Leseprobe RG 1/2014
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Leseprobe RG 1/2014
AL T MADE IN JAPAN 196 SEITEN DAS MAGAZIN FÜR KLASSISCHE SPIELE 1/2014 Dezember Januar/Februar 2014 1/2014 196 Seiten KLASSISCHE SPIELE FÜR HOME-COMPUTER, KONSOLEN & PCs Deutschland @ 12,90 Österreich @ 14,20 Schweiz sfr 25,80 Luxemburg @ 14,85 E B O R P E S LE DIE BREAKOUTHISTORIE Die Geschichte hinter einem der ersten Automaten-Megahits SPIELEVETERANEN ÜBER SPIELEKLASSIKER Teil 1: Winnie Forster über die Jahre 1973–1983 ■ Alte Spiele auf neuen Konsolen ■ S O GEHT‘S: KLASSIKER KOMFORTABEL GENIESSEN ■ WII U, 3DS, XBOX 360, PS3: WER HAT DAS BESTE RETRO-ANGEBOT? B RANDAKTUELL: WIR VERGLEICHEN XBOX ONE UND PLAYSTATION 4 MIT KLASSISCHEN GERÄTEN Anatol Locker, Heinrich Lenhardt, Mick Schnelle, Winnie Forster u. a. über Archon, Golden Eye 007, Speedball 2, System Shock 2, Thrust, Seven Cities of Gold … NAUGHTY DOG Wie ein kleines Start-up zum Schöpfer von Uncharted und The Last of Us werden konnte SPACE LOST VIKINGS INVADERS Wie Blizzards erstes größeres Spiel den Grundstein für ihren Aufstieg legte Ihr seht Reihen nach unten ruckelnder Alien-Sprites? Wir sehen pure Action! DEFENDER OF THE CROWN Eine Rückschau auf Cinemaware und ihr episches Erstlingswerk ARCADE | ATARI | COMMODORE | MSX | NEO GEO | NINTENDO | SCHNEIDER | SEGA | SINCLAIR | SONY P layStation 4 und Xbox One wurden soeben veröffentlicht, für 399 respektive 499 Euro könnt ihr euch die allerneueste (und nach konservativer Zählung: achte) Konsolengeneration ins Haus holen. Man mag sich für diese Konsolen interessieren, weil man aktuelle Spiele schätzt oder schlicht auf dem Laufenden bleiben möchte. Doch ich finde die neuen Konsolen auch rein aus dem Retro-Blickwinkel heraus sehr spannend. Anatol Locker Heinrich Lenhardt Jörg Langer Mick Schnelle Vergleicht man Xbox One mit NES, so kommt man auf ziemlich genau die eintausendfache Geschwindigkeit der CPU, und per Milchmädchen-Rechnung (acht Rechenkerne …) sogar auf die achttausendfache – die sich stark unterscheidenden Grafikfähigkeiten außen vor gelassen. Nur: Machen die neuen Spiele auch achttausendmal so viel Spaß? Doppelt so viel? Genau so viel? Weniger? Ich habe gerade erst wieder Super Mario World auf dem SNES gespielt, und ich muss sagen: Ein perfektes Spiel erlebnis benötigt keine 2,073 Millionen Pixel! Alte Spiele auf neuen Konsolen: Für unsere Titelstory hat sich mein GamersGlobal-Kollege Christoph Vent zwei Wochen lang mit Xbox 360, Wii U, 3DS und PS3 eingeschlossen. Wir wollten nämlich für euch herausfinden, welche der aktuellen Konsolen das beste Angebot für Retro-Freunde bereithält. Schließlich mag nicht jeder eine Uralt-Maschine aus dem Keller holen und umständlich an heutige Fernseher anschließen, nur um mal zwei Stunden mit einem Klassiker einzulegen. Die Erkenntnis: Es gibt starke Unterschiede und eine klare Empfehlung. Made in Japan: Die japanische Videospiele-In dustrie ist ein weiteres großes Thema in diesem Retro Gamer. Winnie Forster stellt euch im ersten Teil seiner neuen Serie die Entstehung des dortigen Spielemarkts vor. Zudem findet ihr in diesem Heft große Reports zu drei Jahrzehnten NES, dem Sega Master System sowie zu den 25 besten SNES-, 30 besten Capcom- und 25 besten Mega-DriveSpielen. Die volle Japan-Ladung also. Ich wünsche euch viel Spaß beim Lesen! Winnie Forster Jörg Langer Projektleitung Retro Gamer » Unsere Aufnahme aus Tokio (vom September 2013) deutet es an: Retro-Fans kommen in Japan auf ihre Kosten, sei es durch ein riesiges Space-Invaders-Sprite mitten in Akihabara, sei es durch den Besuch eines der vielen Dutzend SecondHand-Läden mit klassischen Konsolen. INHALT 1/2014 Dezember, Januar, Februar RETRO-HARDWARE ALTE KONSOLEN-SCHÄTZE IN NEUEM GLANZ 38 76 112 128 014 030 Für Liebhaber von klassischen Spielen HISTORIE INTERVIEWS 006Archon (Winnie Forster) 052Thrust (Heinrich Lenhardt) 086Spindizzy (Antol Locker) 154 Seven Cities of Gold (Mick Schnelle) 190 X – Beyond the Frontier (Mick Schnelle) 054Breakout 036 Ein Moment mit Gary Winnick 112Lightguns MAKING OF 138 Thief – der Meisterdieb RETRO-HARDWARE RETRO-REVIVAL 030 Flight of the Amazon Queen Zwei Australier und ein Adventure-Hit 048 Defender of the Crown Epischer Genremix von Cinemaware 062 Lost Vikings Das Spiel, das Blizzard bekannt machte 136Deactivators Das Bombenspiel war seiner Zeit voraus 164 Super Castlevania IV Entstehung plus „Director’s Comments“ 186Counter-Strike Der Online-Hit aus Sicht seines Erfinders FIRMEN-ARCHIVE 024 Sierra On-Line, Teil 2 Anatol Locker beschreibt den tiefen Fall 088 Naughty Dog Vom kleinen Start-up zum Topstudio 096Mastertronic Billig-Perlen von Kikstart bis Spellbound KLASSIKER-CHECKS 014 Speedball 2 Brutal Deluxe mit Heinrich Lenhardt 034 Golden Eye 007 Winnie Forster über den N64-Klassiker 120 System Shock 2 Anatol Locker lernte neu das Fürchten Zu Ataris Hit trug Steve Jobs bei 068 Space Invaders Über die Invasion der Münzräuber Die besten Lichtpistolen nebst Spielen Wie Garrett Wirklichkeit wurde Plus: Preview zu Thief (2014) Der Maniac Mansion-Designer spricht über LucasArts und neue Projekte 104 Auf dem Sofa mit Tom Kalinske Der ehemalige Sega-US-Chef über Fehler und seinen Hass auf Nintendo 038 Sega Master System 156 Die Dino-Crisis-Serie 178Kanonenfutter 076 Atari Jaguar Wie Cannon Fodder 3 die Serie begrub SCHWERPUNKTE 102 Machina Obscura: Sinclair QL Mehr als ein „Resident Evil mit Dinos“! 008 Made in Japan, Teil 1 Winnie Forsters neue Serie stellt euch Firmen, Spiele und Konsolen vor 016 Die achte Generation PS4 und Xbox One im Überblick und im Vergleich mit 12 alten Konsolen 018 Alte Spiele auf neuen Konsolen Wir prüfen die Retro-Tauglichkeit von Wii, Wii U, Xbox 360, 3DS & PS3 122 30 Jahre Capcom Die besten 30 Spiele aus der Historie des japanischen Herstellers 128 NES – drei Jahrzehnte Eine Hommage an die vielleicht wichtigste Konsole der Geschichte 148 Die 25 besten Mega-Drive-Spiele Die aus unserer Sicht besten Spiele für Segas großen SNES-Konkurrenten Unser großer Plattform-Check erklärt den wichtigsten 8-Bit-Konkurrenten des NES Plattform-Check: Wieso der Jaguar seiner Zeit voraus war – und scheitern musste 006 034 048 086 120 Winnie Forster stellt euch einen Sinclair vor, der keine Massen begeisterte AUSSENSEITER 082 Kaum bekannte Jaguar-Spiele Hyper Force, Hover Strike, Protector u. a. 094 3D-Spiele für diverse Konsolen 052 082 138 148 164 170 Guardian, Conqueror, Elektra Glide u. a. 146 Die Unkonvertierten Gunforce 2, 005, Prop Cycle, Mr. Goemon 162 Außenseiter des Plattform-Genres Apprentice, Jungle Eddi, Tempo u. a. RUBRIKEN 003Editorial 192Retro-Feed Leserbriefe und Termine 194Vorschau & Impressum 170 Die 25 besten SNES-Spiele Die größten Hits für Nintendos erfolgsverwöhnte 16-Bit-Maschine 176 Transport Tycoon Mick Schnelle mag Chris Sawyers Hit 4 | RETRO GAMER 1/2014 176 Archon » RETRO-REVIVAL DAS SCHACH DER GÖTTER » PUBLISHER: ELECTRONIC ARTS » ERSCHIENEN: 1984 » HARDWARE: ATARI 800 (ORIGINAL), C64, APPLE 2, DOS, AMIGA, NES, SPECTRUM, SCHNEIDER CPC, MAC Von Winnie Forster Vom Kumpel, der eine Klasse tiefer zur Schule geht, Zahnspange trägt und auf die falsche Computermarke schwört, im Bildschirm-Duell Prügel zu beziehen (nicht einmal, sondern immer wieder!) hinterlässt Wunden. Wunden, die auch Jahrzehnte später nicht verheilt