Erbschafts- und Schenkungssteuerrecht Grundlagen

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Erbschafts- und Schenkungssteuerrecht Grundlagen
Rechtsanwalt Sebastian Wörner
Erbschafts- und Schenkungssteuerrecht
Grundlagen
I. Allgemeines
Die Weggabe einer Immobilie durch Veräußerung ist grunderwerbsteuerpflichtig. Hinsichtlich
der Einkommensteuer ist die Veräußerung einer Immobilie mit Gewinn grundsätzlich steuerfrei
(Ausnahmen: innerhalb der 10-Jahres-Frist oder gewerblicher Grundstückshandel).
Bei Weggabe einer Immobilie durch Schenkung fällt keine Grunderwerbsteuer an und auch
keine Einkommensteuer (es fehlt die Gegenleistung), dafür wird Schenkungssteuer fällig. Bei
der Weggabe der Immobilie durch Vererbung gilt wie zur Schenkung, dass der Vorgang grunderwerbsteuerfrei ist. Es wird hier aber Erbschaftssteuer fällig.
Erbschafts- und Schenkungssteuer sind in einem einheitlichen Gesetz geregelt und die beiden
Steuertatbestände entsprechen sich im wesentlichen vollständig, vor allen Dingen hinsichtlich
der steuerfreien Tatbestände, der Wertermittlung, der Steuerklassen, der Freibeträge und der
Steuertarife. Dies bedeutet, dass die Schenkung eines Gegenstandes im Regelfall die gleiche
Steuer auslöst wie die Vererbung dieses Gegenstandes. Bei der Vererbung größerer Immobilienvermögen können trotz der derzeit noch privilegierten Berechnung des Wertes erhebliche
Probleme auf den Erben zukommen, was sich aus folgender Situation ergibt:
-
Der Vermögenswert des Erbganges (Immobilien) ist festgelegt und bei schlechten
Marktverhältnissen nur weit unter Wert schnell zu Geld zu machen
-
Andererseits müssen Pflichtteilsberechtigte in bar bedient werden ebenso wie mögliche
Vermächtnisnehmer
-
Es muss ggf. Erbschaftssteuer in erheblichem Umfang gezahlt werden. Das Finanzamt
nimmt nur bedingt durch Stundung der Erbschaftssteuer Rücksicht auf die Liquiditätssituation des Erben.
-
Bei Grundstücken, die mit Gewinn veräußert werden könnten, ist der Erbe möglicherweise an eine 10-Jahres-Haltefrist gebunden, wobei seine Haltezeit und die Haltezeit des
Erblassers zusammengerechnet werden. Veräußert er die Immobilie unmittelbar nach
dem Erbfall und innerhalb der 10-Jahres-Frist, hat er auf den Erlös zunächst noch Einkommensteuer zu zahlen.
Im folgenden soll kurz die Steuersystematik des Erbschafts- und Schenkungssteuerrechts dargestellt werden (II), bevor auf Gestaltungstipps für die Praxis hingewiesen wird (III).
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II. Steuersystematik
1. Steuerfreie Tatbestände
Steuerfreie Tatbestände sind selten. Die meisten Steuerbefreiungen sind bei so geringen Werten angesetzt, dass eine Erwähnung nicht lohnt (vgl. aber III, Schenkung des Familienwohnheims an Ehegatten und zur Vererbung von Hausrat).
2. Wert von Schenkung / Nachlass
Das Finanzamt ermittelt nach Angaben des Steuerpflichtigen den Wert eines geschenkten Gegenstand bzw. den Wert eines Nachlasses. Bei einer Schenkung sind die Beteiligten verpflichtet, diesen Vertrag dem Finanzamt mitzuteilen. Bei der Schenkung eines Grundstücks trifft diese Pflicht den beurkundenden Notar. Bei einer Übertragung von Vermögenswerten im Erbgang
ist der Erbe verpflichtet, dem Finanzamt gegenüber unaufgefordert eine Erbschaftsteuererklärung abzugeben, in der er den Wert des Nachlasses darstellt.
3. Steuerklassen
Der Gesetzgeber hat sich sowohl für das Schenkungssteuerrecht als auch für das Erbschaftssteuerrecht für drei unterschiedliche Steuerklassen entschieden. Die günstigste Steuerklasse ist
die Steuerklasse I und betrifft diejenigen Personen, die mit dem Schenker bzw. dem Erblasser
eng verwandt sind. Bei weitläufigerem Verwandtschaftsgrad gilt die Steuerklasse II und für alle
übrigen Erwerber die schlechteste Steuerklasse III. Die Einteilung kann der Anlage entnommen
werden.
Bei der Bewertung der Steuerklassen fällt auf, dass nicht verheiratete Lebensgefährten, die beispielsweise 30 Jahre lang zusammen in „wilder Ehe“ leben und de facto eine Ehe führen, in die
Steuerklasse III fallen, während das erst sechs Monate verheiratete Ehepaar im Falle der
Schenkung oder im Falle des Todes eines Ehegatten die viel günstigere Steuerklasse I in Anspruch nehmen kann.
