GRAN CANARIA - TOUR Magazin
Transcription
GRAN CANARIA - TOUR Magazin
GRAN CANARIA Sie denken darüber nach, Ihren Radurlaub auf Gran Canaria zu verbringen? Sie haben gehört, dass hier ganzjährig mildes Klima herrscht, dass es eine abwechslungsreiche Landschaft gibt und viele günstige Flüge? Stimmt alles. Die einzigen Spaßverderber könnten Ihre Beine sein. Für die ist die Insel keine leichte Aufgabe GRAN CANARIA ... und überall Agaven, die so schief in den Himmel ragen, als hätten sie einen Schnaps zu viel getrunken... U TE X T: A N N E Z U B E R ; F OTO S : F R A N K H E U E R m Ihnen einen Eindruck davon zu vermitteln, was Sie auf Gran Canaria erwartet, stellen Sie sich bitte eine kleine Straße vor. Sie schlängelt sich durch eine einsame Landschaft von karger Schönheit, vorbei an ein paar Palmen links, an einem weiß getünchten Haus rechts. Sie haben sich mit Sonnenschutzfaktor 15 eingerieben, weil Sie sonst auch mitten im November eine rote Nase bekämen. Das Rad schnurrt auf dem Asphalt, und Sie würden am liebsten auch schnurren, weil es Ihnen hier so gut gefällt. Lenken Sie jetzt den Blick auf den Verlauf der Straße vor Ihnen, auf die Steigung, die zu dem Bergdorf San Bartolomé im Inselinneren führt. Sie sehen Serpentinen. Sie sehen 13 Prozent. Instinktiv greifen Sie zur Trinkflasche. 130 T O U R 11/2003 Aber Sie haben noch nicht alles gesehen. Legen Sie jetzt bitte den Kopf sehr tief in den Nacken. Noch weiter. Sehen Sie die Straße dort oben? Sehr gut. Dort müssen Sie hinauf. Ein Anstieg wie dieser ist keine Ausnahme. Er ist die Regel. Gran Canarias Form erinnert an einen kegelförmigen Spielstein aus „Fang den Hut“: Wann immer man die Küstenstraße um die annähernd runde Insel verlässt, um das Hinterland zu entdecken, ist man schon auf dem Weg nach oben. Die Kegelspitze bildet der Pico de Las Nieves, ein 1.949 Meter hoher Vulkan in der Inselmitte. Von hier aus ziehen sich von der Erosion zerklüftete Täler, die Barrancos, sternförmig bis zu den Küsten. Einer, den dieses Profil eher lockt als abschreckt, ist Björn Glasner. Der ehemalige Kapitän des Team Cologne fährt mittlerweile beim GS-3-Rennstall Lamonta. Wenn er seine Trainingsrunde hinter sich hat, sitzt er gerne im „Sonnenuntergangscafé“, eigentlich „K1“, an der Strandpromenade von Mexiko lieben den trockenen Maspalomas. Jeden Nachmittag lehSüden (links). Der Grund für nen hier Rennräder am Mäuerchen, so viel Himmelsblau: In der rasierte Beine werden unter die Tische Inselmitte stemmt sich eine gestreckt und der eine oder andere EsFelsbarriere gegen Feuchte presso getrunken. „Irgendjemand, den aus dem Norden (oben) man kennt, ist immer hier“, sagt Glasner und verputzt ein Stück Kuchen von der Größe eines Backsteins. „Sven Teutenberg und Torsten Schmidt habe ich hier schon getroffen, Bruno Risi sah ich vor ein paar Tagen auf einem Mountainbike. Und vergangenes Jahr war Cipollini hier. Allerdings habe ich ihn nie auf dem Rad gesehen, immer nur hier im Café.“ Glasner besucht die Insel seit zehn Jahren regelmäßig mehrmals während der Wintermonate. „Ich hasse es, 27 Lagen Kleidung übereinander zu ziehen: Überschuhe, Winterhandschuhe, Jacke, Mütze. Hier braucht man den ganzen Quatsch nicht. Nur zwei sehr große Trinkflaschen. Und, ganz wichtig, Papas Hinterrad!