touren-test bmw r 1200 gs
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U-026-R1200GS.qxd 28.11.2007 TOUREN-TEST 10:23 Uhr Seite 26 BMW R 1200 GS Ansichtssache BMW hat seinen Topseller R 1200 GS nach vier erfolgreichen Jahren renoviert und dabei eine nicht ganz einfache Gratwanderung vollzogen. Wir haben das neue Modell mit ESA-Fahrwerk und allem Schnickschnack gegen die 2007er-GS antreten lassen. Lohnt sich der Um- oder Aufstieg? 26 TOURENFAHRER 1/2008 28.11.2007 10:23 Uhr Seite 27 as Golf-Syndrom trifft die GS hart: Jede Modellpflege eines Topsellers, egal ob Auto oder Motorrad, muss äußerst behutsam vollzogen werden. Zum Einen darf das Stammklientel nicht verschreckt werden, zum Anderen muss ihr ein gewisser Reiz des Neuen innewohnen. Großartige optische Retuschen sind zumeist kontraproduktiv und von daher verpönt. Schließlich operiert man seitens BMW nicht aus der Not. Die GS geht weiterhin phantastisch und dürfte auch in Zukunft die Innovationsfreudigkeit des Unternehmens auf ein solides Finanzpolster betten. BMW spricht der neuen GS eine gesteigerte Sportlichkeit zu, die durch »technische Oberflächen« dokumentiert wird. Gemeint sind damit die neuen Tankseitenteile aus noblem Edelmetall, der silberne Leitflügel am verkürzten Schnabel, die magnesiumfarben eloxierten Gleitrohre und die dynamischer gestylten Felgen. Außerdem wurde der Tank komplett neu gestaltet und tiefer ins Fahrwerk integriert, da der fehlende Bremskraftverstärker viel Platz geschaffen hat. Genau genommen haben sich die Münchner jedoch auf den Motor und das Fahrwerk konzentriert und die brennenden Wünsche vieler GS-Fahrer (siehe Leserbriefe auf Seite 34) dabei ein wenig außer Acht gelassen. Wir sind auf der Route du Soleil in Richtung der Pyrenäen mit der alten und neuen BMW unterwegs. Auch wenn sich die zwei GS auf den ersten Blick kaum unterscheiden, sind ergonomische Unterschiede auf den langen Autobahnetappen durchaus spürbar. Fangen wir mit den positiven Eindrücken an: Die Sitzbank vorn ist endlich straffer gepolstert. Schwere Fahrer sinken nun nicht mehr so tief ein und sitzen nicht mehr nach wenigen Kilometern auf D Fotos: Kohlmey, Güldenring U-026-R1200GS.qxd Die neue 12er GS schiebt sich trotz Gelände-ESA nicht zwingend in den Vordergrund. den Rahmenoberzügen. Leichte Fahrer thronen jetzt aber eindeutig mehr auf der GS und fühlen sich nicht mehr so satt integriert. Auch deswegen, weil der nunmehr zweifach in den Lagerböcken verstellbare Lenker näher zum Fahrer gerückt ist und eine aufrechtere Sitzposition einfordert. Bei meiner Körpergröße von 1,84 Meter und einem Gewicht von 75 Kilogramm bietet die neue GS daher nur eingeschränkte Vorteile: Das Plus an Sitzbankhöhe (gemessen 880 bzw. 900 mm) durch die Aufpolsterung führt zwangsläufig zu einem Plus an Verwirbelungen im Helmbereich und einem Minus an Windschutz im Oberkörperbereich. Auf der Habenseite entspannt sich der Kniewinkel spürbar, und die lästige Zugluft von unten wird durch die neu gestalteten Seitenteile ebenfalls minimiert. Wer mehr Wind- und Wetterschutz will, muss auf die bewährten Verkleidungsscheiben der Zubehörindustrie zurückgreifen. Auf dem hinteren Sitzkissen Verdichtung von 12:1 durch die Verwendung höherer Kolben. Der Prüfstand attestiert der Neuen exakt die versprochenen 105 PS bei Nenndrehzahl, wobei das Plus an Drehmoment eher bescheiden ausfällt. Die Motortransplantation sichert BMW aber die Verwendung vieler Gleichteile zu, so