4. Freibeträge
Die Vergünstigung eines Freibetrages bedeutet, dass bis zu diesem Betrag des Wertes des
Nachlasses bzw. der Schenkung keine Steuer zu zahlen ist. Erst der erste Euro, der diesen Betrag übersteigt, ist potenziell steuerpflichtig. Hinsichtlich der Freibeträge ordnet der Gesetzgeber
nach Steuerklassen: Die größten Freibeträge haben die Ehegatten der Steuerklasse I, die
kleinsten Freibeträge die Steuerpflichtigen der Steuerklasse III. Innerhalb der Steuerklasse I
wird hinsichtlich der Freibeträge noch unterschieden in Ehegatten, Kinder oder Kinder eines
verstorbenen Kindes und alle übrigen Erwerber. Näheres ist der Anlage zu entnehmen.
5. Steuertarife
Die Erbschafts- und Schenkungssteuer steigt progressiv mit dem Wert des Erwerb und zwar in
jeder der drei Steuerklassen stufenweise in so genannten Wertstufen. Der maßgebliche Steuersatz wird dann auf den gesamten Erwerb angewendet.
Eine Übersicht über die Steuertarife kann der Anlage entnommen werden.
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6. Berechnungsbeispiel
Herr Schulz ist verstorben. Er hinterlässt Ehefrau und Sohn. Sein Vermögen (Immobilien, Wertpapiere, Bargeld) macht nach Abzug sämtlicher Verbindlichkeiten insgesamt einen Betrag von
1,5 Mio. € aus. Er hat testamentarisch seine Ehefrau und seinen Sohn zu gleichen Teilen, also
zu jeweils ½, als Erben eingesetzt.
Bei der Ehefrau errechnet sich die Erbschaftssteuer wie folgt:
Als Ehegatte unterliegt sie der Steuerklasse I und hat hier einen persönlichen Freibetrag von
307.000,00 € und einen Versorgungsfreibetrag von 256.000,00 €, insgesamt also 563.000,00 €.
(Hinweis: der Versorgungsfreibetrag ist zu kürzen, wenn dem Ehegatten durch den Tod des
Erblassers Versorgungsansprüche zuwachsen.) Der auf sie entfallende Nachlasswert beträgt
750.000,00 €, sodass ein Betrag von 187.000,00 € zu versteuern ist. Dieser Betrag ist mit 11%
zu versteuern, also fallen hierauf 20.570 € Erbschaftssteuern an.
Der Sohn des Verstorbenen bekommt ebenfalls einen Nachlasswert von 750.000,00 €. Unterstellt, er erhält keinen Versorgungsfreibetrag, erschöpft sich sein Freibetrag in 205.000,00 €. Er
hat dementsprechend 545.000,00 € zu versteuern. Dieser Betrag ist nach der Tabelle mit 19 %
zu versteuern, so dass sich hieraus eine Steuerschuld in Höhe von 103.550 € ergäbe. Da jedoch der Erbschaftserwerb mit 545.000 € nur knapp, nämlich um 33.000 € überschritten hat, ist
gem. § 19 Abs. 3 ErbStG eine Steuermilderung vorzunehmen, indem der Mehrbetrag, der sich
durch die Übersteigung der Wertgrenze (512.000 €) ergibt nur insoweit erhoben wird, als er aus
der Hälfte des die Wertgrenze übersteigenden Betrages gedeckt werden kann. Bei Einem Erbschaftserwerb von 512.000 € (Wertgrenze) wäre dieser mit 15 % zu versteuern, so dass sich
eine Erbschaftssteuer von 76.800 € ergäbe. Die Hälfte des die Wertgrenze übersteigenden Betrages beträgt 16.500 €. 76.800 € + 16.500 € ergeben 93.300 €, welche an Erbschaftssteuer
von dem Sohn zu zahlen sind.
III. Gestaltungstipps
1. Schenkung des Familienwohnheims an Ehegatten ist steuerfrei
Steuerfrei ist die Schenkung (nicht die Vererbung!) eines zu eigenen Wohnzwecken genutzten
Hauses oder einer zu eigenen Wohnzwecken genutzten Eigentumswohnung an den Ehgatten.
Erfasst sind sowohl die Fälle, in denen Alleineigentum verschafft wird als auch die Fälle, in denen ein hälftiger Anteil übertragen wird.
Folgendes ist hierbei zu beachten:
Es gibt keine Wertgrenze für die Befreiung von der Schenkungssteuer
Es gibt keinen Objektverbrauch und daher auch keine Objektgrenze
Den Erwerber trifft keine Behaltensfrist
Die Zuwendung von Ferien- und Wochenendwohnungen ist nicht begünstigt.
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Eine Fremdvermietung führt zum Entfallen der Privilegierung auch dann, wenn sie einen
untergeordneten Teil des Familienheims betrifft.
Steuerunschädlich ist es, wenn die Ehegatten selbst das Familienwohnheim teilgewerblich nutzen.
In der Praxis empfiehlt sich die Schenkung des Familienwohnheims bzw. eines Teils des Familienwohnheims aus erbschaftssteuerlichen Gründen vor allen in folgenden Fällen:
-
Aufgrund des zwischen den Ehegatten bestehenden Altersunteschiedes oder aufgrund
einer Erkrankung des Einen ist es wahrscheinlich, dass ein bestimmter Ehegatte zunächst verstirbt.
2. Vererbung von Hausrat ist i.d.R. steuerfrei
Die Übertragung des Hausrats im Erbgang (nicht durch Schenkung) ist steuerbefreit:
Für Personen der Steuerklasse I bis zu einem Wert von 41.000,00 €,
für Personen der Steuerklasse II und III bis zu einem Wert von 10.300,00 €.
