ATOS Kliniken: Ihr Vorteil – Unsere Spezialisten

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ATOS Kliniken: Ihr Vorteil – Unsere Spezialisten
ATOSnews
:: Schulter:
Neues Universal Glenoid
:: Hüfte:
Hohe Anforderungen an
Endoprothesen
:: Knie:
Osteochondrosis
dissecans
:: Knie:
Arthroskopische
Knorpelzelltransplantation
ATOS Kliniken: Ihr Vorteil – Unsere Spezialisten
ATOSnews | Ausgabe 18 | September 2011
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::Editorial
ATOSnews
ATOS – 20 Jahre Dynamik
Hans Pässler
Liebe Leserinnen und Leser,
als die ATOS-Klinik als Praxisklinik vor 20 Jahren ihre Tore öffnete, ahnte bestimmt niemand, welche rasante Entwicklung die Klinik nehmen würde. Schon in den ersten zwei
Jahren zeigte sich, dass das ursprüngliche
Konzept der Klinik, ein breitgefächertes Angebot möglichst vieler operativer wie nicht-
operativer Disziplinen unter diesem Dach zu
vereinen, zu einem wirtschaftlichen Desaster führen würde. Für ein Haus mit damals
nur 30 Betten bedeutete dies z. B. die Vorhaltung einer Unmenge unterschiedlichster
OP-Instrumentarien, was zweifellos nicht
wirtschaftlich sein konnte. Schwierig war
es auch, Pflegepersonal zu finden, das sich
mit allen angebotenen Gebieten auskannte.
So gab es ursprünglich unter anderem eine
gynäkologische Praxis mit Geburtshilfe. Nur
wenige Heidelberger Bürger erblickten jedoch das Licht der Welt in der ATOS-Praxisklinik. Zum Glück glich der Erbauer der Klinik,
Dr. Jürgen Schneider, in dieser Zeit großzügig
die gewaltigen Defizite aus, die vor allem im
Personalbereich anfielen.
Schon im zweiten Jahr fand ein Strategiewechsel statt hin zu einer auf orthopädische
Spezialfächer ausgerichteten Klinik, die durch
den Eintritt entsprechender Spezialisten, unter anderen auch des Autors dieses Editorials,
ermöglicht wurde. Pate standen die Vorbilder
amerikanischer Kliniken, die ebenfalls auf dem
Belegarztsystem aufgebaut waren und durch
die Anbindung bekannter Spezialisten in orthopädischen Subdisziplinen eine hohe nationale und internationale Reputation erhielten.
© Tomi Ungerer, das Laufrad. Mit freundlicher Genehmigung des Künstlers.
Hier tun sich traditionelle Kliniken in Deutschland mit dem hierarchisch aufgebauten Chefarztsystem doch sehr viel schwerer.
In jüngster Zeit konnten wir auch das
Gebiet der Hüftgelenkchirurgie einschließlich der Hüftarthroskopie mit weithin anerkannten Spezialisten besetzen, wodurch
die Klinik einen weiteren Wachstumsschub
erhält, nachempfunden für uns von Tomi
­Ungerer in seiner eigenen Weise.
Je mehr teils international anerkannte Spezialisten wir für die Klinik gewinnen
konnten, um so gesicherter wurde auch die
wirtschaftliche Situation der Klinik. Das Konzept ging auf und die Klinik entwickelte sich
in den folgenden Jahren zu einer der führenden Privatkliniken Deutschlands.
Bereits 1999 wurde die Idee geboren,
eine eigene Hauszeitschrift für unsere zuweisenden Kollegen zu etablieren, zunächst
mit einer Ausgabe pro Jahr. Die ATOS-News
1 erschien im Jahr 2000. Ziel war es, unseren
Kollegen nicht nur das Leistungsspektrum
der ATOS-Klinik näher zu bringen, indem die
Leistungsträger der Klinik nicht nur mittels
eigener wissenschaftlichen Originalartikel
aus ihrem jeweiligen Spezialgebiet berichteten, sondern auch über ihre zahlreichen nationalen und internationalen Kongressteilnahmen und über die dargebotenen Highlights
in kurzer, prägnanter Form informieren. Die
Zeitschrift wurde ein großer Erfolg, so dass
schon bald zwei Ausgaben pro Jahr erscheinen konnten. Noch heute ist die ATOS-News
nach unserem Kenntnisstand die einzige
wissenschaftlich geprägte Fachzeitschrift
dieses Umfansg einer einzelnen Klinik und
hat mit einer Auflage von 10.000 Exemplaren viel bekannte Fachzeitschriften überholt. Die Autoren der ATOS-News und natürlich das Herausgeberteam sind stolz darauf,
einen nicht unbeträchtlichen Anteil zur Erfolgsgeschichte der ATOS-Klinik beigetragen
zu haben.
Hans H. Pässler
3|
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1) Alfonso Bello, Steffen Oesser, Current medical Research and Opinion, Vol. 22, No. 11, 2221-2232, 2006. 2) McAlindon T. E., Osteoarthritis and Cartilage, Vol. 19, Issue 4, 399 - 405, April 2011.
3) Steffen Oesser, Michael Schunck, Collagen Research Institute, veröffentlicht: OARSI Congress 2010 in Brüssel.
ATOSnews
::Inhalt
::Editorial
3
Kollagenpeptide: Eine neue Option in der
konservativen Arthrosetherapie?
6
VSOU-Nachlese:
Kurzberichte aus Baden-Baden
ISAKOS Rio de Janeiro
Handchirurgisches Symposium in München
8
11
15
64
Von Peter Habermeyer, Sven Lichtenberg und Mark Tauber
18
Von Fritz Thorey
Die Behandlung der Osteochondrosis dissecans 22
am Kniegelenk
Von Holger Schmitt
Arthroskopische Knorpelzelltransplantation
am Kniegelenk
26
Von Rainer Siebold
Konservative Behandlung der Osteoarthrose – 30
Was kann man von ACP und Hyaluronsäure
erwarten?
Von Raimund Völker
Das Femoropatellargelenk:
Was gibt es Neues? Teil 3 Therapie
74
::Notes & News
ATOS Klinik München verlängert
Kooperation mit EHC
Neuerscheinung: Konservative Therapie von
Schultererkrankungen
Neu in der ATOS Klinik Heidelberg:
PD Dr. Fritz Thorey
49
59
62
64
Dr. Jäger eröffnet modernes dermatologisches 76
Zentrum in der ATOS Klinik Heidelberg
80
Hands-on ATOS Untersuchungskurse
Die letzten Termine 2011
Ankündigung:
ATOS Schloss-Kongress am 15. Oktober
82
40
52
Der besondere Fall aus der Handchirurgie
Von Sigmund Polzer, Hans-Werner Bouman
und Steffen Berlet
Unsere Frage an Sie
Auflösung
59
63
Impressum
81
Von Rainer Siebold
Das SPECT-CT: genauere Diagnostik,
bessere Behandlungsergebnisse
36
Von Hans H. Pässler und Christoph Becher
Voll-arthroskopische Stabilisierung der
Kniescheibe mittels MPFL-Ersatz
Was tun bei Schmerzen im Kiefergelenk?
Von Hajo Thermann, Ferzan Süzer, Sven Feil und Fritz Thorey
Die Hüftkopfnekrose
Von Michael Imhof
Operative Weiterbildung indischer Kollegen
Universal Glenoid: Zementfreier Pfannenersatz 16
für anatomische und inverse Applikation
Moderne Hüftendoprothetik: Aktueller Stand
und Ausblick auf Neuentwicklungen
72
Die Refluxkrankheit - Minimal invasive
Therapie des Sodbrennens
69
Von Peter W. Friedl und Eberhard W. Rappold
Von Andrew van Broekhoven und Riana Zech
:: Fachbeiträge
Von Charlotte Holm Mühlbauer
Akute Anal- und Perianalvenenthrombose
als proktologischer Notfall
:: Kongress-Highlights
GOTS-Jahreskongress
Von Hans-Christoph Kneféli
Primäre Rhinoplastik – unsere Vorgehensweise 65
::ATOS intern
20 Jahre ATOS Klinik Heidelberg
60
Von Robert Kilger
55
5|
::ATOSintern
20 Jahre ATOS Klinik Heidelberg:
Per aspera ad astra
Erinnern Sie sich noch an die frühen 90er Jahre, an den Bauunternehmer Jürgen
Schneider, an Norbert Blüm als Gesundheitsminister und Beate Weber als Heidelberger Oberbürgermeisterin? In dieser Zeit, vor genau 20 Jahren, entstand die ATOS
Klinik Heidelberg. Die Rhein-Neckar-Zeitung würdigt das Jubiläum mit einem Beitrag, der die Leser in die Gründungsjahre ab 1991 zurück versetzt. Wir geben ihn
an dieser Stelle in leicht veränderter Form wieder.
Am 12. April 1991 öffnete sie offiziell ihre
Pforten: ATOS, die Praxisklinik der Superlative. Ein hochmodernes Gebäude mit gläsernen Fahrstühlen, Atrium, schicker Ladenpassage, Bar und Restaurant war am
Bismarckplatz entstanden, mitten in Heidelberg. Drei Parketagen in der Tiefe trugen
zum Komfort von Patienten, Mitarbeitern
und Gästen bei. Für den Katastrophenfall
war die Tiefgarage sogar als „Hilfskrankenhaus im Vollausbau“ ausgelegt. Nach oben
ragte das markante Haus sechs Geschosse in
die Höhe. Sein technisches Innenleben war
vom Feinsten: allein das Einbringen der gewichtigen MRT-Röhre über die Außenfassade der Radiologischen Praxis stellte sich als
Publikumsmagnet dar.
22 Ärzte hatten sich anfangs in neun
Fachpraxen der ATOS Klinik niedergelassen.
Sie deckten ein breites medizinisches Fachspektrum ab: Orthopäden, Neurologen, Radiologen, Augenärzte, Gynäkologen, Gefäßchirurgen und Anästhesisten mit modernster
Technik kooperierten miteinander und
sorgten für eine hochkarätige medizinische
Versorgung. Im ersten Untergeschoss standen fünf Operationssäle einsatzbereit und
unter dem Dach warteten 30 Belegbetten
mit First-Class-Ambiente inklusive kulinarischem Verwöhnprogramm auf die Patienten. Der Name „ATOS“ stand ab sofort für
ein völlig neues Klinikkonzept, fern von jeglicher sterilen Krankenhaus-Atmosphäre und
stattdessen hautnah an den gesundungsför-
|6
dernden Bedürfnissen der Patienten ausgerichtet. „Eine angenehme Atmosphäre stimuliert das Immunsystem“, argumentierte
der damalige Ärztliche Direktor Dr. Gerd
Schwiedernoch in einem Interview über die
„Lifestyle-Klinik“ in der Wochenzeitung „Die
Zeit“.
Zwölf Jahre hatte es gedauert, bis der Orthopäde Dr. Schwiedernoch seine Idee vom
patientenorientierten Dienstleistungszentrum in die Realität umsetzen konnte. Ein
Modell, das allen – Patienten, Ärzten und
Kostenträgern – entgegenkommen sollte.
Schließlich sollte der bis dato nie da gewesene Komfort auch Kassenpatienten zugänglich sein. Dieser Teil des Konzepts ging
jedoch nicht auf: Im Rahmen der Gesundheitsreform des damaligen Ministers Norbert
Blüm wurde die Praxisklinik entgegen der
Erwartungen nicht in den Bedarfsplan der
Krankenhausplanung aufgenommen. Dennoch waren die Anfänge viel versprechend
und manchmal auch schillernd bunt: So gab
es zahlreiche kulturelle Highlights im Atrium des Hauses. Dichterlesungen und mittelalterliche Belustigungen standen ebenso
im Programm wie Kochevents mit Lottofee
Karin Tietze-Ludwig oder Auftritte des als
Weihnachtsmann verkleideten, damals sehr
populären Radio- und Fernsehmoderators
Elmar Gunsch.
Auch ohne Zuschüsse von Stadt oder Land
bot die ATOS Klinik eine derart hervorragende
Chirurgie, dass viele gesetzlich Versicherte
das Medizinzentrum auf eigene Kosten zur
stationären Behandlung aufsuchten.
Dr. Peter G. Friedl und Dr. Eberhard Rappold glaubten von vornherein an den Erfolg
der ATOS Klinik. Die beiden Fachärzte für
Chirurgie, Proktologie und Phlebologie, die
sich selbst als „ATOS-Urgesteine“ bezeichnen und das Kompetenzzentrum für Koloproktologie in der ATOS Klinik betreiben, gehörten zu den ersten dort niedergelassenen
Ärzten. „Die Idee, Diagnose, Behandlung
und Nachsorge auf höchstem Niveau unter
einem Dach anzusiedeln, war genial. Und die
Umstände, ein optimales Gelände und einen ehrgeizigen Investor zu finden, fügten
sich bestens“, erinnert sich Dr. Rappold. „Ein
Arzt muss heute neben seiner medizinischen
Kompetenz und menschlichen Authentizität
auch wirtschaftlich gesund sein, um auf dem
‚Markt’ zu bestehen. Von der übergreifenden Zusammenarbeit und der gemeinsamen
Nutzung der hochmodernen technischen
Ausstattung profitieren Ärzte und selbstverständlich ebenso die Patienten“, erläutern die
Mediziner heute ihre damalige Risikobereitschaft. „In den ersten Jahren war das ATOSAngebot relativ breit aufgestellt“, erinnert
sich Dr. Friedl. Dank einer gynäkologisch-geburtshilflichen Praxis wurden hier über einen
Zeitraum von gut einem Jahr selbst Babys
geboren – das erste am 3.10.1992, das letzte
ATOS-Kind am 26.11.1993.
Mit dem Zusammenbruch des Imperiums des Frankfurter Bauunternehmers Dr.
ATOSnews
J­ ürgen Schneider, Bauherr der Praxisklinik
und Eigentümer des 1990 gekauften Marienhauses, in dem er ein Herzzentrum eröffnen
wollte, geriet das so gut angelaufene Projekt jedoch in eine tiefe Krise. Die ATOS Klinik musste 1994 Konkurs anmelden, wurde
dann aber von der Deutschen Hypothekenbank übernommen. Ein umfangreiches Sanierungsprogramm lief an, und darüber hinaus wurde die Spezialisierung der Klinik auf
die Chirurgie des Bewegungsapparats angestoßen. Elf operativ tätige Ärzte – darunter
der spätere langjährige Ärztliche Direktor,
Prof. Dr. Hans H. Pässler, der als Spezialist
für arthroskopische Eingriffe am Knie 1993
in die Praxisklinik eingetreten war – bildeten
eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts,
um bei einer neu zu gründenden Betreibergesellschaft mit dabei zu sein.
Anfang 1997 stieß Prof. Dr. Peter Habermeyer, bis dahin Chefarzt der Sportklinik Stuttgart, zur ATOS. „Mit ihm ging es
weiter bergauf“, so Dr. Rappold zum Thema
Teamverstärkung. Die Konzentration auf einige Spezialgebiete wurde vorangetrieben,
um den Patienten ein Höchstmaß an Fachkompetenz und professioneller Behandlung
zu garantieren. Im selben Jahr gingen die
Anteile der Heidelberger ATOS Praxisklinik
GmbH & Co. KG auf fünf Belegärzte über,
Prof. Habermeyer, Dr. Pässler, Dr. Friedl, Dr.
Rappold und Dr. Terbrüggen über.
„Seither war die Praxisklinik auf Erfolgskurs. 1997 schrieben wir unsere erste positive Jahresbilanz“, betont Dr. Friedl. Und worin begründet sich dieser Erfolg? „Wir können
einander absolut vertrauen, pflegen kurze
Entscheidungswege und haben direkten Zugriff auf wichtige Entscheidungen“, fasst er
zusammen.
Im darauf folgenden Jahr festigten sich
die Strukturen, die Spezialisierung schritt
voran. Niemals wurde dabei jedoch der entscheidende Kontext – nämlich solide Arbeit
im Kernkompetenzbereich der Praxisklinik zu
leisten – aus den Augen verloren. „Wir hielten
stets am ursprünglichen Konzept fest, denn
wir sehen uns als Langstreckenläufer, nicht
als Sprinter“, sagt Dr. Friedl.
Kontinuierlich angebotene Fachseminare und
detaillierte Patientenbefragungen belegten
die positive breite Akzeptanz. Mit diesem
klaren Konzept expandierte die ATOS weiter:
Das der Rückfront gegenüber liegende Marienhaus wurde 1998 von der Verwaltung und
der Reha-Abteilung bezogen; im Haupthaus
konnte Platz für weitere Praxen geschaffen
werden. Die Bettenkapazität wurde auf 65
aufgestockt, um den zahlreichen Patientenanfragen, davon mehr als ein Drittel von außerhalb der Region, gerecht zu werden.
Ein Jahr später wurde ein weiterer Ausbau beschlossen, im März 2000 begann der
Umbau der Klinik mit anschließendem Umzug der Praxen innerhalb des Hauses. 2001
schließlich, zum zehnjährigen Bestehen,
wurde eine weitere Station mit elf komfortablen Einbettzimmern eröffnet. Ärztliche Kunst und kaufmännisches Geschick
machte seinerzeit die Festrednerin, die damalige Heidelberger Oberbürgermeisterin
Beate Weber, als entscheidend für die Karriere der Klinik aus. Als „Perle in der Kette der
medizinischen Einrichtungen in Heidelberg“
hatte sich das Gesundheitszentrum längst
fest etabliert.
Als sämtliche Raumkapazitäten inklusive
Marienhaus und Alte Villa ausgeschöpft waren, ergab sich 2007 die Option zum Kauf der
ehemaligen Luisenheilanstalt, die sich aus
zwei einzelnen, denkmalgeschützten Häusern, der „Großen“ und der „Kleinen Luise“,
zusammensetzt. Hier haben sich mittlerweile
einige neue ATOS-Mediziner eingerichtet, darüber hinaus wurden bisherige Praxen in die
renovierten Gebäude verlegt (siehe auch Seite 76). Gläserne Brücken verkürzen die Wege
durch das neu entstandene ATOS-Carré.
35 Fachärzte in 19 Facharztpraxen leisten
zurzeit Spitzenmedizin in Verbindung mit
Spitzenservice. 3.366 Patienten hielten sich
im vergangenen Jahr stationär in der ATOS
Klinik auf, darunter knapp 20 % Selbstzahler.
Die „uneingeschränkte Weiterempfehlungsquote“ von 98,8 Prozent aus Patientenfragebögen beweist, dass sich die zielstrebige
Verfolgung eines aussichtsreichen Konzepts
trotz mancher Stolpersteine gelohnt hat. ::
Die Baustelle am Heidelberger Bismarckplatz:
Wo heute die ATOS Klinik steht, klaffte damals
eine tiefe Baugrube.
Allmählich wuchs die Klinik heran
Der MRT wird angeliefert und durch die aufgebrochene Fassade der Klinik gehievt.
7|
::Kongress-Highlights
Der Jahreskongress 2011
der GOTS in München
Von Holger Schmitt
Die Asienfellows mit ihren Gastgebern.
Übergabe des Sporlastic-Posterpreises durch Herrn
Berkowitsch (Fa. Sporlastic) und Herrn Prof. Nehrer,
Krems, an Dr. Lenschow, Münster.
Michael-Jäger-Preisträger Dr. Jens Dargel, Köln,
mit GOTS-Präsident Prof. Dr. Holger Schmitt und
Herrn Berkau (Fa. Orthotech).
Sportarzt des Jahres 2011
Dr. Lothar Schwarz.
|8
Mehr als 500 Teilnehmer haben im Juni 2011 am 26. Jahres­
kongress der Gesellschaft für Orthopädisch-Traumatologische
Sportmedizin (GOTS) in München teilgenommen.
Kongresspräsident Prof. Dr. Christian H. Siebert aus Hannover eröffnete gemeinsam mit
dem aktuellen Präsidenten der Gesellschaft
Prof. Dr. Holger Schmitt (ATOS Klinik Heidelberg) den Kongress erstmalig im Gasteig
in München, da nach den Ergebnissen einer
­Sicherheitsbegehung im Herbst 2010 der
­ursprüng­lich vorgesehene traditionelle Veranstaltungsort im Klinikum Großhadern für
eine Veranstaltung dieser Größenordnung
nicht mehr zur Verfügung steht. Der neue
Kongressort wurde von Veranstaltern, Teilnehmern und auch den Industriepartnern
sehr positiv aufgenommen und wird sicherlich eine der ersten Adressen für weitere Veranstaltungen der Gesellschaft in München
bleiben.
Im Vergleich zu vergangenen Kongressen
wurde das wissenschaftliche Programm in
Parallelveranstaltungen auf anderthalb Tage
gestrafft. Am ersten und zweiten Kongress­
tag wurden bereits um 7 Uhr Instruktionskurse (Ellbogen bzw. Hüfte/Leiste) und
Breakfast-Workshops (Kreuzband) angeboten. Diese erfreuten sich großer Beliebtheit,
so dass ein so früher Beginn auch bei den
nächsten Kongressen eingeplant werden
wird.
In der ersten Hauptsitzung des ersten
Kongresstages wurde anlässlich der FußballWeltmeisterschaft der Frauen das Thema
„Frau im Sport“ in den Mittelpunkt gestellt.
Dr. Bernd Lasarzewski, Mannschaftsarzt der
Deutschen Fußballfrauen, berichtete über die
Vorbereitung auf die Weltmeisterschaft und
konnte eindrücklich auch das wachsende
Medieninteresse und die zunehmende Professionalisierung in den letzten Jahren darstellen. Kreuzbandverletzungen treten bei
Frauen im Vergleich zu Männern im Ballsport
gehäuft auf und sind in Ursachenforschung
und Prävention für die Zukunft eine besondere wissenschaftliche Herausforderung.
Rückenschmerzen standen im Vordergrund des Symposiums Physiotherapie, das
auch wieder zahlreiche Teilnehmer aus dem
Bereich der Physiotherapie zum Kongress
brachte.
In einer weiteren Sitzung mit dem Thema
„Mannschaftsbetreuung heute“ wurde darauf hingewiesen, dass die enge Kooperation zwischen Athleten, Trainern, Betreuern,
Physiotherapeuten und Ärzten die Voraussetzung ist, um Spitzenathleten bei Verletzungen und Beschwerden möglichst frühzeitig nach Ausheilung dem Sport wieder
zurückzuführen. Dr. Bernd Dörr aus Merchweiler, Sportarzt des Jahres 2006, konnte
dies aus Sicht des ärztlichen Betreuers der
Deutschen Gewichtheber sehr anschaulich
darstellen. Großes Interesse erfuhr der Instruktionskurs Muskelverletzungen im Sport,
in dem unter anderem Dr. Müller-Wohlfarth
aus München seine Erfahrungen in der
­Diagnostik und Behandlung von Muskelverletzungen darstellte. Je zwei Kollegen aus Japan und Korea, die im Rahmen eines vierwöchigen Fellowships (GOTS DePuy ­Mitek
KOSSM JOSSM Fellowship) verschiedene
sporttraumatologische Zentren in Deutschland (bei PD Dr. M. ­Engelhardt/Osnabrück,
Prof. Dr. Ch. Siebert/Hannover, Prof. Dr. W.
ATOSnews
Noack/Berlin, Prof. Dr. H. Schmitt/ATOS Klinik Heidelberg), in der Schweiz und Österreich besuchten, hatten im Anschluss die Möglichkeit, wissenschaftliche Studien aus ihren
Heimatländern vorzustellen. Wie in Europa
wird auch in Asien die operative Versorgung
vorderer Kreuzbandrupturen bei Sportlern
intensiv untersucht; Vor- und Nachteile der
Einzel- bzw. Doppelbündelrekonstruktion
wurden dargestellt. Die individuellen Vor­
aussetzungen des Athleten scheinen einen
wesentlichen Einfluss auf die gewählte Methode zu haben.
Mit überwiegend konservativen Inhalten (Sportfähigkeit nach Knie- bzw. Schulterchirurgie) beschäftigten sich die Nachmittagssitzungen, bevor Verletzungen der
Randsportart American Football sowie das
Symposium Wettkampfmedizin mit aktuellen Aspekten zum Krafttraining bei Kindern, zu Leistenschmerzen des Sportlers,
zum plötzlichen Herztod und zu aktuellen
Entwicklungen im Anti-Doping-Kampf den
Abschluss des ersten Tages bildeten. Nach
der Mitgliederversammlung konnte der erste Kongresstag im Seehaus im Englischen
Garten im Rahmen des Festabends einen
angenehmen Ausklang finden mit der Möglichkeit, eigene sportliche Fähigkeiten beim
Basketball unter Beweis zu stellen (Freiwurfkontest).
Am Samstagmorgen wurde die enge
Kooperation mit befreundeten Fachgesellschaften durch die Einrichtung eines Symposiums der AGA (Deutschsprachige Gesellschaft für Arthroskopie) realisiert. Die
komplexe Problematik des Patellofemoralgelenkes wurde diskutiert. Parallel hierzu
fand - durch den Gewinn der NBA Meisterschaft durch Deutschlands Ausnahmeathleten Dirk Nowitzki zusätzlich aktuell auch
ins Medieninteresse gerückt - ein Symposium der BasketDocs Deutschland statt, in
dem praktische Hinweise zur Betreuung von
Athleten/innen in dieser Sportart dargestellt
wurden. Unter anderem konnte Jens Kujawa,
Ex-Bundesligaspieler, Europameister 1993
und Olympiateilnehmer 1992, über die medizinische Betreuung aus Sicht des Leistungssportlers berichten.
Ehrengast Prof. Dr. Christopher J. Staendert
aus Seattle, USA, konnte in einem beeindruckenden Referat über „core stabilization
and low back pain“ aktuelle eigene Untersuchungen vor dem Hintergrund wissenschaftlicher Daten aus der Literatur vorstellen. Er
machte allerdings auch klar, dass in diesem
Bereich noch Fragen offen sind, auch wenn
viele positive Einflüsse einer verbesserten
Rumpfstabilisierung aufgezeigt werden
konnten. Weitere Sitzungen beschäftigten
sich mit der Behandlung von Knorpelschäden beim Sportler sowie sportartspezifischen Verletzungen beim Snowkiten, Wake­
boarden, Downhill Mountain Biken, beim
Berg- und Klettersport und beim Triathlon.
Zahlreiche Ehrungen und Preisverleihungen wurden im Rahmen des Kongresses
vorgenommen. GOTS-Präsident Prof. Dr. Holger Schmitt konnte das 1000. Mitglied der in
den letzten Jahren stark wachsenden Gesellschaft in München begrüßen (Dr. ­Stefan
Plüquett aus Bremen). Der mit 15.000 € dotierte Michael-Jäger-Preis (Fa. Orthotech und
GOTS) konnte an Herrn Dr. Jens Dargel aus
Köln verliehen werden, der sich mit seiner Arbeitsgruppe mit biomechanischen ­A spekten
der operativen Stabilisierung von Instabilitäten am Ellenbogen auseinandersetzte
(Die ligamentäre Instabilität des Ellenbogens: Biomechanische Untersuchungen zur
Wertigkeit aktueller Techniken der medialen
und lateralen Kollateralbandrekonstruktion).
Den mit 3.000 € dotierten ersten SporlasticPosterpreis erhielt Herr Dr. Simon Lenschow
aus Münster mit dem Thema: Struktureigenschaften einer neuen Kreuzbandfixationsstrategie bei Doppelbündelrekonstruktion
des vorderen Kreuzbandes: Die Mini-ShimTechnik. Den mit 500 € belohnten Young
Investigator Award (Fa. Neuro­tech) erhielt
Dr. Patrick Sadoghi, den Preis für das Best
Paper with highest public interest Frau Dr.
Stefanie Syre mit der Arbeit „Yoga – sportmedizinische Aspekte“. Sportarzt des Jahres
wurde Dr. Lothar Schwarz aus Saarbrücken,
seit 2003 ärztlicher Betreuer der Deutschen Triathleten. Die Laudatio hielt Prof. Dr.
Wilfried Kindermann, ehemaliger Ordinarius
der Abteilung Sportmedizin der Universität ➔
Kongresspräsident Prof. Dr. Siebert mit dem Ehrengast Prof. Dr. Christopher Staendert, Seattle/USA
Dr. Mathias Wellmann, früher ATOS Klinik Heidelberg,
mit seiner Auszeichnung für das beste Abstract
Prof. Dr. Schmitt und Prof. Dr. Pässler beim
Festabend im Seehaus
9|
::Kongress-Highlights
des Saarlandes. Den Preis für das beste Abstract (Fa. ORMED DJO, 500 €) erhielt Herr
Dr. ­Mathias Wellmann aus Hannover für eine
Arbeit mit dem Titel „AC-Gelenkverletzungen
vom Typ Rockwood III: Ist die horizontale Instabilität als eigenständiges Operationskriterium zu werten?“, durchgeführt während
seines Aufenthaltes an der ATOS Klinik Heidelberg 2010 (Arbeitsgruppe: Prof. Dr. Peter
Habermeyer, Dr. Sven Lichtenberg, Dr. Petra
Magosch, Dr. Gaspar da Silva).
Die ATOS Klinik Heidelberg war auch in
diesem Jahr wieder aktiv auf dem Kongress
vertreten. Präsident Prof. Dr. Holger Schmitt
berichtete über Indikationen zur Arthroskopie des Hüftgelenkes, Prof. Dr. Hans H. Pässler
über die Effektivität neuromuskulärer Elek-
trostimulation nach vorderer Kreuzbandrekonstruktion, Herr R. Fischer aus der Arbeitsgruppe Prof. Dr. Hajo Thermann über
Ergebnisse der endoskopischen Technik bei
„Midportion-Achillessehnentendinopathie“
und Dr. Karoly Engelleiter (Arbeitsgruppe
Prof. Dr. Holger Schmitt) über funktionelle
und kernspintomographische Ergebnisse
der Meniskuschirurgie bei sportlich aktiven
­Jugendlichen.
Veranstalter, Teilnehmer und Industriepartner waren mit dem Ergebnis des Kongresses sehr zufrieden. Der 27. Jahres­
kon­gress wird vom 22.–23. Juni 2012
unter Leitung des Kongresspräsidenten Dr.
­Gerhard Oberthaler in Salzburg stattfinden.
Kongresspräsident des 28. Jahreskongresses
(14.-15. Juni 2013) wird Prof. Dr. Holger
Schmitt (ATOS Klinik Heidelberg) sein, was
die Veranstaltung in die die Metropolregion
Rhein-Neckar (Mannheim/Heidelberg) bringen wird.
::
Prof. Dr. Holger Schmitt
Zentrum für Sporttraumatologische
Chirurgie
ATOS Klinik Heidelberg
[email protected]
BESSER IN BEWEGUNG
MIT DER COXA-HIT ®
Bandage zum postoperativen
Einsatz nach Hüft-TEP.
ATOSnews
Stark vertreten:
ATOS bei der VSOU-Tagung in Baden-Baden
Viel Präsenz zeigten die Orthopäden der ATOS Kliniken Heidelberg und
München bei der diesjährigen 59. Jahrestagung der Vereinigung Süddeutscher Orthopäden in Baden-Baden. Fünf Sitzungen wurden von Ärzten
der beiden ATOS Kliniken geleitet, hinzu kamen zehn Vorträge. Laut Aussage des Kongresspräsidenten Prof. Dr. Klaus M. Peters war die ATOS Klinik Heidelberg/München damit „die aktivste Klinik bei diesem Kongress“.
Einige der präsentierten Themen finden sich bereits in Ausgabe 17 sowie
in dieser Ausgabe 18 der ATOSnews.
Hüftkopfteilersatz (BHMR)
Im Rahmen der Sitzung „Innovationen I“ gab
Dr. Raimund Völker, ATOS Klinik München,
einen Überblick über die Fünfjahresergebnisse nach Hüftkopfteilersatz.
Bei 177 BMHR-Operationen in 5 Jahren
lag die Revisionsrate bei 2,3 %. Als Komplikationen traten 2 Schenkelhalsfrakturen und
2 oberflächliche Infekte auf. Der Kopfteilersatz kann einen Standardschaft in Fällen
vermeiden, bei denen ein Oberflächenersatz
nicht möglich ist. Die Gelenkgeometrie bleibt
wie beim Oberflächenersatz erhalten. Die
Krafteinleitung ist physiologisch. Durch die
hohe Implantatposition und die Kürze des
Schaftes kann wesentlich mehr Knochensubstanz erhalten werden als bei üblichen
Kurzschäften. Es besteht der Vorteil der vereinfachten Revisionsmöglichkeit.
Indikationen zur BMHR: 1. Deformität des
Femurkopfes:
Epiphyseolyse, Dysplasie, M.
Perthes. 2. Defekte des Femurkopfes: Zysten,
AVN, Knochenresorption.
Relative Kontraindikationen: Kurzer Offset,
Varus, Osteoporose, Alter.
Unter dem Vorsitz von Prof. Dr. Hans
­Pässler, ATOS Klinik Heidelberg, und Prof.
Dr. Hans-­Ulrich Stäubli, Bern, wurden von
der Anatomie und Biomechanik bis zu verschiedenen Therapieverfahren zahlreiche
Aspekte femoropatellarer Probleme thematisiert. Dabei kamen unter anderem zu
Wort: PD Dr. Rainer Siebold stellte die Indikation und Technik des MPFL-Ersatzes
Unter Leitung des GOTS-Präsidenten Prof.
Dr. Holger Schmitt, ATOS Klinik Heidelberg,
und von Dr. Frank Hoffmann, Rosenheim,
befasste sich das diesjährige GOTS-Symposium bei der VSOU-Tagung mit dem Leistenschmerz. Neben Diagnostik, Therapie und
Prävention wurde der Leistenschmerz bei
Kindern und Jugendlichen von Prof. Schmitt,
Heidelberg sowie bei Fußballspielern gesondert thematisiert.
➔
Dr. Raimund
Völker
PD Dr. Rainer
Siebold
Prof. Dr. Holger
Schmitt
Prof. Dr. Hans
Pässler
vor, Prof. Dr. Pässler beschrieb dass laterale
­Release und die Facettektomie, Prof. Dr.
Hajo Thermann berichtete über den FPOberflächenersatz.
Leistenschmerz beim Sportler
Femoropatellare Probleme
Prof. Dr. Hajo
Thermann
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::Kongress-Highlights
Prof. Dr. Peter
Habermeyer
PD Dr. Mark
Tauber
Innovationen V: Schulterchirurgie
Prof. Dr. Peter Habermeyer (ATOS Kliniken
Heidelberg und München) und Prof. Dr. Axel
Jubel (Köln) leiteten diese Sitzung. Prof. Habermeyer bot im ersten Vortrag eine Übersicht über die Innovationen in Schulterendoprothetik, PD Dr. Mark Tauber (ATOS Klinik
München) stellte im zweiten Übersichtsvortrag die neuen minimal invasiven Verfahren bei akuten und chronischen ACB-Verletzungen vor. Mit Dr. Thilo Patzer (Düsseldorf)
kam auch noch ein ehemaliger Mitarbeiter
des Zentrums für Schulterchirurgie der ATOS
Klinik Heidelberg zu Wort.
In seinem Übersichtsvortrag „Innovationen in der Schulterendoprothetik“ erläuterte Prof. Habermeyer, dass sich in allen
Bereichen der Schulterendoprothetik in den
letzten Jahren viel Neues getan hat. Im Bereich der Humerusschaftprothesen gab es
zum einen die Entwicklung hin zu schaftfreien Systemen, wie z. B. Kappenprothesen,
welche in letzter Zeit durch komplett schaftfreie Kopfprothesen vom Typ Eclipse zurück
gedrängt werden, da mit diesen Systemen
ein ungehinderter Zugang zur Pfanne möglich ist. Vergleichbar der Hüftendoprothetik
kommen heute auch Kurzschaftprothesen
auf den Markt. Zum anderen haben die klassischen Schaftprothesen aber nach wie vor
ihre Bedeutung, insbesondere bei begleitender Osteoporose oder in der akuten Frakturversorgung. Diese so genannten Dritt- und
Viertgenerations-Schaftprothesen sollten
aber heute die Möglichkeit aufweisen, im
Falle einer Revision zu einer inversen Prothese umgebaut werden zu können.
Handelt es sich um Früharthrosen oder
um zirkumskripte, viertgradige Chondralläsi-
| 12
onen bei jungen Patienten, kommt ein humeraler Teillgelenksflächenersatz in Form von
Hemi-Cup-Prothesen zur Anwendung, die in
wenigen Zentren bereits als Partial Eclipse
arthroskopisch (Abb. 1a und b) implantiert
werden.
Bei den Glenoidkomponenten hat sich als
Golden Standard die zementierte PE-Pfanne in Form von PEG-Systemen, KIEL-Systemen oder kombinierten PEG/KIEL-Systemen
durchgesetzt. Verbesserte Zementiertechniken haben einen wichtigen Stellenwert.
Zementfreie Glenoidkomponenten weisen
neben einer Lockerungsmöglichkeit den Nachteil eines zusätzlichen PE-Verbrauchs mit Ausbildung einer Metallose auf. Als Revisionssysteme kommen heute jedoch zementfreie
Metal-Back-Pfannen auf den Markt, die die
Möglichkeit erlauben, sekundär den Polyethylenaufsatz gegen eine Glenosphäre auszutauschen und somit das System konvertierbar
machen.
