen Zusammenarbeit im Wege stehen können:
Strategische Bedenken: Die Muttergesellschaften sehen das Risiko,
dass neues, strategisch relevantes
Wissen verloren geht bzw. in den
Kooperationsgesellschaften aufgebaut wird und dadurch die Kräfteverhältnisse verschoben werden.
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BEDENKEN
Mangelndes Vertrauen: Die Partner
schätzen zwar die theoretischen
Vorteile einer Zusammenarbeit, sind
aber unsicher, ob die Partnerschaft
perspektivisch nicht zu ihren Lasten
gehen wird.
die Frage, die sich jeder selbst stellen
muss: Steht mein Unternehmen mit der
Kooperation besser da als ohne, unabhängig davon, ob die Nutzenverteilung untereinander identisch ist.“
In der Energiewirtschaft wird viel über
Kooperationen gesprochen, häufig mit dem
Fokus auf strukturelle Fragen. Viel wichtiger
für den Erfolg sind jedoch die Inhalte.
Hauseigene Ineffizienzen: Effizienzvorteile in Kooperationen werden nur
erschlossen, wenn die gemeinsame
Aktivität nicht durch Ineffizienzen aus
den Mutterhäusern belastet wird.
Die Frage, ob nicht einer der Partner
sich auf Kosten der gemeinsamen
Aktivität zu entlasten versucht, führt
dann häufig zu einem Scheitern der
Zusammenarbeit.
Lufthansa-CEO Wolfgang Mayrhuber hat
sich einmal zu der Frage, ob die Kooperation „Star Alliance“ für seine Gesellschaft
vorteilhaft sei, sinngemäß folgendermaßen
geäußert: „Wichtiger als die Frage, ob jeder
Kooperationspartner den gleich großen
Nutzen aus der Zusammenarbeit zieht, ist
Diesen Grundsatz beherzigt z.B. auch der
EnBW-Konzern. Die beteiligungsführende
Gesellschaft EKB initiiert, basierend auf regelmäßigen Gesprächen mit den Beteiligungsstadtwerken in Baden-Württemberg,
einen geordneten Themenfindungsprozess. Dabei werden potenzielle Inhalte in
einer Vorstudie gemeinsam mit den Stadtwerken auf Relevanz, Nutzenpotenziale
und Ausgestaltungsvarianten hin analysiert. Erst dann wird untersucht, ob und in
welcher Form dem Thema kooperativ begegnet werden soll.
So wurde beispielsweise vor drei Jahren
das Thema „Regulierungsmanagement“ zu
einer zentralen Informationsdrehscheibe
aufgebaut. Die Stadtwerke waren sehr in-
teressiert daran, Aspekte wie Netzentgeltanträge oder den Umgang mit der Regulierungsbehörde durch diesen Systemkopf
absichern zu lassen. Sehr erfolgreich wurde
sich dort vor zwei Jahren zudem des Themas „Smart Metering“ angenommen. Die
Stadtwerke haben in einer Entwicklungspartnerschaft Know-how gebündelt, Lösungskonzepte definiert, White Label-Produkte aufgebaut und mit Überlegungen zur
Gründung einer gemeinsamen Smart Meter-Gesellschaft begonnen. Aktuell stehen
in diesem Kreis Themen wie „Vertrieb“ und
„Mikro-KWK“ im Fokus der Bearbeitung.
Das EnBW-Beispiel einer erfolgreichen und
nachhaltigen Zusammenarbeit folgt also
dem Grundsatz: Erst der Inhalt, dann die
formalen Fragen. Herr Dr. Kleine, Geschäftsführer der EKB GmbH beschreibt
es treffend: „Es werden keine leeren strukturellen Hülsen geschaffen, denn bei einigen Themen ist es gar nicht notwendig,
gesellschaftsrechtliche Gesichtspunkte zu
diskutieren. Wesentlich sind hingegen die
inhaltliche Sinnhaftigkeit und der betriebswirtschaftliche Nutzen. Und durch die langfristige Zusammenarbeit wächst das Vertrauen zwischen den Partnern – das wesentliche Element, wenn es um Kooperationen geht“.
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BEDENKEN
Netzgesellschaften im Wandel
Prof. Dr. Jörg Effmann und Michael Martenka
Zum 1. Juli 2007 mussten alle Energieversorgungsunternehmen im Strom- und Gasgeschäft das „Legal
Unbundling” umsetzen, sofern sie hier mehr als 100.000 Kunden beliefern. Von rund 80 Prozent der
betroffenen Unternehmen ist laut Monitoring Bericht 2008 das Modell der „schlanken Netzgesellschaft”, auch Pacht- oder Dienstleistungsmodell genannt, gewählt worden.
A
ls logische Konsequenz der politisch
gewollten Regulierung des Netzgeschäftes
unterliegen seither die Netznutzungsentgelte für den Zugang zu den Transport- und
Verteilnetzen der Aufsicht von Bundesnetzagentur (BNetzA) bzw. den jeweiligen
Landesregulierungsbehörden (LRegB). Das
anfängliche System der Methodenregulierung der Jahre 2005 bis 2008 ist zum 1. Januar 2009 vom Modell der Anreizregulierung abgelöst worden. Während die Netzentgelte zunächst lediglich auf die verordnungskonforme Kalkulationsmethodik von
den Regulierungsbehörden überprüft wurden, haben diese mit Einführung der Anreizregulierung über die Vorgabe einer Erlösobergrenze nun direkteren Zugriff auf die
Höhe der Netznutzungsentgelte und damit
auf die Höhe einzelner Kostenpositionen.
Die Netzentgeltgenehmigungen der ersten
Regulierungsjahre haben bereits zu durchschnittlichen Netzentgeltsenkungen in Größenordnungen von rund zehn bis 15 Prozent geführt. Dieser Entgelt- und damit
4
auch Kostendruck hat sich mit Einführung
der Anreizregulierung z.T. noch erheblich
verstärkt. Viele der im Rahmen des KostenBenchmarkings aller Strom- und Gasnetzbetreiber als mehr oder weniger ineffizient
eingestuften Netzbetreiber sehen sich in
der laufenden ersten Phase der Anreizregulierung mit dem Zwang zu weiteren Kosten- und Erlösanpassungen konfrontiert.
Von der BNetzA veröffentlichte Zahlen sprechen von durchschnittlich 8 Prozent ineffizienten Kosten der Stromverteilnetzbetreiber und 13 Prozent bei Gasverteilnetzbetreibern, die bis zum Ende der ersten Regulierungsperiode - 31.12.2013 (Strom)
bzw. 31.12.2012 (Gas) - abzubauen sind.
Diesen Zusammenanhang veranschaulicht
auch die Abbildung 1.
Die Optimierung der Kostenstrukturen im
Netz wird folglich mehr denn je im Fokus
der Netzgesellschaften stehen – dies jedoch vor dem Hintergrund, dass das Kostenniveau der Jahre 2010 (Gas) bzw. 2011
(Strom) die maximalen Netzerlöse und da-
mit die Netzrendite der nächsten Jahre
maßgeblich bestimmen wird.
