Investition und Finanzierung

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Investition und Finanzierung
Prof. Dr. Hans Hirth
1
Lehrstuhl für Finanzierung und Investition
Prof. Dr. Hans Hirth
Modul „Investition und Finanzierung“
2 SWS VL + 2 SWS TUT
Tutorien starten ab …..
genaue Termine der Tutorien und Sprechzeiten der Tutoren folgen
http://www.finanzierung.tu-berlin.de/
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Benutzername: fin
Paßwort:
finanzen
Zuständiger Wissenschaftlicher Mitarbeiter:
Dipl.-Kfm. Norman Zimmermann
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Investition und Finanzierung
Gliederung
I. Einführung
II. Investitionsrechnung
1. Grundlagen
1.1 Arten von Investitionen
1.2 Typen von Investitionsentscheidungen
1.3 Diskontierung
1.4 Statische und dynamische Investitionsrechnungen
1.4.1 Statische Investitionsrechnungen
1.4.2 Dynamische Investitionsrechnungen
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3
2. Investitionsentscheidungen bei Sicherheit und exogenem
Kalkulationszinssatz
2.1 Entscheidungen auf Basis des Kapitalwerts
2.1.1 Kapitalwert und Endwert
2.1.2 Annuität
2.1.3 Interner Zinssatz
2.1.4 Kapitalwertrate
2.1.5 Einbeziehung von Steuern
2.1.6 Einbeziehung nicht-flacher Zinskurven
2.1.7 Einbeziehung von Risiko
2.2 Investitions- u. Konsumentscheidung
2.2.1 Fisher-Modell und vollkommener Kapitalmarkt
2.2.2 Hirshleifer-Modell und unvollkommener Kapitalmarkt
2.3 Nutzungsdauerentscheidungen
2.3.1 Ohne Ersatzinvestition
2.3.2 Mit Ersatzinvestition
3. Endogene Kalkulationszinssätze
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III. Finanzierung
1. Finanztitel als Instrumente der Finanzierung
1.1 Abstimmungsbedarf zw. Unternehmen u. Haushalten
1.2 Transformationsaufgaben von Finanztiteln
1.3 Eigen- und Fremdfinanzierung
1.4 Innen- und Außenfinanzierung
2. Liquiditätssicherung
2.1 Liquidität, Nutzen und Kosten
2.2 Liquiditätsplanung
3. Bedeutung der Kapitalstruktur
3.1 Kapitalkosten
3.2 Leverage-Effekt und Leverage-Risiko
3.3 Irrelevanz d. Verschuldungsgrads bei vollk. Kapitalmarkt
3.4 Relevanz d. Verschuldungsgrads bei unvollk. Kap.markt
Zur Vorlesung gibt es das Lehrbuch:
Hirth, Hans: Grundzüge der Finanzierung und Investition,
Oldenbourg Verlag, 3. Auflage, 2012.
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I. Einführung
Beispiel: Haus gemeinsam mit Bruder geerbt
€
A1: Haus für 400.000 € verkaufen

eigener Anteil
 200.000

weiter Miete zahlen für ähnl. Haus (20 J.)  24.000 p. a.
A2: Bruder auszahlen und 20 Jahre selbst drin wohnen

Auszahlen des Bruders
 200.000

jährliche Instandhaltungen

 4.000 p. a.

geschätzter Endwert des Hauses

450.000
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A3: Bruder auszahlen, 20 Jahre vermieten, dann verkaufen

Auszahlen des Bruders
 200.000

weiter Miete zahlen für ähnl. Haus
 24.000 p.a.

jährliche Mieteinzahlungen


jährliche Instandhaltungen
  5.000 p. a.

geschätzter Endwert des Hauses
 450.000
24.000 p. a.
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Welche Alternative ist besser?
Jahr
A1
A2
A3
0
+ 200.000
 200.000
 200.000
24.000 + 24.000 
5.000 =  5.000
1
 24.000

4.000
2
 24.000

4.000

5.000
3
 24.000

4.000

5.000
.....
.........
...........
.........
20
 24.000
+ 450.000
+ 450.000
A3 ineffizient, da von A2 dominiert.
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Vergleich A1 und A2 ohne weiteres schwierig, denn
- unterschiedl. Zahlungen fallen zu unterschiedl. Zeiten an
Auf- und Abzinsung
- zukünftige Zahlungen i.d.R. unsicher
Risikoprämien
Außerdem verstecktes Finanzierungsproblem:
Haben Sie 200.000 Eigenmittel, um Bruder auszuzahlen?
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Ist eventuelle Kreditaufnahme sinnvoll?
In der Regel ist Kreditzins (Sollzins) > Anlagezins (Habenzins).
Warum?
Transaktionskosten in weitem Sinn
Vertragsanbahnung
z.B. Kosten
e. Bankfiliale
-verhandlung
Kreditverhandlung
-überwachung
Kontoüberwachung
-durchsetzung
Gerichtsverfahren
Transaktionskosten durch Zinsdifferenz zu decken
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Fälle von Unsicherheit
Sicherheit
nur eine künftige Entwicklung vorstellbar
Bsp.: Fliegender Hubschrauber kommt irgendwann wieder herunter.
Quasi-Sicherheit
mehrere künftige Entwicklungen vorstellbar, aber nur eine wird zugrundegelegt (z. B. die wahrscheinlichste oder die gefährlichste)
Bsp.: Siemens stellt morgen keinen Insolvenzantrag.
Risiko
mehrere denkbare Entwicklungen, deren Eintrittswahrscheinlichkeiten berücksichtigt werden (können)  Wahrscheinlichkeitsverteilung
Bsp.: Wkt., daß Siemens in den nächsten 50 J. insolvent wird, ist 10%.
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Ungewißheit
mehrere künftige Entwicklungen vorstellbar, deren Eintrittswahrscheinlichkeiten nicht berücksichtigt werden (können)
Bsp.: In den nächsten 50 J. wird Siemens insolvent oder eben nicht.
Im folgenden meistens zur Vereinfachung: Sicherheit!
Als Problem verbleibt:
unterschiedl. Zahlungen zu unterschiedl. Zeiten
Vergleichbarmachung durch Ab-/Aufzinsung
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Untersuchungsgegenstand der Investition & Finanzierung:
Beurteilung von Zahlungsströmen, egal wodurch generiert.
Investitionsmaßnahme
 generiert Zahlungsstrom durch Mittelverwendung
 beginnt normalerweise mit Auszahlung
 mit der Absicht, Mittel langfristig zu binden
Daher: Laufende Auszahlungen wie z. B. für kleinere Beschaffungen sind keine Investition.



Finanzierungsmaßnahme
generiert Zahlungsstrom durch Mittelbeschaffung
beginnt normalerweise mit Einzahlung
kurzfristig (Liquidität) und langfristig (Kapitalaufbringung)
universaler Anwendungsbezug, nicht nur in Unternehmen
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II. Investitionsrechnung
1. Grundlagen
1.1 Arten von Investitionen
Realinvestitionen (Sachinvestitionen)
 Erwerb von Vermögensgegenständen.
 Erst deren produktiver Einsatz führt zu Zahlungsrückflüssen.
Bruttoinvestition
Schienennetz
=
Nettoinvestition
neue Strecken
Mehrung der Substanz
+
Ersatzinvestition
Instandhaltung
alter Strecken
Erhaltung der Substanz
Abgrenzung teilweise uneindeutig; z.B. bei Rationalisierung:
Ersatz, aber nicht gleichwertiger, sondern qualitativ besser
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Finanzinvestitionen
 Erwerb von Zahlungsansprüchen, z. B. durch Wertpapierkauf,
Beteiligungen
 Abgrenzung teilweise uneindeutig; z.B. Aufbau einer Beteiligung:
reine Finanzanlage oder unmittelbare Verfügungsgewalt über
Vermögensgegenstände des Unternehmens?
1.2
Typen von Investitionsentscheidungen

Entscheidung über Durchführung einer Investition
(„absolute Vorteilhaftigkeit“; aber Unterlassensalternative? s.u.)

Auswahl zwischen einander ausschließenden Investitionen
(„relative Vorteilhaftigkeit“)
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Beachte zur Unterlassensalternative bei vorhandenen
Eigenmitteln:
Alternative ist nicht Verzicht auf jegliche Investition,
sondern Durchführung einer Finanzinvestition
(durch Unternehmen oder durch Financiers nach Ausschüttung)
OPPORTUNITÄTSKOSTEN
Bei identischem Kredit- und Anlagezinssatz:
Unterscheidung, ob Eigenmittel vorhanden sind, ist überflüssig, da
Zinskosten identisch.
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1.3
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Diskontierung
Fragestellung: Zahlungen fallen zu unterschiedlichen Zeitpunkten an
Vergleichbarkeit erforderlich
Zwei Möglichkeiten
(1) zeitliche Verschiebung v. Zahlungen durch Markttransaktionen
auf einen einheitlichen Zeitpunkt
objektiver Vergleich allein über Zahlungshöhe möglich
(2) subjektiver Vergleich der Zahlungen durch indiv. Zeitpräferenz
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Vergleich mittels Markttransaktionen
Vergleich zweier Zahlungsansprüche z0 bzw. zt.
Was ist mehr wert?
z0
zt
Zeit
0
1
…..
.
2
t
Zinssatz für Anlage und Verschuldung sei i.
Variante A: Transformation von z0 in die Zukunft t durch Anlage
in  = 1:
z0 + z0  i
(Rückz.) (Zins)
=
(1+i)  z0
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in  = 2: Wiederanlage auch des Zinses
(1+i)  z0
+ (1+i) z0  i
Betrag in  = 1
= (1+i)²  z0
Zinsen von  = 1 bis 2
usw.
in  = t:
Vergleich:

(1+i)t  z0
(1+i)t  z0
> (<)
zt
z0 ist besser (schlechter) als zt.
Beispiel: Ist z0 = 100 oder z2 = 120 besser?
für i = 8 %: (1,08)2  100 = 116,64 < 120
für i = 10 %: (1,1)2  100 = 121
> 120
 z0 schlechter!
 z0 besser!
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Variante B: Transformation von zt in die Gegenwart durch
Kreditaufnahme
zt muß für Tilgung und Bedienung aller Zinsen und Zinseszinsen einer gegenwärtigen Kreditaufnahme zum Zinssatz i ausreichen:
zt = Kt
wobei Kt:
Kreditbestand inclusive Zinseszinsen in t
Kt ergibt sich schrittweise wie folgt:
Kt = Kt1 + i  Kt1 = (1+i)  Kt1 = (1+i)  (1+i)  Kt2 = .. usw.
= (1+i)t  K0
wobei K0:
aufgenommener Kreditbetrag in  = 0
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Anforderung (s.o.)
zt = Kt = (1+i)t  K0

K0
zt
t
=
=
(1+i)
 zt
(1  i) t
Nun Vergleich mit z0 möglich:
z0 > (<) (1+i)t  zt

z0 ist besser (schlechter) als zt
Beispiel: Ist z0 = 100 oder z2 = 120 besser?
für i = 8 %:
für i = 10 %:
100 < (1,08)2  120 = 102,88
100 > (1,1)2  120 = 99,17
 z0 schlechter
 z0 besser
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Erkenntnisse
 Vergleich nicht nur von z0 und zt, sondern auch von i abhängig.
 Vergleichbarkeit durch Auf- oder Abzinsung erbringt immer dasselbe Ergebnis (bei einheitlichem Zinssatz)
Wert von zt zu einem beliebigen Zeitpunkt t*:
Beispiel mit t* = 2
10  (1+i)20
z0 = 10
Zeit t
0
1
2
10  (1+i) 24
3
4
z4 = 10
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allgemeine Formel:
Bt* = (1+i) t*  t  zt
bei
t* > t: Aufzinsung
bei
t* < t: Abzinsung
Sonderfälle
t* = 0:
B0 heißt Barwert
Beispiel: Barwert von z2 = 120 ist für i = 10 %
B0 = (1+i)02  120 = 99,17
t* = T:
BT heißt Endwert (mit T als Ende des Planungshorizonts)
Beispiel: Endwert von z0 = 100 ist für i = 10 % und T = 2
B2 = (1+i) 20  100 = 121
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Unterjährige Verzinsung
Ein unterjähriger Zins r (hier z. B. Monatszins) entspricht einem
Jahreszins i mit
1  r 12  1  i
Oder anders herum:
Der Jahreszins beträgt z. B. i = 5 %.
Äquivalent dazu wäre ein Monatszins von
r  12 1  i  1  12 1,05  1  0,00404  0,4%
der monatlich ausgeschüttet und wiederverzinslich zu Monatszinssätzen von 0,4 % angelegt werden kann.
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Zeitstetige (kontinuierliche) Verzinsung
Ein Betrag B verzinst sich nach jedem unendlich kleinen Zeitintervall
und diese Zinsen erwirtschaften danach wiederum Zinsen usw.
● Erhöhung von B nach einem unendlich kleinen Zeitintervall ∂t
B‘(t)
● Verzinsung r nach diesem Zeitintervall
Werterhöhu ng B' ( t )
r

