NEWSLETTER - Kanzlei FELLA FRICKE WAGNER
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NEWSLETTER - Kanzlei FELLA FRICKE WAGNER
NEWSLETTER PRIVATES BAURECHT – VERGABERECHT – IMMOBILIENRECHT – WIRTSCHAFTSRECHT JULI 2013 www.ffwkanzlei.de Inhalt Editorial Seite 4 Privates Baurecht Abnahme trotz langer Mängellisten Seite 5 Verkürzung der Gewährleistungsfrist durch Vereinbarung im Abnahmeprotokoll Seite 6 Auch ein "garantierter Pauschalfestpreis" schützt nicht vor Mehrforderungen aus geänderten oder zusätzlichen Leistungen Seite 7 Jetzt also doch? Anordnungsrecht des Auftraggebers umfasst auch die Bauzeit Seite 9 Stillschweigende und fingierte Abnahme eines Bauwerks nach polnischem Recht unter Berücksichtigung der standardmäßigen FIDICKontraktbedingungen („FIDIC Red Book“) Seite 10 Werkvertragsrecht Sicherungsumfang einer Vorauszahlungsbürgschaft Seite 12 Vergaberecht Das Vergabeverfahrensrisiko liegt beim Auftraggeber Seite 14 Zu welchem Zeitpunkt muss ein Bieter über eine notwendige Maschine verfügen? Seite 15 Architektenrecht Nicht geschützte Planung darf durch Dritte weiterverwendet werden Seite 16 Architekt muss Bauherrn auf erforderlichen Vertragsstrafenvorbehalt hinweisen Seite 17 Immobilienrecht Immobilienerwerber haftet für die Kautionsrückzahlung auch in der Zwangsversteigerung Seite 18 Veräußerer eines vermieteten Grundstücks haftet dem Mieter für die Rückzahlung der Kaution Seite 19 2 Inhalt Immobilienrecht Zur verschuldensunabhängigen Haftung des Vermieters bei "kalter" Wohnungsräumung Seite 21 Verjährung von Nachforderungen aus Betriebskostenabrechnungen bei Vorbehalt der Nachberechnung einzelner Positionen Seite 22 Mietrechtsänderungsgesetz – Was ändert sich für Mieter und Vermieter? Seite 23 Umstrittene Reservierungsgebühren für Makler Seite 25 Wirtschaftsrecht Die Insolvenzantragspflicht des GmbH-Geschäftsführers Seite 27 Den Generationswechsel im Unternehmen erfolgreich gestalten Seite 29 Gastbeitrag Prüfung von Mehrforderungen aus angeblicher AGK-Unterdeckung im angeblich gestörten Bauablauf Seite 30 Brauchen Unternehmen wirklich eine Anti-Stressverordnung? Seite 32 Sonstiges Folgen und Risiken der Vernachlässigung des Arbeits- und Gesundheitsschutzes - Zahlen und Fakten zum Thema Arbeits- und Gesundheitsschutz Seite 33 Firmenwagen steuerfrei Seite 34 News Koalition will Öffentlich-Private Partnerschaften mittelstandsfreundlich gestalten Seite 35 HOAI 2013: Referentenentwurf online Seite 35 Änderungsentwurf zur polnischen Körperschaft- und Einkommensteuer Seite 36 3 Editorial Das Vertrauen unserer Mandanten ist unser Anspruch und unsere höchste Auszeichnung Liebe Leserin, lieber Leser, Sie erhalten unseren neugestalteten Newsletter zu den Themen Privates Baurecht Werkvertragsrecht Vergaberecht Architektenrecht Immobilienrecht Wirtschaftsrecht mit den besten Grüssen aus unserer Rechtsabteilung. Durch die Neugestaltung des Newsletters möchten wir unsere Mandanten noch zielgerichteter und umfassender über rechtliche Probleme und Neuerungen in den Schwerpunktbereichen unserer Tätigkeit informieren. Über Anregungen, Feedback und Verbesserungsvorschläge würden wir uns sehr freuen. Um einen Blick über den (juristischen) Tellerrand zu wagen, wird jede Ausgabe unseres Newsletters einen oder mehrere Gastbeiträge enthalten. In dieser Ausgabe stammen die Gastbeiträge aus den Bereichen des betrieblichen Gesundheitsmanagements und der Mehrforderungen aus AGKUnterdeckung beim gestörten Bauablauf. Neuer Standort – neuer Partner Weiterhin möchten wir Sie darüber informieren, dass sich unsere Kanzlei personell und örtlich erweitert hat. Seit 01.04.2013 besitzen wir nun auch ein Büro in Hamburg. Wir hoffen durch unsere Präsenz im Norden Deutschlands, die bestehenden Kontakte zu den dort ansässigen Mandanten zu intensivieren und neue Kontakte zu knüpfen. Der Standortleiter unseres Hamburger Büros ist Herr Rechtsanwalt Bence Horváth, der seit 01.01.2013 auch als neuer Partner bei FFW aufgenommen wurde. Rechtsanwalt Horváth verfügt über langjährige Erfahrungen in den Bereichen des Privaten Baurechts, insbesondere bei PPPProjekten, des Anlagenbaus und des internationalen Vertragsrechts. Er war sowohl als Rechtsanwalt als auch als Justitiar bei mehreren großen Bauunternehmen und Bauherren in Deutschland tätig und verstärkt unser Team daher in unseren Kernkompetenzen. Unseren nächsten Newsletter erhalten Sie zum Ende des 4. Quartals. Ihr FFW-Team 4 PRIVATES BAURECHT Abnahme trotz langer Mängellisten Sachverhalt: Auftraggeber (AG) und Auftragnehmer (AN) haben einen Bauvertrag geschlossen, dessen Gegenstand ein Neubau mit zwei fünf- bis achtgeschossigen Wohnhauszeilen, bestehend aus 11 Häusern mit 128 Wohnungen und 147 TGStellplätzen, ist. Die vertraglich vereinbarte Mängelgewährleistungsfrist betrug fünf Jahre. Nach Abnahme der Leistung fordert der AG von seinem AN für die Beseitigung von Mängeln einen Vorschuss in Höhe eines Betrages von 376.500 Euro. Der AG ist der Auffassung, dass die förmliche Gesamtabnahme am 08.12.1997 erfolgt sei, was eine auf diesen Tag datierte "Abnahmeniederschrift" belege. Er meint zudem, bereits die Länge der im Rahmen der Abnahmebegehungen erstellten Mängellisten stehe einer früheren Abnahme entgegen. Die Einreichung der Klage habe die Verjährung gehemmt. Der AN ist der Auffassung, es habe eine „gestreckte Abnahme" einzelner Bauteile und Wohnungen von Dezember 1996 bis Mai 1997 stattgefunden. Dies sei durch mehrere Abnahmebescheinigungen nachgewiesen. Der letzte Akt dieses Vorgangs sei die Abnahme der Dächer, der Fassaden und der Treppenhäuser am 15.05.1997 gewesen. Im Anschluss daran seien keine weiteren Abnahmehandlungen vorgenommen worden . Der AN erhebt daher die Einrede der Verjährung. Entscheidung: Die Klage des AG hat keinen Erfolg. Das Kammergericht (Urteil vom 11.03.2011, Az: 6 U 128/08) weist die Klage wegen Verjährung der Ansprüche ab. Weil es sich bei dem gegenständlichen Bauvorhaben um ein sehr großes Bauvorhaben handelte, habe eine Vielzahl von Abnahmebegehungen und Prüfungen der Bauteile stattgefunden. Es sei unvermeidlich, dass hierbei eine Vielzahl von Mängeln festgestellt werde. Die Länge dieser Mängellisten gebe keine Auskunft über die Abnahmefähigkeit eines Bauteils. Ferner haben beim Bau mehrfach Mängelbeseitigungsarbeiten stattgefunden, die dann Gegenstand des jeweiligen Abnahmeprotokolls gewesen seien. Die ausdrücklich als Abnahmebescheinigungen überschriebenen Urkunden, aus denen sich die Billigung des jeweils benannten Bauwerkteils und einzelner Wohnungen ergeben, reichten als Nachweis für die erfolgte (Gesamt-)Abnahme aus. Praxistipp: Insbesondere bei großen Bauvorhaben sind Abnahmebegehungen über mehrere Tage nicht ungewöhnlich. Soweit nach den Begehungen für die jeweiligen Bauteile Abnahmebescheinigungen erteilt sind und zum Abschluss der letzten Abnahmebegehung alle Bauteile erfasst werden, gilt damit ‒ vorbehaltlich abweichender Regelungen ‒ die Abnahme der Gesamtleistung als erfolgt. Im Fall von Teilabnahmen stellt die Teilabnahme des letzten, in sich abgeschlossenen und funktionsfähigen, Bauteils gleichzeitig die endgültige Abnahme der Gesamtleistung dar. Da die Abnahme die Bestätigung der Herstellung einer im wesentlichen vertragsgerechten Leistung darstellt, besteht auch objektiv keine Veranlassung, davon auszugehen, dass es (immer) eines einzigen Abnahmeprotokolls bedarf, um eine wirksame Abnahme des Gesamtbauvorhabens anzunehmen. Entscheidend ist, dass der Auftraggeber für alle Leistungen die Abnahme erklärt. Dies nachzuweisen obliegt wiederum dem Auftragnehmer. Jörg Fricke Rechtsanwalt [email protected] 5 PRIVATES BAURECHT Verkürzung der Gewährleistungsfrist durch Vereinbarung im Abnahmeprotokoll Sachverhalt: Ein Auftragnehmer (AN) beansprucht von seinem Vertragspartner (AG) die Herausgabe einer Gewährleistungsbürgschaft. Grundlage des Bauvertrages ist die VOB/B sowie besondere Vertragsbedingungen. Hiernach hat der AG die Bürgschaft nach Ablauf der 5jährigen Gewährleistungsfrist und Befriedigung der bis dahin erhobenen Ansprüche an den AN herauszugeben. Im Protokoll der am 05.06.2003 durchgeführten Abnahme ist vermerkt worden: "Gewährleistung: Ende der Gewährleistung 04.06.2008". Das Protokoll wird von einem Mitarbeiter des AG sowie einem Vertreter des AN unterzeichnet. Mit Schreiben vom 02.06.2008, welches dem AN am 05.06.2008 zugeht, rügt der AG Mängel. Der AG ist der Auffassung, die Mängelrüge habe zur Quasiunterbrechung der Verjährung gemäß § 13 VOB/B geführt, da die Angabe des Verjährungsendes im Abnahmeprotokoll nicht bindend sei. Die Angabe im Protokoll sei ein Versehen. Ferner sei der an der Abnahme beteiligte Mitarbeiter des AG ohne Vertretungsmacht aufgetreten. Es gelte daher die vertraglich vereinbarte Verjährungsfrist, die erst mit Ablauf des 05.06.2008 ende. Die Bürgschaft sei daher noch nicht herauszugeben. Entscheidung: Das OLG Braunschweig hat in seinem Urteil vom 20.12.2012 (Az: 8 U 7/12) der Klage stattgegeben. Die Parteien haben mit der individuellen Angabe des Endtermins der Gewährleistungsfrist und Unterzeichnung des Abnahmeprotokolls eine Vereinbarung über die Verjährung der Gewährleistungsansprüche getroffen. Die ursprüngliche Gewährleistungsfrist von fünf Jahren, die am zum 05.06.2008, 24 Uhr, endet, wurde durch die Parteien einvernehmlich um einen Tag, das heißt bis zum 04.06.2008, 24 Uhr, verkürzt. Die Unterzeichnung des Abnahmeprotokolls sei eine Willens- und nicht nur Wissenserklärung, da sie auf die Klarstellung der Gewährleistungsfrist gerichtet ist. Unerheblich ist, ob die Abgabe von Willenserklärungen von Gemeindemitarbeitern den kommunalrechtlichen Vertretungsregelungen unterliegt. Entscheidend ist, dass sich der AG das Handeln der Person, die er als Vertreter für die rechtsgeschäftliche Abnahme entsendet, nach den Grundsätzen der Anscheinsvollmacht zurechnen lassen muss. In jedem Fall können die vom BGH (IBR 2011, 189; IBR 2011, 190) für das Handeln eines in einen Termin entsandten Vertreters und die Bindungswirkung des Terminprotokolls entwickelten Grundsätze auf den vorliegenden Sachverhalt übertragen werden. Der AG hätte daher nach den zum kaufmännischen Bestätigungsschreiben entwickelten Grundsätzen der im Protokoll angegebenen Frist unverzüglich widersprechen müssen, was er jedoch nicht getan habe. Praxistipp: In vielen Abnahmeprotokollen befindet sich die Angabe des Verjährungszeitraums oder des Verjährungsendes. Da die Angabe der Gewährleistungsfrist jedoch nicht erforderlich ist, weil diese bereits vertraglich oder gesetzlich geregelt ist, sollte entweder