steglitzer heimat - Heimatverein Steglitz

Transcription

steglitzer heimat - Heimatverein Steglitz
STEGLITZER HEIMAT
Mitteilungsblatt des Heimatvereins Steglitz e.V.
54. Jahrgang . Januar - Juni 2009
Lankwitz Lichterfelde Steglitz Südende
Nr.
1
2009
Die neue Ausstellung im Steglitz-Museum ab 22. März 2009:
Silhouetten und Profile
Die Welt der Scherenschnitte
Ein Wort vorweg …
Es war ein Jahr mit Höhen und Tiefen. Nun liegt 2008
schon mehrere Wochen hinter uns, insgesamt war es hinsichtlich Veranstaltungen und Aktivitäten des Heimatvereins ausgewogen. Einen kurzen Rückblick hat bereits der
Rundbrief zu Weihnachten gegeben. Eine ausführlichere
Rückschau erfolgt in der Mitgliederversammlung am 31.
März in der Schwartzschen Villa.
Nun liegen schon die ersten Etappen des Jahres 2009
hinter uns. Es ist bereits das dritte und damit letzte Jahr in
der Amtszeit des jetzigen Vorstands. Das vorliegende Programm für das 1. Halbjahr
enthält eine Reihe interessanter Veranstaltungen. Ab 22. März startet eine neue
Sonderausstellung über die „Welt der Scherenschnitte“, für die wir auf zahlreiche
Besucher hoffen. Besonders freuen wir uns über Ihren Besuch, liebe Mitglieder und
Freunde des Heimatvereins, und wir hoffen natürlich, dass Sie uns weiter empfehlen. Für die Gestalter einer Ausstellung ist die schönste Belohnung für ihre mühevolle Arbeit nun einmal eine große Zahl von Museumsbesuchern.
Berlin vertraut auf
die Zukunft.
Wir bieten sichere und individuelle Lösungen
für Ihr Geld. Lassen Sie sich persönlich beraten!
Auch wenn der Heimatverein in diesem Jahr bereits seit 25 Jahren in der Drakestraße zu Hause ist, hören wir häufig von Besuchern, die schon viele Jahre in der
Nähe leben, dass sie nur zufällig den Weg zu uns gefunden haben. Wir müssen
also in der Öffentlichkeit und auch in unserer unmittelbaren Umgebung mehr
„Flagge zeigen“. Das soll in der Zukunft einer der Schwerpunkte unserer Arbeit
sein, denn „nur wer sich zeigt, wird auch gesehen“.
Weitere wichtige Arbeitsgebiete betreffen die Fortsetzung der Aufarbeitung unserer Archivbestände für die Internetnutzung, die sich steigender Nachfrage erfreut.
Hinzukommt die Weiterentwicklung unserer Internetseiten: Dabei geht es vor
allem um die weitere inhaltliche Ergänzung, daneben um die Optimierung der Gestaltung.
Zum Schluss: Unser Dank gilt den ehrenamtlichen Mitarbeitern für ihren engagierten Einsatz im Museum und in der Vereinsarbeit. Auch Ihnen, unseren Mitgliedern
und Freunden danken wir für die nachhaltige Unterstützung. Bleiben Sie uns treu
und besuchen Sie mal wieder „Ihr“ Steglitz-Museum in der Drakestr. 64A in Lichterfelde. Es lohnt sich.
Ihr
Wolfgang Schönebeck
3
www.berliner-bank.de
Inhaltsverzeichnis:
Editorial . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3
Vorzugsweise ein Ort für Damen in Lichterfelde, das Rotherstift . . . . . . . . .5
100 Jahre Mädchen Wandervogel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .9
Carl Friedrich von Beyme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .11
Siegfried Lövinson und das Steglitzer Gut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .16
Friedrich Paulsen zum 100. Todestag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .21
Die Steglitzer Bade-Basilika wurde 100 Jahre alt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .26
Steglitz - damals und heute: 1. Folge: Steglitzer Damm 89, 91 . . . . . . . . .30
Die ersten Steglitzer Festwochen 1934 und 1935 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .32
Die historische Straßenbeleuchtung in Berlin-Lankwitz . . . . . . . . . . . . . . . .37
Wo sie ruhen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .45
Lichterfelde-West nach 1945 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .46
Persönliches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .47
Veranstaltungsvorschau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .48
Silhouetten und Profile - Die Welt der Scherenschnitte . . . . . . . . . . . . . . . .50
Impressum
Herausgeber:
Redaktion:
Heimatverein Steglitz e.V.
Angelika Fuhrmann, Thomas Protz,
Wolfgang Schönebeck (V.i.S.d.P.),
Dietrich Seidlitz, Dr. Christian Simon
Geschäftsstelle:
Drakestraße 64 A, 12205 Berlin
Tel.: 833 21 09, Fax: 843 06 309
E-Mail: [email protected]
Internet: www.heimatverein-steglitz.de
Archiv/Museum:
Öffnungszeiten
Montag
16 bis 19 Uhr
Mittwoch 15 bis 18 Uhr
Sonntag 14 bis 17 Uhr (nur Museum)
oder nach Vereinbarung
1. Vorsitzender:
Schatzmeisterin:
Geschäftsführerin:
erweiterter Vorstand:
Wolfgang Schönebeck
Monika Ziwicki
Barbara Paul-Glantz
Johanna Rödiger, Dietrich Seidlitz
Vereinskonto:
Berliner Bank AG (BLZ: 100 200 00)
Kontonummer: 24 80 370 705
4
Bauzeichnung der 1896-98 von Alfred Körner errichteten Wohnanlage. Archiv Geschichtswerkstatt Rotherstift
Vorzugsweise ein Ort für Damen
in Lichterfelde, das Rotherstift
Eines der markantesten historischen Gebäude von Lichterfelde-West befindet sich
etwas abgelegen in der Kommandantenstraße/Ecke Friedrichstraße. Ein fast geheimnisvoll wirkendes neugotisches Bauensemble, teils verborgen durch Büsche
und hohen Baumbestand und zur Straße hin geschützt durch einen kunstvoll
geschmiedeten Gitterzaun. Diese Wohnanlage ist bereits 110 Jahre alt, sie wurde
für bedürftige, unverheiratete Töchter von Beamten und höheren Offizieren in
Preußen erbaut. Der Name Rother-Stiftung geht auf Christian von Rother zurück,
der als Staatsminister und Präsident der Seehandlung deren Errichtung beim preußischen König angeregt und durchgesetzt hatte.
Am 5. Januar 1842 wurde das erste Stiftshaus am Halleschen Thor vor den Toren
Berlins eröffnet, in diesem Haus wohnten 40 Damen, darüber hinaus wurden so genannte Jahrgelder (Renten) vergeben. Im Jahr 1895 wurde der Umzug des Stiftshauses nach Lichterfelde in Angriff genommen. Das erste Stiftshaus hatte mehr als
das Hundertfache an Wert gewonnen, sodass es verkauft wurde. Der Erlös wurde
genutzt, um das 3 ha große Areal in Groß-Lichterfelde zu erwerben, und jetzt konnte mit dem Bau des fächerförmig verbundenen Haupthauses für 45 Personen in
der Kommandantenstraße 9-12 durch den königlichen Baurat Alfred Koerner begonnen werden. Die feierliche Einweihung erfolgte am 5. Oktober 1898, also vor
110 Jahren. Nach Fertigstellung blieb noch rund eine Million Mark übrig, deren Zinsen es gestatteten, die auch bisher gezahlten „Jahrgelder“ (Renten) beträchtlich
5
zu erhöhen. Durch den Ersten Weltkrieg und die nachfolgende Inflation verlor die
Rother-Stiftung den größten Teil ihres Barvermögens. Der Verkauf einiger Parzellen
an der Kommandantenstraße/Ecke Pfleidererstraße und die Überschüsse des
Leihamtes halfen jedoch, die Zeit zu überstehen. Am 5. Oktober 1931 konnte gar
ein zweites Stiftshaus mit 23 Wohnungen in der Köhlerstraße 31 bezogen werden.
Im Jahr 1934 wurde dann das Leihamt nach hundertjährigem Bestehen von der
Stadt Berlin übernommen, und deren Überschüsse entfielen damit für die Stiftung.
Die Stadt verpflichtete sich zwar zu einem Ausgleich, der aber nach dem Jahr 1945
völlig eingestellt wurde.
Die Jahre ab 1940 hat bislang kein Chronist ausreichend bearbeitet, sie beinhalten
allerdings die Zeit, die wir nachhaltig bis in die Gegenwart spüren. Am 13. August
1940 bekam die Stiftung ein neues Statut. Da hieß es dann in § 3 (Zweck der Stiftung), dass nur noch nationalsozialistische zuverlässige deutsche Volksgenossinnen, sofern sie arischer Abstammung und solche bereits verstorbener Väter sind,
Aufnahme in das Stift finden dürfen.
Vor Ausführung der Statutenänderung war die Jüdin Betti Kierski, geb. am 29. Juli
1863, die am 8. Februar 1934 in das Stiftshaus aufgenommen wurde, von dieser
Maßnahme betroffen. Sie musste die Stiftung am 20. Dezember 1938 auf Verlangen der Gauleitung der NSDAP verlassen. Allerdings hat ihr das Kuratorium weiterhin bis zu ihrem Tode am 26. September 1942 in Berlin eine Rente von 15,- RM pro
Monat gewährt. Ob es sich dabei um ein Einzelschicksal gehandelt hat, geht aus
den vorhandenen Akten im Hause nicht hervor. Vielleicht können die Akten beim
Geheimen Preußischen Staatsarchiv hierüber Auskunft geben.
Nach Auslösung des Zweiten Weltkrieges durch das Deutsche Reich im Jahr 1939
und der Eroberung Deutschlands und seiner Hauptstadt Berlin durch die Siegermächte erfolgte dann im Mai 1945 die bedingungslose Kapitulation. Deutschland
wurde in Besatzungszonen aufgeteilt und Berlin gar in Sektoren zerrissen. Lichterfelde fiel dabei an die USA, deren Truppen besetzten das Gebäude der RotherStiftung in der Koehlerstraße. Die Bewohnerinnen mussten das Haus verlassen
und fanden Herberge im Haupthaus (Kommandantenstr. 9-12), in dem jede Wohnung mit zwei Personen belegt wurde. Dies führte dann auch zu sozialen Spannungen, zumal die Damen aus sehr unterschiedlichen Gesellschaftsschichten
stammten und unter dem beengten Lebensraum zu leiden hatten.
Dazu schreibt Käthe Meisner in einem Brief am 16.11.1952:
„Über mein Stiftsdamenleben kann ich Dir nur berichten, dass es an sich gut und
auch praktisch ist und vor allem doch billiger, als wenn ich ein eigenes Zimmer bei
fremden Leuten hätte. Nur, wie immer in meinem Leben, hat es in sofern einen
Pferdefuß, als durch die sehr schlechte finanzielle Lage in Berlin auch dieses Vermögen von den Russen geschluckt ist - wir wurden von den Überschüssen des
6
Schreiben der NSDAP-Gauleitung
Archiv Geschichtswerkstatt Rotherstift
7
Städtischen Leihamtes finanziert und waren das reichste Stift in ganz Berlin - aber
das Leihamt war in der Nähe der Dreifaltigkeitskirche, Kanonierstr. und da sind eben
die Russen. Nun musste man auch hier einsparen und hat deshalb in die reizenden kleinen Wohnungen, die für eine Person gedacht waren und dann direkt ein
Idyll sind, zwei Weibsen setzen müssen, und das ist höchst unerquicklich, da sie
meist aus ganz verschiedenen Schichten kommen und oft recht ungebildete und
schlechte Manieren haben. Ich habe natürlich wie immer in solchen Dingen, auch
wieder Pech gehabt, und das beeinträchtigt manchmal die Gemütlichkeit. Na ja, es
ist eben nicht zu ändern, und man muss sich schicken wie schon das ganze Leben lang.“
Berlin lag in weiten Bereichen in Schutt und Asche, es wurde dringend Wohnraum
gesucht. Das Rotherstift, das weitgehend verschont geblieben war, verzeichnete
rund 250 Bewerbungen, dies entsprach einer Wartezeit von etwa 8 Jahren. Die
Verwaltung befand sich unmittelbar im Haus und wurde durch einen geschäftsführenden Kurator und die Stiftsvorsteherin wahrgenommen. Am 13. Dezember 1949
wurde durch das Kuratorium ein neues Statut verfügt, mit welchem dem Unrecht
des Dritten Reiches begegnet wurde. Außerdem wurde es auf Witwen ausgedehnt,
deren Männer zumeist im Kriege gefallen waren. Das Kuratorium setzte sich aus
den Herren: D. Dr. Otto Dibelius (Bischof), Tecklenburg, Dr. Friedensburg (Bürgermeister), Vogel und Soldat zusammen. Mittelzuflüsse verebbten, die Aktivitäten
der Seehandlung als Preußische Staatsbank und des Leihamtes hatten aufgehört
zu existieren. Das Rotherstift musste alle Rentenzahlungen an die Benefiziantinnen einstellen und von den Bewohnerinnen des Hauses ein Wohngeld fordern.
100 Jahre Mädchen Wandervogel
Wandervogel für Mädchen e.V.
von Groß-Lichterfelde bei Berlin, gegr. am 01. Sept. 1909
Als eigener Verein begann er am 01. September 1909 mit einer Dreitagefahrt in den
Harz unter Leitung der Begründerin Paula Kreßner, Pek genannt. Der Wanderweg
führte von Goslar über Schierke, von Elend, Blankenburg, Treseburg bis nach Thale. Mit dabei waren die Kameradinnen Pek, Zöller, Friedel Vorwerg, Johanna von
Forstner, Erna Zwirner, Elisabeth Hermsen, Frida Wachter, Elisabeth Knothe, Mutter
der Verfasserin, Martha Erbkam, Lotte Zipfel, Irmgard Berlin, die daher Bärchen genannt wurde, und noch neun andere. Eine kleine lebensfrohe Gemeinschaft, die sich
am 21. Dezember 1909 erneut auf den Weg zum Krähenberg bei Potsdam machte. In den folgenden Jahren waren sie regelmäßig an den Wochenenden auf der
Wanderschaft, und in den Ferien ging es auf große Fahrt, so 1912 in den Böhmerwald.
In den Jahren nach dem Krieg bis in das Jahr 2007 hat die Stiftung dauerhaft um
ihre Existenz kämpfen müssen, die Mieten deckten weder die Betriebskosten noch
die Sanierungsmaßnahmen (Umbauten im Altbau und in der Köhlerstraße sowie
Ergänzung mit zwei Neubauten im Jahre 1997). Vorangegangene Verkäufe der
Randflächen in der Pfleiderer- und Köhlerstraße hatten das ursprünglich 3 ha große Grundstück bereits auf etwa die Hälfte reduziert, es entstanden private Zweifamilienhäuser und das Aquinata-Pflegeheim. Das Anwesen Köhlerstaße 31 wurde
von Schöneberger Kirchengemeinden erworben.