Kapitaleinsatz B( t )
● Integration über t
r  t  A  ln B( t )
mit A= Integrationskonstante
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Beide Seiten als Exponent zur Basis e (Eulersche Zahl):
er  t  A  eln B( t )

e A  er  t  B( t )
Für t = 0 folgt
e A  B(0)
Einsetzen führt zu
B( t )  B(0)  er  t
Das Startkapital B(0) verzinst sich nach Zeitdauer t mit dem
Aufzinsungsfaktor er  t auf den Betrag B(t).
r heißt „zeitstetige“ oder „kontinuierliche“ Zinsrate.
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Zusammenhang zw. kontinuierl. Zinsrate und Jahreszinssatz
Definiere:
1 Jahr läuft von τ = 0 bis τ = 1.
Aufzinsungsfaktor für ein Jahr ist also:
er1
Welcher Jahreszins i führt zum gleichen Endbetrag nach einem
Jahr wie eine kontinuierliche Verzinsung mit r?
Endwert bei kontinuierlicher Verzinsung
B(0) ∙ e = B(0) ∙ (1+i)
r

e r = 1+i

r = ln(1+i)
oder
Endwert mit einfachem Jahreszins
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Beispiel
Eine Anleihe mit Zinssatz von i = 5 % pro Jahr
Entsprechende kontinuierliche Zinsrate r wäre etwas geringer:
r = ln 1,05 = 0,04879 = 4,879 %
Denn:
Bei kontinuierlicher Verzinsung werden zwischendurch ständig Zinsen berechnet, auf die wiederum Zinsen verdient werden.
Bei der diskreten Verzinsung werden die Zinsen dagegen erst am
Ende abgerechnet.
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Zeitanteilige Verzinsung
In praxi werden unterjährige Zinsen mitunter vereinfacht berechnet.
Bsp. Stückzinsberechnung
Wie wird mit zwischenzeitlich aufgelaufenen Zinsen e. Anleihe verfahren, wenn Anleihe vor dem nächsten Zinstermin verkauft wird?
Der Käufer der Anleihe zahlt dem Verkäufer
die zwischenzeitlich aufgelaufenen Zinsen (Stückzinsen).
Zitat:
„Die Stückzinsen werden ermittelt, indem das Produkt aus Zinssatz und erworbenen
Nennwert mit dem Quotienten aus der Anzahl der Tage seit der letzten Zinszahlung und
der Anzahl der Tage zwischen zwei Zinsterminen gebildet wird.“
(Finanzagentur der Bundesrepublik Deutschland: Informationen für Privatanleger über inflationsindexierte Wertpapiere der Bundesrepublik Deutschland, Stand 3. Mai 2011, S.3)
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Beispiel
Anleihe mit
Nennwert 100 € (= Bezugsgröße für Zinssatz)
Zinssatz von 5 % pro Jahr
Zinszahlung jährlich am 31. Dezember
Anleihe wird am 31. März verkauft (also 1 Quartal = 360/4 = 90 Tage nach dem letzten Zinstermin).
Käufer zahlt einen Zeitanteil von 90/360 = 1/4 der Jahreszinsen an
den Verkäufer (zusätzlich zum Kurs der Anleihe):
5%
r
 1,25% für das Quartal
4
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30
Fehler durch Vereinfachung, denn:
Korrekter unterjähriger Quartalszins r bei gegebenem Jahreszins
i = 5 % wäre ungefähr
r  4 1  i  1  1,227 %
< 1,25 % zeitanteiliger Zins
Käufer zahlt 0,023 Prozentpunkte zuviel.
Reaktion
Kompensation durch Kursabsenkung um 0,023 Prozentpunkte.
(Annahme hierbei: Verkäufer hatte zum Nennwert gekauft und ursprünglicher Marktzins
5 % p. a. hat sich zwischenzeitlich nicht geändert.)
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Vergleich mittels individueller Zeitpräferenz
Idee: Zahlungen nur Mittel zum Zweck
letzte Zielgröße: Konsum zu unterschiedlichen Zeitpunkten
Bewertung unterschiedl. Konsumströme durch Nutzenfunktionen
U = U(c0, c1, ..., cT)
einfaches Beispiel:
U = c00,4  c10,5
„Indifferenzkurve“: c
0,5
1

U
c0
0, 4
U2
 c 1  0,8
c0

Hyperbel
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32
Abb.: Indifferenzkurven, Isonutzenlinien
c1
steigender Nutzen
c0
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Bewertung zweier unterschiedl. Konsumpläne:
Investor I:

Plan A:
(c0; c1) = (40; 60)
Plan B:
(c0, c1) = (60, 40)
UI = c00,5  c10,4
UI(A) = 32,53
und
UI(B) = 33,88
 bevorzugt B
UII(B) = 32,53
 bevorzugt A
Investor II: UII = c00,4  c10,5

UII(A) = 33,88
und
Investor I hat stärkere Gegenwartspräferenz
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Abb.: subjektive Bewertung von Konsumplänen (c0, c1)
c1
60
Investor I
A
Investor II
B
40
40
60
c0
Erkenntnis
 Je steiler Indifferenzkurve, desto stärker Neigung zu gegenwärtigem Konsum, desto größer „individuelle Diskontrate“.
Zshg. zw. indiv. Diskontrate und Marktzins wird in II.2.2 vertieft.
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1.4
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Statische und dynamische Investitionsrechnungen
1.4.1 Statische Investitionsrechnungen
Zeitkomponente wird nicht angemessen berücksichtigt
meist Betrachtung nur einer Periode, die
● repräsentativ (= identisch) für alle Perioden ist oder
● dem Durchschnitt aller Perioden gleicht
(1) Gewinnvergleichsrechnung
 Wähle das Projekt mit dem größten Gewinn (durchschnittl. bzw.
der einer repräsentativen Periode) und
 verzichte auf Projekte, die Verluste bringen!
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Werden bei der Gewinnermittlung kalkulatorische Zinsen auf das
gebundene Kapital angesetzt?
→ Hier im folgenden „Nein“.
Andernfalls Inkonsistenz zu ansonsten statischer Betrachtung.
GVR ist nur dann unproblematisch, wenn alle Projekte mit
 identischer Nutzungsdauer (nicht: 2 Mio für 2 J. vs. 1 Mio. 10 J.)
 identischem Kapitaleinsatz (falls Kap.ko. nicht im Gewinn berücksichtigt) (nicht: 1 Mio. Gewinn mit Einsatz von 10 € vs. 1 Mrd. €)
und
 konstanten Periodengewinnen (nicht: (1; 2; 3) vs. (3; 2; 1))
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(2) Kostenvergleichsrechnung
Unsinnige Entscheidungsregel wäre:
„Minimiere Gesamtkosten einer Periode“
Produktionsverzicht optimal!
sinnvolle Entscheidungsregel:
„Minimiere Gesamtkosten einer Periode bei gegebenen Erträgen“
Äquivalenz zur Gewinnvergleichsrechnung!
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38
(3) Renditevergleichsrechnung
 Wähle das Projekt mit der höchsten durchschnittlichen (repräsentativen) Rendite,
 solange diese eine Mindestverzinsung übersteigt!
Rendite = Gewinn (vor Zinsen)
eingesetztes Kapital
„Return on Investment“
RoI
„eingesetztes Kapital“: Falls Rückflüsse bereits während der Periode
anfallen → Durchschnittswert in der Periode
Bei identischem Kapitaleinsatz der Alternativen

RVR erbringt gleiche Entscheidung wie GVR.
gleiche Problematik wie bei GVR
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(4) Amortisationsrechnung
Wähle das Projekt, dessen gesamte Auszahlungen am schnellsten
durch Einzahlungen gedeckt werden.

„Amortisationsdauer“:
Zeitdauer, nach der sich das Projekt amortisiert.

unmittelbarer Zahlungsbezug (i. Ggs. zu GVR, KVR und RVR)
Beispiel
 Anfangsauszahlung in t=0:
 100.000
t=1
t=2
t=3
t=4
 EZÜ in Folgeperioden: (30.000; 50.000; 40.000; 20.000)
 Amortisationsdauer: 3 Perioden
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40
Problem: Vernachlässigung
 aller Zahlungen jenseits der Amortisationsdauer sowie
 der Zeitstruktur innerhalb der Amortisationsdauer
eher zur Risikoabschätzung geeignet
 Je weiter die Zukunft, desto riskanter die Prognose.
 Kurze Amortisationsdauer birgt weniger Unsicherheit.
 Unsicherheit bezieht sich dabei aber nur auf die Amortisation,
nicht auf den Gewinn.
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41
Beachte:
 Wenn das Projekt auch später noch Auszahlungen benötigt,
müssen sich diese ebenfalls amortisieren.
Beispiel: ( 100; 80; 80;  70; 40; 20)
 Amortisationsdauer: 4 Perioden
 Falls Möglichkeit des Projektabbruchs besteht:
 Amortisationsdauer: entweder 2 oder 4 Perioden,
je nach Absicht bzgl. Projektabbruchs
Im folgenden grundsätzlich gemeint: ohne Abbruchmöglichkeit,
sonst bestünde ein Projekt ja selbst aus mehreren Alternativen.
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1.4.2 Dynamische Investitionsrechnungen
Eigenschaften
 Erfassung der gesamten Dauer der Projekte
 Einbeziehung der zeitlichen Verteilung über Diskontierung
„dynamisch“?
 im folgenden meist: einmalige Plang. im Entscheidungszeitpunkt,
keine Abfolge von Entscheidungen
 schwach ausgeprägte Dynamik
 echte Dynamik:
Wie wirken heutige Entscheidungen auf morgige?
42
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2.
43
Investitionsentscheidungen bei Sicherheit und exogenem
Kalkulationszinssatz
2.1
Entscheidungen auf Basis des Kapitalwerts
2.1.1 Kapitalwert und Endwert
Abb.: Notation der Zeitpunkte bzw. Perioden
0
1
1
2
2
t 1
.....
....
....
t
t
....
....
T1
....
T
T
Zeitpunkte
Perioden
Zahlungen am Ende der Perioden
et:
Einzahlungsüberschuß Et  At im Zeitpunkt t
(am Ende der Periode t)
e0:
bei Investition mit Anfangsauszahlung A0 ist e0 =  A0 < 0
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44
Kapitalwert K
0
1
2
3
T=4
e0
+
e1
e2
+
e3
+
e4
+
K

T
T
t
 e t (1 i)   A 0   e t (1 i)
t 0
t
t 1
Zeit t
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45
Beispiel

Zahlungsreihe ab t = 0:

i = 10 %
{100; 50; 40; 30; 20; 10}
Kapitalwert K
= 100 + 50  1,11 + 40  1,12 + 30  1,13 + 20  1,14 + 10  1,15
= 20,92
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46
Tab.: Finanzplan bei Entnahme des Kapitalwerts
Zeitpunkt t
0
1
2
3
4
5
EZÜ
50
40
30
20
10
100
et
Entnahme
20,92
 ct
Zinsen
–
12,09 8,30 5,13 2,64 0,91
 i ∙ KBt-1
Kapitalfreisetzung
–
37,91 31,70 24,87 17,36 9,09
(et  ct  i∙KBt-1)
Kapitalbindung
120,92 83,01 51,31 26,44 9,08
0
KBt
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47
„Kapitalbindung“
 eingesetztes Kapital incl. Zinsen darauf, das noch nicht durch
entsprechende EZÜ zurückgeflossen ist („freigesetzt“ wurde).
 hier eingesetzt (gebunden) für Investition und Konsum
 bei vollst. Fremdfinanzierung: Kapitalbindung = Kreditbestand.
„Kapitalfreisetzung“
 Verringerung der Kapitalbindung = KBt  KBt1
 hier mittels verbleibenden Überschuß
et  ct  i  KBt1
 bei vollst. Fremdfinanzierung: Kap.freisetzung = Kredittilgung
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Endwert BT
0
1
2
3
T=4
Zeit t
e0
e1
+
e2
+
e3
+
e4
+
BT
T
  e t (1 i)
t 0
T t
T
 (1 i)   e t (1 i)t  (1 i)T  K
T
t 0
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 proportional zum Kapitalwert;
führt immer zu derselben Entscheidung
K > 0

KA > KB 
BT > 0
BTA > BTB
Achtung: Für den Vergleich müssen sich die Endwerte sich auf denselben Zeitpunkt T beziehen.
Interpretation:
Betrag, der am Ende der Laufzeit entnommen werden kann, ohne
daß eigene Mittel eingesetzt werden.
Beispiel: dieselben Daten wie oben
BT
= 1,15  K
= 1,15  20,92 = 33,69
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50
Tab.: Finanzplan bei Entnahme des Endwerts
Zeitpunkt t
0
1
2
3
4
5
EZÜ et
100
50
40
30
20
10
Entnahme

ct
Zinsen
–
 i ∙ KBt-1
Kapitalfreisetzung
–
(et  ct  i∙KBt-1)
Kapitalbindung
100
KBt




33,69
10
6
40
34 27,4 20,14 +21,54
60
26
2,6 +0,14 +2,15
1,4 21,54
0
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51
2.1.2 Annuität
= maximale, konstante Entnahme g
in jeder Periode bis zum Projektende T
Barwert des Entnahmestroms muß Kapitalwert des Projekts gleichen.
Barwert der Annuitäten
T
 g  (1  i)
t
1
T
 (1  i)
t 1
Kapitalwert des Projekts
 K
t 1
g 
=
t
K
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52
„Rechentrick“
Der Nenner ist (1): N = q1 + q2 + q3 + ... + qT
mit Bruttozins q = 1 + i.
Dann gilt (2):
q  N = 1 + q1 + q2 + q3 +...+ q(T1).
Dann ist (2)  (1):
(q  1)  N = 1  qT
1  q T
1  (1  i)  T

N=
.
q 1
i

Dann folgt:
g

i
1  (1  i) T

K
Renten-Wiedergewinnungsfaktor = 1/Renten-Barwertfaktor
(hier nachschüssig, d.h. erste Rente erst in t=1)
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53
Beispiel: Dieselben Daten wie oben T = 5; i = 10 %, K = 20,92
g

0,1
1  1,15
 20,92

0,2638 

20,92
5,52
g ist proportional zum Kapitalwert,
führt also zu derselben Vorteilhaftigkeitsentscheidung.
absolut:
K > 0

g > 0
relativ:
KA > KB

gA > gB
falls TA = TB
Vorsicht: Falls TA > TB ist, kann KA > KB , aber gA < gB vorkommen.
Spezialfall: „unendliche (oder ewige) Rente“
Setze T  , dann folgt:
g = i  K
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54
Tab.: Finanzplan bei Entnahme der Annuitäten
Zeitpunkt t
0
1
2
3
4
5
EZÜ et
100
50
40
30
20
10
Entnahme
–
5,52 5,52 5,52 5,52 5,52
ct
Zinsen
–
10 6,55 3,76 1,69 0,41
 i ∙ KBt-1
Kapitalfreisetzung
– 34,48 27,93 20,72 12,79 4,08
(et  ct  i∙KBt-1)
Kapitalbindung
100 65,52 37,59 16,87 4,08
0
KBt
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55
Erkenntnis
 Entnahmestrom mit festem Kapitalwert kann beliebig auf die Zeitpunkte verteilt werden.
 wurde jetzt an drei Beispielen belegt
2.1.3 Interner Zinssatz
= Kalkulationszinssatz i*, bei dem der Kapitalwert einer
Investition den Wert Null annimmt.
(kritische) Interpretation:

Investition ist in der Lage, einen Kreditzins bis i* zu verkraften.