genannter Carry Over Parts, die Kosten einsparen. Zudem darf der Motor dank Klopfregelung auch mit Normalbenzin (ROZ 91) gefahren werden, wobei Einbußen in der Leistung hinzunehmen sind. Auf der Bahn und mit durchschnittlich 130 km/h auf der Uhr, verbraucht der neue Motor 5,6 Liter Super auf 100 Kilometer und damit nur unwesentlich mehr als sein Vorgänger (5,4 l/100 km). Das Plus an Leistung lässt sich zwar auf dem Rollenprüfstand erfassen, ist für den Fahrer aber nicht zwingend spürbar. Subjektiv würde man sagen, dass der Boxer ein wenig forscher gerade im hohen Drehzahlbereich hochdreht, was aber auch auf die kürzere SekundärübersetDas Plus an Sitzhöhe zung zurückzuführen ist. Für den führt zu einem Plus Piloten ergeben sich daraus leichan Verwirbelungen te Vorteile beim bleibt alles beim Alten: viel Durchzug ab 4000 Touren, Platz und bester Kontakt zum aber nur dann, wenn alle andeFahrer. ren Parameter stimmen. Unser Die beiden Boxer schnurren erstes Testexemplar hing unten bei moderaten Drehzahlen der herum nicht so sauber am Gas, spanischen Grenze entgegen. verschluckte sich bei plötzlich Das Drehzahlniveau ist fast geöffneten Drosselklappen identisch, die Verbräuche dito. und lief ein wenig rauer als sein Der neue GS-Vierventiler ba- Vorgänger. Wobei wir es hier siert auf dem aktuellen R 1200 nach wie vor mit einem Boxer RT-Aggregat, das nominell zu tun haben, der das Werk 110 PS stark ist und in der neu- nachweislich in sehr unteren GS aus 1170 Kubik Hub- schiedlicher Gemütslage verraum immerhin 105 PS bei lässt, was gemeinhin als Se7500 Touren und ein maxima- rienstreuung bezeichnet wird. les Drehmoment von 115 New- Manche benötigen einfach nur tonmetern bei 5750/min her- etwas mehr Laufleistung und ausholen soll. Das Leistungs- eine feinfühlige Synchronisatiplus resultiert im Wesentlichen on, um richtig rund zu laufen. aus einer Erhöhung der NennWir biegen von der Autodrehzahl (von 7000 auf bahn ab und fahren die letzten 7500/min), modifizierten No- Kilometer durch die Corbières ckenwellen und einer erhöhten in Richtung Prades. Auf den 1/2008 TOURENFAHRER 27 U-026-R1200GS.qxd 28.11.2007 TOUREN-TEST 10:23 Uhr BMW R 1200 GS BMW R 1200 GS Subjektiv würde man sagen, dass der Boxer etwas forscher im oberen Drehzahlbereich hochdreht Die neue Alte mit bekannten Stilelementen und neuen Farbtupfern. Am auffälligsten sind die fest verschraubten Tankverkleidungen mit Edelstahlkomponenten, die dynamischen Gussräder und die wertig eloxierten Tauchrohre. Das Cockpit blieb nahezu unverändert, während der Lenker nunmehr in erhöhten, variablen Klemmböcken Platz nimmt. Die Federbeine vorn und hinten sind wahlweise elektronisch verstellbar, der dazugehörige Bedienknopf sitzt auf der linken Lenkerarmatur. Der Motor glänzt mit 105 PS, magnesiumfarbenen Ventildeckeln und schwarz lackierten Zylindern. 28 TOURENFAHRER 1/2008 Seite 28 U-026-R1200GS.qxd 28.11.2007 10:24 Uhr Seite 29 1/2008 TOURENFAHRER 29 U-026-R1200GS.qxd 28.11.2007 TOUREN-TEST 10:24 Uhr Seite 30 BMW R 1200 GS Technische Daten Motor: Leistung 77 kW (105 PS) bei 7500/min, max. Drehmoment 115 Nm bei 5750/min (TF-Messung: 77 kW (105 PS) bei 7700/min, 110 Nm bei 5600/min), luftgekühlter Boxer-Zweizylindermotor, Hubraum 1170 cm3, Bohrung x Hub 101 x 73 mm, Verdichtung 12,0 : 1, je vier Ventile, über je eine hoch liegende Nockenwelle, Stößelstangen und Tassenstößel betätigt, Nass-Sumpfschmierung, elektr. Saugrohreinspritzung, d = 47 mm, G-Kat, Euro 