sind. Am Spielautomat herrschte in der 8-Bit-Jugend Chancengleichheit, jeder konnte üben (solange das Taschengeld reichte). Auf den Heimcomputern sah’s anders aus: Es gab Spiele, die nur Apple-Besitzer checkten, und andere, bei denen VCS-Junkies jeden Highscore knackten. Electronic Arts’ Archon war ein Duellspiel für C64 und Atari XL, bei dem man als Z80-User nicht viel mitzureden, sondern nur demütigende Niederlagen einzustecken hatte. Für den Spectrum erschien Archon nämlich erst, als es schon zu spät war, noch dazu in einer grauenvollen Ariolasoft-Variante, die nicht zum Training gegen die Zahnspange taugte. Vergessen wir billige Euro-Versionen: Mit Joystick-Steuerung (und nicht Tastatur-Eingabe à la Speccy), auf Floppy und in der luxuriösen Klapp-Packung der frühen EA-Jahre ist das amerikanische Archon ein Prachtstück in Schwarz, Weiß und Silber, mit Escher-ähnlicher Drachengrafik auf dem Cover. Das Frühwerk des Skylanders-Erfinders Paul Reiche und seiner Freefall-Kollegen setzte mit einer heroischen SID-Hymne an und schickte dann – zu jeweils individuellen Trampelund Flatter-Geräuschen – zweimal 18 Fantasy-Kreaturen aufs Feld. Letzteres sieht aus wie ein Schachbrett; nur ein paar Quadrate sind nicht schwarz oder weiß, sondern ändern zyklisch ihre Farbe Die beiden Truppen repräsentieren die Mächte des Lichts und der Finsternis: Schwert- und Knüppelkämpfer sind die Bauern, dahinter stehen mythische Wesen wie Golem und Drache als die starken Spielfiguren im Fantasy-Schach. Ein Shapeshifter, der die Gestalt und Kräfte seines Gegners klaut, kämpft auf der dunklen Seite, Dschinn und Walküren streiten für die Guten. Die Herrscher über schwarze und weiße Armee, langhaarige Hexe und Spitzhut-Magier, scrollen durch ihre Heil- und Angriffs-Zaubersprüche. Wie bei Schach wird abwechselnd gezogen, wobei einige Figuren nur mühselig kriechen, andere pro Runde viele Felder weit segeln. Feinde werden in Archon nicht einfach geschlagen, sondern zum Duell in eine Action-Arena geladen: Auf Knopfdruck speit der Basilisk einen Blitz, der Troll schleudert seinen Felsblock. Der Phoenix kann sich in einen Flammenball verwandeln, ist für ein, zwei Sekunden unverwundbar und brandgefährlich. Die vielen Parameter für Laufgeschwindigkeit, Widerstandskraft, Angriffsrate und Co. verwandelt Archon in flotte Action und niedliche Sprite-Animation. Der Golem schreitet und schlägt träge – aber wenn er trifft, ist gleich die Hälfte des Energiebalkens weg! Womit wir wieder in der Computer-Bude von 1984 wären: Obwohl die Feldhelligkeit direkt die Hitpoints der Figuren beeinflusst (ein weißer Bauer auf weißem Feld kann selbst dem schwarzen Drachen gefährlich werden), entscheidet am Ende die Geschicklichkeit, wer bei Archon das Feld behauptet und wer wertvollen Streitern hinterherjammern muss. Ich rede aus der eigenen schmachvollen Erinnerung: Viel zu häufig gelang es dem zahnspangentragenden C64-Dreikäsehoch und Joystick-Routinier mit seinem kränklichen Bauern, den Salven meines stolzen Einhorns auszuweichen, das edle Tier einzuholen und – patsch, patsch! – zu erlegen. » Sobald eine Figur die andere schlägt, kommt es zum Actionkampf. 6 | RETRO GAMER 1/2014 »W eniger Pixel, gleiche Suchtgefahr: das Original-Archon auf Atari 800. RETRO GAMER 1/2014 | 7 » SPEEDBALL 2: BRU TAL DELUXE STRAFFE STEUERUNG TEMPO UND SPIELGEFÜHL Ein Feuerknopf reicht Rasante Rüpel STARKE SOLO-SPIELMODI Gut gefüllte Spielwiese Liga-Freuden für Aufsteiger 14 | RETRO GAMER 1/2014 hers einmal treffend zusammen: „Der Einzelspieler-Modus mit Liga und Pokal war gut, aber Speedball 2 war vor allem ein Zwei-Spieler-Game. Du konntest dich VonPub Heinrich Lenhardt im betrinken, dann ein paar Pizzas schnappen und mit deinen Kumpels nach Hause gehen, um Speedball 2 bis in die frühen Morgenstunden zu zocken. Es war diese Art von Spiel.“ Von Heinrich Lenhardt LIEBE ZUM DETAIL W ihrerseits rabiate Rowdies, die beim Grabschen nach dem Ball so rücksichtslos Angreifer niedermähen, dass man sie für den Toni-Schuhmacher-Gedächtnispreis nominieren möchte. Hinter der krachigen Fassade stecken bemerkenswert viele Details und Finessen. Auf dem Spielfeld liegen Boosts und Kleingeld herum, in einem Manager-Menü investieren wir die Barschaft in Training und Transfers, um unser Team langfristig aufzubauen. Ein LigaModus mit einer guten Bandbreite an Computergegnern sorgt für kompetente Solo-Beschäftigung, aber nichts erreicht die Intensität von Zwei-Spieler-Duellen. Gegenüber Eurogamer.net fasste es Mike Montgomery von Bitmap Brot- Speedball 2 will vor allem zu zweit gespielt werden. Muss es aber nicht: Für einsame Stunden gibt es eine Fülle an unterhaltsamen Varianten. Beim Liga-Modus beginnen wir in der unteren Spielklasse und qualifizieren uns erst durch Erreichen eines der beiden Spitzenplätze für die TopDivision. Raffiniert: Bei der Tabellenberechnung gibt’s für jeweils zehn in einem Match erzielte Punkte einen Extra-Zähler. Es lohnt sich also, möglichst torreich zu gewinnen, und selbst bei Niederlagen winken damit Trostpünktchen. Im alternativen Manager-Modus können wir uns ganz auf die Personalplanung konzentrieren und den Partien einfach zugucken. MANNSCHAFT Die Vergrößerung von Spielfeld und Mannschaften war die vielleicht wichtigste Verbesserung gegenüber dem Vorgänger. Pässe spielen nun eine größere Rolle, die Schlägertruppe reift zum richtigen Team. Gespielt wird immer in derselben Arena, doch zufällig verteilte Extras und Geldmünzen sorgen für eine unberechenbare Komponente. Es geht nicht nur ums Torewerfen – die Vielfalt des Spielfelds erlaubt verschiedene Taktiken. Auch das Bewerfen bestimmter Ziele bringt kleine Punktmengen ein, die Aktivierung eines Score-Multiplikators kann der Auftakt für eine Aufholjagd in der Schlussphase sein. wie Breakout als wie der Teamsport der Zukunft an. 1990 meldete sich die SpeedballLiga zurück. Die Bitmaps hatten bei der Brutal Deluxe unterbetitelten Fortsetzung das Spielprinzip in allen Belangen konsequent verbessert und erweitert, ohne die Grundidee zu verhunzen. Die Teams wurden auf jeweils neun Athleten vergrößert, die erweiterten Spielfelder scrollten jetzt in alle Richtungen. Im Kampf um den Ball ist so ziemlich alles erlaubt; brutale Fouls werden nicht bestraft, sondern belohnt: Tackeln wir einen gegnerischen Spieler so mürbe, dass er verletzt ausgewechselt wird, gibt’s dafür genauso viele Punkte wie fürs Erzielen eines Tores. Die Keeper an beiden Enden des Spielfelds sind Die erste Regel von Speedball 2 lautet: Es gibt keine Regeln in Speedball 2! Ok, welche Aktion wie viele Punkte einbringt, ist irgendwie definiert. Aber was sich die Spieler gegenseitig antun dürfen, das fällt in die Kategorie „alles geht“. Ohne Sorge vor farbigen Kartonscheiben wird gegrätscht, was der Joystick hergibt. Ballbesitz währt selten lange: Ein Gegenspieler ist nie weit, vor dem nächsten Tackling sollte man die Kugel rasch wieder los werden – bevorzugt in Richtung des anderen Tors, versteht sich. Alles geschieht mit einem scharfen Tempo, dem jedoch die Balance zwischen Kontrollierbarkeit und Chaos gelingt. EXTRAS IN DER ARENA In modernen Sportspielen verknotet man sich bei mancher Tastenkombination regelrecht die Finger, doch Speedball 2 begnügt sich bei der Steuerung mit einem einzigen Feuerknopf. Erstaunlich, was sich damit alles anstellen