Vorteilhaftigkeitskriterium: Investition lohnt, wenn i < i*.
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56
K(i*) = 0
e0 + e1 (1+i*)1 + e2 (1+i*)2 + ..... + eT (1+i*)T = 0
Lösung: Nullstellen eines Polynom T-Grades
analytische Probleme
1) geschlossene Lösungen nur bis T = 4 möglich
(bewiesen von Niels Hendrik Abel, norweg. Mathematiker; T=2:
Vietascher Wurzelsatz; T=3: Cardanische Formel; T=4: geeignete
Subst. des kubischen Terms; T > 4: nur in Spezialfällen)
 belanglos, da numerische Approximationslösungen
 Newtonsches Näherungsverfahren, siehe unten
2) möglicherweise mehrere Lösungen, keine reelle Lösung, keine
positive Lösung
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57
Kapitalwertfunktion K(i)
K(i)
K' (i)
K' ' (i)
T
t
 e t (1  i)

t 0


T
(t 1)
  t  e t (1  i)
t 1
T
(t  2)
t

(t

1)

e
(1

i)

t
t 1
Wenn ab t = 1 nur noch positive EZÜs (also et > 0 ab t  1), dann
K’(i) < 0
und
K’’(i) > 0
 konvexer Verlauf, monoton fallend.
für alle i > − 100 %
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58
Abb.: Kapitalwertfunktion einer Investition mit et > 0 ab t = 1
K (i)
T
 et
t 0
1
e0 =  A0
i
i*
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59
Newtonsches Näherungsverfahren
K
K(q0)
K(q1)
α
q0
q
q1
q2
q*
Prof. Dr. Hans Hirth
60
-
Start mit einem beliebigen Wert q0
-
Kapitalwert K(q0) und Ableitung K‘(q0) berechnen.
-
Außerdem gilt
K( q 0 )
q1  q0
1.)
tan α =
2.)
tan α =  K' (q0 )
und
-
Gleichsetzen von 1.) und 2.)
 K ' (q 0 ) 
K( q 0 )
q1  q 0
Auflösen nach q1:
q1  q0 
K(q0 )
K' (q0 )
Prof. Dr. Hans Hirth
61
Berechnete Werte von K(q0) und K‘(q0) einsetzen und so q1 ermitteln.
Test, ob Kapitalwert an der Stelle q1 bereits fast null ist.
Falls nicht, zweiter Näherungsschritt nötig, bei dem q2 ermittelt wird.
Hierfür in obiger Gleichung q0 durch q1 ersetzen und q1 durch q2 ersetzen.
Weitere Näherungsschritte bis Kapitalwert hinreichend nahe an Null
und q* gefunden.
Prof. Dr. Hans Hirth
62
Beispiel
Projekt mit Zahlungsstrom ( 100; 50; 40; 30; 20; 10)
Wir starten mit z. B. i0 = 15 %, also q0 = 1,15.
Kapitalwertfunktion:
K(q) =  100 + 50  q1 + 40  q2 + 30  q3 + 20  q4 + 10  q5
Ableitung:
K’(q) =  50  q2  80  q3  90  q4  80  q5  50  q6
An der Stelle q0 = 1,15 betragen
K(q0) = 9,85
und
K’(q0) =  203,26
Prof. Dr. Hans Hirth
63
Einsetzen in hergeleitete Formel
K(q0 )
9,85
q1  q0 
 1,15 
 1,1985
K' (q0 )
 203,26
Berechnung „neuer“ Kapitalwert
K(q1) = 0,73
….. ist noch nicht nahe genug an Null.
Neuer Start bei q1 = 1,1985
Ableitung der Kapitalwertfunktion an der Stelle q1 beträgt
K’(q1) =  174,12.
Prof. Dr. Hans Hirth
64
Einsetzen K(q1) und K‘(q1) in hergeleitete Formel
K(q1 )
0,73
q2  q1 
 1,1985 
 1,2027
K' (q1 )
 174,12
Kapitalwert bei i = 20,27 % berechnen:
K(20,27) = 0,00338
Das ist schon sehr nahe an der Null.
Damit beträgt der interne Zins ungefähr i* = 20,27 %.
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65
„Normalinvestition“
 zunächst nur Auszahlungsüberschüsse
 anschließend nur Einzahlungsüberschüsse
 nur ein Vorzeichenwechsel in der Zahlungsreihe
(−A0; −A1; …; −As; Es+1; ….; ET)
mit At, Et > 0
Im ökonomisch sinnvollen Bereich q
0 besitzt eine Normalinvesti-
tion genau einen einzigen internen Zinssatz!
Prof. Dr. Hans Hirth
66
Exkurs: Beweisskizze (nur für diejenigen, die es interessiert)
K kommt an der Stelle q ↓ 0 aus dem positiven Unendlichen.
K konvergiert an der Stelle q → ∞ gegen den Wert – A0.
Wegen des Vorzeichenwechsels muß die Kapitalwertkurve die q-Achse also mindestens einmal
schneiden.
Im Bereich K ≥ 0 ist die Ableitung K‘(q) stets negativ (Beweis siehe unten).
Wichtig ist, daß K‘ auch für alle K = 0 negativ ist!
Daraus ergibt sich:
Die Kapitalwertkurve muß die q-Achse einmal an ihrer ersten Nullstelle schneiden und verläuft dabei
„von links oben“ nach „rechts unten“.
Eine zweite Nullstelle kann es nicht geben. Denn dann müßte die Kurve „von unten“ kommend die qAchse entweder erneut schneiden (K‘ > 0) oder tangieren (K‘ = 0). Beides ist wegen K‘ < 0 für alle
K = 0 ausgeschlossen.
Beweis für K‘(q) < 0 im Bereich K ≥ 0:
Der Zahlungsstrom (−A0; −A1; …; −As; Es+1; ...; ET) hat den Kapitalwert
K=
s
0
At ∙q-t +
s+1 Et ∙q
-t
Dessen erste Ableitung beträgt
K (q) =
s
0
At ∙q-t-1 +
s+1
Et ∙q-t-1
Prof. Dr. Hans Hirth
67
>
K (q) = 0, wenn
<
Es ist
s
0
At ∙q
-t-1
>
=
<
Multiplikation mit q
s
0
>
At ∙q-t =
<
s+1
Et ∙q-t-1
0 ergibt
s+1
Et ∙q-t
Nun ist folgende Zusatzüberlegung hilfreich. Wir teilen den Kapitalwert auf in
K = BE − BA
Dann ist
mit BE =
BA =
s+1 Et ∙q
s
-t
0 At ∙q
-t
Kapitalwert aller Einzahlungen
Kapitalwert aller (positiv definierten) Auszahlungen
s
0
At ∙q t
t∙
BA
der gewogene Durchschnitt aller Auszahlungszeitpunkte. Dabei wird jeder dieser Zeitpunkte t = 0, …,
s mit dem Anteil des Barwerts von At (im Zähler) am Barwert sämtlicher Auszahlungen (im Nenner)
gewichtet. Dieser gewogene Durchschnitt liegt irgendwo zwischen 0 und s.
Prof. Dr. Hans Hirth
68
Analog ist
s+1
Et ∙q t
t∙
BE
der gewogene Durchschnitt aller Einzahlungszeitpunkte. Dabei wird jeder dieser Zeitpunkte t = s+1,
…, T mit dem Anteil des Barwerts von Et (im Zähler) am Barwert sämtlicher Einzahlungen (im Nenner)
gewichtet. Dieser gewogene Durchschnitt liegt irgendwo zwischen s+1 und T.
Für die beiden Durchschnitte gilt eindeutig:
-t
s At ∙q
0 t∙ B
A
BE
BA
Et ∙q-t
s+1 t∙ B
E
s
-t
0 t∙ At ∙q
s+1 t∙ Et ∙q
-t
Im Bereich BE ≥ BA (d. h. K ≥ 0) muß dann gelten:
s
-t
0 t∙ At ∙q
s+1 t∙ Et ∙q
-t
woraus folgt (s. o.):
K‘(q) < 0 im Bereich K ≥ 0.
Prof. Dr. Hans Hirth
69
Abb.: kein reeller interner Zinssatz
K
i
K(i) < 0 für alle i  nie lohnend
Beispiel: (200; 10; 100)
K(i) > 0 für alle i  stets lohnend
Beispiel: (200; 10; 100)
uninteressante Sonderfälle, untypische Investitionen!
Prof. Dr. Hans Hirth
70
mehrere reelle interne Zinssätze
Beispiel
e = (100; 235; 138)

i1* = 15 % und i2* = 20 %
K
0,05
0,15
0,2
0
i
3
 20 % wäre der „richtige“, aber nur solange i > 15 %.
Prof. Dr. Hans Hirth
71
Finanzplan und Kapitalbindung
Beispiel 1
e = (100; 50; 40; 30; 20; 10)

i* = 20,27 %
Tab.: Kapitalfreisetzung Beispiel 1
Zeitpunkt t
0
1
2
3
4
5
EZÜ et
100
50
40
30
20
10
Zinsen
– 20,27 14,24 9,02 4,77 1,68
– i* ∙ KBt-1
Kapitalfreisetzung
– 29,73 25,76 20,98 15,23 8,32
(et  i∙KBt-1)
Kapitalbindung
0,02
100 70,27 44,51 23,53 8,30
KBt
0
Prof. Dr. Hans Hirth
72
Beispiel 2
e = (100; 235; 138)
 (s.o.)
i1* = 15 % u. i2* = 20 %
Bei Verwendung von i2* = 20 %:
Tab.: Kapitalfreisetzung Beispiel 2.1
Zeitpunkt t
0
1
2
EZÜ et
100
235
138
Zinsen
– i* ∙ KBt-1
Kapitalfreisetzung
(et  i∙KBt-1)
–
20
+ 23
–
215
(138+23)
=115
Kapitalbindung KBt
100
115
0
 Implizite Annahme, daß bei negativer Kapitalbindung das Guthaben zu i* angelegt werden kann.  „Wiederanlageprämisse“
Prof. Dr. Hans Hirth
73
Ähnliches bei Verwendung von i1* = 15:
Tab.: Kapitalfreisetzung Beispiel 2.2
Zeitpunkt t
0
1
2
EZÜ et
100
235
138
Zinsen
– i* ∙ KBt-1
Kapitalfreisetzung
(et  i∙KBt-1)
–
15
+ 18
–
220
(138+18)
=120
Kapitalbindung KBt
100
120
0
Prof. Dr. Hans Hirth
74
Erkenntnisse
 Kriterium des internen Zinssatzes nur sinnvoll, wenn Kapitalbindung stets positiv
 Pos. Kap.bindg. bei allen Normalinvestitionen erfüllt, aber auch
bei anderen denkbar.
 Dann gilt: Kapitalwert ist genau dann positiv, wenn Kalkulationszinssatz kleiner ist als der interne Zinssatz (i < i*).
 Dann Interpretation: i* ist Rendite auf das im Zeitablauf gebundene Kapital.
Prof. Dr. Hans Hirth
75
Auswahlentscheidungen mit dem internen Zinsfuß


möglicher Gedanke: A besser als B, wenn iA* > iB*
nur richtig, wenn KA(i) > KB(i) für alle i
Abb.: richtige Auswahl mit internem Zinssatz
K
iB*
iA*
KA(i)
KB(i)
i
Prof. Dr. Hans Hirth
76
sonst möglich:
Abb.: falsche Auswahl mit internem Zinssatz
K
î
iA*
iB* KB(i)
KA(i)
i
Prof. Dr. Hans Hirth
77
Beispiel

eA = (150; 90; 82,5)

iA* = 10 %
eB = (80; 49,6; 44,8)

iB* = 12 %

î = 7,7 %
Trotz iB* > iA* ist für i < î Projekt A besser als B.
Test bei i = 6 %:
KA = 8,33
> KB = 6,66
Prof. Dr. Hans Hirth
78
Vorgehen bei Auswahl zwischen Normalinvestitionen A und B
mit Hilfe des internen Zinssatzes

Sind A und B lohnend?
 iA* > i und iB* > i ?
 falls nein: entspr. Projekt unvorteilhaft, kein Auswahlproblem
 falls ja: weiter! (im Bsp. mit i = 6 % erfüllt)

Hat Investition mit höherer Kapitalbindung auch höheren
internen Zinsfuß?
(Problem: Kapitalbindung vorab bestimmen)
 falls ja: „große“ Invest. A besser (im Bsp. nicht wegen iA* < iB*)
 falls nein: „kleine“ Invest. B könnte besser sein.

Übergang von „kleiner“ (rentierlicheren) zu „großer“ Investition
vorteilhaft?
Prof. Dr. Hans Hirth
79
 Betrachtung der „Differenzinvestition“:
Mehrausz./-einz. der großen Investition
Im Beispiel
eA
eB
eAB

= (150; 90; 82,5)
= (80; 49,6; 44,8)
= (70; 40,4; 37,7)
Ist Differenzinvestition eine Normalinvestition?
 falls nein: i* nicht zweckmäßig; spätestens jetzt Kapitalwertkriterium K(AB)
 falls ja: Übergang zu großer Investition A genau dann lohnend,
wenn i*AB > i.
im Bsp. i*AB = 7,7 % > i = 6 %, also A besser als B.
Prof. Dr. Hans Hirth
80
Erkenntnisse zum internen Zinssatz

oft nur numerisch lösbar, jedoch kein Gegenargument

echte Probleme bei Nicht-Normalinvestitionen
 Mehrdeutigkeit
 Wiederanlageprämisse bei negativer Kapitalbindung

bei Normalinvestitionen
 Durchführung lohnend, wenn i* > i
 Auswahlentscheidung ggf. mit Differenzinvestition
Rekonstruktion der richtigen Entscheidung ist mühsam.
Kapitalwert ist vorzuziehen.
Prof. Dr. Hans Hirth
81
2.1.4 Kapitalwertrate
KWR setzt den Kapitalwert K eines Projekts ins Verhältnis zum eingesetzten Kapital A0:
K
KWR 
A0
Annahme: negativer Einzahlungsüberschuß nur in t = 0.
A0 steht also wirklich für das gesamte eingesetzte Kapital.
Interpretation:
heutiger Verm genszuwachs
KW =
eingesetztes Verm gen
oder auch:
KWR drückt aus, wieviel Kapitalwert pro eingesetztem Euro erwirtschaftet wird.
Prof. Dr. Hans Hirth
82
Wofür braucht man dieses Kriterium?
Beispiel
● Kalkulationszins 10 %
● Festes Investitionsbudget 10 Mio. €.
● 3 Projekte (weder teilbar, noch mehrfach durchführbar)
A = (−10 Mio.; 2 Mio.; 12 Mio.)
B = ( − 6 Mio.; 7 Mio.; 1 Mio.)
C = ( − 4 Mio.; 1 Mio.; 5 Mio.)
Prof. Dr. Hans Hirth
83
Kapitalwert Kapitalwertrate Interner Zins
A: 1,74 Mio. (1)
17 % (3)
20 % (3)
B: 1,19 Mio. (2)
20 % (2)
30 % (1)
C: 1,04 Mio. (3)
26 % (1)
25 % (2)
In Klammern steht die jeweilige Rangposition des Projekts nach dem jeweiligen Kriterium.
Reihung hängt vom Kriterium ab.
In welche Projekte soll nun das Budget fließen?
Antwort:
Nicht in Projekt A - obwohl es den höchsten Kapitalwert aufweist -,
weil es gleichzeitig das gesamte Budget verschlingt.
Prof. Dr. Hans Hirth
84
Denn entscheidend ist hier:
Wieviel Kapitalwert wird pro eingesetzter Geldeinheit erwirtschaftet.
Kapitalwertrate
Pro eingesetztem Euro bekommt man bei C den höchsten Kapitalwert und bei B den zweithöchsten.
Daher Lösung: C und B
Budget ist damit ausgeschöpft.
KC + KB = 1,19 Mio. + 1,04 Mio. = 2,23 Mio. > KA = 1,74 Mio.
Prof. Dr. Hans Hirth
85
Warum hier Kapitalwert kein sinnvolles Reihungskriterium?
(1) Kapitalwertberechnung berücksichtigt zwar unterschiedliche
Höhe des eingesetzten Kapitals,
allerdings nur über die Zinskosten des gebundenen Kapitals.
(2) Hier gibt es die zusätzliche Restriktion, daß das eingesetzte Kapital nicht nur Zinskosten verursacht, sondern außerdem in nur
begrenztem Umfang zur Verfügung steht.
(3) Bei festem Budget verdrängen sich die Projekte gegenseitig.
Dies wird allein durch den Kalkulationszins (als „Preis“ für den
Kapitaleinsatz) nicht hinreichend widergespiegelt.
Prof. Dr. Hans Hirth
86
Bei nur einer Periode mit Zahlungsstrom (−A0; e1) führen KWR und
interner Zins zur gleichen Reihung.
Beweis:
interner Zinssatz:
e1
i* 
1
A0
e1
 A0 
K
e1
q
KWR 