Neben dem zunehmenden Regulierungsdruck auf die Netzentgelte sehen sich die
Energieversorger einer Verschärfung der
Anforderungen an die organisatorische und
rechtliche Trennung des Netzgeschäftes
ausgesetzt. Das bislang überwiegend im
Markt umgesetzte Pacht- oder Dienstleistungsmodell wird zunehmend in Frage gestellt. So haben die Regulierungsbehörden
(RegB) ihre Vorstellungen zur organisatorischen und rechtlichen Umsetzung der Entflechtungsvorgaben in einem gemeinsamen Positionspapier zur „Konkretisierung
der gemeinsamen Auslegungsgrundsätze
der Regulierungsbehörden des Bundes und
der Länder zu den Entflechtungsbestimmungen in §§6-10 EnWG“ vom 21.10.2008
weiter konkretisiert und dabei verschärft.
Insbesondere die Übertragung von Netzaufgaben vom Dienstleister auf den Netzbetreiber ist Schwerpunkt der Diskussion.
Die in dem genannten Positionspapier als
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In der ersten Phase der Anreizregulierung müssen die Stromverteilnetzbetreiber
durchschnittlich 8%* ineffiziente Kosten abbauen (Gasverteilnetzbetreiber 13%*)
Dienstleistungsmodell sprechen exemplarisch folgende Argumente:
Funktionsweise und Auswirkungen der Anreizregulierung
Erlösobergrenze zu
Erlösobergrenze
Beginn der ersten zum Ende der ersten
RegulierungsRegulierungsperiode
periode
Kostenerhebung +
Kostenprüfung
im Fotojahr
Erlösobergrenze
zu Beginn
der zweiten
Regulierungsperiode
Ø-8% (Strom)
Ø-13% (Gas)
Weitere Kostenreduktion
wahrscheinlich (Strom und Gas)
bK
Erlösobergrenze
zum Ende der
zweiten
Regulierungsperiode
Die Separierung von Asset-Management (regulierter Bereich) und AssetService (nicht-regulierter-Bereich)
bietet wesentlich bessere Möglichkeiten zur Steuerung des Netzgeschäftes; Ergebnisineffizienzen werden
tendenziell eher vermieden.
Abbau von
Ineffizienzen
vnbK
Absenkung um
sektoralen
Produktivitätsfortschritt
dnbK
Keine
Absenkung
2009
2012 (Gas)
2013 ( Strom)
= Dauerhaft nicht beeinflussbare Kosten (dnbK)
= Vorübergehend nicht beeinflussbare Kosten (vnbK)
= Beeinflussbare Kosten (bK)
Die Kosten- und Ergebnisverrechnungen bei Netzkooperationen weisen im
Vergleich zu einem Modell mit integriertem Netzservice eine geringere
Komplexität auf.
2010 (Gas)
2012 ( Strom)
2013 (Gas)
2014 ( Strom)
2017 (Gas)
2018 ( Strom)
*Veröffentlichung der Bundesnetzagentur; „Ergebnisdokumentation zur Bestimmung der Effizienzwerte von Strom- und Gasverteilnetzbetreibern“ vom 27.11.2008 bzw. vom 14.11.2008 auf
www.bundesnetzagentur.de
Abb1. Funktionsweise und Auswirkungen der Anreizregulierung
„diskriminierungsanfällige Aufgaben des
Netzbetriebs“ klassifizierten Netztätigkeiten sind zwingend in der Netzgesellschaft
anzusiedeln. Ein Zukauf dieser Aufgaben –
wie im bisherigen Dienstleistungsmodell
zum Teil praktiziert – ist unzulässig. Beispielhaft sind hier die Durchführung des
Vertragsmanagements im Bereich Netzzugang sowie die operative Netzsteuerung zu
nennen. Der Bereich des Asset Service,
also z.B. die Durchführung und Begleitung
von Netzbau- oder Instandhaltungsmaßnahmen, ist lt. BNetzA aber nicht zwingend in die Netzgesellschaft zu integrieren
(„große“ Netzbetreiberlösung).
Netzbetreiber, die sich für das schlanke
Modell entschieden hatten, sind also nun
aufgefordert, das gewählte Umsetzungsund Steuerungsmodell auf Kongruenz mit
den Auslegungen der BNetzA zu prüfen.
Bei klar erkennbaren Abweichungen des
eigenen Modells von den BNetzA-Grundsätzen sollte die Aufteilung der Netzfunktionen zwischen Netzbetreiber und Dienstleister hinterfragt und ggf. angepasst werden, um möglichen Sanktionen im Voraus
zu begegnen.
In diesem Zusammenhang ist auch die
Stellungnahme der Bundesnetzagentur im
Rahmen des Treffpunktes Netze im Mai
2008 bzgl. der Behandlung von Personalnebenkosten im Rahmen anstehender Kostenprüfungen zu beachten. Einerseits
müssen Lohnzusatz- und Versorgungsleistungen auf betrieblichen und tarifvertraglichen Vereinbarungen beruhen, die vor
dem 31.12.2008 abgeschlossen wurden,
damit sie als dauerhaft nicht beeinflussbare
Kosten (dnbK) nicht der Entgeltregulierung
unterliegen (vgl. §11 Abs. 2 Ziffer 9 der
Anreizregulierungsverordnung (ARegV)).
Andererseits deuten Aussagen der Bundesnetzagentur darauf hin, dass aus Regulierungssicht diese Lohnnebenkosten ab
der zweiten Regulierungsperiode nur für
diejenigen mit Netztätigkeiten betrauten
Mitarbeiter als dnbK anerkannt werden,
die direkt beim Netzbetreiber beschäftigt
sind. Im Falle des Einkaufs von Netzdienstleistungen erhöhen diese Personalnebenkosten den Block der beeinflussbaren Kosten und unterliegen damit dem Kosten-Benchmarking. Vor dem Hintergrund,
dass die Personalnebenkosten bei Versorgern durchaus bis zu 40 Prozent der Personalkosten ausmachen können, erscheint
es fraglich, ob aufgrund dieser BNetzA
Vorgabe, Versorger nun möglichst viel
„Netznahes Personal“ in die Netzgesellschaft verlagern sollten – sich also tendenziell dem Modell der großen Netzgesellschaft annähern sollten.
Bei Überlegungen zur Anpassung der organisatorischen Ausgestaltung des Netzbetreibers sind die Vorteile
und Nachteile
der einzelnen Modelle gegeneinander abzugleichen. Für oder gegen das
Die Behandlung von Personalnebenkosten in der zweiten Phase der Anreizregulierung ist potenziell als nachteilig anzusehen.
Bei der Bewertung einer voll ausgestatteten Netzgesellschaft mit Eingliederung des
Netzservice sind beispielhaft folgende Argumente zu berücksichtigen:
Der Asset Service ist dem Marktdruck weniger ausgesetzt.
Das Modell entspricht in Bezug auf
die Entscheidungshoheit über das
Netz bzw. die Sicherstellung eines
diskriminierungsfreien Netzzugangs
am ehesten den Vorstellungen der
BNetzA.
Die Behandlung von Personalnebenkosten in der zweiten Phase der Anreizregulierung ist potenziell als vorteilhaft anzusehen.
Haben Energieversorger sich im Jahr 2007
beim Legal Unbundling noch für die
„kleine“ Lösung entschieden, so sind sie
heute gezwungen, Anpassungen vorzunehmen. Ob dieses aber direkt eine Überführung in eine „große“ Netzgesellschaft
bedeuten muss, ist keinesfalls sicher und
im Einzelfall zu prüfen. Ein Auszug sich gegenüberstehender Argumente für „minimal
notwendige Anpassungen/Dienstleistungsmodell“ einerseits und „große/voll ausgestattete Netzgesellschaft“ andererseits verdeutlicht die Individualität und Komplexität
dieser Fragestellung.