lässt: Die Länge des Knopfdrucks bestimmt die Wurfweite und Höhe, dem Ball lässt sich sogar etwas Effet verleihen. Die erforderte Diagonalpräzision ist eine Domäne von Digital-Joysticks wie dem Competition Pro. Die Mega-Drive-Umsetzung spielt sich mit dem ControllerSteuerkreuz eine Spur schwammiger, von der üblen Touchscreen-Bedienung der iOS-Neuauflage Speedball Evolution mal ganz zu schweigen. ar es nun das perfekte Sportspiel für Actionfans – oder der ideale Actiontitel für Sportfreunde? Souverän setzte sich Speedball 2 zwischen die Genrestühle und macht dort dank seiner zeitlosen Spielbarkeit heute noch eine famose Figur. Schon 1988 experimentierten die Bitmap Brothers mit einer futuristischen Sportart, die unkompliziert und schnell genug war, um auch Leibesertüchtigungs-Muffel anzulocken. Das erste Speedball hatte kleine, schmale Arenen, die lediglich vertikal scrollten. Das Herumgebolze eines an den Wänden abprallenden Balls war durchaus spaßig, fühlte sich aber eher DENK W ÜRDIGE Tüftelnder Teamchef Sinn für Humor Hinter der furiosen Dauer-Grätscherei des Spielgeschehens steckt einiges an statistischem Unterbau. Jede einzelne Spielfigur verfügt über acht Attribute, von der Wurfwucht bis zur „Power“ (härtere Tacklings, um gegnerische Spieler häufiger zu verletzen). Stars sind merklich schneller als Rekruten. Zwischen den Partien werden die Werte des Personals mit besserer Ausrüstung gesteigert. Oder wir sparen ein wenig und leisten uns einen neuen Spieler auf dem Transfermarkt. Auf diese Weise verbessert der Teamchef allmählich alle neun Positionen – und da es öfters zu Verletzungen kommt, sollte man auch die Ersatzbank nicht vernachlässigen. „Ice Cream! Ice Cream!“, lautet der internationale Erkennungsruf von Speedball-2-Sportlern. Die Stimme des unsichtbaren Eisverkäufers, der manchmal seine Waren anpreist, ist nur eines von zahlreichen Schmunzeldetails. Einige Teamnamen sind hinreißend, neben unserer Mannschaft „Brutal Deluxe“ gibt es zum Beispiel auch „Violent Desire“ oder die „Turbo Hammers“. Dazu passend gucken die Visagen der SpielerPorträts so grimmig und gefährlich, dass höchste Selbstparodie-Regionen erreicht werden. Knuffig auch die Roboter-Sanitäter, die geschwind aufs Spielfeld flitzen, um einen Halbtoten abzutransportieren. MOMENTE FAKTEN » PLATTFORM: AMIGA, ARCHIMEDES, ATARI ST, C64, CD32, DOS-PC, GAME BOY, GBA, NES, MASTER SYSTEM, MEGA DRIVE, PLAYSTATION, XBOX 360 » PUBLISHER: IMAGEWORKS, VIRGIN, ET AL. » ENTWICKLER: BITMAP BROTHERS » VERÖFFENTLICHT: 1990 » GENRE: ACTION-SPORTSPIEL Was die Presse sagte … Foto: kultboy.com K L A SSIK E R- CH ECK » SPEEDBALL 2: BRUTAL DELUXE Power Play 2/91: 73 % »Das Spielfeld ist jetzt größer und erlaubt bessere Kombinationen […] Das Trainieren und Aufspüren von neuen Spielern ist ein netter Zusatz. Wer eine gute Mischung aus den Genres Action und Sport sucht, wird mit Speedball 2 hervorragend bedient.« (Heinrich Lenhardt) ASM 1/91: 11/12 »Das Scrolling ist flüssig, die Animationen der Spieler sind gut. […] Auch die Steuerung ist exakt und einfach zu handhaben, ganz so, wie man es vom Original her gewöhnt ist. Speedball 2 ist wirklich eine Klasse für sich!« (Hans-Joachim Amann) Was wir denken Kaum ein anderes Spiel hat die Mischung aus Action und Sport so spaßig hinbekommen wie Speedball 2. Der Zwei-SpielerModus bringt heute noch jede Party in Schwung. RETRO GAMER 1/2014 | 15 MAKING OF: FLIGHT OF THE AMAZON QUEEN » [Amiga] Für Guybrush Threepwood war so etwas nie ein Problem. ENTWICKLERHIGHLIGHTS HALLOWEEN HARRY AKA ALIEN CARNAGE Als liebevolle Mixtur aus Indiana Jones, Monkey Island und anderen zeitgenössischen Grafik-Adventures war Flight of the Amazon Queen ein herausragender Vertreter seiner Art. Retro Gamer berichtet von zwei Australiern, die es LucasArts nachmachen wollten – und dabei ziemlich erfolgreich waren. F ür Fans von GrafikAdventures waren im Rückblick die 90er Jahre der Höhepunkt des Genres. Es erschienen zeitlose Klassiker wie Beneath A Steel Sky, Gabriel Knight oder The Secret Of Monkey Island, herausgegeben von Firmen wie Revolution Software, Sierra On-Line und natürlich LucasArts. Das Entwickeln von Grafik-Adventures wurde zum großen Geschäft; oft saßen Dutzende Autoren, Künstler und Programmierer an einem Titel. Aber es gab auch Ausnahmen. Eine solche war Flight of the Amazon Queen, ein Spiel, das in drei Jahren mit minimalem Budget von zwei bescheidenen Australiern aus Queensland erschaffen wurde. Amazon Queen parodiert die in den 50ern modernen Abenteuer-Matinees mit einem Augenzwinkern. Schauplatz ist eine leicht surreale südamerikanische Dschungelwelt. Der gerissene Mietpilot Joe King (Anspielung auf das englische „joking“, scherzen – Anm. d. Red.) ist der Held, der in eine übermütige Story rund um zimperliche Filmsternchen, vollbusige Amazonen, genetische Experimente, Comichefte und Le- 30 | RETRO GAMER 1/2014 FAKTEN » PUBLISHER: RENEGADE/ WARNER ACTIVE » ENTWICKLER: INTERACTIVE BINARY ILLUSIONS » ERSCHIENEN: 1995 » PLATTFORM: AMIGA, MS DOS » GENRE: GRAPHIC ADVENTURE derhosen verstrickt wird. Die Schöpfer hinter dem Spiel sind der Programmierer John Passfield und der Zeichner Steve Stamatiadis. Die beiden lernten sich in einem Comicbuchladen in Brisbane kennenlernten, der einem gemeinsamen Freund gehörte. „Unser Kumpel wusste, dass ich Spiele machte und Steve es auch tun wollte, und brachte uns zusammen“, erinnert sich John und verrät uns außerdem, dass er sich zuvor an einfachen Actionspielen auf dem australischen MicroBee-System versucht hatte. „Ich entwickelte mit Steve gerade ein Spiel, das auf Halloween Harry basierte, einem meiner ersten Spiele aus dem Jahr 1985, als unser gemeinsamer Freund uns Monkey Island zeigte“, erzählt John. „Ich zeichnete und » [Amiga] Joes Erzfeind Anderson nervt tierisch. » Ein früher Entwurf der sonen von Steve Sta Hauptpermatiadis. schrieb damals Comics und mir gefiel dieser Aspekt von Monkey Island, ein interaktiver Comic zu sein. Wir beschlossen also, selbst ein Grafik-Adventure zu machen und begannen mit Amazon Queen, während wir noch an dem Halloween Harry-Ableger dran waren. Da hatten wir uns ganz schön viel vorgenommen!“ Auch eine andere bekannte Marke aus dem Hause George Lucas wurde zur Ideenquelle für das Spiel. John gesteht freimütig: „Wir waren riesige Fans von Jäger des verlorenen Schatzes, und dieses Szenario war einfach reif für ein Grafik-Adventure. Als wir mit der Arbeit begannen, gab es noch keine Indy-Spiele. Wir ließen Amazon Queen in den 50ern spielen, weil diese Epoche bei Indy noch nicht vorgekommen war. Na ja, und wir brachten Dinosaurier-Frauen und außerirdische Kristallschädel in die Handlung ein. Wir konnten ja nicht ahnen, dass Spielberg und Lucas diese Motive viele Jahre später im vierten IndianaJones-Film selbst aufgreifen würden!