“ Nicht, dass Glasner kein eigenes hätte – wer seit acht Jahren als Profi fährt, besitzt naturgemäß einen Fuhrpark mit allerfeinstem Material. Geeignete Ausrüstung, um damit bei Rund um Köln unter die ersten zehn zu fahren oder bei der Südafrika-Rundfahrt das Gelbe Trikot zu ergattern. Aber eben kein Hinterrad mit einer bergtauglichen 39:26-Übersetzung. Weshalb Björn Glasners Weg nach Gran Canaria jedes Mal an der elterlichen Garage vorbeiführt und Hobbyfahrer Glasner senior eine wunderbare Entschuldigung liefert, im schmuddeligen Novemberwetter eine Trainingspause einzulegen. Auf Glasner junior warten derweil jeden Tag durchschnittlich 3.000 Höhenmeter unter blauem Kanaren-Himmel. Zugereist: Radfahrer aus Europa und Agaven aus Das Erstellen einer Wettervorhersage mag an den meisten Orten der Welt eine komplizierte Angelegenheit sein, im Süden von Gran Canaria ist der Job eines Meteorologen so aufregend wie die ersten hundert Kilometer einer Girod’Italia-Flachetappe. Die Prognose für den Winter ist einfach: 20 Grad, statt 25 wie im Sommer, nachts sinken die Temperaturen kaum ab, das Meer ist nie kälter als 19 Grad. Und die Spielstein-Topografie sorgt für eine fast niederschlagsfreie Zone: Regenwolken, die sich zur Insel verirren, bleiben in der gebirgigen Mitte hängen, tröpfeln ein bisschen vor sich hin und schaffen es durchschnittlich an zwanzig Tagen im Jahr bis in den Süden. Für eine florierende Landwirtschaft reicht das nicht. Bevor in den sechziger Jahren die ersten Ferienflieger auf Gran Canaria landeten, war dieser Teil der Insel deshalb nahezu unbesiedelt. Heute ist der südliche Zipfel eines der größten Touristenzentren Europas. Wem man den Aufschwung verdankt, ist den Straßennamen zu entnehmen: Avenida del TUI, Avenida de Bonn oder Avenida de Alemania sind gängige Adressen. Würde man in den nebeneinander liegenden Orten Maspalomas und Playa des Inglés sämtliche Hotels und Apartmentanlagen entfernen, bliebe nichts übrig als ein paar Souvenirläden, Restaurants und Verkehrskreisel – und Gran Canarias kleine Wüste, die berühmten Dünen von Maspalomas. Die 418 Hektar feinsten Sandes wirken so, als hätten sie sich irgendwann aus T O U R 11/2003 Aufgetischt: Die Küste von Arinaga ist das Revier der Langustenund Krebsfischer 131 GRAN CANARIA ...Wann immer man die Küstenstraße um die annähernd runde Insel verlässt, ist man schon auf dem Weg nach oben... der nur 200 Kilometer entfernten Sahara hierher verirrt und bis heute nicht wieder zurückgefunden. Doch im Gegensatz zum Saharasand besteht der von Maspalomas aus feinem Muschelkalk. Während der letzten Eiszeit, als der Meeresspiegel deutlich abgesunken war, häufte der Wind die zerriebenen Muschelschalen vom ausgetrockneten Meeresboden zu Dünen. Noch heute bringt der Wind Bewegung in die Sandmassen: angeschoben vom Nordostpassat wandern sie zwei bis fünf Meter im Jahr. Für die meisten Touristen sind die Dünen das einzige, was sie sich von Gran Canarias Landschaft anschauen. Wie ein Trupp Ameisen auf Beutefang trippeln sie samt Handtüchern, Strandmuscheln und Kühltaschen Morgen für Abgelegen: Wo heute Asphalt nach Mogán führt, schleppten Esel bis Ende der 30er Jahre Schiffslasten von der Südküste ins Bergdorf (links). Angesagt: Die Plaza Cairasco mit dem ehemaligen Theater Gabinete Literario zählt zu Las Palmas schönsten Plätzen Morgen in langen Reihen durch den Sand zum Playa de Maspalomas. Die wenigsten verlassen Gran Canarias Südzipfel, um zu entdecken, dass die Natur auf der kleinen Insel möglichst viel von dem präsentiert, was in ihrem Südeuropa-Repertoire steckt: Kiefernwälder, die duften wie ein Halsbonbon, wachsen im Zentrum, sattgrüne Terrassenfelder im fruchtbaren Norden, in der Gegend um San Bartolomé leuchten Schluchten aus rotem Stein – und überall gibt es Agaven, die so