3. Immobilien sind noch privilegiert
Immobilien (bebaute und unbebaute Grundstücke, Eigentumswohnungen) sind schenkungsund erbschaftssteuerrechtlich privilegiert, weil ihr Wertansatz im Regelfall deutlich unter dem
Verkehrswert bleibt. Auch nach der derzeit geplanten Anpassung der Immobilienwerte an den
Verkehrswert wird es dabei bleiben, dass die Übertragung von Immobilien im Erbgang oder im
Schenkungswege durch den etwas niedrigeren Wertansatz einen Vorteil bietet (zur Bewertung
von Immobilien im Erbschafts- und Schenkungssteuerrecht vergleiche Teil 2).
4. Bargeld ist „flüchtig“
Die Schenkung oder Vererbung von Bargeld ist zunächst steuerlich uninteressant, weil dessen
Wert feststeht (anders die Privilegierung von Immobilien vgl. oben). Man muss aber beachten,
dass Bargeldbeträge nicht – oder nur unzureichend – registriert sind und dementsprechend oft
die an sich bestehende Meldepflicht gegenüber dem Finanzamt unterlaufen werden kann.
5. Lebensversicherungen bleiben außerhalb des Nachlasses
Die Absicherung durch Lebensversicherungen wird insbesondere durch den überlebenden Ehegatten regelmäßig Bedeutung erlangen. Wichtig ist hier, dass man die richtige Regelung tirfft,
um die Lebensversicherung außerhalb des Nachlasses und damit außerhalb der Erbschaftsteuerpflicht zu halten. Zu unterscheiden sind folgende Begriffe:
Versicherungsnehmer (Vertragspartner des Versicherers)
Versicherter (Risikoperson, bei deren Tod die Versicherung ausbezahlt wird)
Bezugsberechtigter (Person, an die die Versicherung ausgezahlt wird)
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BEISPIEL
1
Beispiel 1:
Der Ehemann schließt eine Lebensversicherung auf sein Leben ab, er ist also Versicherungsnehmer und versicherte Person. Seine Ehefrau benennt er als Bezugsberechtigte.
Stirbt der Ehemann, wird die Versicherungssumme von der Versicherung direkt an die
Ehefrau ausgezahlt. Die Auszahlung ist jedoch in vollem Umfang erbschaftsteuerpflichtig.
B E I S P I E L
2
Beispiel 2:
Die Ehefrau schließt die Lebensversicherung auf das Leben ihres Ehemannes ab und
benennt sich selbst als Bezugsberechtigte. Versicherungnehmerin und Bezugsberechtigte ist also die Ehefrau, Risikoperson ist der Ehemann. Wenn der Ehemann verstirbt, erhält die Ehefrau die Versicherungssumme, ohne dass Erbschaftsteuer anfällt, da sie Vertragspartner der Lebensversicherung ist, also keine unentgeltliche Zuwendung vorliegt.
Stirbt die Ehefrau vor dem Ehemann, so kommt die Versicherungssumme nicht zur Auszahlung, da die Risikoperson ja noch lebt. Die Stellung des Versicherungsnehmers wird
dann durch den Erben, regelmäßig also durch den Ehemann, fortgesetzt.
BEISPIEL 3
Beispiel 3:
Die Ehegatten schließen eine „verbundene Lebensversicherung“ nach dem Beispiel 2 ab.
Hier wird das Leben des zuerst versterbenden Ehegatten versichert, die Leistung erfolgt
an den überlebenden Ehegatten. Zur Hälfte ist die Versicherungsleistung steuerfrei, da
unterstellt wird, dass jedem Ehegatten die Versicherung auch zur Hälfte „gehört“.
6. Steuerklasse verbessern
Von entscheidender Bedeutung für die Erbschafts- und Schenkungssteuer ist es, ob der Steuerpflichtige unter die Steuerklasse I, II oder III fällt. Dementsprechend sollte man bemüht sein,
in eine „bessere“ Steuerklasse aufzurücken. Da man Verwandtschaftsverhältnisse nur schlecht
ändern kann, beschränkt sich diese Möglichkeit auf zwei Fälle:
Lebensgefährten (Steuerklasse III) sollten sich überlegen, ob neben der gegenseitigen
Zuneigung nicht auch erbschaftssteuerliche Gründe für eine Heirat sprechen (dann
Steuerklasse I mit hohem persönlichen Freibetrag und Versorgungsfreibetrag)
Die Erwachsenenadoption (rechtlich schwierig!) führt von der Steuerklasse III in die
Steuerklasse I.
7. Freibeträge mehrfach ausnutzen
Die in der Übersicht für die verschiedenen Steuerklassen genannten Freibeträge gelten sowohl
für die Schenkung als auch für die Vererbung. (Ausnahme: Versorgungsfreibeträge gelten nur
bei der Vererbung). Diese Freibeträge können alle 10 Jahre ein Mal ausgenutzt werden. Eine
weit verbreitete Strategie stellt es daher dar, die Freibeträge mehrfach auszunutzen und bereits
zu Lebzeiten Vermögensgegenstände zu übertragen unter Ausnutzung der Freibeträge. Es ist
durchaus denkbar, dass man zu Lebzeiten die Freibeträge drei Mal ausnutzen ausnutzen kann
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(insgesamt 30 Jahre) und bei Tod dieser Freibetrag noch einmal gewährt wird (wenn seit der
letzten Übertragung wiederum 10 Jahre vergangen sind). Schenkungen und Zuwendungen
durch Todesfall innerhalb von 10 Jahren werden allerdings zusammengerechnet, sodass der
Freibetrag dann nur ein Mal geltend gemacht werden kann.