Bei den inversen Prothesen vom Typ
Grammont hat sich in den letzten Jahren als
Problem das sogenannte glenoidale Notching
herausgestellt. Dies kann durch exzentrische
Positionierung der Glenosphäre am unteren
Pfannenrand oder durch Lateralisierung der
Glenosphäre behoben werden. Durch eine
zusätzliche Steilstellung der Humeruskappe auf 135° lässt sich alleine mechanisch
der pathologische Kontakt zum Skapulahals
vermeiden. Hier wird von verschiedenen Implantatherstellern an neuen Entwicklungen
gearbeitet.
Im Bereich der Frakturprothetik kommen
immer mehr inverse Prothesen zum Einsatz,
da das Krankengut meist hochbetagt ist und
die Einheilung der Tuberkula an die anato-
Abb. 1a: Arthroskopisches
Bild einer implantierten
Partial Eclipse Prothese.
mischen Frakturprothesen trotz vielerlei Änderungen am Implantat eine hohe Fehlerrate
aufweisen.
Im zweiten Übersichtsvortrag dieser Sitzung
stellte PD Dr. Mark ­Tauber die neuen minimal
invasiven Verfahren bei akuten und chronischen ACG-Verletzungen vor:
Das Schultereckgelenk stand in den letzten Jahren verstärkt im Fokus der Wissenschaft. Sowohl im Grundlagenbereich mit
anatomischen und biomechanischen Arbeiten als auch im praktischen Bereich mit
radiologischen und klinischen Studien konnten neue Erkenntnisse und technische Fortschritte in der operativen Versorgung erzielt
werden.
Aus diagnostischer Sicht wurde der horizontalen Instabilität vermehrt Aufmerksamkeit geschenkt. Mit Hilfe neuer Aufnahmetechniken konnten dynamische Formen der
horizontalen Instabilität aufgezeigt werden,
welche von den aktuellen Klassifikationssystemen nicht ausreichend berücksichtigt
werden.
Zur minimal-invasiven bzw. arthroskopisch-assistierten Versorgung höhergradiger
Schultereckgelenksprengungen hat sich zwischenzeitlich das TightRopeTM-System der
Fa. Arthrex etabliert. Dabei handelt es sich
um ein Flaschenzugsystem bestehend aus
zwei Titanplättchen, welche über einen synthetischen Fadenzug miteinander verbunden
sind. Das TightRopeTM-System wird über einen durch Schlüsselbein und Basis des Rabenschnabelfortsatzes gesetzten Bohrkanal
ein- und festgezogen, was zur anatomischen
Reposition und Stabilisierung führt. Die klinischen Erfahrungen mit diesem Implantat
haben gezeigt, dass für sichere Ergebnisse die zweite
Generation dieses Implantats
mit größerem Durchmesser der Titanplättchen und
jeweils zwei TightRopeTMSysteme verwendet werden
sollten. Dadurch kann die
Primärstabilität sowohl in
Abb. 1b: Röntgenbild
vertikaler als auch horizonnach implantierter
Partial Eclipse Prothese.
taler Richtung entsprechend
maximiert und das Risiko für
ein Durchschneiden der Metallplättchen mit
konsekutivem Repositionsverlust kann minimiert werden. Aus der lebhaften Diskussion
ging deutlich hervor, dass die arthroskopisch
unterstützten Verfahren noch keine breite
Anwendung gefunden haben und eher nur
an Schulterzentren durchgeführt werden.
Eine besondere Herausforderung aus
chirurgischer Sicht stellen die chronischen
AC-Gelenkluxationen dar. Auch hier haben
sich durch die Einführung neuer Implantate
Möglichkeiten der minimal-invasiven Versorgung eröffnet. Als Standardverfahren
haben sich korakoklavikuläre Bandersatzplastiken unter Verwendung der Gracilis- oder
Semitendinosussehne etabliert. Das GraftRopeTM-System (Fa. Arthrex) ermöglicht das
gleichzeitige Einziehen von Flaschenzug und
Gracilissehne und kann auch arthroskopisch
unterstützt eingeführt werden. Dadurch
kann eine Augmentation der eingebrachten
Sehne während des Einheilungsprozesses erreicht werden, die primär durch eine Interferenzschraube in der Klavikula fixiert wird.
Die aktuellen Entwicklungen zur chirurgischen Versorgung von Schultereckgelenkinstabilitäten zeigen einen eindeutigen
Trend hin zu minimal-invasiven Verfahren.
Aufgrund der doch anspruchsvollen Operationstechniken sollten diese Verfahren in der
Hand des Erfahrenen bleiben, um die Komplikationsrate niedrig zu halten und den Patienten zuverlässige Ergebnisse in Aussicht
stellen zu können.
Die kindliche Kreuzbandruptur
Unter der Leitung der Vorsitzenden PD Dr.
Rainer Siebold (Atos klinik Heidelberg) und
PD Dr. Roland Becker (Brandenburg) wurden
aktuelle ­Therapiekonzepte nach Kreuzbandriss bei Kindern und Jugendlichen mit
offenen Wachstumsfugen diskutiert.
Zum Schutz vor Folgeschäden wie irreparablen Meniskus- und Knorpelverletzungen
wird heute der vordere Kreuzbandersatz
auch bei offenen Wachstumsfugen international empfohlen.
Wichtig ist es, den (ehrgeizigen) Eltern
und jungen Patienten zu vermitteln, dass die
Kreuzbandverletzung eine schwerwiegende
Verletzung für das jugendliche Knie darstellt. Ein Dauerschaden verbleibt in jedem
Fall. Von intensivem „Stop-and-Go Sport“,
z.B. Fußball, muss daher aus medizinischer
Sicht auch bei perfekter Kreuzbandrekonstruktion leider abgeraten werden, um Folgeverletzungen und eine Früharthrose zu
vermeiden.
Orthobiologie: Wo stehen wir?
Die morgendliche Sitzung leitete Prof.
Dr. Hans Pässler gemeinsam mit PD Dr.
Andreas Werner Hamburg. Prof. Pässler referierte selbst über die Einsatzmöglichkeiten von Platelet Rich Plasma (PRP) bei chirurgischen Eingriffen; Dr.
Lisa A. Fortier von der Cornell University
in Ithaca/USA berichtete über die wissenschaftlichen Grundlagen von PRP.
Rehabilitation der Schulter
Im Rahmen der Sitzung „Rehabilitation
IV“ stellte Dr. Petra
Magosch, ATOS Klinik Heidelberg, neue
Trends in der Rehabilitation der Schulter
vor. Weitere Themen
in dieser Sitzung wa- Dr. Petra Magosch
ren u.a. Indikationen
und Grenzen der ambulanten Rehabilitation
(Dr. v. Weber Chrustschoff, ­Göttingen) und
die Frage, ob nach minimal invasiver Endoprothetik überhaupt eine AHB erforderlich
ist (Dr. Brückner, Bad Klosterlausitz).
Dr. Petra Magosch orientierte sich in ihrem
Vortrag an dem von Rubin und Kibler weiterentwickelten, bereits 1983 von Neer und Mendoza
inaugurierten Phasenkonzept zur Rehabilitation
der Schulter. Die Behandlung der Schulter wird
darin primär funktionsorientiert in eine akute Phase, eine Rekonvaleszenzphase und eine
funktionelle Phase untergliedert. Die zeitliche
Abfolge der Phasen hängt von der vorliegenden
Pathologie, den Veränderungen der Symptome
sowie vom Heilungsprozess der verletzten oder
rekonstruierten Strukturen der Schulter ab.
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::Kongress-Highlights
Als neuer Trend in der akuten Phase der
Schulterrehabilitation nach primär traumatischer anteriorer Schulterluxation gilt die
Ruhigstellung in 10-30° Außenrotation statt
wie bisher in Innenrotation. Mehrere MRTStudien konnten die Reposition des abgelösten Kapsel-Labrum-Ligamentkomplexes
nachweisen. Auch klinisch wurde bereits anhand einer prospektiv randomisierten Studie
nachgewiesen (Itoi E et al. JBJS Am 2007),
dass die Ruhigstellung in Außenrotation
nach durchschnittlich zwei Jahren zu einer
signifikant niedrigeren Reluxationsrate mit
26 % führt, verglichen mit der Ruhigstellung
in Innenrotation, die nach zwei Jahren eine
Reluxationsrate von 42 % aufweist. Eine aktuelle Metaanalyse weist jedoch darauf hin,
dass die Anzahl der in Studien untersuchten
Patienten zu gering ist, um dies definitiv zu
belegen (Paterson WH et al. JBJS Am 2010).
Ein weiterer aktueller Trend, der bereits
in der akuten Phase der Schulterrehabilitation eingesetzt werden kann, ist die Spiegeltherapie, erstmals 1996 beschrieben für die
Rehabilitation von Patienten nach Apoplex.
Neurophysiologisch geht man davon aus,
dass eine Spiegelung der visuellen Rückkopplung bei der Ausführung von Bewegung zu einer Aktivierung der jeweils kontralateralen Hemisphäre führt. Dohle und
Mitarbeiter konnten mittels funktioneller
MRT eine streng einseitige zerebrale Aktivierung im Kortex allein durch Visualisierung einer Bewegung nachweisen (Dohle C
et al., J Neurophysiol 2004, Parsons LM et
al., J Neurosci 1998, Dohle C et al. in Society
for Neuroscience 2002).
Eine weitere neurophysiologische Studie
konnte zeigen, dass allein der Nichtgebrauch
einer Extremität zur Funktionsverschlechterung durch die Verringerung der kortikalen
Repräsentation führt (Liepert J et al., Electroenceph Clin Neurophysiol 1995).
Für die Spiegeltherapie nach Apoplex, bei
CRPS und Phantomschmerzen liegen jeweils
zwei bis drei randomisierte Studien vor. Aber
auch diese Studien weisen die Schwäche der
kleinen Patientenzahl auf. Zudem erschweren unterschiedliche Behandlungsprotokolle
eine Vergleichbarkeit der Ergebnisse. Nichts-
| 14
Prof. Dr. Peter
Habermeyer
Carl-Rabl Preis 2011 an
Prof. Habermeyer verliehen
Im Rahmen der 59. Jahrestagung der Vereinigung
Süddeutscher Orthopäden und Unfallchirurgen
wurde Prof. Peter Habermeyer der Carl-Rabl Preis
2011 für sein Buch „Schulterchirurgie“ 4. Auflage
2010 verliehen.
destotrotz ergeben sich Hinweise auf eine
Schmerzreduktion und Verbesserung der
Funktion.
Die Spiegeltherapie nach Schulteroperation weist bisher einen rein experimentellen
Charakter auf, wobei jedoch der Therapieansatz durch Grundlagenarbeiten gestützt
wird, die belegen, dass die Imagination zur
Aktivierung des prämotorischen und motorischen Kortex führen.
Da es allein durch die Ruhigstellung einer
Extremität zu einer Funktionsverschlechterung durch die Verringerung der kortikalen
Repräsentation kommt, sollte die Spiegeltherapie in der Rehabilitation der Schulter so
früh wie möglich eingesetzt werden, um die
Verringerung der kortikalen Repräsentation
zu vermeiden und später die aktiv assistierte
und aktive Mobilisierung der Schulter zu erleichtern. Studienergebnisse zu diesem Therapieansatz liegen bisher noch nicht vor.
Ein weiterer Trend, der in allen Phasen
der Schulterrehabilitation eingesetzt werden kann ist das Taping. Mit der Entwick-
lung neuer Materialen erlebt das Taping gerade ein Revival, denn es wurde bereits in
den 70er Jahren erstmals von Kenso Kase,
einem japanischen Arzt, beschrieben. Er benutzte ein elastisches Band, das die menschliche Haut imitieren soll. Als Wirkungsweise
beschrieb Kase einen Positionsstimulus auf
der Haut im Sinne des taktilen Biofeedbacks,
Faszien sollen sich korrekt ausrichten, es soll
„Raum“ durch Anhebung der Faszie und der
Weichteile über schmerzhaftem/entzündetem Gewebe erzeugen und das Abfließen
eines Ödems durch direkte Exsudation in ein
Lymphgefäß unterstützen (Kase K et al. in
Clinical Therapeutic Applications of the Kinesio Taping Method 2003.)
Insgesamt ist die Studienlage für das Taping sehr uneinheitlich. In der Literatur findet sich eine große Variation in der TapingTechniken, selten ist die Diagnose der in die
Studie eingeschlossenen Patienten gesichert. Trotzdem ergeben sich Hinweise auf
einen schmerzlindernden Effekt, wobei die
Wirkmechanismen unklar sind. ::
ATOSnews
Abb. 1+2: PD Dr. Siebold bei seiner live-OP.
Abb. 3: Gruppenbild der ISAKOS-Referenten.
ISAKOS: Meniskusimplantation live in Rio de Janeiro
Der Höhepunkt des Kongress-Sommers 2011
war die Veranstaltung der internationalen
Gesellschaft für Arthroskopie und Sporttraumatologie (ISAKOS) in Rio de Janeiro/
Brasilien. Der 8. ISAKOS-Kongress war der
bisher erfolgreichste in der Geschichte der
Gesellschaft und zog in diesem Jahr mehr als
3300 Spezialisten aus 83 Ländern an. Bei der
fünftägigen Veranstaltung wurden ca. 800
Fachvorträge gehalten.
Der alle zwei Jahre stattfindende Kongress dient dem weltweiten Austausch von
Fachwissen im Bereich der Kniechirurgie.
Ziel ist es, aktuelle Therapiekonzepte zu verfeinern und Operationstechniken zu diskutieren.
Die ATOS Klinik Heidelberg hatte einen
starken Auftritt bei der Veranstaltung. Vor
ca. 1000 interessierten Kollegen führte PD
Dr. Rainer Siebold eine arthroskopische LiveOperation zum Kongress durch. Dabei implantierte er einen künstlichen Meniskus in
einen dafür geeigneten Defekt des Innenmeniskus (Abb. 1 und 2).
Der Kniespezialist aus der ATOS Klinik war
außerdem geladener Gastredner bei drei
Symposien zum Thema “Anatomische vordere Kreuzbandrekonstruktion” und “Anatomischer Kreuzbandteilersatz” gemeinsam
mit weltweit renommierten Spezialisten
Prof. Ochi (Japan), Dr. Brown (USA), Dr. DeVlies (Südafrika), Prof. Fu (USA), Prof. Dijan
(Frankreich), PD Dr. Siebold (Heidelberg),
Prof. Shino (Japan) und Prof. Feller (Australien), (Abb. 3 von links nach rechts). ::
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DePuy Orthopaedics, Inc. 2011.
Alle Rechte geschützt.
::Fachbeiträge
Universal Glenoid – zementfreier
Pfannenersatz für anatomische und
inverse Applikation
Von Peter Habermeyer, Sven Lichtenberg und Mark Tauber
Keywords: Glenoidkomponente, Metalback-Pfanne, inverse ­
Applikation, Umrüstung
Ebenso wie heute moderne Schaftimplantate
von einem anatomischen auf ein inverses System umbaubar sein müssen, sollen auch die
Glenoid-Komponenten für den Revisionsfall
auf invers umrüstbar sein.
Dafür gibt es einleuchtende Gründe:
-- Drohende Rotatorenmanschetten-Defekte
(in der Literatur bei 15 %)
-- Fortgeschrittener bikonkaver Pfannenverbrauch
-- Pfannenlockerungen von zementierten
PE-Pfannen mit Indikation zum Pfannenwechsel.
Es kommen heute zementfreie MetalbackPfannen auf den Markt, welche die Möglichkeit erlauben, sekundär den Polyethylenaufsatz gegen eine Glenosphäre auszutauschen
Abb. 1: Konvertierbares Universal
Glenoid mit „anatomischem“ PE-Inlay
bzw. Glenosphäre.
| 16
und somit das System konvertierbar machen
(Abb. 1).
Aufgrund der durchweg schlechten Ergebnisse bisheriger älterer Metalback- Pfannen
musste man konstruktiv das neue Universal
Glenoid völlig neu konzipieren (Abb. 2):
-- Planes zweistufiges Titan Monoblock–­
Metalback mit 4 mm Bauhöhe und zentralem 12,5 mm langem Konus (Dicke
max. 12 mm auf 10 mm mit 10° Winkel);
drei Größen : 36 – 39 – 42
-- Zentrale Verschraubung durch den Konus
mit 15 – 20 – 25 mm Länge
-- eine periphere kaudale und eine kraniale
winkelstabile Zugschraube
-- Rückflächenbeschichtung mit TPS (Titanium Plasma Spray 200 µm) und BONIT CaP
(Calcium Phosphate 20 µm)
-- PE Inlay (UHMWPE) mit neuem Hinterschnappmechanismus und Bauhöhe
2,5 bzw. 3,5 mm.
Abb. 2: Planes zweistufiges Metalback mit je einer kaudalen
und einer kranialen winkelstabilen Zugschraube und einer
winkelstabilen zentralen Schraube.
ATOSnews
Abb. 3a: True a.p.-Röntgenbild einer fortgeschrittenenen Omarthrose mit Enthesio­
pathiezeichen im Bereich des Tuberculum
maius als Hinweis auf eine drohende Rotatorenmanschetteninsuffzienz.
Abb. 3b: axiales Röntgenbild mit
Pfannenprotrusion.
Abb. 3c: True a.p.-Röntgenbild
nach Implantation einer Eclipse
Humeruskopfprothese und einer
Universal Glenoid-Komponente.
Abb. 3d: axiales Röntgenbild
nach Implantation einer Eclipse
Humeruskopfprothese und einer
Universal Glenoid-Komponente.
Abb. 3
Durch die plane Rückfläche und durch die
zweistufige zentrale Konusverankerung gewährleistet man höchste Präzision bei der
Fräsung des Pfannenbodens mit dem geringsten Verlust des peripheren kortikalen
Pfannenrandes. Der zweistufige Konus wird
pressfit im zentralen spongiösen Knochen
eingeschlagen. Die zentrale und die beiden
peripheren winkelstabilen Schrauben werden
jeweils in der Gegenkortikalis verankert.
Im Falle einer Revision wird lediglich das PE
gegen die Glenosphäre mit Innenkonus auf
dem verbleibenden Metalback ausgetauscht.
Durch das ovaläre anatomische Design des
Metalbacks wird der Metallträger vollständig
durch das Glenoid abgestützt.
Die Glenosphären gibt es als:
-- Standardglenosphäre in drei Größen
36 – 39 – 42 mm
-- Lateralisierte Glenosphäre (4 mm)
in drei Größen
-- Lateralisiert-/-kaudalisierte Glenosphäre (4 mm/2,5 mm), ebenfalls in
drei Größen.
Durch die Lateralisation und insbesonders
durch die Kaudalisierung der Glenosphäre
werden das glenoidale Notching verhindert
und die Rotation des Unterarms verbessert.
In mechanischen Testuntersuchungen bei
200.000 Zyklen unter 750 N axialer Belastung
und kombinierter 750 N Scherkraft wurde das
System auf Belastungssicherheit fehlerfrei
geprüft.
Das Universal Glenoid (Fa. Arthrex; Karlsfeld) ist seit Anfang dieses Jahres zertifiziert
und im klinischen Einsatz. Es ist in mehreren
Zentren im Einsatz und wird durch uns prospektiv getestet.
Als Indikationen für das primäre Implantieren des anatomischen Metalbacks sehen wir
(Abb. 3):
-- Drohende Rotatorenmanschetteninsuffizienz mit begleitender fettiger Atrophie
des SSP und ISP (Goutallier >2°),
-- Exzentrischer Pfannenverbrauch Typ
Walch B2 mit hinterer Dezentrierung des
Humeruskopfes.
Sekundär ziehen wir die Implantation eines
Universal Glenoids in Betracht bei:
-- Posttraumatischer Humeruskopfarthrose/-Nekrose mit Pfannenschädigung und
begleitender Einsteifung,
-- Revisionsbedürftiger Lockerung einer
zementierten PE-Pfanne.
Vorerst sollte das Universal Glenoid nur unter strenger Beachtung der Indikationen eingesetzt werden. Trotz der mechanisch völlig
neu konzipierten Konstruktion bei Analyse
der Konstruktionsschwächen alter zementfreier Systeme muss das neue Glenoid Implantat mit Bedacht eingesetzt werden. ::
Prof. Dr. Peter Habermeyer
Dr. Sven Lichtenberg
Zentrum für Schulter- und Ellbogenchirurgie/Sporttraumatologie
ATOS Klinik Heidelberg
PD Dr. Mark Tauber
ATOS Klinik München
[email protected]
17 |
::Fachbeiträge
Moderne Hüft-Endoprothetik:
Aktueller Stand und Ausblick
auf Neuentwicklungen
Von Fritz Thorey
Keywords: Minimal-invasiv, Kurzschaft, Oberflächenersatz, Gleitpaarungen
Gegenwärtig werden in Deutschland ca. 150.000 Hüft-Endoprothesen pro Jahr
mit steigender Tendenz implantiert. Dabei nimmt der Anteil an jüngeren Patienten
deutlich zu, die zudem einen hohen Anspruch an ihr neues Gelenk haben. Sportlich aktive und jung gebliebene Patienten erwarten von einem neuen Gelenk, dass
sie ihre bisherigen Freizeitaktivitäten weiterhin durchführen können (2). Gleichzeitig steigt das Interesse an muskelschonenden minimal-invasiven Techniken, die
eine zügige Mobilisation des Patienten nach einem Gelenkersatz ermöglichen.
Dieses bedeutet für den heutigen Patienten
eine schnelle Rückkehr in das berufliche Umfeld und zu sportlichen Aktivitäten. Beides
stellt den Operateur vor die Aufgabe, sowohl
das passende Implantat als auch eine muskelschonende Operationstechnik für jeden
Patienten zu wählen, um neben der Aktivität
des Patienten eine lange Prothesenstandzeit
zu erreichen.
Arthrose des Hüftgelenkes
Neben Fehlstellungen am Hüftgelenk, die
zu einer vorzeitigen Arthrose des Hüftgelenkes führen (sekundäre Arthrose), ist in
vielen Fällen der Grund für das Auftreten des
Knorpelverschleißes unbekannt (primäre Arthrose) (1). Häufig spielen systemische Risikofaktoren bei der Entstehung der Arthrose
eine Rolle, wozu auch Alter und Geschlecht
gehören. In zunehmendem Alter verändert
sich der Aufbau des Knorpels, so dass die
stabilisierenden Kollagene abnehmen und
zusammen mit anderen Faktoren zu einem
Abbau und Destabilisierung des Gelenkknorpels beitragen (2). In der Anfangsphase mit
einer nur leichten Schädigung helfen daher noch Injektionen in das Hüftgelenk, die
| 18
einem Abbau der Knorpelstruktur entgegen
wirken sollen. Im weiteren Verlauf kommt es
zu einer Verdünnung des Gelenkknorpels, bis
im Röntgenbild der Gelenkspalt aufgehoben
erscheint (Abb. 1). Ebenso hängt der Verlauf
der Knorpelabnutzung stark vom individuellen Belastungsgrad des Gelenkes ab.
Abb. 1: Arthrose des Hüft­­
gelenkes mit bereits
auf­gehobenem Gelenkspalt
als Hinweis auf einen fort­
geschrittenen Knorpel­
verschleiß.
Operative Behandlungsmöglichkeiten
Wenn konservative Behandlungen oder arthroskopische Maßnahmen bei einer Arthrose des Hüftgelenks keine Beschwerdelinderung mehr verschaffen, muss über einen
künstlichen Ersatz des Hüftgelenkes nachgedacht werden. Die in der Vergangenheit
häufig beim Vorliegen einer Arthrose durchgeführten Korrekturen des Knochens am
Oberschenkel (Femur-Osteotomien) oder am
Becken (acetabuläre Osteotomien) wurden in
den letzten Jahren weitgehend verlassen. Die
Gründe dafür sind die nur schwer vorhersehbaren patientenindividuellen Ergebnisse, die
häufig nicht vollständige Beschwerdefreiheit
und der sehr lange Behandlungsverlauf (3).
Die Wahl des Prothesentypes spielt beim
Hüftgelenkersatz eine entscheidende Rolle
und sollte dem Aktivitätsgrad und dem bio-
Abb. 2: Minimal-invasive
Zugänge zum Hüftgelenk:
antero-lateraler (weißer
Pfeil), anteriorer Zugang
(schwarzer Pfeil). (1) M.
sartorius, (2) M. tensor fasciae latae, (3) M. rectus
femoris, (4) M. gluteaus medius, (5/6) Schenkelhals mit
Hüftkopf, (7) Hüftpfanne.
ATOSnews
logischen Alter des Patienten angepasst sein,
um eine möglichst lange Prothesenstandzeit
zu erreichen. Ebenfalls ist die Wahl der Operationstechnik durch den orthopädischen
Chirurgen wichtig. Neue minimal-invasive
Techniken ermöglichen heutzutage eine
schnelle Rehabilitation, eine zügige Rückkehr
in das berufliche Umfeld und Aufnahme der
gewohnten Freizeitaktivitäten (4).
Minimal-invasive Operationstechniken
Die minimal-invasive Chirurgie hat sich in
den letzten Jahren aufgrund des steigenden
Anspruchs der Patienten an einen möglichst
kurzen Krankenhausaufenthalt und eine
schnelle Rehabilitation, entwickelt. Vor einigen Jahren waren stationäre Aufenthalte
von 3-4 Wochen nach einem künstlichen
Hüftgelenkersatz keine Seltenheit. Diese haben sich jedoch bis auf wenige Tage verkürzt.
Um diese kurzen Krankenhausaufenthalte zu
ermöglichen, wurden die herkömmlichen
Operationstechniken verlassen, die vielfach
ein Ablösen von Muskulatur erforderten. Minimal-invasive Techniken respektieren den
Verlauf der Muskulatur und streben eine
möglichst geringe Schädigung von gelenknahen Muskeln an. Neben der Modifikation
der bisherigen operativen Zugänge wurden
Hüftimplantate entwickelt, die eine muskelschonende Implantation ermöglichen.
Häufig werden als minimal-invasiver Zugang zum Hüftgelenk der antero-laterale
(modifiziert nach Watson-Jones, weißer
Pfeil) oder anteriore Zugang (modifiziert
nach Smith-Peterson, schwarzer Pfeil) gewählt (Abb. 2) (5, 6).
Beim antero-lateralen Zugang wird durch
die Muskellücke zwischen dem Musculus
tensor fasciae latae und dem M. gluteus medius, beim anterioren Zugang zwischen dem
M. sartorius und dem M. tensor fasciae latae
auf den Schenkelhals des Hüftgelenks zugegangen, ohne die umgebene Muskulatur zu
verletzten (Abb. 3). Nach Eröffnung der Gelenkkapsel kann der Hüftkopf aus der Hüftpfanne luxiert und die beiden Gelenkanteile
können für die Aufnahme einer Endoprothese vorbereitet werden. Nach der Implantation des Gelenkersatzes wird das Gelenk
Abb. 3: Minimal-invasiv implantierte
­ üft-Endoprothese unter Schonung
H
der Muskulatur.
ren vermehrt Prothesen entwickelt, die eine
muskelschonende Implantation ermöglichen
und dabei knochensparend sind. Im Hinblick
auf den Anspruch jedes Patienten an sein
neues Hüftgelenk und auf den zukünftigen
demographischen Wandel, werden viele Patienten ein bis zwei Wechseloperationen in
ihrem Leben erhalten. Um einen Prothesenwechsel durchzuführen, sind gute knöcherne
Verhältnisse zur Verankerung der Wechselprothese notwendig. Die heutzutage verwendeten Prothesentypen verklemmen sich
weit proximal im Bereich des Schenkelhalses
(Kurzschaft-Prothesen) oder überkronen den
Hüftkopf (Oberflächenersatz, Kappen-Prothesen) (7). Sollte es im Laufe des Lebens zu
einer Lockerung des Prothese kommen, kann
das Implantat relativ einfach entfernt und
eine herkömmliche Standardprothese in den
unberührten Knochen eingesetzt werden.
Aufgrund der bisher sehr guten klinischen
Ergebnisse der Kurzschaftprothesen hat deren Anteil an allen implantierten Hüftendoprothesen in den letzten Jahren in Deutschland deutlich zugenommen (8).
Oberflächenersatz
Abb. 4: Oberflächenersatz
wieder reponiert und die Gelenkkapsel geschlossen. Die Muskelanteile legen sich anschließend wieder aneinander und die Haut
kann verschlossen werden.
Moderne Hüft-Endoprothesen
Die Ansprüche der Patienten und orthopädischen Chirurgen an eine patientenindividuelle endoprothetische Versorgung
mit schneller Rehabilitation haben nicht
nur für eine Weiterentwicklung im Bereich
der operativen Zugangswege zum Hüftgelenk gesorgt. Es wurden in den letzten Jah-
Die Idee des Oberflächenersatzes mit einer
Überkronung des Hüftkopfes wurde bereits
1928 von Smith-Petersen verfolgt (9). Erste Versuche erfolgten mit einer Hüftkopfkappe aus Glas, bei der es jedoch im Verlauf
zu Brüchen kam, so dass dieses Verfahren
vorerst wieder verlassen wurde. Dennoch
wurden mit anderen Materialien Versuche
unternommen, das Problem eines Implantatbruches zu lösen.
Neben vielen anderen orthopädischen
Chirurgen entwickelte Wagner aus Deutschland eine Kappenprothese, die eine weltweite
Verbreitung fand (10). Problematisch war jedoch bei diesem Modell der immense Metall­
abrieb, da diese aus einer Metallpfanne und
Metallkappe bestand. Erst in den 90er Jahren konnten aus verbesserten Werkstoffen
Oberflächenersätze aus CrCo-Legierungen
(Chrom-Kobalt) konstruiert werden, die den
mechanischen Ansprüchen des Hüftgelenkes
genügten (Abb. 4) (11, 12). Dennoch kam es
in den letzten Jahren aufgrund der sehr gu- ➔
19 |
::Fachbeiträge
Abb. 5:
Kurzschaftprothese bei einem
56-jährigen Patienten.
ten Ergebnisse von Kurzschaftprothesen zu
einem deutlichen Rückgang des Oberflächenersatzes. Ein Grund dafür ist die Unsicherheit
der Patienten und orthopädischen Chirurgen,
in wieweit durch den Metallabrieb Schäden
verursacht werden. Dennoch zeigt der Oberflächenersatz gute Ergebnisse bei Patienten
mit guter Knochenqualität, die eine Arthrose ohne größere Fehlstellungen des Hüftgelenkes aufweisen (13).
Kurzschaftprothesen
Die Mayo-Prothese als Vorbild vieler neuer
Kurzschaftprothesen wurde ab 1985 weltweit eingesetzt (14). Die Idee hinter dieser
Konstruktion war eine Design-Änderung der
herkömmlichen Schaftprothesen, die einen
Knochenerhalt ermöglichen sollte. Gerade
bei Patienten mit einem deformierten Hüftkopf oder einer Hüftkopfnekrose bot dieses
Implantat die Möglichkeit, weniger Knochen
als bei einer herkömmlichen Schaftprothese
zu resezieren und damit knochensparend in
Hinblick auf zukünftige Wechseloperationen
zu arbeiten. Die Einleitung der Kraft erfolgte
im proximalen, gelenknahen Femurbereich
und entsprach annähernd einer physiologischen Belastung des Knochens (14). In den
letzten Jahren wurde dieses Prinzip weiterentwickelt, so dass aktuell eine Vielzahl neuer Kurzschaftprothesen zur Verfügung steht
(Abb. 5, 6).
Neben der Möglichkeit einer knochensparenden Implantation und der verbesserten
Oberflächeneigenschaften für eine bessere
| 20
Abb. 6:
Kurzschaftprothese bei einer
34-jährigen Patientin.
Implantat-Osteointegration ist diesen Prothesentypen gemeinsam, dass sie über minimal-invasive weichteilschonende Operationstechniken eingesetzt werden können.
Ebenso kann der orthopädische Chirurg unterschiedliche Gleitpaarungen für die Gelenkanteile wählen, die einen möglichst geringen Abrieb garantieren (Keramik-Keramik,
Keramik-Polyethylen) (15, 16).
Mit Kurzschaftprothesen erhalten somit
Patienten moderne knochensparende Implantate, die sowohl weichteilschonend eingesetzt werden können und durch weiterentwickelte Oberflächenbeschichtungen und
Gleitpaarungen eine lange Prothesenstandzeit versprechen.
werden konnten. Seit einiger Zeit ist der Teil­
ersatz von Anteilen des Hüftkopfes möglich
(17). Mit dieser neuen Methode kann über einen minimal-invasiven Zugang zum Hüftgelenk der Defekt dargestellt und dieser dann
durch eine kleine Metallkappe (HemiCAP) ersetzt werden. Durch eine muskelschonende
Operationstechnik ist eine sehr schnelle Mobilisation der Patienten möglich, so dass
mitunter nach 6-8 Wochen die gewohnten
sportlichen Aktivitäten wieder aufgenommen werden können (Abb. 7, 8). Dieses Verfahren hat sich vor allem bei jüngeren Patienten bewehrt, die ansonsten bereits in
jungen Jahren mit einem Gelenkersatz versorgt worden wären.
Teilersatz des Hüftgelenkes
Gleitpaarungen
In einigen Fällen finden sich definierte und
lokal umschriebene Knorpeldefekte des
Hüftkopfes, die in der Vergangenheit häufig
nur mit einer Hüft-Endoprothese versorgt
In der Vergangenheit waren die häufigsten
Gleitpaarungen ein Metallkopf und ein Polyethylen-Insert. Aufgrund der damaligen
Technik war die Herstellung von Ultra-Hoch-
a
b
c
Abb. 7a-c: Minimal-invasiver Zugang zum Hüftgelenk zur Implantation
einer HemiCAP bei einem 24-jährigen Patienten.
Aesculap® Metha®
Der Kurzschaft.
Abb. 8:
HemiCAP Versorgung
bei einem 24-jährigen
Patienten mit einem
lokalisierten Knorpeldefekt des Femurkopfes. Die weißen
Pfeile markieren
den Defekt.
vernetzten Polyethylen-Insert noch nicht
möglich und es kam in vielen Fällen zu abriebbedingten Fremdköperreaktionen, die zu
einer Knochenosteolyse mit anschließender
Prothesenlockerung führten (18). Dieses zog
in den meisten Fällen eine Wechseloperation
nach sich. Aufgrund des gesteigerten Aktivitätsgrades der Patienten müssen die gewählten Gleitpaarungen immer höhere Anforderungen erfüllen. Daraus folgt bei jüngeren
aktiveren Patienten ein erhöhter Abrieb mit
den genannten Folgen für die Prothese. Daher wurden in den vergangenen Jahren nicht
nur die Metall-Implantate weiterentwickelt,
sondern auch andere Gleitpaarungen. Ziel
dabei war es, die Materialeigenschaften
der Gleitpaarungen so zu verändern, dass
ein möglichst geringer Abrieb der Gleitpaarungsoberflächen entsteht.
Dieses führte zur Weiterentwicklung der
Polyethylene zu ultra-hochvernetzten Polyethylenen (XPE) mit einer deutlich geringeren
Abriebrate (15). Ebenso wurden die bereits
bekannten Keramiken verbessert, so dass
derzeit Keramik-Köpfe und Keramik-Inserts
mit sehr guten mechanischen Eigenschaften
und einer hohen chemischen und hydrothermalen Stabilität ausgestattet sind. Ebenso
weisen sie eine hohe Biokompatibilität und
sehr gute tribologische Eigenschaften auf
(16). Die Auswahl verschiedener Keramikkopf-Durchmesser ermöglichen zusätzlich
eine verbesserte Stabilität und Bewegungsumfang (ROM) des Hüftgelenkes, die die Gefahr einer Hüftluxation minimieren (19).
Zusammenfassung
In den letzten Jahren gab es einen deutlichen Wandel in der Hüft-Endoprothetik.
Die operativen Zugangstechniken zum Hüftgelenk wurden weiterentwickelt, so dass vermehrt muskelschonende minimal-invasive
Zugangstechniken genutzt wurden. Neue
und verbesserte Prothesentypen ermöglichen dabei einen knochensparenden Einsatz. Zusammen mit den neuen Gleitpaarungen bietet die Hüft-Endoprothetik derzeit
Versorgungsmöglichkeiten, die sowohl eine
schnelle Mobilisation und Rückkehr zur normalen Aktivität als auch eine lange Prothesenstandzeit versprechen.
::
� Knochenerhaltende und weichteilschonende OP Technik
� Umfangreiches Prothesensortiment
� Förderung der knöchernen Integration
durch spezielle Beschichtung
Weitere Informationen unter
www.kurzschaft.de
Literatur beim Verfasser
Aesculap – a B. Braun company
PD Dr. Fritz Thorey
Zentrum für Hüft-, Knie- und Fußchirurgie
ATOS Klinik Heidelberg
[email protected]
www.zentrum-hueft-knie-fusschirurgie.de
www.endoprothetik-heidelberg.de
::Fachbeiträge
Die Behandlung der Osteochondrosis
dissecans am Kniegelenk
Von Holger Schmitt
Keywords: Osteochnodosis dissecans, Stadieneinteilung, Therapieoptionen
Die Osteochondrosis dissecans ist eine Erkrankung überwiegend des ­Kindesund Jugendalters, bei der eine Minderdurchblutung eines subchondralen
Knochenareals vorliegt, die einem stadienhaften Verlauf unterliegt (Tabelle
1). Kommt es nicht zu einer Reperfusion des Knochens, kann ein instabiles
Knorpel-Knochenfragment resultieren, das zu Kniegelenks­beschwerden
führen kann. Die Therapie der Osteochondosis dissecans ­e rfolgt stadienabhängig.