1
A0
A0
q  A0
Kapitalwertrate:
Als Bruttorenditen formuliert:
q* = 1 + i* =
e1
A0
bzw.
qKWR = 1 + KWR =
e1
q  A0
Prof. Dr. Hans Hirth
87
Man erkennt:
q* = qKWR ∙ q
Bei geg. Kalkulationszins q hat ein Projekt immer dann einen höheren internen Zins als ein anderes, wenn es eine höhere KWR besitzt.
2.1.5 Einbeziehung von Steuern
Schon ein unverdächtig simples Steuersystem
kann die Vorteilhaftigkeit von Investitionen umkehren.
keine Entscheidungsneutralität
Prof. Dr. Hans Hirth
88
Ein simples Steuersystem
proport. Gewinnsteuer, keine Freibeträge, voller Verlustausgleich
 Gewinn der Realinvestition:
gt = et  dt
 Abschreibung:
dt
allgemein:
dt steht für nicht auszahlungswirks. Aufwand in t
außerdem:
 dt = A0
 Steuerzahlung:
st = v  gt = v  (et  dt)
Steuersatz
Prof. Dr. Hans Hirth
89
 Einzahlungsüberschuß nach Steuern:
ets = et  st = et  v  (et  dt)
 Diskontsatz nach Steuern:
is = i  (1  v)
Grund: Rendite der Alternativanlage unterliegt derselben Steuer.
 Bruttozinssatz:
qs = 1 + is
Prof. Dr. Hans Hirth
90
Abb.: Steuereffekte in der Kapitalwertfunktion
K
Zinseffekt
Volumeneffekt
is
Zins
i
K(e;Zins)
Ks(es;Zins)
Wenn Zinseffekt stärker als Volumeneffekt  „Steuerparadoxon“
Prof. Dr. Hans Hirth
91
Formel: Kapitalwert mit Steuern
Ks

 A0

t




e

s

1

i
 t
t
s
T
t 1
Steuereffekte analytisch
Sei
e Zahlungstrom vor Steuern
es Zahlungsstrom nach Steuern mit es = e  s
i
Kalkulationszinssatz ohne Steuern
is Kalkulationszinssatz mit Steuern
Prof. Dr. Hans Hirth
92
K(es; is)  K(e; i)
= K (es; is)  K (e; is)
+ K(e; is)  K(e; i)
=
+
“Volumeneffekt”

  e  s   q
   s  q
T
  e t  qs  e t  qs
t
s
t 1
T
t
t
t 1
T
t
s
s

t
e t  qs  e t  q  t

 e t  qs
t
t
t
“Zinseffekt”
t

t
t

e t  qs  e t  q  t


e t  ( qs  q  t )
t 1
„Volumeneffekt“ < 0
= Barwert der
Steuerausz.
„Zinseffekt“ > 0
= Erhöhung des Barwerts
der EZÜ durch Zinssenkung
(beachte: qs < q  qst > qt)
Prof. Dr. Hans Hirth
93
Beispiel eines Steuerparadoxons
Daten:
e und d wie in Tabelle
i = 10 %; v = 50 %  is = 5 %
t
et
dt
0
1
2
3
4
100
20
30
40
45
K = 3,76
= K(e; i)
-40
30
20
10
Tab.: Steuerparadoxon
gt
st
= et  dt
= v  gt
--20
10
0
0
20
10
35
17,5
ets
= et st
100
30
30
30
27,5
Ks = 4,32
= K(es; is)
Prof. Dr. Hans Hirth
94
Zur Interpretation
 positiver Kapitalwert  relative Vorteilhaftigkeit i. Vgl. zur alternativen (Finanz-)Anlage
 Steuerparadoxon  Alternative (Finanz-)Anlage wird durch Steuer stärker beeinträchtigt als Sachinvestition.
Stärkere Entlastung bei den Zinskosten als Belastung der Investitionsrückflüsse bringt insgesamt Vermögenszuwachs.
2.1.6 Einbeziehung nicht-flacher Zinskurven
bisherige Annahme:
einheitl. Zinssatz für alle Laufzeiten („flache Zinskurve“)
realistischer jedoch: ansteigende Zinskurve
Prof. Dr. Hans Hirth
95
Abb.: Fristigkeitsstruktur der Zinssätze
it
inverse
flache
normale
Laufzeit t
Achtung:
it ist nicht Zinssatz in Periode t, sondern der Periodenzinssatz bei
Laufzeit vom Zeitpunkt 0 bis t
Prof. Dr. Hans Hirth
96
Differenzierung verschiedener Arten von Zinssätzen
Kassazinssätze
Zinssatz für Geschäfte, die sofort durchgeführt werden

Zerobond-Zinssatz z0t („spot rate“)
keine zwischenzeitliche Zinszahlung, gesamte Zinszahlung erst am
Ende der Laufzeit (z.B. Zero-Bonds)
Bsp. Wertpapier mit 3 Jahren Laufzeit u. Zerobond-Zinssatz z03 = 6 %
t
Zahlung
0
10.000
1
0
2
3
0 (1,06)3  10.000
= 11.910,16
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
97
Kupon-Zinssatz i0t
mit zwischenzeitl. Zinszahlung (z.B. übliche Kreditverträge, Kuponanleihen)
Bsp. Wertpapier mit 3 Jahren Laufzeit u. Kupon-Zinssatz i03 = 6 %
t
Zahlung
0
10.000
1
600
2
600
3
10.600
Terminzinssatz zst oder ist („forward rates“)
Zinssätze für Geschäfte, die jetzt vereinbart, aber erst künftig durchgeführt werden.
Prof. Dr. Hans Hirth
98
Bsp. Wertpapierkauf auf Termin zum Terminkurs 10.000 (soll hier
dem Nennwert gleichen)
a) mit z24 = 6%
t
Zahlung
0
0
1
2
0 10.000
3
0
4
(1,06)2  10.000
= 11.236
1
2
0 10.000
3
600
4
10.600
b) mit i24 = 6%
t
Zahlung
0
0
Im folgenden sind mit Terminzinssätzen stets die zst gemeint, die ist
werden keine Rolle spielen.
Prof. Dr. Hans Hirth
99
Beziehung zwischen den Zinssätzen
..... über das Prinzip der Arbitragefreiheit herstellbar:
 Äquivalente Positionen haben gleiche Preise.
 Dominante Positionen haben höhere Preise.
arbitrage (frz.):
-
w rtliche Übersetzung „Schiedsgericht“
Ökonomen meinen damit „Ausnutzen von Preisunterschieden“.
Auf vollkommenen Märkten ist Arbitragefreiheit notwendige Bedingung für ein Marktgleichgewicht.
Prof. Dr. Hans Hirth
100
Arbitragefreiheit bei Finanzanlagen impliziert:
 Finanzanlagen, die den gleichen Rückfluß generieren, müssen
den gleichen „Preis“ haben.
 Die gegebene Zinsstruktur muß so sein, daß bei Anlage eines
geg. Betrags von 0 bis t jede beliebige Kombination möglicher
Zinssätze zum gleichen Kapitalwert führt.
 Der Preis jeder Anlagemöglichkeit entspricht dem Barwert ihrer
Rückflüsse. Oder anders: Der Kapitalwert jeder Finanzanlage beträgt null.
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101
Welche Zinssatzarten können für die Berechnung des
Kapitalwerts verwendet werden?
Bsp: Kapitalwertberechnung des Zahlungsstroms (−100; 40; 60)
K0

 100

40
1 ?
60
(1  ?)2

Abb.: Zinssatzarten
i02
et = 100
t= 0
z01 = i01
i02
40
60
1
2
z02
z12
Prof. Dr. Hans Hirth
102
Lösung:
Entweder
K

 100

40
1  z 01

40
1  z 01

40
1  z 01

60
(1  z 02 ) 2

60
(1  z 01 )  (1  z12 )

60
1  2  i02  i02  z12
oder
K

 100
oder
K

 100
Diskontierung von 40 auch mit i01 möglich, aber nicht mit i02 oder
z02, da unterschiedliche Frist (logisch).
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103
Diskontierung von 60 bedeutet, danach zu fragen, wie hoch der heutige Kredit X sein darf, für dessen Tilgung samt Zinseszinsen die 60
in t = 2 verwendet werden.
Variante 1
Es wird heute ein zweijähriger Kredit zum Zerobondzins z02 aufgenommen, der aufgezinst den Betrag 60 ergibt:
X ∙ (1+z02)² = 60

60
X=
1  z02 2
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104
Variante 2
Es wird heute ein einjähriger Kredit zum Zins z01 (bzw. i01) aufgenommen. Die Tilgung und Zinszahlung wäre
in t = 1:
(1+z01) ∙ X
Diese künftige Auszahlung wird auf Termin über einen Anschlußkredit zum Zins z12 finanziert. Endwert dieses Anschlußkredits ist
in t= 2:
(1+z01) ∙ X ∙ (1+z12)
Wenn dieser Endwert gleich 60 sein soll, wäre der „passende“ heutige Kredit
60
X
(1  z 01 )  (1  z12 )
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105
Variante 3
Es wird heute ein zweijähriger Kredit zum Kuponzins i02 aufgenommen. Die daraus fälligen Auszahlungen sind
in t = 1:
i02 ∙ X
in t = 2:
(1+i02) ∙ X
(zwischenzeitliche Zinszahlung)
i02 ∙ X wird über einen zusätzlichen Kredit auf Termin finanziert.
Dessen Endwert ist in t = 2: i02 ∙ X ∙ (1+z12)
Dann ist der Endwert beider Kredite
in t = 2:
(1+i02) ∙ X + i02 ∙ X ∙ (1+z12)
= X ∙ (1+ 2 ∙ i02 + i02 ∙ z12)
Prof. Dr. Hans Hirth
106
Wenn dieser Endwert gleich 60 sein soll, wäre der „passende“ heutige Kredit
60
1  2  i02  i02  z12

X
Die ersten beiden Varianten implizieren wegen Arbitragefreiheit
(1 + z02)2
 z12

= (1 + z01)  (1+z12)
(1  z02 )2
1  z01

1
„impliziter erminzinssatz“
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107
Abb.: arbitragefreie Zinssätze bei t Perioden
Endbetrag in t:
1 € ∙ (1+z01) ∙ (1+z12) ∙ ….. ∙ (1+zt-1;t)
z01
z12
z23
zt-1;t
1€
Zeit
0
1
3
2
z0t
t
Endbetrag in t:
1 € ∙ (1+z0t)t
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108
Allgemein: Termin- und Zerobond-ZInssätze
(1 + z0t)t = (1 + z01)  (1+z12)  ...  (1+zs1,s)  (1+zs,s+1)  .....  (1+zt1,t)
bei Arbitragefreiheit:


(1+zst)ts
s
(1+z0s)
(1+z0t)t
(1  zst )t  s
= (1+z0s)s  (1+zst)ts

(1  z0 t )t
(1  z0 s )s
Prof. Dr. Hans Hirth
109
Formel: Kassa- und passendeTermin-Zerobond-Zinssätze

z st

(1  z0 t )t
t s
(1  z0 s )s

1
mit s < t.
Erkenntnisse bei nichtflacher Zinsstruktur
 Berechnung des Kapitalwerts wie gehabt, aber auf Basis der Zerobond-Zinssätze, nicht mit Kupon-Zinssätzen (allein)
 Arbitragefreiheit nur gewährleistet, wenn die Sätze der unterschiedlichen Zinsarten in bestimmtem Verhältnis zueinander stehen.
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110
2.1.7 Einbeziehung von Risiko
Wenn Rückzahlungen risikobehaftet
 Bewertungsabschlag durch risikoaversen Entscheider
Zwei Ansatzpunkte in Kapitalwertformel für Einbezug einer Risikoprämie


Abschlag auf EZÜ:
Zuschlag* auf Kalk.zins:
K0 =
K0 =
E(et ) - Pt
t=0
1+i t
t=0
E(et )
1+i+rpt
t
* bzw. Abschlag, falls E(et) < 0
Bemessung der Risikoprämie RP bzw. rp durch
 individuelle Risikopräferenz oder
 Marktbewertung des Risikos
 Genaueres in F&I 1 „Risikomanagement und Kapitalmarkt“
Prof. Dr. Hans Hirth
111
2.2 Investitions- und Konsumentscheidung
2.2.1 Fisher-Modell und vollkommener Kapitalmarkt
a) subjektive Bewertung über indiv. Zeitpräferenz
Beispiel



zwei Zeitpunkte
Anfangsausstattung mit liquiden Mitteln L = 100
Sachinvestitionsmöglichkeiten wie folgt:
Tab.: Investitionserträge
Gesamtinvestitionen I0
in t = 0
0
40
80
100
Rückfluß I1
in t = 1
0
60
108
124
Prof. Dr. Hans Hirth
112
Abb.: vier Investitions- und Konsumalternativen
c1
124
108
60
0
20
60
100
c0
Prof. Dr. Hans Hirth
113
Wieviel soll investiert werden?
Ziel:
Nutzenmaximierung!
Investor I
z.B. mit
U = c00,5  c10,4
Tab.: Nutzen I
I0
0
40
80
100
I1 = c1
0
60
108
124
100I0 = c0
100
60
20
0
U
0
39,84
29,10
0
Prof. Dr. Hans Hirth
114
Abb.: Optimierung I
c1
124
108
60
0
20
60
100
c0
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115
Investor II
z.B. mit
U = c00,1  c10,8
Tab.: Nutzen II
I0
0
40
80
100
I1 = c1
0
60
108
124
100I0 = c0
100
60
20
0
U
0
39,84
57,13
0
Prof. Dr. Hans Hirth
116
Abb.: Optimierung II
c1
124
108
60
0
20
60
100
c0
Prof. Dr. Hans Hirth
117
Ergebnis: Investor I bevorzugt I0 = 40. Investor II bevorzugt I0 = 80.
Optimale Höhe d. Sachinvestition hängt v. indiv. Nutzenfunktion ab!