Im Oktober 2007 wurde das Restvermögen an die Beamten-Wohnungs-Verein zu
Berlin eG veräußert und trägt seitdem die Bezeichnung Hausgruppe Rotherpark.
Seit dem Jahr 2007 kann sich jede Frau und jeder Mann um Aufnahme in diese
Wohnanlage bewerben. Ich selber wohne bereits seit 1999 hier, engagiere mich in
der Gemeinschaft und leite die Geschichtswerkstatt des Rotherstifts.
Michael Appenroth
Quellen:
Archiv Geschichtswerkstatt Rotherstift
8
Maifahrt 1916 / Anna, Th. Heinrich und Marthchen Möller (v. l. n. r.), im Siethener Elsbruch
(Archiv Heimatverein Steglitz)
9
Die Wandervogel-Mädels von Groß-Lichterfelde bewiesen ein Leben hindurch Zusammengehörigkeit ohne Konkurrenz und ohne Hierarchie, niemals Zank, trotz der
großen Zahl von 40 Mädels, geprägt durch den selbsterwählten Eid auf dem Hohen
Meißner im Jahre 1913.
- War der Wandervogel für Mädchen eine Schwärmerei? Nein, Selbsterziehung und Disziplin prägten ihr Leben. Sie stiegen in das Berufsleben ein - damals etwas Neues, entweder als Lehrerin, zum Teil mit einem Schwimmund Sportexamen in Bonn verbunden, andere studierten, und einige von ihnen promovierten zum Doktor. Ada Klett wurde Professorin am New Yorker College. Olga
Halle-Lilienthal, eine der fünf Töchter von Anna und Gustav Lilienthal, wurde Quäkerin. Die Töchter waren ohne Ausnahme Lichterfelder Wandervögel.
Trotz des Weltkriegs und der Kriegswirren führte die nicht abgerissene Verbindung
zwischen Ada Klett und Olga Halle-Lilienthal zu der weltweiten Care-Aktion 1945/
46 und zu den Einrichtungen der Nachbarschaftsheime.
Das Nachbarschaftsheim im Carstenn-Schloss in Lichterfelde-West (Schlösschen
genannt) wurde zum Nest der 1951 geschlüpften Jung-Wandervögel. Ein Jahr später zum Wandervogel Deutscher Bund. (?)
1954 wurde das Nachbarschaftsheim zum Treffpunkt der Mädchen - Wandervögel
von 1909, nun sich „Lichterfelder Frauen“ nennend. Das oft sehr schwere Dasein
in den dazwischenliegenden Jahren hatte ihr Leben nicht zerstört.
Eine kleine Episode aus dem Wandervogeldasein:
Ada wollte ihre Schwester Thea, die Elevin bei Karl Förster war, in Potsdam besuchen. Sie und die anderen Wandervogel-Mädels kletterten über den Zaun und
gerieten direkt in die Arme des berühmten Staudenzüchters. „Was sucht ihr hier?“,
wurde gefragt. Ada, um die Antwort nicht verlegen: „die Blumenschönheit“, und
meinte ihre Schwester.
Wiederum für andere waren jegliche Formen der Kunst, der Erziehungsreformen,
der Land- und Gartengestaltung, der Religion, der Politik, Schwerpunkte ihres Lebens, auch die Ferne; das Ausland: China, Japan, Amerika, Brasilien, Afrika, Frankreich, England usw. ….
Kein Zaun war ihnen in ihrem Leben zu hoch.
Carl Friedrich
von Beyme
Wer war Carl Friedrich von Beyme?
Sein Name ist allgemein bekannt als
Bauherr des so genannten Wrangelschlösschens in Steglitz, nach ihm
wurde eine Straße benannt und im
Heimatverein hängt ein repräsentables Ölbild dieses Adligen, das wenig
Beachtung findet. Ich will versuchen,
ein Bild dieser herausragenden Persönlichkeit wiederzugeben, die vor rund
zwei Jahrhunderten hier gelebt hat.
Blicken wir zunächst zurück auf die
Jahre nach 1819. Beyme bewohnt seit
kurzem dauerhaft sein Schlösschen in
Steglitz, das von einem gepflegten
Park umgeben ist. Er ist ein kundiger
Landwirt, kümmert sich um Aussaat
und Ernte und versucht sich sogar im
Weinbau. Wie bei all seinem Tun in seinem bisherigen Leben betreibt er
auch diese Tätigkeit mit Interesse und
Engagement. Er entlohnt seine Hilfskräfte, denn er hatte seine Steglitzer
Bauern bereits 1805/1806 aus der
Leibeigenschaft entlassen. Daher gibt
es schon seit 1806 eine selbständige
Gemeinde Steglitz.
Carl Friedrich von Beyme (1830)
(Archiv Heimatverein Steglitz)
Aber nicht nur seine Ländereien beschäftigten den Hausherrn. In seinem Schlösschen, das David Gilly entworfen hatte und unter der Leitung von Heinrich Gentz
1804 gebaut worden war, befand sich eine umfangreiche Bibliothek, die Beyme mit
großem Interesse nutzte. Er bevorzugte die lateinischen Klassiker, insbesondere
den Historiker Tacitus, er sprach französisch, englisch und italienisch. Und im Alter
hat er noch spanisch gelernt, um den Don Quichote im Urtext lesen zu können.
Edmuth Kuckenburg-Knothe
Die Nähe seines Wohnsitzes zu Berlin machte es möglich, gute Beziehungen zum
Zentrum des preußischen Geschehens aufrechtzuerhalten. Viele Gäste mit
bekannten Namen sind in Steglitz aus- und eingegangen, vornehmlich Vertreter
10
11
von Wissenschaft, Kultur und gehobener Verwaltung. Auf Betreiben Alexander von
Humboldts fand hier 1828 eine Versammlung namhafter Naturforscher der Zeit
statt. Zu den Teilnehmern zählten außer Humboldt der Mathematiker Gauß, der
Geograph Ritter, der Dichter und Forschungsreisende Chamisso.
Beyme hat aber auch zusammen mit seiner Frau weite Reisen unternommen. Er
ist in der Schweiz und in Italien gewesen und hat sich längere Zeit in Österreich
aufgehalten.
Dieses in vieler Hinsicht reiche und vielfältige Leben war Beyme nicht in die Wiege
gelegt worden. Er war der Sohn eines Regimentschirurgen, geboren am 10. Juli
1765 in Königsberg in der Neumark. Frühzeitig fiel er unter seinen zahlreichen
Geschwistern als hoch begabt auf. Und dank seiner klugen und tüchtigen Mutter
- der \/ater war früh verstorben - wurde er für einige Jahre auf die damals höchst
angesehenen Franckeschen Stiftungen in Halle geschickt, die in christlichem und
tolerantem Geist geführt wurden. Hier erhielt der junge Beyme seine charakterliche Prägung, die sein Denken und Handeln bis zu seinem Tod bestimmt haben.
Nach einem glänzenden Abschluss des nachfolgenden Jurastudiums in Halle
wurde der Dreiundzwanzigjährige 1788 mit der Stelle eines Assessors am Berliner
Kammergericht, dem höchsten preußischen Gerichtshof, betraut, und nach sehr
erfolgreicher Tätigkeit auch dort berief ihn König Friedrich Wilhelm III. 1798 als Kabinettsrat für das Justizwesen in die Regierung.
Beyme trug Verantwortung in hohen und höchsten Ämtern in schwerster Zeit. Er
war am Vorabend einer Zeitenwende geboren worden: Ausgelöst durch Aufklärung
und Französische Revolution, war die geistige Welt erfüllt vom Bild eines neuen
Menschen, des freien, mündigen Bürgers in Stadt und Land. Und der vom Machtrausch besessene französische Feldherr Napoleon zerstörte im Handstreich die in
Jahrhunderten gewachsene Ordnung Europas.
Die revolutionären französischen Ideen hatten auch den jungen Beyme tief beeindruckt, und er hat sich als Jurist, wo immer er tätig war, um die Umsetzung dieser
Ideen in die Realität, um Reformen, insbesondere um die Bauernbefreiung, erfolgreich bemüht. Als Kabinettsrat, als Präsident des Kammergerichts, als Justizminister und Großkanzler hat er bis 1810 wesentlichen Einfluss ausgeübt auf den
König und die preußische Politik. Doch große Erfolge waren ihm nicht beschieden.
Er hat es hinnehmen müssen, dass man die Katastrophe von 1806, die totale Vernichtung der preußischen Armee und die Besetzung des Landes durch die französische Soldateska, im Wesentlichen ihm anlastete. Er hatte damals geglaubt, im
Bunde mit Frankreich gegen Österreich und Russland Preußen „durchwinden“ zu
können. Das war eine folgenreiche Fehleinschätzung. Er besaß nicht den politischen Weitblick und das Durchsetzungsvermögen eines Reichsfreiherrn vom Stein,
Beymes persönliche Verhältnisse hatten sich inzwischen verändert. Er hatte 1791
geheiratet, und dank der Mitgift seiner Frau war es ihm möglich geworden, Grundbesitz zu erwerben. 1801 kaufte er Gut und Dorf Steglitz, 1804 folgte der Erwerb
von Dahlem.
Beyme hat ca. 17 Jahre im Regierungsgeschäft verbracht, viele Jahre in höchster
Position und in nächster Nähe zum König. Doch in der Welt, in die er durch sein
neues Amt versetzt worden war, die von der Rangordnung des Adels geprägt wurde, fand der Kabinettsrat, der aus bescheidenen Verhältnissen aufgestiegen war,
nur schwer die gebotene Anerkennung. Er war klein und von gedrungener Gestalt.
Nur seine großen dunklen Augen waren beeindruckend. Ihm wurden gelegentlich
Herrschsucht, Eitelkeit und mangelnder Takt nachgesagt, sicherlich nicht immer zu
Unrecht. Und nicht nur Stein und Hardenberg empfanden Abneigung gegen ihn.
Zu seinem König, der fünf Jahre jünger war als er selbst, pflegte Beyme ein von
Verehrung und gegenseitigem Vertrauen getragenes Verhältnis. Das bewährte sich
in besonderer Weise, als nach der Katastrophe von Jena und Auerstedt 1806
Friedrich Wilhelm Ill. mit seinem Hof in den äußersten Winkel Preußens, nach Memel fliehen musste. Beyme blieb an seiner Seite und, wie die Königin schrieb, habe
nur er es vermocht, den König von seiner Verzweiflung abzulenken.
12
Gäste Carl Friedrich von Beyme`s anlässlich einer Naturforscher-Versammlung in Steglitz 1828. (Archiv Heimatverein Steglitz)
13
der etwas später für eineinhalb
Jahre die Führung des Staates
übernahm und in kurzer Zeit
grundlegende Reformen für ein
erneuertes Preußen in Gesetzeskraft umzuwandeln wusste. Beyme war in der großen Politik der
Mann für die zweite Reihe, einer,
der sich durch Bildung und sein
ungewöhnlich breit gefächertes
juristisches Wissen, das der inneren Verwaltung zugute kam, auszeichnete. Diese zu nutzen hatte
er Gelegenheit 1813-1814 als Zivilgouverneur von Pommern. Später
wurde er u. a. mit einer Justizreform in den Rheinprovinzen beauftragt.
schen verloren habe, lautete die Begründung. War vielleicht Beyme der geistige
Vater dieser Erkenntnis? 1810 wurde in Berlin die Universität eröffnet, Beyme hatte
dieses Projekt, das ihm so sehr am Herzen lag, bis 1808, bis er Präsident des Kammergerichts wurde, vorangetrieben. Sein Nachfolger war Wilhelm von Humboldt,
dessen Namen die Hochschule seit 1949 trägt.
Bedeutender als seine politische
Tätigkeit, aber weniger bekannt,
sind Beymes Bemühungen, in
Preußen einen Mittelpunkt des
geistigen Lebens zu schaffen.
Schon als junger Kabinettsrat zu
Beginn des neuen Jahrhunderts
trat er mit herausragenden PerFriedrich-Wilkelms-Universität zu Berlin,
sönlichkeiten seiner Zeit in VerStudienbuch der Autorin (1942/43)
bindung, u. a. mit dem jungen Philosophen Fichte, mit Schelling,
mit Thaer und Hufeland, mit Johannes von Müller, damals sehr bekannte Namen.
Er förderte den Schauspieler Iffland, ebenso auch die Singakademie unter Zelter.
Schiller war einst bei ihm in Potsdam zu Gast, ehe der König den Dichter in Sanssouci empfing, um ihm eine sorgenfreie Existenz in Preußen anzubieten.
Auf seinem Landsitz nahe der Stadt verbrachte Beyme noch viele Jahre, die bereichert wurden durch das innige Verhältnis, das er mit seiner Tochter Charlotte von
Beyme pflegte. Sie war von klein auf sein geliebtes Kind gewesen. Und als verheiratete von Gerlach wurde sie schließlich seine Erbin. Ein Sohn war mit dreieinhalb
Jahren verstorben.
Beyme hat aber auch Kontakte gepflegt zu den jüdischen Salons in Berlin, wo die
Intelligenz der Stadt sich traf, und wo philosophische wie künstlerische Fragen
diskutiert wurden. Rahel Varnhagens Ehemann war sein geistiger Freund.
Ich danke Dietrich Seidlitz für seine Recherchen im Internet.
Nach der Niederlage von 1806, als Preußen um seine Existenz bangen musste, geschah etwas äußerst Unerwartetes: Der König beauftragte Beyme, Vorschläge zur
Gründung einer Universität in Verbindung mit der Akademie der Wissenschaften
auszuarbeiten. Der Staat müsse durch geistige Kräfte ersetzen, was er an physi14
Am letzten Dezembertag des Jahres 1819 schied Beyme endgültig aus dem
Staatsdienst aus. Mit ihm andere Reformer der Zeit, so auch Wilhelm von Humboldt und der Kriegsminister Boyen. Die Reformgegner hatten sich nach dem Wiener Kongress 1815 und den Karlsbader Beschlüssen 1819 auch in Preußen durchgesetzt, Beyme hat seine Entlassung schwer getroffen, „mit zerrissenem Herzen“
habe er die Nachricht aufgenommen, heißt es in einem seiner Briefe.
Von nun an lebte er in Steglitz, ausgestattet mit einem staatlichen Gehalt und geehrt durch die Verleihung des erblichen Adels im Jahre 1816, ein Privilegium, das
er nie angestrebt hatte. Und in Anbetracht seiner Verdienste um die Gründung der
Berliner Universität verlieh ihm die Hochschule als Ausdruck ihres Dankes die
Ehrendoktorwürde, den Doctor honoris causa.