BEISPIEL 4
Auch soweit der Freibetrag im Einzelfall einmal überschritten ist, kommt es häufig zu einer Minderung der Steuerprogression (vgl. die Übersicht zu den Steuersätzen).
Der verwitwete Müller hat einen erwachsenen Sohn. Das von ihm selbst bewohnte Einfamilienhaus stellt seinen einzigen größeren Vermögenswert dar. Der
Steuerwert der Immobilie beträgt 400.000,00 €. Müller kann zu Lebzeiten die
Hälfte des Grundstücks – ggf. gegen Nießbrauchsicherung – auf seinen Sohn
steuerfrei übertragen, da die Hälfte des Vermögenswerts nicht den Freibetrag
von 205.000,00 € überschreitet. Lebt Müller noch mehr als 10 Jahre nach der
Schenkung, fällt im Falle seines Todes für den anderen hälftigen Anteil keine
Erbschaftsteuer an, weil wiederum der Freibetrag eingehalten ist.
BEISPIEL
5
Beispiel:
Die Eheleute Müller sind zu je ½ Eigentümer eines Einfamilienhauses mit einem Steuerwert von 800.000,00 €. Zu Lebzeiten kann jeder der Eheleute von seinem hälftigen Anteil
die Hälfte, also ein Viertel, auf den gemeinsamen Sohn steuerfrei übertragen, da der
Freibetrag nicht erreicht ist. Sterben dann beide Eheleute nach Ablauf von mehr als 10
Jahren, geht das jeweils zurück behaltene ¼ ebenfalls steuerfrei auf den Sohn über, da
für die Erbschaftssteuer ebenfalls die Freibeträge nicht überschritten werden. Der Sohn
kommt hier also in den Genuss, dass er von jedem Elternteil den Freibetrag – ggf. mehrfach – geltend machen kann.
8. Freibeträge konstruieren
Als Dreiecks- bzw. Kettenschenkung bezeichnet man die Einschaltung eines Zwischenerwerbers, um höhere Freibeträge auszunutzen, als sie dem Beschenkten an sich zustünden.
BEISPIEL
6
Beispiel
Der Vater möchte seinem Sohn zur Existenzgründung 400.000,00 € schenken. Schenkt
er diesen Betrag seinem Sohn direkt, ist der Freibetrag von 205.000,00 € überschritten
und es fällt Schenkungssteuer an. Als Alternative kommt in Betracht, dass er 200.000,00
€ selbst an seinen Sohn schenkt (dieser Betrag fällt unter den Freibetrag des Vaters)
und zunächst 200.000,00 € an seine Ehefrau (seine Ehefrau hat ebenfalls einen Freibetrag, der nicht überschritten ist). Seine Ehefrau schenkt dann diesen Betrag wiederum an
den Sohn unter Ausnutzung des im Verhältnis zum Sohn ebenfalls bestehenden Freibetrages von 205.000,00 €. Im Ergebnis wäre die Schenkung dann steuerfrei.
Bei dieser Kettenschenkung besteht allerdings die Gefahr, dass die Finanzverwaltung von Gestaltungsmissbrauch ausgeht und den Vorgang dann wie eine direkte Schenkung behandelt.
9. Generationensprung
Die Erbschaftssteuer entsteht bei jedem Erbfall neu. Hier zeigt insbesondere das weit verbreitete „Berliner Testament“ deutliche Schwächen: Gewünscht ist im Berliner Testament, dass der
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erstversterbende Ehegatte von dem längstlebenden Ehegatten in vollem Umfang beerbt wird
und erst nach dem Tod des längstlebenden Ehegatten gemeinsame Kinder erben. Es liegen also zwei Erbfälle mit zweimaligem Ansatz der Erbschaftssteuer vor.
Will man diese doppelte Besteuerung vermeiden, empfiehlt sich ein „Generationensprung“ dergestalt, dass bereits die nächste Generation als Erbe eingesetzt wird. Hier ist allerdings zu beachten, dass die nächste Generation meist niedrigere Freibeträge hat, was zunächst einen
Nachteil darstellen kann. Im Beratungsfall ist genau auszurechnen, wie die Erbschaftssteuerbelastung in beiden Alternativfällen ausfällt.
Die Vorteile des Generationensprungs liegen in Folgendem:
Ein Steuerfall wird vermieden
Soweit Schenkungen zu Lebzeiten erfolgen, fallen diese Schenkungen unter die derzeit
noch relativ günstigen Erbschafts- und Schenkungssteuerregelungen
Die Steuerprogression mindert sich eventuell
Erträge, die die Zwischengeneration ansonsten bei sich anhäufen würde, können bei der
Endgeneration erbschaftssteuerfrei angesammelt werden.
Ein „Generationensprung“ lohnt sich im Regelfall immer dann, wenn die Zwischengeneration
bereits erhebliches eigenes Vermögen angesammelt hat.