keine Einigkeit bei mehreren Gesellschaftern
schlechte Delegierbarkeit
b) Bewertung mit zusätzl. Einbeziehung des Kapitalmarkts
● zusätzliche Möglichkeit, Mittel anzulegen und aufzunehmen
● Beispiel
─ einheitlicher Zinssatz i = 10% für Anlage und Kredit
─ zeitliche Transformation von Zahlungen in t = 0 nach t = 1
(oder umgekehrt) im Verhältnis 1 : 1,1 (oder 1,1 : 1)
Prof. Dr. Hans Hirth
118
Abb.: Zinsgeraden
c1
Steigung
 (1+ i)
c0
Prof. Dr. Hans Hirth
119
Abb.: Optimierung mit vollkommenem Kapitalmarkt
c1
Investor I
Investor II
I0=100
I0=80
I0=40
I0=0
c0
Prof. Dr. Hans Hirth
120
Ergebnisse
 Beide Investoren bevorzugen nun Sachinvestition I0 = 80, auch
Investor I.
 Investor I nimmt Kredit am Kapitalmarkt auf und konsumiert relativ viel in t = 0.
 Investor II legt zusätzlich Mittel am Kapitalmarkt an und konsumiert relativ wenig in t = 0.
Grund für identische Investitionsentscheidungen
 Bei I0 = 80 könnten die meisten Mittel sofort entnommen werden.
 Diese Mittel müssen aber nicht sofort entnommen und konsumiert
werden, sondern können wiederum über Kapitalmarktanlage
(teilweise) in morgigen Konsum transformiert werden.
Prof. Dr. Hans Hirth
121
Nachweis
■
■
Bei welchem Investitionsvolumen ist derjenige Betrag am
höchsten, der sofort entnommen werden könnte,
wenn sämtliche Investitionsrückflüsse zur Tilgung der Finanzierung verwendet würden?
Tab.: maximale Entnahme
I0
I1
max. Kredit
I1  1,11
0
40
80
100
0
60
108
124
0
54,54
98,18
112,72
verbleibende
Anfangsmittel
nach I0
100
60
20
0
max. Mittel V0
in t = 0:
100
114,54
118,18
112,72
Prof. Dr. Hans Hirth
122
Allgemeine Regel für Investitionsentscheidungen bei vollkommenem Kapitalmarkt:
Maximiere das Gegenwartsvermögen V0 vor Konsumentscheidung!
V0 = (L  I0) + I1  (1+i)1 = L + { I0 + I1  (1+i)1}
Überschuß d. diskontierten Rückflüsse über d. Anfangsauszahlung
„Kapitalwert“ der Investition,
„Nettobarwert“ (net present value)
Daraus folgt das Kapitalwertkriterium für Investitionsentscheidungen:
Prof. Dr. Hans Hirth
123
 Eine Investition lohnt sich, wenn ihr Kapitalwert positiv ist.
 Wenn sich verschiedene Investitionsprojekte ausschließen, wähle
diejenige mit dem höchsten Kapitalwert.
Fisher-Separation (Irving Fisher)
(1) Sachinvestitionsentscheidung unabh. von indiv. Zeitpräferenz;
Ziel: Kapitalwertmaximierung
(2) Konsumentscheidung durch Aufteilung des Gegenwartsvermögens aus (1) auf die verschiedenen Zeitpunkte via Kapitalmarkt
Folge
 Einstimmigkeit der Gesellschafter
 Möglichkeit der Delegation von Investitionsentscheidungen
Prof. Dr. Hans Hirth
124
Aufteilung des Gegenwartsvermögens auf den intertemporalen
Konsum im Beispiel
 Bei I0 = 80 maximales Gegenwartsvermögen V0 = 118,18
 Investor mit U = c0  c1
Wie teilt Investor die 118,18 optimalerweise auf seinen Konsum
heute und morgen auf?
U = c0  c1
= (V0  s0)  [(1+i)  s0]  über s0 zu maximieren!
mit
s0: Teil des Gegenwartsvermögens V0,
der nicht gegenwärtig konsumiert wird (s0 > 0)
Prof. Dr. Hans Hirth
125
U’(s0) =    (V0  s0)1  [(1+i)  s0]
+ (V0  s0)  (1+i)    [(1+i)  s0]1 = 0
 : (V0s0)
: [(1+i)  s0]
    (V0  s0) 1 + (1+i)    [(1+i)  s0] 1 = 0   (V0s0)
 s0
    s0 +   (V0  s0) = 0


s0 =


c0 = V0  s0


c1 = (1+i)  s0 = (1+i) 

V0
*
*
*
*

=

*
V0
V0
Prof. Dr. Hans Hirth
126
Einsetzen von V0 = 118,18 und i = 0,1 sowie α und β in c0* und c1*:
Tab.: Konsumaufteilung
Investor I
Investor II
 = 0,5 und  = 0,4  = 0,1 und  = 0,8
c0*
65,66
13,13
c1*
57,78
115,55
U mit Kapitalmarkt
41,05
57,81
U ohne Kapitalmarkt (s.o.)
39,84
57,13
 Berücksichtigung des Kapitalmarkts verbessert beide Investoren.
 Selbst Investor II verbessert sich, obwohl seine Sachinvestition
unverändert bleibt.
Prof. Dr. Hans Hirth
127
Maßnahmen der Investoren
Investor I
in t = 0

Sachinvestition

verbleibende Eigenmittel

zusätzl. Kredit
 Konsum
 80
20
c0  20 = 65,66  20 = 45,66
c0 = 65,66
in t = 1

Investitionsrückfluß
108

Kredittilg. + Zins
1,1  45,66 = 50,226
 Konsum
c1 = 108  50,226 = 57,774
Prof. Dr. Hans Hirth
128
Investor II
in t = 0

Sachinvestition
 80

verbleibende Eigenmittel
20

zusätzl. Finanzanlage
20  c0 = 20  13,13 = 6,87
 Konsum
c0 = 13,13
in t = 1

Investitionsrückfluß

Rückfluß aus Finanzanlage 1,1  6,87 = 7,557
 Konsum
108
108 + 7,557 = 115,557
Prof. Dr. Hans Hirth
129
2.2.2. Hirshleifer-Modell und unvollkommener Kapitalmarkt
● Unvollkommenheit abgebildet über Habenzins < Sollzins
● Projekte stilisiert über stetige Investitionsertragskurve.
c1
Habenzinsgerade
A
Investitionsertragskurve
B
Sollzinsgerade
Anfangsvermögen
c0
Prof. Dr. Hans Hirth
130
Je nach Steigung der Indifferenzkurven liegt Tangentialpunkt der
bestmöglichen Indifferenzkurve
(1) auf der Habenzinsgerade (links von A).
(2) auf der Investitionsertragskurve (zwischen A und B).
(3) auf der Sollzinsgerade (rechts von B).
Diese drei Fälle sind wie folgt zu interpretieren:
(1) Investor investiert bis A und legt außerdem noch etwas am
Kapitalmarkt an.
(2) Investor investiert bis in den Bereich zwischen A und B. Er
legt weder etwas am Kapitalmarkt an, noch nimmt er Kredit
auf.
(3) Der Investor investiert bis B und nimmt noch einen Kredit auf.
keine Fisher-Separation mehr (nur noch bereichsbezogene)
Prof. Dr. Hans Hirth
2.3
131
Nutzungsdauerentscheidungen
ND: nicht gemeint „technisch mögliche“, sondern „ökonomisch sinnvolle“
 Entscheidung über optimalen Zeitpunkt der Ersetzung
zahlreiche Varianten:
 ohne Ersatzinvestition
 mit identischer Ersatzinvestition
 mit besserer Ersatzinvestition
2.3.1 ohne Ersatzinvestition
bei Beendigung: Liquidationserlös statt weiterer lfd. Überschüsse
Prof. Dr. Hans Hirth
132
Beispiel: keine Ersatzinvestitionen
etn:
i = 10 %,
t
0
EZÜ in t bei Beendigung im Zeitpunkt n (≥ t)
Tab.: keine Ersatzinvestition
et
Lt
et1
et2
et3
et4
100 100 100 100 100 100
et5
100
1
2
3
50
40
30
60
36
22
110
---
50
76
--
50
40
52
50
40
30
50
40
30
4
5
20
10
10
0
---
---
---
30
--
20
10
K(n)
0
8,26 17,58 21,54 20,92
 Bei Laufzeit n = 4 ist Kapitalwert am höchsten.
Prof. Dr. Hans Hirth
133
Aber:
Vollst. Vergleich aller alternativen Zahlungsströme ist aufwendig.
Behelf:
Analyse der Wirkung der Verlängerung der ND um eine Periode
Ausgangspunkt:
n
t
e

q

K(n) = t 0 t

L n  q n
Prof. Dr. Hans Hirth
134
Erhöhung des Kapitalwerts durch Verlängerung der ND um eine Periode (von n1 bis n):
K(n)  K(n1)
n
et  q
= t
0
t
 Ln  q
n
n 1

   e t  q t
 t 0
 Ln 1  q (n 1) 

= en  qn
+ Ln  qn
 Ln1  q(n1)
= en  qn
+ Ln  qn
 Ln1  qn  (1+i)
= qn  [en  (Ln1  Ln)  i  Ln1]
Barwert von
EZÜ
 kalk. Zinsen auf Liqu.erlös)
 Minderung des Liqu.erlöses
Prof. Dr. Hans Hirth
135
Falls K(n)  K(n1) > 0:

Weiternutzung von n1 bis n vorteilhaft.
Falls K(n)  K(n1) < 0:

Weiternutzung von n1 nur bis n unvorteilhaft.
Aber: Weiternutzung bis (n+x) könnte höheren Kapitalwert erbringen.
„Behelf“ kann nur die Vorteilhaftigkeit einer Fortführung nachweisen,
aber nicht die eines Abbruchs (außer vor der letzten Periode).
Prof. Dr. Hans Hirth
136
2.3.2 mit Ersatzinvestition
hier: unendliche Investitionskette identischer Investitionen
Beispiel: identische Ersatzinvestitionen
i = 10 %
etn:
EZÜ in t, wenn Projekt nach n Perioden beendet wird
und dann das gleiche Projekt neu beginnt.
Prof. Dr. Hans Hirth
t
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
137
Tab.: identische Ersatzinvestionen
et
Lt
et1
et2
et3
et4
et5
100 100 100
100 100 100 100
50 60 110100 50
50
50
50
40 36 110100 76100 40
40
40
30 22 110100 50 52100 30
30
20 10 110100 76100 50 30100 20
10 0 110100 50
40
50 10100
usw. 76100 52100 40
50
usw.
usw.
30
40
30100 30
usw.
20
10100
usw.
Beachte: Wenn der Ersatz der 1. Investition in t = n optimal ist, dann
ist der Ersatz der 2. Investition in t = 2n optimal.
Prof. Dr. Hans Hirth
138
K(n): Kapitalwert der unendlichen Investitionskette
K (n):
Kapitalwert der endlichen Investition
Zusammenhang zwischen beiden:
K(n)
= K(n)
+
qn  K(n)
Kapitalwert
1. Invest.
Kapitalwert
2. Invest.
+
q2n  K(n)
Kapitalwert
3. Invest.
= K(n)  (1 + qn + q2n + q3n + .....)
(1):
Q
+ usw.
Prof. Dr. Hans Hirth
Rechentrick:
Dann ist
(2):
(1)(2):
Also ist
139
qn  Q
Q  qn  Q
= qn + q2n + q3n + .....
= 1
1

Qn
=
1  q n
1

K (n) = K (n) 
1  q n
Tab.: Vergleich der K(1), K(2), ....., K(5) im obigen Beispiel
n
K(n)
Qn
K(n)
siehe oben
= Qn  K(n)
1
0
2
8,26
3
17,58
4
21,54
5
20,92
 Optimale ND beträgt 3 Jahre
11*
5,762
4,021
3,155
2,638
0
47,59
 70,69
67,96
55,19
* 1 / (1 – 1,11) = 11
Prof. Dr. Hans Hirth
140
Erkenntnis bei Ersatzinvestitionen
 optimale Nutzungsdauer kürzer als ohne Ersatzinvestitionen
 Grund:
 bei einmaliger Durchführung kein zeitlicher Aufschub des positiven Kapitalwerts nachfolgender Projekte mit entspr. Zinsverlust
 bei Folgeprojekten dagegen Trade-off zw. Restzahlungen und
frühzeitigem positiven Kapitalwert der Folgeinvestitionen
3. Endogene Kalkulationszinssätze
Kapitalbudgetierung
simultane Investitions- und Finanzierungsplanung
Prof. Dr. Hans Hirth
141
Dean-Modell (Joel Dean, 1951)
Situation
verschiedene Investitionsprojekte:
schließen sich nicht aus und sind unabhängig voneinander
verschiedene Finanzierungsquellen:
unabhängig voneinander, mit jeweils begrenztem Volumen
Grundidee: Vorgezogen werden
 Investitionen mit höchster Rendite (int. Zinssatz)
 Finanzierungsquellen mit niedrigstem Kapitalkostensatz
 Ausdehnung des Budgets, solange:
Rendite zusätzl. Investition > Kapitalkostensatz zusätzl. Fin.
Prof. Dr. Hans Hirth
142
Abb.: Dean-Modell
Zinssatz
I1
F3
I2
Kapitalangebotskurve
I3
endog.
Kalk.zinssatz i
F2
I1
I4
I5
F1
optimales
Budget
Kapitalnachfragekurve
Kapital
Prof. Dr. Hans Hirth
143
Für den endogenen Kalkulationszinssatz gilt:
 Kein vorteilhaftes Projekt erzielt geringere Rendite.
 Keine vorteilhafte Finanzquelle hat höhere Kapitalkosten.
 nichtnegativer Kapitalwert jedes Projekts und jeder Finanzquelle
unproblematische Modellerweiterungen
 Investitionsprojekte, die nicht unabhängig voneinander sind, oder
Finanzierungsquellen, die nicht unabhängig voneinander sind
 Kombi als „eigene“ Alternative
 explizite Berücksichtigung der Unteilbarkeit von Projekten
 Flächenvergleich (siehe nächste Seite)
grundlegende Schwächen
 Kapitalkosten unabh. von Eigenschaften der Investitionen
 kein echtes Simultanmodell
 keine Begründung der unterschiedlichen Kapitalkosten
 Mehrperiodigkeit → Probleme mit internem Zinssatz
Prof. Dr. Hans Hirth
144
Abb.: Lösungsvorschlag bei unteilbaren Projekten
Zinssatz
I1
F2
I2
F1
Kapitalangebotskurve
V
G
I3
I1
Kapitalnachfragekurve
optimales
Budget
 Wenn G > V, sollte auch I2 durchgeführt werden.
Kapital
Prof. Dr. Hans Hirth
145
Problem bei unteilbaren Projekten
Beispiel

I1 mit Kapitaleinsatz von 1.000 € und 10 %

I2 mit Kapitaleinsatz von 2.000 € und 9 % Rendite.