schief in den Himmel ragen, als hätten sie einen Schnaps zu viel getrunken. „Für mich ist es der schönste Platz der Welt“, sagt Angel, ein kleiner Mann mit honigfarbenem Haar und melancho- 132 T O U R 11/2003 lischem Schnurrbart, mit dem er ein bisschen an den Seelöwen der Augsburger Puppenkiste erinnert. Niemand nennt ihn bei seinem richtigen Namen, alle rufen ihn nur „El Rubio“, der Blonde. Und er wird häufig gerufen: Angel Bara ist Organisator und Erfinder der „Vuelta Cicloturista Internacional Maspalomas – Gran Canaria“, die alljährlich im Dezember stattfindet. Ununterbrochen klingelt sein Handy, notiert er sich etwas, das dringend erledigt werden muss, hört sich Probleme an, sagt „si, si, si“. Nichts scheint ihn aus der Ruhe zu bringen und niemand käme auf die Idee, dass Angel Bara in der Woche der Vuelta keine Nacht mehr als drei Stunden schläft. Aus den 38 Teilnehmern der ersten Rundfahrt 1989 sind fast 300 geworden. Mehr, sagt Angel Bara, wolle er gar nicht dabei haben, sonst wäre es vorbei mit der familiären Atmosphäre. Und wahrscheinlich auch mit den letzten Stunden Schlaf, aber das sagt er nicht. Die Rundfahrt ist ideal für all diejenigen, die sich Gran Canarias Profil lieber in einem motivierenden Fahrerfeld stellen, statt nur der eigenen Moral ausgeliefert zu sein. Wer eine Woche in angenehmer Gesellschaft schwitzen will, nach den Etappen gerne noch massiert wird und es zudem beruhigend findet, dass ein Besenwagen hinterherfährt, ist hier richtig. Jeden Morgen trifft sich am Abfahrtsort ein ebenso wild gemischtes wie gut gelauntes Volk von Spaniern, Deutschen, Schweden, Holländern, Österreichern. Ältere Herren, bei denen die Kosten, die sie in ihre Ausrüstung investiert haben, in direktem Verhältnis zu ihrem Bauchumfang zu stehen scheinen, ein paar wenige Frauen, Ex-Profis und solche, die aussehen, als seien sie noch aktiv. Etwa der dunkelhaarige Fahrer im Kelme-Trikot mit dem Engelsgesicht. Er hat zwar seine Waden unter Beinlingen versteckt, wirkt aber, als könne er auch die Nachwuchswertung der Tour de France gewinnen. Kann er nicht, dafür ist er heute ein bisschen zu alt. Aber 2001 trug Oscar Sevilla, der wegen seines Aussehens auch „El Niño“, „das Kind“, genannt wird, das weiße Trikot des besten Nachwuchsfahrers nach Paris. Angel Bara gewinnt in jedem Jahr mindestens einen Profi zur Teilnahme an seiner Vuelta. Fernando Escartin, Mikel Zarrabeitia oder Roberto Heras – sie alle sind schon mitgefahren. Allerdings ist keiner davon annähernd so fotogen wie Sevilla. Kein Teilnehmer, der ihn nicht kennen und bewundern würde, niemand, der ohne ein Foto mit Oscar im Arm nach Hause kommen will. Auf die Frage, was ihm abends mehr wehtue, das Gesicht vom Grinsen in die Kamera oder die Beine, zeigt Oscar nur sein bezauberndes Lächeln. Nachmittags steht er in der Hotelhalle in einem viel zu großen weißen T-Shirt, wirkt sehr jung, frisch gebügelt und kein bisschen erschöpft. Gerade muss er dem Portier die Hand schütteln, der ihm erklärt, wie sehr er ihn bewundert, und der ihm die Daumen zeigt, die er immer so fest für ihn drückt. Sevilla sieht dabei so entzückt aus, als wäre der Portier der erste Fan, der ihm begegnet. Ihm gefalle es hier großartig, sagt er, alle seien so freundlich, es sei nicht nur landschaftlich schön, sondern auch herrlich schwer. Herrlich schwer? „In jedem Radfahrer“, erklärt Oscar Sevilla und neigt sich ein bisschen vor, als verrate er ein Geheimnis, „steckt ein Masochist. Man muss es mögen, sich selbst zu quälen.