Am häufigsten betroffen ist der mediale
Femurkondylus (50–75 %), gefolgt vom lateralen Femurkondylus. Relativ selten ist
ein Befall der Patella. Jungen sind häufiger
(6/10.000) als Mädchen (3/10.000) betroffen. In vielen Fällen wird das erstmalige
Auftreten von Kniegelenkbeschwerden mit
sportlichen Aktivitäten oder Unfällen in Verbindung gebracht, wobei sehr häufig anlagebedingte Faktoren unfallunabhängig vorhanden sind und das Ereignis erstmalig zur
Diagnose einer Osteochondrosis dissecans
(OD) führt. Biomechanische Faktoren scheinen auch eine Rolle zu spielen, da die OD ge-
häuft bei sportlich aktiven Kindern und Jugendlichen auftritt.
Häufig werden belastungsabhängige
Schmerzen am Knie angegeben. Eine Ergussbildung bzw. Schwellung des betroffenen
Kniegelenkes tritt allerdings meist erst dann
auf, wenn die Minderdurchblutung des Knochens zu einer Instabilität des Fragmentes
geführt hat. Neben der Röntgendiagnostik
ist insbesondere die Kernspintomographie
hilfreich, da Instabilitätskriterien bildgebend
dargestellt werden können. Findet sich eine
Flüssigkeitsansammlung oder ein Flüssigkeitssaum zwischen Fragment und Femur-
Arthroskopische Stadieneinteilung der Osteochondrosis dissecans
Stadium I
Stadium II
Knorpel intakt,
mechanisch normal
Knorpel intakt, meist leicht eindrückbar,
Demarkierung des Knorpels zirkulär
Stadium III
Dissekat in situ, kann mit Haken unterfahren werden,
teilweise Fixation des Dissekates, häufig Synovialitis
Stadium IV
Tabelle 1
| 22
Dissekatbett leer, Knorpel abgerundet, ausgefranst,
Dissekat frei flottierend, Synovialitis
kondylus, besteht häufig eine Instabilität und
operative Maßnahmen sind erforderlich.
Therapie bei Stadium I:
Sie erfolgt konservativ durch Entlastung
des betroffenen Areals, um durch Verhinderung weiterer axialer Druckbelastung eine
spontane Reperfusion zu ermöglichen. Die
Kniegelenke dürfen bewegt werden, eine
mehrwöchige Immobilisation sollte nicht
durchgeführt werden. Die Verwendung von
Unterarmgehstützen wird je nach Ausprägung des Befundes für 4–6 Wochen empfohlen. Häufig ist hierdurch rasch eine
Schmerzreduktion zu erzielen, Alltagsbelastungen sind nach 6 Wochen meist wieder
möglich und dann auch erlaubt.
Eine antiphlogistische medikamentöse
Therapie kann in der Anfangszeit eingesetzt
werden. Die Wirksamkeit von Präparaten, die
direkten Einfluss auf die lokale Durchblutungssituation haben sollen, ist aktuell wissenschaftlich nicht belegt. Diese Präparate
können daher bei Kindern und Jugendlichen
nicht empfohlen werden. Eine kernspintomographische Kontrolle ist erst nach 4–6
Monaten sinnvoll, um eine Heilungstendenz
zu erkennen. Bei kleinen Defekten kann es in
dieser Zeit bereits zu einer Ausheilung kommen (Abb. 1a und 1b).
ATOSnews
Abb.1a + 1b:
1a: Kernspintomographischer Verlauf einer
konservativen Behandlung (Grad I-Läsion
am medialen Femurkondylus.
1b: Derselbe Patient, nach 1 Jahr komplett
ausgeheilt.
a
b
Therapie bei Stadium II:
Sie erfolgt konservativ oder operativ. Die
konservative Behandlung wird wie bei Stadium I-Befunden durchgeführt. Kommt es
dadurch zu keiner Reduktion des minderdurchbluteten Areals, kann eine operative
Maßnahme erforderlich werden. In den meisten Fällen kann je nach Lokalisation arthroskopisch eine retrograde Anbohrung ohne
Schädigung der intakten Knorpelschicht
durchgeführt werden. Auch hieran schließt
sich aus denselben Gründen wie oben aufgeführt eine sechswöchige Phase der Teilbelastung. Anfängliche Schwellungszustände können physikalisch (Lymphdrainage und
Krankengymnastik) reduziert werden. Auch
Abb. 2: Kernspintomographische Darstellung eines
Bohrkanals nach retrograder
Anbohrung bei Grad II-Läsion
am medialen Femurkondylus.
in diesen Fällen sollte nach 6 Monaten eine
Kernspintomographie durchgeführt werden,
um die Wirkung der durchgeführten Maßnahme beurteilen zu können (Abb. 2).
Knorpel-Fragment mit resorbierbaren oder
auch nicht-resorbierbaren Fixationshilfen
wieder angebracht werden (Abb. 3 a–e).
Therapie bei Stadium IV:
Therapie bei Stadium III:
Operativ. In diesem Stadium finden wir intraartikuläre Instabilitäten, da sich KnorpelKnochenfragmente aus ihrem sog. Mausbett
lösen. In diesem Stadium findet sich häufig
noch eine weichgewebige Anbindung ans
Mausbett, die jedoch eine Einheilung nicht
möglich macht. Knöcherne Sklerosesäume
und weichgewebige Interponate verhindern
ein regelrechtes Einheilen der Fragmente. In
diesen Fällen müssen operative Maßnahmen
ergriffen werden, die häufig noch arthroskopisch, bei ungünstiger arthroskopischer Erreichbarkeit oder großer Ausdehnung offen
durchgeführt werden.
Wesentliche Voraussetzung für eine optimale Einheilung ist die Qualität des Mausbettes. Es ist erforderlich, die Sklerosesäume und sämtliche Areale minderversorgten
Gewebes sowohl am Mausbett als auch am
Fragment zu beseitigen (debridieren), um
beste Heilungsmöglichkeiten zu schaffen.
Häufig entsteht hierdurch eine knöcherne
Defektzone, die durch körpereigenes Knochengewebe (Entnahme am ehesten vom
seitengleichen Beckenkamm) aufgefüllt werden muss. Gelingt dies und hat auch das
Fragment die erforderliche Größe und Qualität zur Refixation, dann kann das Knochen-
Stets operativ. Hat sich das Dissekat gelöst und bewegt sich im Gelenk, wird neben Schmerzen häufig auch eine Schwellung
und/oder ein Einklemmungsphänomen beobachtet. Je länger sich ein Dissekat frei im
Gelenk bewegt, desto stärker verändert sich
auch die Form des sog. „freien Gelenkkörpers“. Eine zu Beginn meist noch mögliche
Refixation ist wegen ausgeprägter Formveränderungen in diesen Fällen dann nicht
mehr möglich, das Fragment muss entfernt
werden.
Die weiteren operativen Schritte richten
sich dann nach der Größe und Tiefe des Defekts. Wie auch im Stadium III ist zunächst
die Knochenqualität des Defekts entscheidend. In den meisten Fällen muss der minderdurchblutete Bereich, manchmal durch
Zysten gekennzeichnet, komplett entfernt
werden. Der dadurch entstehende größere
Knochendefekt muss dann zunächst aufgefüllt werden (Abb. 4 a–d). Körpereigenes
Knochengewebe (Spongiosa) wird am einfachsten und zuverlässigsten vom eigenen
Beckenkamm gewonnen und ins Kniegelenk
transplantiert. Auch Knochenersatzstoffe
werden in den letzten Jahren zunehmend
eingesetzt, wobei wissenschaftliche Studien
hierzu bislang nicht vorliegen.
➔
23 |
::Fachbeiträge
Abb. 3a: Anfrischen des Mausbettes mit einer Kugelfräse
arthroskopisch,
Abb. 3b: zusätzliches Anbohren zur
Verbesserung der Knochenqualität
im Defekt,
Körpereigenes Spongiosagewebe hat optimale Einheilungseigenschaften. Somit wird
der Knochendefekt aufgefüllt, der eigentliche Knorpelüberzug des aufgefüllten Defektes muss dann noch ergänzt werden.
Hierzu stehen verschiedene Möglichkeiten
zur Verfügung. Neben dem Einsatz eines mit
körpereigenen Chondrozyten angereicherten
Kollagenvlieses ist bei größeren Defekten insbesondere die autologe Chondrozytentransplantation eine gute Option. In einem ersten
arthroskopisch durchgeführten Eingriff werden hierbei körpereigene Knorpelzellen aus
einer wenig belasteten gesunden Knorpelregion des betroffenen Kniegelenkes entfernt
und zur Anzüchtung in ein Labor geschickt.
Drei bis fünf Wochen nach Gewebsentnahme kann dann nach Anzüchtung die Chondrozytentransplantation durchgeführt werden (Abb. 5). Bei kleinen Defekten kann dies
arthroskopisch erfolgen, in den meisten Fäl-
Abb. 3c: zusätzliches Anfrischen
des osteochondralen Fragmentes,
len ist allerdings eine offene Operation erforderlich.
Bei kleinen Defekten stellt auch die Knochen-Knorpeltransplantation eine Behandlungsalternative dar. Hierbei werden KnochenKnorpelzylinder aus „weniger“ belasteten
Regionen in die betroffene Region transplantiert. Sind die Defekte noch kleiner und
oberflächlich, kann auch eine arthroskopisch
durchgeführte Mikrofrakturierung (Anregung
der Faserknorpelbildung durch Anbohrung
von vorne = anterograd) erfolgversprechend
sein (Abb. 6).
Ergebnisse
Die Ergebnisse der dargestellten Behandlungsmethoden sind gut. Im Stadium I und II
können durch konservative Behandlung bei
noch offener Wachstumsfuge gute und sehr
gute Ergebnisse erzielt werden. Gebarski
Abb. 3d: Fixation mit
Titanschraube.
(2005) konnte zeigen, dass 22 von 23 Kindern mit Osteochondrosis dissecans im Stadium I unter konservativer Behandlung folgenlos ausgeheilt sind. Cepero (2005) konnte
bei 60 Patienten eine Ausheilung nach Anbohrung in 57 Fällen erzielen (überwiegend
Grad II-Läsionen).
Sind operative Schritte erforderlich, sind
die Ergebnisse bei refixierten Fragmenten
denen der gedeckten Defekte überlegen. Bei
Dissekaterhaltung finden sich in über 90 %
der Fälle subjektiv und über 80 % der Fälle
objektiv gute Ergebnisse. Insbesondere finden sich auch keine Hinweise dafür, dass im
Langzeitverlauf die Ergebnisse schlechter
werden. Prinzipiell sind die Ergebnisse im Jugendalter besser als im Erwachsenenalter.
Wird eine OD stadiengerecht behandelt
und kommt es zu einer regelrechten Ausheilung, besteht kein erhöhtes Arthroserisiko und
die Kinder/Jugendlichen können auch wieder
Abb. 4: Kernspintomographische Darstellung einer großen zystischen Grad IV-Läsion am lateralen Femurkondylus im Verlauf:
4a: präoperatives MRT,
| 24
4b: präoperatives CT,
4c: postoperativ nach 1 Jahr
MRT ap,
4d: postoperativ MRT seitlich.
ATOSnews
Abb. 5: Offene Implantation einer
matrixgestützten Chondrozyten­
transplantation am Kniegelenk.
sportliche Belastungen aufnehmen. Einen ersten Hinweis auf die Belastbarkeit kann man
ca. 6 Monate nach Behandlung gewinnen,
wenn kernspintomographisch die behandelte
Region dargestellt wird. Es ist bekannt, dass
die Einheilungsvorgänge insbesondere bei
Knorpeldeckung mehrere Jahre dauern kön-
Abb. 6: Arthroskopische Mikrofrak­
turierung mit sog. „Chondropick“ bei
retropatellarem Knorpelschaden.
nen und sich auch über mehrere Jahre kernspintomographisch inhomogen darstellen.
Die knöchernen Einheilungsvorgänge sind
meist schneller abgeschlossen.
::
Prof. Dr. Holger Schmitt
Sportorthopädie – Sporttraumatologie
Hüft- und Kniechirurgie
ATOS Klinik Heidelberg
[email protected]
Literatur beim Verfasser
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ORTHETIK OTTOBOCKDEpWWWOTTOBOCKDE
::Fachbeiträge
Arthroskopische Knorpelzelltransplantation am Kniegelenk
Von Rainer Siebold
Keywords: posttraumatischer Knorpelschaden, autologe ChondrozytenTransplantation, Arthroskopie, Mikrofrakturierung
Viertgradige posttraumatische Knorpelschäden am Kniegelenk sind
schwerwiegende Verletzungen und stellen für den Arzt eine große Herausforderung dar. Die klassische Behandlung ­mittels ­Mikrofrakturierung
oder Mosaikplastik stößt dabei besonders bei ­größeren Defekten und
jungen Patienten schnell an ihre Grenzen. Daher setzt sich die Transplantation autologer Chondrozyten (ACT) als modernes Verfahren immer weiter durch. Seit einigen Jahren führen wir die Knorpeltransplantation mit guten Ergebnissen voll-arthroskopisch durch.
Abb. 1: Knorpelentnahme für Anzüchtung
aus wenig belastetem Areal
(Interkondylikum).
Das klassische Verfahren zur Regeneration des Knorpels ist die arthroskopische Mikrofrakturierung [1]. Dieses knochenmarkstimulierende Verfahren findet Anwendung
bei kleineren umschriebenen viertgradigen
Knorpelschäden bis auf den subchondralen
Knochen. Mit Hilfe einer spitz zulaufenden
Ahle werden dabei kleine Löcher in den Knochen eingebracht. In der Folge kommt es zu
einer Einblutung von pluripotenten Stammzellen aus dem Knochen in den Defektbereich und es entsteht ein „Knorpelregenerat“.
Nachteil: Der regenerierte „Mischknorpel“ ist
von minderwertiger Qualität. Der Operationserfolg ist deshalb meist nicht dauerhaft.
Bei kleineren Knorpeldefekten kann außerdem eine „Mosaikplastik“ [2] oder „OATS“
durchgeführt werden. Dabei wird der Defekt
mitsamt eines darunter liegenden Knochenzylinders rundlich ausgestanzt und gegen einen zweiten rundlichen Zylinder mit intakter
Knorpeloberfläche aus einem unbelasteten
Areal des Kniegelenkes ausgetauscht. Nachteil: Das Operationsverfahren erfordert eine
präzise Operationstechnik mit genauer Wiederherstellung des Gelenkknorpelniveaus.
Wird dies nicht erreicht, sind Folgeprobleme
möglich. Auch können an der Entnahmestelle des intakten Zylinders Beschwerden
auftreten.
Autologe Chondrozytentransplantation
Deshalb setzt sich bei jüngeren Patienten mit
viertgradigen Knorpelschäden die Transplantation autologer Chondrozyten (Knorpelzellen) (ACT) [3] als modernes Verfahren immer
weiter durch.
Zunächst wird der Knorpeldefekt prä­
operativ mittels Kernspintomographie (MRT)
dargestellt und auf seine Eignung zur Knor-
Abb. 2a, 2b:
Applikation in großen
Knorpeldefekt im Gleitlager
der Kniescheibe am
Oberschenkel (Trochlea).
a
b
| 26
ATOSnews
pelzelltransplantation beurteilt. Besteht die
Indikation, schließt sich eine Arthroskopie
an, wobei die endgültige Entscheidung zur
ACT getroffen wird. Dabei wird ein nur wenige Millimeter großes Knorpelstück aus einem
wenig belasteten Areal des Kniegelenkes
für die Anzüchtung der Zellen entnommen
(Abb. 1). Die Knorpelzellen werden nun in
einem aufwendigen Spezialverfahren durch
Biotechnologie-Firmen gereinigt und die frei
gewordenen Knorpelzellen im Reagenzglas
steril vermehrt. Etwa sechs Wochen später können die hochkonzentrierten und potenten Zellen in einer zweiten Operation in
den Knorpeldefekt eingepflanzt werden. Es
entsteht ein hyalinartiges Knorpelgewe-
Abb. 4a: Großflächiger viertgradiger Defekt
am medialen Femurkondylus in der Hauptbelastungszone.
be, welches dem ursprünglichen gesunden
Knorpel in Funktion und Qualität ähnelt.
Bisher mussten die angezüchteten Knorpelzellen entweder in flüssiger Form unter
eine angenähte Membran gespritzt oder auf
einer beschichteten Kollagenmembran (Matrix) implantiert werden [3]. Nachteil beider
Verfahren ist es, dass sie technisch aufwendig sind und eine Arthrotomie des Kniegelenkes von mindestens 5-10 cm notwendig
machen. Knorpelschäden hinter der Kniescheibe erforderen dabei ein besonders invasives Vorgehen, weil eine große Arthrotomie
mit Umklappen der Patella notwendig ist.
Abb. 4b: Arthroskopische Knorpelzell­
transplantation mit Sphäroiden.
Abb. 3: Trotz arthroskopischer Spülflüssigkeit haften die transplantatierten Knorpelzellen am subchondralen Knochen.
Abb. 4c: Knorpelregenerat 4.5 Monate
nach Implantation.
Neuartige Knorpelzellimplantation
mittels Sphäroiden
Abb. 5a: Defekt am medialen
Femurkondylus.
Abb. 5b: Ergebnis 9 Monate nach
arthroskopischer Knorpelzelltransplantation
und valgisierender Achskorrektur
(Umstellungsosteotomie).
Bereits 2006 haben wir als eines der ersten
Zentren in Deutschland einen neuen Weg der
autologen Knorpelzelltransplantation eingeschlagen [4]. Das von der Firma co.don® AG
(Teltow/Berlin) entwickelte elegante Verfahren macht es nämlich möglich, die Implantation der Knorpelzellen auch minimal invasiv
arthroskopisch durchzuführen. Dabei werden die Knorpelzellen zu dreidimensionalen
Kügelchen (Sphäroiden) zusammengefasst,
wobei jedes einzelne Sphäroid etwa 200 000
Knorpelzellen enthält und je nach Reifegrad
einen Durchmesser von nur 0,5–0,7 mm hat.
Die Herstellung der 3D-Sphäroide wird aus- ➔
27 |
::Fachbeiträge
a
b
c
Abb. 6a-d: Defekt am lateralen Femurkondylus (6a), applizierte Sphäroide (6b), arthroskopisches Ergebnis 18 Monate
nach arthroskopischer Knorpelzelltransplantation (6c), Kernspintomographie 18 Monate nach Knorpelzelltransplantation
an der lateralen Femurkondyle in Hauptbelastungszone. Komplett regenerierte Knorpeloberfläche sichtbar (6d).
schließlich mit patienteneigenem Blut durchgeführt, wodurch Fremdeiweiße und Nebenwirkungen vermieden werden.
Sobald die Sphäroide bei der Implantation mit dem vorbereiteten Knorpeldefektlager
Kontakt aufnehmen, können sie durch Adhäsionsproteine mechanisch stabil am subchondralen Knochen anhaften (Abb. 2a, 2b). Selbst
das „Überschwemmen“ der Sphäroide mit arthroskopischer Spülflüssigkeit kann den Knorpelzellen dann nichts mehr anhaben (Abb. 3).
Wir haben die Operationstechnik mittlerweile soweit verfeinert, dass wir die Implantation der Sphäroide komplett arthroskopisch durchführen. Die Zellen werden dabei
in alle Bereiche des Kniegelenkes transplantiert, z. B. an die mediale und laterale Femurkondyle (Abb. 4a–c, 5a, 5b, 6a–c), das
Tibiaplateau (Abb. 7a, 7b) und auch in den
Bereich des patellofemoralen Gelenkes (Abb.
2a, 2bb, 8a–d). Für Knorpelschäden hinter
der Kniescheibe haben wir ein eigenes Verfahren entwickelt, das uns auch hier die Einbringung der Sphäroide auf voll-arthroskopische Weise erlaubt. Der Patient wird dafür
auf dem Bauch gelagert. Das betroffene Bein
wird im Beinhalter befestigt und die Patella
selbst wird durch ein mittels Fäden fixiertes
Gewicht nach unten gezogen. Der Operateur
kann dann die Patella von oben arthroskopisch bearbeiten und die Sphäroide einbringen [5] (Abb. 8a-d). Häufig werden von uns
auch mehrere Defekte gleichzeitig durch eine
Knorpelzelltransplantation versorgt.
Wir sehen die Indikation für die Implantation der Sphäroide insbesondere bei jün-
geren Patienten mit gutem Regenerationspotential des Knorpels. Geeignet sind v.a.
großflächige traumatische Knorpeldefekte
mit freiliegendem subchondralem Knochen.
Aber auch kleinere tiefe Knorpelschäden von
2–3 cm2 in der Hauptbelastungszone des
Kniegelenkes sind aus unserer Sicht eine sehr
gute Indiaktion für die elegante und wenig
invasive Methode. Ideal für das ungestörte
Wachstum der implantierten Knorpelzellen
ist ein gesunder tragfähiger Umgebungsknorpel um den Defekt herum. Optimal ist
ein „schlaglochartiger“ Knorpelschaden.
Wichtig sind auch möglichst intakte Menisci
und Bänder, da dies den Knorpel entlastet.
Auch die Beinachse spielt eine wichtige Rolle
und muss gegebenenfalls operativ korrigiert
werden. Grundsätzlich ist natürlich eine kri-
a
Abb. 7a: Tiefer Knorpelschaden bis auf den
Knochen nach lateraler Tibiakopffraktur.
| 28
Abb. 7b: Aspekt der arthroskopischen
Knorpelzelltransplantation am Tibiakopf.
Abb. 8a-c: Implantation der Knorpelzellen retropatellar
ATOSnews
d
empfehlen wir nicht vor Abschluss eines Jahres. In den letzten sechs Jahren konnten wir
weit mehr als 200 Patienten mit Sphäroiden
erfolgreich behandeln. Alle Patienten werden
von uns postoperativ nachuntersucht - die
klinischen Ergebnisse sind überzeugend. Bei
verschiedenen Patienten waren uns arthroskopische Kontrolluntersuchungen des transplantierten Knorpels nach sechs Wochen, vier
Monaten, neun und 18 Monaten möglich. In
allen Fällen wurde eine vollständige Defektdeckung durch die Knorpeltransplantation
vorgefunden (Abb. 4–6, 8). Auch kernspintomographische Aufnahmen unterstreichen die
guten klinischen Ergebnisse (Abb. 6d).
Fazit
tische Indikationstellung Voraussetzung für
ein gutes Ergebnis.
Nachbehandlung
Da das Knorpelwachstum sehr langsam vonstatten geht, ist eine sechswöchige Teilbelastung an Unterarmgehstützen notwendig.
Der Bewegungsumfang des Kniegelenkes
wird stufenweise gesteigert, so dass nach
etwa sechs Wochen ein freier Bewegungsumfang erzielt werden kann. Neben regelmäßiger Physiotherapie wird eine motorgetriebene Bewegungsschiene (CPM) für den
häuslichen Gebrauch empfohlen. Standradfahren und Schwimmen ist ab der fünften
bis sechsten Woche erlaubt, Joggen nach
sechs Monaten. Stop-and-Go Sportarten
b
in Bauchlage durch Arthroskopie.
Seit nunmehr 6 Jahren führen wir die autologe Knorpelzellimplantation mittels Sphäroiden an unserem Zentrum durch. Die Methode hat deutliche Vorteile gegenüber älteren
Verfahren, da sie von uns voll-arthroskopisch durchgeführt werden kann. Eine Eröffnung des Kniegelenkes wird überflüssig, das
Operationstrauma ist gering und die Rehabilitation deutlich erleichtert. Die klinischen
Ergebnisse sind bisher überzeugend.
PD Dr. Rainer Siebold
Zentrum für Hüft-Knie-Fußchirurgie und
Sporttraumatologie
ATOS Klinik Heidelberg
[email protected]
www.kreuzband.de
c
Literatur
1.Steadman JR, Rodkey WG, Briggs
KK, Rodrigo JJ: The microfracture technic in the management
of complete cartilage defects in
the knee joint. Orthopäde 1999;
28(1):26-32
2.Bobic V: Autologous osteo-chondral grafts in the management of
articular cartilage lesions. Orthopäde 1999; 28(1):19-25
3.Brittberg M, Lindahl A, Nilsson A,
Ohlsson C, Isaksson O, Peterson
L: Treatment of deep cartilage
defects in the knee with autologous chondrocyte transplantation. N Engl J Med 1994;
6;331(14):889-895.
4.Rössing S, Thermann H, Paessler
H, Baum P, Schreyer T: Neue Technik zur arthroskopischen, autologen Chondrozytentransplantation
mittels Chondrospheren. Z Orthop Unfall 2007; 145(3):276-277
5.Siebold R, Sartory N, Yang Y, Feil
S, Paessler HH: Prone position for
minimal invasive or all-arthroscopic autologous chondrocyte
implantation at the patella. Knee
Surg Sports Traumatol Arthrosc
2001; PMID: 21479641
d
Abb. 8d: Knorpelregenerat an Kniescheibe vier
Monate nach Implantation der Sphäroide.
29 |
::Fachbeiträge
Konservative Behandlung der Osteoarthrose –
was kann man von ACP und Hyaluronsäure
erwarten?
Von Hajo Thermann, Ferzan Süzer, Sven Feil und Fritz Thorey
Keywords: Osteoarthrose, Wachstumsfaktoren
Die Osteoarthrose ist die häufigste Erkrankung des Bewegungsapparates
und eine der Hauptursachen für einen Krankenstand bei Erwachsenen.
Vorwiegend sind das Kniegelenk, das Hüftgelenk, die Wirbelsäule und das
Schultergelenk betroffen. Aufgrund von Schmerzen, Verlust von Mobilität
und Unabhängigkeit sowie vermehrter Inanspruchnahme von medizinischen
Leistungen führt die Osteoarthrose zu einer erheblichen Beeinträchtigung
der Alltagsaktivitäten und somit zu einer Minderung an Lebensqualität.
Obwohl die Osteoarthrose ein breites klinisches Spektrum zeigt, charakterisiert sie
sich histopathologisch stets durch den zunehmenden Verlust des Gelenkknorpels und
der Chondrozyten. Dies führt zu Schmerzen und zu einer funktionellen Limitierung,
was eine Bewegungseinschränkung bis zur
Gelenksteifheit zur Folge haben kann. Man
unterscheidet bei der Arthrose zwei Phasen: biosynthetische Phase und degenerative Phase. In der biosynthetischen Phase
versuchen Chondrozyten, die geschädigte
extrazelluläre Matrix zu reparieren. Die degenerative Phase ist durch enzymatischen
Abbau der extrazellulären Matrix, gehemmte
Matrixsynthese und damit durch fortschreitende Knorpelzerstörung gekennzeichnet.
Im gesunden Knorpel ist der Matrixumsatz
genau reguliert. Es besteht ein Gleichgewicht zwischen Synthese und Abbau. Dieses
Gleichgewicht ist bei einer Arthrose gestört,
sowohl Abbau als auch Synthese sind erhöht.
Konservative Behandlung von
Osteoarthrosen
Bis heute gibt es keine definitiv heilende Behandlung der Osteoarthrose. Die aktuellen
| 30
Behandlungsmöglichkeiten fokussieren sich
symptomatisch auf die Schmerzreduktion,
dem Erhalten oder leichten Verbessern der
Gelenkmobilität und der individuellen Alltagsaktivitäten. Ein wichtiger Beitrag zum
Erhalt der Mobilität des Gelenks und zur Verzögerung einer fortschreitenden Arthrose
sind eigenständig und täglich durchgeführte
Übungen. Diese Übungen sollten durch einen moderaten Muskelaufbau unterstützt
werden. Nicht-Impakt-Sportarten, die konstant bis ins hohe Alter fortgeführt werden
können, leisten ebenfalls einen Beitrag zum
Muskelaufbau und fördern die Mobilität.
Die primäre additive konservative Therapie besteht in erster Linie aus nicht-steroidalen antiinflammatorischen Medikamenten.
Diese sind jedoch nur limitiert anwendbar,
da sie ursächlich keine Verbesserung erzielen. Sie werden lediglich temporär zur Entzündungs- und Schmerztherapie verordnet,
da die Einnahme mit erheblichen Nebenwirkungen verbunden ist.
Die Anwendung von Chondroitinsulfat
und Glucosamin konnte in internationalen
Studien eine Signifikanz gegenüber Plazebotherapien nachweisen, hat aber in der Arthrosetherapie nur einen sehr bedingten Erfolg.
In den letzten Jahren ist die Hyaluronsäure
in den Fokus gerückt, da sie ein natürliches
hochvisköses Polysaccharid aus unserem eigenen Körperstoffwechsel ist und im Knorpel und in der Synovialflüssigkeit vorkommt.
Es ist ein Gel mit hohem Molekulargewicht,
welches als Schmiermittel im Gelenk wirkt.
Die Injektion von biotechnologisch hergestellter oder aus tierischem Ausgangsmaterial gewonnener Hyaluronsäure in das Gelenk kann zu einer Schmerzreduktion führen,
da sie durch chemische Wechselwirkung gut
am Knorpel haftet. Somit kann durch eine
verbesserte „Schmierwirkung“ nicht nur eine
Linderung von Schmerzen erreicht werden,
sondern auch eine Verbesserung der Beweglichkeit und ein Schutz – Chondroprotektion
– des noch bestehenden Knorpels.
ATOSnews
Als neuere Therapieform gilt die Injektionen
von autologen Wachstumsfaktoren. Dies
sind Polypeptide, die in den Stoffwechselkreislauf im Knorpelbereich eingreifen können und somit prinzipiell auch eine Verbesserung der Arthrose erzielen können.
Im Folgenden wird auf den „State of the
Art“ dieser beiden Substanzen eingegangen.
Wachstumsfaktoren bei der Behandlung
von Osteoarthrosen
In den bisherigen wissenschaftlichen Studien
zur Wirkweise wurden vorwiegend einzelne
Wachstumsfaktoren separat untersucht und
weniger der Effekt einer Kombination verschiedener Wachstumsfaktoren auf die Knorpelhomöostase in vitro und in vivo. Die Zusammenfassung der bisherigen Erkenntnisse
zeigt, dass ein einzelner Wachstumsfaktor die
reparativen Maßnahmen nicht koordinieren
kann. Das momentane Problem ist nicht der
Nachweis der Effektivität von Wachstumsfaktoren, sondern die optimale Kombination der wichtigsten Wachstumsfaktoren für
eine Knorpelregeneration und -rekonstruktion. Man könnte es mit verschiedenen Suppen vergleichen, in die wir immer die gleiche
Gewürzpalette einbringen, obwohl wir hier
und da etwas weniger Salz, bei einer anderen
Suppe etwas mehr Paprika oder mehr süße
Gewürze hineingeben müssten. Prinzipiell
besteht die Hoffnung, dass irgendwann diese
Rezepturen genau bestimmt sind, um somit
einen der natürlichen Situation ähnlichen,
optimalen Effekt zur Knorpelrekonstruktion
erreichen zu können.
Wachstumsfaktoren und ihre
Wirkungsweise
Bekannt sind verschiedene Wachstumsfaktoren sowohl in ihrer einzelnen Bestimmung als auch in Kombination in Form von
platelet-rich plasma (PRP), welches derzeit
in der konservativen Therapie zur Knorpelrekonstruktion als „Prototyp“ zur Anwendung
kommt.
Im Einzelnen gibt es die Wachstumsfaktoren der Familie Fibroblast Growth Factor
(FGF) mit FGF-2 und FGF-18, den Insulin-like
Growth Factor 1 (IGF-I), den Transforming
Growth Factor beta (TGF-β) mit TGF-β1 und
TGF-β3 sowie das Bone morphogenic protein 2 mit BMP2 und BMP7, welches auch
als Osteogenic protein 1 (OP-1) bezeichnet
wird. Des Weiteren gibt es noch die Familie
der Platelet derived Growth Factors (PDGF).
Weniger wichtig sind die Vascular endothelian Growth Factors (VEGF) für den Knorpelstoffwechsel.
Die Fibroblast Growth Factor-Familie
Das FGF-2 kommt in der perizellulären Matrix des Knorpels ausreichend vor. Es verbindet sich mit den Oberflächenrezeptoren und
aktiviert anabole Stoffwechselwege. In Tiermodellen hat FGF-2 eine inflammatorische
Reaktion mit osteophytärer Ausbildung gezeigt, gerade wenn es nicht in Kombination
mit IGF-I gegeben wird. Daher ist FGF-2 sicherlich keine Substanz, die alleine verabreicht werden sollte.
Der FGF-18 Wachstumsfaktor verbessert
im Chondrozytenbereich die Proliferation
und stimuliert die extrazelluläre Matrix in
vitro, jedoch nur im Verletzungsmodell und
nicht beim Gesunden. Die Anwendung führt
zu einer Verdickung der Synovia und zur Vergrößerung der Chondrozyten. Zum jetzigen
Zeitpunkt sind jedoch noch keine ausreichenden Untersuchungen zur Wirkungsweise dieses Wachstumsfaktors bekannt.
Insulin-like Growth Factor 1
Die Rolle des IGF-I ist schon sehr intensiv beforscht worden, sowohl im gesunden
Zustand als auch bei Erkrankungen. Experimente mit IGF-I „Knock-out“-Mäusen (genmanipuliert) mit erheblichen IGF-1 Defiziten führten zur Ausbildung einer artikulären
Knorpelläsion. Deshalb geht man davon aus,
dass IGF-I für die Erhaltung der Integrität des
Gelenkknorpels zuständig ist. Im Tiermodell
zeigte IGF-I gesteigerte Reparaturmechanismen bei Knorpeldefekten und die Protektion der synovialen Membran vor chronischen
Entzündungen. Weiter zeigt sich beim IGF-I
eine herabgesetzte Interaktion bei zunehmendem Alter und Osteoarthrose.
Eine Kombination von IGF-I und BMP-7
führt jedoch zu einem größeren Potenzial an
Herabsetzung von katabolen Stoffwechselprozessen, was eine Verbesserung der Knorpelprotektion zur Folge hat.
Die Platelet-derived Growth Factor­Familie
Aufgrund der Tatsache, dass Platelet-derived
Growth Factor (PDGF) eine Rolle bei der Stimulation der Wundheilung und der Matrixsynthese von Knorpelzellen in Wachstumsfugen spielt, ging man davon aus, dass PDGF
auch eine aufbauende Wirkung auf die Knorpelrekonstruktion haben kann. In Tierexperimenten konnte dies nicht bestätigt werden.
Somit ist die Rolle von PDGF in der Knorpelrekonstruktion fraglich.
Die Transforming Growth Factors
beta 1 und beta 3
TGF-β1 stimuliert die Chondrogenese und
setzt katabole Aktivitäten wie Interleukin 1
(IL-1), welche den Knorpel zerstören können,
herab. Es gibt viel versprechende Studien an
Kaninchen, welche durch TGF-β1 eine verbesserte oder eine erhöhte Reparatur von
Knorpeldefekten nachweisen konnten. Jedoch wurden bei Maus- und Kaninchenversuchen auch destruktive Nebeneffekte des
TGF-β1 beschrieben. So kommt es zu synovialer Proliferation und zu Fibrosen. Zudem
werden inflammatorische Leukozyten im synovialen Bereich angezogen, welche osteophytäre Ausziehungen induzieren können.
Aufgrund dieser Nebenwirkungen ist eine alleinige TGF-β1 Therapie keine wirkliche Option für eine Anwendung im Gelenkbereich.
TGF-β3 stimuliert die extrazelluläre Matrixsynthese, was in vitro und am Kaninchenmodell bei akuten Knorpelverletzungen
nachgewiesen wurde. Der Schwerpunkt dieser Studien lag jedoch mehr auf der Therapie
des Knorpeldefektes und nicht auf die Veränderung synovialer Strukturen. Daher sind
die Aussagen vorsichtig zu interpretieren. ➔
31 |
::Fachbeiträge
Bone morphogenic protein-2
Das Bone morphogenic protein-2 (BMP-2)
stimuliert die Matrixsynthese und ist in der
Lage, eine Chondrozytendedifferenzierung
(Verlust Zelltyp-spezifischer Eigenschaften)
umzukehren. Des Weiteren stimuliert es die
Synthese von knorpelspezifischem Kollagen
Typ IIB. Der Effekt von BMP-2 auf die mesenchymalen Stammzellen ist ähnlich dem des
TGF-β1, welcher die extrazelluläre Matrixproduktion erhöht und die Expression von
Kollagen Typ 1 herabsetzt.
BMP-2 imprägnierte Kollagenschwämme
bei „full thickness Defekten“ im Tierversuch
erzielen eine deutlich schnellere und bessere Regeneration als die alleinige Anwendung
von Kollagenschwämmen oder unbehandelte Defekte. Im Mausmodell mit einer Interleukin-1 induzierten Knorpeldegeneration
induziert BMP-2 den Matrix „turnover“, im
Sinne einer erhöhten Aggrecan Degradation
und einer gesteigerten Kollagen II- und Aggrecan-Expression.