F1 mit maximal 2.000 € und 2 % Zinssatz.

F2 in unbegrenzter Höhe und 18 % Zinssatz.
endite.
Prof. Dr. Hans Hirth
146
Abb.: Problem bei Unteilbarkeit von Projekten
Zinssatz
F2
18 %
V
I1
10 %
I2
9%
Y
2%
G
F1
1000 €
Kapital
2000 €
3000 €
Prof. Dr. Hans Hirth
147
G = 1.000 € ∙ (9 % - 2%) = 70 €
V = 1.000 € ∙ (18 % - 9 %) = 90 €
würde Ablehnung von I2 bedeuten
I1 allein erbrächte den Gewinn
Y = 1.000 € ∙ (10 % - 2 %) = 80 €
….. ist aber nicht optimal.
Prof. Dr. Hans Hirth
148
Besser:
Verzicht auf Projekt I1
Durchführung nur Projekt I2
Gewinn
2.000 € ∙ (9 % - 2 %) = 140 € > 80 €.
Fazit

Kleineres I1 trotz höherer Rendite schlechter als größeres I2.

Ähnliches Problem wie bei Renditevergleichsrechnung mit unterschiedlichen Kapitaleinsätzen.

Bei Teilbarkeit kein Problem, weil es dann stets nur um einen
Renditevergleich des letzten Euros geht.
Prof. Dr. Hans Hirth
149
III. Finanzierung
1. Finanztitel als Instrumente der Finanzierung
1.1 Abstimmungsbedarf zwischen Unternehmen u. Haushalten
Unternehmen: investieren mit grundsätzlich .....
hohem
Kapitalbedarf
relativ langfristiger
Kapitalbindung
Höhe
Laufzeit
geringem
Anlagevolumen
Präferenz für
kurzfr. Verfügbarkeit
riskanten
Rückflüssen
Risiko
Präferenz für
wenig Risiko
Haushalte: Sparen/Entsparen zur Gestaltung des intertemporalen
Konsumstroms (jeweils) mit grundsätzlich ....
Prof. Dr. Hans Hirth
1.2
150
Transformationsaufgaben von Finanztiteln
Finanztitel
vertragliche Festlegung der Rechte und Pflichten von Kapitalgeber
und -nehmer
a) Abstimmung von Kapitalbedarf und Anlagewünschen
Größentransformation: Zerlegung des volumenmäßigen Kapitalbedarfs in kleinere Parten und Aufteilung auf viele Financiers
Prof. Dr. Hans Hirth
151
Fristentransformation: Deckung eines langfristigen Kapitalbedarfs
durch revolvierende Finanzierung mit Titel kurzer Fristigkeit
t
Risikotransformation: Zerlegung der unsicheren Gesamtrückzahlung in unterschiedlich riskante Parten (Bsp. Beteiligung u. Kredit)
sicher
unsicher
Risikoübernahme durch Anleger je nach indiv. Risikobereitschaft
und –tragfähigkeit
Prof. Dr. Hans Hirth
152
b) Unterstützung der Transformationsaufgaben
(1) Unterstützung durch Sekundärmarkt
Primärmarkt (Emissionsmarkt)
 Ausgabe neuer Finanztitel
 unmittelbare Beziehung zwischen Emittent und Anleger
ohne Primärmarkt
kein Sekundärmarkt
Sekundärmarkt unterstützt Primärmarkt:
Liquidität durch Veräußerbarkeit
Preise als Informationssignale
Sekundärmarkt (Umlaufsmarkt)
 Handel mit bereits vorhandenden Finanztiteln
 Beziehung zwischen verschiedenen Anlegern
Prof. Dr. Hans Hirth
153
Erleichterung des Handels, wenn
keine Nachschußverpflichtung (begrenzte Haftung)
Begrenzung des Risikos beim Handel mit den Finanztiteln,
außerdem: Kreditwürdigkeit des Unternehmens unabhängig
vom Privatvermögen der jeweiligen Eigner
Standardisierung des gehandelten Titels
Senkung des Informationsbedarfs über Rechte/Pflichten
hinreichende Publizität über den Emittenten
erleichterte Informationsbeschaffung
(2) Unterstützung durch Finanzintermediäre
z. B. Banken, Fondsgesellschaften, Versicherungen, Kapitalanlagegesellschaften, .....
Prof. Dr. Hans Hirth
154
Erleichterung der Partnersuche
Senkung des Informationsbedarfs
 Information über Bank reicht aus
 Bank erhält leichter u. mehr Infos über Emittent
(dauernde Beziehung, Verhandl.macht, Vertraulichkeit)
erleichterte Risikostreuung aufgrund hinreichender Größe
(letztlich wegen Fixkosten und Unteilbarkeiten)
c) Rechte und Pflichten ..... der Emittenten und Anleger
Leistung des Anlegers:
Bereitstellung liquider Mittel
Gegenleistung des Emittenten:
Rückzahlung von Mitteln
Prof. Dr. Hans Hirth
155
Problem: Gegenleistung erst in der Zukunft und damit unsicher
Einfluß des Zufalls:
unbeeinflußbar; exogen
Bsp. Konjunktur
Folge:
Einfluß der Handlungen
des Emittenten/Kapitalnehmers:
beeinflußbar, endogen
Bsp. Mißmanagement
Bedarf an Sicherung der Gegenleistung z. B. durch
 Zugriff auf weitere Vermögensgegenstände
(Bsp. Kreditsicherheiten, Bürgschaften)
 Informationsrechte (Bsp. Einblick in Geschäftsbücher)
 Mitspracherechte (Bsp. bei Großinvestitionen)
 Wahlrechte (z.B. Verkaufsoptionen)
 Kündigungsrechte
Prof. Dr. Hans Hirth
1.3
Eigen- und Fremdfinanzierung
(a) Idealtypen
(1) Fremdkapital (Forderungstitel, Kredite)
Merkmal: Kapitalüberlassung


für festgelegte Frist
vom Unternehmenserfolg unabhängiger (= unbedingter) Zinsund ilgungsanspruch („Festbetragsanspruch“)
Folgen

normalerweise nur geringe Risikobeteiligung
 Ausfall nur, wenn Vermögen des Schuldners u. evtl.
Haftungserweiterungen nicht ausreichen
 vorrangige Bedienung bei Insolvenz
156
Prof. Dr. Hans Hirth
157
Abb.: Eigenkapital als Verlustpuffer
Aktiva
Passiva
Verlust
EK
Vermögen
FK
Prof. Dr. Hans Hirth
158
weitere Folgen für FK-Geber

geringer Informationsbedarf:
nur Infos, ob Festbetragsanspruch erfüllt werden kann

Mitgestaltungsrechte überflüssig, solange Untern.vermögen
absehbar ausreicht

Gefahr droht, wenn EK nahezu aufgezehrt ist:
Neigung zu riskanterem Verhalten des Kreditnehmers
„ isikoanreizproblem“
(nicht das einzige, aber das wichtigste)
Prof. Dr. Hans Hirth
159
Beispiel zum Risikoanreizeffekt
Ausgangssituation:
EK = 20
V = 80
FK = 60
2 alternative Projekte
20
mit Wkt. 0,6
Projekt A führt zu Gewinn V =
 E(V) = 4
20
mit Wkt. 0,4
40
mit Wkt. 0,5
Projekt B führt zu Gewinn V =
 E(V) = 0
40
mit Wkt. 0,5
 A besser als B, da höherer Erw.gewinn und geringeres Risiko
Prof. Dr. Hans Hirth
160
Entscheidungskriterium der EK-Geber: E(EK) („ isikoneutralität“)

Projekt A wird durchgeführt
Erfolg mit 0,6
EK = 40
V = 100
FK = 60

Mißerfolg mit 0,4
EK = 0
V = 60
FK = 60
 E(EK)
= 0,620 + 0,4(20)
=4
Projekt B wird durchgeführt
Erfolg mit 0,5
EK = 60
V = 120
FK = 60
Mißerfolg mit 0,5
EK = 0
V = 40
FK = 40
(Haftung nur mit V)
 E(EK)
= 0,540 + 0,5(20)
= 10
Prof. Dr. Hans Hirth
161
Ergebnis:
riskanteres (und insgesamt schlechteres) Projekt wird vorgezogen
Ursache:
asymmetr. Partizipation der EK-Geber an Gewinnen und Verlusten
Folgerungen
 Erweiterung des haftenden Vermögens durch zusätzl. Sicherheiten außerhalb des Unt. und durch Bürgschaften Dritter
Aktiva
Passiva
Haftungserweiterung
EK
Vermögen
FK
Prof. Dr. Hans Hirth
162
 Einengung der Möglichkeit riskanter Projekte durch Sicherheiten
innerhalb des Unt. (Eigentumsvorbehalt bei Fuhrpark)
Aktiva
Passiva
EK
Vermögen
Verfügungsbeschränkung
FK
 Kündigungsrechte bei Verringerung der EK-Quote (EK/GK)
 Rückzahlung oder Mitsprache über Investitionspolitik
 Insolvenzregel: Übernahme des Unt. durch Gläubiger bei Verzehr
des EK
 Verknüpfung von Entscheidung und Haftung
Prof. Dr. Hans Hirth
163
bisher: Bankkredite
etwas anders: börsengehandelte Schuldverschreibungen mit
vielen Gläubigern


Vorteile eines organisierten Sekundärmarktes, z. B. bzgl.
Weiterveräußerung und Risikoteilung
nachvertragl. Einflußnahme auf das endogene Risiko schwieriger
(2) Eigenkapital (Beteiligungstitel, Geschäftsanteile)
Merkmal: Kapitalüberlassung

i.d.R. für unbegrenzte Frist

vom Unternehmenserfolg abhängiger (= bedingter) Zahlungsanspruch („ estbetragsanspruch“, esidualanspruch)
Prof. Dr. Hans Hirth
Folgen
 grundsätzlich Risikobeteiligung (nicht erst im Konkurs, dort
übrigens nachrangige Bedienung)
 hoher Info.bedarf
 Bedarf an Mitgestaltung ( Verknüpfung v. Haftung u. Ent.)
Ausgestaltung der Gesellschafterrechte in HGB, GmbHG, AktG
Beteiligungen

mit begrenzter Haftung
 in allen Kapitalgesellschaften: GmbH, AG
 in Personenges.: Kommanditeinlagen in KG

mit „unbegrenzter“ Haftung  Haftung auch mit Privatverm.
 in Personengesellschaften KG, OHG, ...
 bei Einzelkaufmann sowieso
164
Prof. Dr. Hans Hirth
165
b) Beispiele für Mischformen
(1) Optionsschuldverschreibung (bei Aktiengesellschaften)
börsennotierte Anleihe, ergänzt um Kaufoption
„Option“ = echt