Zusammenfassend ist darauf hinzuweisen, dass bei sehr großen Vermögen sämtliche vorgenannten Gestaltungsmöglichkeiten kaum zu einer nennenswerten Entlastung führen: Wer beispielsweise 25 Mio € zu vererben hat, profitiert weder von den Freibeträgen, noch von der
mehrfachen Ausschöpfung von Freibeträgen, vom Generationensprung oder von sonstigen
Gestaltungsmöglichkeiten. Bei sehr großen Vermögen werden daher im Regelfall andere Wege
gegangen (Stiftung, Verlagerung des Wohnsitzes ins Ausland)
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Erbschafts- und Schenkungssteuerrecht
Steuerpflichtiger
Persönliche
Freibeträge €
Versorgungsfreibeträge €
Steuersätze %
Ehegatte
307.000
256.000
7-30
Kinder
205.000
7-30
Kinder
Kinder
verstorbener 205.000
Bis zu 52.000
(je nach Alter)
0
Restliche Personen aus 51.200
der Steuerklasse I (z.B.
Enkel, Eltern), Stiefkinder
0
7-30
Steuerklasse II (z.B. 10.300
Geschwister, Neffe)
0
12-40
Steuerklasse III (z.B. 5.200
Lebensgefährte, Haushälterin)
0
17-50
7-30
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Steuertarife:
Wert des steuerpflichtigen Prozentsätze in den Steuerklassen
Erwerbs bis einschließlich
€
52.000
256.000
512.000
5.113.000
12.783.000
25.565.000
über 25.565.000
I
7
11
15
19
23
27
30
II
12
17
22
27
32
37
40
III
17
23
29
35
41
47
50
Steuerklasse I:
1. Ehegatte, soweit die Ehe zum Zeitpunkt der Übertragung rechtswirksam besteht
2. eheliche, nichteheliche und adoptierte Kinder sowie Stiefkinder
3. Abkömmlinge der Kinder und Stiefkinder
4. Eltern und Voreltern bei Erwerben von Todes wegen
Steuerklasse II:
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
Eltern und Voreltern bei Erwerben aufgrund Schenkungen unter Lebenden
Eheliche und nichteheliche Geschwister sowie Stief- und Adoptivgeschwister
Abkömmlinge ersten Grades von Geschwistern (Nichten und Neffen)
Stiefeltern
Schwiegerkinder
Schwiegereltern
geschiedene Ehegatten
Steuerklasse III:
Alle übrigen Erwerber (z.B. Verlobte, Pflegekinder, Pflegeeltern)
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Erbschafts- und Schenkungssteuerrecht
Grundlagen
I. Steuersystematik
II. Gestaltungstipps
1. Steuerfreie Tatbestände
-
Schenkung Familienwohnheim an Ehegatten
Vererbung von Hausrat
2. Wert von Schenkung /
Nachlass
-
Immobilien sind privilegiert
Bargeld ist „flüchtig“
Lebensversicherungen bleiben außerhalb des
Nachlasses
3. Steuerklassen
-
Steuerklasse verbessern: Herat, Adoption
-
Mehrfach Freibeträge ausnutzen
Freibeträge konstruieren (DreiecksKettenschenkung)
-
Generationensprung
4. Freibeträge
5. Steuertarife
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BEWERTUNG VON IMMOBILIEN
Die Bewertung von Immobilien im Schenkungsfall und im Erbschaftsfall ist deshalb von
Bedeutung, weil hierdurch der Schenkungssteuerwert und der Steuerwert der Erbschaftssteuer bestimmt werden. Nach der erklärten Absicht des Gesetzgebers sollen Immobilien
durchweg günstiger als nach dem Verkehrswert bewertet werden, um folgenden Schwierigkeiten Rechung zu tragen: Immobilien sind nicht so leicht veräußerlich wie sonstige
Vermögensgegenstände. Andererseits ist die Veräußerung ggf. erforderlich, um Erbschaftssteuer, Pflichtteilsansprüche, Vermächtnisansprüche etc. bedienen zu können. Im
Hinblick hierauf wird eine für den Steuerpflichtigen günstige Bewertung des Immobilienvermögens im Schenkungs- und Erbschaftsfall beabsichtigt.
Diese gesetzlichen Regelungen hat das BVerfG allerdings mit seiner Entscheidung vom
31. Januar 2007 für verfassungswidrig erklärt und dem Gesetzgeber aufgegeben, neue
Regelungen zu schaffen, wobei hierbei eine unterschiedliche Bewertung einzelner Vermögenswerte durch den Gesetzgeber nicht vorgenommen werden darf. Dem Gesetzgeber
steht es aber nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts frei, verschiedene
Vermögenswerte in unterschiedlicher Höhe zu besteuern, sofern hierfür sachliche Gründe
vorliegen.
Es bleibt hier abzuwarten, welche Regelungen der Gesetzgeber treffen wird. Nach den
bisherigen Äußerungen aus der Politik ist damit zu rechnen, dass das selbst genutzte Eigenheim nach wie vor im wesentlichen steuerfrei auf die nächste Generation übertragen
werden kann. Hierzu werden voraussichtlich entsprechende Steuerfreibeträge geschaffen
werden.
Keine Privilegierung ist nach den gegenwärtigen Äußerungen aus der Politik für vermietete
Immobilien zu erwarten, so dass diese künftig mit dem vollen Verkehrswert zu versteuern
sein werden.
Vollkommen offen ist noch die Frage, auf welche Weise der Verkehrswert künftig ermittelt
wird. Es kommt hier zum einen in Betracht, den Verkehrswert an Hand der Mieteinnahmen
zu ermitteln oder den Verkehrswert durch Schätzungen festzulegen.