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BEDENKEN
Mediationsverfahren zur
Konfliktlösung
Jan-Emanuel Brandt
Führungskräfte verbringen einen großen Teil ihrer Zeit mit Konflikten. In der Energiewirtschaft ist dieses Konfliktpotenzial nicht zuletzt auf die strategischen und operativen Veränderungen zurückzuführen, die die Liberalisierung der Märkte einerseits, und
die steigenden Anforderungen an Transparenz und Berichtspflichten andererseits
branchenweit mit sich bringen. Diese stellen zusätzliche Herausforderungen für Management und Mitarbeiter dar, die zeitnah angenommen und bewältigt werden müssen.
K
onflikte gibt es auf allen Ebenen im
Unternehmen: zwischen Gremien, Abteilungen und innerhalb des Konzernverbunds sowie mit Kunden und Geschäftspartnern. Konflikte verhindern den Erfolg
von Maßnahmen, zwingen zur Umgestaltung von Arbeitsabläufen und kosten Vertrauen, Zeit und Geld.
Abhilfe schaffen können ein präventives
Konfliktmanagement und die Lösung bestehender Konflikte durch Mediation.
Ein präventives Konfliktmanagement orientiert sich an der Grundlage des ADR
(Alternative Dispute Resolution) Verfahrensdesigns. Dabei wird im Rahmen eines
Sechs-Phasen-Modells ein unternehmensspezifisches Konfliktmanagement entwikkelt und umgesetzt (vgl. Abb. 2). Die Ausgestaltung der hierfür erforderlichen Strukturen und Prozesse hängt im Wesentlichen
von den Erwartungen und individuellen
Konfliktpotenzialen im Unternehmen ab.
Sie kann innerhalb weniger Wochen im
Unternehmen erarbeitet werden.
Arten von Konflikten
Beteiligte an Konflikten
Geschäftspartner
VerteilungsKonflikte
StrategieKonflikte
Wert- und
GrundsatzKonflikte
ZielKonflikte
Konzern
Management
BeziehungsKonflikte
Kunden
Abb1.: Konflitkursachen und -konstellationen
6
Mitarbeiter
Zur Lösung bereits bestehender Konflikte
bietet sich die Mediation als schnelles,
konstruktives und zudem kostengünstiges
Verfahren an. Sie zielt auf eine interessengerechte und wirtschaftlich vertretbare
Einigung der Konfliktbeteiligten ab. Ein
Beispiel: Streiten sich zwei Personen um
eine Frucht, so ist weder die Entscheidung wer sie bekommt, noch das Halbieren des Streitgegenstands die
optimale Lösung. Vielmehr fördert
das Erforschen der hinter dem
Konflikt liegenden Interessen
zutage, dass dem einen an der
Schale und dem anderen am
Fruchtfleisch gelegen ist.
Die Mediation als Konfliktlösungsverfahren wird von den Beteiligten gemeinsam gewählt.
Ein Mediator begleitet
und gestaltet als
Neutraler das Verfahren. Ihm steht
hierbei keine
eigene Entscheidungsoder Urteilskompetenz
zu.
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Als Unparteiischer unterstützt er die Parteien dabei, eine für sie interessengerechte Lösung gemeinschaftlich zu entwickeln. Die Erfolgsquote von Mediationsverfahren liegt bei über 80 Prozent.
Neben der hohen Erfolgsquote gibt es
unserer Erfahrung nach weitere überzeugende Gründe, weshalb Verantwortliche in
der Wirtschaft die Mediation zunehmend
als Mittel zur Konfliktlösung einsetzen:
Fortführung der Geschäftsbeziehung
Wirtschaftlich sinnvolle Kooperationen müssen nicht wegen eines Konflikts auf der Metaebene zerbrechen,
sondern können auf die Sachebene
zurückgeführt fortgesetzt werden.
Nachhaltigkeit der
Konfliktbeilegung
Gerade im Bereich von Umstrukturierungen ist eine nachhaltige
Lösung erforderlich, um langfristig
den Erfolg der eingeleiteten Maßnahmen zu sichern.
Ergebnisqualität
Ein gemeinsam erarbeitetes Ergebnis stärkt die Beziehung der Beteiligten und wird von ihnen eher anerkannt als ein Urteil am Ende eines
Rechtsstreits. Dadurch kann die
Umsetzung des Ergebnisses sehr
schnell erfolgen.
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1
Diagnose und Prognose
Ursachen und Entwicklungen von
Konflikten erkennen
Konflikte analysieren:
Typ (objektiv)
Kontext
Wahrnehmung (subjektiv)
Verlauf (Eskalation)
Konfliktvermeidung
ggf. Konfliktbeilegung
2
Auswahl
3
Auswahl der geeigneten und
gewünschten ADR-Methoden:
Autonom
(z.B. direkte Verhandlung,
Moderation, Mediation)
Heteronom
(z.B. Schiedsgericht)
Implementierung
Gestaltung des Verfahrensdesigns
Ex-Ante:
vertragliche Implementierung
Regelungen und Prozesse zur
Konfliktvermeidung
Pflicht zur Verhandlung
Drittunterstützung
Ex-Post: Umsetzung sichern
Verfahrensmischform
(z.B. Pre-Arbitral Mediation)
Rechtlichen Rahmen abstecken
Evaluative Mischform
(z.B. Neutral Evaluation)
4
Durchführung
Begleitung der Parteien bei der
Konfliktbeilegung
Durch einen neutralen Dritten
Unter Berücksichtigung von:
vereinbarten Regelungen
geltendem Recht
den Regeln der Kunst
5
Abschluss
6
Konfliktlösung und Ergebnis
werden fixiert, z.B. durch:
Abschlussvereinbarung bzw.
Vergleich
Schiedsspruch
Gutachten
Die Vollstreckbarkeit muss je nach
Verfahren gesichert werden
Nachsorge
Umsetzung des Ergebnisses
Auswertung der Konfliktbeilegung
ggf. Modifizierung der
ADR-Methode aufgrund der
Erfahrungen des durchgeführten
Verfahrens
Abb. 2: Die Phasen des präventiven Konfliktmanagements
Verfahrensdauer
Eine Mediation als einvernehmlich
gewähltes Verfahren kann innerhalb
weniger Tage zum Erfolg führen.
Ein Mediationsverfahren läuft in mehreren Schritten ab:
1. Einleitung und Vereinbarung der
Verhandlungsgrundsätze
Vertraulichkeit
Gerade wenn ein Konflikt mit Machtfragen oder Unternehmensinterna
verbunden ist, bietet die Mediation
den Rahmen, um im kleinen Kreis und
unter strengster Vertraulichkeit ein
befriedigendes Ergebnis zu finden.
2. Sachverhaltsklärung entsprechend
den Perspektiven der Beteiligten
3. Erforschen der wahren Interessen
hinter den Forderungen und
Positionen
4. Gemeinsames Entwickeln und
Bewerten von Lösungsoptionen
5. Abschluss eines Mediationsvergleichs
Fazit: Die Beschäftigung mit Konflikten bindet kostbare Ressourcen, die
an anderer Stelle nicht zur Verfügung
stehen. Durch ein professionelles
Konfliktmanagement und Mediation
werden Werte und Beziehungen
erhalten. Kapazitäten stehen
wieder für die Kernaufgaben der Führungskräfte
bereit.