“ Wenn man bedenkt, dass die beiden Australier keinerlei Erfahrung mit Grafik-Adventures hatten, war dies ein ehrgeiziger Plan. Monkey Island wurde schließlich mit der bereits seit Manic Mansion erprobten SCUMMEngine entwickelt, wohingegen John ganz von vorne programmieren musste. Auch für die Dialoge, die Geschichte, das Interface und die Grafik waren die beiden allein zuständig. John begann, die neue Engine mit AMOS zu entwickeln, einer Programmiersprache für den Amiga. „Ich nannte sie JASPAR, das stand für ‚John And Steve’s Programmable Adventure Resource‘ – eine furchtbare Abkürzung“, sagt John, „aber wir wollten nun mal LucasArts in allem nacheifern, bis hin zu einem bescheuerten Namen für die internen Tools …“ Während John an der Engine, den Dialogen und Puzzles werkelte, wurde aus Steve eine „Ein-Mann-Grafikabteilung“, wie er es selbst beschreibt. Er entwarf sämtliche Charaktere, von Joe und seinem Mechaniker Sparky über das Filmsternchen Faye Russel bis hin zu Dr. Frank Eisenstein, dem Kopf der mysteriösen Organisation Flöda. Steve gestaltete auch die vielen Hintergründe und Zwischensequenzen und die beeindruckenden Vollbild-Animationen, sowie das farbenfrohe Commander-Rocket-Heftchen „Steve musste die Bilder alle doppelt erstellen – einmal für den PC und einmal für den Amiga, er war also gut beschäftigt“, schmunzelt John. „Für mich war das Entwerfen von Puzzles toll, auch wenn ich die Schwierigkeit nicht gut einschätzen konnte – schließlich wusste ich die Lösung schon vorher. Ich glaube, dass mir die Rätsel im Tempel auf der Faultierinsel am besten gelungen sind. Dort muss man etwa Schädel und Kristalle benutzen, um Türen zu öffnen. Auch die Tipps im Commander-Rocket-Heft fand ich klasse.“ Die Entwicklung eines Spiels von der Größenordnung von Amazon Queen war an sich schon ein große Leistung, doch auch das Finden eines Publishers gestaltete sich sehr schwierig. „Es gab in Australien einfach keine richtigen Publisher, also mussten wir uns sehr bemühen und auch ein wenig Glück haben, um einen Publisher aus den USA oder aus Großbritannien zu finden“, erinnert sich John. Kurzzeitig sah es so aus, als ob sie beim lokalen Büro von Electronic Arts landen würden. Sie bekamen zwar keinen Vorschuss, trafen sich aber ein paar Mal mit ihnen und bekamen Andeutungen, dass EA das Spiel herausbringen wollte. John fährt fort: „Zur entscheidenden Begegnung kam es, als wir uns mit deren US-Chef trafen.“ (Vermutlich handelte es sich um Larry Probst, der damals CEO von EA war – Anm. d. Red.). „Wir sollten ihm Amazon Queen und Halloween Harry zeigen und bereiteten einen PC und einen Amiga mit den laufenden Spielen vor. Da kam er herein uns sagte: ‚Eure Namen brauche ich nicht, die kann ich mir sowieso nicht merken.‘ In den nächsten zehn Minuten zelebrierte er sich als die arroganteste und unhöflichste Person, die man sich vorstellen kann. Er sagte uns, dass unsere Spiele grauenvoll wären und wir sie für die falschen Plattformen entwickelt hätten. Ich war geschockt und wusste nicht, was ich sagen sollte. Später, als ich zu Hause war, wollte ich es EA zeigen und schickte das Spiel an alle Publisher, die mir einfielen. Und tatsächlich bekamen wir einen Anruf von Renegade, die uns veröffentlichen wollten. Der EA-Boss aber landete schließlich als unausstehlicher Hotelpage im Spiel.“ Die Zusammenarbeit mit Renegade beschreibt John als geradezu traumhaft: „Jede Anmerkung war konstruktiv und wir waren » [Amiga] Respekteinflößende Fische im Fluss. (ABGEBILDET) PLATTFORM: DOS JAHR: 1994 TY THE TASMANIAN TIGER PLATTFORM: PS2, XBOX, GAMECUBE JAHR: 2002 DESTROY ALL HUMANS! 2 PLATTFORM: PS2, XBOX JAHR: 2006 » [Amiga] Dr. Eisenstein amüsiert sich. immer einer Meinung!“ Die Eröffnungsszene von Flight of the Amazon Queen, in der John seinem Erzfeind Anderson entkommt und Faye in die Arme läuft, war ein Ergebnis dieser Zusammenarbeit. Eigentlich sollte es gleich mit der Amazon losgehen, aber Renegade empfahl den Beiden, noch eine Szene davor zu machen, um die Charaktere einzuführen und das Spiel zu verlängern. So kam die Hotelszene zustande. Für die Version von Flight of the Amazon Queen mit englischer Sprachausgabe konnte Renegade einige bekannte Namen als Sprecher engagieren. Darunter Penelope Keith, eine Schauspielern, die aus The Good Life bekannt ist, den Comedian Enn Reitel und William Hootkins (Porkins aus Star Wars Episode IV), unter anderem in der Rolle des erwähnten Hotelpagen. „Ich war im Studio, RÜU Ü CKKEHR DER AMAZON QUEEN John Passfield über das nie realisierte Nachfolgeprojekt „Ich hatte mir eine Fortsetzung namens Return of the Amazon Queen ausgedacht. Darin sollte Joe auf dem Globus unterwegs sein und Hinweisen nachjagen, die hinter Gemälden eines Malers namens Delpaso versteckt sein sollten. Die Hinweise sollten zu einem verlorenen Schatz führen, der natürlich fremdartige Technik enthalten würde. Aber leider kam es nie bis zu einem Prototyp.“ Wir haben allerdings einige spielbare Prototypen eines Grafik-Adventures namens Stereo Jack entwickelt. Es war eine helle und stilvolle Variante der ansonsten düsteren Cyberpunk-Literatur. Man spielt einen Hacker namens Stereo Jack, der auf den Spuren eines verlorenen Supercomputers war. Außerdem machten wir noch ein 3D-Adventure namens Gruesome Castle. Es war schon zu 80 Prozent fertig, als der Publisher den Stecker zog. Kurz danach gründeten wir die Krome Studios, und das Projekt wurde eingestellt. Mit diesen Game-Boy-Entwürfen [siehe unten] wollten wir das Point-and-Click-Genre irgendwie auf die Handheld-Geräte bringen. Es existierte bereits ein Prototyp für Amiga. Doch leider bestand an einer tragbaren Version kein Interesse.“ » [Amiga] Gleich startet die Amazon Queen. RETRO GAMER 1/2014 | 31 GLOBE TROTTER Klassische Videospielhelden auf Weltreise LEGENDE MONTY MOLE LARA CROFT INDIANA JONES NATHAN DRAKE RICK DANGEROUS CARMEN SANDIEGO ZAK MCKRACKEN MONTY MOLE ZIELE: ÄRMELKANAL, EIFFELTURM, DEUTSCHLAND, GRIECHENLAND ■ In Monty On The Run nimmt das gehetzte Säugetier die Beine in die Hand und flieht vor den Behörden über den Ärmelkanal aufs europäische Festland. In Auf Wiedersehen Monty reist er wiederum durch Europa, diesmal auf der Suche nach Investoren, um eine griechische Insel zu kaufen. Auch im fernen Osten und dem Amazonas ist Monty unterwegs. LARA CROFT INDIANA JONES ZIELE: ANDEN, ÄGYPTEN, ANDAMANENSEE, VENEDIG, JAPAN ZIELE: BARNETT COLLEGE, BERLIN, ISLAND, KAIRO, ATLANTIS ■ Nach mehr als einem Dutzend Serienteilen ■ Genau wie in den von den Filmen inspirierten Titeln Indiana Jones’ Greatest Adventures und The Last Crusade sammelte er auch in Fate of Atlantis auf der Suche nach der legendären Insel ordentlich Bonusmeilen. Mit seiner hervorragenden, verschachtelten Story und der Schauplatz-Vielfalt (von Island über Südamerika bis nach Monte Carlo) ist es immer noch unser Lieblings-Indy-Spiel. haben Laras Hotpants mit Sicherheit schon mehr als genug archäologische Brennpunkte auf dieser Erde besucht, von den dinoverseuchten Anden in ihrem Debüt über venezianische Kanäle und ägyptische Gräber bis zur chinesischen Mauer. Ihre jüngere Inkarnation kämpfte sich zuletzt vor der Küste von Japan durch den 2013er Serien-Relaunch. » [Amiga] Krämer Bobs Laden im Pygmäendorf. » Das wunderschöne Cover im Stile der 50er. NATHAN DRAKE ZIELE: NEPAL, PANAMA, SÜDPAZIFIK, ARABISCHE WÜSTE RICK DANGEROUS CARMEN SANDIEGO ZAK MCKRACKEN ■ Der Held aus der Uncharted-Reihe ZIELE: ÄGYPTEN, HYDE-PARK, FREEZIA, ATOMIC-MUD-MINEN, PLANET BARF ZIELE: LONDON, WASHINGTON, ATHEN, SINGAPUR, LIMA ZIELE: SEATTLE, KATHMANDU, BERMUDAS, MEXIKO, MARS ■ Rick ist ein Experte darin, keine hundert Meter ■ Die mysteriöse Superspionin aus der ■ Auch der unglücksselige Reporter Zak gibt weit zu kommen, ohne sich selbst irgendwo aufzuspießen. Gerne geht er auch mal auf Selbstmordtour durch alte ägyptische