Insgesamt ist damit zu rechnen, dass die Erbschafts- und Schenkungssteuer steigen wird,
nachdem verschiedene Ministerpräsidenten bereits mitgeteilt haben, dass sie sich wünschen, die Steuerausfälle, die durch die Änderung der Besteuerung der Übertragung von
Unternehmen entstehen werden, über die Änderung der übrigen erbschaftssteuerrechtlichen Regelungen wieder herein zu holen.
Es stellt sich damit die Frage, ob nach den gegenwärtigen steuerlichen Regelungen bereits
jetzt noch vor In-Kraft-Treten der neuen Regelungen durch Schenkungen Immobilienvermögen auf die nächste Generation übertragen werden soll. Hierzu ist jeweils im konkreten
Einzelfall zu überprüfen, ob eine solche Übertragung aus steuerrechtlicher Sicht Sinn
macht. Weiter sind aber auch die übrigen Lebensumstände des jetzigen Eigentümers und
der nächsten Generation in Betracht zu ziehen.
Schließlich muss auch in Betracht gezogen werden, dass unter Umständen der Gesetzgeber bei einer Neuregelung auch eine Rückwirkung der neuen Regelungen auf den Zeitpunkt des Bekanntwerdens der Bundesverfassungsgerichtsentscheidung anordnet. Hiermit
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wird zwar allgemein nicht gerechnet; auszuschließen ist eine solche Regelung jedoch
nicht.
I. Bewertungsmaßstäbe nach geltender Rechtslage
Die Bewertung von Immobilien ergibt sich aus dem Bewertungsgesetz als Ergänzung zum
Schenkungs- und Erbschaftssteuergesetz. Der Gesetzgeber unterscheidet in unbebaute
Grundstücke und bebaute Grundstücke.
1. Unbebaute Grundstücke
Der Fiskus errechnet den Wert unbebauter Grundstücke nach folgender Formel:
- Es wird der Bodenrichtwert für das Grundstück zum Stichtag zum Erhebungszeitpunkt
ermittelt.
- Der Bodenwert wird mit der Fläche des Grundstücks multipliziert
- Es wird ein Abschlag von 20% auf den so errechneten Zwischenwert vorgenommen
Der dann ermittelt Endwert ist der Steuerwert des unbebauten Grundstücks.
Hierzu ist folgende Anmerkung zu machen:
-
Der pauschale Abschlag von 20% soll ausgleichen die verschiedenen Werte von
Grundstücken, die sich nach Lage, Altlasten etc. bestimmen. Auch soll hiermit erreicht
werden, dass die Immobilie günstiger besteuert wird als sonstige Vermögensgegenstände (vgl. oben).
Gegen den so errechneten Wert kann der Steuerpflichtige einwenden, der Verkehrswert
liege niedriger. Zu diesem Zweck muss er dann ein Sachverständigengutachten einholen.
Liegt der Verkehrswert tatsächlich unter dem Wert der vorbezeichneten Berechnung durch
das Finanzamt, ist der niedrigere Verkehrswert maßgebend.
2. Bebaute Grundstücke
Auch bei bebauten Grundstücken rechnet das Finanzamt nach dem Bodenrichtwert zum
01.01.1996, multipliziert mit der Fläche und abzüglich eines pauschalen Abschlages von
20%.
Wahlweise kann das Finanzamt aber auch die Jahresnettokaltmiete für das Objekt berechnen. Diese Jahresnettokaltmiete wird mit einem Vervielfältiger von 12,5 multipliziert.
Der Steuerpflichtige kann dann einen Abschlag für die Wertminderung der Immobilie durch
deren Alter von 0,5% pro Jahr vornehmen, wobei dieser Abschlag begrenzt ist auf 25%
(Immobilien, die älter als 50 Jahre sind, bekommen dementsprechend darüber hinaus keinen Altersabschlag). Schließlich wird in einer letzten Berechnungsstufe bei Einfamilienhäusern und bei Zweifamilienhäusern ein pauschaler Zuschlag von 20% auf den vorher errechneten Wert genommen, weil Einfamilienhäuser und Zweifamilienhäuser nach der Vorstellung des Gesetzgebers in der Regel aufwendiger ausgestattet sind als Mehrparteienobjekte.
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Zu diesen Berechnungsmöglichkeiten des Finanzamts gelten folgende Anmerkungen:
-
Das Finanzamt kann wahlweise den für den Fiskus günstigeren – also höheren Wert
– ermitteln.
Wenn keine Jahresnettokaltmiete ermittelt werden kann (beispielsweise bei Eigennutzung oder bei Vermietung an Angehörige) wird die „übliche Miete“ angesetzt.
Hier ist Streit mit dem Finanzamt vorprogrammiert. Mietspiegelwerte müssen grundsätzlich vom Finanzamt akzeptiert werden, was für den Steuerpflichtigen günstig ist.
Auch bei der Wertermittlung bebauter Grundstücke hat der Steuerpflichtige allerdings immer den Einwand, der Verkehrswert liege niedriger als der vom Finanzamt ermittelte Wert.
Dies kommt insbesondere dann in Betracht, wenn wegen des hohen Vervielfältigers das
Ertragswertverfahren durch das Finanzamt zu Werten führt, die über dem Verkehrswert liegen.