3, E-Starter, Lichtmaschine 720 W, Batterie 12 V/14 Ah Messwerte: Kraftübertragung: Primärantrieb über Zahnräder, Sekundärantrieb über Kardan, hydraulisch betätigte Einscheiben-Trockenkupplung, Sechsganggetriebe Fahrwerk: Gitterrohrrahmen aus Stahl, vorn Telelever mit Zentralfederbein, Federbasis und Zugstufendämpfung (bei ESA) einstellbar, hinten Einarmschwinge mit angelenktem Zentralfederbein, Federbasis und Zugstufendämpfung einstellbar, Federweg vorn/hinten 190/200 mm, LM-Gussräder, vorn 2.50 x 19, hinten 4.00 x 17, Bereifung Bridgestone BattleWing, vorn 110/80 R 19, hinten 150/70 R 17, vorn Doppel- verwinkelten Straßen spielt sich das renovierte Getriebe der Generation 2008 in den Vordergrund. Das stammt jetzt Eins zu Eins aus dem Vorzeigeboxer, der HP2 Sport. Um auf der Rennstrecke bestehen zu können, wurde deren Schaltbarkeit durch die Neugestaltung der Schaltwalze verbessert und die Drehzahlfestigkeit durch kürzere Achsabstände erhöht. Bei gleich bleibend langen Schaltwegen gehen die Gangwechsel im präzise rastenden Sechsganggetriebe ungewöhnlich leichtgängig vom Fuß, auch ein Verdienst der gut dosierbaren, hydraulisch betätigten Trockenkupplung. Es wird langsam dunkel, und das nach wie vor gute Scheinwerfersystem leuchtet die Fahrbahn effizient aus. Wir schalten die Griffheizung an und vertrauen auf die neue, kräftige 720-Watt-Lichtmaschine, die dank geänderter Übersetzung jetzt schon bei niedriger Drehzahl ausrei30 TOURENFAHRER 1/2008 scheibenbremse mit Vierkolben-Festsätteln, d = 305 mm, hinten Einscheibenbremse mit Doppelkolben-Schwimmsattel, d = 265 mm, ABS optional Maße und Gewichte: Gewicht fahrfertig 242 kg, zulässiges Gesamtgewicht 440 kg, maximale Zuladung 198 kg, Tank 20 l Höchstgeschwindigkeit solo 218 km/h Durchzug 50 - 120 km/h im höchsten Gang: solo 7,3 s zwei Personen 10,2 s Benzinverbrauch (Super): Landstraße: 5,8 l/100 km Autobahn (130): 5,6 l/100 km Reichweite (Landstr./Autobahn): 344/357 km Kosten: Preis: Steuer: 12.500 Euro (zzgl. Nk.) 86,50 Euro (für ein Jahr) Wartungsintervalle/Garantie: Erstinspektion bei 500 -1200 km (1,25 h) dann 1xJahr bzw. alle 10.000 km (1,25-1,8 h) Gewährleistung: 2 Jahre ohne km-Begrenzung Pause am Château des Templiers von Collioure, der besterhaltenen Burg der Tempelritter Südfrankreichs. U-026-R1200GS.qxd 28.11.2007 chend Strom liefern soll. Das war nicht immer so und scheint in Anbetracht deutlich gestiegener Komfort-Ansprüche und zunehmender Verbraucher auch dringend ratsam. Warum allerdings die Stromsteckdose immer noch versteckt unter dem Soziussitz platziert ist, bleibt bis auf weiteres ungeklärt. Wir schlagen unser Lager in der Villa du Parc, unterhalb des 2784 Meter hohen Canigou im Herzen der Pyrenäen auf. Die Mischung aus frisch asphaltierten Küstenstraßen, verwinkelten, nicht mehr ganz taufri- 10:24 Uhr Seite 31 gelenke übertragen und bevorzugt auf diesem Terrain schon bald die Standard-GS. Was laut BMW eigentlich gar nicht der Fall sein dürfte, denn das ESAFahrwerk sollte theoretisch über eine größere Bandbreite an Einstellmöglichkeiten verfügen als die Serien-GS. Diese meistert die gleiche Strecke jedoch spürbar souveräner und filtert bei leicht vorgespannter Feder (zwei von fünf Stufen) alle Unebenheiten aus der Asphaltdecke. Gewöhnungsbedürftig ist hier nur das markante Auf und Ab der Front bei Lastwechseln, das der neuen, straff gedämpften GS völlig 15 Einstellmöglichkeiten fremd ist. Außerdem bietet stehen