vollständig darauf verzichtet werden oder diese sorgfältig, das heißt vor Unterzeichnung des Protokolls und auch danach, geprüft und gegebenenfalls unverzüglich ein schriftlicher Widerspruch formuliert werden. Kristin Kirchhoff Rechtsanwältin [email protected] 6 PRIVATES BAURECHT Auch ein "garantierter Pauschalfestpreis" schützt nicht vor Mehrforderungen aus geänderten oder zusätzlichen Leistungen Sachverhalt: Ein Generalunternehmer erhielt auf der Grundlage der VOB/B den Auftrag zur Errichtung eines Mehrfamilienhauses mit 41 Wohneinheiten. Im besagten Vertrag wurde der Leistungsumfang durch eine allgemeine Bau- und Funktionsbeschreibung sowie Eingabepläne definiert. Zudem hieß es im Vertrag, das Gebäude werde "entsprechend den genehmigten Plänen des Architekten gemäß Baubeschreibung in fertiger und funktionsgerechter Ausführung" errichtet. Nach Ziff. 1.12. des Bauvertrags blieben Änderungen aufgrund behördlicher Auflagen vorbehalten. Allerdings sollten nach dem Vertrag aus diesen Änderungen keine Ersatzansprüche abzuleiten gewesen sein. Als sogenannter "garantierter Pauschalfestpreis" wurden 2,8 Mio. EUR vereinbart. Im Rahmen der Bauausführung mussten dann verschiedene Leistungen ‒ unter anderem an den Fenstern, der Wasserversorgung und der Solaranlage ‒ aufgrund bauaufsichtlicher Vorgaben anders als in den Eingabeplänen dargestellt ausgeführt werden. Der Generalunternehmer macht diesbezüglich Nachträge in Höhe von 141.300 Euro geltend. Entscheidung: Das OLG Koblenz (Urteil vom 14.11.2012 - 5 U 465/12) sieht die Mehrvergütungsansprüche des Generalunternehmers als gegeben an. Trotz der Pauschalpreisabrede sind außerhalb des ursprünglich vereinbarten Leistungskatalogs liegende Arbeiten auch dann, wenn sie preislich nicht wesentlich ins Gewicht fallen, gesondert zu vergüten. Dabei bestimmte sich der Leistungskatalog nicht nach den Modalitäten der Baugenehmigung, die seinerzeit noch gar nicht erteilt war, sondern nach den vorliegenden, die allgemeine Bauund Funktionsbeschreibung konkretisierenden Baueingabeplänen des Architekten. Allein auf dieser Basis war auch das Angebot des Generalunternehmers erarbeitet worden und ist die Preisbildung erfolgt. Der Umstand, dass das Bauwerk nach den "genehmigten Plänen des Architekten" zu errichten war, stellt lediglich die Selbstverständlichkeit heraus, dass am Ende auf dieser Grundlage zu bauen und der Leistungskatalog dann gegebenenfalls anzupassen ist. Zwar wäre es möglich gewesen, die Auswirkungen von Änderungen auf den vereinbarten Pauschalfestpreis vertraglich zu unterbinden. Eine entsprechende Vereinbarung muss aber strengen Anforderungen genügen und deutlich gefasst sein. Die in Ziff. 1.12 getroffene Regelung genügt dem nicht. Diese Regelung betrifft nicht das für die geänderten Leistungen zu entrichtende Entgelt, sondern die Ersatzberechtigung sowohl des Generalunternehmers als auch des Auftraggebers wegen Beeinträchtigungen, welche möglicherweise aus den Änderungen entstehen. Praxistipp: Soweit als Vergütung der Leistung eine Pauschalsumme vereinbart ist, bleibt die Vergütung unverändert (VOB/B § 2 Abs. 7 Nr. 1 Satz 1). Das heißt im Umkehrschluss: Ändert sich die Leistung, ändert sich auch die Vergütung. Beim VOB-Vertrag ergibt sich das aus § 2 Abs. 7 Nr. 2 VOB/B, wonach die Regelungen der Absätze 4, 5 und 6 7 auch bei Vereinbarung einer Pauschalsumme Anwendung finden. Das gilt immer, es sei denn, es ist ausdrücklich etwas anderes (wirksam) vereinbart worden. An eine solche abweichende Vereinbarung sind aufgrund der erheblichen Rechtsfolgen besonders hohe Anforderungen zu stellen. Eine Pauschalpreisabrede stellt lediglich einen Aufmaßverzicht (Bolz, BauR 2010, 374, 378) dar und ist kein Preispolster für unwesentliche Leistungsänderungen sowie Zusatzleistungen (BGH, IBR 2002, 655). Kai Landvoigt Rechtsanwalt [email protected] 8 PRIVATES BAURECHT Jetzt also doch? Anordnungsrecht des Auftraggebers umfasst auch die Bauzeit Sachverhalt: Die Bundesrepublik Deutschland (AG) hatte einen Auftragnehmer (AN) mit Bauleistungen für den Umbau eines Bunkers beauftragt. Die Bauphase verlängerte sich von ursprünglich knapp einem Jahr auf über zwei Jahre. Ursache hierfür waren verschiedene Verzögerungen, weshalb der AG gezwungen war, die Terminpläne immer wieder neu anzupassen. Der AN machte wegen der entstandenen Bauzeitverlängerung Mehrvergütungsansprüche in Höhe von 344.000 Euro geltend. Entscheidung: Das OLG Hamm wies die Klage mit Urteil vom 12.04.2011 (Az: 24 U 29/09) ab. Erstaunlich an dieser Entscheidung ist aber, dass das OLG Hamm seine bisherige Rechtsprechung (gestützt auf den Aufsatz von Thode, ZfBR 2004, 214) änderte, wonach bislang Anordnungen zur Bauzeit niemals berechtigt sein und damit auch nicht zu Vergütungsansprüchen nach § 2 Abs. 5 VOB/B führen konnten. Nunmehr bejahte das OLG Hamm dem Grunde nach, dass eine Änderungsanordnung des AG zur Bauzeit, die vom AN akzeptiert wird, zu Mehrvergütungsansprüchen führen kann. Es wies die Klage jedoch mit der Begründung ab, dass im vorliegenden Fall ein Rechtsbindungswille der AG in Bezug auf eine Bauzeitanordnung nicht nachgewiesen worden sei. Das Gericht ging davon aus, dass die Notwendigkeit, die Bauzeit aufgrund von Verzögerungen ‒ auch Dritter ‒ zu verlängern, nicht notwendig einen Rechtsbindungswillen zu einem Auftrag zur Bauzeitverlängerung enthalten müsse. Entscheidend sei vielmehr, dass ein Wille des AG bestehe, infolge geänderter Umstände Änderungen im zeitlichen Ablauf als neuen Gegenstand der vertraglichen Leistung anzuordnen. Hierbei komme es entscheidend darauf an, in welchem Maße der AG Einfluss auf die veränderten Umstände habe. Wenn diese Umstände außerhalb seiner Sphäre lägen, sei ein rechtsgeschäftlicher Wille regelmäßig nicht erkennbar. Auch aus der Vorlage mehrfach geänderter Bauzeitenpläne und einer Akzeptanz der darin ent- haltenen Fristen durch den AN könne nicht ohne Weiteres auf eine einvernehmliche Änderung der vertraglichen Grundlagen im Hinblick auf eine verbindliche Neubestimmung der Bauzeit geschlossen werden. Praxistipp: Leider vermag die Begründung des OLG Hamm nicht zu überzeugen und stärkt abermals die Position des AG. Warum ein AG nicht damit rechnen sollen muss, dass die verbindliche Vorgabe neuer Termine zu Mehrvergütungsansprüchen des AN führt, ist nicht nachvollziehbar. Björn Müller Rechtsanwalt [email protected] 9 PRIVATES BAURECHT Stillschweigende und fingierte Abnahme eines Bauwerks nach polnischem Recht unter Berücksichtigung der standardmäßigen FIDIC-Kontraktbedingungen („FIDIC Red Book“) Zur Bedeutung der Abnahme und zu ihren Rechtswirkungen gibt es zahlreiche Fehlvorstellungen. Einerseits wird die große Bedeutung der Abnahme verkannt. Sie liegt im Wesentlichen darin, dass sie die Erfüllung des Werkvertrages dokumentiert und zahlreiche Wirkungen zugunsten des Unternehmers auslöst. Diese Abnahmewirkungen können in einem Prozess entscheidende Bedeutung haben. Andererseits wird häufig übersehen, dass es wichtige, von der Rechtsprechung formulierte, Ausnahmetatbestände gibt, nach denen die Abnahmewirkungen auch dann eintreten, wenn eine Abnahme nicht vorliegt. Zur erfolgreichen Prozessführung in Bausachen sind Kenntnisse des Abnahmerechts unabdingbar. Der juristische Begriff „Abnahme“ bezeichnet allgemein eine Erklärung, dass eine Sache oder ein Zustand bestimmten Kriterien entspricht, so insbesondere, dass ein Werk als erfüllungstauglich bestätigt wird. Die Abnahme ist vom Besteller ausdrücklich zu erklären, in der Praxis erfolgt aber häufig nur eine stillschweigende (konkludente) Abnahme des Werkes. Bei einer stillschweigenden Abnahme erklärt der Besteller die Billigung des Werkes nicht ausdrücklich, sondern durch schlüssiges Verhalten. Die erforderliche Anerkennung liegt in einem vom Willen des Bestellers getragen Verhalten, aus dem der Unternehmer schließen darf, der Besteller billige die Leistung als im Wesentlichen vertragsgemäß. Diese stillschweigende rechtsgeschäftliche Abnahme ist von einer sogenannten fingierten Abnahme grundsätzlich zu unterscheiden. Bei abnahmefähigen Werken wird der rechtsgeschäftlichen (ausdrücklichen oder stillschweigenden) Abnahme eine trotz Fristsetzung unterlassene Abnahme allerdings im Hinblick auf die Rechtsfolgen gleichgestellt (fingierte Abnahme oder Abnahmefiktion). I. Das polnische Zivilgesetzbuch regelt zwar die rechtsgeschäftliche Abnahme und die Verpflichtung des Bestellers, eine solche Abnahme bei Billigung des Werkes erklären zu müssen, sieht jedoch keine Einzelheiten hinsichtlich ihrer Durchführung vor. Insbesondere regelt es - im Unterschied zum deutschen Recht (vgl. § 640 Abs.1 S.3 BGB) - keine fingierte Abnahme. Auch die polnische Rechtsprechung hat diesbezüglich bisher keine klaren, verlässlichen Grundsätze entwickelt. Auch das polnische Baugesetzbuch hilft dem Unternehmer in diesem Zusammenhang nicht weiter. Es enthält zwar eine Reihe von allgemein formulierten Pflichten, die den Bauherrn (u. a. die Sicherstellung der Ausführung und Abnahme der Bauarbeiten) sowie den zuständigen Bauleiter (u. a. die Anmeldung beim Bauherrn der Bauarbeiten zur Abnahme, die Teilnahme an Abnahmebegehung) treffen, unterlässt aber genauso wie die polnische 10 Rechtsprechung - eine in der Praxis so begehrte Konkretisierung der Pflichten und Zuweisung der Rechtsfolgen. Vor diesem Hintergrund sollten die tatsächlichen und rechtlichen Folgen einer unbegründeten Abnahmeverweigerung durch den Besteller oder einer nicht innerhalb einer bestimmten Frist erfolgten Abnahme im Bauvertrag nach polnischem Recht klar geregelt werden. II. Im Unterschied zum polnischen Zivilgesetzbuch regeln die FIDIC Bedingungen, die bei polnischen Bau- und Infrastrukturgroßprojekten sehr häufig als Vertragsbedingungen vereinbart werden, das Abnahmeverfahren (test on completion) und seine Bescheinigung sehr eingehend: Die Abnahme ist in den Klauseln 9 (Tests), 10 (Talking over) und 11 (Defects Liability) des Fidic Red Books geregelt und erfolgt in mehreren Schritten. Die an die Abnahme nach polnischem (und deutschem Recht, vgl. § 640 BGB) geknüpften Folgen treten hier zeitlich gestreckt ein: Nach Fertigstellung (completion) kann der Unternehmer sogenannte „Übernahme“ (wird häufig als „Abnahme“ übersetzt) verlangen. Die Fertigstellung und die Abnahmereife werden, soweit die Test (test of completion) erfolgreich verlaufen, mit der Übernahmebescheinigung (talking over certificate) bestätigt, die der zuständige Ingenieur (Engenieer) innerhalb von 28 Tagen nach Antrag des Unternehmers ausstellen muss. Unterlässt der Ingenieur die förmliche Übernahme oder die Zurückweisung des Antrags auf Übernahme, gilt die Übernahme nach Fristablauf als erfolgt (Übernahmefiktion), vorausgesetzt, die Arbeiten sind im Wesentlichen vertragsgerecht. Die Wirkungen dieser Übernahmefiktion werden in der Praxis regelmäßig mit Wirkungen einer fingierten Abnahme gleichgestellt. Diese Gleichstellung trifft allerdings nur auf die Folgen zu, die nicht an die Ausstellung einer Erfüllungsbescheinigung (performance certificate) anknüpfen: Von ihrer Erteilung sind die Möglichkeit zur Schlussabrechnung (Final Payment Certificate) und der Anspruch auf Herausgabe der Erfüllungssicherheit abhängig. Erst die Erfüllungsbescheinigung bestätigt die vollständige Erfüllung des Vertrags (im Sinne einer Abnahme) und entscheidet über die Verjährungsfrist für die Mängelgewährleistung. Jakob Krupski Rechtsanwalt [email protected] Die Übernahmebescheinigung bringt die Mängelanzeigefrist (defects notification period), die nicht mit der gesetzlichen Mängelgewährleistung zu verwechseln ist, zum Laufen und führt zur Gefahrverlagerung auf den Besteller. Erst nach Ablauf der Mängelanzeigefrist kann die Erfüllungsbescheinigung (performance certificate) verlangt werden. 