nach oder während einer best. Frist
einen best. Vermögensgegenstand
zu einem best. Preis
zu kaufen oder zu verkaufen
(europ. oder amerikan.)
(Basistitel)
(Ausübungspreis)
(Kauf- od. Verkaufsopt.;
bzw. call od. put)
 hier gemeint: Kaufoptionen auf zusätzliche (neue) Aktien
 Ausübung e. Kaufoption, wenn Ausübungspreis < Marktpreis.
Prof. Dr. Hans Hirth
166
(2) Wandelschuldverschreibung
 anders als bei (1) keine Ergänzung um Option,
 sondern Recht des Gläubigers auf Wandelung der gesamten
Schuld in EK.
Für (1) und (2) gilt:
typisch:
Anleihe + bed. Kapitalerhöhung (§ 192 AktG)
niedrige Nominalverzinsung der Anleihe
→ Schonung der Liquidität des Emittenten
aber:
kein Geschenk der Kapitalgeber an Emittent,
da Ausgleich durch Wert der Option bzw. des
Wandlungsrechts
außerdem:
Informationsvorteile des Emittenten?
Emission ein „schlechtes Signal“?
Prof. Dr. Hans Hirth
167
Beispiel: Wandelschuldverschreibung von TUI 2011
 Aktienkurs bei Emission
 Wandlungspreis
 Wandelprämie
9,1158 € (volumengewichteter Kurs)
11,8506 €
(11,8506 / 9,1158)  1 = 30 %
 Wandlung vorteilhaft, wenn Aktienkurs > 11,8506 €.
 Bei Anlagebetrag 1 Mio. € und Wandlung
1 Mio. / 11,8506 ≈ 84.384 Aktien
 magerer Kuponzins 2,75 %
 Wandlung bis Laufzeitende 2016 möglich
 TUI darf ab 14.4.2014 vorzeitig kündigen, falls Aktienkurs über
e. best. Zeitraum höher als 130 % des Wandlungspreises
Prof. Dr. Hans Hirth
168
(3) Aktienanleihen
 Recht des Schuldners auf Rückzahlung der Schuld durch Aktien
 vorteilhaft für ihn, wenn Kurs bestimmte Grenze unterschreitet
 wird „erkauft“ durch h here Nominalverzinsung
 Das Recht, Aktien der AG des Schuldners anzudienen, wird speziell auch als „umgekehrte Wandelanleihe“ bezeichnet.
(4) stille Beteiligung/Gesellschaft
 Beteiligung am Gewinn zwingend,
Verlustbeteiligung kann ausgeschlossen werden (§ 231 HGB)
 Anspruch auf Rückzahlung der Einlage
 keine Mitspracherechte
 (evtl. nachrangige) Forderung im Konkursfall
 Verbindung einiger Merkmale idealtyp. Beteiligungen u. Ford.
Prof. Dr. Hans Hirth
1.4
169
Innen- und Außenfinanzierung
bisherige Beispiele:
Finanzierung durch Zuführung liquider Mittel durch Dritte von außen
(Beteil.- oder Kreditgeber)  externe Finanzierung (Außenfin.)
jedoch:
erheblicher Teil d. Unternehmensfinanzierung durch interne Quellen
interne Finanzierung (Innenfinanzierung)
 Verhinderung des Abflusses von EZÜ aus dem Unternehmen, die
in der betrachteten Periode realisiert wurden.
 Letztlich stammen die natürlich auch aus externen Quellen.
 Aber: Externe Quellen geben die Zahlungsmittel nicht zum Zweck
der Finanzierung.
Beispiel:
Zahlungswirksamer Umsatz wird zur Finanzierung verwendet.
Prof. Dr. Hans Hirth
170
Vorabüberlegungen
nach einer Periode zusätzlich generiertes Finanzierungsvolumen
=
erfolgswirksame EZÜ
+ erfolgsneutrale EZÜ
Gewinn =
erfolgswirksame EZÜ
+ nicht einzahlungswirks. Erträge (Bsp. Höherbewertung)
 nicht auszahlungswirks. Aufwand (Bsp. Abschreibung)
umgeformt zu
Prof. Dr. Hans Hirth
171
erfolgswirksame EZÜ
= Gewinn
+ nicht ausz.wirks. Aufwand
 nicht einz.wirks. Ertrag
eingesetzt in
nach einer Periode zusätzlich generiertes Finanzierungsvolumen
=
Gewinn
+ nicht ausz.wirks. Aufwand
 nicht einz.wirks. Ertrag
+ erfolgsneutrale EZÜ
erfolgswirksame EZÜ
Prof. Dr. Hans Hirth
172
Wie kommt man jetzt zur Innenfinanzierung?
Anpassung 1
Außenfinanzierung aus „erfolgsneutrale EZÜ“ herausnehmen (z. B.
Krediteinzahlung oder Eigenkapitalerhöhung)
Anpassung 2
Annahme: Gewinnausschüttung noch nicht in erfolgsneutralen EZÜ
berücksichtigt.
→ Vom Gewinn noch ausgeschütteten Gewinn abziehen.
Prof. Dr. Hans Hirth
173
Innenfinanzierung
=
einbehaltener Gewinn
+ nicht ausz.wirks. Aufwand
 nicht einz.wirks. Ertrag
+ erfolgsneutrale EZÜ (ohne Außenfinanzierung)
Prof. Dr. Hans Hirth
174
Abb. Finanzierungsformen
Außenfinanzierung
Beteiligungsfinanzierung (Form der Eigenfinanzierung)
Kreditfinanzierung (Form der Fremdfinanzierung)
Innenfinanzierung
Selbstfinanzierung (Form der Eigenfinanzierung)
Finanzierung aus nicht auszahlungswirksamen Aufwendungen
z. B. Abschreibungen, Rückstellungen
Minderfinanzierung aus nicht einzahlungswirksamen Erträgen
z. B. Zuschreibungen
Finanzierung aus erfolgsneutralen Einzahlungen (ohne Außenfinanzierung)
z. B. erfolgsneutraler Verkauf von Vermögensgegenständen
Minderfinanzierung aus erfolgsneutralen Auszahlungen (ohne Außenfinanz.)
z. B. erfolgsneutraler Kauf von Vermögensgegenständen
Prof. Dr. Hans Hirth




175
Selbstfinanzierung
einbehaltene Gewinne, unabh. von ihrer Zahlungswirksamkeit
 Abweichung vom reinen Zahlungsbezug
Form der Eigenfinanzierung
offene SF: aus Bilanz ersichtlich
stille SF: stille Reserven durch
 Unterbewertung von Aktiva
 Überbewertung von Verbindlichkeiten
+



Finanzierung aus Abschreibungen
nicht auszahlungswirksamer Aufwand
„Lohmann-Ruchti-Effekt“ scheinbarer Kapazitätserweiterung
soweit Abs. höher als tatsächlicher Wertverlust:
 Unterbewertung von Aktiva  stille SF (s.o.)
Prof. Dr. Hans Hirth
176
+
Finanzierung aus Rückstellungen



ebenfalls nicht auszahlungswirksamer Aufwand
meist Form der Fremdfinanzierung:
z.B. Pensionsrückstellg., Garantierückstellg.
aber nicht immer:
z.B. Rückstellg. für unterlassene Instandhaltung,
Drohverlustrückst. z.T. als zweckgebundenes EK bezeichnet

Minder-Finanzierung durch nicht einzahlungswirksame
Gewinnkomponenten
z.B. Zuschreibungen
Prof. Dr. Hans Hirth
177
weitere Innenfinanzierung durch erfolgsneutrale Zahlungsvorgänge
Anmerkung: erfolgswirksame Anteile zahlungswirksamer Transaktionen sind bereits in Selbstfinanzierung berücksichtigt.
+
erfolgsneutraler Verkauf von Vermögensgegenständen
z. B. Desinvestition oder Forderungsverkauf zum Buchwert

erfolgsneutraler Kauf von Vermögensgegenständen
z. B. Kauf eines Bürohauses
Prof. Dr. Hans Hirth
178
Beispiel: Innenfinanzierung
zahl.wirks. Umsatz
50.900
gesamte Einz.:
Lohnauszahlungen
29.300
Umsatz
Desinvestitionserlös
1.600
Desinvest. + 1.600
fortfallender Buchwert
durch Desinvestition
50.900
52.500
700
Abschreibungen
7.700
gesamte Ausz.:
Zuführung in Rückstellg.
2.500
Lohnausz.
Zinsauszahlungen
2.300
Zinsen
2.300
Gewinnausschüttung
4.000
Steuern
3.300
Gewinnsteuerzahlung
3.300
Ausschüttg.
4.000
29.300
38.900
 Innenfin.
13.600
Prof. Dr. Hans Hirth
179
Aufgeteilt auf
Selbstfin.
= einbehaltene Gewinne, unabh. von ihrer Zahlungswirksamkeit
= Umsatz + (Desinv.erlös  Buchwert)  Löhne  Abs.  Rückst.
50.900 + ( 1.600

700
)  29.300  7.700  2.500
 Zinszahlg.  Steuern  Ausschüttung
 2.300
= 2.700
Fin. aus Abs.
= 7.700
 3.300
 4.000
Prof. Dr. Hans Hirth
180
Fin. aus Rückst.
= 2.500
Fin. durch erfolgsneutralen Verkauf v. Vermögensgegenständen
= 700
 = 13.600
= Innenfinanzierung
Prof. Dr. Hans Hirth
181
Zu Finanzierung durch Abschreibungen:
„Lohmann-Ruchti-Effekt“
Anschaffung von 10 Overhead-Projektoren zu je 1.000 €
Abschreibung pro Jahr und Projektor: 500 €
Fin. in Höhe der Abschreibungen (durch EZÜ gedeckt)
Ende 1. Jahr
Fin. aus Abs. = 10  500 = 5.000
Endbestand: 15
 Kauf zusätzl. 5 Projektoren
Ende 2. Jahr
Fin. aus Abs. = 15  500 = 7.500
 Kauf zusätzl. 7 Projektoren
vollst. abgeschrieben: 10
Endbestand: 15 + 7  10 = 12
(500 in Kasse)
Prof. Dr. Hans Hirth
182
Ende 3. Jahr
Fin. aus Abs. = 12  500 = 6.000
 Kauf zusätzl. 6 Projektoren
vollst. abgeschrieben: 5
Endbestand: 12 + 6  5 = 13
(500 noch in Kasse)
Ende 4. Jahr
Fin. aus Abs.= 13  500 = 6.500
 + 500 aus Kasse = 7.000
 Kauf zusätzl. 7 Projektoren
vollst. abgeschrieben: 7
Endbestand 13 + 7  7 = 13
usw.
Aussage: Kapazität steigt scheinbar von 10 auf 13.
aber: Periodenkapazität  Gesamtkapazität (incl. Restlaufzeiten)
Anfangs-Gesamtkapazität = 10  2 Jahre = 20 Projektoren-Jahre
End-Gesamtkapazität
= 7  2 Jahre + 6  1 Jahr
= 20 Projektoren-Jahre
Prof. Dr. Hans Hirth
183
2.
Liquiditätssicherung
2.1
Liquidität, Nutzen und Kosten
Liquidität
Fähigkeit des Unternehmens, die zu e. Zeitpunkt zwingend fälligen
Zahlungsverpflichtungen uneingeschränkt erfüllen zu können.
„zwingend fällig“

rechtlich verbindlich: Bsp. Kreditzinsen, Tilgung, Löhne
Gefahr: Insolvenz  Gefährdung des Bestands d. Unt.

ökonomisch geboten: Bsp. Auszahlung für lohnende Investition
sonst Gefahr des langfristigen Verlustes der Ertragskraft
Prof. Dr. Hans Hirth
184
Quellen der Liquidität
EZÜ, Zahl.mittelbestände,
Finanzierungsreserven (= Sekundärreserven)
Nutzen der Liquidität
Sicherung der Zahlungsfähigkeit und Anpassungsfähigkeit
(„Schlagkraft“)
Kosten der Liquidität
Opportunitätskosten (z.B. kein Zins für liquide Mittel)
Bei sicherer Zukunft: Liquiditätsplanung trivial
denn: exakte Abstimmung von EZ und AZ möglich,
Reserven überflüssig
Prof. Dr. Hans Hirth
185
Bei Unsicherheit: echtes Entscheidungsproblem

Reserven erforderlich, um Mindereinz. oder Mehrausz. auffangen zu können

Umfang und Auswahl der Reserven?
Abwägung von
(Opportunitäts-)Kosten der Vermeidung von Illiquidität
(„Vermeidungskosten“)
Verluste durch Anpassungsmaßnahmen bei Illiquidität
(„Anpassungskosten“)
Prof. Dr. Hans Hirth
Vermeidungskosten durch

Halten von Zahlungsmittelbeständen sowie Sekundärreserven:
 Verzicht auf (höhere) Rendite

offene Kreditlinien:
 Vorab-Gebühren
Anpassungskosten durch

Liquidation illiquider Vermögensgegenstände:
 Liquidationsverluste

Inanspruchnahme offener Kreditlinien:
 Zinsaufschläge

Verschlechterung des Standing
 schlechtere Konditionen („indirekte Insolvenzkosten“)
186
Prof. Dr. Hans Hirth
187
Vermeidungskosten können auch dadurch eine Illiquidität vermeiden
helfen, indem sie spätere Anpassungsmaßnahmen erst ermöglichen
oder deren Kosten senken.
2.2 Liquiditätsplanung
(a) Finanzplan
 zentrales Instrument der kurzfr., zahl.bezogenen Finanzplanung
 systematische Zusammenstellung aller Ein- u. Auszahlungen für
best. Zeiträume, die mit zunehmender Entfernung vom Planungszeitpunkt größer werden
Prof. Dr. Hans Hirth
188
Abb.: Ein- und Auszahlungen im Verlauf von Subperioden
1.Dekade 2.Dek. 3.Dek. 2.Monat
AB
lfd.EZ
lfd.AZ
3.
2.
3.
4.
Monat Quartal Quartal Quartal
50
10
90
70
30
280
450
820
300
320
350
1.000
950
2.900
2.800
2.500
250 240 220
700
600 2.000 2.200 2.300
Desinv.
-
-
-
-
100
-
-
Inv.
-
- 500
800
-
-
- 2.000
Zinsausz.
-
-
50
50
50
200
200
200
80
-
-
80
80
-
-
-
K.-Aufn.
-
-
400
540
-
-
-
1.300
Steuern
-
-
-
-
-
500
-
-
10
-
-
10
10
30
30
30
10
90
70
30
280
450
820
90
K.-Tilg.
Entnahme
EB
-
Prof. Dr. Hans Hirth
Beurteilung
(1) negativer Zahlmittelbestand am Ende des 2. Monats
 Insolvenz?
Nein, unzulässiger Finanzplan.
Denkbare Plananpassungen:
 Aufschieben v. Ausz.: z.B. Investition
 Vorziehen v. Einz.: z.B. Desinvestition aus 3. Monat
 Erhöhung der Finanzeinzahlungen: Kreditaufnahme
(2) starkes Anwachsen des Zahl.mittelbestands im 2. u. 3. Quartal
Denkbare Plananpassungen:
 teilweise Kredittilgung (wenn möglich)
 Investition aus 4. Quartal teilweise vorziehen
 Finanzanlage
189
Prof. Dr. Hans Hirth
190
Allgemein
 Suche nach Anpassungsmöglichkeiten, die die Schlagfähigkeit
der Unt. erhalten, aber Opportunitätskosten vermeiden
 bei Frist länger als 1 Jahr: Prognosen zu ungenau
(b) Bilanzielle Liquiditätskennzahlen
Aussagen über die aktuelle Liquidität aus Kennzahl der aktuellen Bilanz.