Gräber. Sowohl seine Vorliebe für Weltreisen als auch sein Talent, bei jeder sich bietenden Gelegenheit ins Gras zu beißen, hat er erfolgreich an Lara Croft weitergegeben, seine Nachfolgerin im Geiste. Edutainment-Reihe von Brøderbund war überall auf dem Erdball unterwegs, um Unruhe zu stiften: Ständig mussten die Spieler herausfinden, wo sie und ihre unbequemen Gefolgsleute sich nun wieder versteckt hatten. Spätere Teile fokussierten sich auf bestimmte Kontinente und in Where In Time Is Carmen Sandiego? machte sie sogar einen auf Zeitreisende. die meisten seiner hart verdienten Moneten für überteuerte Flüge aus und muss sich noch dazu mit mürrischen Stewardessen herumschlagen. Außerdem vergisst er ständig wichtige Objekte, sodass er die Tickets immer wieder neu kaufen muss. Zum Trost darf er sich dann dafür auch mal per Gedankenverschmelzung in ein Eichhörnchen oder ein Yak versetzen. von Naughty Dog machte sich durch das Herumturnen auf abenteuerlichen Felsüberhängen einen Namen. Besonders spektakulär kann man das in der Eröffnungssequenz von Uncharted 2 erleben, die in den Gipfeln von Nepal spielt. Er war auch schon im Südpazifik unterwegs und überlebte in Uncharted 3 einen Flugzeugabsturz in der arabischen Wüste. 32 | RETRO GAMER 1/2014 als die Dialoge aufgenommen wurden“, erinnert sich John. „Wir waren sehr froh, dass wir Penelope, Enn und Will bekommen hatten. Die Zusammenarbeit mit ihnen war großartig und alle waren sehr liebenswürdige Personen.“ Abgerundet wurde das gelungene Gesamtpaket durch den stimmungsvollen Soundtrack, er stammt vom inzwischen verstorbenen Richard Joseph, und durch die Gestaltung der Schachtel durch Pete Mullins – obwohl die Box in den USA eine andere Gestaltung bekam. „Die US-Verpackung ist fürchterlich“, ärgert sich John. „Als das Spiel in den USA herauskam, wurde Renegade gerade von Warner übernommen, die etwas andere Vorstellungen hatten. Wir bekamen erst die endgültige Fassung zu Gesicht und ich verstand beim besten Willen nicht, was sie dabei geritten hatte. Es sind darauf Stammes angehörige zu sehen, die im Spiel gar nicht vorkamen, und eine Kobra, die es in Südamerika gar nicht gibt!“ Amazon Queen war zwar finanziell nicht so erfolgreich wie die großen Werke von LucasArts (Indiana Jones and the Fate of Atlantis verkaufte sich rund eine Million Mal), konnte aber für ein Grafik-Adventure einen großen Erfolg erzielen. John glaubt sich zu erinnern, dass knapp 100.000 Stück verkauft wurden: „Zum Glück hatten wir einen 50:50-Deal mit Renegade und verdienten richtig Geld. Wir konnten davon, mit etwas Sparen, ein paar Jahre leben!“ 2004 stellten John und Steve ihr Spiel als einen der ersten ehemaligen Vollpreis-Titel kostenlos für den Emulator ScummVM zur Verfügung. Dies führte letztendlich zu einer Wiederveröffentlichung auf iOS im Jahre 2008. John erklärt die Entscheidung: „Ich wollte, dass jeder das Spiel spielen konnte. Die PC-Technologie hatte sich aber weiterentwickelt, also funktionierte dort das Original nicht mehr. Als Freeware auf ScummVM konnte das Spiel viel mehr Menschen erreichen, obwohl es gar nicht mehr im Handel war. Außerdem half es der Veröffentlichung auf iOS, wo es heute immer noch ein wenig Geld abwirft, was natürlich schön ist.“ Nach Flight of the Amazon Queen gründeten John und Steve gemeinsam die Krome Studios, wo sie Ty The Tasmanian Tiger und den Game Room für Microsoft entwickelten, dem kein gutes Schicksal vergönnt war. John ist mit seiner neuen Firma Red Sprite Studios immer noch aktiv (www.passfield games.com), während Steve zuletzt an Blade Kitten und einigen daran angelehnten Comicheften gearbeitet hat. Als erstes Projekt der beiden ist Amazon Queen immer noch ein Grund für John, in Erinnerungen zu schwelgen. „Rückblickend bin ich erstaunt, dass wir es geschafft haben“, sagt er. „Tony Ball half uns bei der Konvertierung für den PC, aber alles andere haben wir beide ganz allein gestemmt. Wir hatten keinen Druck durch einen Publisher, also bauten wir Witze ein, die uns gefielen, und Rätsel, die wir mochten. Wir brauchten zwar fast drei Jahre, aber im Nachhinein haben wir mit unseren begrenzten Ressourcen wirklich gute Arbeit geleistet.“ Da können wir nur zustimmen: Die beiden Jungs aus Brisbane haben es allen gezeigt! » [Amiga] Ein Gorilla in Südamerika? » [Amiga] Wie kommt Flöda zu so etwas? RETRO GAMER 1/2014 | 33 HISTORIE: BREAKOUT DIE GESCHICHTE VON Die Entstehung von Breakout ist absolut faszinierend, schliesslich verbindet sie indirekt zwei der bekanntesten amerikanischen Elektronikunternehmen. Retro Gamer blickt zuruck auf einen der ersten SpieleBlockbuster. 54 | RETRO GAMER 1/2014 P ong war nicht nur ein sehr populäres Videospiel, es war auch der erste große Erfolg für Atari. Ein paar Jahre später lieferte der amerikanische Hersteller seinen zweiten Hit ab: Breakout. Die Geschichten der beiden Titel ähneln sich. Während der Spielverlauf von Pong an Tischtennis erinnert, diente Racquetball als Inspiration für Breakout. Die Sportart hatte dank des Fitness-Booms in den 70er Jahren Beliebtheit erlangt. Zurückzuführen ist die Spielidee auf den Atari-Gründer Nolan Bushnell und den Erfinder von TANK, Steve Bristow. Sie erkannten schnell, dass sich eine Pong-Variante basierend auf dem Hallensport umsetzen ließe. Die beiden hatten aber eine große Sorge: Einen Ball immer wieder gegen eine Wand zu schlagen, klang auf lange Sicht nicht sonderlich motivierend für die Spieler. Um den Spielverlauf spannender zu gestalten, überlegten sie sich, am oberen Bildschirmrand eine Mauer aus einzelnen Blöcken zu platzieren. Mit einer beweglichen Plattform sollten die Spieler den Ball gegen diese Blöcke schlagen und sie so zerstören. Somit ergab sich ein klares Spielziel (zerstört alle Blöcke), außerdem wurde der Unterschied zu Pong offensichtlicher. Zwar dachten sich Nolan Bushnell und Steve Bristow das Konzept aus, umgesetzt wurde Breakout aber vom späteren Apple-Mitbegründer Steve Wozniak, der damals für HewlettPackard arbeitete. Zu dieser Tätigkeit gelangte er über seinen späteren Gründerkollegen und Freund, Steve Jobs, der damals als Techniker bei Atari angestellt war. Die Geschichte dürfte vielen bekannt sein: Nolan Bushnell hatte seine Entwickler aufgefordert, einen Prototyp des RacquetballSpieles zu entwerfen und dabei so wenige integrierte Chips wie möglich zu verwenden. Die Entwickler bei Atari zeigten jedoch kein Inte resse. Sie waren der Meinung, das Spielprinzip hätte ausgedient. Schließlich erklärte sich Steve Jobs dazu bereit, das Projekt zu übernehmen und bekam – obwohl er nur wenig technische Erfahrung mitbrachte – den Zuschlag. Die Entscheidung darüber trafen Bushnell und der Pong-Erfinder Allan Alcorn. Nicht ohne »A uf dem Flyer lag der Breakout-Automat in Ketten. Hintergedanken: Sie rechneten fest damit, dass Jobs Wozniak an Bord holen würde. Wozniak hatten die beiden Atari-Persönlichkeiten schon vor dem Projekt kennengelernt, als er ihnen eine eigene Heimversion von Pong gezeigt hatte. Das Spiel kam mit wenigen Chips aus und gab unhöfliche Kommentare ab, wenn der Spieler einen Ball verfehlte. Allan Alcorn gefiel die Idee gut. Gerüchten zufolge bot er Wozniak direkt im Anschluss einen Job an, den dieser aber ablehnte. Der Plan von Bushnell und Alcorn ging auf. Jobs war aber nicht ganz ehrlich zu seinem Partner, als es um