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BELEUCHTEN
Schnell, schlank und gut:
Shared ServiceDienstleistungen
in der Zukunft
Patrick Müller (EnBW AG) und Marc Herrnstädter
Bis zum heutigen Zeitpunkt wird der Markt für Shared
Service-Dienstleistungen ausschließlich von Energieversorgungsunternehmen bzw. ihren Tochtergesellschaften
bedient. In der kommenden Dekade ist jedoch mit einem
erheblichen Anstieg des Marktvolumens zu rechnen, was
den Markt nun wiederum auch für branchenfremde, aber
hoch spezialisierte Anbieter attraktiv macht.
nennenswerten Wettbewerb. Definitionsgemäß umfasst dieser Markt folgende
Wertschöpfungsstufen:
Messstellenbetrieb,
Messdienstleistung,
D
er Markt für Shared Services zeichnet sich durch ein Umfeld aus, das aktuell
und auch künftig stark in Bewegung sein
wird. Die neue, dezentrale energiewirtschaftliche Marktlogik, verbunden mit
weiteren erheblichen rechtlichen, technologischen, wettbewerbs- und nachfrageseitigen Veränderungen wird Energieversorgungsunternehmen vor große Herausforderungen stellen. Stellvertretend seien
Trends wie z.B. Energy Management-Lösungen, Smart Home-Logiken, Last(-fluss)steuerungskonzepte, eMobility oder die
Betreuung virtueller Kraftwerke genannt.
Um die Shared-Service-Aktivitäten eines
Kunden optimal für die Zukunft auszurichten, haben wir die Entwicklung des Shared
Services-Marktes in den nächsten zehn
Jahren analysiert.
8
Basis hiefür stellt eine detaillierte Marktbeschreibung im Status quo dar. Diese
beinhaltet die Identifikation der Veränderungen sowie eine qualitative und quantitative Bewertung der Konsequenzen in
den einzelnen Wertschöpfungsstufen des
Shared Service. Im Ergebnis umfasst das
Szenario die Veränderungen des Marktvolumens im Jahr 2020 gegenüber heute
und wird durch die zukünftigen Marktund Wettbewerbsstruktur vervollständigt.
Aktuell beträgt das Marktvolumen für
energiewirtschaftliche Shared ServiceDienstleistungen in Deutschland ca. fünf
Milliarden Euro. Obwohl es in den vergangenen Jahren zahlreiche Neu- und
Ausgründungen gab, blieb dieser Markt
weitgehend ein „closed shop“ – ohne
Abrechnung von Energie- und
Netznutzung,
Forderungsmanagement und
Kundenservice
Rund zwei Drittel des Marktvolumens
werden unternehmensintern in den Netzbzw. Vertriebseinheiten erbracht. Das verbleibende Drittel des Marktes wird
nahezu vollständig durch ausgegründete,
unternehmenseigene Shared ServiceGesellschaften beherrscht. In vielen Fällen leisten diese Einheiten die Abwicklungsprozesse zu „de facto Wettbewerbsbedingungen“, d.h. mit mehr oder
minder kostenbasierten Verrechnungspreisen und oftmals unter Kontrahierungszwang. Lediglich fünf Prozent der
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Aufträge werden, meist durch neu
gegründete, bundesweit agierende Vertriebsgesellschaften, im Markt frei vergeben. Ausschreibungen belegen, dass
selbst bei Angeboten, die 50 Prozent
unter den unternehmensinternen Abwicklungskosten der Vertriebe und Netze liegen, externe Dienstleister nur in Ausnahmefällen beauftragt werden.
Signifikanten Einfluss auf Volumen, Struktur und Prozesse des Shared ServiceMarktes wird die zur Steuerung der
dezentralen Einspeisung und perspektivisch auch dezentralen Verbräuche (eMobility, Wärmepumpen etc.) notwendige
Digitalisierung der Energiewirtschaft
haben. Eines der prägenden Elemente
wird hier die Einführung der Smart MeterTechnologie sein. Vor dem Hintergrund
der bereits existierenden gesetzlichen
Verpflichtung zum Einbau von Smart
Meter im Neubau- und Modernisierungsfall für die Sparte Strom kann in den kommenden zehn Jahren mindestens eine
40-prozentige Smart Meter-Durchdringung erreicht werden. Einige der im Rahmen dieser Studie befragten Experten
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gehen sogar von einer Durchdringung
von bis zu 80 Prozent aus. Dies wird gravierende Auswirkungen auf die einzelnen
Wertschöpfungsstufen des Shared-Service haben:
Im Bereich Messstellenbetrieb wird das
jährliche Marktvolumen auf Grund der
höheren Investitionskosten für die neue
Mess- und Datenübertragungstechnik um
ca. 70 Prozent auf über fünf Milliarden
Euro ansteigen. Darüber hinaus wird der
Wunsch des Kunden zur Steuerung der
Endverbraucher (Geräte) die Installation
von zusätzlicher Hardware „hinter“ dem
Zähler notwendig machen. Rund ein Viertel des Marktvolumens im Messstellenbetrieb wird auf solche freiwilligen, vom Kunden gewünschten Installationen von
Gebäudeleittechnik, Steuerungssensoren
und Hardware zur Inhouse-Kommunikation entfallen.
Das jährliche Marktvolumen der Wertschöpfungsstufe Messdienstleistung wird
sich nahezu verfünffachen. Aufgrund der
Digitalisierung werden einerseits heutige
Prozessbestandteile, wie z.B. die Vor-Ort-
Ablesungen, massiv reduziert. Gleichzeitig
wird die Anzahl der Datenübertragungen,
dem Grunde nach vergleichbar mit heutigen Fernauslesungen, exponentiell steigen. Schon bei einer viertelstündlichen
Fernauslesung werden je Zähler ca.
35.000 Zählerstände p.a. generiert. Stadtwerke und Energieversorgungsunternehmen stehen vor der großen Herausforderung, diese Datenübertragung, -speicherung und -auswertung zu bewältigen.
Im Bereich der Abrechnung von Energie
und Netznutzung werden zwei gegenläufige Effekte dazu führen, dass das aktuelle
jährliche Marktvolumen stabil auf rund
zwei Milliarden Euro erhalten bleibt. Die
Etablierung der monatlichen Abrechnung
wird das Marktvolumen entsprechend
erhöhen. Diese Marktvolumensteigerung
wird jedoch durch Größendegressionseffekte und Effizienzsteigerungen fast vollständig kompensiert. Bereits heute wird
in der Telekommunikationsbranche eine
Abrechnung zu einem Zehntel des Preises
der Energiewirtschaft angeboten. Ein weiterer Treiber zur Kostenreduktion ist, dass
zukünftig, analog zu Vergleichsbranchen,
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BELEUCHTEN
Der Gesamtmarkt für Shared Services wächst bis zum Jahr 2020 um
rund 43% an
Marktvolumen für die Leistungsbereiche Kundenservice und Forderungsmanagement schrumpft stark,
die Gründe hierfür sind
…Preisverfall aufgrund zunehmenden Wettbewerbs
…zunehmende Automatisierung der Prozesse
in Mrd. Euro
7,6
0,2
0,4
+43%
Neue Dienstleistungen
Kundenservice/
Forderungsmgmt
5,3
0,7
Abrechnung
Energie/Netz
2,0
Zählwertbeschaffung/
Datenkommunikation
-33%
1,9
-4%
0,9
Marktvolumen für Abrechnung Energie und Netz
bleibt nahezu konstant, bei gleichzeitig erheblichen
strukturellen Veränderungen
…einer rd. 85%igen Stückkostenreduktion und
…einer Verzwölffachung der Mengen bei Smart Meter
0,0
+467%
0,2
Infrastruktur
(MSB und neu)
Stärkste absolute Veränderung des Marktvolumens
ist im Leistungsbereich Zählwertbeschaffung und
Datenkommunikation zu verzeichnen. Grund hierfür
sind die gestiegenen Datenmengen sowie die komplexeren Austauschprozesse
4,2
+66%
2,5
Shared-ServicesMarkt 2010
Marktvolumensteigerung im Leistungsbereich Infrastruktur ist vornehmlich durch die Smart Meter-Technologie sowie die weitere infrastrukturelle Ausrüstung
für Energy-Management-Leistungen begründet.