Liquidität 1. Grades („Barliquidität“)
Zahlungsmittelbestand
kurzfristige Verbindlichkeiten
kurzfristig = Laufzeit bis 1 J.
≥ 1
Prof. Dr. Hans Hirth

Liquidität 2. Grades
ZMB + kurzfr. Forderungen monetäres Umlaufverm gen
=
kurzfr. Verbindlichkeiten
kurzfr. Verbindlichkeiten

191
≥ 1
Liquidität 3. Grades ( « Current ratio »)
ZMB + kurzfr. Forderungen + Vorräte kurzfr. Umlaufverm gen
=
kurzfr. Verbindlichkeiten
kurzfr. Verbindlichkeiten
≥ 1
sind jeweils Ausprägungen der allgemeinen Fristenkongruenzregel
Prof. Dr. Hans Hirth
192
Fristenkongruenzregel
Grundidee:
Vermögensgegenstände erwirtschaften rechtzeitig Zahlungsmittel,
die für die Bedienung der Kapitalgeber verwendet werden können.
vereinfachte Bilanz
●
●
●
Aktiva
Aktiva mit langfristiger ●
Kapitalbindung (A3)
Aktiva mit mittelfristiger ●
Kapitalbindung (A2)
Aktiva mit kurzfristiger ●
Kapitalbindung (A1)
Passiva
Eigenkapital und langfristige
Verbindlichkeiten (P3)
mittelfristige Verbindlichkeiten (P2)
kurzfristige Verbindlichkeiten
(P1)
Das Volumen aller Aktiva mit einer Kapitalbindung bis  sollte höher
sein als der Kapitalbetrag aller Passiva mit Fälligkeit bis .
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193
A = Volumen einer Aktivposition mit Kapitalfreisetzung bis 
P = Volumen einer Passivposition mit Fälligkeit bis 
Nach der Fristenkongruenzregel sollte gelten
A1  P1
und
A1 + A2  P1 + P2
Verallgemeinert:
t
t
 A    P für t = 1; ..... ; n
 1
 1
 „horizontale Bilanzkennzahl“: Relation zw. Aktiva u. Passiva
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194
daneben: „vertikale Bilanzkennzahlen“; meist mit Passiva
-
Fremdkapit al FK
exponiert: Verschuldungsgrad =
Eigenkapit al EK
-
bietet gleiche Info. wie FK- o. EK-Quote (FK/GK od. EK/GK)
Zusammenhang zwischen Verschuldungsgrad und Liquidität
bei gegebenen Aktiva
VG 
höhere feste Ausz.verpflichtungen (AV) bei gegebenen,
aber unsicheren Einz. E
höhere Wkt. dafür, daß AV > realisierte Einz. Er
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195
Abb.: Ausfallwahrscheinlichkeit steigt in AV bzw. VG
F(E) = p(Er<E)
1
p(Er<AV2)
p(Er<AV1)
E (= EZÜ vor AV)
AV1
AV2
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196
außerdem

Ergänzung aktueller Bilanz durch Planbilanz
 Infos über Veränderung der Liquiditätsituation

Einhaltung best. Kennzahlen weder notwendig noch hinreichend
zur Liquiditätssicherung

„Liquidität kraft Konvention“:
Geldgeber fordern Einhaltung bestimmter Kennzahlen.
Bei Nicht-Einhaltung:
 aufgrund Dummheit
 schlechte Manager
 aufgrund Unmöglichkeit
 geringe Flexibilität
Beides schlechte Signale
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197
3. Bedeutung der Kapitalstruktur
3.1 Kapitalkosten
Kapitalkostensatz
von Financiers geforderte und marktlich durchsetzbare erwartete
Rendite für die Bereitstellung von Kapital
 Kalkulationszinssatz für die Investitionsrechnung
pagatorische Kosten: unmittelbar aus Auszahlungen abgeleitet
bei Forderungstiteln zweckmäßig:
nötige Annahme: Zins- u. Tilgungszahlungen sind sicher
 Kapitalkostensatz = interner Zinssatz der Kredit-Zahlungsreihe
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198
bei Beteiligungstiteln unzweckmäßig:
 Annahme sicherer künftiger Zahlungen hier nicht angebracht.
 Welche Rendite wird erwartungsgemäß an die EK-Geber geleistet?
 Tatsächliche Zahlungen können ex post davon deutlich abweichen.
 Pagatorisches Kapitalkosten ungeeignet.
 Stattdessen Opportunitätskosten:
 Welche erwartete Rendite entgeht EK-Gebern dadurch, daß
sie auf vergleichbare Alternative verzichten? Genau diese
Rendite werden sie fordern.
 Vergleichbarkeit zu beachten hinsichtl. Volumen, Fristigkeit
und Risiko (und ggf. Liquidierbarkeit)
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3.2
199
Leverage-Effekt und Leverage-Risiko
 Gesamtkapital GK = EK + FK
 Einsatz des Gesamtkapitals GK erbringt Bruttogewinn und damit
eine (unsichere) Gesamtkapitalrendite rG
rG  Bruttogewinn
GK
 Nettogewinn der Eigenkapitalgeber
Bruttogewinn
Nettogewinn
=
rG  GK
mit rF als Fremdkapitalzinssatz
–
FK-Kosten
rF  FK
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200
 Eigenkapitalrendite
rE
Nettogewin n
rG  GK  rF FK


EK
Eigenkapit al
Einsetzen von GK = EK + FK führt nach Umformung zu
rE
rG  EK  FK   rF FK



EK
 rE  rG  rG  rF   FK
EK
 rE  rG  rG  rF   VG
mit dem Verschuldungsgrad VG = FK/EK.
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201

Wenn rG > rF:

Aber: rE unsicher, da rG unsicher
rE steigt mit Verschuldungsgrad VG
 differenzierter Blick nötig:
E(rE) = E(rG) + [E(rG)  rF]  VG
„Leverage-Effekt“
Var(rE) = [VG + 1]2  Var(rG)
“Leverage- isiko”
Mit steigenden VG steigt zwar E(rE), aber auch Var(rE)!
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202
Abb.: Leverage-Effekt
E(rE); rF
E(rE)
E(rG)
rF
VG
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203
Abb.: Leverage-Risiko
Var(rE)
Var(rG)
VG
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Voraussetzungen für positiven Leverage-Effekt
1.) E(rG) > rF
 Sachinvestition im Erw.wert besser als Finanzinvestition
2.) rF ist unabh. vom Verschuldungsgrad.
zu 1.): erscheint akzeptabel.
Jedoch: Sachinvestition zwar im Erw.wert besser, aber riskanter.
zu 2.): nicht akzeptabel.
Ausfallrisiko für Kreditgeber steigt tendenziell im VG (s.o.)
 geforderter rF steigt im VG
Erkenntnis
 bei EK: Leverage-Effekt wird durch Leverage-Risiko erkauft.
 bei FK: Ab kritischem VG steigt rF.
 Existiert ein „optimaler“ VG?
204
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3.3
205
Irrelevanz des Verschuldungsgrads bei vollkommenem
Kapitalmarkt
„Modigliani-Miller- hese I“ (1958, Nobelpreise 1985, 1990):
Der Marktwert einer Unternehmung ist unabhängig vom VG.
Beweis durch
 Einbeziehung der Kapitalmarktbewertung und
 Prinzip der Arbitragefreiheit
Arbitragefreiheit impliziert Wertadditivität
Wertadditivität:
Wert der Summe von Zahlungsströmen
= Summe der Werte der Zahlungsströme
formal:
MW(z1 + z2) = MW(z1) + MW(z2)
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206
Beispiel
z1
z2
(z1+z2)
= (100; 220; 60,5)
= ( 70; 66; 121)
mit
mit
Preis p1 = 250
Preis p2 = 110
= (170; 154; 60,5)
mit
Preis p1+2
Bei Wertadditivität muß gelten:
p1+2
= p1 + p2
= 250 + 110
= 360
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207
Andernfalls:
a) wenn z.B. p1+2 = 400 >
p1 + p2 = 250 + 110 = 360
 sicherer Arbitragegewinn durch

Kauf von z1 zu 250 und z2 zu 110
und gleichzeitig

Verkauf von (z1+z2) zu p1+2 = 400
 ge- und verkaufte Zahlungsströme decken sich vollständig:
sicherer Arbitragegewinn von 400  360 = 40.
b) wenn z.B. p1+2 < p1 + p2
 Arbitragegewinn durch Verkauf von z1 und z2 sowie Kauf von
(z1+z2).
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208
Erkenntnis
 Preisanpassung bis keine Arbitragegewinne mehr möglich sind
und Wertadditivität gilt.
 notwendige Bedingung: vollk. Kapitalmarkt, insbes. keine Transaktionskosten
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209
Wertadditivität impliziert Irrelevanz der Kapitalstruktur
Abb.: Zahlungsströme an die Kapitalgeber
Aktiva
Vermögen V
generiert für Kapitalgeber den
Zahl.strom zE+F
(von Kap.struktur
unabh.)
zE
EK-Geber
zF
FK-Geber
zE+F wird aufgeteilt in zE und zF
Für die künftigen (unsicheren) Zahlungsströme gilt:
zE+F = zE + zF
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210
Wegen Wertadditivität muß gelten:
MW(zE+F)
= MW(zE)
+ MW(zF)
MW(V)
= MW(EK) + MW(FK)
bzw.
Verschuldungsgrad soll annahmegemäß keine Auswirkung auf zE+F
und somit MW(zE+F) bzw. MW(V) haben.
Summe der Marktwerte aller Finanztitel MW(EK) + MW(FK)
ist bei geg. Investition immer gleich, nämlich MW(V).
Diese Summe wird von Modiglian/Miller als Marktwert des Unternehmens bezeichnet und ist dann unabh. vom VG.
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211
Erkenntnis
 Unterschiedliche VG können sich wohl auf Marktwerte des EK
und des FK auswirken,
 aber stets so, daß die Summe beider gleich bleibt.
Ökonomische Begründung
 Konstruktion eines bestimmten VG ist ebenso gut auf Anlegerebene herstellbar (siehe nächste Seite).
 Welchen VG ein Unt. wählt, ist dann irrelevant für Anleger.
 Marktwert der Unt. allein durch Investitions-, aber nicht durch Finanzierungspolitik bestimmt.
Voraussetzung: vollkommener Kapitalmarkt, insbes.
 Anleger erhalten gleiche Konditionen auf Kapitalmarkt wie Unt.
 keine finanzierungsabh. Steuern
 gleiche Informationsstände („symmetrische Informationsverteilung“)
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212
Individuell gewünschter VG ist auf Anlegerebene herstellbar!
Beispiel
-
unverschuldetes Unternehmen mit GK = EK = 1 Mio. €
-
Beteiligungsquote des Anlegers:
α=2%
-
von ihm gewünschter Verschuldungsgrad
VGi = 1
selbstfinanzierende Strategie:
-
Anleger nimmt Kredit K auf und
-
kauft damit zusätzl. Anteile bis zu einer Beteiligungsquote β.
(β – α) ∙ 1 Mio = K
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-
213
Dann wäre sein individueller Verschuldungsgrad
VGi =
individuelle Schulden
individuelles Eigenkapital

 β=
=
K
∙ 1 Mio
=
(β − α) ∙ 1 Mio
α ∙ 1 Mio
VGi = β − α
∙ (1 + VGi )
 β = 0,02 ∙ (1 + 1) = 0,04 = 4 %
Ergebnisse
-
doppelt so hohe Beteiligungsquote
-
Die Hälfte davon ist fremdfinanziert.
-
Auf diese Weise ist individuell ein beliebiger VGi herstellbar.
-
Wert des individuellen Vermögens bleibt gleich.
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-
214
Aber: Erwartungswert und Risiko des Gewinns ändern sich.
Gewinn G
E(G)
Var(G)
0,02 ∙ rG ∙ 1 Mio
20.000 ∙ E(rG)
20.0002 ∙ Var(rG)
nachher: 0,04 ∙ rG ∙ 1 Mio
40.000 ∙ E(rG)
40.0002 ∙ Var(rG)
vorher:
− rF ∙ 20.000
− rF ∙ 20.000
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3.4
215
Relevanz des Verschuldungsgrads bei unvollkommenem
Kapitalmarkt
Situation
Sollzins rF ≠ Habenzins rH bei Sicherheit
Eigenkapitalgeber
 besitzt insgesamt ein Vermögen V.
 kann anstelle einer sicheren Investition in sein Unternehmen eine
sichere Alternativverzinsung von rH erzielen.
Wieviel seines Vermögen gibt er als Eigenkapital EK und wieviel in
die Alternativanlage A?
V = EK + A
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216
Sein Endvermögen EV wäre
EV = (1+rE)  EK + (1 + rH)  A
Einsetzen A = V  EK:
EV = (1+rE)  EK + (1 + rH)  (V  EK)
 EV = (rE  rH)  EK + (1 + rH)  V
FK
Einsetzen der Leverage-Gleichung rE  rG  rG  rF  
:
EK
EV =  rG  rG  rF  

FK

 rH   EK  (1  rH )  V
EK

= rG  rH   EK  rG  rF   FK  (1  rH )  V
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217
Einsetzen FK = GK  EK:
EV = rG  rH   EK  rG  rF   GK  EK   (1  rH )  V
= rF  rH   EK  rG  rF   GK  (1  rH )  V
exogene Größen, also konstant
Annahmen: rG > rF und rF unabhängig vom EK.
Maximierung des Endvermögens EV über Höhe des EK
a) Falls rF > rH:
EK höchstmöglich (bis V) →
b) Falls rF < rH:
EK = 0
c) Falls rF = rH:
Irrelevanz (da vollkommener Markt)
→
VG minimal!
VG unendlich!
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218
Problem: Wieso sollten bei Sicherheit Haben- und Sollzins
auseinanderfallen, wenn es keine Transaktionskosten gibt?
Andere, informationsökonomische Ansätze überzeugender.
Situation: Unterinvestition bei unbeobachtbarem Arbeitseinsatz
Risikoneutraler Unternehmer verfügt über ein Projekt, das drei mögliche Rückflüssen mit folgenden Wahrscheinlichkeiten erwirtschaftet:
π
π
1−2π
2R
R
0
mit π ≤ 0,5
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219
Unternehmer kann über höheren Arbeitseinsatz den Parameter π
erhöhen.
Dabei entstehen ihm Arbeitskosten in Höhe von c = π².
Welches π wählt er?
Fall 1: vollständige Eigenfinanzierung
Unternehmer maximiert erwarteten Projektrückfluß abzüglich seiner
Arbeitskosten:
π∙2∙
+π∙
– π²
1. Ableitung nach π:
3R–2π=0
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220
führt zum optimalen Arbeitseinsatz mit
π* = 1,5 ∙
Wegen π ≤ 0,5, müssen wir
≤ 1/3 annehmen.
Insgesamt wird ein erwarteter Rückfluß abzüglich Arbeitskosten erwirtschaftet in Höhe von
π* ∙ 2 ∙
= (9/4) R²
+ π* ∙
– (π*)²
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221
Fall 2: teilweise Fremdfinanzierung
Bank mit Festbetragsanspruch z. B. in Höhe R.
Für Unternehmer bleibt nur noch im besten Zustand etwas übrig.
Daher maximiert er
π ∙ (2 ∙
– R) – π²
Seine Optimierungsbedingung erster Ordnung lautet
R–2π=0
und führt zum optimalen Arbeitseinsatz mit
π** = 0,5
(<
π* = 1,5 ∙
)
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222
Insgesamt wird ein erwarteter Rückfluß abzüglich Arbeitskosten erwirtschaftet in Höhe von
π** ∙ 2 ∙
+ π** ∙
– (π**)² = (5/4)
²
also weniger als bei reiner Eigenfinanzierung (9/4) R².
Relevanz der Finanzierung, die hier zu einer Unterinvestition gemessen am geleisteten Arbeitseinsatz führen kann.
Je nach Kapitalstruktur wird mehr oder weniger erwirtschaftet, demzufolge hat das Unternehmen einen höheren oder niedrigeren
Marktwert.