11 WERKVERTRAGSRECHT Sicherungsumfang einer Vorauszahlungsbürg- schaft Sachverhalt: Die Parteien vereinbaren in einem BGB-Werkvertrag die Stellung einer Sicherheit, die als „Bürgschaft zur Absicherung von Vorauszahlungen“ bezeichnet wird und unbefristet auszustellen ist. Daneben ist auch eine Bürgschaft zur Absicherung der Vertragserfüllung in Höhe von 5% des Auftragswertes zu stellen. Die Vorauszahlungsbürgschaft ist laut Vertrag nach der Lieferung einer genau definierten Teilleistung des Werkes zurück zu geben und gibt an, dass der Bürge für etwaige Ansprüche des AG auf Rückzahlung der geleisteten Vorauszahlung die selbstschuldnerische Bürgschaft bis zu einem Höchstbetrag übernimmt. Die Bürgschaft ist „unbefristet bis zur Erfüllung und Abnahme der vertraglichen Verpflichtungen bis zur Höhe der Vorauszahlung“ und erlischt nach der Rückgabe der Bürgschaftsurkunde. Sie enthält zudem die Festlegung: „Der Bürge wird Zahlung leisten, wenn der AG darlegt, dass der AN seinen vertraglichen Verpflichtungen aus dem Auftrag nicht nachgekommen ist.“ Vor der Lieferung der o. g. Teilleistung kündigt der AG wegen eines Verzuges des AN Gegenforderungen an, die den Wert der Vorauszahlungsbürgschaft knapp übersteigen. Der durch den AN verschuldete Leistungsverzug besteht nicht nur für die o. g. Teilleistung, sondern auch für andere, wesentliche Leistungsteile. Der AN erbringt schließlich die für die Rückgabe der Vorauszahlungsbürgschaft relevante Teilleistung und fordert den AG auf, die Vorauszahlungsbürgschaft herauszugeben, was der AG verweigert. Der Auftragnehmer meint, die Bürgschaft sei ohnehin faktisch wertlos, weil die vertraglich definierten Voraussetzungen der Rückgabe, insoweit die Erbringung der Teilleistung, eingetreten ist und die Bürgschaft daher nicht mehr gezogen werden kann. Kann der Auftraggeber die Vorauszahlungsbürgschaft dennoch mit Erfolg in Anspruch nehmen? Rechtslage: Die Frage kann in der Praxis recht umstritten sein. Die Lösung hängt davon ab, wie der vereinbarte Sicherungsumfang der Vorauszahlungsbürgschaft zu verstehen ist. Grds. besteht bei einem Werkvertrag eine Vorleistungspflicht des AN. Abschlagszahlungen kann der AN nur auf bereits erbrachte Teilleistungen verlangen. Zahlt der AG dennoch vor der Leistungserbringung, dann hat er ein fundamentales Interesse an der Absicherung dieser Vorauszahlung, sowohl im Hinblick auf den Herstellungsanspruch, als auch auf eventuelle Rückzahlungsansprüche. Der Sicherungsumfang einer Vorauszahlungsbürgschaft ist im Regelfall deutlich enger als der einer Vertragserfüllungsbürgschaft. Der hier behandelte Text zum Sicherungszweck der Vorauszahlungsbürgschaft ist zu einem wesentlichen Teil mit der ebenfalls gestellten Erfüllungsbürgschaft identisch, enthält somit Merkmale einer Vertragserfüllungsbürgschaft. Wird der Sicherungsumfang einer Vorauszahlungsbürgschaft indes eng formuliert, dann können nur Rückzahlungsansprüche des Bauherrn abgesichert sein, wenn die Bauleistung den Wert der Vorauszahlung nicht erreicht, so ein Fall des OLG Celle, Urteil vom 30.04.2008, IBR 2008, 347. Ein Rückzahlungsanspruch entsteht zudem immer dann, wenn der Auftragnehmer die Leistung nicht oder nicht gehörig erbracht hat. Die Nichterfüllung umfasst auch den Fall der verspäteten Erfüllung, §§ 280, 286 BGB. Es ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass eine Vertragserfüllungsbürgschaft auch Ansprüche auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung abdecken 12 kann, damit also auch Ansprüche auf die Rückzahlung geleisteter Vorauszahlungen (OLG Frankfurt, Urteil vom 26.03.1999, IBR 2000, 543). Da eine Vorauszahlungsbürgschaft bei entsprechendem Bürgschaftstext den Charakter einer Erfüllungsbürgschaft bekommen kann, so OLG Brandenburg, Urteil vom 05.12.2001, IBR 2002, 309, ist es auch ohne weiteres möglich, dass eine Vorauszahlungsbürgschaft Schadensersatzansprüche – auch aus Verzug – abdeckt. Praxishinweis: Nach der Entscheidung des BGH vom 04.11.1999, IBR 2000, 72, kommt ein Rückzahlungsanspruch dann in Betracht, wenn die Summe der Voraus- und Abschlagszahlun- gen die dem AN zustehende Gesamtvergütung übersteigt. Wenn also die Leistungen vertragsbezogen den Stand der Zahlungen erreichen, läge keine Überzahlung vor. Der BGH berücksichtigt bei der Gesamtabrechnung auch bestehende Mängel, denn diese mindern den Wert der erbrachten Leistung. Ist beabsichtigt, dass die Vorauszahlungsbürgschaft weder Schadensersatzansprüche aus kündigungsbedingten Mehrkosten noch sich daraus ergebende Mängelansprüche absichert, dann ist dem AN zu empfehlen, vor Vertragsabschluss den Sicherungszweck der Bürgschaft geradezu akribisch zu prüfen und sowohl im Vertrag als auch in der Vorauszahlungsbürgschaft sehr exakt zu definieren. Bence Horváth Rechtsanwalt [email protected] 13 VERGABERECHT Das Vergabeverfahrensrisiko liegt beim Auftraggeber Sachverhalt: Der Auftraggeber schrieb Bauarbeiten am Küstenkanal im Stadtgebiet von Oldenburg aus. Im Rahmen dieser Bauarbeiten waren insbesondere Spundwände aus Stahl zu rammen. Der ursprünglich vorgesehene Zuschlagstermin (18.03.2004) musste wegen eines Vergabenachprüfungsverfahrens auf den 14.06.2004 verschoben werden. Das OLG Oldenburg verurteilte den Auftraggeber zur Zahlung der gesamten dem Auftragnehmer aus dieser Bauzeitverschiebung entstehenden Mehrkosten, weil der Stahl nach diesem erheblichen Zeitablauf nun teurer eingekauft werden musste, als dies bei unverzögerter Beauftragung und Ausführung der Fall gewesen wäre. Der Auftraggeber, der bereits alle vorlaufenden Prozesse in dieser Sache verloren hatte, legte Nichtzulassungsbeschwerde beim BGH ein. Entscheidung: Der BGH bestätigt in seinem Beschluss vom 10.01.2013 (VII ZR 37/11) jedoch die Entscheidung des OLG Oldenburg! Er bekräftigt ‒ wie bereits mit seinem Urteil vom 22.07.2010 (IBR 2010, 606) ‒, dass euro- päisches Vergaberecht der BGH-Rechtsprechung zum Vergabeverfahrensrisiko nicht entgegensteht. So liegt bereits keine nachträgliche Vertragsänderung vor. Vielmehr ergibt die ergänzende Vertragsauslegung, dass eine Anpassung der Bauzeit und gegebenenfalls auch der Vergütung von vorneherein dem beabsichtigten Vertrag immanent war, wenn sich diese Parameter bereits vor Zuschlag verschieben. Selbst unter dem Gesichtspunkt einer nachträglichen Vertragsänderung bestünden keine Bedenken, denn es gälte jedenfalls Art. 31 Richtlinie 2004/18/EG (umgesetzt z. B. in VOB/A § 3 EG Abs. 5 Nr. 5). Wenn vom Auftraggeber nicht vorhersehbare Umstände eine nachträgliche Vertragsänderung erforderlich machen, welche die Hälfte des Werts des ursprünglichen Auftrags nicht überschreitet, ist diese Nachbeauftragung des ursprünglichen Auftragnehmers ohne neue Ausschreibung zulässig. Die Höhe der Mehrkosten wird vom Gericht anhand der vorliegenden Verträge mit Lieferanten und Nachunternehmern ermittelt. Deren Angebotspreise zum Zeitpunkt der Angebotsabgabe werden den tatsächlichen Einkaufspreisen der Leistungen für den verzögerten Zeitraum gegenübergestellt. Der Auftragnehmer kann auf diese Mehrkosten seinen Generalunternehmerzuschlag gemäß Formblatt EFB-Preis hinzusetzen. Praxistipp: Ein weiteres wegweisendes Urteil zu den Fällen der verzögerten Vergabe. Sofern Sie von einem solchen Fall einer verzögerten Vergabe betroffen sind, ist es wichtig, die Mehrkosten genau zu dokumentieren. Kai Landvoigt Rechtsanwalt [email protected] 14 VERGABERECHT Zu welchem Zeitpunkt muss ein Bieter über eine notwendige Maschine verfügen? Sachverhalt: Eine Forstbehörde (AG) schrieb die maschinelle Holzernte inklusive Beifällung und Stehendentnahme von Bäumen aus. Sie stellte im Rahmen der technischen Leistungsfähigkeit besondere Anforderungen an die für die Holzernte zum Einsatz kommenden Maschinen, sog. "Harvester". Der Leistungsbeginn sollte zwei Monate nach der Erteilung des Zuschlags erfolgen. Eine Bieterin, die spätere Beigeladene, gab in ihrem Angebot den Typ des von ihr vorgesehenen Harvesters an und versicherte durch Eigenerklärung, bei Leistungsbeginn über eine entsprechende Maschine zu verfügen. Die Beigeladene wollte die entsprechende Maschine erst nach einem möglichen Zuschlag erwerben. Nachdem die Zuschlagsfrist verlängert worden war, hatte die Beigeladene nochmals bekräftigt, dass sie zum verschobenen Leistungsbeginn über eine Maschine verfügen könne. Ein Wettbewerber ‒ der spätere Antragsteller (ASt), der ebenfalls ein Angebot abgegeben hatte ‒ rügte unter anderem, dass die Beigeladene ihre technische Leistungsfähigkeit nicht hinreichend belegt habe, da sie weder im Zeitpunkt der Eignungsprüfung noch bei der Auftragsvergabe über Harvester verfüge. den Entscheidung: Das nach der Rüge eingeleitete Vergabenachprüfungsverfahren führte nicht zum Erfolg. Das OLG München stellte in seinem Beschluss vom 17.01.2013 (Az: Verg 30/12) fest, dass der Vorwurf des ASt, dass die Beigeladene zum Leistungsbeginn keine den Anforderungen des Leistungsverzeichnisses entsprechende Maschine zum Einsatz bringen könne, nicht durchgreift. Die Vergabeunterlagen verlangten nicht ausdrücklich, dass die Gerätschaften bereits bei Angebotsabgabe vorhanden sein müssen. Daher reicht es aus, wenn die Beigeladene und der Hersteller der Maschine im Termin vor der Vergabekammer erklärten, dass zum Zeitpunkt des nunmehr vorgesehenen Leistungsbeginns eine entsprechende Maschine zur Verfügung steht. Dies wurde durch Eigenerklärung und die