“ Wenn Sie also darüber nachdenken, ob Sie ihren Radurlaub auf Gran Canaria verbringen wollen, sollten Sie als erstes tief in Ihr Inneres schauen. Sehen Sie dort nur einen kleinen Schweinehund, der energisch den Kopf schüttelt? Dann bleiben Sie zu Hause. Oder ist da ein Masochist, der nur darauf wartet, getriezt zu werden? Dann packen Sie die Koffer. Er wird es lieben. Abgekämpft: Nach dem Ritt durch die Berge belohnt der Blick über die Dunas Maspalomas T O U R 11/2003 133 GRAN CANARIA ZUR ORIENTIERUNG Gran Canaria, mit 1.532 Quadratkilometern die drittgrößte der Kanarischen Inseln, liegt nur 150 Kilometer westlich von Afrika, auf dem gleichen Breitengrad wie Hawaii. Die meisten Sandstrände der 236 Kilometer langen Küste liegen im Südosten. Im Westen und Südwesten gibt es viele Klippen, im Norden und Nordosten wechseln Fels und Sand. Die im Nordosten gelegene Hauptstadt Las Palmas ist mit 450.000 Einwohnern mit Abstand die größte Stadt des Kanarischen Archipels. KLIMA UND REISEZEIT Infos Ideal sind die Monate November bis März. Für diejenigen, die den Winter nicht in weit entfernten Trainingslagern auf der Südhalbkugel verbringen möchten, bieten sich November und Dezember an. Wer im Frühjahr kommt, sollte schon ein paar Kilometer in den Beinen haben. Zum Einrollen ist Gran Canaria zu bergig. Im Winter fallen die Temperaturen im regenarmen Süden selten unter 19 Grad und steigen kaum über 24. Kühler ist es in den Bergen. Dort kann es oberhalb 500 Meter bei schneidendem Wind empfindlich kalt werden. Auch für Touren im regnerischen Norden empfiehlt sich eine Wind-/Regenjacke. TOURENCHARAKTERISTIK Einfach beschrieben: schwer. Oder wie Profi Björn Glasner sagt: „Auf Gran Canaria fährt man nicht nach Kilometern, sondern nach Stunden.“ Die flacheren Straßen in Küstennähe sind viel befahren und wenig attraktiv. Im Landesinneren wird das Profil sofort sehr anspruchsvoll mit langen, mehr als zehn Prozent steilen Anstiegen und 134 T O U R 11/2003 kleinen, bissigen Rampen mit mehr als 14 Prozent. Nicht das große Ritzel vergessen! Die Straßenqualität ist durchweg gut. Idealer Ausgangspunkt für Touren ist Maspalomas im sonnigen, trockenen Süden. Wer von hier nicht alleine fahren möchte, fährt morgens um zehn zur Polizeistation. Dort warten fast immer ein paar Radfahrer, die sich zu einer Trainingsgruppe zusammenschließen. ANREISE UND UNTERKUNFT In der Wintersaison gibt es fast täglich Flüge von allen großen deutschen Flughäfen: LTU etwa fliegt von sieben Orten mehrmals wöchentlich in viereinhalb Stunden ab 320 Euro direkt nach Gran Canaria; die Radmitnahme (vorher anmelden!) kostet 30 Euro für Hin- und Rückflug. Infos: www.ltu.de; Buchungs-Hotline: 02 11/94 18-333. Günstig sind auch Pauschalangebote. Die Hotels liegen dann meist in den Touristenzentren Maspalomas und Playa del Inglés. Pauschaltouristen werden vom Veranstalter am Flughafen abgeholt, für Individualreisende gibt es Busse und Taxi-Transfers. TOUR-Tipp: Am 1. November eröffnet an der Playa Amadores an der Südküste das Rennrad-Hotel Gloria Palace Amadores (vier Sterne). Eine Woche im Doppelzimmer mit Halbpension kostet in der Wintersaison pro Person ab 399 Euro inklusive Flughafen-Transfer. Reservierung: Telefon 00 34/6 39 78 16 58 (Petra Wonisch). Im selben Hotel betreibt die Firma Happy-Biking Werkstatt, Radverleih und organisiert RadAusflüge (siehe Fahrradservice). ESSEN UND TRINKEN In Maspalomas und Playa del Inglés ein Restaurant zu empfehlen, ist bei dem üppigen Angebot fast unmöglich. Im Hinterland sollte man unbedingt die landestypischen Spezialitäten