bereit, was die der neue DämpSache nicht einfach macht fer im Heck spürbar mehr schen Bergsträßchen und Reserven bei hoher Zuladung, reichlich Schotterpisten bietet was beim Standard-Fahrwerk beste Voraussetzungen, um trotz maximal vorgespannter dem neuen elektronischen Feder nicht im Ansatz zufrieESA-Fahrwerk auf den Zahn den stellend gelöst ist. zu fühlen. Immerhin haben wir Zurück geht es über die gut es hier erstmals mit einer Endu- ausgebaute Nationalstraße mit ro-Variante zu tun, die insge- ihren weit geschwungenen, samt über fünfzehn Einstell- ebenen Kurvenverläufen. Wir möglichkeiten verfügt, was die setzen das ESA auf »Normal« Sache nicht gerade einfach ge- und bekommen spürbar mehr staltet. Im Gegensatz zum Dämpfung geliefert. Die EiStraßen-ESA sind hier vorn genbewegung der GS wird auf und hinten sowohl die Zugstu- ein Minimum reduziert, das fendämpfung als auch die Fe- Fahrwerk gibt sich knackig derbasis verstellbar. sportlich, die GS hechtet durch Fangen wir mit der Komfort- die Weinberge. Diese EinstelEinstellung Straße an und set- lung entspricht eigentlich unsezen die Federbasis auf Solobe- rer Vorstellung von »Sport«, trieb. Das hintere Federbein was im Hause BMW etwas anmit seinen 200 Millimetern Fe- ders gesehen wird. Denn die derweg ist also minimal vorge- »Sport«-Variante des ESA spannt, das Heck sinkt unbelas- konfrontiert uns mit einem völtet spürbar ein, die Zugstufen- lig überdämpften Endurodämpfung müsste vorn und Fahrwerk, das für den normahinten maximal geöffnet sein. len Straßenbetrieb nicht Derart vorbereitet geht es in brauchbar erscheint. Unterm Richtung Sournia über nicht Strich vertrauen wir auf der immer optimales Straßenmate- Straße vornehmlich der »Komrial. Die GS wirkt auf diesem fort«-Stellung und spannen die Geläuf ungewohnt unkomfor- Feder bereits im Solobetrieb tabel, spricht auf der ansonsten leicht vor (eine Person plus so sensibel agierenden Vorder- Gepäck), um eine möglichst hand spürbar schlechter an und ausgewogene Radlastverteiwirkt überdämpft. Das be- lung zu erhalten. kommt der Fahrer vom TeleleDie Abkürzung über den ver eins zu eins auf die Hand- Schotterweg kommt gerade Individuell gestalten as Ergonomie-Paket, welches BMW für die neue GS geschnürt hat, könnte durchaus umfangreicher ausfallen. Die Sitzbank ist natürlich weiterhin verstellbar (880 - 900 mm) und optional in einer niedrigen (820 mm) und einer noch höheren Version (über 900 mm!) verfügbar. Der D Lenker ist nunmehr flacher gekröpft, sitzt dafür aber auf hohen Klemmböcken und lässt sich zweifach verstellen. Für die Fußrasten bietet BMW optional die breiten Adventure-Ausleger an, die insbesondere im Gelände deutlich mehr Aufstandsfläche bieten. Die vordere Sitzbank wurde nicht nur straffer gepolstert, die Schaumstoffdicke wurde ebenfalls erhöht – die Sitzhöhe nimmt zu. Wie bei der HP2: asymmetrisch montierte Lenkerklemmböcke, die um 180 Grad gedreht, mehr Spielraum im Gelände bieten. Gegen Aufpreis lassen sich die breiten Fußrasten mit dem verstellbaren Schalthebel der Adventure auch an der GS montieren. recht. Anhalten, ABS ausschalten und das ESA-Fahrwerk auf »Soft« für leichtes, überwiegend ebenes Gelände stellen. Hier wird die Feder vorn und hinten um 10 Millimeter vorgespannt und die Dämpfung leicht erhöht. Wer jetzt noch schnell den Lenker auf die hohe Position hieven möchte, sollte laut Fahrerhandbuch mal eben die Fachwerkstatt aufsuchen. Ein Blick ins StandardBordwerkzeug hilft