1828, nach 73 erfüllten Jahren, fand das Leben dieses geistreichen und engagierten Preußen sein Ende, eines Christen im Geiste Luthers, eines Menschenfreundes.
In Dahlem, vermutlich im damaligen Gruftanbau der St.-Annen-Kirche, fand Beyme
seine letzte Ruhestätte. 1894 wurden sein Sarg und der seiner Frau nach Pasow
(Wartenberg) in Ost-Pommern überführt, an den Ort, in dem seine Tochter mit ihrer großen Familie gelebt hatte.
Erika Reinhold
Literatur
Werner von Beyme, Carl Friedrich von Beyme, Berlin 1987
Hans Saring, Carl Friedrich von Beyme, in: Jahrbuch für Brandenburgische Landesgeschichte VII, 1956
Carl Philipp Melms, Chronik von Dahlem, Berlin 1957 und 1982 Akte des Landesarchivs
Berlin, Findbücher Rep. 212, Bd. 1, S. 86 - 89 (Beyme`sches Patrimonial-Gericht zu Steglitz)
„Rezess“ zwischen Beyme und den Bauern von 1806, angedruckt in: 1. Verwaltungsbericht der Landgemeinde
Steglitz, 1911
15
Siegfried Lövinson
und das Steglitzer Gut
Der Gutshof und der Gutspark umfassten zur damaligen Zeit ein Areal, das zwischen der Wrangel- und der Braille- (früher Kurfürstenstraße) sowie zwischen der
Rothenburg- und der Schloßstraße lag.
Ein Streifzug durch die Zeit der Begeisterung für die
Deutschen Einigungskriege (1866-1890)
Der Weinberg zwischen der Rothenburg- und der Lepsius- (früher Fichtestraße)
kam später in den Besitz der Preußisch-Königlichen Blindenanstalt. Heute wird das
Grundstück von der Zeunepromenade begrenzt, damals ein sandiger Weg von der
Bäke begleitet, der hoch zum Fichtenberg und zur Bäke-Quelle führte.
Als der Königlich Preußische Domänenfiskus im Mai 1872 das Restgrundstück der
Domäne Steglitz zum Kauf anbot, waren von den 89 Parzellen des Fichtenbergs
bereits 20 verkauft. Den Gutshof, auf welchem sich das Gutshaus und neun zum
Teil zum Abbruch bestimmte Wirtschaftsgebäude befanden, und den Gutspark, der
im englischen Stil angelegt war, hatte der Kaufmann Siegfried Lövinson 1871 erworben. Ferner erwarb er den ehemaligen Weinberg, der jetzt mit Obstbäumen
bepflanzt war.
Im Situationsplan vom Königlichen Domänen-Vorwerk Steglitz im März 1872 ist
„Löwinson“ bereits als Eigentümer der Parzellen Nr. 1 und Nr. 20 eingetragen. Der
Schreibfehler im Namen, mit „w“ geschrieben, ist dem Königlichen Kataster-Kontrolleur Pohl anzulasten.
16
Doch kehren wir zu Siegfried Lövinson zurück. Er und sein älterer Bruder Louis Lövinson, aus einer wohlhabenden jüdischen Kaufmannsfamilie in Danzig stammend, gründeten 1858 in Berlin eine Fabrik für geschnitzte
Möbel aus Eichenholz. Die Firmierung ist der
nachstehenden Annonce aus dem Jahr 1864
zu entnehmen. Es war das Jahr des DeutschDänischen Krieges, dessen siegreiches Ende
mit einem prächtigen Truppeneinzug durch
das Brandenburger Tor und „Unter den Linden“ gefeiert wurde. Hier im Haus Nummer 8
hatte die „RENAISSANCE Kommanditgesellschaft für Holzschnitzkunst“ ihre Geschäftsräume, und so konnte man aus unmittelbarer Nähe den großen Jubel der Berliner miterleben, mit dem sie die siegreichen
Soldaten empfingen. Siegfried Lövinson war
von so hoher patriotischer Begeisterung
über den glänzenden Verlauf des Krieges erfüllt, dass er das Holz erbeuteter Lafetten
von der Heeresverwaltung erwarb und daraus allerhand kleine Andenken in der Fabrik
schnitzen ließ, die zu Gunsten der Kriegsopfer verkauft wurden.
Siegfried Lövinson
Das Geschäft hatte in dieser Zeit einen guten Aufschwung genommen. Das Unternehmen gehörte zu den begehrtesten Einrichtungsfirmen in Berlin und in Deutschland. Im Hause verkehrten namhafte Architekten und Persönlichkeiten. Wilhelm I.
beauftragte gern lokale Firmen, so auch die „RENAISSANCE Kommanditgesellschaft für Holzschnitzkunst“ der Gebrüder Louis & Siegfried Lövinson.
Siegfried Lövinson stattete seinen Steglitzer Sommersitz ebenso geschmackvoll
und komfortabel mit geschnitzten Möbeln aus eigener Produktion aus wie schon
17
seine Häuser in Berlin und in Charlottenburg. Die Familie wohnte in Charlottenburg
am Luisenplatz Nr. 1. Erst zwei Jahre später zog sie wieder nach Berlin in die Dorotheenstraße Nr. 28.
Im Jahr der Firmengründung heiratete er Rosalie Hirschberg. Mit ihr hatte er sieben Kinder. Oskar, das zweitjüngste Kind, wurde in dem Jahr geboren, in dem der
Vater das Anwesen in Steglitz erwarb. Martin (12) war der älteste, danach folgten
Emil, Henriette (9), Hermann, Teodore und Oskar. Die siebente im Bunde, Johanna,
wurde 1873 geboren. [Die Namensnennung erfolgte in der Folge der Geburt der
Kinder; nur von dreien waren das Geburts- und das Sterbejahr zu erfahren.]
Dr. Martin Lövinson, der älteste Sohn, schreibt in seinen Aufzeichnungen: „So bin
ich denn in meiner Erzählung bis zum Jahre 1871, d. h. bis zu meinem 12. Lebensjahr gekommen, und ich muss nun den Abschied von diesen in der Erinnerung
schönsten Jahren nehmen.“ Der Steglitzer Sommersitz wird in den Aufzeichnungen nicht erwähnt. Er schreibt darin, dass „der Haushalt der Eltern den Charakter
eines recht wohlhabenden, wenn auch nicht üppigen Bürgerhauses angenommen
hatte. Die Mittel dazu gewann unser Vater durch das sichtlich aufblühende Geschäft. Man kann sich heute kaum noch vorstellen, wie meine Mutter es fertigbrachte, neben dem Fortgang der Wirtschaft auch die vielen Gäste in jeder Weise
aufmerksam aufzunehmen.“
Haben die Lövinsons in Steglitz ein großes Haus geführt oder hier die Ruhe in dem
schönen und weitläufigen Gutspark sowie in der ländlichen Umgebung von Steglitz
gesucht? Wohlhabende Steglitzer schickten damals schon ihre Kinder mit der Eisenbahn in die Berliner Schulen. Warum nicht auch die älteren Kinder Martin, Emil
und Henriette, lag doch die Eisenbahnstation gar nicht weit vom Gutshof? All das
bleibt Spekulation.
Schauen wir auf die politischen, sozialen und wirtschaftlichen Veränderungen in
jener Zeit. Die Beseitigung des Zunftzwanges in seinen letzten Ausläufern hatte es
ermöglicht, sich geschäftlich den Wünschen des Publikums ganz frei anzupassen,
so gingen aus der Fabrik neben den Möbeln auch Uhren und Musikinstrumente,
Elfenbeinschnitzereien und Ähnliches hervor. Mit solchen Neuheiten bezog das
Geschäft anfangs die Leipziger Messe, später aber die in jenem Jahrzehnt aufkommenden Welt- und Landesausstellungen. So findet sich der Name der Firma
unter den Ausstellern in London 1863, aber auch auf der großen Weltausstellung
1867 in Paris.
In den ereignisreichen Jahren der Reichsgründung „Bismarcks Deutschland 18661890“ blieben dem Unternehmen Schwierigkeiten nicht erspart, während der Kriege mit den unvermeidlichen Kredit- und Absatzstockungen sowie einem verheerenden Brand, der in der Neujahrsnacht 1868/69 die Fabrik in Asche legte, und
18
dann nach dem Kriege 1870/71 ein großer Streik der Arbeiter der ganzen Branche.
Als der Möbelverkauf stockte, gleichzeitig aber die Cholera drohend in Berlin auftrat und in der noch nicht kanalisierten Stadt Schrecken verbreitete, erfand Siegfried Lövinson ein Desinfektionsmittel, das aus Torfstreu und Eisenvitriol bestand,
und in die in Wohnungen fast allgemein im Gebrauch stehenden Nachtstühle geschüttet werden sollte. Der Verkauf geschah in großen Papiertüten mit der Aufschrift „Antimiasmaticum“.
Der siegreiche Deutsch-Französische Krieg 1870/71 hatte die politischen und sozialen Verhältnisse im Land verändert. Es fand seinen Abschluss in dem ruhmreichen
Frankfurter Frieden und der Gründung des neuen Deutschen Kaiserreiches. Der
Einzug der stolzen Truppen in die neue Kaiserstadt war überwältigend. Der Weg
führte vom Kreuzberg über die Belle-Alliance-Straße (heute Mehringdamm), die
Königgrätzer Straße (heute Stresemannstraße), am Potsdamer Tor vorbei durch
das Brandenburger Tor nach den Linden. Den Schlussakt bildete die Enthüllung
des Denkmals für Friedrich Wilhelm II. gegenüber dem Stadtschloß. (Es wurde im
Zweiten Weltkrieg zerstört.)
Durch das Gesetz über die Gleichberechtigung der Bekenntnisse vom Jahre 1869
waren in ganz Deutschland nunmehr die Schranken für Juden gefallen, die in den
Gesetzen gegen den Zugang zu Ämtern für sie aufgerichtet waren; man konnte
nicht ahnen, dass die Gesellschaft und die Praxis der Behörden noch lange diese
Schranken beachten und neue aufrichten würden. In der Familie Lövinson und in
dem Freundeskreis waren die Freude und die Hoffnung eine fast unbeschreibliche.
Nicht, dass jeder Jude eine Staatsstellung ersehnt hätte; aber dass das Gefühl der
grundsätzlichen Entrechtung, eines Helotentums, von ihnen genommen schien, das
hob den Sinn und spornte zu Leistungen im Dienste des Vaterlandes an.
Im Juni 1872 war die Kommanditgesellschaft von den Brüdern in die
RENAISSANCE Aktiengesellschaft
für Holzarchitektur und Möbelfabrikation mit einem Grundkapital von
500.000 Talern überführt worden.
Die Gründer waren Siegfried Lövinson und drei weitere namhafte Persönlichkeiten. Als Direktoren fungierten die bisherigen Gesellschafter Louis Lövinson und Robert
Kemnitz. Im Prospekt wurden gleich
14 % Dividenden zugesichert, daher sollten von den Vorbesitzern
30.000 Taler zugeschossen werden.
Annonce aus dem Jahr 1864
19
Siegrfried Lövinson verkaufte so gleich drei Grundstücke in der Holzmarktstraße
(Berlin - Mitte) für 280.000 Taler an die neue Gesellschaft, die er zuvor für 160.000
Taler erworben hatte. Die auf den Grundstücken lastenden Hypotheken hatte er
dabei verschwiegen. Man spekulierte darauf, dass die Berliner Stadtbahn die
Grundstücke für den Ausbau der Stadtbahntrasse benötigen würde. Leider ein Irrtum, man blieb auf den Grundstücken sitzen.
Zwei Jahre später schloss die Aktiengesellschaft mit einem Verlust von 112.000
Talern ab. Erst 1875 auf der Generalversammlung kam es zu ersten Enthüllungen
und die Staatsanwaltschaft wurde eingeschaltet. Die Gesellschaft hat das Ende
der 1870er Jahre nicht mehr erlebt.
Im Steglitzer Adressbuch von 1875 wird Siegfried Lövinson als Direktor und Eigentümer der Schloßstraße 36 (heute 48) und mit seiner Berliner Anschrift Dorotheenstraße 28 geführt. Bereits vier Jahre später wird das schöne Steglitzer Anwesen
versteigert. Den Zuschlag erhielt 1879 die Norddeutsche Grund Credit Bank.
Siegfried Lövinson war danach kein armer Mann, denn in den Berliner Adressbüchern der nachfolgenden Jahre ist er als Eigentümer der Gasanstalt Eisleben zu
finden. Er starb 1907 in Berlin als Privatier.
Friedrich Paulsen
zum 100. Todestag
Friedrich Paulsen, seinerzeit wohnhaft auf dem Fichtenberg in Steglitz, war Professor für Philosophie und Pädagogik an der Friedrich-Wilhelms-Universität. Geboren
wurde er am 16. 07. 1846 in Langenhorn (Nordfriesland), er verstarb am 14. 08.
1908 in Steglitz und erhielt auf dem Alten Kirchhof der Matthäus-Gemeinde, der
sich in Schöneberg befindet, ein Ehrengrab.
Schon zu seinen Lebzeiten, 1901, benannten die Steglitzer eine Straße nach ihm,
und das am 8. Oktober 1908 eröffnete Gymnasium in der Gritznerstraße erhielt zu
seiner Erinnerung seinen Namen.
Seit dem Sommersemester 1875 hielt er zunächst als Privatdozent Vorlesungen in
Philosophie. Seinen großen Durchbruch und beruflichen Erfolg hatte Friedrich
Paulsen aber im Bereich der Pädagogik. Nachdem er sich der geschichtlichen
Betrachtung des deutschen Bildungswesens, der verschiedenen Ideale und thematischen Schwerpunkte, wie sie seit der Zeit Karls des Großen vermittelt wurden,
zugewandt hatte, war er 1878 zum außerordentlichen Professor ernannt worden.
Dietrich Seidlitz
Quellen:
Dr. Martin Lövinson, Geschichte meines Lebens, Teil 1, Die goldene Jugendzeit. Berlin 1924
A54 Holzverarbeitung, Möbel und Musikinstrumente, Papierindustrie, Verlagsgesell-schaften.
Akademie Verlag, Möbel des Spätbiedermeier und Historismus von Jörg Meiner 2007
Zentale Landesbibliothek Berlin, Lexikon Berliner Straßen und Plätze
Kulturamt Steglitz-Zehlendorf, Das Schlosspark-Ensemble in Steglitz.