Mitteilung des Herstellers klargestellt und danach durch den Antragsgegner überprüft. Dem steht nicht entgegen, dass eine personelle oder gesellschaftsrechtliche Verbindung oder Verflechtung zwischen der Beigeladenen und der Herstellerfirma besteht. Sofern keine greifbaren Anhaltspunkte vorliegen, dass die Zusicherungen des Herstellers unzutreffend sein müssen, besitzt eine solche Erklärung keine geringere Werthaltigkeit als Erklärungen eines beliebigen Lieferanten. Praxistipp: Diese Entscheidung bestätigt die Zulässigkeit des Verhaltens verschiedener Unternehmen, erst im Falle einer Beauftragung die erforderliche Leistungsfähigkeit (hier: durch Ankauf der Maschine) herstellen. Sofern dieser seine Eignung – ggf. durch Eigenerklärungen (§ 7 Abs. 1 VOL/A-EG 2009) – nachweist, so ist ‒ sofern nicht andere Hinderungsgründe bestehen ‒ die Eignung zu bejahen. Björn Müller Rechtsanwalt [email protected] 15 ARCHITEKTENRECHT Nicht geschützte Planung darf durch Dritte weiterverwendet werden Sachverhalt: Ein Bauträger beauftragt einen Architekten mit den Leistungen Grundlagenermittlung bis Genehmigungsplanung. Dabei hat der Architekt, wie von ihm geschuldet, die entsprechenden Pläne erstellt und die Baugenehmigung beschafft. Bevor mit dem Bau begonnen werden konnte, wurde das Grundstück anderweitig an einen neuen Investor verkauft. An diesen Investor veräußert der Architekt seine Planung nochmals. Der Bauträger erfährt davon und verlangt vom Architekten den Erlös aus dem Zweitverkauf der Planung. Das Oberlandesgericht Hamm (OLG Hamm, 29.11.2011 - 21 U 58/11) gibt ihm Recht. Entscheidung: Diese OLG-Entscheidung hebt der Bundesgerichtshof (BGH, Urteil vom 10.01.2013 - VII ZR 259/11) auf und verweist die Sache an das OLG zurück. Der BGH bestätigt einleitend die Argumentation des OLG, wonach der Bauträger grundsätzlich die Befugnis benötigt, die Planung des Architekten für die einmalige Errichtung dieses Bauwerks auf dem konkreten Grundstück verwenden zu dürfen. Deshalb ist von einer entsprechenden stillschweigenden Gestattung des Architekten auszugehen, die Pläne hierfür nutzen zu dürfen. Der Besteller besitzt damit ein allein ihm zustehendes Nutzungsrecht, das er auch an einen Dritten weiter übertragen darf. Der BGH weist im Weiteren darauf hin, dass der Architekt dagegen eine Zweitverwertung der Pläne zu unterlassen hat. Eine Verletzung dieser Unterlassungspflicht begründet jedoch lediglich schuldrechtliche Ansprüche, stellt aber keinen Fall der Eingriffskondiktion nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 BGB dar, so dass der Besteller nur Schadensersatz nach § 280 BGB, aber nicht die Herausgabe des Erlöses aus der Zweitverwertung verlangen kann. Der zu ersetzende Schaden kann auch nicht mit dem "Verletzergewinn" (Erlös aus der vertragswidrigen Zweitverwertung) gleichgesetzt werden, so dass der Besteller vor dem OLG seinen konkreten Schaden noch darlegen und beweisen muss. Praxistipp: Unter Umständen ist die Rechtslage anders zu beurteilen, wenn die zum zweiten Mal verwertete Planung urheberrechtlich geschützt ist. Überträgt in solchen Konstellationen der Architekt das ausschließliche Nutzungsrecht an den Besteller, kann dieser einen auf der Grundlage des Verletzergewinns bemessenen Schadensersatz verlangen oder Herausgabe des durch die unberechtigte Zweitverwertung Erlangten nach § 816 Abs. 1 Satz 1 BGB fordern. Jakob Krupski Rechtsanwalt [email protected] 16 ARCHITEKTENRECHT Architekt muss Bauherrn auf erforderlichen Vertragsstrafenvorbehalt hinweisen Sachverhalt: Der Bauherr verlangt von dem bauleitenden Architekten Schadensersatz. Als Begründung trägt er vor, der Architekt habe bei der Abnahme des Bauvorhabens gegenüber dem bauausführenden Unternehmer den Vorbehalt der Vertragsstrafe nicht erklärt. Der Architekt erhebt klageerwidernd unter anderem die Verjährungseinrede. Entscheidung: Ist dem Architekten bekannt, dass die Parteien des Bauvertrags eine Vertragsstrafenabrede getroffen haben oder hätte ihm dies bekannt sein müssen, gehört es zu seinen Beratungsund Betreuungspflichten, durch nachdrückliche Hinweise an den Bauherrn sicherzustellen, dass bei einer förmlichen Abnahme der erforderliche Vertragsstrafenvorbehalt nicht versehentlich unterbleibt, es sei denn, der Auftraggeber besitzt selbst genügende Sachkenntnis oder ist sachkundig beraten (OLG Bremen, Urteil vom 06.12.2012 - 3 U 16/11). In dem vorliegenden Fall hat der Architekt schuldhaft eine sich aus dem Architektenvertrag ergebende Pflicht verletzt. Die Pflichtverletzung bestand nach der Auffassung des Gerichts darin, dass er es bei der Abnahme versäumt hat, die Geltendmachung der Vertragsstrafe vorzubehalten (vgl. § 11 Nr. 4 VOB/B a.F.) bzw. den Bauherr auf diese Notwendigkeit hinzuweisen. Aufgrund dieser Pflichtverletzung konnte der Bauherr seinen Vertragsstrafenanspruch nicht durchsetzen. Zwar kann ein für den Auftraggeber tätige bauleitende Architekt nicht ohne Weiteres als zur Geltendmachung des Vertragsstrafenvorbehalts bevollmächtigt angesehen werden, da die Vertragsstrafe in erster Linie Vermögensinteressen des Auftraggebers betrifft und mit der Bauleistung und damit auch mit der Tätigkeit des Architekten unmittelbar nichts zu tun hat. Vielmehr bedarf die Erklärung des Vorbehalts der Vertragsstrafe einer besonderen Bevollmächtigung durch den Auftraggeber. Eine solche Bevollmächtigung folgt nicht unmittelbar aus einem Architektenvertrag, der auf das in § 15 HOAI a.F beschriebene Leistungsbild abstellt. Bestand eine solche Vollmacht nicht, kommt eine haftungsbegründende Pflichtverletzung des Architekten aber dann in Betracht, wenn er eine Beratungspflicht verletzt hat. Allerdings war die Klageforderung vorliegend verjährt. Praxistipp: Ändern die Parteien einvernehmlich Vertragstermine, hängt einerseits von der Bedeutung der jeweiligen Terminverschiebung, andererseits von der Formulierung der Vertragsstrafenvereinbarung ab, ob diese Vereinbarung unter den geänderten Umständen auch Bestand hält. Je gewichtiger die Terminverschiebung ist, umso weniger ist davon auszugehen, dass die frühere Vereinbarung einer Vertragsstrafe gleichwohl Bestand behalten soll (OLG Düsseldorf, Urteil vom 19.04.2012 - 23 U 150/11). Jakob Krupski Rechtsanwalt [email protected] 17 IMMOBILIENRECHT Immobilienerwerber haftet für die Kautionsrückzahlung auch in der Zwangsversteigerung Sachverhalt: Die vom Mieter eines Gewerberaums an den ursprünglichen Vermieter gezahlte Mietsicherheit wird von diesem nicht getrennt von seinem sonstigen Vermögen angelegt, so dass dieser Vermögenswert nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegen den Vermieter mit in die Insolvenzmasse gefallen ist. Im Rahmen des Insolvenzverfahrens versteigert der Insolvenzverwalter die vermietete Immobilie. Der Erwerber der Immobilie wird von dem Mieter auf die zwischenzeitlich fällige Rückzahlung der Kaution in Anspruch genommen. Entscheidung: Ist der Kautionsrückzahlungsanspruch rückzahlungsreif, hat der Ersteher die Verpflichtung, die Kaution an den Mieter zurückzuzahlen. Die Kautions- rückzahlungspflicht gehört zu den Pflichten, die der Erwerber durch den Zuschlag in der Zwangsversteigerung übernimmt (§ 57 ZVG) – die Kautionsrückzahlungspflicht geht kraft Gesetzes mit dem Zuschlag zu Gunsten des Mieters auf den Ersteher über. Damit haftet der Ersteher gegenüber dem Mieter unbeschränkt, weil nach der Auslegung des § 566 a BGB das Risiko der Insolvenz des Voreigentümers vom Immobilienerwerber übernommen wird. die Kautionen tatsächlich befinden. Sandra Bordiehn Rechtsanwältin [email protected] Praxistipp: Der Gesetzgeber hat somit eine Art Belastung des vermieteten Grundstücks geschaffen. Folglich sollte der Immobilienerwerber vor Zuschlag in einer Zwangsversteigerung oder Unterzeichnung eines notariellen Kaufvertrages prüfen, wo sich 18 IMMOBILIENRECHT Veräußerer eines vermieteten Grundstücks haftet dem Mieter für die Rückzahlung der Kaution Sachverhalt: Der Mieter zahlte seinem Vermieter ursprünglich eine Barkaution. Dann wurde das Grundstück unter Zwangsverwaltung gestellt. In dieser Zeit forderte der Zwangsverwalter den Mieter unter Übersendung eines Vordrucks „Einverständniserklärung zur Kautionsübertragung“ auf, der Weiterreichung der Kaution an die neue Eigentümerin und der Entlassung des Zwangsverwalters aus der „bürgenähnlichen“ Haftung zuzustimmen. Der Zwangsverwalter erklärte gleichzeitig gegenüber dem Mieter, dass andernfalls an den Mieter die Kaution ausgezahlt werden würde und dieser eine neue Mietsicherheit gegenüber der neuen Vermieterin leisten müsse. Der Mieter unterschrieb die Einverständniserklärung und übersandte diese an den Zwangsverwalter. Das Grundstück des ursprünglichen Vermieters wurde veräußert. Die neue Vermieterin erhielt die Kaution des Mieters. Im Jahr darauf wurde das Mietverhältnis beendet. Die Kaution konnte laut Wohnungsübergabeprotokoll im Hinblick auf den Zustand der Wohnung unter Berücksichtigung der Mietzahlungen an den Mieter zurückgezahlt werden. Es kam jedoch vor Rückzahlung der Mietkaution erneut zur Anordnung der Zwangsverwaltung. Im Zuge dessen teilte die Hausverwaltung dem Mieter mit, dass die Auflösung des Kautionskontos erfolgt sei, die Guthaben dem Mietenkonto gutgeschrieben wurden und Auszahlungen wegen der Kontopfändungen nicht möglich seien. Nachdem der Mieter die neue Vermieterin erfolglos zur Kautionsrückzahlung aufgefordert hatte, nimmt er den ehemaligen Vermieter gemäß § 566 a Satz 2 BGB auf Kautionsrückzahlung in Anspruch. Entscheidung: Gemäß § 566 a Satz 2 BGB ist der bisherige Vermieter dem Mieter weiterhin zur Rückzahlung der Mietkaution verpflichtet, wenn dieser bei Beendigung des Mietverhältnisses die Mietsicherheit von dem neuen Vermieter nicht zurückerstattet bekommt. Die dem Zwangsverwalter gegenüber abgegebene Einverständniserklärung des Mieters stellt keine Individualvereinbarung dar und bewirkt nicht die Enthaftung des ehemaligen Vermieters. Es handelt sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung. „Als Allgemeine Geschäftsbedingung führt die vom Kläger formularmäßig abgegebene Erklärung schon deshalb nicht zu einer Entlassung des Beklagten aus der Haftung nach § 566a Satz 2 BGB, weil ihr jedenfalls nach der Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB ein solcher Inhalt nicht beigelegt werden kann. Die Erklärung betrifft nach ihrem Wortlaut nur die Haftung des Zwangsverwalters, der zum damaligen Zeitpunkt nach § 152 Abs. 2 ZVG die Rechte und Pflichten des Vermieters wahrzunehmen hatte. Zudem ist nicht die Rede von der subsidiären Vermieterhaftung nach § 566a Satz 2 BGB, sondern von einer im Gesetz nicht vorgesehenen "bürgenähnlichen Haftung". Es ist daher zumindest auch die Auslegung möglich, dass sich die gegenüber dem Zwangsverwalter auf dessen Wunsch abgegebene Erklärung auf dessen eigene Haftung beschränkte, ohne die Vermieterhaftung nach § 566a Satz 2 BGB generell abzubedingen. Da mehrere Auslegungsmöglichkeiten bestehen, ist gemäß § 305c Abs. 2 BGB diese für den Mieter günstigere Deutung zugrunde zu legen. 