5.4.2_VWL_Hermann - 1. Wirtschaftswissenschaftliches Forum Essen
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Gliederung 1. Wirtschaftswissenschaftliches Forum Essen: Wirtschaftliche Implikationen des demografischen Wandel – Herausforderungen und Lösungsansätze I. II. III. Einleitung Das Wahlrecht in ökonomischer Betrachtung Das Medianwahlalter im demografischen Wandel und bei unterschiedlichen Wahlrechten IV. Das aktualisierte Modell von Sinn / Übelmesser (2002) V. Fazit und Ausblick Das Wahlrecht, der demografische Wandel und die wirtschaftliche Entwicklung StB / Dr. Udo Hermann, Köln 30.9.2011 2 I. Einleitung • I. Einleitung Revolutionäre Bewegungen in Nordafrika: Kampf junger Menschen für mehr Demokratie, Freiheit und wirtschaftliche Entwicklung • Gibt es nicht trotz Demokratie eine „tyranny of the majority“ (J.M. Buchanan, 1954) in Deutschland, die über die Renten-, Bildungs-, Umwelt und Verschuldungspolitik zu Lasten der Jungen entscheidet? • Deutliche Hinweise dafür gibt es z.B. bei der Rentenpolitik: - Schutzklausel (2004 ) - modifizierte Schutzklausel (2007) - Rentengarantie (2009) • Beschränkt in einer Gesellschaft, die sich im demografischen Wandel befindet, nicht eine Mehrheit von Alten die Freiheit der Jungen und damit „die treibenden Kräfte einer Gesellschaft“ (August von Hayek, „Die Verfassung der Freiheit“, S. 153)? • Welche Möglichkeiten bietet das Wahlrecht, dies zu verhindern? 3 II. Das Wahlrecht in ökonomischer Betrachtung 4 II. Das Wahlrecht in ökonomischer Betrachtung Nutzenoptimum Kinder C1 Warum sind Wahlen und damit ein Wahlrecht und Wahlregeln notwendig? C1K* Nutzenoptimum Erwachsene C1E* ImaxK IminK Erläuterung am Beispiel einer aus Kindern und Erwachsenen bestehenden Gesellschaft ImaxE IminE C0K* C0E* 5 C0 Entscheidung über Gegenwarts - und Zukunftskonsum an öffentlichen Gütern in einer aus Kindern und Erwachsenen bestehenden Gesellschaft 6 1 II. Das Wahlrecht in ökonomischer Betrachtung II. Das Wahlrecht in ökonomischer Betrachtung Nutzenniveau der Erwachsenen Ergebnis: Beide Wahlrechte führen jeweils zu effizienten Lösungen, aber welche von ihnen ist auch „sozial gerecht“? Diese Frage ist schwierig zu beantworten. Wahlrecht nur für Erwachsene I maxE Nutzengrenze Aber es gibt weitgehend einen Konsens über das Wahlrecht: Es soll das Prinzip „one man, one vote“ für jeweils (inländische) Erwachsene gelten. Wahlrecht nur für Kinder I maxK Damit kann das von den Erwachsenen bestimmte Ergebnis insoweit als effizient und „sozial gerecht“ gelten. Nutzenniveau der Kinder 7 II. Das Wahlrecht in ökonomischer Betrachtung 8 II. Das Wahlrecht in ökonomischer Betrachtung Aber: Der weitgehende Konsens über „one man, one vote“ und damit über das „sozial gerechte“ Ergebnis ist derjenige der Erwachsenen, nicht der gesamten Bevölkerung. - Kann die Wahl eines anderen Wahlrechts eine solche Entwicklung aufhalten? Maßstab dafür ist im folgenden das Medianwahlalter: Je stärker es im Vergleich zum bestehenden Wahlrecht gesenkt werden kann, desto „besser“ ist das betrachtete Wahlrecht. Je mehr die Erwachsenen den Gegenwartskonsum bevorzugen – also in einer alternden Bevölkerung - , desto mehr werden die Kinder durch die „Tyrannei der Erwachsenen“ in ihrer Freiheit beschränkt und es kann zu Ausweichreaktionen (Auswanderung, Streiks usw.) kommen, die die wirtschaftliche Entwicklung hemmen können. 9 III. Der demografische Wandel in Deutschland: Das Medianwahlalter bei unterschiedlichen Wahlrechten 10 III. Der demografische Wandel in Deutschland: Das Medianwahlalter bei unterschiedlichen Wahlrechten Unterschiedliche Wahlrechte Das allgemeine und gleiche Wahlrecht nur für Deutsche 59,00 57,00 55,00 53,00 51,00 Allgemeines Wahlrecht Gesamtbev. 49,00 Kinderwahlrecht Deutsche 47,00 45,00 Originäres Kinderwahlrecht Deutsche 2059 2056 2053 2050 2047 2044 2041 2038 2035 2032 2029 2026 2023 2020 2017 43,00 2014 - Neues Kinderwahlrecht Deutsche Allgemeines Wahlrecht Deutsche 2011 - 61,00 2008 - 63,00 Das allgemeine und gleiche Wahlrecht für die gesamte Bevölkerung Kinderwahlrecht für Deutsche: Eltern vertreten ihre minderjährigen Kinder Neues Kinderwahlrecht: Erstwähler besitzen 5 zusätzliche Stimmen für die Wahlen, an denen sie nicht teilnehmen konnten Originäres Kinderwahlrecht (Fiktion): Auch die Präferenzen der Minderjährigen werden berücksichtigt Medianwahlalter - Jahr 11 12 2 IV. Das aktualisierte Modell von Sinn / Übelmesser (2002) IV. Das aktualisierte Modell von Sinn / Übelmesser (2002) • „Pensions and the Path to Gerontocracy in Germany“ (2002, European Journal of Political Economy) Beispiel: Beitragssenkung in 2010 um einen Prozentpunkt 12.000 • Deutschland hat nur noch bis 2016 Zeit, sein Rentensystem zu reformieren. Danach gibt es keine demokratische Mehrheit mehr für diejenigen Alterskohorten, die von einer Reform profitieren würden Vorteil der Beitragssenkung 10.000 8.000 6.000 4.000 2.000 • 0 „Reform“: Senkung des Beitragssatzes zur Rentenversicherung um einen Prozentpunkt 1934 -2.000 1967 1987 -4.000 Welches Wahlrecht erweitert den zeitlichen Handlungsspiel13 raum? 46,00 Indifference Indifferenceage age 15 7 9 20 2 5 20 2 20 2 1 3 Medianwahlalter Medianwahlalter 54,00 52,00 Reformverlierer 50,00 20 29 20 27 20 23 20 19 Indifference age Indifference age Indifference age 20 17 44,00 20 15 46,00 20 25 Reformgewinner 48,00 20 09 20 29 20 27 20 25 20 21 20 19 20 17 20 15 20 13 Medianwahlalter Indifference age Indifference age 20 11 44,00 20 23 Reformgewinner 56,00 20 13 Reformverlierer 50,00 46,00 16 58,00 20 11 Medianwahlalter / Indifference age Medianwahlalter Indifference age Medianwahlalter 48,00 Allgemeines und gleiches Wahlrecht Gesamtbevölkerung IV. Das aktualisierte Modell von Sinn / Übelmesser (2002) 58,00 20 09 Medianwahlalter / Indifference age IV. Das aktualisierte Modell von Sinn / Übelmesser (2002) 52,00 20 2 9 7 Jahr Allgemeines und gleiches Wahlrecht Deutsche 54,00 20 2 20 0 Jahr 56,00 Reformgewinner 44,00 9 20 29 20 27 20 25 20 23 20 21 20 19 20 17 20 15 20 13 20 11 44,00 Reformgewinner 48,00 20 1 Indifference age 20 21 46,00 50,00 5 48,00 Reformverlierer Reformverlierer 52,00 20 1 Reformgewinner 20 1 Reformverlierer Medianwahlalter Medianwahlalter 54,00 1 52,00 56,00 3 54,00 58,00 20 1 Medianwahlalter 50,00 14 Quelle: eigene Berechnung Medianwahlalter / Indifference age 56,00 Nachteil der Beitragssenkung = verminderte Rente IV. Das aktualisierte Modell von Sinn / Übelmesser (2002) 58,00 20 09 Medianwahlalter / Indifference age IV. Das aktualisierte Modell von Sinn / Übelmesser (2002) -6.000 20 1 • Jahr Jahr Kinderwahlrecht Deutsche Neues Kinderwahlrecht Deutsche 17 18 3 IV. Das aktualisierte Modell von Sinn / Übelmesser (2002) • Beim allgemeinen und gleichen Wahlrecht für Deutsche ist die „Gerontokratie“ bereits erreicht 58,00 56,00 54,00 Medianwahlalter Indifference age Medianwahlalter • Ein allgemeines und gleiches Wahlrecht für die Gesamtbevölkerung würde nur in 2015 mehrheitsfähig sein Reformverlierer 52,00 50,00 • Bei einem derivativen Kinderwahlrecht ist eine Reform noch bis 2023 mehrheitsfähig 20 29 20 25 20 23 20 21 20 19 20 17 20 15 20 11 44,00 Medianwahlalter Indifference age Indifference age 20 13 46,00 20 27 Reformgewinner 48,00 20 09 Medianwahlalter / Indifference age IV. Das aktualisierte Modell von Sinn / Übelmesser (2002) • Bei einem neuen Kinderwahlrecht entsprechen sich Indifference age und Medianwahlalter von 2013 bis 2015 Jahr Originäres Kinderwahlrecht Deutsche 19 IV. Das aktualisierte Modell von Sinn/Übelmesser (2002) 20 V. Fazit und Ausblick Kritik: • Methodik: – Definition Reform als Beitragssenkung – Berechnungen im Rentenmodell bis zum Jahre 2110! – Medianwählermodell – Kein Altruismus, kein dynastisches Wahlverhalten • Das Wahlrecht: -> Partizipationsgerechtigkeit / „innerer Frieden“ (Hayek) -> Distribution -> Allokation • „one man, one vote“ für Erwachsene und der demografische Wandel: -> Beschränkung der Freiheit der Jungen durch höhere zukünftige Abgaben und weniger Ausgaben für Bildung, Forschung usw. -> Hemmung der wirtschaftlichen Entwicklung • Empirie: – Börsch-Supan et al. (2004): Mangelnde Aufklärung der Bürger verhindert Reformen – Tepe/Vanhuysse (2009): Empirie für 18 Länder (1980 bis 2002): Weniger die Alterung einer Gesellschaft als die fiskalischen und wahltaktischen „straitjackets“ haben die Rentenpolitik bestimmt 21 22 V. Fazit und Ausblick • Alternative Wahlrechte können: -> das Medianwahlalter senken -> das Reformfenster in der gesetzlichen Rentenversicherung weiter offen halten Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! • Am besten geeignet, da verfassungsrechtlich zulässig: Das Kinderwahlrecht als Vollendung des „one man, one vote“Prinzips durch Vertretung der Kinder durch ihre Eltern, aber: Wie kann es politisch eingeführt werden? • Die empirische Forschung zum Wahlrecht und seinen Auswirkungen auf Wachstum, Staatsausgaben usw. sollte intensiviert werden 23 24 4