probieren. Zum Beispiel die „papas arrugadas“, in Salzlake gekochte kanarische Kartoffeln, die mit Schale gegessen werden. Dazu reicht man „mojo rojo“ oder „mojo verde“, eine rote oder grüne sämige und scharfe Tunke aus Peperoni, Öl, Knoblauch, Essig und Salz. Zum Nachtisch „bienmesabe“ bestellen, das bedeutet „es schmeckt mir gut“, und das tut die goldbraune Masse aus Honig, Mandelsplittern, Eigelb und Zitronen wirklich. FAHRRADSERVICE Las Palmas: Burbujita, General Vives 49, Telefon 9 28/29 07 10 Maspalomas: Bicicletas ELRUBIO, Plácido Domingo 12, Telefon 9 28/ 76 33 26; Gut sortierter Radladen von Vuelta-Organisator Angel Bara (spricht nur Spanisch). Puerto Rico: Happy-Biking, Hotel Gloria Palace Amadores, Telefon 00 34/9 28/77 33 17, Hotline 00 34/6 70 72 05 05 (Johannes Schöfecker), www.happy-biking.com RAD-EVENT Die Vuelta Cicloturista Internaticional Maspalomas – Gran Canaria findet in diesem Jahr vom 2. bis 7. Dezember statt. Infos und Anmeldung: www.sportcanarias.com/ vuelta_maspalomas/ INFORMATION In Deutschland: Spanisches Fremdenverkehrsamt, Myliusstraße 14, 60323 Frankfurt am Main, Telefon 0 69/72 50 33, www.tourspain.es Vor Ort: Patronato de Turismo (Mo-Fr: 8-15 Uhr), Calle León y Castillo 17, Las Palmas, Telefon 9 28/21 96 00, www.turismograncanaria.com LITERATUR UND KARTEN Reiseführer: „Gran Canaria“. Polyglott Apa Guide, 317 Seiten. Ausführlich, acht Karten und Pläne. 19,95 Euro, ISBN 3-8268-2313-3 Karte: Kompass 237 „Gran Canaria“, Wander- und Straßenkarte, 1:50.000; 6,95 Euro, ISBN 38 54 91 11 49 Routen Kurvenfahrt 1 79 Kilometer, 1.350 Höhenmeter, maximal 13 Prozent Steigung Maspalomas – Fataga – San Bartolomé – Santa Lucía – Temisas – Agüimes – Era del Cardon – El Doctoral – Maspalomas Wer die großen Straßen meiden will, wird die meisten Runden so beginnen: Von Maspalomas in den Ortsteil San Fernando und hier auf die GC 520 Richtung Fataga und San Bartolomé. Hinter den letzten Häusern von Maspalomas beginnen die Serpentinen; in einer Steinwüste ziehen sie hinauf zum Mundo Aborigen, dem Freilichtmuseum zu Leben und Kultur der Altkanarier. Es folgt eine Verschnaufpause in Form einer steilen Abfahrt. Anschließend geht es leicht ansteigend weiter zum lieblichsten Ort des Südens, Fataga mit seinen schindelgedeckten Häusern, und auf langem, 13 Prozent steilem Anstieg hinauf nach San Bartolomé. Danach führt die Route praktisch nur noch bergab nach Santa Lucía. Die Straße ist so gespickt mit scharfen Kurven, dass die Canarios sie „Los Cuchittos“, „die Messer“, getauft haben. Von Santa Lucía steigt die einsame Straße erst kurz bergan, bevor sie über das tief in einem Barranco gelegene Dörfchen Temisas hinabführt nach Agüimes. Dort über kurvenreiche Straße ins 400 Meter höher gelegene Era del Cardon, von wo man rasant abfährt Richtung Küste. In El Doctoral muss man leider die viel befahrene GC 191 nehmen, später heißt sie GC 500. Sie führt parallel zur Autobahn zurück nach Maspalomas. Zum Weißen Riesen 2 78 Kilometer, 1.500 Höhenmeter, maximal 15 Prozent Steigung Maspalomas – El Doctoral – Sardina – Santa Lucía – Taidía – Risco Blanco – San Bartolomé – Fataga – Maspalomas Den Hinweg kennen Sie als Rückweg von Tour 1: Von Maspalomas nach El Doctoral, dort links abbiegen Richtung Santa Lucía und über Sardina steil bergauf nach Era de Cardon. Nach dem Ort links, die Straße schlängelt sich leicht 100 Höhenmeter hin- T O U R 11/2003 135 GRAN CANARIA auf nach Santa Lucía. Weiter bis Taidía, wo man rechts abbiegt zu einem der geschichtsträchtigsten Orte der