Investition und Finanzierung - Betriebliche Finanzwirtschaft

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Investition und Finanzierung - Betriebliche Finanzwirtschaft
Investition und Finanzierung
Finanzierungsmaßnahmen: Aktivitäten der Beschaffung
monetärer Mittel
Investitionsmaßnahmen:
Aktivitäten der Verwendung monetärer Mittel
Oberbegriff: „betriebliche Finanzwirtschaft“
Alle Maßnahmen der Beschaffung und Verwendung monetärer Mittel im Rahmen einer Unternehmung
⇒ Finanzierungs- und Investitionstheorie als die beiden wesentlichen Teilgebiete betrieblicher Finanzwirtschaft.
Weil Investitionstheorie besser ausgebaut und grundsätzlich
leichter zugänglich, werden in dieser Einführungsveranstaltung Investitionsentscheidungen (bei Sicherheit) im Vordergrund stehen. Insbesondere Finanzierungsentscheidungen
bei Risiko werden im Vertiefungsbereich erörtert.
 bfw, Prof. Dr. W. Breuer; Thema 1 (Vorlesung)
0
Thema 1: Investitionsentscheidungen bei fehlendem
Kapitalmarktzugang
Ausgangssituation:
Betrachtung eines Unternehmers mit Konsumauszahlungen C t
in den Zeitpunkten t = 0, 1.
Nutzenfunktion: U = U(C 0 ; C1 ) mit positivem, abnehmenden
Grenznutzen (Definition?) in C0 und C1.
Die zugehörigen Indifferenzkurven (Definition?) im (C 0 ; C1 )Diagramm seien konvex.
C1
U
( 3)
>U
( 2)
>U
(1)
( 3)
U
(2)
U
(1)
U
0
 bfw, Prof. Dr. W. Breuer; Thema 1 (Vorlesung)
C0
1
Absolutbetrag der Steigung einer Indifferenzkurve nennt man
auch „Grenzrate der Substitution“: gibt an, auf wie viele Einheiten des Zukunftskonsums der Unternehmer maximal zu
verzichten bereit ist, wenn ihm als Ausgleich eine Steigerung
seines Gegenwartskonsums um eine infinitesimale Einheit geboten wird.
I.d.R. unterstellt man mit wachsendem Ausgangsniveau von
C 0 eine fallende Grenzrate der Substitution (Hintergrund?)
⇒ impliziert einen degressiv fallenden Verlauf von Indifferenzkurven.
Entscheidungssubjekt verfüge in t = 0 über ein Anfangsvermögen W0 und habe ferner Zugang zu N beliebig teil- und
unabhängig voneinander durchführbaren (Real-) Investitionsprojekten. Maximaler Mitteleinsatz in t = 0 beim n-ten Projekt: I ( n ) . Hieraus resultierender Rückfluß in t = 1: E(n).
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Weil Investitionsprojekte beliebig teil- und unabhängig voneinander durchführbar sind, muß sich der Unternehmer bei jeder
in t = 0 zu investierenden Geldeinheit lediglich fragen, bei
welchem Investitionsprojekt hieraus der höchste Rückfluß
zum Zeitpunkt t = 1 resultiert.
Also: Die erste zu investierende Geldeinheit fließt in das Investitionsprojekt n mit dem höchsten Wert für E ( n ) / I ( n ) bzw.
(E ( ) − I ( ) )/ I ( ) = (E ( ) / I ( ) ) − 1
n
n
n
n
n
„Rendite“ eines
Investitionsprojekts
Die zweite Geldeinheit wird ebenso wie die dritte, vierte, ...
Geldeinheit bis hin zur I ( n ) -ten in das Projekt n investiert. Anschließend wird bis zu einem Gesamtinvestitionsvolumen
I ( n ) + I ( m ) in das Projekt m mit der zweithöchsten Rendite investiert usw.
Im weiteren Annahme: Die N Projekte seien bereits absteigend nach ihren Renditen sortiert, d.h., Projekt 1 hat eine höhere Rendite als Projekt 2 und dieses eine höhere als Projekt 3
usw.
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Damit ergibt sich der folgende Zusammenhang zwischen Investitionsvolumen I in t = 0 und gesamten Rückflüssen F(I) in
t = 1:
 I
(1)
⋅
E
(
)
1
I
...