Archiv, Heimatverein Steglitz
Prospect zum Verkaufe eines Theiles des Restgrundstücks der Königlichen Preußi-schen Domaine Steglitz bei
Berlin, Mai 1872
1885 erschien die erste Auflage seines Werks „Geschichte des gelehrten Unterrichts auf den deutschen Schulen und Universitäten vom Ausgang des Mittelalters
bis zur Gegenwart“. In dem letzten Kapitel zu den gegenwärtigen Fragen sprach er
sich auch für die Weiterentwicklung des Realschulwesens aus. Seitdem war er als
ein Reformer bekannt. Paulsen vertrat aber keine extremen Positionen, er war ein
gemäßigter Reformer. Als einen Höhepunkt beschreibt er selbst seine Teilnahme
als Referent an der Schulkonferenz im Jahre 1890, der Dezemberkonferenz. Das
Thema dieses Fachkongresses war die Reform des humanistischen Gymnasiums,
des Realgymnasiums und der Realschule. Kaiser Wilhelm II. wollte bekanntlich
„nationale junge Deutsche erziehen und nicht junge Griechen und Römer“, wie er
in seiner Eröffnungsrede zur Schulkonferenz verkündete. Nach seinem Willen hätten die humanistischen Gymnasien deutscher und die Realgymnasien abgeschafft
werden sollen.
Dennoch war am Ende der Konferenz unter den gefassten Beschlüssen auch dieser. Im letzten Augenblick eingebracht, wurde der Antrag von der Versammlung im
Drang des Aufbruchs einstimmig angenommen: „Bei der notwendigen Regelung
des Berechtigungswesens ist zu erstreben, dass eine möglichst gleiche Wertschätzung der realistischen Bildung mit der humanistischen angebahnt werde.“
Und was auf den Konferenzen beschlossen worden war, floss dann in den königlichen Erlass ein.
20
21
In den Diskussionen der folgenden Jahre wurde Paulsen von Althoff aus dem
Kultusministerium, der ja auch Nachbar in Steglitz war und zu dem die meiste Zeit
eine freundschaftliche Beziehung bestand, wiederholt als fachlich kompetenter
Berater zu Fragen der Schulorganisation herangezogen. Für Paulsen war es nicht
eine Frage des entweder Humanismus oder Realismus, sondern die jeweils andere Schulart neben sich anzuerkennen. So setzte sich Paulsen für die gleichberechtigte Stellung der naturwissenschaftlich orientierten Realgymnasien mit den
altsprachlich orientierten humanistischen Gymnasien ein. Weitere Anliegen waren
ihm u. a. die freiere Gestaltung des Unterrichts auf der gymnasialen Oberstufe.
Was er vorschlug, kennen viele von uns aus eigener Erfahrung: 1. Ausbau des Systems der Kompensation minderer Leistungen in einem Fach durch sehr gute oder
hervorragende in einem anderen durch die Wahl von Neigungsfächern. 2. Größere
selbstständige Ausarbeitungen über einen frei gewählten Gegenstand. 3. Freie
Studientage, an denen es dem Einzelnen überlassen ist, einem Gegenstand seiner
Wahl freie Arbeit zu widmen. 4. Wissenschaftliche Sodalitäten der Schüler, Verbände zur Förderung wissenschaftlicher oder literarischer Interessen (Paulsen kannte
den Begriff AG, Arbeitsgemeinschaft noch nicht). Zur Leistungsbewertung stand
auch schon das Punktesystem bereit.
Nun stellt sich zu einem solchen Jubiläum unweigerlich die Frage, was würde
Friedrich Paulsen zu den Problemen und der Organisation des heutigen Schulwesens sagen? Nein, konkrete Antworten, etwa auf die Verkürzung der Schuljahre
von dreizehn auf zwölf Jahre, oder die Vereinheitlichung der Prüfungsfragen darf
man nicht erwarten.
Aber: In seiner Widmung der zweiten Auflage des 'Gelehrten Unterrichts' von 1896,
gerichtet an seinen Freund Friedrich Reuter, fand ich eine passende - weil menschliche und daher zeitlose - Antwort. Dort schreibt er: „Du hast mir gezeigt, was in
der Jugendbildung allein wesentlich und wahrhaftig wirkt: die lebendige Teilnahme
des Lehrers für die Sache und für die Schüler. Sie weckt lebendige Kräfte in den
Seelen. Der Lehrplan tut's nicht, und auch der Lehrstoff und die Methode tut's
nicht, die vollkommenste Methode und der schönste ‚Gesinnungsstoff' ist tot an
ihm selber. Noch weniger tun's Aufsicht und Kontrolle. Der Mensch tut's, der, selbst
von der Sache erfüllt, den der Menschenseele eingebornen Trieb zum Wahren und
Guten und Schönen zu wecken weiß.
Hierfür aber ist Freiheit die Bedingung. Freie Selbständigkeit ist das Wesen des
Geistes. Darum ist Freiheit die Lebenslust der Schule; ohne sie kann Lehren und
Lernen nicht gedeihen. Ein mechanistischer Unterrichtsbetrieb, der mit den Mitteln
der Aufsicht und des Zwangs Lehrer und Schüler auf der hartgetretenen Straße
gebotener und kontrollierter Pensenarbeit vorwärts treibt, der tötet Lust und Liebe
und mit ihnen das Leben. Freilich, Jugend hat eine zähe Lebenskraft; ist in der
Schule kein Raum für Lebendiges, so sucht und findet sie es außerhalb. Aber der
Schule und dem Lehrer, der in ihr seinen Lebensberuf hat, wird mit der Freiheit die
22
Friedrich Paulsen um 1906
23
Freude an der Arbeit, die Freude am Leben genommen: denn was hat der Mensch
vom Leben, als daß er froh sei bei seiner Arbeit?“
Der so schreibt, war bis zu seinem 16. Lebensjahr in zwei Volksschulen seines Heimatdorfs in Nordfriesland gegangen. Der erste Lehrer nutzte den hochbegabten
Friedrich, der schon vor der Einschulung lesen konnte, als „Untergehülfen“. Der
zweite Lehrer, Küster Brodersen, begeisterte die Kinder, da er nicht nur das
Gedächtnis, sondern auch den Verstand ansprach. Damit er in die Sekunda des
Altonaer Gymnasiums wechseln konnte, gab ihm der Pastor von Langenhorn zunächst Einzelunterricht in Latein und nach der Konfirmation, zusammen mit einem
weiteren Kandidaten für das Gymnasium, Griechisch, Hebräisch, Französisch, Englisch und Dänisch. Eigentlich hätte er in Langenhorn den väterlichen Bauernhof
übernehmen sollen - aber er wollte studieren. Und den Begriff ‚Überbürdung', der
später in Berlin das Schlagwort der Forderungen einer Schulreform war, kannte
man in Langenhorn nicht. Nachdem er 1866 die Abiturprüfungen abgelegt hatte,
schrieb er sich an der Universität ein, und es begann nun, man würde es wohl heute eine Orientierungsphase nennen. Nach drei Semestern Theologie in Erlangen
und ersten Erfahrungen in einer Burschenschaft wechselte er zur Philosophie und
zog nach Berlin. Er las Langes „Geschichte des Materialismus“, ein Buch, das ihm
zunächst viel bedeutete, und er begeisterte sich für die Reden Ferdinand Lasalles.
Er studierte ein Semester in Bonn und verbrachte ein weiteres halbes Jahr in Kiel,
wo sein Freund Reuter lebte. Nachdem er nach Berlin zurückgekehrt war, intensivierte er seine Studien und promovierte 1871 bei Professor Trendelenburg mit historisch-kritischen Beiträgen zu den Systemen der Moralphilosophie.
Trendelenburg war einer der wenigen, die auch zu Pädagogik lasen. Als sein Doktorvater verstorben war, entstand hier eine Lücke, sechs Semester lang war gar
nicht über Pädagogik gelesen worden, und so wurde Paulsen gefragt, ob er das
übernehmen wolle. Er nahm die neue Aufgabe zum Wintersemester 1877/78 an
und arbeitete aus den Vorlesungen die oben genannte historische Untersuchung
aus, die später erweitert wurde.
Auch die Vorlesungen in Philosophie arbeitete er schriftlich aus. Seine beiden
Hauptwerke sind „System der Ethik“, erste Auflage 1889, und „Einleitung in die
Philosophie“, erste Auflage 1892. Diese entstanden bereits in der Villa in Steglitz,
in die die Familie Paulsen 1887 einziehen konnte.
Im Jahre 1893 wurde er zum ordentlichen Professor für Philosophie und Pädagogik
ernannt. Seine Vorlesungen waren im Laufe der Jahre immer stärker besucht. Er
zählte bis zu 268 Hörer, damals eine hohe Anzahl. Von seinen vielen Hörern und
Schülern seien nur drei bekannte Namen genannt: Eduard Spranger, Ferdinand
Tönnies und Albert Schweitzer.
24
Spranger gibt uns einen Eindruck von der Atmosphäre im Hörsaal. Spranger meint,
Paulsen sei kein brillanter Redner gewesen, er hätte eine auffallend zarte Stimme
gehabt, was man bei seiner stattlichen Figur nicht unbedingt vermutete. „Im Sitzen
sprechend, zog er die Anwesenden in ein intimes Gespräch hinein, dem sie folgen
konnten; und sie spürten, daß sie die Sache anging.“
Friedrich Paulsen seinerseits ging die Sache auch an. Als Universitätslehrer, als
Experte, fühlte er sich verpflichtet, besonders in der Diskussion um die Schulreformen öffentlich das Wort zu ergreifen. Er hielt Vorträge, schrieb Artikel für Fachzeitschriften und für Tageszeitungen. In der Steglitzer Gemeinde war er Mitglied des
Kuratoriums für die höheren Lehranstalten.
Wer über den privaten Paulsen mehr erfahren möchte, dem sei die neue, aus dem
Nachlass erweiterte Ausgabe seiner Autobiografie empfohlen, die das Nodfriisk
Instituut 2008 herausgegeben hat. Man findet darin Beschreibungen seiner friesischen Heimat, seiner Eltern, Reiseeindrücke, über seinen Bekanntenkreis, seine
Familie und seine vielen Wanderungen, die er unternommen hat.
Barbara Rieprecht
Quellen:
Grothusen, Andreas, Die dort droben, Berlin, 2000
Kränsel, Reinhard, Die Pädagogik Friedrich Paulsens, Bredstedt, 1973
Lohmeier, D. und Steensen (Hrsg.), Friedrich Paulsen: Aus meinem Leben, Nordfriisk Instituut, Bredsted 2008
Paulsen, Friedrich, Geschichte des Gelehrten Unterrichts auf den Deutschen Schulen und Universitäten vom
Ausgang des Mittelalters bis zur Gegenwart, Leipzig, 1885 und 1896; System der Ethik (1889), Einleitung in die
Philosophie (1892), Immanuel Kant (1899), Pädagogik (Gesammelte Schriften, 1911), Richtlinien der jüngsten
Bewegung im höheren Schulwesen Deutschlands, Berlin, 1909; Aus meinem Leben (1909)
Spranger, Eduard, Erinnerungen an meinen Lehrer, Tagesspiegel vom 14.8.1958
Der Heimatverein Steglitz sucht Mitarbeiter…
Wir suchen ehrenamtliche Mitarbeiter für
- die Betreuung und Führung von Besuchern im Steglitz-Museum
- die Mitarbeit bei Entwicklung und Gestaltung von Ausstellungen
- Öffentlichkeitsarbeit
Was wir erwarten
- Interesse an unserer Stadtgeschichte und Stadtentwicklung
- Engagement bei der Mitgestaltung unserer Aktivitäten
Interessiert? Dann nehmen Sie mit uns Kontakt auf!
Heimatverein Steglitz e.V. - Drakestr. 64 A - 12205 Berlin-Lichterfelde
Telefon: (030) 833 21 09 - E-Mail: [email protected]
Montag 16-19 Uhr, Mittwoch 15-18 Uhr oder Sonntag von 14-17 Uhr
25
Die Steglitzer Bade-Basilika
wurde 100 Jahre alt
Vorgeschichte
Vor einem Jahrhundert - am 8. Juli 1908 - wurde das Stadtbad Steglitz in der
Bergstraße 90 eröffnet. Bis dahin konnte man nur im Dorfteich baden. Er lag dort,
wo sich heute der Carmerplatz befindet. Um 1870 hatte der Steglitzer Landwirt
Schröder (Hof Schloßstraße 70/Wolfensteindamm) den Teich gepachtet, um darin
Fische zu züchten. Außerdem richtete er eine verschlossene, zweiteilige
Bretterbude ein, so dass man - gegen Entgelt - züchtig in einer Badezelle baden
konnte. Der Teich ist vermutlich um 1900 zugeschüttet worden.
Am 2. Juli 1887 wurde eine Schwimmschule in der Oberlinstraße eröffnet. Das Bad,
dessen Wasser die Bäke lieferte, war nach Geschlechtern getrennt, verfügte aber
schon über Sprungeinrichtungen. Vom Bahndamm her war die Einsicht durch
Bäume, Fahnen und Leinwandflächen versperrt.
Um 1900 plante die Gemeindevertretung eine Gemeindebadeanstalt. Immerhin
hatte Steglitz mittlerweile über 20.000 Einwohner und die Zahl sollte sich in den
nächsten 20 Jahren vervierfachen. In Berlin gab es seit 1878 das Kaiser-WilhelmBad in der Lützowstraße und seit 1888 Hoffmanns Römerbad in der Zimmerstraße
(beide privat). Das Stadtbad in der Moabiter Turmstraße eröffnete 1892 (1985
abgerissen) und das Stadtbad Charlottenburg in der Krummen Straße 1898 - um
nur einige Bespiele zu nennen.
Ob die Steglitzer Gemeindevertreter mit einem richtig schicken Ganzkörperbadeanzug im Wortsinne baden gegangen sind, um die verschiedenen Bäder zu testen,
können wir nur vermuten. Jedenfalls setzte Gemeindevorsteher Buhrow 1902 eine
Bäderamtskommission ein, und 1906 beschloss die Gemeindeversammlung den
Bau des Bades. Bei der Suche nach einem Standort wurde man auf dem dreieckigen Gelände zwischen Berg- und Körnerstraße sowie der Berlin-PotsdamerEisenbahn fündig. Das Grundstück, das bis 1907 noch die Nr. 12a hatte, gehörte
dem evangelischen Vaterländischen Frauenverein. Im Berliner Adressbuch findet
sich 1899 folgender Eintrag:
Zweigverein des Vaterländischen Frauenvereins
Ev. Jünglingsverein
Volkskindergarten „Kinderheim“
Witwe Bleschke
Diakonissin Hoffmann
Schwester Kappsch
26
Stadtbad Steglitz um 1920
Archiv Heimatverein Steglitz
Etwa im Jahr 1900 kaufte der Papierfabrikant Max Krause das Grundstück, der ja
auf dem Fichtenberg wohnte. Es war wohl ein Spekulationsgeschäft, denn 1904
verkaufte er es - sicher mit Gewinn - an die Gemeinde Steglitz weiter. Das über
drei Höfe 1888 errichtete Missionsgebäude wurde abgetragen. Nur das Schwesternhaus blieb bestehen und wurde in den Neubau integriert. Auch das Wohnhaus
der dort ansässigen Gärtnerfamilie blieb noch bis in die 20er Jahre erhalten.