Shared-ServicesMarkt 2020
Annahmen wurden in Experteninterviews und Workshops weitgehend bestätigt.
Auf Basis von Extremmeinungen wurde eine Szenarioanalyse durchgeführt.
Abb. 1: Entwicklung des Shared Services-Marktes
über 50 Prozent der Kunden eine elektronische Rechnung erhalten werden. Die
Abrechnung zusätzlicher Zählpunkte, z.B.
aus PV- oder BHKW-Anlagen sowie für
eCars oder die hierfür notwendigen Ladepunkte, wird den Shared Service teilweise vor neue technische Herausforderungen stellen (z.B. Roaming).
Das jährliche Marktvolumen in der Wertschöpfungsstufe Forderungsmanagement wird sich signifikant reduzieren.
Auch hier spielt der Smart Meter-Einsatz
eine entscheidende Rolle: So lassen sich
Kostenreduktionen durch die Möglichkeit
zur Fernsperrung und -entsperrung sowie
Effizienzsteigerungs- und Größendegressionseffekte realisieren.
Im Bereich Kundenservice wird die weitere Automatisierung der Prozesse die
Kosten und somit das jährliche Marktvolumen auf ein Viertel des heutigen Stands
absenken. Die größten Treiber hier sind:
Hohe Durchdringung von InternetSelf-Service-Angeboten
Steigender Einsatz von Sprachportalen zur automatisierten
Kundenanruf-Abwicklung
10
Optimierung der TexterkennungsTechnologie zur automatisierten
Identifikation und Steuerung von
schriftlichen Kundenanfragen
Während sich das Marktvolumen für
MSB/MDL gegenüber 2010 fast verdoppelt, wird sich das Marktvolumen der
„klassischen“ Wertschöpfungsstufen im
Shared Service trotz massiver Mengensteigerungen um rund 20 Prozent reduzieren.
Ausblick und Konsequenzen
Vor dem Hintergrund der dargestellten
Veränderungen wird sich auch die Wettbewerberstruktur nachhaltig ändern. Es
ist zu erwarten, dass es nur wenigen aus
der Energiewirtschaft stammenden
Shared Service-Anbietern gelingen wird,
die komplexen Herausforderungen der
Zukunft kosteneffizient zu bewältigen.
Erfolgskritisch wird die Realisierung von
Skaleneffekten beim Betrieb der komplexen Datenbestände sein – eine kritische
Größe von mindestens fünf Millionen Verträgen auf einer Plattform erscheint hier
nicht unrealistisch.
Klar absehbar ist auch der Eintritt von
Funktionsspezialisten in den Markt. So
wird beispielsweise die Telekommunikationsbranche, mit großem Know-how in
der Installationstechnik und Verarbeitung
großer Datenmengen, versuchen, Ressourcen-Überkapazitäten durch den Eintritt in die neuen Felder der Energiewirtschaft auszulasten.
Darüber hinaus wollen auch Messdienstleister und führende Facility Management-Unternehmen ihre Stellung „im
Haus des Kunden“ sichern und ggf. über
ein Engagement als Messstellenbetreiber
und Energy Management-Dienstleister
stärken. Unter noch stärkeren Wettbewerbsdruck geraten auch die Bereiche
Kundenservice und Forderungsmanagement. Große, branchenfremde oder
bereits in der Energiewirtschaft etablierte
Dienstleister werden versuchen, hier ihre
Position auszubauen. Dies geschieht
nicht zuletzt wegen ihrer vergleichsweise
exzellenten Lohnkostenstrukturen, ausgereiften Personal- und Laststeuerungsmechanismen sowie ihrem bereits hohen
Automatisierungsgrad. Im Ergebnis wird
erwartet, dass der Markt von spezialisierten Funktionsdienstleistern dominiert
werden wird und hier nur wenige, meist
konzerngebundene Shared ServiceAnbieter verbleiben werden.
Die Energiewirtschaft scheint gut beraten
zu sein, sich frühzeitig auf diese Entwicklung einzustellen. Dabei sind zwei grundsätzliche Handlungsoptionen denkbar:
Einerseits das sukzessive Auslagern an
Unternehmen, die über die notwendige
kritische Masse verfügen. Diese können
aus der Energiewirtschaft oder aus externen Branchen kommen.
Andererseits die Positionierung des eigenen Shared Service als spezialisierter
Funktionsdienstleister. Aber auch hier ist
eine kritische Größe notwendig, über die
aktuell nur ganz wenige Unternehmen
verfügen. Entsprechend stellen für diese
Option Zukäufe oder Partnerschaften
zwingende Voraussetzungen dar.
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Das Geschäftsmodell
Inkasso: zusätzliche
Ertragspotenziale
realisieren
Marc Herrnstädter
S
hared Service-Einheiten bzw. -Gesellschaften sind i.d.R. für das komplette
Forderungsmanagement verantwortlich.
Dabei werden den säumigen Zahlern geringe Mahn- und Sperrgebühren berechnet. Diese Gebühren reichen bei Weitem
nicht aus, um die internen Tätigkeiten zu refinanzieren. Kleinstforderungen werden
nach Durchlauf des automatisierten Mahnwesens üblicherweise ausgebucht, da die
internen Kosten der Weiterverfolgung meistens deutlich höher sind als der Wert der
Forderung an sich.
Diese Praxis führt dazu, dass das schlechte
Zahlungsverhalten weniger Kunden den
Energiepreis der „guten“ Kunden durch Forderungsausfälle und administrative Kosten
belastet. Damit verschlechtert sich auch
die Wettbewerbsfähigkeit auf dem stark
preisorientierten Energiemarkt. Außerdem
können zusätzliche Umsatzpotenziale
durch die Vereinnahmung von Inkassogebühren nicht realisiert werden.