da auch nicht weiter. Also kehrt marsch und die Lenkerböckchen bei der nächstgelegenen CitroënWerkstatt um 180 Grad gedreht. Der konifizierte AluLenker wandert anderthalb Zentimeter nach vorn und gewinnt nochmals leicht an Höhe, was das Stehend-Fahren im Gelände durchaus erleichtert. Nicht ganz so praxisnah bleiben die zu schmalen Fußrasten und die zu langen Schalt- und Bremshebel, was nicht nur im 1/2008 TOURENFAHRER 31 U-026-R1200GS.qxd 28.11.2007 TOUREN-TEST 10:24 Uhr Seite 32 BMW R 1200 GS Neues GS-Zubehör: Die Auswahl wird größer raußen trifft man eine Standard-GS nur noch selten an. Das hat man auch bei BMW erkannt und hält inzwischen ein reichhaltiges Zubehörsortiment bereit. Dabei wird fein säu- D berlich zwischen Sonderausstattung und Sonderzubehör unterschieden. Zur Sonderausstattung zählen Bauteile, die ab Werk montiert werden wie zum Beispiel das ESA-Fahrwerk und die Reifenluftdruckkontrolle (RDC). Mit dem Sonderzubehör lässt sich die GS später noch in alle erdenklichen Richtungen aufrüsten. Die Zusatzscheinwerfer mit separatem Haltebügel sollen ab März 2008 lieferbar sein. Der BMW Motorrad Navigator von Garmin kann jetzt an einem Spezialhalter montiert werden. Sportliche Attribute: schlanker Akrapovic-Endtopf, getöntes Windschild, Alu-Ventildeckel- und Unterfahrschutz, Motorschutzbügel, Handprotektoren, Kreuzspeichenräder und kleiner Tankrucksack. Das neuartige Softbag »Sport« wird am Heck montiert und bietet stolze 51 Liter Stauraum. Auch als kleine 9-Liter-Version erhältlich. Gelände als störend empfunden wird. Wer möchte, kann allerdings die breiten Rasten der Adventure gegen Aufpreis montieren lassen. Das Gelände ist nicht sonderlich anspruchsvoll, aber auch hier würde man sich ein wenig mehr Komfort an der Vorderhand wünschen. Die unverändert im Straßen-Setting über32 TOURENFAHRER 1/2008 Der große wasserdichte Tankrucksack passt sich der neuen Tankform optimal an und ist wie gehabt vorn und hinten via Klett/Gurt befestigt. nommene Standard-GS folgt auf Schritt und Tritt und hat nur im groben Terrain Nachteile aufgrund ihrer minimal geringeren Bodenfreiheit in Kauf zu nehmen. Wer es ganz hart möchte, kann die Federn maximal um 20 Millimeter vorspannen, muss im Gegenzug auf jeglichen Komfort verzichten. Schade eigentlich, denn das Die Standard-Gepäcklösung der GS ist einfach in der Handhabung, die Seitenkoffer bauen jedoch nicht gleich groß. superbe ESA-Fahrwerk der K 1200 GT hat Geschmack auf mehr gemacht. Letzteres wird allerdings von White Power und nicht von Showa bereitgestellt. Vielleicht liegt es auch einfach daran, dass unsere Test-GS mit nur 600 Kilometern auf der Uhr ausgeliefert wurde und von daher noch einige Zeit braucht, um sensibler anzusprechen. An der insgesamt zu straffen Grundabstimmung wird dies aber nur wenig ändern. Ob sich der ESA-Aufpreis von 680 Euro lohnt, darf in Anbetracht der gezeigten Leistungen bezweifelt werden. Sensationell gut arbeitet indes die automatische Stabilitätskontrolle (ASC), die im Geländemodus mordsmäßig U-026-R1200GS.qxd 28.11.2007 10:24 Uhr hohe Traktion garantiert und auf der Straße manch einen Ausrutscher verhindern hilft. Wie überhaupt das Niveau durch viele Sonderausstattungen getoppt werden kann. Dringend anzuraten sind nach wie vor die jetzt zweigeteilten Handprotektoren, der Bordcomputer und natürlich das ABS, das in Kombination mit den Vierkolben-Festsätteln am Vorderrad außergewöhnliche Verzögerungswerte und feinfühliges