Bone morphogenic protein-7/
Osteogenic Protein-1
BMP-7/OP-1 wird momentan als der „Goldstandard-Wachstumsfaktor“ für die Knorpelrekonstruktion oder die Knorpelreparatur
angesehen. BMP-7 stimuliert die MatrixSynthese und setzt die katabolen Aktivitäten
wie Zytokine IL-1, IL-6, IL-8 und von MMP-1
a
und MMP-13 herab. Im Gegensatz zu anderen Wachstumsfaktoren wird BMP-7 nicht
durch Alter oder Osteoarthrose beeinflusst.
BMP-7 wird normalerweise in Chondrozyten synthetisiert, und obwohl die Proteinexpression mit dem Alter sinkt und die
Knorpeldegeneration zunimmt, kann degeneratives Knorpelgewebe auf die anabolische
Wirkung von BMP-7 antworten. Wie genau
die Abläufe bei „altem Knorpel“ mit BMP-7
sind, ist zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht
definiert. Die chondrogene Differenzierung
der mesenchymalen Stammzellen wird durch
BMP-7, vor allem auch in Kombination mit
TGF-β3, erhöht. BMP-7 agiert synergistisch
mit anderen Wachstumsfaktoren wie IGF-I.
BMP-7 ist effektiv in der Regeneration
von osteochondralen und fokalen chondralen
Defekten im Tierversuch. Die positiven Wirkungen von BMP-7 sind substanziell schon
nachgewiesen, in Kombination mit IGF-I
wird das Heilungspotenzial wahrscheinlich
sogar noch erhöht.
BMP-7 ist effektiv in der Stimulation der
Knochenregeneration, hat aber keinerlei Ossifikationswirkung im Knorpelmilieu. Des
Weiteren führt es zu keiner unkontrollierten
Fibroblastenproliferation, welches zu einer
Gelenkfibrose führen könnte. In vitro Studien zeigen, dass die physiologischen Werte für die anabole Aktivität von BMP-7 zwischen 50–200 ng/ml liegen. Es ist aber noch
nicht genau bekannt, welches exakte Timing,
welche Frequenz und Dosierung für in vivo
Applikationen notwendig sind, um die Ausbreitung der Knorpelläsion einzudämmen.
Platelet-rich plasma (PRP)
Platelet-rich plasma ist definiert als ein Plasma, welches eine zwei- oder mehrfache Erhöhung der Thrombozytenkonzentration
über dem normalen Level hat. Verschiedene
Firmen bieten Systeme an, welche zum einen
für eine intraoperative Anwendung, aber
auch für ambulante Patienten bei verschiedenen orthopädischen Pathologien anwendbar sind. Die Klassifikationsschemata kategorisieren Thrombozytenkonzentrationen,
basierend auf relativen Konstellationen von
Thrombozyten, Leukozyten und Fibrin, welche bei verschiedenen Herstellern unterschiedlich sind. Es muss hierbei beachtet
werden, dass trotz verschiedener Konzentrationen mit verschiedenen Zusammensetzungen in der Literatur alles unter dem Begriff platelet-rich plasma (PRP) subsummiert
wird.
Das Konzept der Applikation in der Knorpelregeneration basiert auf der physiologischen Rolle der Thrombozyten bei der
Wundheilung. Thrombozyten beinhalten über
1500 Proteine, wobei die Wachstumsfaktoren
in α-Granulationen gespeichert sind, welche
eine entscheidende Rolle für die Heilung in
biologischen Prozessen spielen. Hierzu gehören PDGF, VEGF, TGF-β, FGF, IGF. Thrombozyten führen zu Reparaturvorgängen und
b
Abb. 1a-d: Prozedur der Applikation von ACP: Blutentnahme (Abb. 1a), entnommenes Blut zur Zentrifuge
(Abb. 1b), aufgezogenes Plasma (ACP) (Abb. 1c), Applikation in das Kniegelenk (Abb. 1d).
| 32
c
ATOSnews
Gewebeheilung durch unterschiedliche Mechanismen, wie Modellierung und Organisation der inflammatorischen Antwort, lokale Angiogenese, Attraktion von Fibroblasten
und lokalen Stammzellen in den Bereich der
Verletzung. Zudem erfolgt eine Induktion autokriner Wachstumsfaktoren durch die benachbarten nicht verletzten Zellen.
Die Anwendung von PRP in der Knorpelrekonstruktion ist relativ neu. Chondrozyten
und mesenchymale Stammzellen erhöhen
ihre Zellproliferation und die extrazelluläre
Matrixsynthese von Proteoglykanen und
Kollagen-II bei Beimischung von PRP.
Synoviozyten von Patienten mit Osteoarthrose, welche in PRP kultiviert werden, zeigen eine erhöhte Hyaluronsäureproduktion
und –sekretion, welches unterstreicht, dass
PRP auch potenziell zur Chondroprotektion
und Gelenklubrikation dienen kann.
In Kaninchenmodellen wurden osteochondrale Defekte mit autologem PRP in
Poly-Lactic-Glycolic acid (PLGA) Trägersubstanz und mit PLGA alleine therapiert. Die
PRP-Gruppe zeigte eine erheblich bessere Knorpelregeneration als auch eine deutlich erhöhte Produktion von Glucosaminoglykanen in der extrazellulären Matrix.
Mittlerweile gibt es Level 1-Studien über
die Anwendung von PRP im Kniegelenksbereich. Sanchez et al. verglichen PRP und Hyaluronsäure bei Osteoarthrose. PRP zeigte
eine signifikant bessere Schmerzreduktion mit 34,4 % gegenüber 10 % bei der Hy-
aluronsäureapplikation. Der „Womac Score“
zeigte ebenfalls eine signifikante Überlegenheit des PRPs.
Kon et al. evaluierten in einer prospektiv
randomisierten Studie die Effektivität einer
viermaligen intraartikulären PRP-Injektion
an 115 Kniegelenken. Die Patienten erhielten
die vier Injektionen in Abständen von drei
Wochen. Die Nachuntersuchungen fanden
sechs und zwölf Monate postoperative statt,
wobei der IKDC-Score und der VAS-Score
erhoben wurden. Es zeigte sich eine deutliche Verbesserung der Scores am Ende der
Untersuchung. Da keine Nebenwirkungen
durch die Behandlung auftraten, wurde die
Behandlung als effektiv und sicher beurteilt,
was die Verbesserung der Schmerzen, der
Funktion und der „Quality of life“ bei degenerativen Gelenkpathologien angeht.
Autologous conditioned Serum
Die Konditionierung des autologen Serums
führt zu einer erhöhten Konzentration von
Wachstumsfaktoren wie PDGF und TGF und
in manchen Studien zu einer erhöhten Konzentration von Interleukin 1 Rezeptor Antagonist (IL-1RA). Jedoch konnten neueste
Arbeiten nachweisen, dass Autologous conditioned Serum (ACS) die Ausschüttung der
antiinflammatorischen und der proinflammatorischen Zytokine, besonders TNF-alpha,
aber auch der Interleukine erhöht. Es konnte gezeigt werden, dass bei explantiertem
Knorpelgewebe ACS keinen direkten Effekt
auf den Knorpelstoffwechsel hatte.
Bone marrow concentrate
d
Bone marrow concentrate (BMC) wird durch
Zentrifugation vom aspiriertem Knochenmark gewonnen. BMC zeigt durch den hohen Anteil an mesenchymalen Stammzellen
deutliche Vorteile bei der Knorpelregeneration sowie bei der Regeneration von anderen
muskuloskelletalen Geweben. BMC erhöht
die Anzahl von Thrombozyten und somit
auch von Wachstumsfaktoren, aber hauptsächlich von mesenchymalen Stammzellen.
Ein weiterer Vorteil ist, dass es Netzwerke
bilden kann, ähnlich wie PRP.
Des Weiteren enthält BMC hohe Anteile
an PDGF und TGF-β, welche nicht nur aus
den α-Granula der Thrombozyten entspringen, sondern auch von den mesenchymalen
Stammzellen ausgeschüttet werden und infolge dessen die Chondrogenese der mesenchymalen Stammzellen verbessern. In einer
Studie am Pferdemodell wurde BMC mit Mikrofrakturierung verglichen. Die kompletten
Knorpeldefekte mit einer Größe von 15 mm2
zeigten in der kurzfristigen arthroskopischen
Inspektion ebenso wie bei den langfristigen
makroskopischen, histologischen und quantitativen MRT-Analysen signifikante Unterschiede zu allen Nachuntersuchungszeitpunkten. Die mit BMC behandelten Defekte
hatten eine deutlich bessere Integration zu
dem umgebenden Knorpel. Das Gewebe war
dicker und hatte eine glatte und schönere
Oberfläche der Knorpelregenerationsmatrix.
Gobbi und Bathan beschrieben eine ähnliche
Prozedur mit „BMC-Paste“ bei menschlichen
Knorpeldefekten.
Klinisch sind BMC und PRP durch das Vernetzungsvermögen sehr einfach anzuwenden, indem man die osteochondralen Defekte
einfach auffüllt. Da zum jetzigen Zeitpunkt
noch keine endgültigen Analysen vorliegen,
muss der Nachweis der „Haltbarkeit“ des neu
gebildeten Gewebes noch erfolgen.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass BMC und PRP als therapeutische
Möglichkeiten angesehen werden müssen.
Sie werden den Heilvorgang der chondralen
Verletzungen beschleunigen und eventuell
auch frühzeitige degenerative arthrotische
Veränderungen positiv modifizieren können. Eine potente und potenzielle Methode
um klinische Ergebnisse zu verbessern ist die
lokale biologische Umgebung zu verändern,
wenn der Knorpel verletzt ist.
Die individuellen Wachstumsfaktoren haben im Tierversuch ebenso wie im Labor demonstrieren können, dass sie die Fähigkeit
besitzen, die Knorpelproduktion zu erhöhen
sowie katalytische Aktivitäten herabzusetzen. BMP7 scheint momentan der Goldstandard zu sein, da es beide Kapazitäten hat:
Sowohl die Stimulierung der Knorpelmatrixsynthese als auch das Herabsetzen der katabolen Wirkung von Zytokinen wird durch ➔
33 |
::Fachbeiträge
Abb. 2:
Intraoperative
Applikation von
ACP in das Hüftgelenk.
BMP7 erreicht. IGF zeigt im Osteoarthrosemodell nur einen limitierten Einfluss auf
die Chondrozyten. FGF und TGF haben eine
fragliche Fähigkeit zur Knorpelrekonstruktion, kombiniert mit destruktiven Folgen auf
ihre Umgebung. Die Kombination von IGF
und BMP zeigt nochmals eine Potenzierung
der anabolen Stimulation.
Um für gewisse biochemische Vorgänge
optimale Veränderungen zu erzeugen, mangelt es momentan noch an weiteren klinischen
Studien, sowie an weiteren laborchemischen
in vitro „Rezepturen“ hinsichtlich der Kombination einzelner Wachstumsfaktoren. Sicherlich kann die Behandlung mit Wachstumsfaktoren ein zukunftsträchtiges, nicht invasives
Modell sein. Ebenso vielversprechend könnte
das arthroskopische Einbringen ad loco als minimal invasiver Eingriff sein, um beginnende
osteoarthrotische Prozesse oder akute Knorpelläsionen „natürlich“ wieder zu reparieren.
Hyaluronsäure bei der Behandlung von
Osteoarthrosen
Hyaluronsäure ist ein hochvisköses Polysaccharid, welches in der extrazellulären Matrix
vorkommt. Es ist eine Hauptkomponente der
synovialen Flüssigkeit und des Knorpels. Die
Hyaluronsäure gehört zu den Glucosamin­
glykanen und besteht aus Hyaluron- und Disaccharid-Einheiten. Sie hat ein hohes Molekulargewicht von 3–4 Millionen Dalton,
welches große Oberflächen bedecken kann.
| 34
Zusätzlich hat sie elastische und visköse Eigenschaften, im Sinne von Aufrechterhalten
der rheologischen Homöostase der Synovialflüssigkeit im Gelenk sowie die Lubrikation, Stoßdämpfung, Elastizität, Hydratation
und Ernährung des Gelenkgewebes. Nachdem Hyaluronsäure aus Chondrozyten und
Synoviozyten synthetisiert wurde, wird es in
den synovialen Gelenkraum eingegeben, wo
es sich im Knorpel und der Randoberfläche
des Knorpels anreichert.
Normalerweise finden sich 2,5–4,0 mg/ml
im gesunden Knie. Bei pathologischen Veränderungen wie Osteoarthrose werden sowohl
die Konzentration (1–2 mg/ml) als auch das
Molekulargewicht der Hyaluronsäure reduziert. Dieses geht mit einer geringeren Elastizität und Viskosität der Synovialflüssigkeit
einher, wodurch die chondroprotektive Funktion herabgesetzt wird. Intraartikuläre Injektionen von Hyaluronsäure sind weltweit in der
Behandlung der Osteoarthrose insbesondere
des Kniegelenkes mittlerweile etabliert. Ziel
ist die Schmerzreduktion und die Verbesserung der physikalischen Funktion durch Supplementierung der Viskosität und Elastizität
der Synovialflüssigkeit, welche bei einer Osteoarthrose reduziert ist. Viele der kommerziell
hergestellten Hyaluronsäureprodukte haben
dieselbe Struktur wie endogenes Hyaluron, es
bestehen aber große Unterschiede, was das
Molekulargewicht betrifft.
Der genaue Wirkmechanismus der eingespritzten Hyaluronsäure ist nicht vollständig
bekannt. Es wird jedoch angenommen, dass
verschiedene klinische Effekte durch eine
Hyaluronsäurebehandlung erzielt werden:
Erhöhung der Elastizität, Verbesserung der
Lubrikation sowie ein mechanischer Effekt
durch Erhöhung der Viskosität mit Dämpfung. Ferner wird angenommen, dass Hyaluronsäure auch antiinflammatorische, analgetische, anabole und chondroprotektive
Effekte hat und somit die Gelenkfunktion
verbessert. Aktuell wird zudem untersucht,
ob exogene Hyaluronsäure die endogene
Hyaluronsäuresynthese induziert, welches
in vitro in Synoviozyten bei Osteoarthrose
nachgewiesen werden konnte.
Im Allgemeinen wird Hyaluronsäure wöchentlich über drei bis fünf Wochen appliziert. Sie hat verglichen mit Steroiden einen
langsameren Wirkungsbeginn. Das Nachlassen der Schmerzen dauert meist länger,
hält aber über mehrere Monate an. In einer
Cochrane-Meta-Analyse konnten 76 Studien
gefunden werden, von den 40 Plazebo-kontrollierte Studien mit Hyaluronsäure waren.
Diese zeigten in der allgemeinen Einschätzung der Patienten, dass Viskosupplementation effektiv in der Behandlung der Osteo­
arthrose im Knie ist. Eine Reduzierung der
Schmerzsymptomatik und eine Verbesserung
der Funktion wurde 5 bis 13 Wochen nach
der Injektion nachgewiesen. Im Vergleich zu
intraartikulär gespritzten Kortikosteroiden
und nicht-steroidalen antiinflammatorischen
Medikamenten zeigt die Hyaluronsäure nicht
nur eine bessere Wirksamkeit, sondern auch
eine größere Nachhaltigkeit der Wirkung.
Die Wirksamkeit der intraartikulären Hyaluronsäureinjektionen wird bestimmt durch
die viskoelastischen Eigenschaften der injizierten Hyaluronsäure und hängt anscheinend vom Molekulargewicht ab. Eine Metaanalyse von 22 Studien von Lo zeigt größere
Effekte der Hyaluronsäure mit höheren Molekulargewichten. Aufgrund der Heterogenität der untersuchten Studien lässt sich aber
keine eindeutige wissenschaftliche Beurteilung abgeben. Die Hyaluronen mit niedrigerem Molekualrgewicht zeigen in vitro und
im Tiermodell eine stärkere Reduzierung der
synovialen Entzündung und somit eine Verbesserung der rheologischen Eigenschaften
ATOSnews
der synovialen Flüssigkeit. Insgesamt ist aktuell keine eindeutige Überlegenheit einzelner Hyaluronsäurenpräparate wissenschaftlich nachgewiesen worden.
Im Gegensatz zu biofermentierten Hyaluronsäuren haben aus Hahnenkamm hergestellte Hyaluronsäuren ein erhöhtes Risiko einer immunologischen Reaktion. Für das
Auftreten einer sogenannten Pseudosepsis,
einer akuten inflammatorischen Reaktion,
bei Hyalan finden sich nach Goldberg und
Coutts in vielen größeren klinischen Studien
nur fünf beschriebene Fälle. Hierbei kommt
es zu einer erheblichen Entzündung des Gelenks, die häufig mit Gelenkerguss und erheblichen Schmerzen innerhalb von 24 bis
72 Std. nach der intraartikulären Injektion
auftritt. Aus Sicht des Erstautors ist hierbei
nicht ganz geklärt, ob eine iatrogene Infiltration in die Synovia erfolgt und damit die­
se inflammatorische Reaktion bei hochmolekularen Polysacchariden ausgelöst wird.
Es geht auch aus keiner der Studien hervor,
wie die Infiltration in das Gelenk erfolgte.
Die Wirksamkeit der intraartikulären Hyaluronsäuren im Hinblick auf Schmerzreduktion und Verbesserung der Gelenkfunktion bei
Osteoarthrose des Kniegelenkes wurde in
verschiedenen kontrollierten oder beobachtenden klinischen Studien nachgewiesen.
Plazebokontrollierte Studien von intraartikulären Hyaluronsäuren zeigen häufiger
bessere Ergebnisse bei mehrfachen (3 bis 5)
intraartikulären Injektionen als bei einmaliger Applikation.
Fazit
Kombinationen von Wachstumsfaktoren
sind unabdingbar, um komplette regenerative Prozesse bei der Chondrogenese zu
erreichen. Synergistische Effekte auf die
Knorpelmatrixsynthese bei Kombination
verschiedener Wachstumsfaktoren werden
zunehmend nachgewiesen.
Dieses Konzept der Kombination von bio­
aktiven Wachstumsfaktoren wurde durch die
Anwendung von platelet-rich plasma (PRP),
autologes conditioned serum (ACS) und
bone marrow concentrates (BMC) für Knorpelreparationstechniken neu beleuchtet. Ein
besonderer Vorteil von PRP und BMC besteht
darin, dass sie dreidimensionale Gerüste bilden können, um Knorpeldefekte aufzufüllen
und als Leitstruktur für eine „Neochondrogenese“ in situ vorhanden sind.
Zum jetzigen Zeitpunkt ist die optimale
„Rezeptur“ leider noch nicht bekannt.
::
Literatur beim Verfasser
Prof. Dr. Hajo Thermann
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::Fachbeiträge
Die Hüftkopfnekrose
Von Raimund Völker
Keywords: Avaskuläre Hüftkopfnekrose, aseptische ­Knochennekrose
Die avaskuläre Hüftkopfnekrose kann in den Anfangsstadien konservativ behandelt werden, aber auch operativ mit ­e iner Dekompression und Spongiosa­plastik.
Die Erfolge sind hierbei jedoch begrenzt. Bei dem Vorliegen eines fortgeschrittenen Stadiums mit ­großen zystischen Defekten, Deformierungen bis hin zu arthrotischen Veränderungen muss eine Endoprothese erwogen werden. Hierbei
kommen insbesondere bei jungen Patienten knochenerhaltende Implantate zum
Einsatz, ­welche nach Möglichkeit nur die erkrankten Areale ersetzen sollen.
Definition
Stadien
Die avaskuläre Hüftkopfnekrose (AVN) gehört zu den aseptischen Knochennekrosen.
Ursächlich ist eine Ischämie. Sie tritt gehäuft
bei Männern zwischen dem 35. und 45. Lebensjahr auf. Die genauen Ursachen für die
Ischämie sind bislang nicht geklärt. Eine
Häufung findet sich bei Diabetes mellitus,
Alkoholabusus, Kortisontherapie, Zytosta­
tika, Radiatio, Therapie mit Antikoagulantien
und nach Verletzungen (1,10).
Bekannt ist die von Ficat und Arlet 1985 beschriebene Klassifikation zur Einteilung der
Hüftkopfnekrose (Tab.1)
Zur exakten Stadieneinteilung ist die klassische Einteilung nach Ficat jedoch nicht
ausreichend, da Größe und Lage der Nekrose dabei nicht beurteilt werden. Aufgrund
der schlechten Sensitivität und Spezifität der
röntgenologischen Diagnostik – insbesonde-
Klassifikation zur Einteilung der Hüftkopfnekrose
Stadium Symptome
Röntgen
Szintigraphie
0
keine
keine
verminderte Aufnahme
I
+
keine
vermehrte Aufnahme
IIa
+
diffuse Osteoporose bzw.
Sklerose oder Zysten
vermehrte Aufnahme
IIb
+
Crescent-Zeichen bzw.
Abflachung des Hüftkopfs
vermehrte Aufnahme
III
++
Einbruch der Kopfkontur
bzw. normaler Gelenkspalt
vermehrte Aufnahme
IV
+++
verminderter Gelenkspalt
bzw. Zusammenbruch des vermehrte Aufnahme
Hüftkopfs, Arthrosezeichen
Tab. 1: Klassifikation zur Einteilung der Hüftkopfnekrose. Nach Ficat und Arlet (13,16)
| 36
re in den Frühstadien der AVN – hat sich die
Magnetresonanztomographie (MRT) als Diagnostikum der Wahl etabliert und wurde als
wesentlicher Bestandteil in die neue Klassifikation der „Association Internationale de Recherche sur la Circulation Osseuse“ (ARCO)
integriert (16).
Stadium ARCO 0
Das Stadium ARCO 0 beschreibt den Anfang
einer jeden aseptischen oder avaskulären
Knochennekrose, definiert durch den teilweise oder vollständigen Gefäßverschluss eines
den Knochen versorgenden Blutgefäßes. In
der konventionellen Röntgenaufnahme ist
in diesem Stadium keinerlei krankhafte Veränderung zu erkennen. In seltenen Fällen
ist eine dezente Auflockerung der Trabekelstruktur in dem betroffenen Areal zu erahnen: Das Ausmaß dieser Auflockerung ist jedoch oft sehr gering, so dass es nicht immer
sicher erkannt werden kann. In der Kernspintomographie (MRT) ist in diesem Stadium ein
Bild analog dem Knochenmarködem zu erkennen. Unter Verwendung der short tau inversion recovery (STIR)-Aufnahmesequenz
wird eine Signalhyperintensität (helles Aufleuchten im Graustufen-Kernspinbild) festgestellt.
Stadium ARCO 1
Irreversibles Frühstadium (MRT-positiv/reaktive Randzone). Eine sichere Unterscheidung zwischen dem prinzipiell reversiblen
ATOSnews
Bild eines Knochenmarködems und dem Stadium ARCO I einer aseptischen Knochennekrose ist mittels des Kernspintomogramms
nicht möglich.
Stadium ARCO 2
Irreversibles Frühstadium (Röntgen positiv))
Stadium ARCO 3
Übergangsstadium (Subchondrale Frakturen)
Stadium ARCO 4
Spätstadium (Kalottenimpression)
Stadium 5
Spätstadium (Sekundärarthrose)
wellentherapie bei schmerzadaptierter Belastung (17) ist bei Patienten indiziert, die sich
für ein chirurgisches Vorgehen nicht eignen
oder dieses ablehnen (9). Im Anfangsstadium kann auch die hyperbare Sauerstofftherapie begleitend oder alleine angewendet
werden (18). Man unterscheidet bei der operativen Therapie gelenkerhaltende Operationen vom Gelenkersatz. Beim Gelenkersatz
wiederum unterscheidet man zwischen knochenerhaltendem und nicht knochenerhaltendem Hüftgelenksersatz.
Gelenkerhaltende Operationsverfahren
Stadium 6
Spätstadium (Gelenkdestruktion).
Medulläre Dekompression, ggf. mit
Spongiosaplastik Intertrochantäre
Osteotomie
Diagnostik
Als Wirkmechanismus wird die Reduktion
des intraossären Druckes durch Eröffnung
des knöchernen Kompartments angesehen
(6,14). Früher wurde meist mit wenig Erfolg
versucht, den abgestorbenen Teil des Knochens auszuräumen, mit Spongiosa zu unterfüttern und somit wieder einen tragfähigen Hüftkopf zu erreichen.
Ferner ist die vaskulär gestielte Knochenspanimplantation bei noch geringer Ausprägung von Hüftkopfnekrosezeichen im MRT
und der Röntgenuntersuchung bei jüngeren
Patienten noch eine mögliche Alternative zur
Gelenkerhaltung. Das Bein ist dann zwar unter Umständen schlechter beweglich, aber
uneingeschränkt belastbar. Dies war möglich
bis zum Stadium IIa.
Inwieweit eine Revaskularisierung und
eine Revitalisierung durch die Markraumdekompression erfolgen kann, ist nicht eindeutig geklärt. Die Markraumdekompression
stellt ein weit verbreitetes, aber umstrittenes
Verfahren zur Behandlung der AVN dar. Nach
ersten positiven Studien über die mittel- und
langfristige Wirksamkeit der Methode er-
Die Schmerzsymptomatik führt nach Anamnese und körperlicher Untersuchung in
der Regel zunächst zur konventionellen
Röntgen-Diagnostik. Hier können bereits
pathologische Veränderungen erkennbar
sein. Präziseren Aufschluss über das Ausmaß und das Stadium ergibt das MRT. Es
können neben dem Femurkopf auch der
Schenkelhals betroffen sein (7,8,10,13).
Therapie
Eine konservative Therapie mit Antiphlogistika, Analgetika, Physiotherapie und Stoß-
Abb. 1: Querschnitt einer Hüftkopfnekrose
(eigenes Archiv)
schienen Arbeiten, die die Methode als risikoreich und unwirksam beurteilten (3,4,5,11).
Eine Analyse aller verfügbaren Studien
zeigt, dass der therapeutische Effekt in erster Linie vom Stadium der AVN abhängt.
Die Prognose wird dabei durch die Ausdehnung und die Lage des nekrotischen Areals,
durch das Vorhandensein und das Ausmaß
einer subchondralen Fraktur und durch weiterbestehende Risikofaktoren, in erster Linie Kortikoidmedikation, bestimmt. Die beste Prognose kann für Patienten mit kleiner,
medial-zentral gelegener Nekrose ohne Gelenkflächeneinbruch gestellt werden. Aufgrund der vorhandenen Literatur kann die
Markraumdekompression bei der AVN nur im
„reversiblen Frühstadium“ (ARCO 1), sowie
in Fällen des „irreversiblen Frühstadiums“
(ARCO 2) mit medial oder zentral gelegener
Nekrose mit einer Ausdehnung < 30 % erwogen werden. Eine Restitutio ad integrum
ist durch die Markraumdekompression ab
dem irreversiblen Frühstadium nicht mehr
zu erwarten, eventuell aber eine Schmerzreduktion und eine Verlangsamung des Spontanverlaufes mit Zeitgewinn bis zur Implantation einer Endoprothese (14,15).
Inzwischen ist der operative Einsatz einer Endoprothese das Mittel der Wahl, um
dem Erkrankten wieder ein belastbares Bein
zu verschaffen. Die Osteotomie und die Arthrodese werden heute praktisch nicht mehr
angewendet.
Hüftgelenksersatz
knochenerhaltend und
nicht knochenerhaltend
Beim knochenerhaltenden Hüftgelenksersatz ist in einigen Fällen die Möglichkeit eines
Oberflächenersatzes gegeben. Dies ist jedoch nur bei stabilem Femurkopf ohne ausgedehnte Nekroseareale möglich und erfor- ➔
Abb. 2:
Femurkomponente
der Midhead resection
und Oberflächenersatz n. McMinn
(Smith&Nephew)
37 |
::Fachbeiträge
dert eine große Erfahrung des Operateurs.
Als weitere knochenerhaltende Option ist ein
Kurzschaft besonders beim jungen Patienten
eine gut geeignete Therapieform. Hier gibt es
besonders bei der Knochenerhaltung große
Unterschiede. Die beste Knochenerhaltung
bei physiologischer Krafteinleitung sind die
Femurkopf- und Schenkelhalssysteme (Abb.
2). Hierbei wird nur der avaskuläre Teil des
Femurkopfes reseziert, das vitale Knochengewebe bleibt erhalten. Die Hebel- und Längenverhältnisse wie auch die Propriozeption
bleiben dadurch ebenfalls erhalten. Die meisten Kurzschaftsysteme sind jedoch lediglich
kürzer als Standardprothesen und beeinflussen die Resektionshöhe nur unwesentlich.
Eine Knochenerhaltung ist hierbei gar nicht
oder nur in geringem Ausmaß vorhanden. Als
Gleitpaarungen kommen beim jungen Pati-
enten im wesentlichen Hart-/Hartpaarungen
zum Einsatz. Diese bestehen aus Metall/Metall oder Keramik/Keramik oder seit neuestem aus Metall/Keramik. Auf die Verwendung
von Polyäthylenen sollte verzichtet werden,
auch wenn hier sehr große Verbesserungen in
der Haltbarkeit erreicht werden konnten. Die
Hart-/Hartgleitpaarung erlaubt zudem Großköpfe in Biogröße, welche große Vorteile bei
der Beweglichkeit und der Gelenksicherheit
bietet. Die Gefahr einer Luxation ist nahezu
ausgeschlossen. Dies sind neben der Abriebfestigkeit wesentliche Faktoren beim jungen
aktiven Patienten. Sollte aufgrund der fortgeschrittenen Nekrose oder aufgrund schwerer
Begleiterkrankungen keine Knochenerhaltung
nicht möglich sein, bleibt die Standardendoprothetik, welche gute Standzeiten nachgewiesen hat (2).
Abb. 3: Rö.-Beckenübersicht bei AVN bds.,
präop. und postop. (eigenes Archiv)
Literatur
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aseptischen Kniegelenkknochen­
nekrosen. In: Trauma und Berufskrankheit. 6, Nr. 1, 1. April 2004, S. 35–40
ATOSnews
Fallbeispiel
Ein 27-jähriger Patient wurde aufgrund einer
idiopathischen Hüftkopfnekrose altersentsprechend so knochenerhaltend wie möglich operiert. Nach aktuellem Wissen ist im
Verlauf seines Lebens noch mindestens von
einer, wahrscheinlich zwei Wechseloperationen auszugehen. Es wurde deshalb ein
Kurzschaft mit Hüftkopfteilersatz implantiert (Abb. 3). So wurde nur das zerstörte
Knochenareal ersetzt und die beste Voraussetzung für die Zukunft geschaffen. Eine
Einschränkung hinsichtlich der Bewegung
und Belastung ergibt sich zum jetzigen Zeitpunkt nicht.
Diskussion
Es stellt sich die Frage: Lassen sich Ischämien
des Hüftkopfes besser verhindern als bislang
bekannt? Hier scheinen wir wie bei anderen Krankheitsbildern, bei denen die Mikro­
zirkulation gestört ist, bisher noch nicht die
adäquate Antwort zu finden. In der Früherkennung der Erkrankung haben wir mit dem
MRT ein gut geeignetes diagnostisches Verfahren, um, wenn überhaupt möglich, auch
eine frühe Behandlung einleiten zu können.
Die Dekompression scheint nicht dem Anspruch einer breit und erfolgreich anzuwendenden Therapie gerecht zu werden (11, 12).
In der Therapie sind jedoch Fortschritte
erkennbar. Als beste Therapiemöglichkeit
scheint sich nach Versagen der konservativen Therapie der heute äußerst erfolgreich
einsetzbare Hüftgelenksersatz durchzusetzen. Es werden beim Hüftgelenksersatz auch
bei jüngeren Patienten gute bis sehr gute
Standzeiten erreicht. Aufgrund zukunftweisender knochenerhaltender Implantate sind
spätere Revisionen wesentlich vereinfacht.
Diese Systeme sind jedoch häufig kürzer als
10 Jahre in Anwendung, so dass sie noch
nicht abschließend mit den Standardprothesen verglichen werden können.
Die Prothesenregister Schwedens und
Australiens zeigen aber bereits gute Ergebnisse. Die Standardprothesen haben jedoch
bei jüngeren Patienten schlechtere Ergebnisse als bei älteren Patienten. Dies gilt mit
Einschränkungen auch für die knochenerhaltenden Hüftgelenksimplantate, jedoch ist die
Ausgangslage für Revisionen deutlich besser.
Die Operationsverfahren knochenerhaltender
Methoden sind zumeist deutlich anspruchsvoller als herkömmliche Standardimplantate.
In den Händen geübter Operateure sind sie
wohl heute die beste Alternative.
::
Dr. Raimund Völker
Zentrum für Hüftchirurgie
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::Fachbeiträge
Das Femoropatellargelenk: Was gibt es Neues?
Teil 3: Die konservative und operative Behandlung
des patellofemoralen Schmerzsyndroms
Von Hans H. Pässler und Christoph Becher
Keywords: Patellofemorales Schmerzsyndrom
Vordere Knieschmerzen gehören zu den häufigsten Beschwerden des Kniegelenks. Man schätzt, dass 50 % aller Jugendlichen und Erwachsenen
zumindest zeitweise daran leiden. Frauen sind häufiger betroffen als Männer. Da die Beschwerden vom patellofemoralen Gelenk ausgehen, sprechen wir auch vom Patellofemoralen Schmerzsyndrom (PFS). Klinische
Untersuchungstechniken für das Patellofemoralgelenk und ein Teil der
bildgebenden diagnostischen Verfahren wurden bereits in der ATOSnews
(Ausgabe 16 und 17) beschrieben. In diesem dritten Teil werden nun die
Therapieoptionen vorgestellt.
Die Schmerzen treten typischerweise bei
verstärkter Belastung dieses Gelenkes auf,
wie beim Treppen steigen, bergab gehen, in
die Hocke gehen oder nach längerem Sitzen
mit angewinkelten Knien (signe de cinéma).
Die Ursachen sind sehr vielfältig und können
durch unterschiedlichste pathogenetische
Mechanismen ausgelöst werden. Da die Beschwerden in der Regel an der Knievorderseite lokalisiert werden, wird auch gerne der
Begriff des vorderen Knieschmerzes ver-
wandt. Ursachen der Beschwerden können
sein:
-- Verkürzung der Kniestrecker oder Kniebeuger (muskuläre Dysbalance)
-- Knorpelschäden in der der Patella und/
oder der Trochlea
-- Tendinosen der Patellarsehne oder Quadrizepssehne (Jumper’s knee)
-- Bursitis prä- und infrapatellaris
-- Morbus Osgood-Schlatter oder SindingLarson-Johannson
Patello fe mor ale s Sy n dro m
Malalignment
Beinachse
PatellofemoralGelenk
muskuläre Dysfunktion
Kraftdefizit
(Quadrizeps,
M. gluteus
medius)
Abb. 1: Klinische Einteilung des Patellofemoralen Syndroms
nach Witvrouw (2005)
| 40
neuromuskuläres
Defizit
verminderte
Dehnbarkeit
der Muskeln
-- Instabile Patella mit Subluxationsphänomenen bis hin zur Luxation bei Patella­
hochstand, Trochlea- und Patelladysplasie, Valgusfehlstellung.
Gemeinsam ist all diesen Ursachen das
führende Symptom Schmerz, lediglich bei
der instabilen Patella steht das Instabilitätsgefühl im Vordergrund. Schmerzen können
hier nur bei und unmittelbar nach Subluxationen auftreten.
Aber auch beim PFS klagen viele Patienten über Instabilität. Doch bei näherer Befragung stellt sich heraus, dass es sich um
ein typisches Giving way, also ein Einknicken,
handelt. Dies resultiert aus einer schmerzbedingten reflektorischen Quadrizepsatonie,
zum Beispiel ausgelöst durch einen Fehltritt in eine Bodenunebenheit. Durch reflektorische maximale Quadrizepsanspannung
wird die Patella ähnlich dem Zohlenzeichen gegen die gereizte Synovia oberhalb
der Trochlea gepresst, wobei ein heftiger
Schmerz ausgelöst wird. Dieser führt über
den subkortikalen Refex zum sofortigen Innervationsstopp der Quadrizepsanspannung,
mit der Folge einer Quadrizepserschlaffung
und sofortigem Einknicken.
ATOSnews
Witvrouw hat eine übersichtliche klinische
Klassifikation des PFS vorgestellt, die für die
Vorgehensweise zur Therapie des PFS recht
hilfreich sein kann (Abb. 1). Sie ist das Ergebnis einer Konsensuskonferenz des European
Rehabilitation Panel über die nicht-operative
Behandlung von PFS.
Die klinische Untersuchung wurde eingehend in der ATOSnews Nr. 16 und bildgebende Verfahren wurden in der letzten
ATOSnews Nr. 17 beschrieben, so dass wir
hier nicht erneut darauf eingehen.
Scott Dye führte den Begriff der Homöo­
stase der Gelenksgewebe (Knochen, Knorpel, Ligamente, Hoffa‘scher Fettkörper) ein.
