Erste Gulf Newspapers Conference“ in Abu Dhabi - WAN-IFRA
Transcription
Erste Gulf Newspapers Conference“ in Abu Dhabi - WAN-IFRA
http://www.ifra.com IFRA-AKTIVITÄTEN ,,Erste Gulf Newspapers Conference“ in Abu Dhabi: Vereinte Kräfte sichern den Erfolg Als die IFRA vor genau einem Jahr allein versuchte, ein Seminar in der Golf-Region, in Dubai, zu organisieren, da scheiterte das Vorhaben an der zu geringen Kenntnis der örtlichen Gegebenheiten und der von der islamischen Religion stark geprägten Lebensweise (Ramadan). Diesmal hatte man sich mit der World Association of Newspapers (WAN - früher FIEJ) zusammengetan und vor Ort zwei Zeitungsverlage zur aktiven Mitarbeit gewinnen können: ,,Al-Ittihad“ in Abu Dhabi und ,,An-Nahar“ in Beirut. Die so zustandegekommene ,,Erste Gulf Newspapers Conference“ vom 7. bis 8. März in Abu Dhabi konnte 300 Teilnehmer registrieren und war auch um eine kleine Ausstellung erweitert worden. Einmal mehr wurde damit bewiesen, daß vereinte Kräfte den Erfolg sichern. Das Land selbst ist darüber hinaus ein Beispiel dafür, was durch die Vereinigung von unterschiedlichen Interessen auf ein gemeinsames Ziel erreicht werden kann. Die Vereinigten Arabischen Emirate (UAE) wurden erst 1971 gegründet, indem sich nach dem Abzug der Briten aus der Golf-Region die unabhängigen Emirate Abu-Dhabi, Dubai, Sharjah, Ajman, Umm allQaiwain, Fujairah und Ras alKhaimah zusammenschlossen. Erdöl und Erdgas, auf dem sich der spätere Wohlstand der Vereinigung gründete, Der ,stadiongroße 6 Palast des ,,Armed Fortes Oflicers wurde bis dahin und seither nur in den Emiraten Abu Dhabi und Dubai gefunden, doch mit den mehr auf Landwirtschaft und Fischfang orientierten fünf weiteren Emiraten war man willens zu teilen und schuf so ein ausgeglichenes Ganzes. Auch mit den Nachbarstaaten, dem Sultanat Oman, Katar und vor allem Saudi-Arabien, werden freundschaftliche Beziehungen gepflegt. Daß darüber hinaus gesamt-arabisch gedacht wird, zeigt die Tatsache, daß ein libanesisches Zeitungsunternehmen die organisatorischen Fäden für diese Veranstaltung nach dem Westen knüpfte, und hier ist besonders der Verleger Gebran Tueni herauszustellen, der sich bei der WAN schon seither engagierte und als IFRA-Mitglied kürzlich ein größeres Beratungsprojekt in seiner Druckerei (Optimierung der Farb-Repro) durchführen ließ. Schnelles Wachstum mit Zukunftsvorsorge Abu Dhabi ist mit 67 350 km* der 77 700 km* Gesamtfläche das größte Emirat und stellt seit der Gründung 197 1 mit Scheich Zayed Ben Sultan Al-Nahyan auch den Präsidenten der Vereinigung. Als in den 60er Jahren Erdöl entdeckt wurde, lebten in der Hauptstadt Abu Dhabi nur 5000 Menschen, heute sind es über 800000 und im Club “< in dem die Konferenz stattfand (Modell der Anlage). zeitungstechnik April J998 http://www.ifra.com IFRA-AKTIVITÄTEN Links: Seine Hoheit, Scheich Abdallah Ben Zayed Al-Nahyan, Minister für Information und Kultur, beim Betreten des Konferenzgebäudes, rechts neben ihm Gebran Tuéni, der Hauptinitiator der Gemeinschaftsveranstaltung. Rechts: In der vordersten Reihe haben auf bequemen Sesseln die Hoheiten Platz genommen. Ganz links im Bild ist der Präsident der World Association of Newspapers (WAN), Jayme Sirotsky aus Brasilien, zu sehen. gesamten Emirat rund zwei Millionen. Dementsprechend schossen die Wolkenkratzer fast über Nacht aus dem Wüstenboden und verwandelten die Nomadensiedlung in eine pulsierende Großstadt mit einer vorbildlichen Infrastruktur auch im Umfeld. Angenehm fällt die enorme Sauberkeit auf, die man überall antrifft und wofür man ein Heer von ausländischen Arbeitskräften, vornehmlich aus Indien und Pakistan, einsetzt. Die ganze Nacht hindurch taghell erleuchteten Autobahnen zeigen, daß an Energie nicht gespart werden muß. Doch ist man so weise, dieses Gottesgeschenk auch für die Zukunftssicherung des Landes einzusetzen, indem Bildung und Zukunftsindustrien primär gefördert