Regelverhalten garantiert. Mit 12.500 Euro hält sich der GS-Preisaufschlag gegenüber dem 2007er-Modell im Rahmen. Die üblichen aufpreispflichtigen Komponenten wie ABS, Koffersystem, Handprotektoren, RDC und ASC treiben den Preis schnell jenseits von 15.000 Euro. Die Folgekosten bestimmt unter anderem der neuartige, dynamische Wartungsplan. Dabei wurden Seite 33 Standard-Fahrwerk trifft auf neue ESA-Komponenten und zieht auf topfebenem Terrain den Kürzeren. Peter Müller, Leiter Entwicklung und Baureihen BMW Motorrad zur GS-Modellpflege TF: Nach vier Jahren Bauzeit jetzt eine erste zaghafte Modellpflege der R 1200 GS. Wieso? BMW: Vor dem Hintergrund, dass die R 1200 GSBaureihe über die Jahre immer noch kontinuierlich zugelegt hat, bestand eigentlich kein akuter Handlungsbedarf. Wir wollten aber etwas anbieten, was der GS bis dato gefehlt hat, um eventuell auch neue Käuferschichten zu erschließen. Ein großer Schritt, wie damals von der 1150er- zur 1200erGS, wäre sicherlich des Guten zu viel gewesen. Da das Motorrad nach wie vor von der Optik unheimlich gut ist, haben wir keinen Grund gesehen, jetzt mit Gewalt einfach eine Veränderung durchzuführen. TF: Herr Müller, was meinen Sie, was sich die GS-Kunden am meisten gewünscht haben für die neue Modellreihe? BMW: Eine Kritik, die wir immer wieder hören, ist das Thema Lastwechselverhalten und Motorlaufkultur. TF: Das kommt erst an sechster Stelle. Platz eins auf der Wunschliste (siehe nächste Seite) betrifft den mangelhaften Windschutz durch die kleine Verkleidungsscheibe und die daraus resultierenden hohen Turbulenzen im Helmbereich. BMW: Da sind wir auch aktiv geworden. Das sehen Sie an den Kleinigkeiten, die wir zum Beispiel an den neuen Tankcovern gemacht haben, um vor allen Dingen die kalten Strömung von unten zu minimieren. TF: Zweiter Platz: der Spritzschutz am Hinterrad, der von fast jedem zweiten GSFahrer kritisiert wird. BMW: Dass dies ein Thema ist, wo eventuell Handlungsbedarf besteht, ist uns bis dato nicht bekannt. Wir haben alles eingearbeitet, was uns bewusst ist und was wir vom Vertrieb über die Händler erfahren haben. TF: Wird die neue leichte F 800 GS die Verkaufserfolge der R 1200 GS nicht erheblich schmälern? BMW: Wir haben uns das auch sehr genau angeschaut, weil wir die R 1200 GS-Baureihe nicht schwächen, sondern ergänzen wollen. Die Fahrzeuge sind auch vom Charakter her völlig unterschiedlich. Die R 1200 GS ist ein souveränes Fahrzeug, das in allen Bereichen zu Hause ist, während die F 800 GS eher mit einer KTM Adventure zu vergleichen ist. Nach dem Weg- fall der Africa Twin wurde in dem 800-Kubik-Bereich überhaupt kein Modell mehr vorgestellt, und von daher sehen wir hier großes Potenzial und sind in diese Lücke hineingestoßen. Vom Charakter her wird unseres Erachtens kein R 1200 GS-Kunde sagen, ich will die F haben, es sei denn, er will etwas ganz anderes. TF: Inklusive aufpreispflichtigem Zubehör kommen schnell 15.000 Euro und mehr für eine Enduro zusammen. Was ist dem Kunden in diesem Segment noch zuzumuten? BMW: Wir müssen uns immer im Verhältnis zum Wettbewerb und zur Produktsubstanz sehen. Dass für eine BMW ein gewisser Mehrpreis gezahlt werden muss, bzw. auch gezahlt wird, das wissen wir. Das heißt im Umkehrschluss aber nicht, dass wir mit hohen Preisen Volumen einstreichen. Wichtig ist, dass die GS auf dem hohen Niveau bleibt, und dazu gehört auch ein konkurrenzfähiger Preis. 