Die Telekommunikation hat sich mit diesem Problem bereits vor einiger Zeit auseinandergesetzt. Das dabei entwickelte
„Geschäftsmodell Inkasso“ wird seither
sehr erfolgreich praktiziert. Das Prinzip dieses Modells ist einfach und kann – wie erste Umsetzungsbeispiele zeigen – problemlos auf die Energieversorgung übertragen werden: Die Shared Service-Einheit
bzw. -Gesellschaft lässt sich eine Inkasso-
lizenz erteilen und berechnet säumigen
Zahlern ab einem bestimmten Mahnstadium (z.B. nach Ablauf einer in der ersten
Mahnung gesetzten Frist) Inkassogebühren für alle weiteren Aktivitäten. Voraussetzung für die Berechnung der Inkassogebühren ist allerdings, dass der Inhaber der
Forderung und der Inhaber der Inkassolizenz nicht identisch ist. Je nach bisheriger
gesellschaftsrechtlicher Aufstellung ist hierfür zwischen verschiedenen rechtlichen
Konstrukten zu wählen. Dies kann z.B. bedeuten, dass eine eigenständige „EnergieInkasso-Gesellschaft“ etabliert wird. Sollte
an dieser eine maßgebliche Beteiligung des
Forderungsinhabers bestehen, ist ggf. ein
Entherrschungsvertrag zu schließen.
Die Höhe der Inkassogebühr wird durch
das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG)
geregelt. Sie ist abhängig von der Forderungshöhe und beträgt im Durchschnitt 35
Euro. Die Vereinnahmung dieser Gebühr
stellt eine Steigerung des Ergebnisbeitrags
in nahezu 100 Prozent der Forderungshöhe
dar, da die Aktivitäten zur Beitreibung ohnehin unternommen werden müssten. Auch
die Abgabe an einen Rechtsanwalt bzw.
eine Inkassogebühr befreit den Forderungsinhaber nicht von jeglichem administrativen Aufwand. Allein die erforderliche
formale Aufbereitung der „Akte“ verursacht
enorme Kosten. Gleiches gilt für Factoring,
dem Verkauf von Forderungen an Dritte,
wobei in diesem Fall mit hohen Abstrichen
beim erzielten Verkaufserlös auf die Hauptforderung gerechnet werden muss.
Die ökonomischen Vorteile einer konzerninternen Inkassolösung bzw. -gesellschaft
liegen also auf der Hand:
Für die nicht ausgebuchten Fälle können zusätzliche Ertragspotenziale in
Form von Inkassogebühren realisiert
werden.
Die aufgrund ihrer geringen Höhe in
der derzeitigen Praxis ausgebuchten
Forderungen werden zukünftig verfolgt. Damit können die negativen
Ergebnisbeiträge aus der Forderungsausbuchung vermieden werden.
Für die Verfolgung der unter 2. genannten Forderungen können zusätzliche Ertragspotenziale in Form von
Inkassogebühren realisiert werden.
Da auf der einen Seite die Realisierungsquoten von Haupt- und Nebenforderungen deutlich über 85 Prozent
liegen und auf der anderen Seite für
die verstärkten Inkassoaktivitäten
kaum zusätzliche Kosten entstehen,
haben die Effekte der Punkte 1 bis 3
eine 100-prozentige positive Ergebniswirkung.
Ein Umsetzungsbeispiel zeigt: Ein Vertrieb
mit 100.000 Energielieferverträgen konnte
sofort ein Zusatzergebnis in Höhe von
120.000 Euro realisieren.
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BELEUCHTEN
Höhere Effizienz und Kundenzufriedenheit durch Automatisierung
im Kundenservice
Christian Guhl
Gegenwärtig steigt der Kostendruck auf Kundenservice-Abteilungen und ausgegründete Shared-Service-Gesellschaften spürbar an. Dies ist zum einen durch den zunehmenden Kostendruck im Energielieferungsmarkt begründet, den die Vertriebe an ihre
Kundenservice-Dienstleister weitergeben. Zum anderen liegt es an dem erfolgreichen
Markteintritt branchenfremder Anbieter.
D
12
iese verfügen vor allem in solchen
Branchen über Erfahrungen in der Abwicklung von Kundenservice-Prozessen,
die sich durch eine hohe Wettbewerbsintensität, starken Preisdruck und einen
signifikanten Standardisierungsgrad der
Leistung auszeichnen.
gleich aktuell eher gering ist, zeigt unsere
aktuelle Studie, dass er durch den Wettbewerbsdruck bis zum Jahr 2020 auf die
Best Practice-Werte anderer Branchen
ansteigen wird. Vorbilder sind insbesondere die Telekommunikation, der Versandhandel und das Online-Banking.
Hieraus resultiert ein hoher Automatisierungsgrad der Leistung: Während der
Automatisierungsgrad im Kundenservice
der Energiewirtschaft im Branchenver-
Für Kundenservice-Dienstleister in der
Energiewirtschaft stellt sich entsprechend
die Frage, wie der Automatisierungsgrad
gesteigert werden kann. In der Praxis ha-
ben sich vier wesentliche Hebel bewährt:
Verzicht auf die persönliche Kundenbetreuung
Ausbau der Funktionen im InternetSelf-Service
Einsatz von Sprachportalen
Einsatz von DokumentanalyseWerkzeugen
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Verzicht auf die persönliche
Kundenbetreuung
Der Tätigkeitsschwerpunkt in den Kundencentern der EVU liegt aktuell im
Abwicklungsbereich (Stammdatenänderungen, Rechnungserläuterung/-korrektur, teilweise Kassenbetrieb oder Kassenautomaten). In den Sales-Centern der
Telekommunikationsbranche (beispielsweise T-Punkt, Mobilfunk-Shops) werden
im Gegensatz hierzu bereits heute Leistungen mit dem Schwerpunkt Vertrieb
erbracht. Leistungen aus dem Abwicklungsbereich werden dort hingegen nicht
durchgeführt. In der Energiewirtschaft ist
eine analoge Entwicklung vorstellbar:
Klassische Abwicklungsleistungen werden künftig nicht im persönlichen Kontakt
über ein Kundencenter vor Ort erbracht,
sondern in andere Kanäle gelenkt, in
denen Automatisierungspotenziale existieren. Für vertriebliche Beratungsleistungen besteht nach wie vor die Möglichkeit einer persönlichen Beratung in
Form von Sales-Centern.
Im Ergebnis ergibt sich allein durch diese
Maßnahme eine Kostenreduktion um
mehr als 30 Prozent, basierend auf Projekten, in denen durchschnittlich 20 Prozent der Kundenkontakte im Kundencenter mit 30 Prozent des gesamten Kundenservice-Personals abgewickelt wurden.
Ausbau des Internet-Self-Service
Der Internet-Self-Service (ISS) ist aus
zwei Gründen jedem anderen Kommunikationskanal vorzuziehen: Erstens aufgrund der vollständigen Automatisierbarkeit und zweitens durch die tendenziell
bessere Datenqualität, die sich durch
Wegfall von manuellen Bearbeitungsschritten ergibt.
Durch einen konsequenten Einsatz des
ISS lassen sich weitere Kostenreduktionen im Kundenservice von ca. 25 Prozent
erzielen. Hierzu müssen jedoch zwei Voraussetzungen erfüllt sein:
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Die vollfunktionale Anbindung des
ISS an das Abrechnungssystem, so
dass Kundeneingaben im ISS nach
verschiedenen Vollständigkeits- und
Plausibilitätsprüfungen direkt und
automatisch in das Abrechnungssystem übernommen werden.
Die aktive Lenkung des Kunden u.a.
durch die prominente Platzierung
des ISS-Zugangs auf der InternetHauptseite, eine nutzerfreundliche
ISS-Gestaltung, die Bewerbung des
Zugangs (z.B. durch Warteschleifenansage) sowie das Anbieten von
reinen Internet-Tarifen.