19 Da der Beklagte schon im Hinblick auf die Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB aus der Erklärung nichts zu seinen Gunsten herleiten kann, bedarf es keiner Entscheidung, ob die formularmäßige Einverständniserklärung darüber hinaus auch einer Inhaltskontrolle standhielte. Insbesondere kann offen bleiben, ob ein Verstoß gegen das Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB) vorliegt, weil die Erklärung nicht klar und verständlich ausdrückt, was mit der "bürgenähnlichen Haftung" des Zwangsverwalters gemeint ist.“ Praxistipp: Ein eventueller Ausschluss dieser Haftung muss eindeutig zwischen den Parteien ausgehandelt und vereinbart werden. Ein Verzicht des Mieters auf die Haftung des ehemaligen Vermieters kann nur durch Individualvereinbarung wirksam erreicht werden. Voraussetzung für die Inanspruchnahme des ursprünglichen Vermieters ist jedoch, dass der Mieter im Zeitpunkt der Beendigung des Mietverhältnisses die Kaution vom Erwerber nicht erlangen kann. Dementsprechend kann der veräußernde Vermieter durch Vertragsgestaltung im Verhältnis zum Erwerber dessen Insolvenzrisiko und damit die eigene Haftung nach § 566 a S. 2 BGB ausschalten, indem er eine entsprechende preisliche Anpassung verlangt – ggf. kann auch eine entsprechende Bankbürgschaft zu seinen Gunsten in Betracht kommen. Gina Cajar Rechtsanwältin [email protected] 20 IMMOBILIENRECHT Zur verschuldensunabhängigen Haftung des Vermieters bei "kalter" Wohnungsräumung Sachverhalt: Der Kläger war Mieter einer in Wiesbaden gelegenen Wohnung der Beklagten. Ab Februar 2005 war er für mehrere Monate mit unbekanntem Aufenthalt ortsabwesend und wurde von Verwandten als vermisst gemeldet. Nachdem die Mieten für die Monate März und April 2005 nicht gezahlt worden waren, kündigte die Vermieterin das Mietverhältnis fristlos. Im Mai 2005 öffnete sie die Wohnung und nahm sie in Besitz. Hierbei entsorgte sie einen Teil der Wohnungseinrichtung; einen anderen Teil der vorgefundenen Sachen lagerte sie bei sich ein. Gestützt auf ein Sachverständigengutachten hat der Mieter für die ihm nach seiner Behauptung im Zuge der Räumung abhanden gekommenen, beschädigten oder verschmutzten Gegenstände Schadensersatz von rund 62.000 Euro zuzüglich der ihm entstandenen Gutachterkosten verlangt. Entscheidung: Der BGH hat in seinem Urteil vom 14.07.2010 (Az: VIII ZR 45/09) entschieden, dass die Vermieterin für die Folgen einer solchen Räumung haftet. Die nicht durch einen gerichtlichen Titel gedeckte eigenmächtige Inbesitznahme einer Wohnung und deren eigenmächtiges Ausräumen durch den Vermieter stellten eine unerlaubte Selbsthilfe gemäß § 229 BGB dar. Das gelte selbst dann, wenn der gegenwärtige Aufenthaltsort des Mieters unbekannt und ein vertragliches Besitzrecht des Mieters infolge Kündigung entfallen ist. Der Vermieter müsse sich auch in diesen Fällen einen Räumungstitel beschaffen und aus diesem vorgehen. Übt ein Vermieter stattdessen im Wege einer sogenannten "kalten" Räumung eine verbotene Selbsthilfe aus, sei er gemäß § 231 BGB verschuldensunabhängig zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Von dieser Ersatzpflicht werde insbesondere eine eigenmächtige Entsorgung der in der Wohnung vorgefundenen Gegenstände erfasst. Denn den Vermieter, der eine Wohnung ohne Vorliegen eines gerichtlichen Titels in Besitz nimmt, treffe für die darin befindlichen Gegenstände eine Obhutspflicht. Der Vermieter habe die Behauptung des Mieters zu widerlegen, dass bestimmte Gegenstände bei der Räumung abhanden gekommen oder beschädigt worden seien, und zu beweisen, dass sie einen geringeren Wert hatten als vom Mieter behauptet. Praxistipp: Das vorstehende BGH-Urteil gilt auch für das für Vermieter lästige und allgegenwärtige Thema „Mietnomaden“. Sind die Mieter längst ausgezogen, führt zur Vermeidung etwaiger späterer Inanspruchnahmen auf Schadensersatz durch den Mieter kein Weg des Vermieters am Gericht vorbei. Wohnt der Mieter nicht mehr in der Wohnung ist eine etwaige Klage dem Mieter gegebenenfalls öffentlich zuzustellen. Führt der Vermieter dennoch eine sogenannte kalte Räumung durch, sollte er dies unter der Anwesenheit von Zeugen tun und ein Bestandsverzeichnis über die beschlagnahmten Gegenstände des Mieters aufstellen. Damit kann der Nachweis gegenüber späteren unberechtigten Schadensersatzforderungen des Mieters leichter geführt werden. Sandra Bordiehn Rechtsanwältin [email protected] 21 IMMOBILIENRECHT Verjährung von Nachforderungen aus Betriebskostenabrechnungen bei Vorbehalt der Nachberechnung einzelner Positionen Sachverhalt: Die Klägerin war Vermieterin, die Beklagte war bis Ende Februar 2007 Mieterin einer Wohnung in Berlin. Die Mieterin war nach dem Mietvertrag zur Entrichtung einer Nettokaltmiete zuzüglich monatlicher Vorauszahlungen auf die Nebenkosten verpflichtet. Die Klägerin erstellte für die Jahre 2002 bis 2006 rechtzeitig die alljährlichen Betriebskostenabrechnungen. Im Rahmen dieser Abrechnungen behielt sich die Klägerin eine zum damaligen Zeitpunkt zu erwartende rückwirkende Neufestsetzung der Grundsteuer vor. Das zuständige Finanzamt setzte die Grundsteuer mit Bescheid vom 3. Dezember 2007 rückwirkend für die Jahre ab 2002 fest. Aus diesem Grund berechnete die Vermieterin die Grundsteuer für die Jahre 2002 bis 2006 nach und stellte diese der Mieterin in Höhe von 1.095,55 € im Jahre 2010 in Rechnung. Die Beklagte machte die Einrede der Verjährung geltend. Entscheidung: Der BGH hat mit Urteil vom 12.12.2012, (Az: VIII ZR 264/12) entschieden, dass die Verjährungsfrist erst entsprechend der regelmäßigen Verjährung zu laufen beginnen könne, wenn der Vermieter Kenntnis von den zur Nachforderung berechtigenden Umständen erlangt habe. Dem stünde auch § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB nicht entgegen, wonach die Abrechnung dem Mieter spätestens bis zum Ablauf des zwölften Monats nach Ende des Abrechnungszeitraums mitzuteilen ist und nach Ablauf dieser Frist die Geltendmachung einer Nachforderung durch den Vermieter grundsätzlich ausgeschlossen ist. § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB soll den Vermieter dazu bewegen die Abrechnung fristgerecht zu erstellen. Dies bedeute nicht, dass der Vermieter Kosten von denen er zum Zeitpunkt der Abrechnung ohne Verschulden keine Kenntnis haben konnte nicht nachberechnen dürfe, sofern er sich dies vorbehalten hat. Praxistipp: Hat der Vermieter Grund zur Annahme, dass insbesondere im Rahmen behördlicher Bescheide künftige Kosten auch nach Ablauf des Abrechnungszeitraums zu erwarten sind, so sollte er im Rahmen der Betriebskostenabrechnungen den Vorbehalt dieser konkret zu erwartenden Kosten erklären. Sandra Bordiehn Rechtsanwältin [email protected] 22 IMMOBILIENRECHT Mietrechtsänderungsgesetz – Was ändert sich für Mieter und Vermieter? Im Februar 2013 verabschiedete der Bundesrat das Mietrechtsänderungsgesetz. Die beschlossenen Änderungen treten bereits Anfang April bzw. Anfang Mai in Kraft. Verschiedene Problembereiche werden durch das Gesetz neugeregelt. 1. Modernisierungsmaßnahmen zur Energieeinsparung Durch das Mietrechtsänderungsgesetz sollen Maßnahmen zur Energieeinsparung gefördert werden. Hierbei ist Folgendes zu beachten: Zunächst besteht für den Mieter in einem Zeitraum von drei Monaten kein Mietminderungsrecht wegen Lärm oder Schmutz, wenn durch die durchgeführte Energiesparmodernisierungsmaßnahme eine Kosteneinsparung für den Mieter erreicht wird. Des Weiteren erfolgt eine Trennung der Duldungspflicht zur Modernisierungsmaßnahme selbst und des zur Mieterhöhung führenden Verfahrens. Einer Blockade der Modernisierungsmaßnahme soll so entgegengewirkt werden. Über mögliche Härtefälle wird dann erst in dem sich an die Modernisierungsmaßnahme anschließenden Mieterhöhungsverfahren entschieden. Wird ein Härtefall in diesem Verfahren bejaht, besteht für den Vermieter nicht die Möglichkeit einer Mieterhöhung. Spannend bleibt die Frage, ob im Falle der Kombination von energetischen und klassischen Modernisierungsmaßnahmen ebenso das Mietminderungsverbot greift. Es ist insoweit eine strikte Trennung von energetischen und klassischen Modernisierungsmaßnahmen zu empfehlen. 2. Wärmecontracting Eine gesetzliche Grundlage wurde nunmehr auch für das Contracting geschaffen. Hierbei werden Vermieteraufgaben an Dienstleister ausgelagert. Gemäß der nunmehr getroffenen Regelung muss diese Auslagerung jedoch zu einer Effizienzsteigerung führen und auch für den Mieter kostenneutral sein. Auch hier ist selbstverständlich eine vorherige und rechtzeitige Anzeige bei dem Mieter notwendig, um diesem gegebenenfalls Prüfungsmöglichkeiten zu eröffnen. Fraglich bleibt weiterhin, ob der Vermieter anschließend an einen kurzen Contractervertrag auch einen weiteren, aber höheren Vertrag abschließen darf, wenn dies zu einer Erhöhung der Nettokaltmiete führen würde. 3. Deckelung von Mieterhöhung Dieser Punkt betrifft vor allem die Bundesländer. Für sie besteht nunmehr die Möglichkeit festzulegen, dass für Gebiete mit kritischem Wohnungsmarkt die Mieten innerhalb von 3 Jahren nur noch um bis zu 15 % der ortsüblichen Vergleichsmiete erhöht werden dürfen. Eine Mieterhöhung von bis zu 20 % ist in diesen Gebieten für den genannten Zeitraum dann nicht möglich. 4. Verhinderung der Eigenbedarfskündigung nach dem „Münchener Modell“ Bei dem sogenannten „Münchener Modell“ werden Mietwohnungen durch eine Gesellschaft aufgekauft und die Mieter anschließend wegen Eigenbedarfs gekündigt. Die von den Gesellschaftern dann bezogenen Wohnungen werden in Wohneigentum umgewandelt. Der Normalfall eines Kündigungsschutzes von mindestens 3 Jahren bei einer Eigenbedarfskündigung gilt mit dem Mietrechtsänderungsgesetz nunmehr auch für das „Münchener Modell“. 