(1)
(n −1)
E (1) + ... + E (n −1) + I − I − ... − I
⋅ E (n )
(n )

I
...
F(I ) = 
(1)
( N −1)
(N )
E (1) + ... + E ( N −1) + I − I − ... − I
⋅
E

I (N )


E (1) + ... + E ( N )

0 ≤ I ≤ I (1) ,
n −1
I
∑
+
n =1
(n + )
n
< I ≤ ∑ I (n + ) ,
n + =1
N −1
N
n + =1
n + =1
( )
( )
∑ I n+ < I ≤ ∑ I n+ ,
N
I (n + ) < I.
∑
+
n =1
Man spricht in diesem Zusammenhang auch von der Realinvestitions- oder Investitionsertragsfunktion (Erklärung ?).
Deren graphische Darstellung heißt Realinvestitions- oder Investitionsertragskurve:
F(I )
E (1) + E (2 ) + E (3)
E (1) + E (2 )
E (1)
0
I(1)
I(1) + I(2 ) I(1) + I(2 ) + I (3 )
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I
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Vereinfachende Annahme:
Unternehmer habe Zugang zu sehr vielen, sehr kleinen Investitionsprojekten, deren Renditen sich jeweils nur marginal unterscheiden.
⇒ Realinvestitionskurve ist nunmehr stetig differenzierbar
mit F′(I ) > 0 , F′′(I ) < 0 :
F(I)
0
Nun gilt:
I
C 0 = W0 − I
⇒
I = W0 − C 0
C1 = F(I ) = F(W0 − C 0 )
Gleichung der Transformationskurve:
Geometrischer Ort aller durch Realinvestitionen
erreichbaren (C 0 ; C1 )-Kombinationen
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C1
F(W0 )
0
W0
C0
Absolutbetrag der Steigung einer Transformationskurve nennt
man auch „Grenzrate der Transformation“: gibt an, um wie
viele Einheiten der Zukunftskonsum infolge geringerer investiver Auszahlungen in t = 0 zurückgeht, wenn der Gegenwartskonsum um eine infinitesimale Einheit erhöht wird.
Gesucht ist nunmehr das nutzenmaximale Investitionsprogramm des Unternehmers und seine damit einhergehende optimale zeitliche Konsumallokation (C ∗0 ; C1∗ ).
Unter einem Investitionsprogramm versteht man dabei die Gesamtheit aller vom Unternehmer beabsichtigten Investitionsprojekte.
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Augenscheinlich muß so investiert werden, daß eine möglichst
weit außen gelegene Indifferenzkurve erreicht wird:
C1
F(W0 )
C1∗
U
0
Man erkennt:
C ∗0
*
W0
C0
I∗
Das optimale Investitionsprogramm ist typischerweise (Ausnahme?) durch den Tangentialpunkt einer Nutzenindifferenzkurve mit der unternehmerischen Transformationskurve gekennzeichnet.
Es wird folglich so lange investiert, bis die Grenzrate der
Transformation mit der Grenzrate der Substitution übereinstimmt. So lange nämlich übersteigt der tatsächliche Zugewinn
an C1 -Konsum infolge einer Investitionsausdehnung den mindestens erforderlichen zur Beibehaltung des ursprünglichen
unternehmerischen Nutzenniveaus.
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Rechnerische Herleitung der Entscheidungsregel:
U(C 0 ; C1 ) → max !
C0 ,C1 ,I
unter Beachtung von
I.
I = W0 − C 0
II.
C1 = F(I )
Also: U[C 0 ; F(W0 − C 0 )] → max .!
C0
Notwendige Bedingung erster Ordnung:
dU
∂U ∂U ∂F !
=
−
⋅
=0
dC 0 ∂C 0 ∂C1 ∂I
(wieso?)
∂U / ∂C 0 ∂F
=
∂U / ∂C1 ∂I
⇔
(1) Grenzrate der
Substitution
(2) Grenzrate der
Transformation
Zu (1):
dC1
dC 0
=−
U
∂U / ∂C 0
∂U / ∂C1
(wieso?)
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Zu (2):
dC1
dC 0
=−
=−
F̂=0
∂F̂ / ∂C 0
∂F̂ / ∂C1
(∂F / ∂I ) ⋅ (∂I / ∂C 0 )
−1
(mit F̂(C 0 ; C1 ) ≡ F(W0 − C 0 ) − C1 = 0 )
∂F
= .
∂I
I
Diskussion:
1) Investitionsregel „Grenzrate der Substitution“ = “Grenzrate
der Transformation“ ist zwar sehr anschaulich, aber nur bei
- differenzierbarer Transformationskurve und
- Zwei-Zeitpunkte-Betrachtung anwendbar
2) Auch wenn Investitionsprojekte unabhängig voneinander
durchführbar sind, ist die Beurteilung eines Projekts nicht
unabhängig von den sonstigen verfügbaren Projekten möglich.
3) Optimales Investitionsverhalten ist abhängig von unternehmerischen Zeitpräferenzen und unternehmerischer Anfangsausstattung
⇒ in praktischer Anwendung muß Nutzenfunktion explizit
formuliert werden, und bei einer Gruppe gleichberechtigter Entscheidungsträger besteht Gefahr der Uneinigkeit über das optimale Investitionsverhalten.
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Fazit:
Es besteht Bedarf an einer Entscheidungsregel, die präferenzund vermögensunabhängig die isolierte Beurteilung einzelner
Investitionsprojekte im Mehr-Perioden-Fall und bei nicht stetig differenzierbarer Transformationskurve ermöglicht.
⇒ Kapitalwertkriterium (siehe das folgende Thema)
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