die Entlohnung ging: Bushnell bot 100 Dollar für jeden eingesparten Chip. Da ein Spiel damals zwischen 100 und 170 Chips bedurfte, stellte dies ein attraktives Angebot dar. Jobs erzählte Wozniak angeblich nur, dass Atari 700 Dollar zahlen würde. Dabei handelte es sich um den Grundbetrag, den sich die beiden teilten. Es wurde aber auch ein Bonus aufgrund der eingesparten Chips in Höhe von 5.000 Dollar gezahlt, den Jobs nicht erwähnte und selbst einsteckte. Außerdem teilte Jobs seinem Kollegen angeblich mit, dass das Spiel in vier Tagen fertiggestellt sein musste. Atari hatte aber nie eine solche Deadline gesetzt. Trotz eines knappen Zeitplans (normalerweise dauerte es mehrere Monate, um allein die Hardware zu entwerfen) und der Tatsache, dass nur Jobs ihm das Spielkonzept erklärt hatte, stellte Wozniak eine erste Version tatsächlich in nur vier Tagen fertig. Als der Prototyp ein paar Tage später auf Allan Alcorns Schreibtisch landete, war dieser überrascht: „Ich hatte keine Ahnung, dass das Spiel überhaupt entwickelt wurde – und dazu noch von Steve Jobs! Später erst habe ich herausgefunden, dass in Wirklichkeit Wozniak für die Version verantwortlich war.“ Es blieb nicht die einzige Überraschung. Als Ataris Techniker Wozniaks Hardware-Design genauer unter die Lupe nahmen, bemerkten sie die Komplexität seiner Arbeit. „Für ‚normale“ Entwickler war es schwer, das Design von Wozniak zu reproduzieren, da viele überhaupt nicht verstanden haben, wie es funktioniert“, sagt Alcorn und lacht. Als Nächstes sollten Änderungen an Woznikas Version vorgenommen werden. Er hatte noch auf RAM zurückgegriffen, um die Spiel RETRO GAMER 1/2014 | 55 HISTORIE: BREAKOUT Die Kopfe hinter Breakout Trotz des simplen Spielprinzips zeichneten viele Personen fur die Entstehung von Breakout verantwortlich. Wir stellen sie euch vor ... STEVE WOZNIAK ■ Er war gar kein Atari-Mitarbeiter, entwarf aber die erste Breakout-Version. Steve Jobs hatte ihm die Tätigkeit angeboten. Wozniak erhielt 350 Dollar für seine Arbeit, Jobs steckte 5.350 Dollar ein. NOLAN BUSHNELL STEVE JOBS Breakout. Seine Idee war es, ein Spiel auf Basis von Racquetball zu entwickeln. Die Sportart erfreute sich dank des Fitness-Booms in den siebziger Jahren großer Beliebtheit. Initiative wäre Breakout nicht zustande gekommen. Er brachte Steve Wozniak die Spielidee von Bushnell und Bristow näher. Danach konnte er Wozniak davon überzeugen, einen Prototyp zu entwickeln. STEVE BRISTOW GARY WATERS Bristow die Rolle des Vice President of Engineering bei Atari. Mit Nolan Bushnell sammelte er Spielideen. Eine davon war eine Pong-Variante, die zu Breakout werden sollte. Waters arbeitete bei Ataris Tochterunternehmen Cyan Engineering. Er baute Wozniaks Hardware-Konstruktion so um, dass sie sich leichter in großen Mengen produzieren ließ. ■ Bushnell ist einer der Erfinder des Konzepts hinter ■ Nach seiner erfolgreichen Zeit bei Kee Games bekleidete zu einem Erfolg. Deshalb wurde informationen über die zerstörbaBreakout auch als eines der ersten ren Blöcke zu speichern. Für die Arcade-Spiele auf das Atari 2600 Serienproduktion war das aber portiert. Der Titel diente vielen zu teuer. Außerdem fehlten noch anderen Entwicklern als „InspiraSoundeffekte und ein Modus, in tion“. Schon wenig später waren dem zwei Spieler abwechselnd zahlreiche Klone erhältlich. Warum gegeneinander antreten konnten. Breakout so beliebt war? Unter anAlcorn erinnert sich: „Der Protoderem dürfte das „zerstörerische“ typ ist erst in Serie gegangen, als Gameplay eine Rolle gespielt wir die Hardware so umgebaut haben. Taito orientierte sich bei hatten, dass jeder Entwickler sie der Entwicklung des prägenden verstehen, zusammenbauen und Space Invaders genau an diesem testen konnte. Im Zuge dessen ist Aspekt. Später veröffentlichten die die Zahl der Chips wieder von 20 Japaner noch eine offensichtlicheauf ungefähr 100 gestiegen.“ re Breakout-Hommage unter dem Zuständig für die Ände» [ Arcade] Breakout basierte auf Titel Arkanoid. rungen war Cyan Engineering einer einfachen Idee und wurde Breakout war zudem einaus Grass Valley in Kalifornien. zum Mega-Erfolg. fach zu verstehen und zu bedieDas Unternehmen war auch nen. Wenn die Spieler den Ball bei der Entwicklung des Atari verfehlten, dann konnten sie nur sich selbst und 2600 ein wichtiger Partner und bei technischen nicht das Spiel dafür verantwortlich machen. Am Aufgaben Ataris erste Anlaufstelle. Wozniaks oberen Bildschirmrand wurden acht Blockreihen Breakout-Version landete beim Cyan-Mitarbeiter dargestellt. Da das Spiel in Schwarz-Weiß geGary Waters, der das Spiel fit für die Produktion halten war, wurden bunte Cellophan-Steifen auf machte. Er sparte dabei zwar nicht an Chips, den Bildschirm des Automaten geklebt. Immer Wozniak selbst musste später aber zugeben, zwei Reihen trugen die gleiche Farbe. Das Spiel dass die beiden Fassungen „quasi identisch“ sollte dadurch nicht nur ansehnlicher werden, die aufgebaut waren. Farben gaben auch Auskunft darüber, wie viele Im April 1976 wurde die SpielhallenverPunkte ein Block wert war. Im weiteren Spielversion veröffentlicht und entwickelte sich schnell 56 | RETRO GAMER 1/2014 ■ Jobs arbeitete als Techniker bei Atari. Ohne seine »A nfangs schien Super Breakout eine exakte Kopie des Originals zu werden. ■ Der Mann hinter der veröffentlichten Breakout-Version. lauf wurde Breakout fordernder: Die Geschwindigkeit des Balles und die Größe des Schlägers veränderten sich. Der erste Breakout Nachfolger – Super Breakout – wurde 1978 veröffentlicht. Verantwortlich zeichnete Ed Logg, der zuvor Asteroids programmiert hatte. Super Breakout war eines seiner ersten Projekte bei Atari. „Ich habe bei Atari im Februar 1978 angefangen“, erinnert er sich. „Ich habe an Dirt Bike, Avalanche und einem U-Boot-Spiel gearbeitet.“ An all diesen Projekten war übrigens auch Dennis Koble in irgendeiner Weise beteiligt. „Avalanche war kurz davor, in Produktion zu gehen, Dirt Bike hat mir zu der Zeit am meisten Aufmerksamkeit abverlangt. Für Super Breakout habe ich das Atari-Management erst gar nicht um Genehmigung gebeten, sondern in meiner freien Zeit daran gearbeitet. Mit der Entwicklung habe ich irgendwann im April 1978 begonnen. Während ich auf neue Lochstreifen für Dirt Bike gewartet habe – ja, die haben wir damals noch in das Entwicklersystem geladen – tauschte ich die Grafik-EPROM aus und habe Super Breakout geladen. Ich glaube, das war das erste Mal, dass irgendjemand bei Atari an zwei Spielen gleichzeitig gearbeitet hat.“ Ed Loggs Aussage lässt darauf schließen, dass ein Breakout-Nachfolger kein allzu großes Thema bei Atari war. Bei dem Erfolg des Spieles eine überraschende Erkenntnis! Super » [ Arcade] Der „Progressive”Modus erinnerte an Space Invaders. »G ebt in der Bildersuche von Google „atari breakout“ ein und spielt den Klassiker im Browser. >> Ich tauschte die Grafik-EPROM [von Dirt Bike] aus und habe Super Breakout geladen. Ich glaube, das war das erste Mal, dass jemand bei Atari an zwei Spielen gleichzeitig arbeitete.