5. Mietnomadentum Ein inzwischen zu weit verbreitetes Übel ist das Mietnomadentum. Auch hierfür bietet das Mietrechtsänderungsgesetz eine vermieterfreundliche Lösung. Zukünftig können Mietwohnung wesentlich schneller und wesentlich einfacher geräumt werden. So besteht auch schon während eines laufenden Prozesses bzgl. einer Räumung 23 die Möglichkeit, den nichtzahlenden Mieter zu verpflichten, die Mietzahlungen bei Gericht zu hinterlegen. Somit kann der Mietausfall während des Prozesses verhindert werden. Für den Fall, dass diese Hinterlegung durch den Mieter nicht vorgenommen wird, hat der Vermieter die Möglichkeit im einstweiligen Rechtsschutzverfahren auch dann schon einen Räumungstitel zu erwirken. Ferner wird auch das Modell der „Berliner Räumung“ – hier räumt der Gerichtsvollzieher die streitgegenständliche Wohnung nicht vollständig, sondern nur insoweit, dass der Mieter nicht mehr der Besitzer ist – nunmehr gesetzlich geregelt. Der Vorteil dieser Handlungsvariante ist vor allem der Verzicht auf eine kostenintensive Einlagerung der Möbel und Gegenstände aus der zu räumenden Wohnung. Sandra Bordiehn Rechtsanwältin [email protected] 24 IMMOBILIENRECHT Umstrittene Reservierungsgebühren für Makler Im Immobilienwesen ist derzeit vor allem die Frage umstritten, wie mit gezahlten Reservierungsgebühren zu verfahren ist, wenn es nicht zum Abschluss eines Kaufvertrages kommt. Für den Fall, dass sich ein Kaufinteressent noch ein wenig Bedenkzeit für seine Kaufentscheidung erbittet, haben einige Makler die Möglichkeit der Reservierung entwickelt. Selbstverständlich ist diese Reservierung nicht kostenlos und gegen die Zahlung einer Gebühr hat der Kaufinteressent nochmals Zeit das Kaufangebot zu überdenken. Fraglich ist nunmehr, was geschieht, wenn sich der Kaufinteressent gegen den Erwerb der Immobilie entscheidet. Gemäß einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 23.09.2010 (III ZR 21/10) sind diese Reservierungsgebühren an den Kaufinteressenten zurückzuzahlen. Dies gilt jedenfalls immer dann, wenn die Reservierungsgebühr auf Grundlage einer vorformulierten Vereinbarung gezahlt wurde und für den Kaufinteressenten keine über die Reservierung als solche hinausgehenden Vorteile für den möglichen Erwerber vorliegen. Worin sind nun solche Vorteile für den Erwerber zu sehen? Eine andere Ansicht als einige Makler vertritt hierzu das Amtsgericht BerlinCharlottenburg (216 C 600/12). Dieses stellte klar, dass zum Beispiel die Durchführung von Besichtigungen, deren Vermittlung, die Beschaffung von Unterlagen sowie Terminabsprachen mit dem Notar gerade kein „tatsächliches Mehr“ an Leistung, also keinen über die Reservierung hinausgehenden Vorteil bedeuten, sondern vielmehr von der entstandenen Maklerprovision abgedeckt sind. Im Bürgerlichen Gesetzbuch (§ 652 BGB) ist geregelt, für was der Makler sein Entgelt verlangen kann – eine erfolgreiche Maklertätigkeit. Gerade dies ist bei einer Reservierung jedoch noch nicht der Fall. Hier zahlt der mögliche Erwerber ein Entgelt an den Makler dafür, dass dieser seine Vermittlungsbemühungen für einen vereinbarten Zeitraum einstellt, bis der Kaufinteressent eine positive oder auch negative Kaufentscheidung getroffen hat. Zu beachten ist aber, dass die Rechtsprechung Reservierungsvereinbarungen nicht generell als unzulässig erachtet. Sie können jedoch nur wirksam vereinbart werden, wenn sie nicht als allgemeine Geschäftsbedingungen in den Maklervertrag aufgenommen worden sind und der Kunde hierdurch eine unangemessene Benachteiligung erfährt, sondern als individuell ausgehandelte Vereinbarung erstellt werden. Eine unangemessene Benachteiligung des Kaufinteressenten ist jedenfalls dann der Fall, wenn die Reservierungsvereinbarung nicht direkt zwischen dem Kunden und dem Makler ausgehandelt wird, wenn sie einseitig durch den Makler vorgegeben wird oder auch eine zu hohe Gebühr für die Reservierung der Immobilie verlangt wird. Allein durch die Höhe der Gebühr kann sich der mögliche Erwerber schon einer Drucksituation ausgesetzt sehen. Eine freie Entscheidung für oder gegen das Kaufobjekt fällt dann schwer. Ferner ist zu beachten, dass eine solche Reservierungsvereinbarung gemäß § 311 b Abs. 1 BGB zu ihrer Wirksamkeit einer notariellen Beurkundung bedarf. Dies ist jedoch nur dann der Fall, wenn die verlangte Reservierungsgebühr über 15 % der bei Abschluss eines Kaufvertrages zu zahlenden Maklerprovision läge. Wichtig zu beachten ist auch, dass die Reservierungsvereinbarung zeitlich begrenzt sein muss. Andernfalls könnte diese sogar als nichtig angesehen werden. Wie in allen Bereichen des Immobilienwesens ist auch im Rahmen der Reservierung die 25 richtige Beratung durch den Makler entscheidend. Dieser sollte seine Mandanten frühzeitig darauf hinweisen, dass durch die Reservierung seine weiteren Verkaufsbemühungen bezüglich der Immobilie eingestellt werden, er jedoch keinen Einfluss auf mögliche Abreden der Eigentümer des Kaufobjektes hat. Da die Reservierungsvereinbarung zwischen dem Makler und dem Kaufinteressenten getroffen wird, ist der Eigentümer der Immobilie nicht verpflichtet, sich an die Reservierung zu halten. Er hat weiterhin die freie Möglichkeit sein Eigentum an einen anderen Interessenten zu veräußern. Gina Cajar Rechtsanwältin [email protected] 26 WIRTSCHAFTSRECHT Die Insolvenzantragspflicht eines GmbH- Geschäftsführers Die Insolvenzordnung (InsO) regelt in der Bundesrepublik Deutschland das Insolvenzrecht. Der nachfolgende Artikel soll über die bestehende Insolvenzantragspflicht eines GmbH-Geschäftsführers informieren. Die Insolvenzantragspflicht ist in § 15a Abs. 1 InsO geregelt und besagt, dass jeder Geschäftsführer einer GmbH ohne schuldhaftes Zögern, also unverzüglich, einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellen muss, sobald das Unternehmen den Bereich der Zahlungsunfähigkeit bzw. der Überschuldung erreicht. Dieser Antrag ist vom Geschäftsführer spätestens 3 Wochen nach Eintritt in die Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung zu stellen. Ein Verstoß gegen diese Verpflichtung kann weitreichende und schwerwiegende Folgen haben. Zu nennen sind insoweit nicht nur haftungsrechtliche sondern auch die strafrechtlichen Konsequenzen, die im Falle einer Insolvenzverschleppung eintreten. Die unterschiedlichen Tatbestandsmerkmale einer Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung sollen nachfolgend kurz erläutert werden und als Hilfestellung zur Abgrenzung von einer Überschuldung verstanden werden. 1. Zahlungsunfähigkeit Als zahlungsunfähig bezeichnet man eine Gesellschaft, die nicht in der Lage ist, ihre fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen (§ 17 Abs. 2 InsO). Hiervon kann man bereits dann ausgehen, wenn ausstehende Zahlungen in Höhe von 10 % oder mehr der fälligen Gesamtverbindlichkeiten nicht innerhalb der nächsten drei Wochen erfüllt werden können. Die gesetzliche Vermutung besagt, dass die Zahlungsunfähigkeit einer Gesellschaft grundsätzlich dann angenommen werden kann, wenn diese ihre Zahlungen einstellt. In einem solchen Fall ist es an den Geschäftsführern die eventuell noch bestehende Zahlungsfähigkeit der GmbH nachzuweisen. Hierfür muss eine stichtagsbezogene Gegenüberstellung aller verfügbaren liquiden Finanzmittel mit den fälligen Verbindlichkeiten erstellt werden. Ferner wird eine Finanzplanung für die folgenden 3 Wochen erforderlich sein. Auch sollten Alternativen aufgeführt werden, um eine mögliche Zahlungsunfähigkeit bzw. eine mögliche unausgeglichene Gegenüberstellung zu revidieren. Hierfür kommen z. B. die Auflistung neuer Liquiditiätsmittel oder auch die Vereinbarung möglicher Stundungen mit etwaigen Gläubigern in Frage. 2. Überschuldung Die Überschuldung ist in § 19 Abs. 2 Satz 1 InsO geregelt und liegt in der Regel dann vor, wenn das Vermögen der GmbH die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr decken kann. Auch im Falle der Überschuldung besteht für die Geschäftsführer die Verpflichtung zur Stellung eines Insolvenzantrages. Eine Ausnahme hierfür ist die Annahme, dass das Unternehmen mit überwiegender Wahrscheinlichkeit fortgeführt werden kann. Zunächst ist in einem solchen Fall also eine Fortbestehungsprognose zu erstellen. Diese kann als positiv bewertet werden, wenn anhand einer durch den Unternehmer zu stellenden Finanzplanung plausibel gemacht werden kann, dass das Unternehmen zukünftig, d. h. im Prognosezeitraum – meist das laufende sowie das nachfolgende Geschäftsjahr – die finanzielle Ausgeglichenheit wieder erlangen kann. 27 Bei einer negativen Fortbestehungsprognose liegt zumindest eine drohende Zahlungsunfähigkeit vor, auf die im Nachfolgenden noch eingegangen wird. Im Rahmen einer negativen Fortbestehungsprognose muss dann ein sogenannter Überschuldungsstatus geprüft werden. Auch hier ist eine Gegenüberstellung erforderlich. Gegenübergestellt werden alle Aktiva und Passiva des Unternehmens. Eine insolvenzrechtliche Überschuldung kann dann bejaht werden, wenn die Verbindlichkeiten das Gesellschaftsvermögen übersteigen. 3. drohende Zahlungsunfähigkeit Eine drohende Zahlungsunfähigkeit stellt noch keine Verpflichtung zur Stellung eines Insolvenzantrages dar. Nichtsdestotrotz besteht für den Geschäftsführer der GmbH auch jetzt schon die Möglichkeit der Stellung des Insolvenzantrages. Hierdurch können eventuelle Sanierungsmaßnahmen besser und effektiver angegangen werden. Drohende Zahlungsunfähigkeit wird definiert als eine Situation, in der der Schuldner voraussichtlich nicht fähig sein wird, seine Zahlungsverpflichtungen pünktlich zu erfüllen. Auch hierfür ist die Erstellung einer Prognose erforderlich. 4. Zusammenfassung Zusammenfassend kann gesagt werden, dass es zunächst am wichtigsten ist, festzustellen, ob die Gesellschaft zahlungsunfähig oder überschuldet ist oder ob eine drohende Zahlungsunfähigkeit vorliegt. Hierauf aufbauend kann dann – wenn notwendig auch mit sachkundigem Expertenrat – die richtige Handlungsalternative gewählt werden. Da eine Insolvenzverschleppung, wie oben bereits angesprochen, weitreichende Konsequenzen mit sich bringt, sollten genaue Sorgfalts- und Überprüfungspflichten durch den Geschäftsführer wahrgenommen werden. Jörg Fricke Rechtsanwalt [email protected] 28 WIRTSCHAFTSRECHT Den Generationswechsel im Unternehmen erfolgreich gestalten Alternativen zum Unternehmensverkauf Um einen Unternehmensverkauf zu verhindern, gibt es durchaus nennenswerte Alternativen. Vor allem in mittelständischen Unternehmen spielt hierbei das Thema des Generationenwechsels eine große Rolle. Einen Generationenwechsel kann man als familiäre Angelegenheit verstehen, jedoch auch als eine Veräußerung des Unternehmens an Führungskräfte im Betrieb. Nachfolgend werden die unterschiedlichen Alternativen wegweisend erläutert, welche auch individuellen Interessen und Anforderungen angepasst werden können. 