Er stellte fest, dass die Funktion des patellofemoralen Gelenkes durch die Relation der
Häufigkeit der Belastung pro Zeiteinheit (envelope of function) charakterisiert wird. Eine
zu starke, aber auch eine zu geringe Belastung des patellofemoralen Gelenkes kann
zu einer Störung der Gelenkhomöostase mit
nachfolgenden Schmerzen führen. Das Ziel
ist es, die Gelenkhomöostase wiederherzustellen, sei es durch konservative oder operative therapeutische Maßnahmen.
Konservative Therapie
Solange keine Dysplasien der knöchernen
Anteile des patellofemorales Gelenkes vorliegen, haben konservative Maßnahmen gute
Erfolgsaussichten. Ein konsequent durchgeführtes konservatives Therapieprogramm
kann nach Literaturangaben in 70-98 %
der Fälle zu einem vollständigen Rückgang
der beklagten Knieschmerzen führen [Doucette und Goble, 1992]. Patienten, die einer
konservativen Therapie zugewiesen werden,
sollte die Bedeutung dieser Therapie mit entsprechendem Nachdruck verdeutlicht werden. Daher beinhaltet die konservative Therapie von Patienten mit PFS einen großen Teil
an Patientenschulung und –führung.
Muskelkräftigung und Muskeldehnung
bei Muskeldysbalancen
Die recht häufigen Dysbalancen der Kniebeuger und -strecker lassen sich durch regel-
mäßiges Dehnen der verkürzten Muskeln behandeln (sog. Stretching). Insbesondere führt
eine häufig nachgewiesene Dysbalance zwischen dem stärkeren M. vastus lateralis und
dem deutlich schwächeren M. vastus medialis
zum PFS. Dabei spielt auch ein unterschiedliches Ansprechverhalten des M. vastus medialis und M. vastus lateralis eine bedeutende
Rolle. Entsprechend müssen hier Muskelkräftigungsübungen durchgeführt werden, mit
dem Ziel Kraft, Schnelligkeit und Ausdauer
zu verbessern. Grundsätzlich sind Trainingsgeräte mit offener Bewegungskette oder geschlossener Bewegungskette zu unterscheiden. Bei der offenen Bewegungskette besteht
eine Eingelenkigkeit des Trainingsgerätes. Das
distale Bewegungssegment kann frei bewegt
werden, es wird hauptsächlich eine Muskelgruppe trainiert (z. B. Beincurler). Bei der geschlossenen Bewegungskette ist das distale
Bewegungssegment fixiert. Es muss eine
Muskelfunktionskette zum Training eingesetzt werden (z. B. Beinpresse). Dabei haben
sich Übungen in der geschlossenen kinetischen Kette gegenüber jenen in der offenen
Kette als erfolgreicher erwiesen.
Neben der Physiotherapie hat sich hier
auch eine elektrische transkutane neuromuskuläre Stimulation bewährt. Dabei gilt
es insbesondere, den stets beim PFS schwächeren M. vastus medialis obliquus (VMO) zu
stimulieren, während der M. vastus lateralis
sequenziell stimuliert werden soll. Bislang
schien es aus neurophysiologischer Sicht unmöglich, den VMO isoliert zu trainieren. Seit
kurzem ist ein NMSE-Gerät auf dem Markt,
das dies ermöglicht (Kneehab XP™ von Neurotech). In einer kürzlich publizierten prospektiven und randomisierten Studie (Level
1) konnte nachgewiesen werden, dass das
Kneehab-System durch seine MultipathTechnologie allen anderen Elektrostimulationsgeräten überlegen ist (Abb. 2).
Koordinationstraining
Bei PFS-Tests sind häufig auch koordinative
Fähigkeiten gestört, wie zum Beispiel motorische Handlungen in verschiedensten Situationen sicher und effektiv zu beherrschen.
Prinzip des Koordinationstrainings ist die Ak-
Abb. 2: Elektrostimulationsgerät mit dem
ein isoliertes Training des VMO möglich ist
(Kneehab XP™ von Neurotech).
tivierung der Propriozeptoren durch „Beanspruchung der Gleichgewichtsorgane“. Dabei
muss der Körper aus dem Gleichgewicht gebracht werden. Durch gezielte Übungen der
Körperwahrnehmung können mögliche Dysbalancen der Koordination positiv beeinflusst
werden. Sobald Kraft und Ansprechbarkeit
des M. vastus medialis verbessert sind, kann
mit einem koordinativem Training begonnen
werden. Diese sollten in leichter Knieflexion
mit adäquater Belastung des Patellofemoralgelenks erfolgen, um eine zusätzlichen Trainingseffekt des Kniegelenks zu erreichen. Im
Folgenden werden Beispiele zur Schulung
der Propriozeption und damit des Koordinationsvermögens aufgezeigt:
Die einfachste und selbst durchführbare
Beübung kann beim täglichen Zähneputzen
erfolgen. Wir empfehlen folgende Steigerung der Belastung:
1. Einbeinstand in leicht gebeugter
Kniestellung (Abb. 3)
2.Einbeinstand mit Bewegung des
­abgehobenen Beines in der Luft
3.Durchführung von 1. und 2. mit
geschlossenen Augen
4. Beübung auf labilem Untergrund
Dies kann zudem wie alle anderen Maßnahmen durch Üben vor dem Spiegel oder Veränderungen der Ausgangsstellungen variiert
werden (Abb. 4).
➔
41 |
::Fachbeiträge
Abb. 3:
Schulung von Proprio­
zeption und Koordina­
tionsvermögen:
Einbeinstand in leicht
gebeugter Kniestellung,
durch Taping gesichert.
Weitere Möglichkeiten sind:
-- Balancieren mit Blick nach oben,
­geneigtem Kopf oder verbundenen
Augen, auch auf Wackelbrettern
oder Minitrampolin
-- Sprünge mit Anhocken oder
Angrätschen der Beine
-- Übungen mit Tempo- und
Rhythmuswechsel
-- Übungen im unebenen Gelände
-- Balanceübungen nach mehreren
schnellen Rollen und Drehungen.
Taping und Orthesen
Eine häufige Ursache des PFS ist eine Lateralisierung der Patella. Nach McConnell [McConnell et al., 1986] lassen sich hierdurch
ausgelöste Schmerzen durch Taping (Abb. 3)
der Patella mit Zug nach medial, insbesondere bei verkürzten lateralen Retinaculum
(verminderter Tilt oder Glide) günstig beeinflussen. Da dieses Verfahren aufwendig und
teuer ist – die Tapes müssen im Prinzip täglich nach der Körperhygiene erneuert werden-, wurden Orthesen entwickelt, die den
gleichen medialen Zugmechanismus realisieren. Die häufig entzündeten Weichteile werden entlastet, und durch die funktionale Entlastung der Gelenkstrukturen Knieschmerzen
reduziert.
Seit kurzem ist eine neue Orthese (Patella
Pro von Otto Bock Health Care) verfügbar,
welche in den relevanten physiologischen
| 42
Beugewinkeln von 10° bis 30° die Kniescheibe durch die dynamische Rezentrierungstechnik der Orthese in dem vorgesehenen
physiologischen Gleitlager führt. In Studien
der Sporthochschule Köln wurde eine signifikante Medialisierung der Patella in den relevanten Beugewinkeln und darüber hinaus
nachgewiesen.
Konservative Therapie des Patella­
spitzensyndroms
Unter dem Begriff Patellaspitzensyndrom
wird eine lokale Schmerzhaftigkeit im Bereich der Insertion der Patellarsehne am distalen Patellapols zusammengefasst [Blazina et al., 1973]. Betroffen sind vor allem
Sportler, welche mit einer hohen Frequenz
Sport auf hartem Untergrund mit hoher
Sprungbelastung betreiben (z. B. Volleyball, Basketball, Fußball, Tanzsport). Durch
die lokale Schmerzhaftigkeit kommt es zur
funktionalen Einschränkung und in manchen schweren Fällen sogar zur Ruptur der
Patellarsehne. Insgesamt ist es die häufigste
Ursache für Athleten in Sprungsportarten
einen Arzt aufzusuchen [Pierets et al., 1999].
Entsprechend hat sich der Begriff „jumper‘s
knee“ aus dem angloamerikanischen Sprachraum zur Beschreibung des Krankheitsbildes
durchgesetzt. Allerdings sind nicht nur
Sportler mit intensivem Trainingsumfang
und in Sprungsportarten von einem Patellaspitzensyndrom betroffen. Dies spricht da-
Abb. 4:
Übungen im Einbeinstand können vielfältig variiert werden
für, dass auch andere Faktoren für die Entstehung verantwortlich sind.
Zur Therapie des Patellaspitzensyndroms
steht eine Reihe von konservativen und operativen Möglichkeiten zur Verfügung. Die
Evidenzlage ist relativ gering, hat sich allerdings in den letzten Jahren durch prospektiv-randomiserte Studien verbessert.
Im Allgemeinen sollte immer ein konservativer Therapieversuch für mindestens drei bis
sechs Monate unternommen werden [Panni
et al., 2000].
Wichtiger Teil der konservativen Therapie ist zunächst eine Belastungsanpassung
an die Beschwerdesymptomatik. Weiterhin
sollte ein besonderes Augenmerk auf den
Zustand der Muskulatur des Oberschenkels
gelegt werden. Häufig treten Insertionstendopathien bei insuffizienter und verkürzter
Muskulatur auf [Cook et al., 2004]. Lokale
Maßnahmen mit Eisanwendung, Salben, Ultraschall, Iontophorese und Elektrotherapie
können angewendet werden. Bei eventuell
vorhandenen Fußfehlstellungen sollte ein
Korrekturversuch mit Einlagen erfolgen.
Vor allem aber hat das exzentrische Training in den letzten Jahren an Bedeutung
gewonnen. Im Rahmen von prospektiven
randomisierten Studien konnte eine Überlegenheit gegenüber anderen Verfahren aufgezeigt werden [Cannell et al., 2001; Jonsson und Alfredson, 2005]. Wir empfehlen
ein zweimaliges Training pro Tag mit 3 x 15
Wiederholungen. Dabei wird auf einer Trep-
ATOSnews
Abb. 5: Übung in der
geschlossenen Bewegungskette.
penstufe ein Ausfallschritt nach vorne bis zu
einem Flexionsgrad des affektierten Knies
von ca. 60° durchgeführt (Abb. 6) [Young et
al., 2005]. Dies sollte langsam und kontrolliert erfolgen. Das Becken muss dabei stabilisiert werden. Anfangs kann das Training zu
einer Schmerzverstärkung führen. Trotzdem
sollte das Training über den genannten Zeitraum fortgeführt werden.
Zusammengefasst ist festzuhalten, dass
lsich mit diesen diversen therapeutischen
Maßnahmen das PFS in den meisten Fällen
günstig beeinflussen lässt bis hin zum völligen Verschwinden der Probleme. Es ist stets
ratsam, gewisse Übungen wie Muskelkräftigungen und Dehnübungen auch in Zukunft
regelmäßig fortzusetzen.
Operative Therapie
In den meisten Fällen geht der operativen
Therapie eine intensive konservative Therapie
voraus. Zur Durchführung einer operativen
Therapie sollte nach genauer Anamnese, Untersuchung und Evaluation der bildgebenden
Befunde ein klarer Auftrag zur Behebung der
Ursache der Beschwerden vorliegen. Die
Wahl der einzuleitenden Therapie auch nach
vorangegangen Eingriffen richtet sich nach
dem Ist-Zustand des Patellofemoralgelenks
in der bestehenden Situation.
Da die Kniegelenksarthroskopie ein einfach durchführbares und weitläufig verfüg-
bares Verfahren ist, spielt sie auch im Rahmen vieler Eingriffe eine wichtige Rolle. Dies
führt allerdings leider nicht selten zu einer
„Überstrapazierung“ der Indikationsstellung. Gerade beim unklaren vorderen Knieschmerz finden sich reichlich Patienten, bei
denen teilweise mehrfache arthroskopische
Eingriffe mit Verlegenheitsdiagnosen wie
klassischerweise der „Chondromalazia patellae“ und Verlegenheitseingriffen wie „arthroskopische Knorpelglättung“ durchgeführt wurden. In der speziellen Therapie
des tiefgradigen Knorpelschadens kann die
endgültige Entscheidung, welches Verfahren nun letztendlich angewendet wird, allerdings nicht selten erst im Rahmen der Arthroskopie gestellt werden. Die wichtigsten
Eingriffe der häufigsten operativ behandelten Pathologien werden folgend dargestellt.
Da über die Möglichkeiten der Therapie einer Patella-Instabilität bereits in Ausgabe 16
der ATOSnews ausführlich berichtet wurde,
wird an dieser Stelle darauf nicht weiter eingegangen.
Arthroskopische Resektion einer
Plica mediopatellaris
Die Therapie eines medialen Plica-Syndroms
wird kontrovers diskutiert. Sie ist im Rahmen
der MRT-Bildgebung und arthroskopischen
Diagnostik häufig zu finden. Es muss allerdings vor einer unkritischen Diagnosestellung eines medialen Plica-Syndroms gewarnt
Abb. 6: Exzentrisches Training beim
Patellaspitzensyndrom. Verbessert
werden kann die Wirksamkeit des
­Trainings, wenn die Übungen auf
einer 25° schrägen Ebene erfolgen
[Young et al., 2005].
werden. Letztendlich ist die Plica mediopatellaris eine normale anatomische Struktur,
welche nur selten für einen vorderen Knieschmerz verantwortlich ist.
Die Inzidenz von Beschwerden verursachenden Plicae mediopatellares wird in der
Literatur von 3,25 % bis zu 11 % der Fälle
angegeben. Pathogenetisch ist häufig eine
synoviale inflammatorische Reaktion ursächlich, welche zu einer hypertrophen Fibrosierung der Plica führen kann [Kim und
Choe, 1997]. Dadurch kommt es zum Verlust der Elastizität mit Verdickung und Verhärtung und folgend zu einem Impingement
über dem medialen Femurkondylus oder
auch zu einer Einklemmung zwischen Patella und Femurkondyle (Shelf-Syndrom). Dies
kann zu einem Knorpelschaden führen [Kim
und Choe, 1997].
➔
43 |
::Fachbeiträge
Laterale Retinakulumspaltung
(Laterales Release)
Abb. 7a, 7b: Axiale Röntgenaufnahme mit Darstellung einer lateral betonten
Femoropatellararthrose mit vermehrter Lateralisierung und Tilt der Patella sowie
prominenter lateraler knöcherner Ausziehung (7a) und direkt post­operativer
Zustand nach lateralem Release und Facettektomie (7b) mit Verminderung
der Lateralisierung und des Tilt.
Falls es in einem Zeitraum von ca. 3 bis 6
Monaten und intensiv durchgeführter adäquater konservativer Therapie zu keiner
deutlichen Beschwerdelinderung kommt,
sollte die arthroskopische Entfernung in Erwägung gezogen werden. Allerdings ist eine
eindeutig präoperative bildgebende Darstellung und wegweisende klinische Diagnostik
zur Indikationsstellung unabdingbar.
Die Plica mediopatellaris kann im Rahmen
der Arthroskopie mit einem hochangelegten
anterolateralen Portal gut eingesehen werden. Zur Beseitigung der Pathologie kann die
Plica an einer oder mehreren Stellen mit dem
Elektromesser durchtrennt werden. Ob dies
ausreichend ist, kann durch Flektieren und
Exentendieren des Knies untersucht werden.
Weiterhin besteht die Möglichkeit, die Plica
mit einer Stanze oder einem Shaver zu resezieren.
Arthroskopische Behandlung eines
Patellaspitzensyndroms
Für das operative Vorgehen beim Patella­
spitzensyndrom ist eine Reihe von Methoden in der Literatur beschrieben. Die Studienlage stellt sich sehr heterogen dar mit
Unterschieden in der diagnostischen Einteilung, der Indikation zum operativen Eingriff,
dem Eingriff selbst und der postoperativen
Nachbehandlung. Die Erfolgsraten der verschiedenen operativen Verfahren sind sehr
| 44
unterschiedlich und werden in einem Bereich
von 46 % bis 100 % angegeben [Coleman et
al., 2000]. Aufgrund der geringeren Invasivität und der dadurch eventuell schnelleren
Rehabilitation ist das arthroskopische Vorgehen mit Débridement und Resektion des distalen Patellapols [Lorbach et al., 2008] gegenüber offenen Verfahren zu bevorzugen.
Dies ist besonders bei einem Impingement
der Patellasehne mit dem inferiorem Patellapol im Rahmen der Flexion, ähnlich dem
subakromialen Impingement der Schulter,
erfolgversprechend.
Für die arthroskopische knöcherne Resektion des distalen Patellapols ist das Aufpumpen der Blutsperre zu empfehlen. Zudem ist die Verwendung eines Fluoroskops
mit Markierung des distalen Patellapols mit
Kanülen zur besseren Orientierung hilfreich.
Das anterolaterale Standardportal wird etwas höher als gewöhnlich angelegt. Über ein
hohes anteromediales Arbeitsportal wird mit
einem Shaver eine partielle Resektion des
Hoffa´schen Fettkörpers und eine partielle
Synovektomie vorgenommen. Dies ist soweit
durchzuführen, bis eine gute Sicht auf den
distalen Patellapol erreicht ist. Der Bereich
unterhalb des Patellapols wird zur Denervierung dieses Areals ausführlich debridiert. Die
Patellasehne selbst ist hier selbstverständlich
zu schonen. Die knöcherne Resektion des distalen Patellapols erfolgt dann vorsichtig mit
einer 4,5 mm Kugelfräse. Dabei sollte eine
fluoroskopische Kontrolle erfolgen.
Die Spaltung des lateralen Retinakulums
ist eine technisch einfach durchzuführende Prozedur und daher weit verbreitet. Die
Studienlage spiegelt eine zu häufige und
fehlerhafte Indikationsstellung wider. Es ist
wichtig zu betonen, dass die laterale Retinakulumspaltung keine adäquate Therapie
der instabilen Patella darstellt. Die Indikation besteht bei fixiert lateralisierter Patella als
Therapie zur Entlastung der lateralen Patellafacette insbesondere in Kniebeugegraden
über 90°. Die Patienten berichten über Belastungs- und auch Ruheschmerzen insbesondere in Flexion, z. B. beim Treppensteigen
oder längerem Sitzen mit angewinkelten Beinen (laterales Patellahyperkompressionssyndrom). Eine mögliche (Sub-)Luxation sollte
zwingend ausgeschlossen werden. Bei richtiger Indikationsstellung ist die laterale Retinakulumspaltung eine effektive operative
Therapie und führt in über 90 % zu signifikanter Minderung der Beschwerdesymptomatik [Verdonk et al., 2008].
Trotz der Möglichkeit, diese Operation von
intraartikulär arthroskopisch durchzuführen,
empfehlen wir insbesondere aus dem Grund
der besseren Übersicht und Behandlung von
möglichen Verletzungen der Blutgefäße (A.
und V. genicularis superolateralis, „three sisters“) [Kohn et al., 1995]., das Retinakulum
in offener Technik zu spalten. Die Nachblutung nach arthroskopischen lateralem Release gilt als häufigste Komplikation bei der
arthroskopischen Chirurgie.
Zur Vermeidung einer sekundären iatrogenen medialen Instabilität kann auch eine
laterale Retinakulumverlängerung vorgenommen werden [Biedert, 2010].
Nach einem lateralen, paramedianen
Hautschnitt von ca. 3-5 cm Länge wird das
laterale Retinakulum auf einer Länge von ca.
8 cm vom lateralen Patellarand bis zum einstrahlenden Muskelrand des M. vastus lateralis dargestellt. Am lateralen, oberen Patellapol wird das Retinakulum parallel zum
lateralen Patellarand inzidiert, ohne die darunter liegende Kniegelenkskapsel zu verletzen. Meist lässt sich diese Kapsel als deutlich ➔
(KZCVKQPUNÒUWPIGP
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YYYMCTNUVQT\EQO
::Fachbeiträge
dunkler gefärbt vom Retinakulum gut unterscheiden. Die Inzision wird nach proximal
bis zum einstrahlenden M. vastus lateralis
und nach distal bis zum Unterrand der Patella erweitert. Dabei hilft ein Unterminieren
des Retinakulums mit einer Präparierschere,
um das Retinakulum weiter von der Kniegelenkskapsel zu trennen. Anschließend sollte
eine adäquate Blutstillung erfolgen. Zum
Verschluss der Wunde werden lediglich subkutane und Hautnähte gelegt. Sollte die Gelenkkapsel verletzt sein, sollte diese entsprechend wieder verschlossen werden.
In der Nachbehandlung empfiehlt sich
eine Hochlagerung des Beines ohne Orthese
auf einer Kirschner-Schiene mit 45° Knieflexion, damit postoprerativ ein Auseinanderweichen des gespaltenen Retinakulums gewährleistet bleibt.
Patellaverschmälerung
(Laterale Facettektomie)
Die laterale Patellaverschmälerung wird in
Kombination mit Durchführung einer lateralen Retinakulumspaltung vorgenommen.
Die Indikation besteht bei Patienten mit lateralem Patellahyperkompressionssyndrom
mit lateraler retropatellarer Knorpelglatze
und osteophytären Ausziehungen. Der genaue Wirkungsmechanismus der lateralen
Patellaverschmälerung ist bisher nicht eindeutig geklärt. Eine Rolle spielt sicherlich der
nun aufgehobene direkte Kontakt von freiliegenden Knochenflächen zwischen Patella
und Femur. Weiterhin ist der Denervierung
des lateralen Retinakulums und der lateralen
Retinakulumspaltung an sich ein positiver
Effekt zuzusprechen.
Es gibt nur wenige Arbeiten, die von Ergebnissen nach isolierter lateraler Patellafacettektomie berichten. Dabei finden sich weder prospektive noch randomisierte Studien.
Insgesamt besteht eine akzeptable Rate an
guten und zufriedenstellenden Ergebnissen.
Eine Korrelation zwischen radiologischen
und klinischen Befunden ergab sich hierbei
nicht. Paulos und Mitarb. berichteten 2008
bei einem durchschnittlichen Nachuntersuchungszeitraum von 5 Jahren von 88 % subjektiv zufriedenen Patienten. Allerdings er-
| 46
hielten 9 von 63 Patienten im Verlauf eine
Knietotalendoprothese. Von diesen 9 waren
allerdings 5 trotzdem mit dem Ergebnis der
lateralen Facettektomie zufrieden und würden den Eingriff nochmals durchführen lassen. Dabei spielte der Aufschub der Implantation der Knieendoprothese die Hauptrolle.
Die kumulative Versagerrate dieser Studie
war insgesamt 17 % [Paulos et al., 2008].
Wetzels und Bellemanns berichteten in ihrer aktuellen Langzeitnachuntersuchung aus
dem Jahr 2011 von insgesamt 15 % Patienten, welche sich in einem Zeitraum von
5 Jahren nach der lateralen Facettektomie
einem weiteren Folgeeingriff unterziehen
mussten. Nach 10 Jahren waren es 22,8 %
und nach 20 Jahren 53,2 %. In den meisten
Fällen wurde eine Knietotalendoprothese
implantiert [Wetzels und Bellemanns, 2010].
Die von allen Studien am häufigsten berichteten Komplikationen waren postoperativer
Hämarthros und die weitere Entwicklung der
Arthrose.
Beim operativen Vorgehen erfolgt zunächst eine laterale Retinakulumspaltung.
Danach wird eine Kapsulotomie auf gleicher
Höhe der Inzision der lateralen Retinakulumspaltung durchgeführt. Nun können die
laterale Patellafacette und die korrespondierende laterale Femurkondyle inspiziert
werden. Die Resektionsfläche sollte mit Hilfe
eines Markierungsstiftes angezeichnet werden. Das präpatellare Weichteilgewebe wird
mittels einer Präparierschere nach medial bis
knapp über die Resektionshöhe abpräpariert.
Die Resektionshöhe befindet sich in aller Regel 1-1,5 cm von der lateralen Begrenzung
der Patella entfernt. Die Knochenresektion sollte nicht zu umfangreich sein, um die
Durchführung einer eventuellen späteren alloarthroplastischen Maßnahme nicht zu gefährden. Die eigentliche Patellaverschmälerung erfolgt entlang der vorher markierten
Resektionslinie mittels oszillierender Säge.
Danach werden die Resektionsränder geglättet und weitere noch vorhandene Osteo­
phyten entfernt. Auch die Osteophyten am
lateralen Femurkondylus sollten dabei reseziert werden.
Abb. 7 zeigt eine axiale Röntgenaufnahme mit Darstellung einer lateral betonten
Abb. 8: Darstellung eines IV°-Knorpel­
defektes an der medialenPatellafacette.
Femoropatellararthrose mit vermehrter Lateralisierung und Tilt der Patella sowie prominenter lateraler knöcherner Ausziehung
(Abb. 7a) und den direkt postoperativen Zustand nach lateralem Release und Facettektomie (Abb. 7b) mit Verminderung der Lateralisierung und des Tilt.
Rekonstruktive biologische operative
Therapie des Knorpelschadens
Die Behandlung des retropatellaren Knorpelschadens (Abb. 8) stellt eine besondere
therapeutische Herausforderung dar. Die Ergebnisse der operativen Therapie mit biologischen rekonstruktiven Verfahren sind denen zur Behandlung von Knorpeldefekten an
den Femurkondylen unterlegen. Die Ursache
hierfür ist in der komplexen Anatomie und
Biomechanik des Patellafemoralgelenkes zu
sehen. Falls eine pathobiomechanische Ätiologie des Knorpelschadens vorliegt, muss
diese beseitigt werden, ansonsten ist jedes
knorpelrekonstruktive Verfahren an der Patella von Anfang an zum Scheitern verurteilt.
Vor Durchführung einer spezifischen
operativen Therapie eines lokalisierten Knorpelschadens im Patellofemoralgelenk ist eine
genaue Analyse der zugrunde liegenden Pathologie (z. B. traumatischer versus degenerativer Schaden, Malalignment, Instabilität,
Lateralisation mit Hyperkompressionssyndrom, Patella alta, usw.) durchzuführen.
ATOSnews
ochondrosis dissecans versucht werden. Bei
bereits separiertem Fragment ist dies allerdings kritisch zu sehen. Ergebnisse für die
Refixation von retropatellaren Fragmenten
sind in der Literatur nicht vorhanden. Bei gegenüberliegendem tiefgradigen Defekt („Kissing lesion“) ist die Anwendung biologischer
Verfahren nicht mehr Erfolg versprechend.
Hier könnte bei weitgehender Intaktheit des
tibiofemoralen Gelenks eine isolierte lokale
endoprothetische Versorgung vorgenommen
werden.
Abb. 9: Aufbringen einer Membran (Chondrotissue®) und Fixierung mittels biodegradablen Polylactid-Pins (SmartNail®).
­ eben Anamnese und klinischem Befund
N
spielt die Bildgebung für die Wahl der Therapie eine entscheidende Rolle. Die notwendige Bildgebung wurde in der ATOSnews Nr.
17 bereits ausführlich beschrieben.
Je nach Ätiologie und bildgebendem Befund wird ein Therapiekonzept entwickelt. Die
Orientierung an einem Algorithmus basierend
auf der Ätiologie, Defekttiefe sowie Defektausdehnung ist zu empfehlen [Ostermeier
und Becher, 2010]. Die endgültige Entscheidung, welches Verfahren nun letztendlich
angewendet wird, wird allerdings nicht selten
erst im Rahmen der primär durchzuführenden
Arthroskopie gestellt. Zur Therapie stehen die
bekannten knorpelrekonstruktiven Verfahren
oder Eingriffe zur Veränderung der patellofemoralen Biomechanik zur Verfügung. Selbstverständlich können und müssen die Verfahren auch kombiniert werden. Die typischen
knorpelrekonstruktiven Verfahren sind die
knochenmarksstimulierenden Techniken (Anbohrung oder Mikrofrakturierung des subchondralen Knochens), der Transfer von osteochondralen Zylindern (OATS, Mosaikplastik)
und die autologe Knorpelzelltransplantation
(ACT). Bei traumatischer Knorpelverletzung,
z. B. im Rahmen einer Patellaluxation, kann
eventuell versucht werden, ein abgeschertes Knorpel-Knochen-Fragment mit Hilfen
von Spezialschrauben oder resorbierbaren
Stiften zu refixieren. Eine Refixation kann
in Einzelfällen auch im Rahmen einer Oste-
Arthroskopisches Débridement
Die einfache arthroskopische Knorpelglättung ist dem flächigen degenerativen Knorpelschaden vorbehalten. Dabei werden eventuell abgelöste Knorpelstückchen aus dem
Gelenk heraus gespült, sowie degenerativ
veränderte Knorpelanteile (z. B. abstehende
Knorpelzotten) mit dem Shaver geglättet.
Eventuell kann hierbei auch eine temperaturkontrollierte Hochfrequenzelektrode zur vorsichtigen Retraktion des Gewebes verwendet
werden. Eine Regeneration des geschädigten
Knorpels tritt dadurch nicht ein [Kim et al.,
1991; Mitchell und Shepard, 1987]. Unter
Umständen kann eine Verminderung der reaktiven Synovitis erreicht werden.
Studien über ein isoliertes Knorpeldébridement im patellofemoralen Gelenkabschnitt
liegen nicht vor. Von einer Verbesserung in
52-67 % der Fälle wurde im Rahmen des arthroskopischen Débridements bei der Osteoarthrose berichtet [Baumgaertner et al.,
1990; Jackson und Dieterichs, 2003; Rand,
1991]. Allerdings muss diese Methode nach
Bekanntwerden der Ergebnisse der prospektiv randomisierten Studie von Kirkley et al. in
Frage gestellt werden. In dieser Studie wurde das arthroskopische Knorpeldébridement
mit postoperativer Physiotherapie mit der
ausschließlichen Durchführung von Physiotherapie verglichen. In einem Nachuntersuchungszeitraum von zwei Jahren konnte kein
signifikanter Vorteil eines operativen Vorgehens aufgezeigt werden [Kirkley et al., 2008].
Unserer Ansicht nach sollte diese Methode
nur sehr zurückhaltend angewendet werden
und nicht als alleinige Indikation für einen ar-
throskopischen Eingriff bei einem retropatellaren Knorpelschaden herangezogen werden.
Knochenmarksstimulation durch
Anbohrung (Pridie-Bohrung) oder
Mikrofrakturierung
Ziel dieser knochenmarkstimulierenden Verfahren ist die Bildung eines möglichst belastungsstabilen Ersatzknorpelgewebes bzw.
die Regeneration des subchondralen Knochens. Die Anbohrung (Pridie-Bohrung) wird
mit Hilfe eines Kirschnerdrahtes oder Bohrers kleinen Durchmessers durchgeführt. Sie
kann bei osteochondralen Läsionen bei Vorliegen einer subchondralen Knochennekrose
oder eines Ödems und intaktem Gelenkknorpel auch retrograd durchgeführt werden.
Ansonsten sollte die Anbohrung nach Entfernung des beschädigten Restknorpels
und -knochens anterograd durchgeführt
werden. Durch die Dekompression des subchondralen spongiösen Knochens mit daraus resultierender Verminderung des intraossären Drucks kann es zu einer sofortigen
Beschwerdelinderung kommen [Insall, 1974;
Pridie, 1959]. Während trochleare Defekte
meistens arthroskopisch angebohrt werden
können, ist bei retropatellaren Defekten in
der Regel ein offenes Vorgehen notwendig.
Bei der Technik der Mikrofrakturierung
wird der subchondrale Knochen nach vollständiger Entfernung von instabilem Knorpel
durch Küretten und Fräse mit verschieden
gebogenen Ahlen perforiert. Wie empfehlen
die Anwendung bei allen Defekten mit einem
Durchmesser von <1,5cm², gegebenenfalls
kann aber auch ein Therapieversuch bei größeren Defekten unternommen werden. Je
nach Lokalisation der Läsion werden schwanenhalsförmige Ahlen mit unterschiedlichen
Krümmungsradien benötigt. Die Ahlen werden möglichst tangential aufgesetzt und unter vorsichtigen Hammerschlägen ca. 1 mm
eingebracht, um ein Abrutschen und die dadurch hervorgerufene Destruktion des subchondralen Raumes zu verhindern. Danach
werden weitere Perforationen von ca. 3-4mm
Tiefe bis zum Auftreten von Fettaugen als
Zeichen der Markraumperforation angelegt.
Während trochelare Knorpelschäden mit der ➔
47 |
::Fachbeiträge
Mikrofrakturierung durch die verschieden
gewinkelten Ahlen gut behandelt werden
können, ist die rein arthroskopische Behandlung eines retropatellaren Schadens schwierig. Es besteht vor allem die Gefahr, dass die
Ahle auf dem zum Teil sklerosierten Knochen
wegrutscht, was den Schaden vergrößert.
Die Mikrofrakturen sollten von der Peripherie
der Läsion aus nach zentral im Sinne eines
Schachbrettmusters mit ca. 2-4 mm gro­
ßen Zwischenräumen durchgeführt werden.
Nach Beendigung der Mikrofrakturierung
wird der Läsionsbereich nochmals geglättet,
und kleine Knochenanteile werden mit dem
Shaver entfernt. Eine Redondrainage kann
fakultativ – ohne Sog – in den oberen Rezessus eingebracht werden.
Die Ergebnisse nach Mikrofrakturierung
im Patellofemoralgelenk sind im Vergleich
zu den Ergebnissen an der Femurkondyle
deutlich schlechter. Zudem wurde eine sig­
nifikante Verschlechterung des Ergebnisses
nach drei Jahren beobachtet [Kreuz et al.,
2006]. Eine Verbesserung der Ergebnisse
nach Mikrofrakturierung könnte eventuell
durch Aufbringen einer Kollagenmembran
(Chondro-Guide® von Geistlich Biomaterials)
oder durch ein mit patienteneigenem Serum
bedecktes zellfreies Polymer-basiertes Implantat (Chondrotissue® von BioTissue) erreicht werden. Für diese Verfahren wird auch
der Begriff „AMIC“ (Autologe Matrixinduzierte Chondrogenese) verwendet (Abb. 9).
Ziel ist das durch die Mikrofrakturierung
ausgetretene Blut besser im Defekt zu halten
und eine verbesserte Regeneratstruktur zu
erreichen. Klinische Resultate bei isolierten
patellofemoralen Knorpelläsionen sind für
diese Verfahren allerdings bisher noch nicht
publiziert.
Autologe osteochondrale Transplantation
(Mosaikplastik, OATS)
Die Autologe Osteochondrale Transplantation (OATS) stellt die einzige Methode zur
Wiederherstellung einer Knorpeloberfläche mit hyalinem Knorpel dar. Vorteilhaft
ist weiterhin der Erhalt des Knorpel-Knochen-Interfaces. Das Prinzip der Technik ist
die Entnahme eines oder mehrerer Knor-
| 48
pel-Knochen-Zylinder aus einer gering belasteten Region des Kniegelenks und die
Press-fit-Implantation in die vorbereitete Defektzone. Geeignet zur Entnahme der
Spenderzylinder sind die Bereiche der proximalen anteromedialen oder anterolateralen
Trochlea und der suprakondylären Randbereiche. Wenn mehrere kleine Zylinder mosaikartig nebeneinander in den Knorpeldefekt
eingebracht werden, spricht man von einer
Mosaikplastik [Hangody et al., 1997]. Bei der
Behandlung von retropatellaren Defekten
mit autologen osteochondralen Zylindern ist
zu beachten, dass im Bereich der Entnahmestelle die Knorpelschicht in der Regel einige
Millimeter dünner ist als an der Patella. Die
Wiederherstellung der Knorpelkongruenz ist
allgemein schwierig. Die besten Indikationen
sind kleine, gut begrenzte Defekte mit tiefgradiger subchondraler Schädigung.
Die publizierten Ergebnisse bei der autologen osteochondralen Transplantation im
patellofemoralen Gelenk sind denen der Behandlung im tibiofemoralen Gelenkbereich
unterlegen. Im direkten Vergleich zur ACT
wurden retropatellar deutlich schlechtere
Ergebnisse aufgezeigt [Bentley et al., 2003].
Unserer Ansicht nach sollte die autologe osteochondrale Transplantation, insbesondere bei isolierten Knorpelschäden ohne Knochenbeteiligung, nur in Ausnahmefällen im
Patellofemoralgelenk angewendet werden.
Autologe Knorpelzelltransplantation
(ACT)
Die Autologe Chondrozytentransplantation (ACT) hat sich im Lauf der letzten Jahre zunehmend in der Therapie des Knorpelschadens etabliert. Grundprinzip der ACT ist
eine primäre arthroskopisch durchgeführte
Biopsie von gesundem Knorpel, welches danach in einem Speziallabor weiterverarbeitet
wird. Die Knorpelzellen werden im Labor unter sterilen Bedingungen aus dem Gewebeverbund herausgelöst und vermehrt. Je nach
Anbieter steht dann nach zwei bis sechs Wochen eine von der Defektgröße abhängige
Zellzahl (ca. 1 Million Zellen pro cm2 Defekt)
zur Verfügung. Diese wird dann in einem
zweiten Eingriff in den Defekt eingebracht.
Mittlerweile hat die Matrix assoziierte Chondrozytentransplantation (MACT) unter Verwendung verschiedener Trägermaterialien
für die kultivierten Chondrozyten die traditionelle ACT mit Verwendung eines aufgenähten Periostlappen abgelöst. Die relativ hohe
transplantatbedingte Revisionsrate (v.a. Periostlappenhypertrophie) könnte dadurch
reduziert werden [Niemeyer et al., 2008]. Indikationen sind v.a. Defektgrößen von mindestens 1,5 cm² oder fehlgeschlagene Primäreingriffe.