Die verbleibenden Kundenkontakte gliedern sich in die telefonischen und die
schriftlichen Kontakte. Für beide Eingangskanäle sind Automatisierungswerkzeuge bekannt und in anderen Branchen
bereits erfolgreich erprobt: Sprachportale
und Dokumentanalyse-Werkzeuge.
Einsatz von Sprachportalen
Im Bereich der telefonischen Kundenbetreuung werden die bestehenden Technologien und Instrumente immer weiter verfeinert. Auf Basis der heutigen Technik kann
angenommen werden, dass in den kommenden zehn Jahren einfache Standardgeschäftsvorfälle wie z.B. Stammdatenänderungen oder An- und Abmeldungen
gänzlich über Sprachportale abgewickelt
werden können. Sprachportale sind eine
Weiterentwicklung der numerischen Auswahlsysteme („Drücken Sie die 1“) hin zu einer flexibleren, dialoggeführten Steuerung.
Die konsequente Anwendung dieser
Technologie reduziert die Kosten für die
Call-Bearbeitung analog zum Volumen
der Geschäftsvorfälle, die automatisiert
abgeschlossen werden können. In unserer aktuellen Studie wird hierfür ein Anteil
von mehr als 50 Prozent des gesamten
Call-Aufkommens geschätzt.
Einsatz von DokumentanalyseWerkzeugen
Im Verarbeitungsprozess von Schriftstükken (Fax, E-Mail, Brief) gibt es drei Automatisierungsschritte: erstens die Dokumenterfassung, zweitens die Dokumentanalyse (Identifizierung des Geschäftspartners, des Vertrags sowie der
Geschäftsvorfallart) sowie drittens die
skillsbasierte Verteilung auf die Bearbeiter (inklusive automatisierter Anlage eines
Geschäftsvorfalls im CRM- oder Abrechnungssystem) oder die automatisierte
Beantwortung durch Standardschreiben.
In anderen Branchen werden diese Technologien heute bereits in großem Umfang
erfolgreich eingesetzt, beispielsweise bei
Versicherungen und Banken. Es ist zu
erwarten, dass in der Energiewirtschaft
ähnliche Automatisierungsgrade erreicht
werden.
Im Ergebnis kann die konsequente Anwendung dieser Technologie die Kosten
für die Schriftbearbeitung (je nach Größe
des Unternehmens und damit des Umfang der Posteingangsbearbeitung) um
15 bis 55 Prozent reduzieren.
Fazit
In zahlreichen Praxisprojekten zeigen sich
aktuell noch Widerstände und Bedenken
gegen den Einsatz von Automatisierungstechniken. Der zunehmende
Kostendruck und die Konkurrenz durch
Spezialanbieter, die branchenübergreifend Best Practice-Prozesse im Kundenservice anwenden, werden schlussendlich die Automatisierung auf das Niveau
heben, welches die Kunden aus anderen
Branchen kennen und gewohnt sind.
Hiermit geht eine Reduzierung der
Kosten für den Kundenservice um ca. 50
bis 70 Prozent einher.
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BEGEGNEN
Carsten Liedtke
im persönlichen Gespräch
Guido Wendt trifft Führungskräfte der Energiewirtschaft.
Heute: Carsten Liedtke, Vorstand der SWK STADTWERKE KREFELD AG
Guido Wendt: Herr Liedtke, nach der globalen Wirtschaftskrise ist vor dem Neuanfang: Verändert die Wirtschaftskrise
Ihre private Einstellung zu bestimmten
Themen?
Carsten Liedtke: Ein neuer Anfang
ist immer nur dann möglich, wenn man
auch bereit ist, aus Krisen zu lernen. Natürlich haben sich auch bei mir Einstellungen verändert. Nachhaltigkeit hat für mich
bei Erwartungshaltungen einen neuen, höheren Stellenwert bekommen. Was kurzfristig positiv sein kann muss langfristig noch
lange nicht richtig sein – und umgekehrt.
G. W.: Welche Auswirkungen der Krise
sehen Sie für die Unternehmen in der
Energiewirtschaft?
tischen Einbruch der Strom- und Gaspreise aber auch die deutlich erschwerte
Kapitalbeschaffung deutlich verändert.
Seit Mitte 2008 ist auch die Konjunkturanfälligkeit der Energiewirtschaft deutlich
stärker ins Bewusstsein gerückt. Jetzt gilt
es plötzlich nicht mehr nur, im Wettbewerb mit anderen und gegenüber der
BNetzA zu bestehen, sondern das eigene
Unternehmen auch gegen Marktrisiken
auf dem Erzeugungs- und Beschaffungsmarkt abzusichern. Willkommen in der
Realwirtschaft.
Handel mit Energie haben privatwirtschaftliche Strukturen sicher einen klaren Vorteil.
Im lokalen Umfeld jedoch können kommunale Unternehmen die regionale Identität
der Bürger in eine regionale Identität als
Kunde wandeln und damit positiv für sich
nutzen. Oder anders ausgedrückt: MultiUtility – heute bei Großkonzernen gar nicht
mehr so gern gehört – funktioniert in der
etablierten Stadtwerke-Landschaft. Und
das schon lange bevor dieser Begriff in seiner neudeutschen Fassung vor gut zehn
Jahren überhaupt geboren wurde
G. W.: Wo liegt aus Ihrer Sicht die höhere
Kompetenz zum Betrieb von Infrastruktur: im öffentlich-kommunalen oder im
privatwirtschaftlichen Umfeld?
G. W.: Welche Aspekte im wachsenden
Wettbewerb sehen Sie mit Sorgenfalten?
C. L.: Das kommt ganz darauf an, in
C. L.: Waren wir vor gut zehn Jahren
noch eine Monopolbranche, so hat sich
durch Wettbewerb und Regulierung die
Energiewirtschaft z.B. durch den drama14
welchem Umfeld wir uns bewegen: Bei großen, nationalen Aufgaben wie z.B. den
Großkraftwerken, den Transportnetzen für
Strom und Gas oder auch im risikoreichen
C. L.: Wir dürfen den Wettbewerb an
sich nicht zum alleinigen Ziel unseres Handelns machen und dabei jeden Aufwand
von den Unternehmen verlangen. Mal ehrlich, wenn wir heute den Aufwand, den uns
viele Gesetze und Verordnungen beschert
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CARSTEN LIEDTKE (41) ist seit September 2007 Mitglied des Vorstandes der SWK STADTWERKE KREFELD
AG. Zuvor war der Diplom-Betriebswirt als Leiter der Unternehmensentwicklung für die RWE Rhein-Ruhr
AG tätig. Carsten Liedtke ist verheiratet und Vater einer Tochter und
eines Sohnes.
Mit ihren Tochtergesellschaften in
den Geschäftsfeldern Energie, Wasser, Entsorgung und Verkehr ist die
SWK STADTWERKE KREFELD AG der
Infrastrukturdienstleister für rund
180.000 Kunden in Krefeld und der
Region. Im Geschäftsfeld Energie
wurde im Jahr 2008 mit 414 Beschäftigten ein Umsatz von 746
Millionen Euro erwirtschaftet.
haben, den erreichten Einsparungen beim
Kunden gegenüberstellen, bin ich mir nicht
mehr sicher, ob etwas übrig bleibt. Wie
eine Kundenwechselquote von 20 Prozent
und mehr, wie in einigen Ländern üblich,
als Erfolg für eine auf Nachhaltigkeit ausgelegte Branche wie die Energieversorgung angesehen werden kann, vermag ich
nicht zu verstehen. Wir stellen uns dem
Wettbewerb – keine Frage. Aber die Politik
muss auch langfristig stabile Rahmenbedingungen dazu schaffen, wenn sie sich
denn schon das Recht der „Einmischung“
in diesen Wirtschaftszweig vorbehält.