1. Gesellschafteraufnahme Hierbei wird hauptsächlich bei Familienunternehmen eine Minderheitenbeteiligung angestrebt. Hierbei bestehen für den Minderheitengesellschafter unterschiedliche Beteiligungsmöglichkeiten. Er kann eine reine Finanzbeteiligung eingehen oder aber auch eine Beteiligung auf einen bestimmten Unternehmensbereich begrenzen. Wichtig ist, dass der Minderheitengesellschafter hierbei nicht die vollständige Kontrolle über das Unternehmen erhält. Für die Aufnahme als Minderheitengesellschafter bieten sich vor allem Partner an, die entweder über ein bestimmtes Know-How verfügen, die dem Unternehmen zu einem höheren Marktanteil verhelfen können oder aber auch Partner, die durch eine service- oder produktorientierte Beteiligung die Wertschöpfung des Unternehmens verbessern können. 2. Management-Buy-Out (MBO) Unter dem Begriff des Managemet-Buy-Out versteht man eine Unternehmensübernahme durch den Einstieg von Führungskräften des Unternehmens in die Gesellschaft. Der große Vorteil an einer solchen Übernahmevariante lässt sich vor allem im Hinblick auf die Kontinuität des Unternehmens erklären. Im heute immer stärker werdenden Wettbewerb ist es erforderlich das interne Firmen-Know-How im Unternehmen zu halten. Dies wird durch die Alternative Management-Buy-Out erreicht. Wichtig für diese Handlungsalternative ist, dass sich das Unternehmen bereits in eine gute Marktposition eingefügt hat, mittlere Eintrittsbarrieren in das Unternehmen aufweist und keine zu große Abhängigkeit zu Kunden und Lieferanten besteht. 3. Teilveräußerung / LeverageBuy-Out Unter diesen Begriffen versteht man eine Vermögensaufsplittung in zum Teil Privatvermögen und zum anderen Teil Vermögen, welches in eine neue Gesellschaft eingebracht werden kann. Der alte Eigentümer des Unternehmens erlangt somit auch eine Beteiligung an dem neuen Unternehmen. Er hat dann die Möglichkeit, diese Beteiligung an Familienangehörige zu veräußern. Wichtig hierbei ist jedoch, dass diese Regelung auch in einem Gesellschaftsvertrag fixiert worden ist. Voraussetzung für diese Handlungsalternative ist eine umfassende Unternehmensplanung bzgl. der Aufnahme neuer Gesellschafter in das neue Unternehmen. 4. Verpachtung Diese Handlungsalternative nutzen vor allem Führungskräfte eines Unternehmens. Im Gegensatz zur oben erläuterten MBO beteiligen sich diese nicht durch Anteilserwerb an dem Unternehmen, sondern lassen sich das Unternehmen für einen gewissen Zeitraum verpachten. Dies kann vor allem empfohlen werden, wenn steuerliche Angelegenheiten beachtet werden müssen. Die Verpachtungsalternative empfiehlt sich insofern vor allem für eine Steueroptimierung aufgrund eines reduzierten Tarifs für den Verkauf von Unternehmen bzw. Unternehmensbeteiligungen. Jörg Fricke Rechtsanwalt [email protected] 29 GASTBEITRAG Prüfung von Mehrforderungen aus angeblicher AGK-Unterdeckung im angeblich gestörten Bauablauf A. Einleitung In der Praxis werden Sachverständige verstärkt mit Ansprüchen aus behaupteter Unterdeckung Allgemeiner Geschäftskosten (AGK) als Folge von Bauablaufstörungen befasst, deren prozentualer Anteil an den geltend gemachten Gesamtmehrkosten von 30 % bis 90 % zumindest Erstaunen auslöst. Die vermeintlich lukrative neuartige „Vergütungsquelle“ entsteht dadurch, dass anstelle der bisher in der baubetrieblichen Praxis üblichen Zuschlagsberechnung für AGK auf die nachweislich entstandenen Mehrkosten nunmehr mit minimalem Bearbeitungsaufwand Unterdeckungsberechnungen vorgelegt werden, die letztlich auf eine mehrfache Vergütung der AGK für die hauptvertraglichen Leistungen abzielen. Dazu werden die Soll-Erlöse AGK in der Soll-Bauzeit den IstErlösen AGK in der Soll-Bauzeit gegenüber gestellt. Die Differenz wird als Schaden deklariert. [BEISPIEL: Verschieben sich die Bauarbeiten (hier: Dauer 6 Monate) z. B. vom 1. Halbjahr ins 2. Halbjahr 2012, können die AGK nicht wie geplant im 1. Halbjahr 2012 erlöst werden und werden dann als Schaden ausgewiesen.] B. Wesentliche Prüfkriterien/Erfahrungen des Autors 1. Die Anforderungen des BGH vom 20.02.1986, 21.03.2002 und 24.02.2005 sind einzuhalten. Als Schaden ist grundsätzlich nur die Differenz zwischen der fiktiven Vermögenslage des AN ohne Behinderung und der tatsächlichen Vermögenslage des AN unter Beachtung der vom AG zu vertretenden Behinderungen zu ersetzten. Auf der Ausgabenseite ist darzulegen, dass sich die AGK erhöhten. Mehrkosten können anfallen durch adäquat kausale Personalkostenerhöhung am Unternehmenssitz des AN. Auf der Einnahmenseite ist der Umsatzrückgang nachzuweisen. Streng formal müssen Schadensersatz- oder Entschädigungsansprüche aus vom AG zu vertretender Behinderung je Einzelstörung kausal nachgewiesen und adäquat beziffert werden. 2. Die AGK sind nicht zu 100% projektabhängig und erhöhen sich daher auch nicht linear zur Bauzeit. Die Meinungen in der Literatur sind uneinheitlich. Bei Verzicht auf die strengen Anforderungen des BGH können die AGK ggf. zu 50% projektabhängig angesetzt werden. Dazu muss der AN konkret vortragen, wie sich seine AGK betragsmäßig zusammensetzen und den AGK-Aufwand im Soll (ohne Störungen) und im Ist (mit Störungen) offen legen. 3. Große Bauaufträge werden oft über mehrere Geschäftsjahre abgewickelt. Während des lfd. Projekts kann der AN die AGK nur nach Leistungsfortschritt erlösen. Es werden i. d. R. keine festen Teilabrechnungssummen für einzelne Geschäftsjahre vereinbart. Daher sind etwaige Mehrkostenforderungen aus Gemeinkosten-Unterdeckung auch über die gesamte Vertragsdauer über ggf. mehrere Geschäftsjahre hinweg zu betrachten. Eine Gemeinkostensaldierung ist erst nach Fertigstellung der Bauarbeiten im Rahmen der Schlussrechnungslegung möglich, nicht jedoch während der Bauzeit im Rahmen von Abschlagsrechnungen bzw. nach Einzeljahren. 4. Eine Bauzeitverzögerung muss nicht zwangsläufig zu einer AGK-Unterdeckung 30 führen, besonders dann, wenn die Bauarbeiten im gleichen Jahr abgeschlossen werden wie vertraglich vereinbart. 5. AN als Generalunternehmer (GU) arbeiten überwiegend mit Nachunternehmern (NU) u. ä.. Sofern keine hohe Spezialisierung (z. B. Fassadenbau / Gebäudetechnik) vorliegt, können über NU immer zusätzliche Facharbeiter bereitgestellt werden. Auch eigene Poliere und Bauleiter lassen sich jederzeit einstellen. Es kommt kaum zu nachweisbaren Personalengpässen. Andere Aufträge können unverändert parallel akquiriert und bearbeitet werden. 6. Soweit zugänglich sind die veröffentlichten Bilanzen sowie Jahres- und Halbjahresberichte des AN auszuwerten. Liegt der Umsatz während der Ist-Bauzeit unterhalb der Umsätze vor und nach der IstBauzeit, ist davon auszugehen, dass ausreichend Kapazitäten zur Verfügung standen für die Abwicklung weiterer paralleler Bauaufträge. Außerdem lässt sich der Umsatzanteil der strittigen Baustelle am Gesamtumsatz ableiten. Bei einer Umsatzverschiebung auf der Baustelle von bis zu 5% des Jahresumsatzes des AN ist davon auszugehen, dass diese auf anderen Baustellen kompensiert werden können. C. Zurückführung der Unterdeckungsberechnung für AGK auf eine Zinsberechnung 7. Der Nachweis der haftungsausfüllenden Kausalität und Schadensnachweise aus AGK-Unterdeckung für eine Kette von Einzelstörungen ist nach den Anforderungen des BGH für mittlere und große Bauunternehmen mit zahlreichen zeitparallel laufenden Baustellen und Nachtrags-/ Auftragsanbahnungen nicht oder nur mit außerordentlich hohem Dokumentationsaufwand leistbar, d. h. praktisch unmöglich. Personal der Unternehmensleitung und -verwaltung muss dazu die geleisteten Arbeitsstunden nach Projekten erfassen und dokumentieren. Dabei sind projektunabhängige Tätigkeiten wie die Administration und die Akquisition abzugrenzen. 8. Bauablaufstörungen führen nur zu Verzögerungen im Mittelzufluss des AN. Zinsen für die Zwischenfinanzierung der nicht projektabhängigen AGK können daher bei Verzögerungen, die AG-seitig zu vertreten sind, vom AN geltend gemacht werden, sofern ein Verzug des AG nach § 286 Abs. 4 BGB nachgewiesen wird. Es können auch Kosten für entgangene Verzinsung angesetzt werden, wenn die fehlenden AKG aus Rücklagen gedeckt werden. Daher beschränkt sich der mögliche Schadennachweis auf die Geltendmachung von Zinsansprüchen aus dem nachweislich vom AN zu leistenden Kreditzinssatz. Bei einer im o. g. BEISPIEL dem AG zuzurechnenden Gesamtverzögerung von 6 Monaten verlagern sich die AGK-Einnahmen im Mittel um 3 Monate. Legt man z. B. einen Zinssatz von 3% p.a. zugrunde, ergibt sich ein Zinsschaden von max. 3% x 3 Mt/12 Mt. = 0,75% der insgesamt kalkulierten AGK, während der AN die im SollZeitraum vollständig nicht gedeckten AKG zu 100% ansetzt. Die Forderung des AN wäre auf 1/133 zu kürzen. 10. Die „Erfinder“ der „Vergütungsquelle Unterdeckung von AGK aus Bauzeitverzögerungen“ haben den Unternehmern letztlich einen Bärendienst erwiesen, da als Ergebnis der vertieften Prüfung dieses Ansatzes ohne Nachweise die bisher übliche und kaum beanstandete Zuschlagskalkulation für AGK auf nachgewiesene Mehrkosten künftig auf die Erstattung etwaiger Zinsaufwendungen zu reduzieren sein wird. Dipl.