<< Ed Logg Breakout war trotzdem ein guter Nachfolger, der etwas mehr Abwechslung als das Original bot. Anders als Breakout, für das extra eine Hardware entwickelt wurde, wurde Super Breakout für den 6502 Mikroprozessor programmiert. Aus diesem Grund musste Ed Logg das Programm von Grund auf neu schreiben und konnte nichts aus dem Original übernehmen. Super Breakout enthielt drei Spiel modi. In „Double Breakout” gab es zweimal vier Blockreihen am oberen Bildschirmrand. Zwei Bälle befanden sich im Spiel, die man mit zwei übereinanderliegenden Schlägern gegen die Blöcke brettern musste. In „Captivity“ galt es, zwei zusätzliche Bälle, die in den Blöcken eingesperrt waren, zu befreien. Waren zwei Bälle im Spiel, gab es auch die doppelten Punkte, und bei drei die dreifachen. Der letzte Spielmodus nannte sich „Progressive“ und erinnerte an Space Invaders. Zwei Blockreihen kamen auf die Schläger-Plattform zu und wurden mit der Zeit immer schneller. Laut Ed Logg waren ursprüng- lich sogar sechs Modi geplant. „Neben den drei im Spiel enthaltenen Varianten sollte es noch drei mit einem vertikalen Level-Aufbau geben. Meine Idee war es, zwei Versionen des Spiels mit jeweils drei Spielmodi zu veröffentlichen. In den Praxistests kamen aber nur drei der sechs gut bei den Probekunden an, und so wurden die anderen nie veröffentlicht. Die Entwickler von Arkanoid scheinen sich von meinem ursprünglichen Plan etwas abgeschaut zu haben.“ Wer kam eigentlich auf die verschiedenen Spielmodi? Ed Logg zufolge hat ein AtariMitarbeiter (er glaubt, es war Owen Rubin) mit Nolan Bushnell gesprochen. Daraus ergaben sich die Ideen. „Das Gespräch drehte sich um mehrere Bälle, mehrere Pattformen, einen vertikalen Level-Aufbau und so weiter. In manchen Breakout-Klonen für das Atari 2600 (VCS) konnte man mehrere Plattformen steuern. Womöglich war das eine Inspiration.“ Wie bereits erwähnt, basierte das Original auf der Sportart Racquetball. Aufgrund eines Marketing-Schachzugs von Atari drehte sich die veröffentlichte Version aber um eine andere Thematik. Es wurde laut Hintergrundstory nicht virtuelles Racquetball gespielt, vielmehr zerstörten die Spieler Mauersteine, um aus einem Gefängnis auszubrechen! Umso skurriler ist es angesichts dieses Marketing-Drehs, dass Ed Logg bei der Entwicklung des Nachfolgers beinahe wirklich mit dem Gesetz in Konflikt geraten wäre. Und das kam so … „Nach dem Praxistest in den Spielhallen durften Atari-Mitarbeiter den Prototyp des Spiels kaufen und nach Hause nehmen“, erinnert sich » [ Atari 2600] Natürlich wurde Breakout auf die Heimkonsolen portiert. RETRO GAMER 1/2014 | 57 HISTORIE: BREAKOUT » [ iOS] Breakout Boost bietet Power-ups im Arkanoid-Stil. Logg. „Im Fall von Super Breakout habe ich das getan. Die Entwickler in einer Abteilung bei Atari wollten jedoch ein VCS-Spiel basierend auf dem Spiel entwickeln. Also habe ich ihnen den Automaten ausgeliehen. Einige Monate später habe ich ihn dann wieder nach Hause mitgenommen. Es war, glaube ich, an einem Freitag. Als ich in der folgenden Woche ins Büro gekommen bin, sagte mir jemand, dass der Automat gestohlen worden sei. Ich erklärte, dass ich den Spielautomaten mitgenommen hatte, es war ja schließlich meiner. Die Entwickler der VCS-Version wollten das aber nicht wahrhaben und haben behauptet, dass der Automat ihnen gehöre. Die Situation hat sich später geklärt, nur wie, weiß ich nicht mehr genau.“ Nach Super Breakout wurde es für lange Zeit ruhig um die Serie. Zahlreiche BreakoutKlone hielten das Interesse der Spieler jedoch aufrecht, bis endlich ein weiterer Teil herauskam: Breakout 2000. Das war neben Missile Command und Tempest einer der wenigen Arcade-Klassiker, der seinen Weg auf Ataris ziemlich erfolglose Jaguar-Konsole fand. Entwickelt wurde das Spiel von L4 Software und Telegames. Ein paar Ideen wurden Taitos Arkanoid entliehen. Es gab zwei Spielmodi: Classic und Breakout 2000. Ersterer war im Grunde ein Remake des Originals, Letzterer ein kunterbuntes Update, das mit einer geneigten Kameraperspektive ein Bisschen an Klax erinnerte. In Breakout 2000 konntet ihr allerlei Gegenstände aufsammeln, die beispielswiese die Geschwindigkeit des Balles oder die Größe eures Schlägers beeinflussten. Zum ersten Mal konnten zwei Spieler gleichzeitig gegeneinander antreten. Wie beim Tennis war es möglich, den Ball ins gegnerische Spielfeld zu schlagen. Enttäuschend fiel die Steuerung aus, die einfach nicht so direkt war wie beim Original. Heute ist das Spiel nur noch schwer zu finden und deshalb ein beliebtes Sammlerstück. >> [Wozniaks Breakout] wurde erst veroffentlicht, nachdem die Hardware umgebaut wurde und >normale< Entwickler sie verstehen, zusammenbauen und testen konnten. Die Anzahl der Chips stieg von 20 auf 100.<< Allan Alcorn Im Jahr 2000 veröffentlichte Hasbro ein Spiel mit dem Titel Breakout. Es handelte sich dabei um eine Neuauflage in 3D und mit Plattformer-Elementen. Mitte der neunziger Jahre hatte Hasbro Atari zahlreiche Marken abgekauft. Der Spielwarenhersteller veröffentlichte anschließend viele Spielhallenklassiker in aktueller 3DGrafik, unter anderem Pong, Centipede, Missile Command und eben auch Breakout. Supersonic Software entwickelte die Version und veröffentlichte sie auf der PlayStation, dem PC und dem Mac. Es erinnerte an ein Adventure-Spiel im bunten Cartoon-Look und übernahm die Kameraperspektive aus Breakout 2000. Hasbros Spiel verband zudem die altbekannte Spielmechanik mit einer Handlung. In der Rolle von Bouncer – so hieß die bewegliche Plattform – mussten Spieler aus dem Gefängnis fliehen. Eine böse Plattform (!) hatte sie dort eingesperrt. Zugegeben, tiefgründig war die Geschichte nicht, das Spiel entwickelte dadurch aber einen gewissen Charme, zumal die Levels thematisch daran ausgerichtet waren. Unter anderem dienten ein düsteres Gefängnis, ein Schloss und ein Bauernhof mit besessenen Hühnern als Schauplätze. Der Titel enthielt MiniSpiele (in einem flüchtete Bouncer vor einem Wolf und bewegte sich auf die Kamera zu, ein heute gerne verwendetes Stilmittel in Spielen wie Uncharted), Bosskämpfe und unterschiedliche Schussarten. Ihr konntet den Ball anschneiden und mit Hilfe der Schultertasten den Aufschlagwinkel ändern. Die aktuellste Veröffentlichung in der Breakout-Serie ist das iOS-Spiel Breakout Boost. Ihr benötigt dafür nur einen Finger, was sich fast schon so komfortabel anfühlt wie die Steuerung des Originals. Boost ist eine gute Version für unterwegs und bietet ein paar neue Features. Wenn ihr bestimmte Blöcke zerstört, regnet es kleine Kapseln mit Extrapunkten, und Power-ups gibt es auch. Mit einem Schieberegler beeinflusst ihr die Geschwindigkeit des Balls – je schneller er sich bewegt, desto mehr Punkte erhaltet ihr. Die In-App-Käufe stören dagegen. Nur 15 Levels sind kostenlos erhältlich. Map Packs mit 50 bis 80 neuen Levels kosten jeweils 99 Cent. Außerdem wird immer wieder nervige Werbung eingeblendet. Das ist also die Historie von Breakout. Was aus Wozniak und Jobs wurde, ist Geschich- » [PlayStation] Breakout bot auf der Sony-Konsole einen Story-Modus. DAS PONG-ERBE » [ Jaguar] Breakout 2000 unterschied sich deutlich vom Original. » [ Jaguar] Einer der wenigen ArcadeKlassiker für Ataris Konsole. te: Kurz vor dem Release von Breakout im Jahr 1976 gründeten die beiden zusammen mit Ronald Wayne (ein Arbeitskollege von Jobs bei Atari) Apple Computer. Mit der Veröffentlichung des Apple I begann der rasante Aufstieg des Unternehmens auf dem Heimcomputer-Markt. Der Apple II war der erste massentaugliche Heimcomputer. Da Lügen bekanntlich kurze Beine haben, erfuhr Wozniak Jahre später, dass Jobs ihm nicht die ganze Wahrheit über die Entlohnung bei der Entwicklung von Breakout gesagt hatte. Wozniak verkündete daraufhin, dass er Off The Wall Spielfeld um 90 Grad. Spieler schlugen den Ball über ein Netz in der Mitte des Bildschirms. Es wurde auch als Pong-Upgrade veröffentlicht. die Tennis-Version von Rebound und basierte natürlich auch auf dem Spielkonzept von Bushnell. Entwickelt wurde es von Bally-Sente. Ihr konntet den Schlagarm wechseln. ■ Off The Wall war im Grunde Spike Hit, sondern diente unter anderem Tomohiro Nishikado bei der Entwicklung von Space Invaders als Inspiration. 