1/2008 TOURENFAHRER 33 U-026-R1200GS.qxd 28.11.2007 TOUREN-TEST 10:24 Uhr Seite 34 BMW R 1200 GS Was sich R 1200 GS-Fahrer gewünscht hätten Nachdem ich meine erste 1200 GS (EZ 9/04) wegen viel zu vieler Mängel (in 2,5 Jahren und 25.000 km mehr Fehler /Ausfälle als mit den beiden anderen BMWs auf 160.000 km zuvor) gegen eine 1200 GS (EZ 4/07) eingetauscht habe und diese ebenfalls nicht mängelfrei ist, wünsche ich mir eigentlich nur eins: dass BMW eine dem Anschaffungspreis, dem Ruf des Herstellers und dem Wunsch des Kunden gerechte »gute Qualität« baut / liefert. Markus Simon, Göppingen Für den Offroad-Einsatz einen längeren ersten Gang und stabilere Koffer. Weniger elektronische, dafür qualitativ hochwertige Bauteile (Fahrwerk). Statt neuer Edelstahl-Applikationen und der Kunststoffverkleidung im Tankbereich einen soliden Stahlblechtank wie bei der 1150 GS. Uwe Hahmann, Göttingen 34 TOURENFAHRER 1/2008 Das »neue« Modell 2008 hat zwar mehr Leistung, jedoch keinen Drehmomentzuwachs im Drehzahlkeller. Das vordere Schutzblech ist 10 cm zu kurz, der Spritzschutz am Hinterrad inakzeptabel, und der Original-Windschild erzeugt unangenehme Verwirbelungen. Ich finde es erschütternd, dass jedes noch so billige Fahrrad mehr Einstellmöglichkeiten am Lenker bietet als die meisten Motorräder. Das hintere Federbein ist bei voller Beladung hoffnungslos überfordert und viel zu weich. Stefan Schröder Für mich ist die Fahrersitzbank viel zu weich. Neben den Alternativen »hohe und tiefe Sitzbank« wäre sicher eine »härtere Sportbank« ein vielfach bestelltes Sonderzubehör. Der Spritzschutz am Hinterrad leitet nur noch mehr Spritzwasser an die Heckverscha- lung, als wenn er gar nicht existent wäre. Der Originalschild ist einfach nicht zufriedenstellend. Außerdem bietet die 12er GS (als Reisemotorad) nicht mal Stauraum für eine Brieftasche oder ein Handy. Fährt meine Frau mal 50 Tage nicht mit ihrer Kuh, ist die Batterie schon leer. Marco Suozzi, CH-Zürich Da ich sowohl offroad (10 %) als auch onroad (80% mit Sozius / 10% solo) vor allem auch mehrtägig unterwegs bin, ist mir das Gepäcksystem wichtig. Deshalb hätte ich gern eine stabilere Kofferhalterung (ähnlich der Adventure) und vor allem zwei gleich große Koffer – am liebsten mit einem Doppelauspuff. Remo Hänggi Für mich lohnt sich die neue GS nicht, weil Windschutz und Spritzschutz nicht verbessert sind, das Tankvolumen immer noch zu klein ist, die Wartungsintervalle zu kurz sind und ich keinen Platz für meinen Kleinkram finde. Außerdem nervt das lästige Ruckeln. Markus van Noppen, B-Eupen Nur einen dringlichen Wunsch hätte ich gehabt: einen »aeroakustisch« verbesserten Windschutz. Leider vergeblich gehofft. Toni Geisseler, Schweiz Meine Vorschläge: einfache Lichtweitenregulierung, Spritzschutz für das Hinterrad optimieren, Platz unter der Sitzbank schaffen und günstiger vom Preis werden! Attila Krick, Kürnach Wir haben gehofft, dass der Motor der R 1200 R eingebaut U-026-R1200GS.qxd 28.11.2007 wird, also mindestens 110 PS zur Verfügung stehen. Als magische Zahl sehen wir aber die 125 PS. Nicht weil man die wirklich braucht, aber um tatsächlich immer souverän dabei zu sein. Müssen wir wirklich noch einmal vier Jahre warten? Dieter Neuschütz, Schweiz Und insgesamt hat sie zuwenig Charakter, ich langweile mich auf ‘ner normalen GS! Frank Plate Auf meinem Wunschzettel würde stehen: ordentlicher Windschutz ohne lästige Verwirbelungen, ordentlicher Spritzschutz durch unauffälligen Innenkotflügel und