Insgesamt sind auch die bisher publizierten Ergebnisse der ACT an der Patellarückfläche im Vergleich zu den Femurkondylen,
wie auch bei den Knorpelstimulationsverfahren und der osteochondralen Transplantation, schlechter. Die Erfolgsrate wird mit
60-70 % guten und sehr guten Ergebnissen
angegeben [Minas und Bryant, 2005; Peterson et al., 2000]. Für die Verwendung der
MACT für patellofemorale Läsionen sind bisher zwei Studien publiziert. Gobbi et al. fanden bei Verwendung des Hyalograft C bei
90,7 % der Patienten ein Ergebnis A oder B
entsprechend des IKDC Scores [Gobbi et al.,
2006]. Im Jahre 2009 wurden von derselben Arbeitsgruppe weitere Ergebnisse dieses
Verfahrens publiziert. Die Ergebnisse verschlechterten sich im Vergleich zu den Zweijahresergebnissen in Bezug auf den subjektiven IKDC und des Tegner Score signifikant
[Gobbi et al., 2009].
Wir verwenden für retropatellare Defekte
eine neue 3D-Matrix ACT (ARTROcell® 3D,
co.don® AG). Das innovative Verfahren wird
in diesem Heft ausführlich von PD Dr. Rainer
Siebold in einem eigenen Artikel beschrieben
(siehe Seite 26).
Eingriffe zur Veränderung der
patellofemoralen Biomechanik
durch Tuberositastransfer
In manchen Fällen muss eine pathologische
biomechanische Situation beseitigt werden,
um den gewünschten Therapieerfolg bei
einem Knorpelschaden oder bei allgemeinem
patellofemoralem Schmerzsyndrom zu erreichen. Knöcherne Achsfehlstellungen sowie
Torsions- und Rotationsfehler sind zu be- ➔
ATOSnews
N O T E S
&
N E W S
:: Operative Weiterbildung indischer Kollegen
Der Kniespezialist Dr. Rainer Siebold aus
der ATOS Klinik Heidelberg war gemeinsam mit Prof. Dijan aus Paris geladener
Gast beim Operationskurs des Oyster &
Pearl Hospital in Pune/Indien.
In der aufstrebenden indischen Metropole Pune, die dank ihrer Universitäten und Fachhochschulen auch als
das “Oxford Indiens” bezeichnet wird, leben heute mehr als fünf Millionen Menschen. 1970 lag die Einwohnerzahl noch
bei nur einer Million. Die Stadt ist wichtiges Wirtschaftszentrum vor den Toren
Mumbais mit Standorten für die ITBranche und die Autoindustrie, u.a. Tata,
Daimler und VW.
Aufgrund der explosionsartigen Bevölkerungsentwicklung besteht ein riesiger Bedarf an gut ausgebildeten operativ tätigen Kollegen. Ziel des zweitägigen
Operationskurses in Pune war die Weiterbildung indischer Kollegen im Bereich
der minimalinvasiven arthroskopischen
Kniechirurgie.
PD Dr. Rainer Siebold referierte vor ca.
200 Kollegen zu seinen Spezialgebieten
Knorpel, Meniskus, Kreuzband und Knie-
Abb. 1:
Dr. Siebold bei
seinem Vortrag
zum Thema
„Kreuzbandersatz“
scheibe (Abb. 1) und operierte drei indische Patienten im modernen nahegelegenen Krankenhaus. Die Operationen
wurden von den indischen Kollegen live
über Satellit mitverfolgt (Abb. 2a, 2b).
Durch die Live-Übertragung war es den
Teilnehmern auch möglich, die Operationsschritte unmittelbar mit Dr. Siebold
zu diskutieren. Der Kongress war hervorragend organisiert, den Patienten geht
es gut, das „Feedback“ der Teilnehmer
war sehr positiv.
Der Kontakt nach Indien besteht seit
2009. Damals waren die indischen Kollegen zum Internationalen ATOS LIVE-OP
Kongress nach Heidelberg gereist. Insgesamt waren auf dieser Veranstaltung
Teilnehmer aus mehr als 20 Ländern zu
Gast. Eine internationale Neuauflage
mit Live-Operationen, organisiert vom
Zentrum für Hüft-Knie und Fußchirurgie
sowie Sporttraumatologie ist für 2012
geplant.
www.zentrum-hueft-knie-fusschirurgie.de
Abb. 2a, 2b:
Live-Übertragung
aus Operationssaal
49 |
::Fachbeiträge
achten. In der Diagnostik sollten eine radiologische Ganzbein-Aufnahme im Stehen und
bei Rotationsfehlern ein Rotations-CT von
Hüft-, Knie- und Sprunggelenk angefertigt
werden. Die Entscheidung zu einer knöchernen Derotation oder zur Vari- bzw. Valgisierung der Beinachse muss mit den darüber
hinaus bestehenden Diagnosen im Verbund
gestellt werden.
Dabei kann die Kombination einer knöchernen Korrektur mit einem knorpelrekonstruktiven Eingriff oder lateralem Release/
lateraler Facettektomie zur Erstellung einer
besseren biomechanischen Situation sinnvoll sein. Am häufigsten sind Korrekturen bei
pathologischem TT-TG-Abstand (Tuberositas
tibiae – Trochlear Groove; siehe ATOSnews,
Ausgabe 17). Dies ist häufig bei zusätzlicher
Patellainstabilität zu finden. Zur kausalen
Therapie kann eine Medialisierung der Tuberositas tibiae durchgeführt werden.
Die ursprüngliche Beschreibung des Verfahrens erfolgte durch Elmslie aufbauend
auf der Methode nach Roux 1888. Die Erstpublikation mit Berichten von Ergebnissen stammt von Trillat et al. aus dem Jahre
1964. [TRILLAT et al., 1964]. In der Mehrzahl
der zur Verfügung stehen Operationstechniken erfolgt die Medialisierung durch eine
koronare Osteotomie der Tuberositas tibiae
mit einer dem pathologischen Ausmaß entsprechenden Verschiebung der entstehenden
Knochenschuppe nach medial und mit suffizienter Schraubenfixierung. Zusätzlich werden noch weitere weichteilige Modifikationen
beschrieben (z. B. laterales Release), um eine
zusätzliche Korrektur zu erreichen [Kohn et
al., 2004; Caton und Dejour, 2010]. Wie weit
im individuellen Fall medialisiert werden soll,
wird aus dem präoperativen CT oder MRT
entnommen [Koeter et al., 2007, Schöttle et
al., 2007]. Es sollte eine Korrektur des pathologischen TT-TG-Abstandes auf ein physiologisches Maß angestrebt werden. Durch die
Versetzung der Tuberositas tibiae nach medial verringert sich der Abstand der Tuberositas tibiae zur trochlearen Rinne („Trochlear
groove“), was eine Verringerung des TT-TGAbstandes und damit auch des Q-Winkels
zur Folge hat [Colvin und West, 2008; Servien et al., 2007]. Da durch die Medialisierung
| 50
Abb. 10:
Schematische Darstellung
der Knochenschnitte in
der Sagittalansicht (rot,
Schnitt der oszillierenden
Säge und Richtmeißel)
zur Medialisierung der
Tuberositas tibiae.
die Gefahr eines medialen Impingements mit
folgender Druckerhöhung besteht, sind besonders Patienten mit einer flachen Trochlea
geeignet. Die postoperativen Ergebnisse wurden in verschiedenen Studien in über 90 % als
sehr gut herausgestellt, wobei eine maximale Medialisierung von 10 mm empfohlen wird
[Koeter et al., 2007; Fulkerson et al., 1990].
Neben der Medialisierung der Tuberositas
tibiae kann durch Distalisierung gleichzeitig
eine häufig bestehende Patella alta korrigiert
werden (Abb. 10, 11a und b). Allerdings sollte
darauf hingewiesen werden, dass aufgrund
der Unsicherheit der Bestimmung der Position der Patella in der Sagittalebene (Patellahöhe) die Indikation für eine Distalisierung
der Patella sehr eng gestellt werden. Reine, geringgradig ausgeprägte Patellae altae
sollten daher nicht explizit durch eine reine
Distalisierung operativ korrigiert werden. Es
droht eine Überkorrektur, die zu einer Patella baja führt und das klinische Ergebnis im
Einzelfall eher verschlechtert als verbessert.
Chonko et al. konnten berichten, dass solch
eine pathologische Position der Patella in
eine Erhöhung der retropatellaren Druckbelastung mit Verringerung der Kniegelenksbeugung mündet [Chonko et al., 2004].
Wenn eine Distalisierung der Tuberositas tibiae vorgenommen wird, sollte ein Caton-Index von <1,2 erreicht werden.
Die Kombination aus Medialisierung und
Ventralisierung (Anteromedialisierung) wird
bei gleichzeitig vorliegenden lateralen de-
generativen Veränderungen postuliert [Fulkerson et al., 1990; Fulkerson, 1983a]. Nicht
zu vernachlässigende kosmetische Aspekte,
eventuell Probleme beim Knien und Steigerung der patellofemoral und tibiofemoral
wirkenden Kräfte bei vermehrter Ventralisierung sind allerdings zu beachten [Biedert,
2008; Shirazi-Adl und Mesfar, 2007].
Da bei der Medialisierung der Tuberositas
tibiae eine knöcherne Versetzung des Ansatzes des Lig. patellae stattfindet, besteht
grundsätzlich die Gefahr der unvollständigen Verknöcherung im Sinne einer Pseud­
arthrose und der Fraktur der proximalen Tibia [Kohn et al., 2004; Godde et al., 2001;
Cosgarea et al., 2001]. Die mediale Patellafacette scheint nur dann signifikant höher
belastet, wenn eine (ungewollte) Übermedialisierung der Tuberositas von >1cm stattgefunden hat. Dabei muss auch eine Druckerhöhung im tibiofemoralen Kompartiment
beachtet werden [Kuroda et al., 2001].
Eine relative Kontraindikation könnte ein
vorangegangener Eingriff an der Tuberositas tibiae sein, wenn man eine entsprechend
schlechte Knochenqualität vermutet. Koeter
und Mitarb. berichten in ihrer Operationsreihe von zwei Fällen von postoperativ erlittener
proximaler Tibiafraktur, so dass dieser Aspekt
nicht unbeachtet bleiben darf [Koeter et al.,
2007]. Offene Wachstumsfugen stellen eine
absolute Kontraindikation dar, da sonst in der
Folgezeit möglicherweise ein Genu recurvatum droht [Fulkerson et al., 1990].
ATOSnews
Abb. 11a, 11b:
Röntgendarstellung seitlich vor (a) und nach (b)
einer Medialisierung
und Distalisierung der
Tuberositas tibiae.
Abb. 10 zeigt die schematische Darstellung
der Knochenschnitte in der Sagittalansicht
(rot, Schnitt der oszillierenden Säge und
Richtmeißel) zur Medialisierung der Tuberositas tibiae. Eine Röntgendarstellung seitlich
vor (Abb. 11a) und nach (Abb. 11b) einer Medialisierung und Distalisierung der Tuberositas tibiae demonstriert den Verlauf.
Nachbehandlung
Die Nachbehandlung stellt einen wesentlichen Aspekt für den Erfolg von knorpelregenerativen Eingriffen dar. Dabei ist die
Belastung an den zunächst noch fragilen
Zustand des Regeneratknorpels anzupassen.
Nach Kriterien der ICRS soll für eine Woche
ein Sohlenkontakt mit darauffolgender fünfwöchiger Teilbelastung und einem zweiwöchigen Übergang zur Vollbelastung vorgenommen werden [Steinwachs et al., 2008].
Die Beweglichkeit ist während der ersten
sechs Wochen einzuschränken.
Wir verwenden das nachfolgende Nachbehandlungsschema bei retropatellaren und
trochlearen Knorpeldefekten. Dieses Schema
dient als Richtlinie, von der im individuellen
Fall je nach Defektlokalisation und Defektgröße abgewichen werden kann.
Additiv können Nahrungsergänzungsmittel
gegeben werden. Die sogenannten SADOA
(Slow Acting Drugs in Osteoarthritis) finden zunehmende Verwendung. Eine langsam
einsetzende Verbesserung der Symptomatik
durch eine antiinflammatorische Wirkung, sowie eine Steigerung der Proteoglykansynthese und somit eine Verbesserung der Knorpelgrundsubstanz werden beschrieben. Vor allem
die Substanzen Glucosamin- und Chondroi­
tinsulfat erfreuen sich einer zunehmenden
Beliebtheit. Ein Vielzahl von Studien belegt
mittlerweile einen positiven Effekt in Bezug
auf eine Schmerzreduktion im Rahmen der
Osteoarthrose [Vangsness, Jr. et al., 2009]. ::
Literatur bei den Verfassern
Mobilisierung:
– Tag 1 – 3: Orthese in voller Streckstellung
– Tag 3 bis Woche 3: ROM 0-0-30°
– Woche 4 – 5: ROM 0-0-60°
– Woche 6 – 7: ROM 0-0-90°
– Danach Übergang zur freien beschwerdeadaptierten Beweglichkeit
Belastung:
– Woche 1: Fußsohlenkontakt mit Gehstützen
– Woche 2 – 4: Teilbelastung 25 % Körpergewicht mit Unterarmgehstützen
– Woche 4 – 6: Teilbelastung 50 % Körpergewicht an Unterarmgehstützen
– Ab 6. Woche:
beschwerdeadaptierte Steigerung bis zur Vollbelastung.
Prof. Dr. Hans H. Pässler
Zentrum für Hüft-, Knie- und Fußchirurgie
ATOS Klinik Heidelberg
[email protected]
Dr. Christoph Becher
Orthopädische Klinik der Medizinischen
Hochschule Hannover im Diakoniekrankenhaus Annastift
Department Knie-, Schulter- und
Sportorthopädie
Anna-von-Borries-Str. 1-7
30625 Hannover
[email protected]
51 |
::Fachbeiträge
Voll-arthroskopische Stabilisierung der Kniescheibe mittels MPFL-Ersatz – eine Innovation
Von Rainer Siebold
Keywords: Mediales patellofemorales Ligament, Rekonstruktion, Arthroskopie
Das mediale patellofemorale Ligament (MPFL) ist der wichtigste
passive Weichteilstabilisator der Kniescheibe und zerreißt häufig bei Luxation der Patella aus ihrem Gleitlager. Da die spontanen Heilungsaussichten schlecht sind, rät man besonders jüngeren Patienten bei der Zweitluxation zur Rekonstruktion des
MPFL. Das Standardverfahren wird durch zwei kleine ­Zugänge
an Patella und Femur bisher in offener Technik durchgeführt.
Wir haben die Operationstechnik vor zwei Jahren weiterentwickelt und bieten seither
ein voll-arthroskopisches Vorgehen an. Vorteile sind eine geringere Invasivität, eine
anatomische Rekonstruktion durch arthroskopische Darstellung des MPFL an Patella
und Oberschenkel und ein besseres kosmetisches Ergebnis.
Arthroskopische Anatomie des MPFL
Das mediale patellofemorale Ligament (MPFL)
ist ein starkes Band auf der Innenseite des
Kniegelenkes zwischen Patella und Femur. Es
entspringt am Tuberculum adductorium zwischen der femoralen Insertion des medialen
Kollateralbandes (MCL) und dem Ansatz der
Sehne des Musculus adductur magnus. Der
patellare Ansatz liegt in der oberen Hälfte des
medialen Patellarandes. Es weist eine mittlere
Breite von 1,9 cm und eine Länge von 5,3 cm
auf. Es verläuft unterhalb des M. vastus me-
dialis obliquus in der zweiten Schicht des medialen Kapsel-Bandbereichs [1,8] (Abb. 1).
Patellaluxation
Eine Patellaluxation geht meist mit der Ruptur des MPFL einher. Damit fehlt der Kniescheibe die stabilisierende Funktion des medial verlaufenden passiven Bandes [1]. Folge
sind häufige Re-Luxationen gerade bei jüngeren, sportlich aktiven Patienten. Nicht sel-
Abb. 1:
Offene Operationstechnik: hier Fixation
der Gracilissehne an
der Kniescheibe zur
MPFL Rekonstruktion.
| 52
Abb. 2: Arthroskopischer Aspekt des
k­ onischen MPFL-Verlaufs von der Patella
in der medialen Gelenkkapsel nach dorsal
(zwischen den beiden Markierungen).
ten liegt zusätzlich eine knöcherne Ursache
für die Luxationen vor: z. B. eine patellofemorale Fehlform (Dysplasie), eine pathologische Patellahöhe (Patella alta), ein TT-TG
(tibial tubercule-trochlear groove) Abstand
von > 20mm, eine ausgeprägte Patellaverkippung (Tilt) von >20° und eine Achs- oder
Rotationsfehlstellung des Beines [3]. Die
Wahl des optimalen operativen Verfahrens
erfordert deshalb viel Erfahrung. Während
in der Vergangenheit meist versucht wurde, die Stabilität der Kniescheibe durch knöcherne Korrekturen und laterale sowie mediale Weichteileingriffe zu bessern, wird heute
meist nur das MPFL rekonstruiert. Selten sind
zusätzliche Eingriffe notwendig.
MPFL-Ersatz in offener Technik
Beim „klassischen“ MPFL-Ersatz wird der Ursprung und Ansatz des MPFL am medialen
Patellarand und am Femur durch eine kleine
Inzision in offener Technik dargestellt [4,6]
(Abb.1). Besonders femoral ist eine genaue
ATOSnews
a
Darstellung aufgrund der Weichteilverhältnisse oftmals schwierig, so dass die Insertion
durch eine intraoperative Röntgenaufnahme
auf der Basis von Mittelwerten aufgesucht
und rekonstruiert wird [5]. Meist wird eine
Kniebeugesehne als Bandersatz gewählt und
an Patella und Femur mit Bio-Ankern und
Schrauben befestigt. Da die Reißfestigkeit
des MPFL durchschnittlich 208 N, beträgt
wird als Transplantat gerne die Gracilissehne
verwendet.
akt an der MPFL-Insertion unter arthroskopischer Sicht über ein mediales Portal angelegt. Eine intraoperative Röntgenkontrolle
wird bei uns in jedem Fall zusätzlich durchgeführt. Am medialen Patellarand werden zwei
kleine Bohrkanälchen angelegt, die die bei- ➔
Arthroskopischer MPFL-Ersatz
(nach Siebold)
b
Abb. 3a, 3b: Arthroskopisch dargestellter extra­artikulärer Verlauf des MPFL von
Knie­scheibe (3a) zu Oberschenkel (3b).
Seit zwei Jahren führen wir den MPFL-Ersatz
voll-arthroskopisch durch. Dafür haben wir
die Operationstechnik für das rein arthroskopische Vorgehen modifiziert. Zunächst wird
die Insertion des MPFL an Patella und Femur
extraartikulär arthroskopisch dargestellt.
Das genaue Verständnis des anatomischen
Verlaufs des MPFL ist dafür Voraussetzung.
Bei akuter, aber auch bei habitueller Patellaluxation ist das MPFL als breites, aber
dünnes Band verlässlich darstellbar (Abb. 2
und 3). Nun wird der femorale Bohrkanal ex-
a
Literatur
1. Amis AA et al. Anatomy and biomechanics of the medial patellofemoral
ligament. Knee 2003
2.Deie M et al. A long-term follow-up
study after medial patellofemoral
ligament reconstruction using the
transferred semitendinosus tendon
for patellar dislocation. Knee Surg
Sports Traumatol Arthrosc 2005
3.Dejour H et al. Factors of patellar instability: an anatomic radiographic
study. Knee Surg Sports Traumatol
Arthrosc 1994
4.Schöttle PB, Weiler A et al. Technical
note: anatomical reconstruction of
the medial patellofemoral ligament
using a free gracilis autograft. Arch
Orthop Trauma Surg 2008
5.Schöttle PB, Weiler A et al. Radiographic landmarks for femoral tunnel
placement in medial patellofemoral
ligament reconstruction. Am J Sports
Med 2007
6.Siebold R. et al. Hamstring graft
­fixation in MPFL reconstruction at
the patella using a transosseous
­suture technique. Knee Surg Sports
Traumatol Arthrosc 2010
7.Smith TO, Walker J, Russell N. Outcomes of medial patellofemoral
­ligament reconstruction for patellar
instability: a systematic review. Knee
Surg Sports Traumatol Arthrosc 2007
8.Tuxoe J et al. The medial patellofemoral ligament: a dissection study. Knee
Surg Sports Traumatol Arthrosc 2002
b
c
Abb. 4a, 4b: Aspekt der arthroskopisch
durchgeführten MPFL-Rekonstruktion an
Kniescheibe (4a) und Oberschenkel (4b) und
Verlauf in der medialen Kapsel bei Nachuntersuchung (4c).
53 |
::Fachbeiträge
den Enden des Gracilis-Sehnentransplantats
aufnehmen. Das Transplantat wird dafür über
ein mediales Arthroskopieportal eingezogen
und transplantatfrei verankert (Abb. 4a). Die
(dorsale) Transplantatschlaufe wird danach
durch die zweite Schicht der medialen Kapsel in den Bohrkanal an der MPFL-Insertion
gezogen und dort in 30° Flexionsstellung mit
Bioschraube befestigt (Abb. 4b und c).
bilitation. Teilbelastung ist aus unserer Sicht
für zirka drei bis vier Wochen sinnvoll.
Die klinischen Ergebnisse der offenen
Operationstechnik sind gut. Die Reluxationsrate liegt laut Literatur bei ca. 2–3 % bei
­hoher Zufriedenheit der Patienten [2,7]. Die
von uns entwickelte arthroskopische Operationstechnik zeigt entsprechend überzeugende Resultate.
Nachbehandlung
Fazit: Ein Schritt nach vorn
Postoperativ kann der Bewegungsumfang
schmerzorientiert gesteigert werden, so dass
nach zirka sechs Wochen die freie Beugung
erzielt werden kann. Eine motorgetriebene
Bewegungsschiene beschleunigt die Reha-
Vorteil des arthrokopischen Vorgehens ist
die geringere Invasivität gegenüber dem
offenen Vorgehen, eine individuelle anatomische Rekonstruktion durch exakte arthroskopische Darstellung des MPFL an Patella
und Oberschenkel und das besseres kosmetisches Ergebnis. Allerdings ist die arthroskopische MPFL-Rekonstruktion operativ
schwierig und deshalb nur sehr geübten Arthroskopeuren anzuraten.
::
PD Dr. Rainer Siebold
Zentrum für Hüft-Knie-Fußchirugie und
Sporttraumatologie
ATOS Klinik Heidelberg
[email protected]
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Q Bildung von belastbarem Knorpel
ATOSnews
Das SPECT-CT: Genauere Diagnostik –
bessere Behandlungsergebnisse
Von Robert Kilger
Keywords: SPECT-CT, MRT, Knie- und Fußdiagnostik.
Die Behandlung von degenerativen Erkrankungen im Bereich
des Kniegelenkes und Fußes stellt nach wie vor ein großes
Problem dar, da sie häufig nicht zu zufrieden stellenden
Ergebnissen führt. Der Fokus der Forschung liegt auf der
­Weiterentwicklung und Verbesserung von konservativen und
operativen Behandlungsverfahren. Im Bereich der Diagnostik
und insbesondere der Bildgebung scheint die Entwicklung von
alltagstauglichen Verfahren zu stagnieren.
Einen sehr hohen Stellenwert wird hierbei
dem MRT zugesprochen und teilweise sogar
komplett auf die Röntgendiagnostik verzichtet. Hierbei entstehen vor allem aufgrund
von überbewerteten MRT-Befunden häufig
falsch positive Ergebnisse (1). Daraus leiten
sich zwar hoch spezialisierte und innovative
Behandlungsstrategien ab, welche jedoch
nicht hundertprozentig auf den betroffenen
Patienten zutreffen. Hierfür gibt es in der
Praxis viele Beispiele.
Das SPECT-CT (Single-Photon-EmissionsComputer-Tomographie) ist die Summation
zweier bildgebender Verfahren (3). Das erste
Verfahren ist die Computertomographie im
herkömmlichen Sinne als Schichtbildverfahren. Überlagernd wird hierbei zusätzlich eine
Drei-Phasen-Skelettszintigraphie durchge­
führt und diese zur CT summiert. Wie in
Abb. 1 gezeigt, entsteht hieraus eine Kombination aus exakter Lokalisation und der gesteigerten Stoffwechselaktivität, welche im
Original in verschiedenen Farbabstufungen
dargestellt wird. Es ergibt sich ein Zusammenhang von Morphologie und Biologie.
Mehrere ­Studien haben ergeben, dass diese
Tracer-Anreicherung mit hoher Signifikanz
mit den Beschwerden des Patienten korre­liert
(2, 4, 5). Somit ist eine exakte Lokalisation
und Fokussierung der behandlungsbedürf-
tigen Areale möglich. Verschiedene Pathologien können durch das SPECT-CT frühzeitig
und exakt erkannt werden (Tabelle 1).
Durch eine Aktivierung der Stoffwechsel­
aktivität im subchondralen Knochen können
die Beschwerden erzeugenden Gelenkanteile
lokalisiert werden. Gerade in der großen Diskussion über die Behandlung der unikompartimentellen Gonarthrose kann dieses Verfahren unterstützend benutzt werden. Meistens
geht es bei der Indikation zur Hemiprothese/
Korrekturosteotomie oder Vollprothese um
die Beteiligung des Femoropatellargelenkes.
Im Femoropatellargelenk korreliert oft der
Grad der Arthrose nicht mit den Beschwerden des Patienten. Ist keine Traceranreicherung zu verzeichnen, kann dem Patienten
eher zu einem unikompartimentellen Ersatz
des Kniegelenkes geraten werden. Ist jedoch
auch im Femoropatellargelenk bereits eine
Tracervermehrung zu verzeichnen, sollte dem
Patienten dringend davon abgeraten werden,
da er von einer Vollprothese eher profitieren
würde. Auch in der postoperativen Analyse
von Residualschmerzen nach Knieprothesenoperationen, bei denen der Patient meistens
über sehr unspezifische Schmerzen klagt, die ➔
Abb. 1:
OSG ap (links)
MRT ap (Mitte)
SPECT-CT (rechts)
des selben
Patienten­.
55 |
::Fachbeiträge
Indikation
MRT
CT
SPECT-CT
Tendinitis/Tendinose
++
-
+++
Osteochond. Lasion
++
+
+++
Knorpelläsion
++
-
-
Osteochondrosis dissecans
++
++
+++
Arthrose
+
+
+++
+++
-
+
Frakturen
+
+++
+++
Ermüdungsfrakturen
+
+
+++
+++
-
-
+
-
+++
Deg. Weichteilerkrankung
Ligamentverletzungen
Hyperkompressionssyndrome
Tabelle 1: Für die genannten Fragestellungen im Bereich der Knie- und Fuß­
diagnostik kann das Spect-CT hilfreich sein (- =ungeeignet, + =eingeschränkt
geeignet, ++ =geeignet, +++ =sehr gut geeignet)
Abb. 3: SPECT-CTs erleichtern die Therapieentscheidung.
Abb. 2: Linker
Fuß: Röntgen
im seitlichen
Strahlengang.
dere die Einstufung von Frakturen wird oft
überbewertet. Die Folgen für den Patienten
sind dabei erheblich.
er selbst schlecht lokalisieren kann, ist es hilfreich zu sehen, ob die Traceranreicherung im
Femoropatellargelenk/Patella oder im Bereich
des Protheseninterface mit dem Knochen femoral oder tibial zu verzeichnen ist.
Im Sprunggelenk und Fuß ist die genaue
Diagnostik mittels herkömmlicher Bildgebung
durch die vielen kleinen Gelenke erschwert.
Auch hier kann die SPECT-CT-Untersuchung
Aufschluss darüber geben, welche Gelenkteile betroffen sind bzw. ob in den kleinen
Fußwurzelknochen überhaupt eine aktivierte
Überlastung/Arthrose zu verzeichnen ist.
Das Ergebnis und die daraus folgende Therapieentscheidung sind für den Patienten
von ­erheblicher Wichtigkeit: Es macht einen
| 56
großen Unterschied, ob das obere und untere
Sprunggelenk und Fußwurzel komplett versteift oder endoprothetisch versorgt werden,
oder über achskorrigierende Rückfußeingriffe
und selektive Arthrodesen eine Schmerzfreiheit auch ohne große funktionelle ­Einbuße
gewährleistet werden kann. In der Studie von Buck wurde eine signifikant bessere
­Korrelation der Beschwerden mit dem szinti­
graphischen Befund im Vergleich zur MRTUntersuchung festgestellt (1).
In der Praxis sieht man häufig radiologische MRT-Befunde, die auf eine Pathologie
hinweisen, ohne jedoch eine klinische Relevanz zu haben oder gar mit den Beschwerden des Patienten vereinbar ist. Insbeson-
Zwei Beispiele sollen den Nutzen der SPECTCT-Untersuchung verdeutlichen:
Fallbeispiel 1 (Abb. 2 + 3): Eine 25 jährige
Patientin leidet an persistierenden Schmerzen im Bereich beider Rückfüße, insbesondere bei Gang auf unebenem Gelände. Als
Grunderkrankungen ist bei ihr eine Erkrankung aus dem rheumatoiden Formenkreis
bekannt. Sowohl die klinische Untersuchung
als auch die konventionelle Radiologie und
Kernspintomographie zeigten degenerative Veränderungen im Bereich des unteren
Sprunggelenkes. Extern sei ihr bereits die Triple-Arthrodese des unteren Sprunggelenks
empfohlen worden. Die daraufhin durchgeführte SPECT-CT-Untersuchung zeigte einen
klaren Fokus im Bereich der dorsalen Facet- ➔
Hallux Valgus Schiene
Dynamische
Redressionsorthese
mit einstellbarem
Federgelenk
Funktionsweise
He
r
ge
la n d
Germany
in
sc h
e
ut
Ma
d
Ein stufenlos einstellbarer Federmechanismus erzeugt eine
Korrekturkraft in Richtung der physiologischen Grundstellung.
Durch den elastischen Dauerzug wird die Dehnung des
verkürzten Gewebes stimuliert. Eine schädliche, schmerzhafte
Überdehnung wird vermieden.
ste llt i n D e
Hilfsmittelnummer 23.01.01.0002
BMCSFDIU(NC)t4JNTFS8FHt%4UFQIBOTLJSDIFO
1IPOF
t'BY
tXXXBMCSFDIUHNCIDPN
::Fachbeiträge
te des subtalaren Gelenkteils. Es wurde deshalb selektiv nur ein Teilbereich des unteren
Sprunggelenkes versteift (Subtalargelenk),
um eine Restbeweglichkeit im Bereich der
Pro- und Supination sowie eine freie Beweglichkeit in Dorsalextension und Plantarflexion zu bewahren. Nach sechs Wochen zeigte
sich eine beschwerdefreie Vollbelastung.
Nach drei Monaten konnte die Patientin sowohl auf unebenen Grund sowie bergab und
bergauf ohne Schmerzen gehen.
Fallbeispiel 2: Eine 39 jährige Patientin klagt
seit Jahren über unspezifische Schmerzen im
rechten Kniegelenk. Die Röntgen- und MR­Diagnostik sowie die klinische Untersuchung
zeigen unauffällige Befunde. Als einziger
Hinweis bestand eine leicht lateral verkippte Kniescheibe sowie eine Aufrauung des retropatellaren Knorpels im MRT. Die daraufhin
durchgeführte SPECT-CT-Untersuchung zeigte
eine klare Tracer-Mehrbelegung im Bereich der
lateralen Patella als Hinweis auf ein laterales
Hyperkompressionssyndrom. Die anschließend
durchgeführte laterale Dekompression des
Femoropatellargelenkes durch eine Verlängerungsplastik des lateralen Retinaculums nach
Biedert erbrachte eine schnelle Beschwerdereduktion bei einer sehr zufriedenen Patienten.
Diskussion
Sicherlich setzt die Strahlenbelastung der
Computertomographie sowie der nuklearmedizinischen Untersuchungen mit Injektion
eines Radionuklids eine strenge Indikationsstellung jeder Fragestellung voraus. Insofern
ist dieses Verfahren als additives Verfahren
bei unklaren und chronischen Erkrankungen
einzustufen. Bei akuten Symptomatiken oder
Verletzungen spielt diese Untersuchung deshalb eine untergeordnete Rolle. Bei langer
Krankheitsdauer und chronischer Belastung
sowie der Frage der OP-Indikation kann in
vielen Fällen jedoch nicht mehr darauf verzichtet werden.
Weitere Nachteile der SPECT-CT-Untersuchung sind die lange Dauer (rund 4–5
Stunden) und hohe Kosten. Auch aus diesen Gründen muss eine Indikation sorgfältig abgewogen werden. Auf der anderen
Seite können durch die Untersuchung hohe
| 58
Pro
Contra
– Knorpeldarstellung
– Knochenödem korreliert nicht
MRT
– Weichteile mit der Grösse der Läsion
– Keine Röntgenstrahlen
– Hohe Schichtdicke
– Keine biologische Information
– Darstellung des Knochens
– Keine Weichteilinformation
CT
– Schnelligkeit
– Keine biologische Information
– Verfügbarkeit
– Strahlenbelastung
– Kombination aus exakter – Zeitaufwand (ca 4,5 Std)
SPECT-CT
Lokalisation und biologischer – Höhere Strahlenbelastung
Information
Tabelle 2: Die Vor- und Nachteile der einzelnen Schichtbildverfahren
Kosten verhindert werden, die z. B. durch zu
aufwändige Operationen und Behandlungen
von Komplikationen durch falsche Indikationsstellung verringert werden.
Für den Patienten ist es von psychologischer Bedeutung, seinen Schmerzfokus
­visualisiert zu identifizieren, um den folgenden operativen Eingriff besser verstehen
zu können.
Insbesondere ist das Zusammenspiel von
Morphologie und Biologie in der heutigen
Zeit nicht mehr wegzudenken. Zusammenfassend stellt die SPECT-CT-Untersuchung
ein neues und potentes Untersuchungsverfahren dar, welches aufgrund des hohen
technischen Aufwandes zwar nur an wenigen Zentren in Deutschland durchgeführt
werden kann, jedoch in bestimmten Fällen
als additives Verfahren in Erwägung gezogen werden muss.
::
Dr. Robert Kilger
Orthopädie und Unfallchirurgie
Sporttraumatologie
Leiter der Akutambulanz
ATOS Klinik München
[email protected]
Literatur
1.Buck AK, Nekolla SG, Ziegler SI,
Drzezga A. Spect/Ct. J Nucl Med.
May 14 2009.
2.Holder LE. Radionuclide bone-imaging in the evaluation of bone pain.
J Bone Joint Surg Am.
Dec 1982;64(9):1391-1396.
3.Horger M, Bares R. The role of
­single-photon emission computed
tomography/computed tomography in benign and malignant
bone disease. Semin Nucl Med.
Oct 2006;36(4):286-294.
4.Horger M, Eschmann SM, Pfannenberg C, et al. Added value of SPECT/
CT in patients suspected of having
bone infection: preliminary results.
Arch Orthop Trauma Surg.
Apr 2007;127(3):211-221.
5.Sarikaya I, Sarikaya A, Holder LE.
The role of single photon emission computed tomography in bone
­imaging. Semin Nucl Med.
Jan 2001;31(1):3-16.
ATOSnews
U N S E R E
F R A G E
A N
S I E :
DER INTERESSANTE FALL
Aus der Handchirurgie
Von Sigmund Polzer, Hans-Werner Bouman und Steffen Berlet
Keywords: Daumendeformität, Beugekontraktur, Tendovaginitis stenosans
Abb. 1: Bei Streckung der Daumen zeigt sich links die Beuge­
kontraktur im Endgelenk und die Überstreckung im Grundgelenk.
Ein sieben Jahre alter Junge wird in der Sprechstunde zur
Abklärung einer linksseitigen Daumendeformität vorgestellt. Diese tritt auf, wenn der Daumen gestreckt werden soll (Abb. 1), während in entspannter Haltung (Abb. 2)
­keine Auffälligkeiten bestehen. Beim Versuch der Streckung
zeigen sich eine Beugekontraktur im Endgelenk und eine
N O T E S
&
Abb. 2: In entspannter Haltung normale Verhältnisse,
beide Daumen sind leicht gebeugt.
Überstreckung im Grundgelenk. Das Endgelenk ist auch
passiv nicht streckbar.
Was ist die Ursache der Deformität?
Die Auflösung finden Sie auf Seite 63
N E W S
:: ATOS Klinik München verlängert Kooperation mit EHC München
Dr. Robert Kilger
Die ATOS Klinik München setzt ihre Kooperation mit
dem Eishockey Club München e.V. fort. Im Rahmen
dieser Kooperation stellt die ATOS Klinik München
mit Herrn Dr. Robert Kilger den Teamarzt des Eishockey Club München. Herr Dr. Kilger betreut gemeinsam mit dem Medical Team die Spieler des EHC
München während der Saison 2011/2012. Diese erfolgreiche Kooperation wird bereits im dritten Jahr
fortgeführt.
Der EHC München spielt seit 2010 in der ersten Liga
der Deutschen Eishockey Liga und plant, in dieser
Saison einen Platz im vorderen Tabellenbereich zu
erreichen.