58 | RETRO GAMER 1/2014 Jobs das Geld gerne überlassen hätte, wenn ihn dieser nur gefragt hätte. Imitationen von erfolgreichen Spielen gehörten in den Anfangsjahren der Spiele-Industrie einfach dazu. Breakout ist ein sehr gutes Beispiel dafür. Schließlich ist es selbst „nur“ eine PongVariante – und dennoch erschienen zahlreiche Klone und ein paar offizielle Nachfolger dazu. Es verwendet eines der simpelsten Spielkonzepte überhaupt und stellt unter Beweis, dass sich gerade die einfachsten Ideen zu einem absoluten Hit entwickeln können. ursprünglich vor, eine Handheld-Version von Super Breakout (zusammen mit Umsetzungen von Touch Me und Pin It) zu veröffentlichen. Es wird davon ausgegangen, dass heute lediglich zwei Prototypen des eingestellten Spieles existieren. Zwei Breakout-Fassungen waren auf Ataris VideoPinball-Konsole aus dem Jahr 1978 vorinstalliert. Super Breakout wurde zusammen mit dem Atari 5200 ausgeliefert. Aufgrund des analogen Controllers war diese Version quasi unspielbar. Der erste exakte Port des Breakout-AutomatenSpieles stammt von Martin Goldberg. Das Spiel wurde zusammen mit dem Kinder-Menü der amerikanischen Fast-Food-Kette Taco Bell vertrieben. Warum nicht die Atari-2600-Version die erste Portierung war? Diese Fassung wurde nicht direkt umgesetzt, sondern von Grund auf neu entwickelt. Rebound Off The Wall ■ Der Rebound-Klon ■ Breakout entwickelte sich nicht nur selbst zu einem ■ Nach dem Erfolg von Breakout hatte Atari Nach dem Erfolg von Pong sind zahlreiche Varianten des Spielprinzips erschienen. Hier einige Beispiele. ■ Rebound drehte das Breakout MEHR BREAKOUTUMSETZUNGEN stammt von Ataris inoffiziellem Tochterunternehmen Kee Games. Neu war eine Taste, mit der Spieler einen besonders starken Schlag ausführen konnte. Puppy Pong / Dr. Pong ■ Die kostenlos spielbare Version von Pong war für die Wartezimmer in Kinderarztpraxen gedacht. Eine clevere Strategie, Kinder und ihre Eltern an Pong heranzuführen. ■ Dieser Titel hat nichts mit dem Spiel von Bally-Sente zu tun. Es handelt sich um eine Mischung aus Breakout und Klax. Mit dem Ball räumt ihr euch den Weg zum Ausgang frei. RETRO GAMER 1/2014 | 59 HISTORIE: BREAKOUT Breakout klone Vier offizielle Nachfolger sind zu Breakout erschienen. Die Zahl der Klone ist bei weitem grosser. Hier sind die 14 besten. TRAZ (1988) QUESTER (1987) ■ Dieser Breakout-Klon ist voll- ■ Quester ist Namcos Arkanoid. Es war ver- gestopft mit besonderen Features. Die Power-ups und Feinde variieren je nachdem, in welchem der 64 Levels ihr euch befindet. Zudem kontrolliert ihr gleich mehrere Plattformen. Mit Hilfe des Level-Editors baut ihr eure eigenen Levels. dammt schwer, machte ansonsten aber nichts großartig anders als vergleichbare Klone. Vielleicht ist das der Grund dafür, dass das Spiel ausschließlich in Japan veröffentlicht wurde. WOODY POP (1987) ■ Nur in Japan ist dieses Spiel fürs Master System HOTSHOT (1988) erschienen – weltweit erfolgte der Release etwas später auf dem Game Gear. Mit dem speziellen Paddle-Controller konntet ihr euren Schläger bewegen. Die Blöcke erinnerten an Spielsachen. Wie in Arkanoid waren Power-ups vertreten, Feinde bewegten sich ebenfalls über das Spielfeld. ■ Dank seiner kompetitiven Komponente kam Hot- Shot gut an. Ziel war es, die meisten Blöcke zu zerstören. Es traten entweder zwei Spieler gegeneinander an oder einer gegen den Computer. Die fummelige Steuerung und die öde Grafik enttäuschten. GEE BEE (1978) ■ Es war das erste Spiel, das Namco intern entwickelte. Der spätere Pac-Man-Erfinder Toru Iwatani zeichnete verantwortlich und kombinierte Pinball-Elemente mit Breakout. Ursprünglich wollte er Pinball-Automaten entwerfen, was das Spieldesign beeinflusste. CIRCUS (1977) ■ Der Titel von Exidy war der erste Breakout-Klon mit ALLEYWAY (1989) ■ Es gab eine Zeit, da gab es für quasi jede Hardware einen Breakout-Klon. Nintendos Entsprechung war Alleyway für den Game Boy. Es handelte sich dabei um eine klare Kopie. Das Besondere an Alleyway war, dass sich in bestimmten Levels die Blöcke am oberen Bildschirmrand bewegten. ARKANOID (1986) ■ Taitos eigene Breakout-Version war so erfolgreich, dass eine ganze Serie daraus wurde. Zu den Besonderheiten von Arkanoid gehörten Power-ups, unterschiedliche Blockarten und Level-Layouts sowie gegnerische Raumschiffe. In den Nachfolgern kamen Bossgegner hinzu. menschenähnlichen Charakteren. Die Blöcke wurden durch Ballons ersetzt, als Plattform dienten zwei Figuren auf einer Wippe. Das Spielprinzip blieb dasselbe. Für das Atari 2600 ist ein ähnliches Spiel mit dem Titel Atari Circus erschienen. KIRBY’S BLOCK BALL (1995) ■ Kirby ist am Ball und dank der Power-ups gelingt es gleich leichter, die Blöcke zu zerstören. Drückt ihr die A-Taste im richtigen Moment, verstärkt ihr euren Schuss. Das Spiel hält mehrere Inseln für euch bereit, die wiederum aus mehreren Levels bestehen. KRAKOUT (1987) BATTY (1987) Klon. Ihr weicht feindlichen Kamikazefliegern aus, die es auf eure Plattform abgesehen haben. Eine interessante Breakout-Variante, auch wenn die Perspektive nicht so gut funktioniert wie die vertikale Sicht des Originals. beliebt. Später wurde es als alleinstehende Version zum Budgetpreis verkauft. Das Spiel von Elite erinnerte nicht nur grafisch an Arkanoid. Auch nützliche Power-ups und feindliche Flugobjekte waren in Batty vertreten. ■ Krakout ist ein horizontal ausgerichteter Breakout- 60 | RETRO GAMER 1/2014 ■ Als Beilage im Magazin Your Sinclair war Batty VORTEX (2006) SHATTER (2009) schon am Original beteiligt, ironischerweise veröffentlichte Apple Jahre später aber seinen eigenen Breakout-Klon. Das iPod-Spiel erinnerte ein wenig an Tempest, da die Levels wie ein 3D-Zylinder aufgebaut waren. Die Eingaben erfolgten über das Click-Rad des MP3-Players. Arkanoid-Klon, den nicht nur seine hübsche Retro-Grafik ausmacht. Mit der beweglichen Plattform könnt ihr Objekte – unter anderem euren Ball – wegblasen oder einsaugen. So ergeben sich viele taktische Möglichkeiten. Der tolle Soundtrack rundet die Spielerfahrung ab. ■ Steve Jobs und Steve Wozniak waren zwar ■ Das Download-Spiel Shatter ist ein guter RETRO GAMER 1/2014 | 61 Gamerfreuden zum Verschenken. n 4 Ausgaben zum VORZUGSPREIS VON 43,80 EURO (AT: 48,30 Euro, CH: sFr 87,70, EU: 50,50 Euro) n Mit attraktivem GESCHENKGUTSCHEIN für den Beschenkten IHR DANKESCHÖN FÜR SIE ODER ZUM WEITERVERSCHENKEN: T-Shirt mit kultigem Aufdruck (nur so lange der Vorrat reicht) HIER BEQUEM BESTELLEN: ONLINE: www.emedia.de/abo TELEFON: (089) 85 853 -837 werktags von 8-18 Uhr POST: Leserservice eMedia Retro Gamer, Postfach 13 63, 82034 Deisenhofen E-MAIL: emedia-retrogamer@ intime-media-services.de Bitte geben Sie bei der Bestellung Ihre T-Shirtgröße an!