II. Beispielsrechnung
In der Anlage sind zwei Beispielsrechnungen enthalten. Im Ergebnis kann man zu diesen
Berechnungen Folgendes sagen:
BEISPIEL
1
-
Das Einfamilienhaus in guter Lage mit normal geschnittenem Grundstück wird abweichend vom Verkehrswert vom Finanzamt deutlich unter diesem Wert bewertet,
nämlich in der Regel zwischen 60% und 70% des Verkehrswertes. Betrachtet man
dann die normalen Freibeträge, kann eine solche Immobilie – auch in guter Lage –
im Regelfall jedenfalls bei mehreren Erben steuerfrei vererbt oder unter Lebenden
schenkweise übertragen werden.
Wenn die Immobilie Ehegatten gehört und diese die Immobilie auf ihre drei Kinder
zu Lebzeiten unter Gewährung eines Nießbrauchs übertragen wollen, kann die Übertragung bei einem Steuerwert von 560.000,00 € steuerfrei vorgenommen werden, da keines der Kinder die Freibeträge voll ausschöpft.
Anders sieht die Beispielsrechnung im Miethausbereich aus, wo wegen des hohen Vervielfältigers das Finanzamt zu einem Steuerwert von 937.500,00 € kommt, während der Verkehrswert lediglich 800.000,00 € beträgt. Hier muss der Steuerpflichtige dementsprechend
den geringeren Verkehrswert durch ein entsprechendes Gutachten nachweisen, um dann
zu einem Steuerwert von 800.000,00 € zu kommen. Die Immobilie wird dann aber nicht
günstiger als zum Verkehrswert übertragen, sondern exakt nach dem Verkehrswert, was
für den Steuerpflichtigen ungünstig ist und der Intention des Gesetzgebers, Immobilien
günstiger zu bewerten als übriges Vermögen, nicht entspricht.
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III. Einzelne Grundstücke
Betrachtet man die Berechnungsmethoden, wird man zu einzelnen Grundstückssituationen
Folgendes sagen können:
Die Eigentumswohnung wird in der Regel vom Finanzamt nach dem Ertragswertverfahren Jahresnettokaltmiete oder übliche Miete mit Vervielfältiger, Altersabschlag und –
zuschlag) bewertet werden, weil der Grundstücksanteil (Miteigentumsanteil) in der Regel
gering ist.
Ausländische Grundstücke werden stets nach dem Verkehrswert berechnet, weil nicht sicher ist, dass es im Ausland entsprechende Bodenrichtwerte gibt, die zuverlässig sind.
Bei der Kombination großes Grundstück, kleines Haus wird wegen des hohen Grundstücksanteils in der Regel der Bodenrichtwert entscheidend sein. Ist dieser höher als der
Verkehrswert, wird der vom Steuerpflichtigen einzuwendende Verkehrswert maßgeblich
sein.
Bei der Kombination kleines Grundstück, großes Haus wird i.d.R. das Ertragswertverfahren in Betracht kommen, weil die übliche Miete mit dem Vervielfältiger für das Finanzamt zu
besseren Ergebnissen führen dürfte als die Berechnung nach dem Bodenrichtwert.
Bei zusätzlichen Belastungen des Objekts (Altlasten, Lage ungünstig, Lärmbelästigung)
wird i.d.R. ein Verkehrswertgutachten den maßgeblichen Wert ermitteln, weil solche zusätzlichen Beeinträchtigungen über den pauschalen Abschlag von 20% (vgl. die obige Berechnung) nicht erfasst sind. Der Verkehrswert solcher Grundstücke liegt dann oft deutlich
unter dem so ermittelten Wert.
Bei einem Miethaus mit erheblichem Instandhaltungsstau wird i.d.R. ein Verkehrswertgutachten den Steuerwert bestimmen, weil die Berechnung des Finanzamts für den Steuerpflichtigen zu ungünstig ist: Über den Altersabschlag – zumal noch gedeckelt auf 25% wird ein solcher Substanzverlust einer Immobilie nicht aufgefangen werden.
IV. Gestaltungstipps
Zunächst ist hinzuweisen auf diejenigen Gestaltungstipps, die bereits oben gegeben wurden. Diese gelten für Immobilien natürlich ebenso uneingeschränkt, also beispielsweise die
mehrfache Ausnutzung der Freibeträge im 10-Jahres-Zyklus.
Darüber hinaus seien noch folgende Tipps erwähnt:
Wird das 1-Familienhaus oder das 2-Familienhaus teilgewerblich genutzt, entfällt der
20%ige Zuschlag, weil dieser sich auf bewohnte Immobilien bezieht. Der Steuervorteil bei
der Erbschafts- und Schenkungssteuer wird aber leicht konterkariert durch erhebliche
Steuernachteile, wie z.B. den Umstand, dass eine solche Immobilie ggf. zum notwendigen
Betriebsvermögen wird mit der Folge, dass dann jedweder Veräußerungsgewinn zu versteuern ist.
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Rechtsanwalt Sebastian Wörner
Der Bodenrichtwert kann niedriger dann berechnet werden, wenn eine besondere Situation gegeben ist. Dies gilt vor allen Dingen in den Fällen, in denen der Bodenrichtwert für eine bestimmte Geschossflächenzahl angesetzt wurde und das konkrete Grundstück nur mit
geringerer Geschoßflächenzahl bebaubar ist.
Bei der Berechnung der Jahresnettokaltmiete ist auf die zutreffende Berechnung durch
das Finanzamt zu achten. Auszuscheiden sind dementsprechend Heizkosten und Betriebskosten. Bei Inklusivmieten oder Bruttokaltmiete ist der fiktive Betriebskostenanteil
herauszurechnen, damit ein niedrigerer Ansatz für den Vervielfältiger (12,5) gegeben ist.