Dr. Kilger ist auf das Gebiet der Knie- und Fußchirurgie spezialisiert und leitet die Ambulanz für
Sport- und Unfallverletzungen. Dr. Kilger ist auch
Mannschaftsarzt der Munich Cowboys Ladies und
Teamarzt von Garhammer-Ski-Tours.
59 |
::Fachbeiträge
Kollagenpeptide: Eine neue Option
in der konservativen Arthrosetherapie?
Von Hans-Christoph Kneféli
Keywords: Kollagenpeptide, Kollagen-Hydrolysat, kausale Arthrosetherapie,
Knorpelmatrixsynthese
In dem Fachmagazin Osteoarthritis and Cartilage wurden im April 2011
die Ergebnisse einer Studie veröffentlicht, in der erstmals am Menschen der
Nachweis gelungen ist, dass ein spezielles, oral verabreichtes Kollagen-Hydrolysat einen direkten positiven Einfluss auf die Knorpelstruktur hat. Dies
ist insbesondere für Arthrosepatienten im Hinblick auf eine mögliche kausale
Therapie der Erkrankung eine gute Nachricht. Die Studienergebnisse könnten
aber auch bei Gesunden im Rahmen der Prävention bedeutsam sein.
Arthrotische Veränderungen des Gelenkknorpels werden abhängig vom Schweregrad der
Erkrankung primär konservativ behandelt,
bevor zu einem späteren Zeitpunkt eine Operation unumgänglich wird. Bei diesen Therapieansätzen handelt es sich zumeist um
Maßnahmen zur Linderung der begleitenden
Symptome wie Schmerzreduktion und Verringerung bzw. Verhinderung von Entzündungen. Daneben wird seit längerem interdisziplinär an einer ursächlichen Therapie der
Arthrose geforscht. Dies betrifft ebenso die
Knorpelregeneration wie die Verhinderung
des Fortschreitens der Erkrankung.
In präklinischen Studien konnte in den
letzten Jahren gezeigt werden, dass eine
spezielle Zusammensetzung von Kollagenpeptiden (Kollagen-Hydrolysat Fortigel®) einen positiven Effekt auf den Knorpelstoffwechsel hat. Dabei wurde nachgewiesen,
dass die Peptide auch in intakter Form resorbiert werden (1). Darüber hinaus belegten
experimentelle Untersuchungen, dass nach
oraler Gabe von markiertem Kollagen-Hydrolysat die so markierten Peptide vermehrt
im Knorpelgewebe nachweisbar waren (2).
Auch der stimulatorische Effekt auf die extrazelluläre Knorpelmatrix im Sinne einer
vermehrten Kollagen- und Proteoglykan-
| 60
produktion konnte bewiesen werden (3). In
tierexperimentellen Studien konnte belegt
werden, dass die Progression der Arthrose
nach oraler Gabe von Kollagen-Hydrolysat
gestoppt wird (4).
Die klinische Forschung beschäftigt sich
seit mehr als dreißig Jahren mit der Wirkung
von Kollagen-Hydrolysat auf den Knorpelstoffwechsel (5). Sowohl bei Patienten mit
diagnostizierter Arthrose (6, 7) als auch bei
gesunden Sportlern mit Gelenkproblemen
(8) konnte der positive Effekt der speziellen Kollagenpeptide auf die Beschwerden
(Schmerz/Beweglichkeit) und in der Folge
geringeren Schmerzmittelkonsum bestätigt
werden.
Allerdings fehlte bislang der klinische
Nachweis eines tatsächlichen Einflusses
von oral gegebenen Kollagenpeptiden auf
die strukturellen Veränderungen des Gelenkknorpels und damit auch des möglichen
Wirkmechanismus.
Dieser Frage wurde in einer aktuellen Untersuchung an der Harvard Universität in
Kooperation mit dem Tufts Medical Center
in Boston nachgegangen (9). Wie der Titel
der Studie („Change in knee osteoarthritis
cartilage detected by delayed gadolinium
enhanced magnetic resonance imaging fol-
lowing treatment with collagen hydrolysate:
a pilot randomized controlled trial“) zeigt,
diente diese vom primären Ansatz her dem
quantitativen Nachweis des Proteoglykangehaltes im Knorpel mithilfe eines speziellen
MRT-Verfahrens. Zur Validierung der Methode wurde von den Studienärzten in Boston
ein Präparat gesucht, bei dem am ehesten
davon ausgegangen werden konnte, dass
es einen messbaren Effekt am Knorpelgewebe induziert. Aufgrund der vorhandenen
präklinischen Studienlage und den positiven
klinischen Ergebnissen an über 2.500 Patienten wurde dafür das spezifische KollagenHydrolysat (Fortigel®) bzw. ein Produkt (CHAlpha®), das dieses Kollagen-Hydrolysat
enthält, ausgewählt.
Bei der von McAlindon et al. durchgeführten Untersuchung handelte es sich um
eine prospektive, randomisierte, plazebokontrollierte, doppelt blinde Pilotstudie an
30 Patienten mit leichtgradiger Gonarthrose
mit dem Ziel, strukturelle Veränderungen des
Gelenkknorpels nachzuweisen. Die Studienteilnehmer erhielten über 48 Wochen täglich
10 g Kollagen-Hydrolysat beziehungsweise
ein Plazebo.
Trotz des Pilotcharakters mit kleiner Fallzahl erscheint es in der Einschätzung der
ATOSnews
Literatur
1
2
Abb. 1 + 2: Darstellung des Proteo­
glykangehaltes im Knorpel mit Hilfe
von kontrastmittelverstärktem MRT
(dGEMRIC). Der arthrotische Knorpel
mit vermindertem Proteoglykangehalt
(Abb. 1) ist rot gefärbt, während gelb
bis grün gefärbte Regionen einem
gesunden Knorpel entsprechen
(Abb. 2).
Studienergebnisse umso bedeutsamer, dass
selbst bei dieser relativ kleinen Anzahl von
Patienten bewiesen werden konnte, dass
sich unter der Gabe von Kollagen-Hydrolysat Fortigel® über alle Probanden hinweg
ein positiver Effekt auf die Knorpelstruktur
zeigte, nämlich eine tendenzielle Zunahme
der Proteoglykan-Dichte im Gelenkknorpel.
Zur Beurteilung der Knorpelqualität wurde als bildgebendes Verfahren eine spezielle
MRT-Methode (dGEMRIC) eingesetzt, die es
erlaubt, den Gehalt an Proteoglykanen im
Knorpelgewebe mit hoher Genauigkeit zu
1.Iwai K, Hasegawa T, Taguchi Y, Morimatsu F, Sato K, Nakamura Y, Higashi
A, Kido Y, Nakabo Y, Ohtsuki K, 2005.
Identification of food-derived collagen peptides in human blood after
oral ingestion of gelatin hydrolysates.
J Agric Food Chem, 53, 6531-6536
2.Oesser S, Adam M, Babel W, Seifert J,
1999. Oral administration of 14 C labeled gelatin hydrolysate leads to
an accumulation of radioactivity in
cartilage of mice (C57/BL). JNutr,
129, 1891-1895
3.Oesser S et al., Influence of collagen hydrolysate on the extracellular
­matrix metabolism of human chondrcytes, Osteoarthritis and Cartilage,
2005, 13 (suppl), 152
4.Oesser S, Raabe A, Schunck M, 2007.
Orally administered collagen hydro­
lysate halts the progression
of o­ steoarthritis in STR/ort mice.
Osteoarthritis and Cartilage. Vol. 15,
(Supplement C), 94–95
5.Adam M, What effects do gelatine
preparations have? Therapy of osteoarthritis (in German), Therapiewoche
1991, 41, 2456-2461
quantifizieren. Dabei wird ein bestimmtes
Kontrastmittel (Gadolinium-DPTA) gegeben,
aus dessen Anreicherung im hyalinen Knorpel sich die jeweilige Proteoglykandichte errechnen lässt. Zur besseren Beurteilbarkeit
wurde der Gelenkknorpel in sechs „regions
of interest“ eingeteilt: Mediales und laterales
Tibiaplateau, zentrale und posteriore mediale
Femurkondyle sowie zentrale und posteriore
laterale Femurkondyle.
Die Auswertung der dGEMRIC Daten ergab bei den mit Kollagen-Hydrolysat behandelten Patienten eine tendenzielle Zunahme
6.Moskowitz RW, 2000. Role of collagen
hydrolysate in bone and joint disease,
Semin Arthritis Rheum, 30, 87–99
7.Carpenter RL, Peel JB, Carpenter MR,
Lowndes J, Angelopoulos TJ, Rippe JM,
2005(b). Effectiveness of a ­collagen
hydrolysate-based supplement on
joint pain, range of motion and
­muscle function in individuals with
mild osteoarthritis of the knee:
a randomized clinical trial.
Ann Rheum Dis, 64, 1544
8.Clark / Sebastianelli et al., 24-Week
study on the use of collagen hydro­
lysate as a dietary supplement in athletes with activity-related joint pain,
Current Medical Research and Opinion, Vol. 24, No. 5, 2008, 1485–1496
9.McAlindon TE, Nuite M, Krishnan
N, Ruthazer R, Price LL, Burstein D,
­Griffith J, Flechsenhar K, Change in
knee osteoarthritis cartilage detected
by delayed gadolinium enhanced
­magnetic resonance imaging following treatment with collagen hydrolysate: a pilot randomized controlled
trial. Osteoarthritis and Cartilage
(2011), Vol. 19, No. 4, April 2011,
399-405.
der Proteoglykan-Dichte im Knorpelgewebe,
wobei insbesondere im Bereich des medialen
und lateralen Tibiaplateaus ein statistisch
signifikanter Anstieg des Proteoglykan-Gehalts im Vergleich zur Plazebo-Gruppe nachgewiesen werden konnte.
Diese Hauptbelastungszone ist einem besonders starken mechanischen Reiz durch
Druck- und Scherkräfte ausgesetzt. Möglicherweise ist der Knorpelstoffwechsel in diesem Bereich erhöht und das Knorpelgewebe
der Hauptbelastungszone deshalb eher für einen stimulatorischen Reiz durch Kollagenpep- ➔
61 |
::Fachbeiträge
tide empfänglich als andere Regionen. In den
Regionen außerhalb der Hauptbelastungszone waren zwar ebenfalls Effekte nachweisbar,
allerdings nicht auf statistisch signifikantem
Niveau.
Während es in der unbehandelten Plazebo-Gruppe über den einjährigen Beob­
achtungszeitraum zu einem progredienten
Verlust an Knorpelsubstanz kam, war in der
Verum-Gruppe die Degeneration der extrazellulären Knorpelmatrix bereits nach 24
Wochen statistisch signifikant verringert.
Zusätzlich wurde zur Verlaufskontrolle innerhalb des einjährigen Beobachtungszeitraumes das klinische Beschwerdebild der
Probanden an Hand eines validierten Scores
(WOMAC) dokumentiert. Dieser umfasste
die individuelle Beurteilung von Symptomen,
Steifheit der Gelenke, Schmerz und körperlichen Funktionen auf einer Stufenskala. Tendenziell zeigte sich bei der Auswertung der
Daten eine symptomatische Besserung, wo-
--N O T E S
&
bei, vermutlich aufgrund der kleinen Fallzahl,
eine statistische Signifikanz verfehlt wurde.
Die Zusammenschau der Studienergebnisse zeigt, dass oral zugeführtes KollagenHydrolysat (Fortigel®/CH-Alpha®) einen
direkten positiven Einfluss auf die Knorpelstruktur beim Menschen im Sinne einer vermehrten Matrixsynthese hat. Dies gibt für
Arthrosepatienten Anlass zur Hoffnung auf
eine kausale Therapie der Erkrankung, wobei
möglicherweise einem progredienten Knorpelsubstanzverlust entgegengewirkt werden
kann. Darüber hinaus scheint eine präventive
Verabreichung der speziellen Kollagenpeptide der Erhaltung der strukturellen Knorpelintegrität auch ohne Vorliegen einer Arthrose
dienlich.
Damit stellt diese Studie das bislang fehlende Bindeglied zwischen präklinischen
Studien mit dem Fokus auf den Wirkmechanismus und klinischen Untersuchungen zum
Nachweis der Wirksamkeit am Patienten dar.
Zusammenfassung
-- Spezielle oral verabreichte Kollagenpeptide
haben einen direkten positiven Einfluss
auf die Knorpelstruktur.
-- Die statistisch signifikante Zunahme der
Proteoglykan-Dichte des Gelenkknorpels
zeigt sich insbesondere in der Hauptbelastungszone (mediales und laterales
Tibiaplateau).
-- In der unbehandelten Plazebogruppe konnte
ein progredienter Knorpelsubstanzverlust
der extrazellulären Matrix über den Beob­
achtungszeitraum nach­gewiesen werden.
Dr. Hans-Christoph Kneféli
Facharzt für Chirurgie, Sport- und
Notfallmedizin
Senior Manager Medical Affairs
GELITA AG
Gammelsbacher Straße 2
69412 Eberbach
[email protected]
N E W S
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Konservative Schulterbehandlung auf
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| 62
ha-Maßnahmen nach operativen Eingriffen an der Schulter. Es enthält alle
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ATOSnews
A U F L Ö S U N G
Z U
S E I T E
5 9 :
DER INTERESSANTE FALL
Aus der Handchirurgie
Von Sigmund Polzer, Hans-Werner Bouman und Steffen Berlet
Keywords: Daumendeformität, Beugekontraktur,
Tendovaginitis stenosans
Es handelt sich um den sog. Trigger-Daumen oder die Tendovaginitis stenosans des Daumens. Um die blockierte Streckung im Endgelenk zu kompensieren, wird im Grundgelenk
überstreckt.
Die Veränderung tritt häufig im frühen Kindesalter auf, sie
ist nicht angeboren (7,8). Die genaue Entwicklung der Deformität ist oft unklar, weil der Daumen ohnehin in Beugestellung gehalten wird. Die wahre Häufigkeit ist nicht bekannt,
man schätzt die Inzidenz zwischen 0,5 und 3 Kindern von
1000 (3,7). Der Daumen ist zehnmal häufiger betroffen als
die Langfinger(1, 5), in 25 bis 30% tritt die Veränderung beidseits auf (1, 7).
Die Ursache ist ein Missverhältnis zwischen der Dicke der
Beugesehne und der Weite des Beugesehneneinganges durch
eine lokale Verdickung der Beugesehne vor dem Ringband A1,
als „Notta-Knoten“ tastbar (7). Die Beugesehne kann nicht
in den Tunnel der Sehnenscheide hineingleiten, so dass der
Daumen im Endgelenk nicht gestreckt werden kann (Abb.
3). Meistens ist der Daumen in Beugestellung blockiert, ein
Schnappphänomen ist eher bei den Langfingern zu beobachten. Wenn es gelingt, den Daumen passiv zu strecken, wobei ein „Springen“ oder „Knacken“ zu verspüren ist, kann diese Stellung mit einer Schiene fixiert werden. Der Erfolg der
Schienetherapie wird unterschiedlich beurteilt und kontrovers diskutiert (6,8). Der natürliche Verlauf wird unterschiedlich beurteilt. Im ersten Lebensjahr wurden Rückbildungsraten von 30% beobachtet (5), im Alter von bis zu drei Jahren
kommt es in etwas über 60% zur spontanen Rückbildung und
damit zur normalen Beweglichkeit des Daumens.
Wenn es nicht zu einer Streckung kommt, ist die operative
Therapie möglich in Form der Ringbandspaltung. Dabei wird
die Verstärkung des Sehnenscheideneinganges, das Ringband
A1, gespalten, so dass die Sehne wieder frei gleiten kann. Die
Abb. 3:
Knotige Verdickung in der
Beugesehne (rot) vor dem
Ringband A1 (violett)
knotige Verdickung in der Sehne wird nicht angegangen. Der
Eingriff wird ambulant in Allgemeinanästhesie durchgeführt
durch eine kurze Inzision in der Daumenbeugefalte. Bei Verwendung resorbierbaren Nahtmaterials oder bei Wundklebung ist eine Fadenentfernung nicht erforderlich.
Studien mit großer Fallzahl zeigen, dass es sich um einen sehr
risikoarmen Eingriff handelt, der die Funktion wieder herstellt
(1, 2, 4, 5, 8). Nur bei lang andauernden Kontrakturen kann
eine Einschränkung der Streckfähigkeit verbleiben. Es wird
deshalb empfohlen, den Eingriff durchzuführen, wenn es innerhalb von sechs bis zwölf Monaten nicht zu einer Rückbildung kommt oder wenn die Kinder älter als drei Jahre sind
(3,4)
Literatur beim Verfasser.
Dr. Sigmund Polzer
Dr. Hans-Werner Bouman
Dr. Steffen Berlet
Hand-, Ellbogen- und Fußchirurgie
ATOS Klinik Heidelberg
[email protected]
63 |
::Kongress-Highlights
22. Münchner Handchirurgisches Symposium
Auch in diesem Jahr fand die traditionsreiche
Veranstaltung – das 22. Symposium in 23
Jahren – wieder im Klinikum rechts der Isar
der Technischen Universität München statt.
Die Klinik und Poliklinik für Unfallchirurgie
und das Zentrum für Handchirurgie veranstalteten die Tagung, die sich unter der wissenschaftlichen Leitung von Dr. Klaus-Dieter
Werber in diesem Jahr mit dem Schwerpunkt
„Läsionen des Nervus ulnaris am Ellenbogen
und Handgelenk“ befasste.
Degenerative und traumatische Läsionen
wurden dabei von verschiedenen Disziplinen beleuchtet: Neurologische, unfallchirur-
N O T E S
&
gische und handchirurgische Diagnostik
wurden ebenso dargestellt wie spezielle
Aspekte der Nervenläsionen beim Rheumatiker.
Der Vortrag über
Nervenverletzungen
beim Kind löste intensive und kontroverse Diskussionen über konservatives versus
operatives Vorgehen aus. Ebenso kontroverse Positionen wurden im Vortragsblock
„Therapie“ zur endoskopischen Kubitaltun-
nelspaltung gegenüber der offenen Methode vertreten. Ebenso wie in den Vereinigten
Staaten wird sich die endoskopische Methode jedoch auch in Deutschland durchsetzen.
Demnächst wird ein Kurs mit Dr. Hoffmann,
einem Protagonisten der endoskopischen
Kubitaltunnelspaltung, in der ATOS Klinik
München stattfinden.
::
Dr. Klaus-Dieter Werber
Zentrum für Handchirurgie der
ATOS Klinik München
[email protected]
N E W S
:: Neu in der ATOS Klinik Heidelberg: PD Dr. Fritz Thorey
PD Dr. Fritz Thorey ist Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, spezielle
orthopädische Chirurgie und Sportmedizin. Er ist als Hüftspezialist seit dem
1. Juli 2011 in der ATOS Klinik Heidelberg
tätig und erweitert das operative Spektrum des Zentrums für Hüft-, Knie- und
Fußchirurgie. Damit finden Patienten
eine weitere kompetente Anlaufstelle für
alle Probleme des Hüftgelenks.
PD Dr. Fritz Thorey
| 64
PD Dr. Fritz Thorey stammt aus Niedersachsen und absolvierte in Hannover sein Medizinstudium. Anschließend
begann er seine Assistententätigkeit in
Düsseldorf und später in Hannover, wo
er nach seiner orthopädischen Weiterbildung zuletzt als geschäftsführender
Oberarzt in der Abteilung Rekonstruktion und Endoprothetik der Medizinischen
Hochschule Hannover im Annastift tätig
war. Parallel konnte er durch diverse internationale Fellowships Erfahrungen in
seinen operativen Spezialgebieten sammeln. Außerdem ist er Instruktor für minimal-invasive Hüftendoprothetik und
Hüftarthroskopie und bildet national
und international ärztliche Kollegen in
diesen Spezialgebieten aus. In Hannover
betreute er als Sportmediziner verschiedene Sportvereine und war u.a. als Arzt
bei der Rugby-EM in Hannover aktiv.
PD Dr. Thoreys operatives Spektrum umfasst die arthroskopische und offene
Rekonstruktion des Hüftgelenkes, knöcherne Beckenkorrekturen, die primäre
minimal-invasive Hüft- und Knie-Endoprothetik und die komplexe Wechsel-Endoprothetik des Hüft- und Kniegelenks.
Seine knapp bemessene Freizeit widmet
er gerne seiner Frau und seinem Sohn.
www.minimal-invasive-huefte.de
www.hueft-knie-fusschirurgie.de
ATOSnews
Primäre Rhinoplastik – unsere Vorgehensweise
Von Charlotte Holm Mühlbauer und Wolfgang Mühlbauer
Keywords: Ästhetische modellierende Rhinoplastik, Endonasal,
„Spreader flaps“, persönliche Operationstechnik.
Formkorrekturen der Nase sind beliebt. Patienten, die mit ihrer Nase unzufrieden sind, erwarten jedoch sehr viel von der Korrektur, sind äußerst ­kritisch
bei der Beurteilung des Ergebnisses und reagieren besonders sensibel auf
­Un­zulänglichkeiten oder Komplikationen. Von allen ästhetisch-chirurgischen
Eingriffen ist die Rhinoplastik in dieser Hinsicht am meisten belastet. Aus der
kaum noch überschaubaren Vielfalt der Methoden werden in diesem Beitrag
die wesentlichen Grundzüge unserer eigenen Vorgehensweise dargestellt. Wir
bezeichnen diese Methode als kontrollierte, modellierende Rhinoplastik.
Interessanterweise gleicht keine Nase der anderen. Die Anatomie variiert schon innerhalb
einer homogenen Bevölkerungsgruppe enorm. Die schier unerschöpflichen Varianten
der Nasenform fordern auch den erfahrenen
Chirurgen ein Leben lang heraus und lassen
ihn zusammen mit den Unwägbarkeiten des
Heilungsverlaufs nicht selbstzufrieden werden. Auch wenn die Mehrzahl der Patienten
nur an der Ästhetik der Nase interessiert ist,
darf der Chirurg ihre Funktion als Atmungsund Riechorgan nicht außer Acht lassen oder
gar beeinträchtigen.
b
Abb. 1a, 1b: Markierung des Stützgerüstes sowie der
Resektionslinien bzw. des Ausmaßes der Resektion.
Chirurgische Technik
Die Basistechnik der kontrollierten, remodellierenden Rhinoplastik soll am Beispiel der Korrektur der häufigen hypertrophen Höckernase dargestellt werden. Die Operationsmethode
mit endonasalem Zugang eignet sich für einen
Großteil der primären Rhinoplastiken.
Präoperative Markierung
Präoperativ werden die wesentliche Elemente
des knorpeligen und knöchernen Stützgerüstes sowie die Resektionslinien bzw. das
Ausmaß der Resektion an der Haut mit Farbstiften markiert (Abb.1a und 1b).
a
entin. Bei Lokalanästhesie wird eine wirksame
Oberflächenanästhesie mit gleichzeitiger Vasokonstriktion des Naseninneren erreicht
durch Tamponade mit kokaingetränkten
Wattestreifen. Leitungs-und Infiltrationsanästhesie in der sub-SMAS und sub-mukoperichondralen Schicht betäubt die äußere
Nase und erleichtert die Präparation durch
die sogenannte „Hydrodissektion“.
Anästhesie
Endonasale Modellierung der
Nasenspitze
Intubationsnarkose oder Lokalanästheise mit
intravenöser Sedierung nach Wahl der Pati-
Die Formung der Nasenspitze und Festlegung ihrer Höhe ist der wichtigste und damit
erste Schritt der ästhetischen Rhinoplastik.
Wird der endonasale Zugang gewählt, reicht
eine einzige Vestibuluminzision aus als Zugang zur Spitze, zum Nasenrücken und zur
Scheidewand. Sie wird als intrakartilaginäre
Inzision kranial und parallel zum kaudalen
Rand des Crus laterale des Flügelknorpels
entsprechend der präoperativen Markierung
ausgeführt und mit dem Schnitt durch das
membranöse Septum vor der kaudalen Septumkante verbunden (Abb. 2a und 2b). Nach
zusätzlicher Infiltration der am Knorpel adhärenten Vestibulumhaut (Hydrodissektion)
lässt sich der zuvor markierte kraniale Anteil
des Crus laterale mit einer stumpfen, flachen ➔
65 |
::Fachbeiträge
Punktes um 1 bis 2 mm, eine neue „Betonung
der Spitze“ einschließlich der Kolumella nach
kranial in die Knorpellücke, was im Profil eine
Verkürzung der Nase und eine Öffnung des
Nasenlippenwinkels zur Folge hat.
Modellierung des Nasenrückens
Durch das Absacken der Spitze im Rahmen
der Spitzenmodellierung verläuft die Nasenrückenlinie bzw. der Höcker noch 1 bis 2 mm
höher im Verhältnis zur Spitze, die am Ende
des Eingriffes der höchste Punkt sein soll.
b
a
b
Abb. 2a, 2b: Intrakartilaginäre Inzision kranial und parallel zum kaudalen Rand des
Crus laterale des Flügelknorpels, mit dem Schnitt durch das membranöse Septum
vor der kaudalen Septumkante verbunden.
a
Freilegen des Nasenrückens und
Höckers außen
Über die vorgegebene intrakartilaginäre Inzision wird nun der gesamte Hautweichteil­
mantel des Nasenrückens mit einer stumpfen flachen Schere über dem knorpeligen
Nasenrücken in der sub-SMAS Schicht bis
zum Foramen piriforme abgehoben (Abb. 3a
und 3b).
Von hier aus erfolgt die subperiostale
Präparation über den knöchernen Nasen­
rücken mit einem schmalen Raspatorium
bis zur Nasenwurzel. Hautweichteile und
Periost der Seitenwände sollen weitgehend
belassen werden, um die Nasenseitenwände nach der Osteotomie und Infraktion zu
stabilisieren.
b
Abb. 3a, 3b: Abheben des Hautweichteilmantels des Nasenrückens
über dem knorpeligen Nasenrücken bis zum Foramen piriforme.
Freilegen des Nasenrückens und
Höckers innen
Abb. 4a:
Quere Inzision
des knorpeligen
Nasenrückens
und des Höckers
entlang der
vorher festgelegten Höhe.
Abb. 4b:
Abtragung des
knöchernen
Nasenrückens
und des Höckers
mit einem flachen
Osteotom.
Submucoperichondrale Ablösung der Innenauskleidung unter dem Nasendach entlang
des Septums mit einem feinen Raspatorium
oder einem Saugerdissektor ausgehend vom
kaudalen Septumende. Die vorausgehende
Infiltration mit Lokalanästhetikum im Sinne
der Hydrodissektion erleichtert die Ablösung.
Abtragen des knorpeligen Nasenrückens
und des Höckers
Schere herauslösen. Dabei muss die laterale
Basis des Flügelknorpels wegen der Ansätze
der Musculi dilatatores und zur Vermeidung
eines seitlichen Nasenflügelkollapses erhalten bleiben. Um eine ausreichende Reststabilität zu gewährleisten, sollte die verblei-
| 66
bende Alarknorpelspange mindestens 3 mm
betragen.
Mit dieser subkutanen Teilresektion des
Crus laterale erreichen wir eine Verschmälerung, Verfeinerung und Triangulierung der
Nasenspitze, eine Erniedrigung der höchsten
Mit einem an der Spitze abgebrochenen Skalpell Nummer 11 werden zunächst der knorpelige Nasenrücken und der Höcker entlang
der vorher festgelegten Höhe quer durch die
oberen Seitenknorpel und die dorsale Septumkante inzidiert (Abb. 4a). Zur Sicherheit
ATOSnews
Abb. 5: Seitliche Osteotomie mit einem leicht
gebogenen Meißel durch den Prozessus
frontalis maxillae und zur Nasenwurzel.
lassen sich die äußeren Markierungen mit
zwei Kanülen perkutan in das Naseninnere
übertragen.
Der knöcherne Nasenrücken und der Höcker werden mit einem flachen Osteotom
(10-16 mm breit) mit seitlich abgestumpfter
Führung in Kontinuität mit der Abtragungslinie des knorpeligen Rückens vorgenommen (Abb. 4b). Der osteo-kartilaginäre Nasenrücken und der Höcker können nun in
einem Stück entfernt und ev. als Transplantationsmaterial verwendet werden. Scharfe,
knöcherne Abtragungsränder oder kleinere
Asymmetrien können mit der Feile geglättet
werden.
Abb. 5b: Resezierte Alarknorpel und
Nasenrücken.
a
c
Abb. 6: Steristripverband und Thermoplastschiene für 8 bis 10 Tage zur Fixierung.
Verschmälerung der Nase durch seitliche
Osteotomie und Infraktion
Über eine Stichinzision im Vestibulum nasi
an der seitlichen Basis des Foramen piriforme werden mit einem feinen Raspatorium je ein subperiostaler und ein submuköser Kanal am seitlichen Nasenabhang in
Richtung Sutura frontonaslis 3 mm vor dem
medialen Lidbändchen präpariert. Über diese Inzision und die präparierten Kanäle wird die seitliche Osteotomie mit einem
leicht gebogenen 3 mm-Meißel mit durch
die Haut tastbarer stumpfer Führungskante
durch d,en Prozessus frontalis maxillae und ➔
b
d
Abb. 7 a-d: Eine mit diesem Verfahren operierte Patientin vor
(Abb. 7a,c) und nach (Abb. 7b,d) dem Eingriff.
67 |
::Fachbeiträge
zur Nasenwurzel hin ausgeführt (Abb. 5a).
Die Infraktion der knöchernen Seitenwand
lässt sich durch Daumendruck am besten
als Grünholzfraktur ausführen. Wir erreichen damit eine Verschmälerung der Nase
und die Rekonstruktion des knöchernen und
knorpeligen Nasenrückens. Um ein späteres
Absacken der erniedrigten oberen Seitenknorpels zu verhindern, werden sie mit zwei
resorbierbaren 4-0 Matratzennähten an die
Septumoberkante fixiert. Nach Abtragen
eines großen Höckers oder bei primär sehr
schmalen Nasenrücken rekonstruieren wir
neuerdings einen ästhetisch und funktionell
natürlichen knorpeligen Rücken mittels sog.
„Spreader flaps“ aus den oberen Seitenknorpeln. Die rückverlagerten Hautweichteile
werden auf das umgeformte Stützgerüst
in der neuen anatomischen Situation mit
Fibrinkleber fixiert. Die Kolumella wird mit
resorbierbaren Transfixationsnähten an das
kaudale Septumende fixiert. Die Verstibulumhaut wird mit Vicryl Rapid 5-0 genäht.
Ruhigstellung
Ein Steristripverband dient der äußeren Stabilisierung und Ödemprophylaxe. Darüber wird
eine Thermoplastschiene geklebt zum Schutz
und zur Fixierung der Osteotomie für 8 bis 10
Tage (Abb. 6). Eine innere Zusatzstabilisierung
ist bei korrekter Operationstechnik nicht nötig. Daher wird in den meisten Fällen auf eine
Tamponade der Nasenhöhlen verzichtet.
Mit diesem Vorgehen erzielen wir Er­
gebnisse, mit denen unsere Patienten sehr
zufrieden sind. Ein Beispiel sehen Sie in Abb.
7a bis d.
::
Prof. Dr. Charlotte Holm Mühlbauer
Prof. Dr. Wolfgang Mühlbauer
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ATOSnews
Akute Anal- und Perianalvenenthrombose
als proktologischer Notfall
Von Peter G. Friedl und Eberhard M. Rappold
Keywords: Analvenenthrombose, Perianalvenenthrombose, Thrombektomie
Die Anal- und Perianalvenenthrombose stellt einen der häufigsten Anlässe
für akute Vorstellungen in der Praxis koloproktologisch orientierter Ärzte dar.
Diese Situation erfordert eine rasche und klare Diagnose, um den schmerzgeplagten Patienten eine adäquate Therapieoption anzubieten.
Häufige auslösende Faktoren bei der Entstehung der äußerst schmerzhaften Blutgerinnselbildung unter der Anal-und/oder
Perianalhaut sind starkes Pressen z. B. während anstrengender Defäkation, thermische
Einflüsse wie extreme Kälte, oder auch extreme Hitze, körperliche Anstrengung z. B.
beim Joggen oder Radfahren, sowie die Endphase der Gravidität und der eigentliche
Geburtsvorgang selbst. Ein vorbestehendes
Hämorrhoidalleiden kann ebenfalls ein prädisponierender Faktor für das Auftreten einer Analvenenthrombose sein.
Um hier gleich einem Missverständnis
vorzubeugen: Die Thrombose auf der prok-
Abb. 1a: Perianalvenenthrombose
bei 4h SSL, präoperativ
tologischen Ebene, wie oben erwähnt, führt
nie zu einer Embolie (z. B. der Lunge) und
ist nie mit einer tiefen Beinvenenthrombose vergesellschaftet. Dies bedeutet, dass die
schmerzhafte, so entstandene Thrombosierung immer „nur“ ein lokales anales Problem
für den betreffenden Patienten darstellt. Die
Ruptur mit Gerinnselbildung im subanodermalen Venenplexus provoziert innerhalb von
Minuten bis Stunden eine extrem schmerzhafte dunkelblaue Schwellung am Analrand.
Die Überdehnung des sehr sensiblen Anoderms führt zu Juckreiz, Stechen, Brennen
und zu einem starken Spannungsgefühl. Es
können einzelne Knoten (Abb. 1a und 3), aber
auch mehrere, zum Teil zirkulär angeordnete
Knoten entstehen. Die frische Thrombose
blutet nicht! Erst durch die Ausbildung einer
Hautnekrose über den gespannten Knoten
kann es zu einem spontanen Riss (Ulkus) und
damit zur Blutung führen (Abb. 2). Durch das
häufig auftretende perifokale Begleitödem
(Abb. 3, 4 und 7a) wird die Schmerzsymptomatik verstärkt.
Abb. 1b: postoperativ
Abb. 1c: Thrombus
Therapieoptionen
Je nach Ausdehnung der Perianalvenenthrombose, dem Alter des Geschehens sowie der
Schmerzintensivität, sind mehrere therapeu- ➔
69 |
::Fachbeiträge
tische Optionen möglich. Bei kleineren und
älteren Perianalvenenthrombosen ist ein konservatives Management mit Lokalanästhetika und Antiphlogistika vertretbar. Kühlung,
Stuhlregulierung und lokale Salbenapplikation werden empfohlen. Die akuten Schmerzen klingen nach drei bis fünf Tagen deutlich ab, die Thromben bilden sich in der Regel
nach zwei (vier) Wochen zurück. Bei großen, schmerzhaften Perianalvenenthrombosen
führt die in Lokalanästhesie unter ambulanten
Kautelen durchgeführte Entlastungsoperation zur sofortigen Schmerzerleichterung. Dabei wird das Anoderm partiell aufgedeckelt
und eine Thrombektomie vorgenommen (Abb.
7a und 7b). Gegebenenfalls ist die Koagulati-
Appendix
Als Beigabe ein Schwank aus der Geschichte: Kaiser Napoleon I (1769–1821)
litt bereits als Endzwanziger bis zum
Ende seiner Militärkarriere an vergrö-
Abb. 4: Große Perianalvenenthrombose mit
deutlichem schmerzhaftem Begleitödem.
ßerten, schmerzhaften Hämorrhoiden.
Vor der Schlacht bei Waterloo am 13.
Juni 1815 trat bei ihm ein akuter analer
Schmerz auf, wobei man von einer
Analvenenthrombose ausgehen darf.
Aufgrund der extremen Schmerzen
war Napoleon nicht mehr in der Lage,
an seine Generäle die richtigen Befehle
auszugeben. Durch Gabe von Opiaten
wirkte Napoleon benommen, sprunghaft
Abb. 2: Schmerzhafte perianale Venenthrombose mit deutlichem Begleitödem,
nach partieller Spontanruptur, 36. SSW.
und unschlüssig. Möglicherweise ist so
die Schlacht bei Waterloo für Napole-
Abb. 5: Präoperativer Situs eines frischen
Thromboserezidivs nach unzureichender
Therapie (Stichinzision auswärts),
Nekrose, Ödem.
on verloren gegangen. Sein englischer
Gegenspieler Wellington sagte später,
Waterloo sei einer seiner größten Siege
gewesen von welchem er wisse, dass
dieser nur aufgrund von Napoleons
Schmerzen und dessen eingeschränkter
Mobilität zustande gekommen sei.
Abb. 3: Kleine akute Thrombose
bei 3h SSL mit leichtem Ödem.
| 70
Abb. 6: Postoperativer Situs nach kompetenter chirurgischer Abtragung.
ATOSnews
on, d.h. Verschorfung der kleinen offenen Gefäße notwendig. In der Regel bleibt die Wunde offen. Stichinzisionen und das Exprimieren
der Thromben sollten der Vergangenheit angehören, da über 50 % der so behandelten
Patienten ein Frührezidiv (Abb. 5) erleiden.
Tägliches Duschen und die oben bereits aufgeführte Salbenvorlagen führen per secundam zur raschen Abheilung des exzidierten
Areals. Ein weiterer Vorteil dieser Sofortmaßnahme der chirurgischen kompetenten
Aufdeckelung besteht in der simultanen Beseitigung der nicht selten nach Perianalvenenthrombosen aufgetretenen lästigen Analmarisken d.h. Hautlappenbildung, da sie eine
gute Analhygiene erschwert. Die sehr lästige
und akut auftretende schmerzhafte peri/intraanale Venenthrombose führt durch eine so
vorgenommene adäquate, proktologisch fundierte Therapie zu einer raschen Linderung.