wenn Mehrleistung, dann biiteschön mehr als 105 PS, da der minimale Leistungszuwachs die Versicherungsprämie ohne wirklichen Gegenwert erhöht. Gelungen finde ich die Seitencover. Martin Herbst Unerfüllte Wünsche: voll einstellbares Fahrwerk, japanische Armaturen, Funkuhr und abschließbare Staufächer. ... aber wie gesagt, imWesentlichen will ich gar nix anderes! Hartmut Kämper die Inspektionsvorgaben laut BMW dem Trend zu immer geringeren Laufleistungen angepasst. Die Verpflichtung für jeden BMW-Kunden lautet ab sofort, mindestens einmal im Jahr zur Kontrolle die Werkstatt aufzusuchen. Das soll zum einen der eigenen Sicherheit dienen, Schockeffekte wegen zu hoher Reparaturbeträge vermeiden helfen und den Werkstätten eine gewisse Planungssicherheit bieten. Unterm Strich dürfte manch ein Kunde gegenüber dem alten System Kosten einsparen, vordergründig scheint jedoch eine effizientere Auslastung der Werkstätten das Ziel zu sein, da sich bis dato nur 50 (!) Prozent aller BMW-Kunden zum Jahresser- 10:24 Uhr Seite 35 Die TOP-TEN Leser-Wunschliste 1) Windschild: weniger Verwirbelungen, besserer Windschutz 2) Spritzschutz hinten: soll Passagiere und Heck nicht einsauen 3) Anschaffungskosten: senken 4) Federbein hinten: stärker bei hoher Zuladung 5) Stauraum: Platz unter Sitzbank schaffen, Verkleidungsfach 6) Motor: geringere Lastwechsel, kein Ruckeln im Schiebebetrieb 7) BMW-Koffersystem: stabilerer Träger und gleich große Koffer. 8) Motor: Mehrleistung 9) Ergonomie: verstellbarer Fußschalthebel, breitere Rasten 10) Scheinwerfer: mehr Lichtausbeute, weniger Birnenverschleiß An dieses Motorrad gehört ein solider Doppelscheinwerfer wie bei der Suzuki V-Strom und ein ordentlicher Spritzschutz. Ich hatte noch nie ein Motorrad, welches sowohl sich selbst, als auch die Passagiere so einsaut! Außerdem sind die Kunststoffhalterungen der Seitenkoffer nicht das, was ich mir unter dem Gesichtspunkt der Stabilität vorstelle. Weitere Kritik: Topcase zu hoch montiert, hochgezogener Endschalldämpfer unpraktisch. Peter Kroll vice anmelden. Kein einfaches Fazit, das uns die neue R 1200 GS beim ersten Kontakt vermittelt. Sie hat durch ihren Motor leicht an Dynamik und Esprit gewonnen, beim Fahrwerk aber nicht in gleichem Maße zugelegt. Wir würden unterm Strich eine GS ohne ESA empfehlen und das gesparte Geld in Öhlins-Federbeine investieren, um die Schwächen der Standard-Federn zu beheben. Nichtsdestotrotz bleibt diese BMW natürlich ein verdammt gutes Motorrad, das in der Bandbreite ihres Könnens keine Gegner fürchten muss. Aber als Topmodell darf man sich eigentlich keine Schwächen erlauben. Till Kohlmey BMW R 1200 GS drehmomentstarker Motor, gleichmäßige Kraftentfaltung, spurstabiles, handliches Fahrwerk, ABS-Option 1 SEHR GUT drehfreudiger Motor, leichtgängiges Getriebe, einfaches Handling, sehr gute Bremsen, hohe Schräglagenfreiheit 1 SEHR GUT kultivierter Motor, leichtgängige Kupplung, hohes Gewicht, gute Übersicht, leicht bedienbarer Hauptständer 2 GUT Motor mit hohem Drehmoment, hohes Gewicht, straßenorientierte Enduro-Bereifung, ABS abschaltbar, Traktionshilfe 2 GUT gute Fahrleistungen, hoher Sitzkomfort, befriedigender Windschutz, ausreichende Reichweite 2 GUT drehfreudiger Motor, exaktes, leicht schaltbares Getriebe, straff einstellbares Fahrwerk, hohe Schräglagenfreiheit 1 SEHR GUT großzügiges Platzangebot, komfortable Federung, guter Fahrerkontakt, ausreichende Zuladung 1 SEHR GUT 1/2008 TOURENFAHRER 35