-Ing. Michael Peine Der Autor ist öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Baupreisermittlung und Abrechnung im Hoch- und Ingenieurbau sowie Honorare im Ingenieur- und Verkehrswegebau. Er ist Gesellschafter der DSB + IQ-Bau, Diederichs. Peine, Sachverständige Bau + Institut für Baumanagement, München - Berlin – Köln. Der Autor hat folgenden Fachaufsatz mit verfasst: Diederichs CJ / Peine M (2013) Unterdeckung Allgemeiner Ge- schäftskosten nach § 6 VI VOB/B oder § 642 BGB aus baubetrieblicher Sicht, NZBau, Heft 1/2013, D. Zusammenfassung und Fazit S. 1 - 8 9. Für eine erfolgreiche Durchsetzung von AGKMehrkosten ist es erforderlich, den Mehraufwand konkret projektbezogen durch Sachverständige nachzuweisen. Das 31 GASTBEITRAG Brauchen Unternehmen wirklich eine Anti-Stressverordnung? Deutsche Unternehmen stehen vor einer weiteren Herausforderung. Durch den demografischen Wandel und eine sich verändernde Arbeitswelt wird es für sie zunehmend schwerer, qualifizierte Arbeitskräfte zu finden. Aber braucht es wirklich eine Anti-Stressverordnung? Vielmehr kommt es darauf an, eine gesundheitsorientierte Unternehmenskultur zu leben und sich als Arbeitgeber richtig zu positionieren. Genau diesem Ziel hat sich HAWARD® verschrieben. Aufgabe und Ziel von HAWARD® ist die Sensibilisierung und Aktivierung von kleinen und mittelständischen Unternehmen für eine gesundheitsorientierte Unternehmenskultur bzw. für ein Betriebliches Gesundheitsmanagementsystem (BGM). Dafür initiiert und betreut HAWARD® ein Kompetenznetzwerk mit Qualitätsanbietern aus verschiedenen Themenfeldern der betrieblichen Gesundheit. HAWARD® und seine Partner möchten interessierten Unternehmen, die ein BGM System planen, einführen oder umsetzen wollen, das notwendige Wissen und die richtigen Ansprechpartner vermitteln. zunächst eine BGMZertifizierung von DQS GmbH oder TÜV NORD Cert GmbH durchlaufen haben. Eine Teilnahme am HAWARD® Health AWARD 2013 ist bis 31.12.2013 möglich. Darüber hinaus veranstaltet HAWARD® jährlich den HAWARD® Health AWARD, sowie das HAWARD® Fürstenberg Symposium, das in diesem Jahr am 04. und 05. April bereits zum zweiten Mal stattgefunden hat. HAWARD® ist ferner Herausgeber des HAWARD® Magazins und Lizenzgeber der BGM-Software HAWARD® BGM interaktiv. Alle weiteren Informationen und das Anmeldeformular finden Sie unter http://www.haward.de/healthaward/index.php Die Prämierung der Teilnehmer und Sieger in den jeweiligen Kategorien erfolgt auf dem III. HAWARD® Fürstenberg Symposium im April 2014. HAWARD® Health AWARD Derzeit können sich Unternehmen wieder für den HAWARD® Health AWARD bewerben. Sascha Nießen Geschäftsführer HAWARD® GmbH & Co. KG Um am HAWARD® Health AWARD teilzunehmen, müssen Sie als Voraussetzung 32 SONSTIGES Folgen und Risiken der Vernachlässigung des Arbeits- und Gesundheitsschutzes ‒ Zahlen und Fakten zum Thema Arbeits- und Gesundheitsschutz Arbeitsschutz ist kostenintensiv. Er kostet Geld und er kostet Zeit. Arbeitsschutz ist nur in großen Unternehmen ein Thema. Diese weit verbreitete Vorstellung kann schwerwiegende Folgen haben. Statistiken zeigen, welchen Stellenwert der Arbeitsschutz in jeglicher Art von Unternehmen einnehmen sollte. Jährlich ca. 25.000 meldepflichtige Unfälle ereignen sich nach Angaben der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung. Ca. 50 % hiervon entfallen auf vergleichsweise „kleinere“ Ereignisse, ein falscher Schritt, ein kleiner Sturz. Der Verlust der deutschen Volkswirtschaft an Bruttowertschöpfung ist nicht zu unterschätzen und kann derzeit mit 75 Milliarden Euro beziffert werden. Arbeitsschutz ist und sollte somit nicht nur ein Thema für große Unternehmen sein, sondern muss ab dem ersten Mitarbeiter zum festen Programm eines jeden Unternehmens gehören. Die Nichtbeachtung der – manchmal auch etwas überzogenen Regelungen – kann teuer und vor allem auch gefährlich werden. Zu beachten ist insofern, dass nicht nur strafrechtliche Konsequenzen drohen können, sondern auch der Versicherungsschutz für die Angestellten im Schadensfall verloren gehen kann. Als Folge hieraus resultieren dann Regressforderungen der Berufsgenossenschaft. Nicht unerwähnt bleiben sollte auch, dass bei Nichteinhaltung des Arbeitsschutzes auch die eigene Arbeitskraft in Gefahr ist. Auch ein Unternehmer sollte zum Wohle des Unternehmens auf seine eigene Gesundheit achten. Es empfiehlt sich daher schon bei der Gründung eines Unternehmens den Punkt „Arbeitsund Gesundheitsschutz“ effektiv anzugehen. Hierbei kann eine Beratung zu den Arbeitgeber- und Arbeitnehmerpflichten hilfreich sein. Richtig teuer wird es erst bei später vorzunehmenden Nachbesserungen. Ein weiterer Tipp um kosteneffektiv vorzugehen, ist auch die Verbindung in Netzwerken, welche sich gemeinsam zur Regelung des Arbeitsschutzes sowie der Gesundheitsvorsorge zusammenschließen. Nicht außer Acht gelassen werden, sollten auch mögliche Kontrollen. Hierbei sind vor allem die Kontrollen der Aufsichtsbehörden zu nennen. Diese erfolgen meist unangekündigt. Auch Berufsgenossenschaften der versicherten Angestellten lassen sich etwaige Kontrollen nicht entgehen und dies nicht erst im Schadensfall. Als Fazit sollte noch einmal festgehalten werden, dass ein Unternehmer, der den Arbeitsschutz auf die leichte Schulter nimmt, bzw. gar nicht beachtet, straf – und zivilrechtlich auch mit seinem Privatvermögen haftet. 33 Sonstiges Firmenwagen steuerfrei Um die Kosten innerhalb eines Unternehmens zu senken, bestehen auch im Bereich des Firmenwagens unterschiedliche Möglichkeiten für den Arbeitgeber. So kann zum Beispiel der Arbeitnehmer für die private Nutzung des PKW zur Kasse gebeten werden. Dies kann zum einen durch eine Beteiligungszahlung bei der Anschaffung des Firmenwagens geschehen oder es kann eine Beteiligung an den laufenden Kosten vereinbart werden. Hier ist die Ein-Prozent-Regelung zu erwähnen. Diese besagt, dass der zu versteuernde Betrag pauschal mit einem Prozent des Bruttolistenpreises des PKW angesetzt wird. Der Fiskus ist mit dieser Vorgehensweise nicht grundsätzlich zufrieden zu stellen. Oft ist es hier der Fall, dass der Fiskus nicht jede Beteiligung des Arbeitnehmers an den Kosten als Minderung des geldwerten Vorteils versteht und anerkennt. Als Folge dessen wäre der sich beteiligende Arbeitnehmern doppelt betroffen. Er müsste zum einen seinem mit dem Arbeitgeber vereinbarten Anteil zahlen, als auch den Betrag, den der Fiskus durch den unverminderten steuerpflichtigen geldwerten Vorteil verlangt. In einer aktuellen Entscheidung hat das Bundesfinanzministerium nunmehr zu dieser Sachlage Stellung genommen. Mit Schreiben vom 19.04.2013 erläutert das Ministerium detailliert, wann der zu versteuernde Nutzungswert des PKW durch die Beteiligung eines Arbeitnehmers gemindert werden kann. Dies ist nur dann der Fall, wenn dies eindeutig im Arbeitsvertrag zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbart worden ist, oder aber andere arbeitsrechtliche Grundlagen für eine solche Vorgehensweise herangezogen werden können. Auch für die Bemessung des entsprechenden Entgelts stehen unterschiedliche Möglichkeiten zur Verfügung. So kann entweder eine Pauschalzahlung – zum Beispiel als monatliche Pauschale – vereinbart werden, oder aber auch eine nutzungsabhängige Pauschale gemessen an den gefahrenen Kilometern. Keine Möglichkeit ist allerdings die Erklärung des Arbeitnehmers einzelne Kostenpositionen zu übernehmen. Es ist nach jüngster Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes nicht ausreichend, dass dem Arbeitgeber die entsprechenden Benzinkostenbelege zur Abrech- nung vorgelegt werden. Den geldwerten Vorteil beeinflusst dies nicht, auch wenn diese Vorgehensweise durchaus auch üblich ist. Bis zum 30.06.2013 wurde durch die Finanzverwaltung jedoch eine Übergangsfrist gewährt. Weiterhin erklärt das Gericht jedoch auch, dass ein Nutzungsentgelt, welches den Nutzungswert übersteigt nicht als negativer Arbeitslohn oder auch als Werbungskosten anerkannt werden können. Die Beteiligung an den Anschaffungskosten für den PKW können – soweit sie den geldwerten Vorteil im Jahr der Zahlung übersteigen – vom Arbeitnehmer in den Folgejahren als Differenz geltend gemacht werden. Jens Wagner Steuerberater [email protected] 34 NEWS Koalition will Öffentlich-Private Partnerschaften mittelstandsfreundlich gestalten Die Öffentlich-Privaten Partnerschaften (ÖPP) sollen mittelstandsfreundlich gestaltet werden. Dies fordern die Koalitionsfraktionen CDU/CSU und FDP in einem Antrag (17/12696), der am Donnerstag erstmals im Bundestag beraten wird. Deshalb soll die Bundesregierung im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel die Finanzierung der ÖPP so gestalten, dass sich mittelständische Unternehmen über eine Beteiligung auf Nachunternehmerebene auch an ÖPPProjekten mit einem hohen Investitionsvolumen beteiligen können. Weiter soll die Regierung dem Deutschen Bundestag bis Ende März 2013 einen Bericht darüber vorlegen, welche Optionen sie bislang geprüft hat, um ÖPP-Projekte attraktiver und wettbewerbsfähiger zu machen und welche Schritte sie unternommen hat, um ÖPP als Beschaffungsvariante der öffentlichen Hand stärker zu verankern. Eine weitere Forderung der Abgeordneten ist zu prüfen, inwieweit ÖPPModelle für die Realisierung von Schieneninfrastrukturvorhaben des Regional- und Fernverkehrs geeignet sind. Schließlich soll die Regierung Strategien und Leitlinien zur Erhöhung der allgemeinen Akzeptanz von ÖPP entwickeln. Angesichts der Konsolidierungserfordernisse der öffentlichen Haushalte müsse heute stärker denn je auf die Wirtschaftlichkeit bei der Bereitstellung von öffentlicher Infrastruktur geachtet werden, heißt es zur Begründung. Beschaffungsvarianten, die im Einzelfall wirtschaftlicher seien, dürften nicht aufgrund ideologischer Vorbehalte ausgegrenzt werden. (Quelle: Bundestag) HOAI 2013: Referentenentwurf online Mit Schreiben vom 06.03.2013 versandte das BMWi den Referentenentwurf der HOAI 2013 an die Verbände zur Stellungnahme. Der Referentenentwurf ist in unseren Materialien nun veröffentlicht. Kern der Modernisierung ist die baufachliche Überarbeitung der Leistungsbilder und die Aktualisierung der Honorartafelwerte. Zudem werden einzelne Honorarregelungen der HOAI im Allgemei- nen und Besonderen Teil überarbeitet und vereinfacht. Da die Honorartafelwerte im Rahmen der letzten HOAINovellierung im Jahre 2009 lediglich pauschal um 10% angehoben wurden, waren die Honorartafelwerte der HOAI entsprechend dem verändertem Aufwand der Auftragnehmer in den verschiedenen Fachdisziplinen neu zu bemessen. In ei- nem Forschungsprojekt hat das BMWi den Aktualisierungsbedarf zur Honorarstruktur der HOAI untersuchen lassen. Der Entwurf ist noch nicht abschließend innerhalb der Bundesregierung abgestimmt. Die Verbände erhalten Frist zur Stellungnahme bis zum 22.03.2013 (Quelle: id Verlag) 35 NEWS Änderungsentwurf zur polnischen Körperschaftund Einkommensteuer Am 12. Februar 2013 wurde ein Gesetzesentwurf zur Änderung der Gesetze über die Körperschaft- und Einkommensteuer veröffentlicht. Die wichtigste geplante Änderung betrifft die Kommanditgesellschaft und die Kommanditgesellschaft auf Aktien, die in den Regelungsbereich des Körperschaftsteuergesetzes mit einbezogen werden sollen. Folge: Kommanditgesellschaften (KG) und Kommanditgesellschaften auf Aktien (KGaA) sollen ebenso körper- schaftsteuerpflichtig werden, wie es derzeit beispielsweise Gesellschaften mit beschränkter Haftung sind. Die Einführung dieser Änderungen kann eine Erhöhung der finanziellen Belastungen von Unternehmern, die ihre Tätigkeit in Form der oben genannten Personengesellschaften ausüben, zur Folge haben. Es wird daher generell empfohlen, nach den alternativen Gesellschaftsformen, auch bei bereits gegründeten Gesellschaften, zu suchen. Gleichwohl können die Folgen der höheren Besteuerung im Falle von Komplementären in KG und KGaA durch die Möglichkeit des Abzugs eines Teils der von der KG oder KGaA entrichteten Steuer gemildert werden. Im wirtschaftlichen Sinne kann dies im Ergebnis dazu führen, dass Komplementäre nach wie vor nur einmal besteuert werden. 36