Dabei ist wichtig, die Analvenenthrombose
klar zu diagnostizieren und z. B. einen inkarzerierten Hämorrhoidalprolaps auszuschließen!
Letzterer bedarf einer ganz anderen Therapie.
Auch Mischformen dieser beiden Krankheitsbilder (Hämorrhoidalprolaps mit bzw. und
Perianalvenenthrombosierung) treten nicht
Abb. 7a: Thrombosierung mit hemi­
zirkulärem Ödem – präoperativer Situs.
selten auf und bedürfen dann ebenfalls einer anders gearteten individuellen Therapieoption. Kurz zusammengefasst bedeutet dies
für den leidenden Patienten: Salbe und kalte
Analdusche sind selten falsch – der ärztliche
Spezialist sollte jedoch das weitere Therapiegeschehen bestimmen. ::
Abb. 7b: Situs zwei Tage postoperativ nach
kompetenter chirurgischer Abtragung.
Dr. Peter G. Friedl
Dr. Eberhard M. Rappold
Chirurgische Gemeinschaftspraxis,
Kompetenzzentrum Koloproktologie
ATOS Klinik Heidelberg
[email protected]
[email protected]
Literatur beim Verfasser
71 |
::Fachbeiträge
Die Refluxkrankheit – minimal-invasive
Therapie des Sodbrennens
Von Michael Imhof
Keywords: Reflux, Hiatushernie, Fundoplikatio
Knapp acht Millionen Deutsche (Prävalenz 10 %) leiden
unter mehrmals wöchentlichen oder täglichen Refluxsymptomen. Die gastroösophageale Refluxkrankheit (GERD)
bezeichnet eine entzündliche Erkrankung der Speiseröhre, die durch anormal langen Reflux von Magensäure
hervorgerufen wird. Wird ein Patient durch konservative
Maßnahmen wie Gewichtsreduktion, diätetische Empfehlungen und Protonenpumpenhemmer nicht beschwerdefrei, so ist ein operativer Eingriff indiziert.
Ursächlich liegt Refluxsymptomen meist ein
Zwerchfellbruch (Hiatushernie) zugrunde
(Abb. 1). Der Zwerchfellbruch wird bei über
50jährigen in bis zu 50 Prozent gefunden.
Unter Sodbrennen leiden lediglich neun Prozent der Patienten mit einer Hiatushernie,
nur drei Prozent zeigen endoskopische Veränderungen. Die Inzidenz ist zunehmend,
parallel zur Zunahme der Refluxkrankheit
wird im Gefolge die Ausbildung eines Barrett-Ösophagus (Adenokarzinom des distalen Ösophagus) in rasch wachsender Zahl
beobachtet.
Aufgrund ihrer Häufigkeit führt die Erkrankung zu einer erheblichen Inanspruchnahme von Ressourcen im Gesundheitswesen. So wurden allein 2001 nur in der GKV
rund 230 Millionen Euro für Protonenpumpenhemmer aufgewendet.
Gefährdende Noxen wie Kaffee, scharfe
Gewürze, Pfefferminze, Orangensaft, Alkohol, Tabakrauch oder Medikamente können
die Symptome verstärken.
Vor allem nachts (flaches Liegen), nach
Mahlzeiten, beim Bücken oder Heben von
Lasten kommt es zu saurem Aufstoßen von
Magensaft und/oder zu Sodbrennen. Unspezifische Symptome wie Dysphagie, retrosternales Brennen (heartburn) oder retrosternale
Schmerzen und respiratorische Symptome
| 72
können das Beschwerdebild der Refluxkrankheit dominieren und eine rein anamnestische
Diagnosestellung erschweren.
Reflux und Asthma
Es besteht ein enger Zusammenhang zwischen Refluxkrankheit und Asthma (sog.
extraösophageale Manifestation): Ein überraschend hoher Prozentsatz der Asthmatiker (75 Prozent) leidet auch an Reflux. Der
genaue Mechanismus ist noch nicht geklärt;
mutmaßlich gelangt der rückfließende Magensaft teilweise bis in die Bronchien (sog.
silent aspiration).
Diagnostik
Die Diagnosestellung des chronischen Refluxes erfolgt hauptsächlich durch eine Endoskopie. Die Endoskopie ermöglicht die primäre Diagnose der Refluxösophagitis und
die Festlegung ihres Schweregrades.
Zusätzlich kann eine Säuremessung
durchgeführt werden. Die pH-Metrie gilt als
der „Goldstandard“ für die quantitative Erfassung der Säurebelastung des unteren
Ösophagus (Refluxdauer – DeMeester-Score).
Die Ösophagusmanometrie kann die Kompetenz des unteren Ösophagussphinkters und
die tubuläre Motilität der Speiseröhre sicher
erfassen. Der Bariumbreischluck ist präoperativ vor Fundoplicatio zu empfehlen. Aufgrund des erhöhten Karzinomrisikos (Barrett)
sind regelmäßige gastroskopische Kontrollen notwendig. Bei einer unsachgemäß behandelten Refluxösophagitis besteht bei ca.
10 % aller Patienten die Gefahr, dass durch
die ständigen Entzündungs- und Reparaturvorgänge in der Speiseröhre ein sog. BarrettEpithel entsteht. Von diesen Patienten entwickeln wiederum ca. 10 % nach mehreren
Jahren ein Barrett-Karzinom.
Therapie
Abb. 1: Laparoskopisches Bild einer
Hiatushernie.
Therapeutisch stehen an erster Stelle diätetische Maßnahmen sowie eine Gewichtsreduktion. Medikamentös sollte der Wirkung
der Magensäure mit Säureblockern begegnet
werden. Standard in der Dauertherapie sind
Protonenpumpenhemmer (PPI). Prokinetika
stellen nach wie vor ein pathophysiologisch
attraktives Therapiekonzept dar; mangels
Verfügbarkeit effektiver Substanzen steht
eine derartige Therapieform jedoch derzeit
nicht zur Verfügung.
ATOSnews
Die medikamentöse Therapie stellt eine Dauertherapie dar, denn die GERD zeigt nach
Absetzen eine hohe Rezidivrate. Unter einer
adäquat dosierten PPI-Therapie werden ca.
90 % aller Patienten innerhalb von zwei Wochen beschwerdefrei.
Bei Patienten unter 50 Jahren sollte die
medikamentöse Dauertherapie jedoch sorgfältig überlegt werden, da hier mit einer
jahrzehntelangen Einnahmedauer gerechnet
werden muss.
Endoskopische Verfahren zur Verminderung von Refluxbeschwerden können derzeit
außerhalb kontrollierter Studien nicht empfohlen werden, da insbesondere Vergleichsstudien zu etablierten medikamentösen oder
chirurgischen Verfahren fehlen.
Eine Operation ist dann indiziert, wenn der
konservative Therapieversuch scheitert bzw.
die Patienten unter medikamentöser Therapie nicht beschwerdefrei werden. Nur operative Maßnahmen können die Erkrankung
definitiv heilen; durch Wiederherstellung der
Ventilfunktion im ösophago-gastralen Übergang kann die Erkrankung kausal therapiert
werden. Zur präoperativen Diagnostik werden Endoskopie, Ösophagus-pH-Metrie und
Manometrie zur optimalen Patientenselektion empfohlen. Es ist durch mehrere randomisierte Studien belegt, dass die Ergebnisse
der laparoskopischen Antirefluxoperation
denen mittels offener Technik überlegen ist
(Abb. 2). Insbesondere im Hinblick auf die
Parameter postoperative Befindlichkeit, Lungenfunktion, Immunfunktion, postoperativer
Abb. 2: Trokarpositio­
nierung zur
laparoskopischen
Fundoplikatio.
Abb. 3: Hiatoplastik
Schmerz, frühe Mobilisierung und Aktivitätsaufnahme sowie Reduktion der intraoperativen Milzläsionen hat die laparoskopische
Operation signifikante Vorteile.
In minimal-invasiver Technik erfolgt zunächst eine Hiatoplastik zur Einengung des
Zwerchfellbruchs (Abb. 3) und anschließend
die Fundoplikatio nach Nissen-Rossetti in
360 Grad-Technik (Abb. 4) oder bei manometrisch hypomotilem unteren Ösophagus
die Fundoplikatio nach Toupet in 270 GradTechnik (Abb. 5). Eine Einlage von Kunststoffnetzen ist nicht erforderlich. Die Säureblocker können unmittelbar nach der Operation
abgesetzt werden. Der stationäre Aufenthalt
nach der minimal-invasiven Methode nimmt
nur zwei bis drei Tage in Anspruch.
::
Abb. 4: 360 Grad Fundoplikatio nach Nissen-Rossetti.
Literatur
1. Gastroösophageale Refluxkrankheit.
Ergebnisse einer „Evidenz“-basierten
Konsensuskonferenz der Deutschen
Gesellschaft für Verdauungs- und
Stoffwechselkrankheiten. Z Gastroenterol 2005; 43: 163-164
2. Review article: reflux and its consequences – the laryngeal, pulmonary and oesophageal manifestations.
Aliment Pharmacol Ther 2011; 33
(Suppl. 1) 1-71
PD Dr.Michael Imhof
Praxis für endokrine und
abdominale Chirurgie
ATOS Klinik Heidelberg
[email protected]
Abb. 5: 270 Grad Fundoplikatio nach Toupet.
73 |
::Fachbeiträge
Was tun bei Schmerzen im Kiefergelenk?
Von Andrew van Broekhoven und Riana Zech
Keywords: Bruxismus, cranio-mandibuläre Dysfunktion,
Detonisierung, ganzheitliche Behandlung
Kennen Sie das? Ein falscher Biss ist die häufige Ursache von vielen chronischen Schmerzen: Bruxismus – Myoarthropathie – CMD (cranio-mandibuläre Dysfunktion).
Treffen Ober- und Unterkiefer nicht richtig aufeinander, kann es zu ernsthaften Störungen und Schmerzen kommen. Aufgrund
der Verbindung der Kopf- und Kaumuskeln
mit der Wirbelsäulenmuskulatur hat eine Kieferfehlstellung über den Kopf hinaus Einfluss
auf den ganzen Körper. Somit ist es wichtig,
die Patienten genau zu befragen und nicht nur
lokal auf die Läsion einzugehen. Denn manchmal ist diese Läsion eine sekundäre und das
eigentliche Problem liegt ganz woanders.
Patienten mit falscher Bisslage leiden oft
schon jahrelang unter Symptomen wie:
-- Migräne – Kopfschmerzen
-- Nacken- und Rückenschmerzen, Schulterverspannungen, HWS-Vorfälle
-- Kiefergelenkschmerzen, Zähneknirschen
und Knacken im Kiefergelenk
-- Gesichtsschmerzen und Ohrenschmerzen
-- Tinnitus
-- Konzentrationsschwäche, Schwindel,
Müdigkeit
-- Schnarchen oder Schlafstörungen
Eine Funktionsstörung des Kiefergelenks,
auch cranio-mandibuläre Dysfunktion (CMD)
genannt, verursacht zahlreiche Beschwerden,
die über den Kopf hinausgehen. Behandelt
wird dementsprechend nicht nur das Kiefergelenk sondern man schaut sich global den
„ganzen Menschen“ an – von Kopf bis Fuß,
Statik und Körperhaltung. Funktionelle Zusammenhänge wie z. B. Schulter – Zungenbein – Kiefer und die oberen Kopfgelenke.
Man kann sagen, dass das Sacrum bzw. das
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Iliosakralgelenk den „Spiegel der oberen Kopfgelenke“ darstellt. Der Atlas spielt wortwörtlich eine zentrale Rolle. Spezieller wird auf die
Hals- und Brustwirbelsäule, die Schultern,
den Schädel mit seinen einzelnen Schädelknochen und Suturen eingegangen und auf
die Biomechanik des Kiefergelenks.
„Knirscher“ (Bruxismus) beispielsweise pressen stressbedingt und unbewusst
nachts wie auch tagsüber die Zähne zusammen, wobei oft morgens nach dem Aufwachen ein Schmerz auftritt. Durch das Pressen
und Zähneknirschen überlastet der Patient
konstant seine Kaumuskulatur, weiterführend auch seine Nacken- und hyoidale Muskulatur. Dadurch bilden sich sog. myofasziale
Triggerpunkte, vor allem im M. masseter und
M. temporalis. Stirn, Schläfen und Wangen
sind typische Schmerzausstrahlungen der
genannten Muskeln. Findet man auf- oder
absteigende muskuläre Ketten, beispielsweise einen Schulterhochstand mit hypertoner
Hals- und Nackenmuskulatur, die mit dem
Faktor Zeit eine Dysfunktion im Kiefergelenk
auslöst, wird versucht, diese Ketten mit manuellen und physikalischen Therapiemethoden aufzulösen.
In der Anamnese wird gefragt nach:
-- der Lokalisation des Schmerzes
-- vermuteter Schmerzursache
(Unfall, Sturz o.Ä.)
-- ob der Patient eine zahnärztliche
Behandlung gehabt hat. Wenn ja,
was genau wurde gemacht?
-- Nackenschmerzen
-- Beschwerden in anderen
Körperregionen
-- der kognitiven und emotionalen
Situation.
In der Untersuchung wird durch Provokationstests versucht, den Schmerz genauer zu
definieren. Ganzheitliche Untersuchung ist
gefragt, um eine craniomandibuläre Dysfunktion zu diagnostizieren. Liegt ein Projektionsschmerz vor? Gibt es neurophysiologische Verbindungen, die durch den
N. trigeminus oder N. facialis ausgelöst werden? Diese Nerven versorgen den Bereich
der Stirn, Augen und der mimischen Muskeln. Wie ist die Koordination der Mundöffnung und –schließung? Verläuft diese
asymmetrisch? Wie ist der Schlussbisskontakt? Auch Krafttests bei halbgeöffnetem
Mund, wobei der Therapeut Widerstand gibt,
werden durchgeführt. Und letztlich lassen
Kompressions- und Distraktionstechniken
ein deutliches Befundergebnis herleiten. Anschließend werden mit dem Patienten die
auslösenden und unterhaltenden Faktoren
der Schmerzen besprochen.
Therapieschwerpunkte und -ziele werden
festgelegt – je nach Befund beispielsweise
«Stand-alone» Lösung
für die anteriore
Lendenwirbelkörperfusion. SynFix-LR.
die Schmerzfreiheit zu erlangen und eine
Mobilitätsverbesserung des Kiefergelenks.
Es ist wichtig, dass der Patient sich bewusst
wird über den Zusammenhang vom Zähneknirschen, hypertonen Muskeln und Stress.
Wir empfehlen dem Patienten, bei Bruxismus zusätzlich den Zahnarzt zu konsultieren, denn eine erfolgreiche Behandlung verspricht derzeit eine CMD-Aufbissschiene, die
vor weiteren muskulären Überbelastungen
schützt. Um nicht nur symptomorientiert zu
behandeln, sondern die Ursache zu beheben,
ist das ganze Körperschema gefragt (Unfälle, Krankheiten, Operationen, psychische
Stressmomente). Aus der manuellen und
physikalischen Therapie werden folgende
Therapiemethoden angewandt:
-- Kompressions- und Dekompressions­
techniken der Gelenke und Suturen
des Schädels
-- Detonisierung der betroffenen Muskeln
und Faszien mittels Massage, Triggerpunkttherapie, Elektrotherapie, Kälte
oder Wärmeanwendungen.
Stress-Management spielt ebenfalls eine
wichtige Rolle. Der Patient muss sich im Alltag bewusst machen, bei stressigen Situationen nicht zu „knirschen“. Autogenes Training und progressive Muskelentspannung
nach Jacobsen können den Stressabbau unterstützen. Der Patienten erhält Hinweise zur
Selbstbehandlung, wie etwa weiche Nahrung
zu sich zu nehmen, Dehnübungen zu machen
und selbst mit Wärme oder Kälte zu arbeiten.
Wir arbeiten eng mit der Zahnarztpraxis
am Olympiapark von Dr. med. dent. Gerald
Heigis zusammen, und auch in der ATOS Klinik München haben wir die Möglichkeit, mit
mehreren Disziplinen unter einem Dach zu
arbeiten und sich dementsprechend fachlich
über die Patienten auszutauschen. ::
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ATOS Klinik München
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Broekhoven (Inhaber)
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Modernes dermatologisches Zentrum in der ATOS Klinik
Frischer Wind in den Räumen der
ehemaligen Universitäts-Hautklinik
Im September 2011 eröffnet Dr. Claudia Jäger ein modernes dermatologisches
Zentrum unter dem Dach der ATOS Klinik mit kompetenter Beratung und Behandlung zu allen Fragen rund um die Haut auf Basis internationaler Standards. Dr. Jäger ist Fachärztin für Dermatologie und Venerologie mit den
Zusatzbezeichnungen Phlebologie, Proktologie und Allergologie. Ihre Schwerpunkte liegen neben der ästhetischen Dermatologie und Laserbehandlungen
in der Dermatochirurgie, der Hautkrebsvorsorge und in der Behandlung von
bösartigen Hauttumoren und deren Krebsvorstufen.
Dr. Claudia Jäger ist bereits seit 2006 an der
ATOS Klinik tätig. Das Konzept, das Spitzenmedizin mit Spitzenservice verbindet, wird
in ihrem dermatologischen Zentrum umgesetzt. Jetzt zieht sie mit ihrer Privatpraxis in
neue Räume innerhalb der ehemaligen Luisenheilanstalt.
Historischer Rückblick
Abb. 1: Die traditionsreiche Luisenheilanstalt
(Quelle: Stadtarchiv Heidelberg)
Abb. 2: Mit der Berufung von Prof. Bettermann im
Jahre 1908 kam die Dermatologie als eigenes Fach
nach Heidelberg und zog nach raschem Wachstum
mit der Bettenstation in die Luisenheilanstalt.
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Die Luisenheilanstalt entstand 1885 zuerst als
Kinderklinik. Ab 1908 kam mit der Berufung
von Professor Dr. Siegfried Bettmann die erste Abteilung für Haut- und Geschlechtskrankheiten des Universitätsklinikums Heidelberg hinzu (Abb. 1, 2). Die Bedingungen
waren weit von dem entfernt, was moderne
Dermatologie heute bieten kann.
Noch 1911 wurden die Zustände im extra
errichteten Isoliergebäude so beschrieben:
„Als die schlimmste Folge des Raummangels
aber muss bezeichnet werden, dass es unmöglich ist, die Haut- und Geschlechtskranken voneinander zu trennen…. ; im Dachgeschoss liegen im gleichen Raum Hautkranke
und freiwillig eingetretene Geschlechtskranke, Ladnerinnen (einfache Verkäuferinnen),
Dienstmädchen, Kellnerinnen, Arbeiterinnen,
einzelne geheime Prostituierte und dabei anständige Frauen, die von ihren Ehemännern
infiziert worden sind.“
Auch der Mangel an Pflegekräften war damals schon Thema: „…eine ältere verwitwete Frau (53 bis 55 Jahre) betreute beide
Abteilungen (Frauen- und Männerstation).
Es war erstaunlich, wie diese kleine, körperlich sehr leistungsfähige, überaus gutmütige und warmherzige, aber auch sachlich
außerordentlich strenge und auf scharfe
Disziplin und Ordnung bedachte Frau ihre
Arbeit und die Behandlung, vorwiegend
Hg(Quecksilber)-Schmierkuren, die nach ihrer Anleitung die Kranken sich gegenseitig,
von ihr belehrt, angedeihen lassen mussten,
bewältigte“.
Sogar an den Reinigungsarbeiten mussten sich die Patienten beteiligen. Noch 1908
beschwerte sich die Krankenhaus-Kommission der Universität: „..besteht das dringende
Bedürfnis, dass die Reinigungsarbeiten, die
im medizinischen Pavillon III (dermatologische Klinik) bisher größtenteils von Patienten aus freien Stücken unter Aufsicht des
Schwesternpersonals besorgt wurden, im
ganzen Umfang durch das Personal der Verwaltung ausgeführt werden….“.
Nach wiederholter umfangreicher Sanierung des Gebäudes ist von den alten Zuständen „Säle mit bis zu 20 Betten, veraltete
Laboratorien und Behandlungszimmer und
einen fehlenden Patientenlift“ (Zitat Profes-
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stehen Sie damit nicht unter Termindruck, bis zu einem bestimmten Zeit-
punkt die Behandlung abgeschlossen
haben zu müssen, nur weil der Patient
eine fixe Flugbuchung vorgenommen
hat.
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werden müssen oder an Bord eine
zusätzliche Sauerstoffversorgung
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Behandlungsspektrum
-- Dermatochirurgie und ambulante
Operationen
-- Muttermale, Lipome, Melanome
-- Kosmetische Operationen
-- Altersflecke, Fibrome, Narbenkorrektur
-- Venenerkrankungen
Abb. 3: Aus alt mach neu:
Behandlungszimmer.
Abb. 4: Mit moderner Technik und aktuellen
Standards zum Therapieerfolg.
-- Diagnostik-Farbduplex-Sonographie,
Miniphlebektomie, Skleroriserung/
Verödung/Laser
-- Lasertherapie
-- Ästhetische Dermatologie
-- Faltenbehandlungen mit Hyaluron­
säure, Fillern, Botulinumtoxin
sor Urs Schnyder, Leiter der Hautklinik in den
1960er Jahren) nichts mehr zu sehen.
Einfach gute Dermatologie.
Heute kümmern sich kompetente Fachärzte
in hellen, großzügigen Räumen mit ansprechendem Ambiente um ihre Patienten (Abb.
3 und 4). Das Behandlungskonzept sieht viel
Platz und Zeit für die Patienten vor. Dr. Jäger legt Wert darauf, dass die Behandlung
in den Alltag ihrer Patienten passt. Daher
hält sie die Wartezeiten so kurz wie möglich
und plant für jeden Termin ein ausreichend
großes Zeitfenster ein. Auf Wunsch kann
sich so eine notwendige oder gewünschte Behandlung direkt an den Beratungstermin anschließen. Darüber hinaus erlauben es
viele moderne Therapiemethoden den Patienten, spätestens am Tag nach der Behandlung wieder dem Alltag in der Öffentlichkeit
nachgehen zu können.
Dermatologie: Ein modernes Fach mit
vielen Möglichkeiten
Auch vom ehemaligen Mief des Fachgebietes
Haut- und Geschlechtskrankheiten ist heute
nichts mehr zu spüren. Die Dermatologie ist
ein modernes Fach mit guten, wissenschaft-
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lich fundierten Therapieansätzen – insbesondere im operativen Bereich und in der
Behandlung von Krebsvorstufen und Hauttumoren. Zunehmend an Bedeutung gewinnt der ästhetische Aspekt. Das Team des
dermatologischen Zentrums ist durch jahrelange Erfahrung im universitären Bereich
und ständige Fort- und Weiterbildungen auf
internationalem Niveau breit qualifiziert.
Ästhetische Dermatologie
Die Nachfrage nach verjüngenden Maßnahmen mit Hilfe von gut verträglichen und
etablierten Produkten wie Hyaluron-Fillern
oder Botox® (Botulinumtoxin A) ist auch in
Deutschland in den letzten Jahren stark gestiegen. Dr. Jäger bietet ein breites Spektrum
an Verfahren an und legt dabei großen Wert
auf den Anti-Aging-Aspekt. Sie nutzt moderne Methoden, um die Zeichen der Voralterung der Haut zu beseitigen und damit den
aktuellen und natürlichen Zustand von Haut
und Konturen zu erhalten. Ein Eingreifen
sollte dann in Erwägung gezogen werden,
wenn die veränderten Gesichtszüge stören.
Eine Altersgrenze gibt es nicht.
Sehr gute Ergebnisse werden bei Personen erzielt, die durch Sorgen- oder Trauerfalten gezeichnet sind. Sie können von
-- Chemisches Peeling, Haarentfernung
-- Hautkrebsvorsorge
-- Alle Arten von Hauterkrankungen
-- Haarsprechstunde
den modernen, sofort wirksamen Methoden
ein frisches, ausgeruhtes und natürliches
Erscheinungsbild und damit eine deutlich
­positivere, erholte und jugendlichere Ausstrahlung erwarten.
Fachliche Kompetenz verbunden mit
modernster Technik
Auch bei ambulanten OPs werden ästhetische Aspekte stets berücksichtigt, indem
die Narbenbildung bestmöglich beeinflusst
wird. Dazu werden selbst auflösende Fäden
tief verankert und – wo möglich – auf äußere
Fäden verzichtet. So können breite, hässliche
Narben vermieden werden. Krampfadern
(Varizen) werden mit Ultraschall untersucht,
um Stammvenenerkrankungen abzuklären.
Daran schließt sich eine individuell zusammengestellte Kombinationsbehandlung aus ➔
ATOSnews
operativer Sanierung, Verödung von Besenreisern und Lasertherapie an.
Das Dermatologische Zentrum von Dr.
Claudia Jäger ist mit modernster Technik
ausgestattet. So steht ein Lasergerät für Gefäßbehandlungen zur Verfügung. Ein IPL (Intensed Pulse Light) hilft bei der Behandlung
von Gefäßproblemen im Gesicht oder bei
Pigmentverschiebungen. Ein CO2-Laser kann
bei ambulanten OPs das Skalpell ersetzen.
Nach größeren OPs stehen stationäre
Betten im modernen ATOS-Komplex zur Verfügung.
Vorsorge
Ein besonderer Schwerpunkt in der Dermatologie bildet die Hautkrebsvorsorge. Hier
profitieren die Patienten von Dr. Jägers Er-
fahrung durch ihre langjährige Tätigkeit in
der dermatologischen Ambulanz des Universitätsklinikums Heidelberg. Die Vorsorgetermine beinhalten neben der Dermatoskopie
und der Hautinspektion eine ausführliche
Beratung. Wo nötig, wird eine Bilddokumentation erstellt. Empfohlen wird eine jährliche
Kontrolle, jede neue Hautveränderung kann
ein Alarmzeichen sein.
Privatpatienten und Selbstzahler
In den 1920er Jahren wurden in der Abteilung für Haut- und Geschlechtskrankheiten
des Universitätsklinikums Heidelberg ärztliche Honorare nur von Privatpatienten verlangt, Patienten der III. Klasse dienten Unterrichtszwecken und wurden daher kostenfrei
behandelt.
Kurz-Vita Dr. Claudia Jäger
Dr. Claudia Jäger studierte Humanmedizin an der
Heute können die Wünsche und Erwartungen
der Patienten nach fachlich hochwertiger
Diagnostik und Therapie verbunden mit zeitnahen Terminen und kurzen Wartezeiten nur
in einer Privatpraxis erfüllt werden. Die klassische vertragsärztliche Versorgung lässt
dies nicht mehr zu. Das bedeutet aber nicht,
dass nur Privatpatienten behandelt werden
können. Gesetzlich krankenversicherte Patienten können als Selbstzahler Termine vereinbaren und erhalten eine transparente und
schriftliche Privatrechnung nach der amtlichen Gebührenordnung für Ärzte.
Frischer Wind in altehrwürdigen
Räumen
Dr. Jäger freut sich darauf, ihr modernes dermatologisches Zentrum zusammen mit kompetenten Kollegen weiter auszubauen. Und
auf ihre neuen und dennoch historischen
Räume, in denen die Behandlung von Hautund Geschlechtskrankheiten in Heidelberg
schon vor 103 Jahren ihren Anfang nahm
und in denen sie selbst bereits vor rund 20
Jahren zuerst als Studentin und später als
Assistenzärztin tätig war.
::
Ruprechts-Karls-Universität in Heidelberg. Seit 2002
ist sie Fachärztin für Haut- und Geschlechtskrankheiten. Ihre Facharztausbildung absolvierte sie an
der Universitäts-Hautklinik Heidelberg unter der
­Leitung von Prof. D. Petzoldt und Prof. A. Enk.
Es folgten die Zusatzbezeichnungen Allergologie,
Phlebologie und Proktologie.
Alle historischen Quellen entstammen der
Festschrift „100 Jahre Hautklinik Heidelberg“.
Herausgegeben im September 2008 von der
Universitäts-Hautklinik Heidelberg
Dr. Jäger promovierte am Institut für Immunologie und Serologie der Universität Heidelberg über
blasenbildende Hauterkrankungen. Als Postdoktorandin eines Graduiertenkollegs beschrieb sie das
neue Hautgen MAP17 mit dem dazughörigen Protein.
Ihre aktuelles Forschungsprojekt in Zusammenarbeit
mit Professor Dr. Rainhard Wallich, Immunologe am
Universitätsklinikum Heidelberg, befasst sich mit der
Mesotherapie und in diesem Zusammenhang mit Einflüssen verschiedener Faktoren auf die Zellalterung.
Dr. Claudia Jäger
Fachärztin für Dermatologie und
Venerologie, Allergologie, Phlebologie und
Proktologie
ATOS Klinik Heidelberg
www.atos-dermatologie.de
[email protected]
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:: ATOS intern
UNTERSUCHUNGSKURS KNIE UND SCHULTER
Kurse 2011
Hands on ATOS
Weiterbildungsveranstaltung der ATOS Klinik Heidelberg
Agenda Knie
UNTERSUCHUNGSKURS KNIE, TEIL I
17:00 Uhr
18:00 Uhr
18:30 Uhr
Meniskus und Kreuzbänder
:: Meniskuserhaltende Chirurgie & Ersatz
:: Anatomischer Kreuzbandersatz
Kaffeepause
Hands-on Knie
:: Patientenvorstellung und Untersuchung
des Kniegelenkes in kleinen Gruppen
:: Demonstration wichtiger Untersuchungstechniken
UNTERSUCHUNGSKURS KNIE, TEIL II
17:00 Uhr
18:00 Uhr
18:30 Uhr
19:45 Uhr
Knorpel & Arthrose
:: Regeneration und Transplantation von Knorpel
:: Moderner Kniegelenkersatz
Kaffeepause
Hands-on Knie
:: Patientenvorstellung und Untersuchung
des Kniegelenkes in kleinen Gruppen
:: Vertiefung der Untersuchungstechniken
Gemeinsames Abendessen (inkl.)
Kursleitung Knie
PD Dr. Rainer Siebold
Agenda Schulter
UNTERSUCHUNGSKURS SCHULTER, TEIL I
17:00 Uhr
18:00 Uhr
18:30 Uhr
Häufige Krankheitsbilder
:: Schulterimpingement
:: Rotatorenmanschette
Kaffeepause
Hands-on Schulter
:: Patientenvorstellung und Untersuchung
des Schultergelenkes in kleinen Gruppen
:: Demonstration wichtiger Untersuchungstechniken
UNTERSUCHUNGSKURS SCHULTER, TEIL II
17:00 Uhr
18:00 Uhr
18:30 Uhr
19:45 Uhr
Instabilität und Arthrose
:: Die instabile Schulter
:: Moderne Schulterprothesen
Kaffeepause
Hands-on Schulter
:: Patientenvorstellung und Untersuchung
des Schultergelenkes in kleinen Gruppen
:: Vertiefung der Untersuchungstechniken
Gemeinsames Abendessen (inkl.)
Kursleitung Schulter
Dr. Sven Lichtenberg
www.atos.de
| 80
ATOSnews
Impressum
Herausgeber
ATOS Praxisklinik Heidelberg
Wissenschaftsredaktion
Prof. Dr. Hans H. Pässler
Redaktion
Dr. Barbara Voll-Peters
Eichenhainallee 34
51427 Bergisch-Gladbach
Tel.: 02204 97 92 54
Fax: 02204 97 92 55
[email protected]
Produktmanagement und Anzeigen
Dipl.-Kfm. Manfred Böhler
WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA
GIT VERLAG
Boschstrasse 12
69469 Weinheim
Tel.: 06201 606-705
Fax: 06201 606-790
[email protected]
www.wiley.com
www.gitverlag.com
Termine 2011
Grund-Layout
Reinshagen & Hartung GmbH,
68161 Mannheim
Oktober
Teil I
Teil II
Knie
05.10.2011
12.10.2011, inkl. Abendessen
Schulter
19.10.2011
26.10.2011, inkl. Abendessen
Produktion
WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA
GIT VERLAG
Herstellung: Christiane Potthast
Layout: Ruth Herrmann, Ralf Prötzel
Litho: Elke Palzer, Ramona Rehbein
Druck: Frotscher Druck, Darmstadt
V.i.S.d.P.:
Anmeldung unter
[email protected]
oder per Fax an die
06221 983 919
ATOS Praxisklinik GmbH & Co. KG
Geschäftsführer
Prof. Dr. Peter Habermeyer
Bismarckstraße 9–15
69115 Heidelberg
Telefon 06221 983-0
Telefax 06221 983-919
[email protected]
www.atos.de
www.atos.de
Bildnachweis:
Titelbild: © Agamtb | Fotolia.com
Kursgebühr (Teil I und Teil II) inkl. gemeinsamem Abendessen: € 60,00
81 |
::ATOS intern
LIVE aus der Praxis
ATOS-Schlosskongress
Hüfte – Knie – Fuß – Schulter
Heidelberg, Samstag 15. Oktober 2011
Wissenschaftliche Leitung: Rainer Siebold,
Hajo Thermann, Hans H. Pässler
www.kreuzband.de
PROGRAMM | 15. OKT. 2011 – VORMITTAG
8:45 Begrüßung
Minimalinvasive gelenkerhaltende Hüftchirurgie
Liebe Freunde der ATOS Klinik Heidelberg,
Die positive Resonanz des letzten Jahres hat uns dazu
­motiviert, auch 2011 wieder einen ATOS Schlosskongress
in Heidelberg durchzuführen.
In diesem Jahr stellen wir wieder innovative Therapiekonzepte
9:00 Arthroskopisch oder minimalinvasiv –
Was ist möglich?
(Thorey)
9:20 Re-Live-OP
9:30
Fallpräsentation
(Sartory)
Neue Konzepte bei Instabilität der Patella
und unterhaltsame Gespräche sowie kritische Fragen. Erst-
9:50 Rekonstruktion mediales patellofemorales
Ligament (MPFL) (Scheffler)
10:00 Re-Live-OP
mals haben wir auch minimalinvasive Operationsverfahren
10:15 – 10:45 PAUSE
an Knie, Fuß und Schulter vor und freuen uns über anregende
der Hüfte und physiotherapeutische Vorträge mit in das
Programm aufgenommen. Die Themen werden wieder durch
viele interessante Fallbeispiele und Live-Operationsvideos
veranschaulicht.
Für die Veranstaltung wurden die Zertifizierung der Landes­
10:45 10:55 11:15 Anatomischer Kreuzbandersatz
(Siebold/Pässler)
Fallpräsentationen aus der Praxis
Physiotherapie nach Kreuzband-Operation
(Bongartz)
ärztekammer und das Gütesiegel der Deutschsprachigen
Moderne Fußchirurgie
­Gesellschaft für Arthroskopie (AGA) beantragt.
Priv.-Doz. Dr. Rainer Siebold, Prof. Dr. Hans H. Pässler,
11:30 11:50 12:00 12:20 Prof. Dr. H. Thermann
12:45 – 14:00 MITTAGSPAUSE
Viel Spaß bei einer kurzweiligen und unterhaltsamen Veranstaltung in den historischen Räumen des Heidelberger
Schlosses wünscht Ihnen Ihr Team des Zentrums für ­
Knie- und Fußchirurgie sowie Sporttraumatologie,
| 82
Minimalinvasive Operationen an der
Achillessehne
(Thermann)
Re-Live-OP
Fallpräsentation
(Hariri)
Physiotherapie nach Achillessehnenoperation
(Bongartz)
ATOSnews
LIVE aus der Praxis
ATOS-Schlosskongress
Hüfte – Knie – Fuß – Schulter
Heidelberg, Samstag 15. Oktober 2011
Wissenschaftliche Leitung: Rainer Siebold,
Hajo Thermann, Hans H. Pässler
www.kreuzband.de
PROGRAMM | 15. OKT. 2011 – NACHMITTAG
ANMELDUNG
ANMELDUNG
Kontakt:
Spezialisierte Schulterchirurgie der ATOS-Klinik
Kontakt:Zentrum für Knie- und Fußchirurgie
14:00 Sabine
Hopf
Zentrum Frau
für Knieund
Fußchirurgie
Endoprothetik an der Schulter
(Lichtenberg)
E-Mail:
[email protected]
ATOS Klinik
Heidelberg
Operative Konzepte bei Knorpelschäden am Knie
Bismarckstraße 9–15
14:15 Mikrofrakturierung
69115 Heidelberg
(Pässler)
14:30 Mosaikplastik/Trufit
(Holsten)
14:40 Knorpelzelltransplantation
(Siebold)
15:00 – 15:30 PAUSE
Innovativer Gelenkersatz Hüfte und Knie
15:30 Moderne Hüft-Endoprothetik
(Thorey)
15:50 Re-Live-OP
16:00 Fallpräsentation
(Süzer)
16:20 Revisionen nach Knie-Endoprothese
(Thermann)
16:40 Re-Live-OP
16:50 Fallpräsentation
(Nitsche)
17:00 Diskussion
17:30 ENDE DER VERANSTALTUNG
eitere Informationen und Anmeldung unter
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