werden. Dies wird auch dadurch deutlich, daß der Minister für Information und Kultur, Scheich Abdallah Ben Zayed Al-Nahyan, das Patronat über die Veranstaltung übernommen hatte und selbst daran teilnahm (siehe Abbildung). Als Veranstaltungsort wurde der „Armed Forces Officers Club“ auf halbem Weg zwischen Abu Dhabi Stadt (Halbinsel) und dem internationalen Flughafen gewählt, wobei die Bezeichnung „Club“ ein Understatement darstellt. In Wirklichkeit handelt es sich dabei um einen stadiongroßen Palast mit einem 800-Zimmer-Hotelkomplex in offener Ringform und einem dreigeteilten Kongreßgebäude in geschwungener Spannbetonkonstruktion in der Mitte (siehe Abbildung). Daß dabei auch die Innenausstattung mit üppigen Blumenrabatten in den Hotelkorridoren und zeitungstechnik April 1998 Marmorverkleidungen der Wände, gold-glänzenden Rolltreppen und gläsernen Liftkabinen nicht zu kurz kam, braucht nicht besonders erwähnt zu werden. Eine beeindruckende Eröffnungsveranstaltung Nach einem Rundgang durch die Ausstellung eröffnete Scheich Abdallah am Samstagmorgen um 10 Uhr die Konferenz im großen Saal des Kongreßgebäudes mit einer Rede über die Bedeutung von Zeitungen in seinem Land, neben Fernsehen, Radio und dem Internet. Seine Hoheit erklärte, daß in den UAE eine „Open Skies Policy“ (Politik des offenen Himmels) verfolgt werde, da man von der Notwendigkeit des offenen Informationsaustausches überzeugt sei. Auch sprach er die Rolle an, die Zeitungen bei der Aufklärung über die sich ändernde Umwelt spielen können sowie in Bildungsfragen und im Interessewecken für alles, was um uns geschieht. Nach ihm trat der Präsident der WAN, Jayme Sirotsky ans Rednerpult, der eigens zu diesem Zweck aus seinem Heimatland Brasilien angereist war. Er führte denn auch sein Land als ein Beispiel an, wie aus einer Diktatur ein demokratisches Gemeinwesen erwächst, indem die Presse für die Wahrung der Menschenrechte eintritt und dafür die Pressefreiheit einfordert. Die Eröffnungssitzung wurde mit Reden der die Veranstaltung mittragenden Verleger Rafik Nasrallah von Al-Ittihad und Gebran Tuéni von An-Nahar 7 IFRA-AKTIVITÄTEN ergänzt, die beide auch Gastgeschenke überreichten, und schloß mit den Abspielen der UAE-Nationalhymne. Die Programmzusammenstellung der nachfolgenden Konferenz hatten sich WAN und IFRA geteilt, indem WAN den ersten Tag (Samstag) und IFRA den zweiten Tag (Sonntag) übernahm. In islamisch geprägten Ländern, wie den UAE, sind Samstag und Sonntag gewöhnliche Arbeitstage. Der islamische Wochenfeiertag fällt auf den Freitag mit dem Donnerstag als vorangehendem freiem Tag. In die Leser-Marktforschung investieren Den ersten Vortrag zu diesem Themenkomplex hielt Gilles Marchand, Marketing Manager bei Ringier Romandie in der Schweiz mit dem Titel „Marktforschung als ein strategisch einsetzbares Entwicklungswerkzeug“, indem er eine Menge Detailfragen aufwarf, die gestellt werden müssen, um das Leserverhalten in allen Aspekten zu ergründen. Ihm schloß sich ein Vortrag von Ian Holland (Editor) und Geoff Siggens (Marketing Analyst) von The Sunderland Echo in England über „Die Generierung eines Projektes als Schlüssel zu Leserwachstum“ an. Sie zeigten dabei besonders das Magische Dreieck auf, das sich aus den Leserinteressen Vorfälle („happenings“), Ziele („issues“) und Kampagnen („campaigns“) ergibt, und wie man daraus Schlüsse für die redaktionelle Gestaltung zog. Redaktionelle Inhalte: das neue Vorgehen Zu diesem Thema sprach zuerst Warren Watson, Chefredakteur der Central Maine Newspapers in den USA, http://www.ifra.com indem er den holistischen Journalismus herausstellte, der bei seiner Zeitung zu einem neuen Paradigma für den redaktionellen Inhalt und das Design der Zeitungsseiten führte. Letzteres führte sogar dazu, daß das schon 1825 gegründete Kennebec Journal als eine der bestgestalteten Zeitungen von der Society of Newspaper Design (SND – heute Society for