In allen Fällen, in denen das Finanzamt zu vermeintlich zu hohen Werten kommt, kann der
Steuerpflichtige mit Einholung eines Verkehrswertgutachtens – allerdings auf eigene
Kosten und auf eigenes Risiko – kontern.
Belastungen der Immobilie mindert natürlich den Steuerwert im Erbgang, soweit sie noch
valutieren. Bei der Schenkung der Immobilien mindern sie den Steuerwert nur dann, wenn
der Beschenkte die Belastungen vollständige übernimmt und der Schenker von den Belastungen frei gestellt wird.
Im Einzelfall kann sich auch noch eine Übernahme einer Immobilie in das Betriebsvermögen empfehlen. Dort gilt ein deutlich besseres Steuerklima hinsichtlich des Erbganges:
-
Der Freibetrag beträgt stets 225.000,00 €
Darüber liegende Werte werden nur mit 65% besteuert
Hier ist aber im Einzelfall eine genaue Belastungsberechnung vorzunehmen, weil die Übernahme einer Immobilie in das Betriebsvermögen auch gravierende steuerliche Nachteile
nach sich zieht, so z.B. die Verpflichtung, jedweden Veräußerungsgewinn zu versteuern
(der Veräußerungsgewinn einer Immobilie im Privatvermögen ist nach Ablauf der 10Jahres-Frist steuerfrei).
Im Bereich des Betriebsvermögens ist jedoch ebenfalls eine Änderung geplant. Die vorgenannten Steuervergünstigungen werden vollständig gestrichen. Statt dessen wird eine
Stundung der Steuer vorgenommen. Von dem gestundeten Steuerbetrag, der sich nach
dem Verkehrswert des Betriebs berechnet, wird jährlich ein Abschlag von 10% vorgenommen, so dass nach einem Zeitraum von 10 Jahren die vollständige Erbschaftssteuerpflicht
entfällt. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass der Betrieb in seinem wesentlichen Umfange fortgeführt wird und von dem Erben nicht eingestellt oder veräußert wird. Wird der
Betrieb veräußert oder eingestellt oder in seinem Umfange wesentlich reduziert, wird die
volle Erbschaftsteuer, welche zu dem Zeitpunkt der Veränderung noch offen ist, fällig.
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Rechtsanwalt Sebastian Wörner
Erbschafts- und Schenkungssteuerrecht
Bewertung von Immobilien
Unbebaute
Grundstücke
1. Stufe
Bodenrichtwert
Gem. § 196 BauGB
x
Bebaute Grundstücke
1. Stufe
Bodenrichtwert
Gem. § 196 BauGB
oder
JNK-Miete übliche Miete
x
x
Fläche
Fläche
12,5
-
-
-
20%
20%
Wertminderung Alter
(0,5%/Jahr, höchstens
25%)
+
20% bei EFH/ZFH
2. Stufe
Verkehrswert,
wenn niedriger
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Rechtsanwalt Sebastian Wörner
Beispiel 1:
Beispiel 2:
Luxuriöse Villa Dahlem, Baujahr 1908
250 m² Wohnfläche
700 m² Grundstücksfläche
Bodenrichtwert 1.1.1996: 1.000 €/m²
JNK-Miete üblich:
36.000 € / Jahr
Verkehrswert:
900.000 €
Miethaus Wedding, Bj 1932
Grundstück: 600 m²
JNK-Miete:
100.000 €
Bodenrichtwert 1.1.1996:
800 €
Verkehrswert:
800.000 €
1. Stufe
1. Stufe
1.000 € x 700 = 700.000 €
abzgl. 20% (140.000 €) = 560.000,00 €
800 € x 600 = 480.000 €
abzgl. 20% (96.000 €) = 384.000 €
oder
oder
36.000 € x 12,5 = 450.000 €
abzgl. 25% Altersabschlag (112.500 €)
= 337.500 €
zuzüglich 20% Einfamilienhaus =
405.000 €
100.000 € x 12,5 = 1.250.000 €
abzgl. 25% Altersabschlag (312.500 €)
= 937.500 €
2. Stufe
2. Stufe
Verkehrswert: 900.000 €
Verkehrswert: 800.000 €
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Rechtsanwalt Sebastian Wörner
Beispiele
1) Eigentumswohnung
i.d.R. Ertragswertverfahren,
weil Grundstücksanteil gering ist
2) Ausländische Grundstücke
Stets Verkehrswert
3) Großes Grundstück, kleines Haus
i.d.R. Bodenrichtwert oder Verkehrswert
4) Kleines Grundstück, großes Haus
i.d.R. Ertragswertverfahren
5) Objekt hat zusätzliche Belastungen
(Altlasten, Lage ungünstig,
Lärmbelästigung)
i.d.R. Verkehrswertgutachten, weil
über 20%-Abschlag nicht erfasst
6) Miethaus mit
erheblichem Instandhaltungsstau
i.d.R. Verkehrswertgutachten, weil
über Altersabschlag nicht erfasst
Rechtsanwalt Sebastian Wörner
Gestaltungstipps
1. Mischnutzung beim Einfamilienhaus/Zweifamilienhaus
2. Bodenrichtwert angreifen
3. Jahresnettokaltmiete richtig berechnen
4. Übliche Miete niedrig halten
5. Verkehrswertgutachten
6. Belastungegn der Immobilien
7. Übernahme in Betriebsvermögen
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