G. W.: Konsolidierung und Rekommunalisierung sind gegenläufige Trends. Wie
wird sich der Markt aus Ihrer Sicht in
fünf Jahren strukturiert haben?
C. L.: Nachdem dies schon oft versucht wurde, für einen Fünf-Jahresabschnitt zu deuten, glaube ich, dass sich
in diesem Zeitfenster gar nicht so viel
ändern wird. Natürlich nutzen viele Kommunen, die in der nächsten Zeit auslaufenden Konzessionsverträge für einen
eigenen Einstieg in die Energiewirtschaft.
Zusammenschlüsse zwischen Energieversorgern sehe ich aber nur vereinzelt.
Dazu ist das lokale Kirchturmdenken
immer noch zu sehr ausgeprägt und der
wirtschaftliche Druck noch nicht groß
genug. Das ist eigentlich schade, denn in
guter Verfassung lassen sich solche Zusammenschlüsse viel besser bewältigen.
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G. W.: Welche Rolle nimmt in diesem Szenario Ihr Unternehmen ein und wo liegen
die wesentlichen Herausforderungen auf
dem Weg dorthin?
C. L.: Wir müssen zunächst intern
noch eine ganze Menge Hausaufgaben
machen, um uns auf
die neue Markt- und
Wettbewerbssituation
einzustellen.
Dies gilt insbesondere für die Bereiche
Energiebeschaffung,
Risikomanagement,
Kraftwerkssteuerung
und auch Vertrieb.
Daran arbeiten wir
bereits mit Hochdruck und können auch bereits erste Erfolge verbuchen. Der nächste Schritt sind
dann Kooperationen, kleinere Übernahmen bzw. Beteiligungen, die dazu dienen
können, das „Machbare“ zu machen und
Möglichkeiten für weitergehende Schritte
auszuloten. Dieser Weg ist aber beschwerlich. Viele Mitarbeiter müssen eingebunden und motiviert werden. Er dauert
lang, der Erfolg ist nicht immer sicher.
schlag und welche machen Ihnen am meisten Spaß?
C. L.: Durch das „Unbundling“ sind
auch wir gezwungen worden, unsere bisher integriert auftretenden Unternehmenseinheiten voneinander zu trennen.
Bei dem Eigenleben
der neuen Strukturen bleibt manchmal
das Unternehmensinteresse insgesamt
auf der Strecke. Hier
muss man oft Verständnis wecken für
Dinge, die früher
selbstverständlich
waren.
Spaß macht es
dann, wenn Dinge, die man auf den Weg
geschickt hat, klappen und wenn man
spürt, dass die Mitarbeiter sich an selbst
gestellten Aufgaben motivieren können.
Wir stellen uns dem
Wettbewerb – keine
Frage. Aber die Politik
muss auch langfristig
stabile Rahmenbedingungen dazu schaffen.
G. W.: Haben Sie einen „goldenen Weg”
gefunden, wie Sie Ihre Mitarbeiter in den
Veränderungsprozess einbinden?
C. L.: Wir müssen unsere Mitarbeiter
aktiv einbinden in diesen Prozess. Sie
müssen ihn selbst aktiv mitgestalten.
Dazu muss ihnen die Herausforderung,
vor der wir stehen, erst einmal klar werden. Dann können wir uns an erste Lösungsansätze machen. Ich persönlich
glaube dabei, dass uns eine Beratungsunterstützung dabei nur sehr bedingt helfen kann bzw. helfen sollte, wenn ich das
hier so sagen darf. Zuallererst sollten wir
die Mitarbeiter selbst mit der Lösung der
Probleme befassen.
G. W.: Würden Sie Ihren Kindern empfehlen, Manager in der Energiewirtschaft zu werden?
C. L.: Eher nicht. Wenn ich dereinst
mit Ihnen als hoffentlich noch rüstiger
Rentner am Tisch sitze, möchte ich mich
mit meinen alten Geschichten nicht in
ihren Berufsalltag einmischen wollen. Ich
fände es viel spannender, wenn sie etwas
ganz anderes machen würden.
IMPRESSUM
Herausgeber: C1 CONEXUS GmbH
Osterbekstraße 90c, 22083 Hamburg
Tel.: 040 52388 500, Fax: 040 52388 599
E-Mail: [email protected]
www.c1-conexus.com
Verantwortlich für den Inhalt: Guido Wendt
Autoren dieser Ausgabe: Jan-Emanuel Brandt,
Prof. Dr. Jörg Effmann, Dr. Thorsten Gliniars,
Christian Guhl, Susanne Hellbusch, Marc
Herrnstädter, Michael Martenka, Patrick Müller,
Guido Wendt
Gestaltung: J · G & Partner, Baden-Baden
G. W.: Welche Ihrer Aufgaben als Topmanager nehmen Sie besonders in Be-
Druck: Druckerei Ganz, Baden-Baden
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Das Historische E-Werk in Baden-Baden:
Eine Kathedrale der Industriekultur
Dieselmotoren rattern hier schon lange
nicht mehr. Im Februar 1966 endete die
Eigenerzeugung in Baden-Baden mit der
Umstellung von Gleich- auf Wechselstrom.
Sie begann am 3. Juli 1898, als das EWerk erstmals, in erster Linie zur Beleuchtung des Kurhauses und einiger Geschäfte, Strom bereitstellte. Infolge der
Umstellung der öffentlichen Straßenbeleuchtung von Gas auf Strom und der auch
sonst wachsenden Nachfrage wurden
1906 zwei je 450 PS starke Dampfturbinen installiert. Doch schon 1914 mit dem
Bau einer 20 kV-Freileitung, die eine
Fremdversorgung ermöglichte, verlor das
E-Werk seine ursprüngliche Bedeutung.
Die Dieselmotoren wurden in der Folgezeit
lediglich zur Sicherung der Versorgung
angeworfen. Nach 1966 diente das EWerk dann als Lagerhalle.
Als die Stadtwerke schließlich über die
weitere Nutzung des denkmalgeschützten Gebäudes nachdachten, war im Strommarkt gerade der Wettbewerbe voll entbrannt. Das erwies sich als ausschlaggebend. Nicht Lagerhalle oder Bürogebäude sollte das Gemäuer werden,
sondern Ausstellungs- und Veranstaltungsraum. Mit den modernen Zweckbauten der Stromproduktion hat das Back-
steingebäude ohnehin wenig gemein. Das
Innere - rot-weiß gefliest im Rautenmuster mit Rundbogenfenstern in den hohen Wänden und in Teilen noch bestückt
mit den Reliquien der Technikgeschichte wirkt wie eine Kathedrale der Industriekultur. Nach den Renovierungs- und Umbauarbeiten, erwachte das alte E-Werk
dann im Jahr 2000 zu neuem Glanz. Heute
ist es als einzigartige Kulisse der wöchentlichen SWR-Talkshow mit Frank Elstner „Menschen der Woche“ weit über Baden-Baden hinaus bekannt. Darüber hinaus stellen es die Stadtwerke Baden-Baden auch für Tagungen, Vorträge und
Präsentationen zur Verfügung.