News Design) ausgezeichnet wurde. Kerry Northrup, IFRAs Technologies Editor, war der zweite Referent in dieser Gruppe und zeigte in einer zunächst historischen Schau auf, wie sich der Beruf des Zeitungsredakteurs im Verlauf der Zeit gewandelt hat, bevor er darauf zu sprechen kam, wie die Redaktion der Zukunft aussehen sollte. Dabei kam er auch auf die virtuelle Redaktion, den „news resource desk“ und „news management“ zu sprechen. Erfolgreich Anzeigen verkaufen Ronan Pensec, Research Manager bei SPQR (Syndikat der Regionalpresse) in Frankreich, erklärte in dieser Session, wie sich die französische Regionalpresse mit 66 Tageszeitungen, mehr als 450 Ausgaben in einer Gesamtauflage von sechs Millionen Exemplaren, die von 20 Millionen Lesern konsumiert werden, etwas einfallen lassen mußte, um im immer stärker umkämpften Anzeigenmarkt (Plakatwerbung) bestehen zu können. Es wurden deshalb 200 nationale Kampagnen gestartet, an deren Ende statt 66 Anzeigentarifen nur noch einer stand und alle Anzeigen über nur noch fünf Agenturen abgewickelt werden konnten. Der Erfolg zeigte sich deutlich auf der Einnahmenseite. Jim Chisholm von Chisholm Business in England sprach über „Kritische Streitfragen beim Anzeigenverkauf“, in- Die Bühne des Kongreßsaals mit den Referenten einer Session auf dem Podium und einem Diskutanten im Plenum. 8 zeitungstechnik April 1998 http://www.ifra.com IFRA-AKTIVITÄTEN Die Ausstellungsstände von Apple Computer Europe (France) und Reuters Middle East. dem er von Untersuchungen mit der „eye track technology“ berichtete, das heißt der Ermittlung mit einem am Kopf zu tragenden Gerät, wo der Leser zuerst hinblickt, wenn er eine Zeitungsseite betrachtet. Auch die Attraktivität von Aufschlagseiten wurde so ermittelt. Er stellte danach eine Reihe von Regeln auf, wie Anzeigen wirkungsvoller gestaltet und plaziert werden können. Entwicklung von Marken und Produkten Denise West, Group Marketing Director von Midland Independent Newspapers (jetzt Mirror Regional Newspapers) in Birmingham, gab ein lebhaft vorgetragenes Referat über die Diversifizierung von Zeitungsprodukten in ihrer Gruppe zu Gehör, wobei sie besonders herausstellte, daß Zeitungen auf Grund ihres Markencharakters, ihrer Stellung im Markt und ihrer Datenbankinhalte die besten Möglichkeiten dazu gaben. Garbis Kesisoglu, Marketing Director der Dünya Newspaper Group in der Türkei, beschloß den ersten Tag mit einem Bericht über den „Werbegeschenk-Krieg“, der immer noch zwischen den drei großen Zeitungen in Istanbul ausgetragen wird und letztendlich keinem einen länger anhaltenden Vorteil brachte. Gewinnbringende Techniken Günther W. Böttcher startete am nächsten Morgen die „IFRA-Session“ mit einem Überblick der zukunftsorientierten Medientechniken sowie der dazu erforderlichen Marketing- und Organisations-Erfordernisse. Er bezog sich dabei unter anderem auf die Visionen des Roger Fidler in seinem Buch Mediamorphosis. Boris Fuchs sprach über „Voraussetzungen und Konsequenzen für eine bessere Wirtschaftlichkeit im Rotationsmaschinensaal“, wobei er den Einsatz des Unbuntaufbaus (GCR) und dessen Optimierung, die optimale Kombination von Papier und Farbe, den Trocknereinsatz in Hybridmaschinen, die Verbesserung der Farbdichtekonstanz und des Farbregisters sowie die Vorteile der zonenfreien Ein- Der gemeinsame Stand von Agfa und KBA sowie der Stand von Purup-Eskofot. zeitungstechnik April 1998 9 IFRA-AKTIVITÄTEN http://www.ifra.com Van Brackel, Regional Sales Manager von Agfa in Mortsel, B, über Entwicklungstrends in der Vorstufe, insbesondere den Einsatz von CTP und PDF. Strategische Positionierung: elektronische Publikation Der Ausstellungsstand des heimischen Verlages mit der Zeitung „Al-Ittihad“ in Abu Dhabi. färbung und des wellenlosen Druckwerkantriebs mittels Forschungsergebnissen erklärte. Manfred Werfel sprach anschließend über die Rolle von Farbmanagement angesichts der