Günstig war der Standort, weil die längliche Parzelle rückwärtig an den Güterbahnhof grenzte. Von hier wurde das benachbarte Elektrizitätswerk in der Körnerstraße mit Kohle versorgt und nun auch die Kesselanlagen des Stadtbades. Zudem
stellte das Kraftwerk Kondenswasser zur Verfügung, das bei der Stromgewinnung
mit der Dampfmaschine entstand. So konnte das Badewasser energiesparend
vorgewärmt werden. Diese versorgungstechnischen Anbindungen erklären auch,
warum das Bad nicht direkt an der Straße erbaut wurde, sondern auf dem hinteren Grundstücksteil.
Der Gemeindebaurat Richard Blunck konzipierte eine großzügige Anlage, unterstützt vom Lichterfelder Architekten Münzenberger. Dabei dürften die Bäder in der
Baerwald- und Oderberger Straße (eröffnet 1901 bzw. 1902) Vorbild gewesen sein.
27
ren. So ist auch das Steglitzer Stadtbad wie eine Emporenbasilika aufgebaut. Das
von zehn Stützen getragene Tonnengewölbe mit eingeschnittenen Obergadenfenstern, die Halbkugel in der Apsis, das Mittelschiff, die zwei Seitenschiffe (Umkleidekabinen) und die offenen Emporen geben der Halle eine sakrale Note. Die 1913
entstandene Erweiterung mit dem Russisch-Römischen Bad ist mit roten Granitsäulen, bronzevergoldeten Kapitellen und mosaizierten Wandbrunnen ausgestaltet.
Wechselvolle Geschichte
Doch schon am 7. Dezember 1916 wurde das Bad geschlossen, weil man es während des Ersten Weltkrieges als Lebensmittellager benötigte. Am 5. Juli 1920 erfolgte die Wiedereröffnung.
1929 entstand an der Straße ein viergeschossiges Wohn- und Bürohaus des Architekten Fritz Freymüller. Das Stadtbad rückte so in eine Hinterhofposition und
war von der Straße aus nicht mehr zu sehen.
Stadtbad Steglitz um 1907
Archiv Heimatverein Steglitz
Am 19. Januar 1940 musste das Bad wegen Kohlenmangels schließen. Nach Beseitigung einiger Kriegsschäden konnte die Schwimmhalle am 10. Oktober 1949 zum
dritten Mal eröffnet werden. Doch der Zahn der Zeit hatte dem Bad zugesetzt; im
Februar 1955 drohten die Behörden mit der Schließung. Daher kam es im September zu ersten Instandsetzungsarbeiten, 1955-57 zu einem Umbau und 1971-79 zu
einer Generalinstandsetzung. 1982 stellte man das Gebäude unter Denkmalschutz
und 1988 erfolgte eine Asbestsanierung.
Aber alle Mühe war vergebens: Am 30. April 2002 musste das Stadtbad Steglitz
aus finanziellen Gründen geschlossen werden.
Die Gemeinde wollte das Projekt je nach Finanzlage in mehreren Bauabschnitten
errichten. Ab Dezember 1906 entstand zunächst die große Schwimmhalle (ursprünglich nur für Männer geplant), die Wannen- und Heilbäderabteilung sowie die
Wäscherei und das Maschinenhaus. Da die Baukosten von 350 000 Mark auf über
438 000 Mark gestiegen waren, wurde die Frauenschwimmhalle ebenso gestrichen
wie eine öffentliche Lesehalle an der Straße.
Mit einer Feier wurde das Bad am 8. Juli 1908 eröffnet.
Baubeschreibung
Das Becken mit marmorgefassten Überläufen mit seinen 9 x 21 Metern wird mitunter als „stattlich“ bezeichnet. Doch die Becken der Stadtbäder in der Neuköllner
Ganghoferstraße, in der Weddinger Gerichtstraße und in der Charlottenburger
Krumme Straße waren mit 25 x 10 bzw. 11 Metern etwas größer. Zu jener Zeit war
es „in“, Hallenbäder in der Tradition des basilikanischen Kirchenbaus zu konzipie28
Die Besitzerin des Bewegungsbades Marienfelde, Gabriele Berger, erwarb das Bad
2004 und veranstaltet seither hier Lesungen, Theateraufführungen, Konzerte und
Privatfeiern. Langfristig ist aber die Wiedereröffnung als Bad vorgesehen. Näheres
zu dem Konzept von Gabriele Berger findet man unter www.stadtbad-steglitz.de.
Der Heimatverein Steglitz wünscht ihr viel Erfolg. Die Steglitzer werden die Entwicklung interessiert verfolgen.
Christian Simon
Quellen:
Bauakte Bergstraße 90, Band 2
Berliner Adressbuch, versch. Jahrgänge
Glüsing, Meike: Berlin-Steglitz. Stadtbad Steglitz, Schwimmhalle - Bauforschung und Sanierungskonzeption.
Masterarbeit an der TU Berlin im WS 2003/04.
Rüter, Jörg: Stadtbad Steglitz, Bergstraße. In: Das Jahrbuch für Steglitz, 1999, S. 43 - 45.
Simon, Christian: Steglitz im Wandel der Geschichte. Berlin 1997.
29
Steglitz - damals und heute
1. Folge: Steglitzer Damm 89, 91
Die in den Bildhintergrund verlaufende Straße ist die Steglitzer Straße (seit 1957
Steglitzer Damm) Richtung Halskestraße/Munsterdamm. Links geht die Buhrowstraße ab (bis 1957 Bahnstraße). Das etwa 1904 entstandene Eckhaus (ganz links)
steht noch heute. Hier befand sich jahrzehntelang das Café Steuer.
Ganz rechts mündet die Grabertstraße ein. Sie hieß bis 1893 Lankwitzer Straße,
dann bis 1957 Wilhelmstraße.
Steglitzer Straße, 1910
Archiv Wolfgang Holtz
Die Pläne für das im Vordergrund stehende Wohn- und Geschäftshaus entwarf
Max Trinkkeller. Die Baufirma Papenfuss aus der Halskestraße 53 stellte den
Rohbau im Sommer 1899 fertig. Die Rückfront des Hauses war etwa halbrund; ein
Lichtschacht in der Mitte sorgte für die Beleuchtung innen liegender Räume. Auf
dem unterkellerten Hof stand hinten auch ein Stallgebäude. Wegen leer stehender
Läden gab es 1912 Pläne zur „Einrichtung von Räumlichkeiten zur Vorführung von
kinematographischen Lichtbildern im Kellergeschoss“. Unter Hinzunahme des
Tapezierladens sollte das Kino 164 Sitze haben. Es gibt aber keine Hinweise darauf, dass es hier je Kintopp gab. Aber genau an der Ecke war über vier Jahrzehnte
das 1898 gegründete Delikatessengeschäft von Karl Huschke.
Das schöne Eckhaus sank im Zweiten Weltkrieg genauso in Trümmer wie das anschließende Wohn- und Geschäftshaus mit dem hohen Dach. Es wurde 1910/11
nach Plänen von Hermann Paulini gebaut. Im Juli 1943 sollte dort ein kleinerer
Bombenschaden behoben werden. Doch die Eigentümer teilten der Baupolizei
Steglitz am 6. September 1943 Folgendes mit: „Zu dem unter dem 12. Juli 1943
erteilten Bauschein teile ich mit, dass sich die Angelegenheit durch Totalschaden
am Hause Südende, Steglitzer Str. 15a durch Terrorangriff in der Nacht vom 23.
zum 24. August 1943 erledigt hat. Heil Hitler.“
In jener Nacht wurde die gesamte Häuserzeile zwischen Grabert- und Sembritzkistraße zerstört. Die heutigen auf dem Foto sichtbaren schmucklosen Mietshäuser
entstanden 1961. Da der Steglitzer Damm in den 1970er Jahren verbreitert wurde,
stand das zerstörte Eckhaus ursprünglich mit der Vorderfront auf der heutigen
rechten Fahrbahn.
Christian Simon
Steglitzer Damm Ecke Buhrowstraße
30
Foto: Christian Simon
31
Die ersten Steglitzer Festwochen
1934 und 1935
Die meisten Steglitzer Bürger haben sicher schon von der Steglitzer Festwoche
gehört oder sie selbst besucht. Sie fand zunächst seit Ende der 40er Jahre des 20.
Jahrhunderts am Händelplatz in Lichterfelde statt, wurde aber nach kurzer Zeit von
dort verlegt auf das Gelände, auf dem heute der Campus „Benjamin Franklin“ der
Charité steht. Auch dort musste das Gelände geräumt werden wegen des Baus
des Universitätsklinikums. Seit Anfang der 60er Jahre finden die Steglitzer Festwochen jährlich um Pfingsten herum im Lichterfelder Bäkepark an der Krahmerstraße statt. Während es früher in ihrem Rahmen auch viele kulturelle und sportliche Veranstaltungen gab, ist die Festwoche heutzutage eigentlich nur noch ein
Rummelplatz. Doch sie war nicht erstmalig nach dem Zweiten Weltkrieg durchgeführt worden, sie hatte bereits zwei Vorläufer in nationalsozialistischer Zeit, die in
wesentlich größerem Rahmen durchgeführt wurden:
öffentlichen Lebens berufen wurden. Seine erste Aufgabe war die Erarbeitung
einer Festschrift; sie erschien Anfang April 1934 in einer Auflage von 10.000 Stück
und wurde zum Preis von 0,50 Reichsmark verkauft. Neben einem geschichtlichen
Abriss aller vier Ortsteile des Bezirks Steglitz enthielt sie u. a. auch Aufsätze über
„Papa Wrangel als Steglitzer“, „Die Grünanlagen des Bezirks Steglitz“, über die
städtischen Einrichtungen sowie ein umfangreiches Verzeichnis „empfehlenswerter Geschäfte und Gaststätten“; empfehlenswert freilich im nationalsozialistischen
Sinne, so dass Gaststätten und Geschäfte von jüdischen Eigentümern in dem Verzeichnis nicht enthalten sind. Die Ausgrenzung der jüdischen Bürger, die bekanntlich später in der Pogromnacht vom 9./10. November 1938 und im Holocaust gipfelte, begann schon damals, auch im Stadtbezirk Steglitz: Auf ein konkretes
Beispiel wird später eingegangen.
Steglitzer Heimatwoche vom 13. - 20. April 1934
Heimat- und Trachtenfest vom 29. Mai - 4. Juni 1935
Als äußeren Anlass für die erstmalige Steglitzer Heimatwoche wählte man den 150.
Geburtstag des Generalfeldmarschalls Friedrich Heinrich Ernst Freiherr (seit 1864
Graf) Wrangel (1784-1877); nach ihm wurde das Gutshaus Steglitz später (nicht ganz
zutreffend) „Wrangelschlösschen“ genannt.
Veranstaltet wurden sowohl die Heimatwoche 1934 als auch das Heimat- und Trachtenfest 1935 vom Bezirksamt Steglitz in Zusammenarbeit mit Vereinen und Verbänden in allen vier Ortsteilen Steglitz, Lichterfelde, Lankwitz und Südende. Zweck
sollte laut Bekundung des Veranstalters die „Wiedererweckung und Vertiefung des
Heimatgedankens“ sein und die Vertiefung des Zusammengehörigkeitsgefühls in
der Bevölkerung. Dementsprechend hieß es: „Wer die Volksgemeinschaft (ein typisches Wort aus der nationalsozialistischen Ideologie, U. Roeske) will, muss zuerst
das Volk seiner Heimat näherbringen“.
Die Einnahmen aus allen Veranstaltungen beider Feste - darauf wird später kurz
gesondert eingegangen - dienten dem Ziel, ein Ehrenmal für die Opfer des Ersten
Weltkrieges zu errichten. Dieses sollte durch Ausgestaltung des Wasserturms auf
dem größten Steglitzer Friedhof in der Bergstraße errichtet werden. Das Ehrenmal
ist dann später tatsächlich dort gebaut und am 30.08.1936 eingeweiht worden
(Näheres muss einem späteren Aufsatz vorbehalten bleiben).
Für die Leitung und Durchführung der Veranstaltungen wurde ein ca. 30-köpfiger
Arbeitsausschuss gebildet, in den Beamte des Bezirksamts und Personen des
32
Darstellung von 1935 auf Festabzeichen, Festschriften und Briefverschlussmarken. Diese waren zum Teil mit
einem NS-Symbol zu sehen.
33
An
„
„
„
„
„
„
„
„
allen Tagen beider Feste fanden statt:
ein Schaufensterwettbewerb
die Beflaggung und Ausschmückung der Häuser mit Fähnchen und Girlanden
Betrieb auf der Festwiese (siehe unten)
Besichtigungen, Führungen und Rundfahrten; eine Rundfahrt dauerte ca. 2 Stunden und kostete 1 Reichsmark (das war damals sehr teuer)
sportliche Veranstaltungen verschiedener Vereine
eine Heimatausstellung im Rathaus Steglitz
Ausstellung von Arbeiten des Kunst-, Werk- und Handarbeitsunterrichts in der
Oberrealschule Steglitz und in der Goetheschule Lichterfelde
der Verkauf von Festabzeichen, Festschriften und Briefverschlussmarken.
Am 15. April 1934 und am 02. Juni 1935 fand jeweils ein großer historischer Festumzug statt, an dem 30-40 Wagen, Kapellen und Spielmannszüge sowie mehrere
hundert Personen in historischen Kostümen (Ritter, Bauern, Landsknechte, Burschenschafter, Kadetten, Soldaten, Handwerker usw.) teilnahmen. Auf einer Wegstrecke von ca. 10 km führte der Zug durch alle vier Ortsteile. Eine besondere Attraktion des Festumzugs 1935 war der „Erste Fernsehwagen Europas“.
Auf der Festwiese, die sich in der Birkbuschstraße 31-34 gegenüber der Einmündung Gravelottestraße befand (heute ist dort ein großer Wohnblock), standen im
April 1934 mehr als 40 Schaubuden, Bierzelte, Fahrgeschäfte (Luftschaukel, Karussell) und Verkaufsstände. Es wurde von Seiten des Bezirksamts betont, dass die
Festwiese keinesfalls ein Rummelplatz sein sollte, sondern ein Ort, der dem Charakter der Veranstaltung(en) angepasst werden sollte.
hatte: „Wir brauchen den Juden Wolfenstein nicht“, wurde das Schreiben nicht
abgesandt, so dass Wolfensteins Brief unbeantwortet blieb. Viele Prominente, die
ihren Wohnsitz in Steglitz hatten, wurden schriftlich gebeten, für die Heimatwoche
zu spenden und sich für Autogrammwünsche zur Verfügung zu stellen, darunter z.
B. die Schauspieler Käthe Dorsch, Bernhard Minetti, Aribert Mog und Rottraut
Richter. Es ist jedoch von keinem eine Reaktion überliefert.
Alle Steglitzer Schulkinder waren zu einem Liederwettbewerb aufgerufen. Sie sollten Texte schreiben für ein lustiges Volks- oder Heimatlied nach den Beispielen:
„In Rixdorf ist Musike“ oder „Im Grunewald, im Grunewald ist Holzauktion“. Bedingung war, dass der Ort der Handlung Steglitz, Lankwitz, Lichterfelde oder Südende
sein musste. Als Preis winkte die Teilnahme an einem Rundflug über Steglitz, der
von der Deutschen Lufthansa veranstaltet werden sollte. Über den Erfolg oder
Misserfolg dieses Liederwettbewerbs ist leider nichts bekannt.
Heimat- und Trachtenfest 1935
In Zusammenarbeit mit der Gesellschaft für Volkskunde, dem Märkischen Volksliedarchiv und dem Brandenburgischen Archiv für Volkskunde wurden volkskundliche Vorträge mit Lichtbildern bzw. Liedern oder Chorgesang veranstaltet, beispielsweise zu folgenden Themen: Märkische Volkstrachten, Deutsche Maibräuche, Das
Volkslied in der Mark Brandenburg und Berlin, Berliner Sagen und Schwänke u. v.
a. Außerdem wurden an Schulen und Vereine ca. 12.000 volkskundliche Fragebogen versandt, in denen nach Spielen, Liedern, Gesten, Sprüchen und Bräuchen gefragt wurde, z. B:
Platzkonzerte mit Blas- und Militärkapellen fanden auf dem Astern-, Breitenbach-,
Händel-, Kranold- und Lauenburger Platz sowie im Stadtpark Steglitz statt.
Das meiste Geld wurde eingenommen während beider Feste durch Spenden sowie durch den Verkauf von Festabzeichen und Briefverschlussmarken. Nach Abzug
der Ausgaben ist für die Heimatwoche 1934 ein Gewinn von knapp 20.000 Reichsmark und für das Heimat- und Trachtenfest 1935 ein solcher von etwas mehr als
21.000 Reichsmark in den Akten verzeichnet.
-
Im Folgenden soll auf einige Besonderheiten beider Feste hingewiesen werden.
Eine Auswertung dieser Fragebogen ist nicht gefunden worden.
Steglitzer Heimatwoche 1934
Zu den Vorbereitungen für das Fest waren 134 Vereine, Verbände, Arbeitsgemeinschaften, Innungen und Clubs eingeladen, davon 95 aus Steglitz, 30 aus Lichterfelde und 9 aus Lankwitz. In den Listen ist jede(r) Einzelne mit den jeweiligen Namen
der Vorsitzenden und mit Adresse genannt, so dass diese Listen eine sehr wertvolle Quelle für künftige Forschungen über Steglitzer Vereine bilden!
36 Handwerkerinnungen wurden speziell angesprochen mit einem Fragebogen,
der folgende drei Fragen enthielt:
Der nachweislich älteste Geschäftsbetrieb in Steglitz, M. Wolfenstein, bot dem
Arbeitsausschuss in einem Brief seine Mitwirkung an der Heimatwoche an. Dieser
riet dem Inhaber Kurt Wolfenstein im Entwurf des Antwortschreibens, sich am
Schaufensterwettbewerb zu beteiligen, und nannte ein Spendenkonto. Da aber der
nationalsozialistische Bürgermeister Treff an den Rand des Entwurfs geschrieben
34
-
Wie nennt man das Spiel, einen flachen Stein über eine glatte Wasserfläche zu
werfen?
Welches Spiel spielst du am liebsten und warum?
Was bedeutet es, wenn man einer Brautkutsche begegnet?
Zum Volksglauben etwa Fragen wie die folgenden: Welche Vorbedeutung hat
es, wenn… man Hände besieht… auf dem Kaffee Blasen schwimmen… man
Salz verschüttet… Schuhe auf dem Tisch stehen… usw.
35
Was ist heute und was war in Berlin üblich an
1.
Gebräuchen
a) in der Lehrzeit
c) bei den Meistern
2.
Feiern und Festen
3.
Kleidung und Trachten
b) in der Gesellenzeit
d) sonst
Nur sechs Innungen hatten den Fragebogen ausgefüllt und zurückgesandt. Die
meisten schrieben, dass es sich um eine verhältnismäßig junge Innung handele, die
auf eigentliche Traditionen nicht zurückgreifen könne: Das, wonach gefragt wurde,
werde „nach neuzeitlichem Empfinden erledigt“, oder es kam die Antwort, dass in
dem betreffenden Gewerbe keine Bräuche und Trachten üblich waren.
Speziell zum Heimat- und Trachtenfest 1935 wurde der sog. „Wrangelstiebel“ geschaffen, ein Spezialgebäck, das nur Steglitzer Bäcker backen durften, und das mit einem Warenzeichen geschützt - für 0,10 RM pro Stück verkauft wurde. Geplant war ein „Tag der Künstler“, weil die Nationalsozialisten angeblich angefangen
hätten, „den verschütteten Weg zwischen der Seele des Volkes und dem Schaffen
des Künstlers wieder freizulegen.“ (!). Ob und in welcher Form ein solcher Tag
durchgeführt wurde, war aus den einschlägigen Quellen leider nicht zu entnehmen.
Abschließend darf eingeschätzt werden, dass die Steglitzer, Lichterfelder, Lankwitzer oder Südender Bürger sich nicht im erwünschten Maß für die hier beschriebenen Festwochen interessierten, denn es ist bekannt, dass nur durchschnittlich
10 % der Berliner in ihrem damaligen Wohnort geboren wurden, so dass sie nicht
mit den hier üblichen Trachten und Volksbräuchen aufgewachsen waren und mit
ihnen - wenn überhaupt - dann erst in späteren Lebensjahren in Berührung kamen. Trachten und Volksbräuche sind in der Regel auf dem Lande und nicht in der
Stadt verwurzelt. Nun könnte eingewandt werden, Steglitz und seine Ortsteile
waren ja bis 1920 selbst noch Dörfer, aber diese Tatsache bezog sich nur auf die
verwaltungsrechtliche Form; der städtische Charakter vor allem von Steglitz und
Lichterfelde war schon lange vorher nicht zu übersehen. Ebenso dürfte der damals
viel zitierte Heimatgedanke kaum etwas anderes als eine nationalsozialistische
Propagandaaktion gewesen sein und durch beide Feste kaum vertieft worden sein,
denn die wirkliche, eigentliche Heimat der meisten Bewohner lag damals wahrscheinlich nicht im Stadtbezirk Steglitz, sondern in anderen Regionen Deutschlands, aus denen sie oder ihre Eltern massenhaft nach Berlin zugezogen waren.
Ulrich Roeske
Quellen:
1. Landesarchiv Berlin, A Rep. 042-08 Nr. 449-460, speziell zu der oben zitierten Vereinsliste siehe A Rep 04208 Nr. 453
2. Wolfgang Becker-Brüser/Stephan Lepiorz (Hrsg.), Der Wasserturm auf dem Friedhof Bergstraße in Steglitz,
A.V.I. Arzneimittel-Verlags GmbH, Berlin 2005
36
„Wie in der Residenz!“
Die historische Straßenbeleuchtung in Berlin-Lankwitz
In Lankwitz wird eine öffentliche Straßenbeleuchtung seit 130 Jahren betrieben.
Der Blick auf die Straßenlaternen ist neben der Erforschung der heimatkundlichen
Kultur- und Technikgeschichte auch hilfreich für die Bestimmung von Ort und
Datum historischer Ansichtskarten, Fotos sowie Ruinenbildern. Auf letzteren sind
oft Straßenleuchten zu erkennen, da deren schlanke Konstruktionen einem Explosionsdruck eher standhalten. Die frühere Landgemeinde Lankwitz im Kreise Teltow
legte als aufstrebender Vorort der Reichshauptstadt auch bei der Straßenbeleuchtung Wert auf Repräsentation, Unverwechselbarkeit und technischen Fortschritt. Das führte zu sechs Generationen historischer Straßenleuchten: Öllampen,
elektrische Bogenlampen, Richtleuchten, Schwertleuchten, Wappenleuchten und
Bischofsstableuchten. Lankwitz war am 1. April 1908 unter seinem ersten Bürgermeister Rudolf Beyendorff ein eigener Amtsbezirk geworden und gestaltete seine
Infrastruktur weitgehend selbst, wie die Nachbargemeinden auch.
Das alte Dorf mit seinen Öllampen
„Ich wäre in der Dunkelheit an Lankwitz vorbeigegangen, wenn nicht das Hundegebell im Dorfe mich darauf aufmerksam gemacht hätte, dass hier in der Nähe
Leute wohnen müssen“, berichtet Lehrer Bernhard Berkholz, als er am 8. Oktober
1882 seine erste Stelle antrat. Das Bauerndorf Lankwitz hatte eine unzureichende
Straßenbeleuchtung. In dunklen Nächten, bei Nebel und Schneefall war es außer
Haus gefährlich. Der Lankwitzer Hauptgraben (heute Teltowkanal) und die Telte im
alten Upstall waren Gefahrenstellen. Entwässerungsgräben, Teiche, Wassertümpel
und die Lanke mit ihren sumpfigen Ufern, die südlich und östlich um das Dorf
herum floss, konnten böse Fallen sein. Man orientierte sich an Zäunen, Häusern,
der Kirche und an den Fenstern der mit Kerzen oder Öllichtern spärlich erhellten
Stuben.
Die 1880 an den Fassaden der Bauernhäuser angebrachten vier Petroleumlaternen hatten an dem Zustand, den Lehrer Berkholz angetroffen hatte, nichts verbessert. Die Leuchten blinzelten des Abends dem Wanderer entgegen, wenn sie
nicht der Wind oder die Dorfjugend ausgeblasen hatten, sehr zum Verdruss des
Nachtwächters. Der versorgte die Ölleuchten neben seinen Ämtern als Gemeindediener, Totengräber und Balgentreter der Kirchenorgel. Der Anbau der Lampen
kostete jedem Anlieger 47,75 Mark. Das Öl bezog die Gemeinde vom Kaufmann
Karl Luchterhand für 20 Pfennig je Liter. Der Gemeindeetat 1888/89 wies für die
Straßenbeleuchtung 70 Mark aus. Im Jahr 1893 wurden weitere 40 Petroleumlampen im Rosenthalschen Villenviertel (Komponistenviertel) und dem Zietemannschen Viertel an der Kurfürstenstraße „für verkehrsbelebte Punkte“ aufgestellt.
37
Die Gartenstadt Lankwitz wird elektrisch beleuchtet
Die Bauern lebten bescheiden am Dorfanger, ungepflasterte Straßen genügten
ihnen. Die neuen Siedler waren ruhebedürftige und naturliebende Berliner, die sich
prächtige Häuser in den neuen Wohnvierteln abseits des alten Dorfes bauten. Sie
verlangten nach gepflasterten Straßen mit Bäumen und Bürgersteigen, nach einer
Wasserversorgung, Kanalisation und nach einer besseren Straßenbeleuchtung.
„Mehr Licht!“ war die Parole. Die Petroleumbeleuchtung genügte nicht mehr. Der
Entscheidung für Gas- oder elektrische Beleuchtung gingen „heftige Wortkämpfe“
in der Gemeindeversammlung voraus; mit Gas gab es Erfahrung, mit der Elektrizität weniger. Obwohl das Gaswerk Mariendorf auf Lankwitzer Grund lag und Gas
schon seit 1893 billiger in die hiesigen Haushalte lieferte, schloss die Gemeinde
nach knapper Entscheidung 1897 mit der Kommanditgesellschaft Tempelhofer
Elektrizitätswerke einen Vertrag für eine elektrische Straßenbeleuchtung ab, der
am 10.05.1907 mit demselben Werk (jetzt Berliner-Vorortselektrizitätswerke) erneuert wurde. Am 16. November 1898 wurde Lankwitz zum ersten Mal elektrisch
beleuchtet, und zwar durch Bogenlampen - „wie in der Residenz!“. Der ehemalige
Gemeindevorsteher Friedrich Dillges wurde 1912 geehrt mit den Worten: „… die
wichtigste seiner Errungenschaften ist die Beseitigung der Öllampen von den
Straßen und ihre Ersetzung durch elektrische“. Lankwitz hatte den Anspruch, „ein
vornehmer aufblühender Vorort im Südwesten, und seiner ganzen Lage und Ausstattung nach eine der ruhigsten, schönsten und gesündesten Gartenstädte“ zu
sein. Eine Gasbeleuchtung gab es nie. Lankwitz wird von dem aktuellen Streit über
den Erhalt von Gasleuchten daher nicht berührt.
Die Bogenlampe
Die 1898 erstmals aufgestellten Bogenlampen (Bild 1) standen an repräsentativen
Orten wie Bernkastler Platz, Rathausplatz, Nicolai- Ecke Kaulbachstraße, Realgymnasium, Lankwitz-Kirche, Mühlen- Ecke Schulstraße und Gemeindepark. Abgespannt hingen sie über der Fahrbahn der Kaiser-Wilhelm-Straße. Bogenlampen
nannten sich diese hängenden Straßenleuchten nach der Lichtquelle, die durch
einen elektrischen Lichtbogen zwischen zwei Kohlestiften erzeugt wurde. Die langsam abbrennenden spitzen Stifte wurden mittels automatischen Regulierwerks auf
gleichen Abstand gesteuert. Die Technik war in einer ringverzierten 60 cm langen
und 15 cm dicken Blechhülse (Tubus) eingebaut. Das gleißend weiße Licht mit
einer Lichtstärke von 2.000 Kerzen schien unter einem kleinen Schirm (Reflektor)
durch eine Glasglocke, die mit einem Drahtnetz als Splitterfang ummantelt war.