wachsenden Zahl digitaler Bilder, die für den Druck aufbereitet werden müssen. Er erläuterte die Funktionsweise von Farb-ManagementSystemen sowie die Prinzipien bei der Herstellung von Farbprofilen für Scanner, Monitore und Druckprozesse. Abschließend gab er eine Beurteilung des gegenwärtigen Status dieser neuen Farbseparationstechnik. Seine Schlußfolgerung lautete: Farbmanagement funktioniert und ist für die Zeitungsproduktion geeignet, jedoch läßt sich noch viel bei der Workflow-Integration verbessern. Presse und Anzeigenmarkt am Vorabend des 21. Jahrhunderts Gebran Tuéni von An-Nahar in Beirut gab zum Thema „Running a Newspaper in the Year 2000“ ein sehr engagiert vorgetragenes Referat zum besten, das dazu angelegt war, Marksteine in der Region zu setzen und Leitlinien vorzugeben. Er sprach dazu die Synergie zwischen den einzelnen Medien und die Chance zur Diversifikation, aber auch die Notwendigkeit zur internationalen Kooperation an. So sei sein Unternehmen Mitglied im „World Media Network“, worüber Feuilletonartikel, Fotos und Korrespondentenberichte ausgetauscht werden. Walid Azzi, ebenfalls aus dem Libanon, sprach anschließend über die Rolle von Spezialzeitschriften in der arabischen Welt und stellte dabei die hohe Zielgruppenorientierung heraus, die man damit erreicht. Zwischengeschoben wurden als Geste an die Aussteller zwei Vorträge: von Werner Scherpf, Leiter des Drucktechnischen Dienstes und des Druck-Schulungszentrums der Koenig & Bauer-Albert AG in Würzburg, über gegenwärtige Trends im Rotationsdruckmaschinenbau, und Mark 10 Terry Maguire von International Media Development and Council in Washington, D. C., gab in dieser Vortragsgruppe einen ausführlichen Überblick über die Angebote im Internet und die dahinterstehenden Allianzen und Unternehmenszusammenschlüsse. Dr. Hans-Dieter Baumgart, Geschäftsführer der Rheinischen Post in Düsseldorf und Vize-Präsident der IFRA berichtete von den Online-Aktivitäten seines Hauses, die zu steigenden Einkünften geführt haben und in diesem Jahr 50 Millionen DM erwarten lassen. Voraussetzung dazu sei ein bestimmtes Maß an Professionalität und ein gehöriger Schuß jugendlicher Frische sowie der Spürsinn, was im Markt gut ankommt. Man werde sich von Skeptikern nicht irremachen lassen und setze für die Zukunft auf Evolution, Evolution und nochmals Evolution. Patrice Schneider, Deputy Managing Director von Hachette Filipacchi Médias in Paris, präsentierte mit Videounterstützung, wie man weltweit einen Markenbegriff aufbaut und verwendete als Beispiel dazu die Frauenzeitschrift Elle, die in vielen Sprachen fast auf allen Erdteilen erscheint. Man setze damit auf die emanzipierte und doch modebewußte Frau, die sich immer mehr des Internet bedient, weshalb auch eine Online-Ausgabe von Elle im World Wide Web zu finden ist. Die Medien-Industrie in den UAE Die letzte Session war einheimischen Präsentationen vorbehalten – dies auch in arabischer Sprache mit Simultanübersetzung ins Englische, wie es umgekehrt auch den ganzen Kongreß über geschah. Ebrahim Rashed, Übersetzungs- und Redaktionschef der Auslandsabteilung von Al-Ittihad sprach über die Trainings-Notwendigkeiten für Journalisten in den UAE, worüber er auch seine MA-Arbeit an der University of Wales in Cardiff im vorigen Jahr verfaßt hatte. Hier sei noch vieles nachzuholen, um den Nachwuchs zu sichern. Den Abschluß bildete Obeid Sultan, Chefredakteur der Zeitungen von Al-Ittihad zum Thema „Prinzipien der Medien-Strategie in den UAE“, wobei es hauptsächlich um die journalistischen Inhalte und die weltpolitische Lage ging, sowie die Frage, inwieweit man darauf eingehen sollte. Insgesamt war die Konferenz ein großer Erfolg und so wurde nicht nur von Gebran Tuéni in seinem Schlußwort der Wunsch ausgesprochen, daß dies nur der Anfang einer ganzen Reihe von Konferenzen sein möge. „Salãm“ und „Ila l-liqã“ in Abu Dhabi! Boris Fuchs zeitungstechnik April 1998