Abends eingeschaltet, waren die Elektroden morgens abgebrannt und mussten erneuert werden. An einem Seil wurde die Leuchte täglich auf und ab bewegt. Der
sockelbetonte Leuchtenmast aus Rohren war mit zwei Wülsten über Kränze mit
vertieften Vierecken gegliedert. Die Leuchte hing an einem gekrümmten Kragträger mit Zug- und Stützstab, aber auch an ornamentartig ausgebildeten Kragarmen
(Bild 3). Die Lichtpunkthöhe betrug 8 bis 12 m. Die „Lankwitzer Nachrichten“ berichten von Kritik an den Bogenlampen in der Gemeindevertreterversammlung am
38
Historische elektrische Straßenleuchten in Berlin-Lankwitz von 1898 bis 1980er Jahre
2. März 1909: „Im Rosenthalschen Gelände sind an den Straßenkreuzungen Bogenlampen aufgestellt, die durch Glühlampen (Kohlestiftlampen, d. Verf.) erzielte
Beleuchtung ein besonders intensives Licht werfen, welches störend wirkt und
eine recht ungleichmäßige Beleuchtung schafft. Im Sommer kommt außerdem
infolge der stark entwickelten Baumkronen der Lichteffekt der Bogenlampe nicht
so zur Geltung. Es ist deshalb erwogen worden, die Bogenlampen zu beseitigen
und durch Glühlampen zu ersetzen. Der Beleuchtungs-Ausschuß schlägt vor, an
der Ecke Luisen-(heute Nicolai-) und Calandrellistraße Glühlampen von je 50 Kerzen Stärke an den 4 Eckpunkten zusätzlich anzubringen. Die GVV erklärte die jetzige Beleuchtung im Rosenthalschen Gebiet für vorzüglich und sprach sich dagegen aus, dass die kaum angeschafften teuren Bogenlampen wieder ausgemustert
werden sollen“. Um 1912 wurden an den Bogenlampen wegen des zehnfach höheren Stromverbrauchs und des aufwendigen Unterhalts die Kohlenstiftlampen gegen Glühlampen (Bild 1) ausgetauscht, jede hatte eine Lichtstärke von 50 Kerzen.
Die hohen Schmuckmasten blieben. Die Leitungen sind nun als Erdkabel verlegt
worden.
39
Die Richtleuchte
An Eckpunkten der Straßenkreuzungen und zusätzlich zu den Bogenlampen sind
so genannte Richtleuchten (Bild 1) aufgestellt worden, um mehr Fläche zu beleuchten. Ein spiralförmiger Kragarm aus unterschiedlich dicken Rohren mit gotischem Kleeblattschmuck trug eine schräg nach unten hängende Glühlampe in
einem Glaskolben unter großem Schirm. Die Richtleuchten wurden an mehrfach
gegliederten Stromleitungs- oder den Straßenbahnmasten montiert. Die Richtleuchten sind nur wenige Jahre von etwa 1905 bis 1915 betrieben worden. Der
„Dorfkrug“ und der „Gasthof zur grünen Linde“ beleuchteten ihren Gehweg mit
Schinkelleuchten an mit floralen Ornamenten verzierten Kragarmen.
Schwertleuchte und Bischofsstableuchte (rechts) Frobenstraße Ecke Seydlitzstraße 1951
Die Schwertleuchte
Für die „Trottoirs“ fehlte eine ausreichende Beleuchtung. Ab 1910 wurden zusätzlich zu den Bogenlampen so genannte Schwertleuchten (Bild 1) an den Straßenecken und in größeren Abständen auf Gehwegen aufgestellt. Die Schwertleuchten
waren niedrigere Hängeleuchten mit einer Lichtpunkthöhe von ca. 3,50 m. Der
Mast aus zwei geraden Rohrteilen bestand aus einem hohen betonten Sockel mit
kurzem dickeren Mastfuß. Der Sockel hatte an der Rundung oben als Schmuckelement einen Kranz vertiefter Rechtecke und Quadrate. An dem gebogenen Ausleger hing unter einem flachen Schirm in einem geschlossenen Glaskolben die
Glühlampe. Der Mastauslauf wurde mit einem geschwungenen schwertartigen
40
Blechstreifen gestützt, daher der Name. An den Lichtmasten der Kreuzungen und
Einmündungen waren Straßenbenennungsschilder angebracht worden, das sparte
Schilderpfosten und wies sichtbar auf die Straßennamen hin - auch „wie in der
Residenz!“ (Bild 2). Die neuen Schwertleuchten sind aufgestellt worden im Komponisten- und Thüringer-Viertel, in der Dillgesstraße, Seydlitz-, Kurfürsten-, KaiserWilhelm-Straße, Derfflinger-, Bruchwitz-, Mühlen-, Emmich-, Dessauer-, Leonorenstraße (Viktoriastraße) und Alt-Lankwitz; auch im Gemeinde- und Rathauspark, vor
dem Bahnhof und vor der Ratswaage.
Die Wappenleuchte
Lankwitz nahm 1913 ein eigenes Wappen an. Stolz wurde es auf den 1914 neu entworfenen Straßenleuchten (Bild 1) an besonders wichtigen Orten gezeigt, so vor
dem Parkhaus auf dem Bernkastler Platz. Diese Grünanlage gegenüber vom Bahnhof mit Pergola, Statuen und Rosengarten, mit Rathaus und Vierwindebrunnen,
war das schmuckvolle Entree der Gartenstadt. Ansichtskarten zeigen Wappenleuchten vor der Kraftfahrerkaserne in der Emmichstraße und der Leonorenstraße,
Ecke Kaiser-Wilhelm-Straße. Der Leuchtenmast bestand aus einem Rohr mit Palmettenzierrat im klassizistischen Stil. Auf dem Rohr hing in einem mehrfach geknickten Rahmen unter einem flachen Schirm die Glühlampe in einer Glasglocke.
Das Wappen war als etwa 30 x 40 cm großes lochgestanztes Blechschild auf dem
Rahmen aufgesetzt. Es zeigte im geteilten Schild oben einen blauen Löwen auf
gelbem Grund und unten drei gelbe Ähren im blauen Feld. Die Lichtpunkthöhe war
ca. 3,50 m. Die Straßenbeleuchtung diente eher der Orientierung als einer umfassenden Beleuchtung.
Die Bischofsstableuchte
Diese letzte Generation von Straßenleuchten vor dem Zweiten Weltkrieg wurde um
1925 aufgestellt, nun aber flächendeckend in dem Regelabstand von 30 m. Die bisherige Beleuchtung mit Bogen- und Schwertleuchten wurde nicht abgebaut. Die
Bischofsstableuchten (Bild 1) mit einer Lichtpunkthöhe von 4,00 m bis 5,50 m wurden am Bordstein zur Fahrbahnseite, oft auch zur Gehwegseite hin, angeordnet.
An einem konischen Mast aus Stahl mit zweiteiligem Sockel aus Grauguß hing an
einem bischofsstabförmig gekrümmten Mastauslauf aus Schmiedeeisen unter
einem flachen Blechschirm die Glühlampe in runden nach unten offenen Opalglasschirmen. Lankwitz gehörte ab 1920 zwar zu Groß-Berlin, trotzdem entschied
man sich hier für Bischofsstableuchten. Diese Straßenleuchte wurde zur Standardausrüstung in den Lankwitzer Straßen. Von den Bischofsstableuchten (ManfeyLeuchten genannt) ist der Hersteller bekannt: Firma Lehmann und Feyerabend
GmbH, Berlin-Lichtenberg, Herzbergstraße 127. Nachbarortsteile haben vornehmlich auch andere Leuchtenformen.
Nach dem Motto „Licht lockt Leute“ trauten sich die Berliner nach der Jahrhundertwende öfter über den vormals dunklen Stadtrand; sie entdeckten den schönen Vorort Lankwitz und besuchten seine Sehenswürdigkeiten, Kaffeegärten und
41
im Beyendorffpark die „vollkommenste Rodelbahn Groß-Berlins“. Insbesondere mit
der Zunahme der Straßenbeleuchtung entwickelte sich Lankwitz rasch. Die Einwohnerzahl von 892 im Jahr 1880 stieg bis 1912 steil auf 10.295 und 1930 auf
12.403 Einwohnern und dann bis 1936 auf rund 30.000. Diagramm und Tabelle zeigen die Zahl der Straßenlampen, den Stromverbrauch und die Beleuchtungskosten.
Im Jahre 1911 betrieb Lankwitz für 24.000 Mark 18 Bogenlampen und 761 Glühlampen, jede mit 50 Watt. 1936 waren es 1.753 Glühlampen für 98.000 RM; die
Lichtstärken betrugen 60 Watt und 75 Watt. Den elektrischen Strom lieferte das
Berliner Vorortselektrizitätswerk (AEG) in der Steglitzer Körnerstraße mit einer
Spannung von 6000 Volt, der anfangs von der Transformatorenstation Lankwitz an
der Kaiser-Wilhelm-Straße/ Ecke Schulstraße auf 220 Volt umgeformt wurde.
Lankwitzer Straßenbeleuchtung im Zweiten Weltkrieg und danach
Nach Kriegsbeginn wurde eine Verdunklungsbeleuchtung gestaltet. Lankwitzer erinnern sich an einen punktförmigen Lichtstrahl aus den Straßenlaternen, der nicht
in die Breite wirkte. Heller als jede Straßenbeleuchtung es vermochte, leuchtete
Lankwitz in der Nacht vom 23. zum 24. August 1943. Die einstige Gartenstadt war
durch einen Luftangriff zu 90 % vernichtet worden. Eine behelfsmäßig installierte
Straßenbeleuchtung an stehengebliebenen Lichtmasten wies die Wege durch die
Ruinenlandschaft. Das genügte: „Man ging abends sowieso nicht aus!“ Nach dem
Krieg konnte jede Leuchtenart wieder in Betrieb genommen werden. Verbliebene
Schwertleuchten erhielten Schirme aus Opalglas. Die „Schwerter“ wurden meist
entfernt, sie waren nur Zierrat. Die Bischofsstableuchten standen 1951 komplett
wieder in den aufgeräumten, aber von Ruinen begleiteten Straßen. Die Notbeleuchtung der Kriegs-, Nachkriegszeit und der Sperrstunden in der Blockade hatte die
Verwaltung ab 1949 im Bezirk Steglitz zu 40% (1952 zu 74 %) des Friedensstandes
mit Bischofsstableuchten ersetzt. Die Bischofsstableuchten sind auch 1953 im schon
frühzeitig wieder aufgebauten Wohnviertel Havensteinstraße - Renatenweg installiert worden. Bis auf die Öllampen und Richtleuchten standen alle Straßenleuchtenarten noch bis in die 1980er Jahre, auch die Masten der früheren Bogenlampen.
Dann wurden sie gegen moderne Leuchten ausgetauscht. Damit endet die Kulturgeschichte der historischen Lankwitzer Straßenbeleuchtung.
Eine Bogenlampe steht in Lankwitz als Technisches Denkmal (Bild 3)
Zur 750-Jahrfeier von Lankwitz 1989 wurde vom Arbeitskreis Historisches Lankwitz
beim Senator für Bau- und Wohnungswesen angeregt, eine Bogenlampe als
Denkzeichen an die einstige Gartenstadt Lankwitz aufzustellen und zu betreiben.
Mit besonderer Förderung durch Herrn Dipl.-Ing. Herbert Liman wurde das technische Denkmal aufgestellt; es beleuchtet nahe der Dorfaue das so genannte
„Schuldreieck“ Mühlen- Ecke Schulstraße. Die technischen Daten sind: Aufstellungsdatum am 01.08.1990, Kennzeichnungsnummer 31, Masthöhe 7,90 m, Lichtpunkthöhe 5,40 m, Kragarmlänge 2,30 m, Leuchtenauskragung 1,95 m, 1 Glühlampe 125 Watt Hd, Leuchtdauer 7 bzw. 12 Stunden. Die Bogenlampe wurde am
42
43
historischen Ort, aber nicht wie früher auf der verkehrsgefährdeten Mittelinsel, sondern auf dem Gehweg errichtet.
Bei Vorträgen und Führungen wird sie bewundert: „Eine sehr
schöne alte Straßenleuchte, die ins Ortsbild passt!“
Auch die Bischofsstableuchte blieb so bekannt, dass sie
1979 in einer Bürgerbefragung im Bezirk Schöneberg für
neue Straßenlaternen als „Lankwitzleuchte“ mit anderen
Leuchten zur Auswahl stand. Leider gewann sie nicht. Ausgewählt wurde die konstruktiv einfachere so genannte Steglitz-Leuchte, die wir heute noch im alten Ortsteil Steglitz
sehen. Auf dem Kirchengelände der Lankwitzer Evangelischen Paul-Schneider-Gemeinde in der Belßstraße sind drei
Bischofsstableuchten erhalten geblieben. Die Lankwitzer
wünschen sich zur Erinnerung an diese Leuchten eine am
Schuldreieck. Das ergebe ein kleines Lampenmuseum.
Wolfgang Friese
Historische Bogenlampe Mühlenstraße Ecke Schulstraße 2008
Quellen:
Sabine Röck, Berliner Außenraumleuchten,
Eine Geschichte der öffentlichen Beleuchtung
Berlins von 1826-1989, Dissertation 2002
Sabine Röck, Die Behrensleuchte, Deutsches Technikmuseum Berlin, 2003
Sabine Röck, Berlin beleuchtet. Die Semperlux-Geschichte, 2004
Herbert Liman, Zur Geschichte der Straßenbeleuchtung in Berlin-Steglitz,
Manuskript 2000
Hans Heckmann, Archiv für Kulturgeschichte der Beleuchtung, Berlin 2008
Haushaltsplan der Gemeinde Berlin-Lankwitz, 1914,1915
Haushaltsplan für den Verwaltungsbezirk Steglitz, 1924 - 1936
Karl Helmstädt „Lankwitz. Geschichte in Wort u. Bild aus Vergangenheit und
Gegenwart“, 1911
„Ortsbeschreibung und Ratgeber bei der Wahl des Wohn- und
Ruhesitzes“ Werbeschrift, 1914
„25 Jahre Arbeit des Grundbesitzervereins Lankwitz Süd e.V“., 1903 - 1928
„Haus- und Grundbesitzerverein zu Berlin-Lankwitz“, 1890 - 1930
„Chronik von Lankwitz“ Arbeitskreis Historisches Lankwitz, 1989
Senator für Bau- und Wohnungswesen „300 Jahre Straßenbeleuchtung in Berlin“,
1979
André Körner, Nuon Stadtlicht GmbH Berlin 2008
Elektrodienst Heinz Iland, Berlin 2008
Zeichnungen vom Verfasser
WO SIE RUHEN
Ist der Titel eines neuaufgelegten Buches aus dem Stapp-Verlag. Darin führt
uns Christian Simon zu den Gräbern
von 1.500 bedeutenden Persönlichkeiten in Berlin und Umgebung.
Ein unveränderter Nachdruck der 1. Ausgabe von 1986 verbot sich, inzwischen
waren etliche Persönlichkeiten verstorben. Für die Neubearbeitung mussten
umfangreiche Recherchen durchgeführt werden, ebenso waren Angaben
zu einzelnen Persönlichkeiten nachzurecherchieren. Dafür einen Bearbeiter
zu finden, war nicht leicht, zumal der
Personenkreis ein weites Spektrum
umfasst. Christian Simon, wagte sich
an die Neubearbeitung und schreibt im
Vorwort:
„Ihre Ruhestätten sind die letzten
Spuren, die von den Verstorbenen bleiben. Es sind Orte des Nachdenkens,
der Erinnerung und der Besinnung.“
In dem Buch werden neben den Lebensdaten jeweils Beruf, wichtige Stellungen und Publikationen sowie die Lage der Grabstätten genannt. Es ist ein
Nachschlagewerk für den Heimatfreund und Heimatkenner, mit dem er
eine große Anzahl von Persönlichkeiten aufspüren kann. Über die getroffene Auswahl ließe sich vortrefflich streiten, bleiben doch einige Persönlichkeiten ungenannt, wie z. B. „Fidus“, der
Künstler und Maler Hugo Höppner, der
auf dem Waldfriedhof Woltersdorf seit
1948 begraben liegt; ein erster Nachtrag für eine 3. Auflage.
Das broschierte Buch, 552 Seiten,
kostet im Buchhandel 14,80 EURO.
ISBN: 978 3 87776 009 7
Dietrich Seidlitz
44
45
Ein neues Buch
Wir danken und gratulieren …
Lichterfelde-West
nach 1945
Annerose Bethke
Menschen - Erlebnisse - Erinnerungen
Der Herausgeber Harald Hensel, der seit 1950
in Lichterfelde lebt, trägt mit dieser Sammlung
von Zeitzeugenberichten dazu bei, eine Lücke
zu füllen, denn über die Geschichte von Lichterfelde nach 1945 wurde nur wenig niedergeschrieben. Das Buch wendet sich nicht nur an
die Lichterfelder, die gern eine Zeitreise in die
eigene Vergangenheit unternehmen möchten,
auch an alle heimatkundlich Interessierten.
Das Buch hat bei mir Erinnerungen geweckt,
die ich ähnlich im Hause meiner Großmutter in
Berlin-Hohenschönhausen erlebte. Viele der
Erzählungen haben sich sicher in ähnlicher Form
auch in anderen Stadtteilen Berlins und Umgebung wiederholt.
Die 33 Berichte sind eine wahre Bereicherung
für jeden Heimatfreund. Erzählen sie uns von
den Schwierigkeiten der Nachkriegsgeneration,
die diese täglich zu meistern hatten. Die Fotos
zu den Artikeln runden das Ganze und geben
ihm ein Gesicht.
Am 1. Januar 2009 konnte Frau Annerose Bethke auf eine 50-jährige Mitgliedschaft
im Heimatverein Steglitz zurückblicken. Sie ist damit sozusagen das „dienstälteste“
Mitglied. Wir gratulieren der Jubilarin, die wir leider für ein Interview nicht erreichen
konnten, ganz besonders herzlich. Wir danken ihr für diese lange Zeit der Treue und
Verbundenheit zu unserem Verein und das Interesse an der Steglitzer Geschichte.
Unsere besten Wünsche begleiten sie ins neue Jahr.
Der Vorstand
Nachruf
Adda Zeising
Geboren wurde Adda Zeising am 27. Dezember 1908. Im Jahre 1967 trat sie als
Mitglied in den Heimatverein Steglitz ein. Als Mitarbeiterin des Vereins war sie mit
Initiative und Tatkraft beim Aufbau des Archivs tätig. An seiner Einrichtung und der
weiteren Entwicklung im vereinseigenen Haus in der Lichterfelder Drakestraße, an
der sie über viele Jahre mit viel Engagement mitarbeitete, hatte sie großen Anteil.
Am 10. Januar 2009, zwei Wochen nach ihrem 100. Geburtstag, starb sie. Beigesetzt wurde sie auf dem Lichterfelder Parkfriedhof. Der Heimatverein Steglitz wird
ihr ein ehrendes Andenken bewahren.
Der Vorstand
Dietrich Seidlitz
Der gebundene Sammelband „LichterfeldeWest nach 1945“ enthält 180 Abbildungen, ist
188 Seiten stark und kostet 18 EUR. Sie erhalten das Buch in der „Lichterfelder Buchhandlung“
Oberhofer Weg 15, 12209 Berlin, Tel: 831 50 01,
Fax: 831 39 62, E-Mail: [email protected],
sowie bei den bekannten Buchhändlern Nähe
Bahnhof Lichterfelde-West, im Büro der Evangelischen Johannesgemeinde, Ringstr. 36 und
im Heimatverein Steglitz, Drakestraße 64A.
46
Linden Apotheke Lichterfelde
Klaus Purand
Lindenstraße 1 a
12207 Berlin
Tel. (030) 712 35 50
Fax (030) 71 38 96 83
47
VERANSTALTUNGSVORSCHAU
Leistungen: Busfahrt im bequemen Reisebus, Übernachtung/ Frühstück, alle Eintrittsund Führungsgebühren. Preis pro Person: 130,00 Euro für Mitglieder, 145,00 Euro
für Nichtmitglieder Einzelzimmerzuschlag: 13,00 Euro
Samstag, 14. März 2009
Konzert mit dem Seniorenchor Steglitz
Der Seniorenchor Steglitz unter seiner neuen Leiterin Maria Grimm ist mit seinem
breiten Repertoire über die Grenzen des Bezirks hinaus bekannt. Im Festsaal des
traditionsreichen Rotherstifts in Lichterfelde stellt er sein neues Programm mit bekannten Frühlingsliedern, klassischen Volksliedern und "Ohrwürmern" aus der Welt
der leichten Muse vor.
Eintritt: 4,00 Euro - Kartenverkauf: Im Büro des Heimatvereins oder auf telefonische Bestellung unter 833 21 09. Zeit: 16.00 Uhr,
Ort: Seniorenwohnheim Rotherstift, Kommandantenstr. 9-12, Berlin Lichterfelde
Freitag, 8. Mai 2009
Besuch beim Bundesnachrichtendienst (BND)
Samstag, 18. April 2009
Der Hauptsitz des BND befindet sich noch in Pullach bei München. Ein Teil der Organisation hat seit 2003 seinen Sitz in der ehemaligen Gardeschützenkaserne in
Lichterfelde. Nach Fertigstellung des Neubaus in der Chausseestraße in BerlinMitte (ehem. Stadion der Weltjugend) wird der größte Teil der Organisation dorthin umziehen. Aufgaben und Arbeitsweise des BND führen zu einer ständigen
Gratwanderung zwischen der notwendigen Geheimhaltung und dem Anspruch
nach Transparenz seitens des Parlamentes und der Öffentlichkeit. Nicht vergessen
wird bei diesem Besuch die vor 125 Jahren erbaute Gardeschützenkaserne und
ihre wechselvolle Geschichte.
Begrenzte Teilnehmerzahl, Anmeldung erforderlich
Aus Sicherheitsgründen ist die Anmeldung nur mit der vollständigen Angabe der
Personaldaten möglich. Das angegebene Dokument (Personalausweis oder Reisepass) muss beim Einlass vorgelegt werden.
Zeit: 14.00 Uhr, Teilnahme kostenlos
Treffpunkt: Haupteingang am Tietzenweg, Berlin-Lichterfelde
Führung durch Südende mit Dr. Christian Simon
Samstag, 30. Mai 2009
Dienstag, 31. März 2009
Mitgliederversammlung
Für die Mitglieder des Heimatvereins Steglitz liegt die Einladung zur Mitgliederversammlung einschließlich der Tagesordnung der Steglitzer Heimat bei.
Zeit: 18.30 Uhr, Ort: Schwartzsche Villa, Schloßstr. 55, Ecke Grunewaldstraße
Im kleinsten Stadtteil von Steglitz, der "Landhauskolonie Südende" entstanden vor etwa 135 Jahren die ersten Häuser. Viele bekannte Persönlichkeiten lebten hier: der
Schriftsteller und Maler George Grosz, die Politikerin Rosa Luxemburg, der Flugpionier Freiherr v. Hünefeld, der Schriftsteller und Kirchenliederdichter Jochen Klepper,
Admiral Canaris, der Chef der Abwehr und Widerstandskämpfer. Bei einem schweren Bombenangriff im August 1943 wurde Südende wie auch Lankwitz weitgehend
zerstört. Nur wenig ist von der einstigen Landhauskolonie geblieben. Christian Simon,
der selber in Südende lebt, führt auf die Spuren der Geschichte dieses Stadtteils und
weiß viel darüber zu erzählen. Teilnahme kostenlos, Anmeldung nicht erforderlich.
Zeit: 14.00 Uhr, Dauer etwa 1 ½ bis 2 Stunden. Treffpunkt: Bahnhof Südende
Führung auf dem Südwestkirchhof Stahnsdorf
Samstag/Sonntag, 25./26. April 2009
„Ein Stück märkischen Waldes, parkartig behandelt, die Gräberplätze weit auseinander, herrlich, schön, friedlich.“ So beschreibt Victor Klemperer den 206 ha großen Friedhof. Wegen seiner einzigartigen Gestaltung erlangte er schnell große Bedeutung und wurde zur letzten Ruhestätte von vielen Persönlichkeiten: Baronin
von Ardenne, Rudolf Breitscheid, Theodor Fontane, Walter Gropius, Engelbert Humperdinck, Ferdinand von Richthofen, Heinrich Zille und viele andere. Der Friedhof
dokumentiert aber auch die Bestattungskultur aus zwei Jahrhunderten.
Zeit: 14.15 Uhr, Führungsgebühr: 4,00 Euro. Anmeldung erforderlich.
Treffpunkt: Haupteingang am Rudolf-Breitscheid-Platz
Fahrverbindung: Bushaltestelle Stahnsdorf Bahnhofstraße
Wochenendfahrt nach Stralsund und Rügen
Samstag, 13. Juni 2009
In Stralsund verbindet sich Altes mit Neuem: die Altstadt, eine Perle der Backsteingotik und Weltkulturerbe der UNESCO neben dem einzigartigen Ozeaneum des
Deutschen Meeresmuseums. Beides werden wir am Samstag unter sachkundiger
Führung erkunden. Am Sonntag erleben wir die landschaftliche Vielfalt der größten Insel Deutschlands: Rügen. Weiße Steilküsten, charmante Bäderarchitektur,
verträumte Fischerdörfer, idyllische Buchten und Binnenseen sowie üppige
Buchenwälder prägen die Insellandschaft und warten auf unsere Entdeckung. Die
Übernachtung erfolgt im Parkhotel in Bergen auf Rügen. Den genauen Reiseablauf
erhalten die Teilnehmer rechtzeitig vor Reiseantritt.
48
Tagesfahrt nach Buckow,
der Perle der Märkischen Schweiz
Buckow am Schermützelsee ist ein idyllisches Ausflugsziel in der Märkischen
Schweiz. Sehenswert ist das Brecht-Weigel-Haus, das Bertolt Brecht und Helene
Weigel von 1952 an als „Sphäre der Isolation“ nutzten, bevor es 1977 zur Gedenkstätte wurde. Nach dem Mittagessen können Sie Dietrich Seidlitz auf einem Spaziergang durch die Stadt Buckow begleiten, die viel Sehens- und Bemerkenswertes
bietet. Wer es bequemer mag, kann an einer Dampferfahrt teilnehmen.
49
Abfahrt: 9.00 Uhr am Steglitzer Kreisel, Rückkehr ca. 19.00 Uhr
Leistungen: Busfahrt, Führung im Brecht-Weigel-Haus, Mittagessen (2-Gang-Menü)
Preis: 55,- Euro für Mitglieder, 60,- Euro für Nichtmitglieder. Anmeldung erforderlich.
Donnerstag bis Sonntag, 20. - 23. August 2009
Wochenendreise ins Münsterland
Citroen
Die Reise im kommenden Jahr wird uns ins Münsterland führen. Höhepunkte bilden
dabei die Domstadt Münster, wo 1648 mit dem Westfälischen Frieden der 30jährige Krieg beendet wurde, mit ihren vielen Sehenswürdigkeiten und der Besuch einiger der vielen Schlösser und Burgen in der Umgebung. Einzelheiten zu dieser Busreise werden so bald als möglich bekannt gegeben.
Anmeldungen werden schon entgegengenommen.
55 Jahre Kompetenz und Erfahrung
Wir freuen uns auf Ihren Besuch!!!
Neue Ausstellung im Steglitz-Museum
Ab Sonntag, 22. März 2009
Silhouetten und Profile Die Welt der Scherenschnitte
Die Wiege des Scherenschnitts stand in Nordchina und ist eine der ältesten Volkskünste. Die alten Chinesen schnitten zuerst Silhouetten aus Leder, verwendeten
später Pergament und schließlich Papier, mit denen hauptsächlich Fenster und
Türen dekoriert wurden. Außerdem waren sie als Schattenspielfiguren und als Schmuck
auf den eckigen Laternen sehr beliebt. Dieses Handwerk breitete sich nach Westen
aus und kam über den Orient Anfang des 17. Jahrhunderts nach Europa. Hier entwickelte sich der Scherenschnitt als eine „Liebhaberkunst“, die durch den französischen Finanzminister Etienne de Silhouette (1701-1767) einen Höhepunkt erlebte.
Aus Sparsamkeit empfahl er anstelle von teuren Porträtgemälden doch Porträtrisse aus Papier herstellen zu lassen. Später setzten sich auch Darstellungen von
Pflanzen, Tieren, Menschen und Szenen aus dem täglichen Leben durch. In
Deutschland waren Scherenschnitte besonders zur Goethezeit sehr beliebt. Bedeutende Künstler, u. a. Paul Konewka, Luise Hensel, Adele Schopenhauser und
Marcus Behmer, vertraten diese Kunst bis hin zum Jugendstil. Mit dem Aufkommen
der Fotografie ging die Bedeutung weitgehend verloren. Aber heutzutage haben
klassische und moderne Scherenschnitte wieder einen großen Liebhaberkreis.
Das Steglitz-Museum stellt Ihnen im Frühjahr und Sommer 2009 einen Querschnitt
von Original-Scherenschnitten zu verschiedenen Themen vor. Außerdem erzählen
wir über die verschiedenen Techniken, die Künstler, die Geschichte und Entwicklung. Dazu sind auch einige Rahmenveranstaltungen vorgesehen, über die wir Sie
zu einem späteren Zeitpunkt informieren werden.
50
Vertragshändler
Testen & Probefahrten
aller neuen Modelle!
MALTESERSTRAßE 168
Marienfelde (12277 Berlin)
INFO: (030) 721 60 02 - Fax 722 42 67
● Ständige Neuwagenausstellung
● Citroën-Hausbankfinanzierung
● Ständig neue Dienstwagen preiswert!
● Unfall- und Werkstatt-Sofortservice,
● Teile- und Zubehörverkauf
● Profitieren Sie von unseren
● Gebrauchtwagen
NICHTS BEWEGT SIE WIE EIN CITROËN
www.furchtmann.de
JÖRG BE
CKER
IMMOB
ILIEN
Ihr Immobilienmakler
vor Or t
KELLERS
TRASSE 2
12167 BE
RLIN
TELEFON
030/753
70 14
TELEFAX
030/753
71 54