Kanaren, dem Risco Blanco, dem Weißen Riesen. Die 400 Meter hohe helle Granitwand war am 29. April 1483 Ort einer Tragödie. Von hier stürzten sich die letzten Ureinwohner der Insel, die Guanchen, gemeinsam in den Brudertod – an den Haaren miteinander verknüpft. Eine gut ausgebaute Dorfstraße führt steil um das Wahrzeichen und erreicht mit 1.100 Metern den Höhepunkt der Runde. Zurück nach Playa del Inglés geht es in rauschender Fahrt über San Bartolomé – nur unterbrochen von einem kurzen, steilen Gegenanstieg hinter Fataga. Schneegipfel 3 112 Kilometer, 2.500 Höhenmeter, maximal 15 Prozent Steigung Der Klassiker zum höchsten Punkt der Insel führt zuerst die Küstenstraße nach Westen bis Arquineguín. Dort rechts abbiegen ins Soria-Tal, das auf den ersten fast 15 Kilometern bis El Filipina nur unmerklich ansteigt. Nach dem Ort erhöhen sich die Steigungsprozente. Hinter Soria liegt die Kette meist auf dem größten Ritzel; die Straße klettert vorbei an den beiden größten Stauseen der Insel hinauf auf 1.000 Meter Höhe nach Cruz de San Antonio. Es folgen zwei Kilometer Schotterpiste – für die meisten Rennradler auf Gran Canaria kein Grund die Route zu meiden, denn die nächsten, wieder gut asphaltierten Kilometer durch den Barranco de Soria zum traumhaft gelegenen Dorf Ayacata gehören zu den landschaftlich eindrucksvollsten der Insel. Ayacata besteht im Grunde aus zwei Kneipen, vor beiden sitzen alte Männer mit großen Hüten und beobachten das Geschehen. Hinter dem Ort beginnt ein rund drei Kilometer langer Anstieg mit zehn Prozent Steigung Richtung Pico de las Nieves. Vor Cruz Llano de la Paz, wo man der Straße rechts folgt, lässt die Steigung etwas nach, um auf den letzten 3,5 Kilometern zum Gipfel des 1.949 Meter hohen Pico de las Nieves, der „Schneespitze“, nochmal kräftig anzusteigen. Bei guter Sicht reicht der Blick vom mit Antennen und Radaranlagen übersäten Gipfel bis zum Vulkankegel des Teide auf Tenerif- 136 T O U R 11/2003 CHRISTIAN ROLLE; HOLZKIRCHEN Maspalomas – Arquineguín – Cercado de Espino – Soria – Cruz de San Antonio (zwei Kilometer Schotter) – Ayacata – Roque Nublo – Cruz Llano de la Paz – Pico de las Nieves – Casadores – Pasadilla – Ingenio – Agüimes – Cruce de Arinaga – Maspalomas fa. Der Weg über Casadores und Pasadilla zur Ostküste gleicht einer Passabfahrt in den Alpen: Auf 30 Kilometern fällt die Straße fast 2.000 Höhenmeter! In Ingenio rechts abbiegen nach Agüimes, dort links nach Cruce de Arinaga. Dort rechts abzweigen und über Vecindario nach El Doctoral. Zurück wie in Tour 1. Durchs Tal der Tränen 4 165 Kilometer, 4.000 Höhenmeter, max. 18 Prozent Steigung Maspalomas – Puerto Rico – Puerto Mogán – Pueblo Mogán – San Nicolas – Artenara – Tejeda – Ayacata – San Bartolomé – Fataga – Maspalomas Die harte Runde für Kletterextremisten führt entlang der Costa Canarias über Puerto Rico bis Puerto Mogán, dann ins Barranco del Mogán und weiter im mehrmaligen Auf und Ab nach San Nicolás. Dort, nach 61 Kilometern und 1.500 Höhenmetern „Einfahren“, beginnt einer der längsten und härtesten Anstiege der Kanaren: Auf bestem Asphalt windet sich eine schmale Straße mit bis zu 18 Prozent Steigung 1.300 Höhenmeter durch eine unzugängliche Gebirgslandschaft – bezeichnenderweise führt der Anstieg nach Artenara durch das Tal der Tränen. Danach wird die Strecke leichter: Die nächsten 13 Kilometer bis Tejeda führen mal leicht bergauf, mal bergab. Tejeda ist einer der malerischsten Orte auf Gran Canaria, mit grünen Fensterläden, hölzernen Balkonen, kleinen Gassen und Restaurants mit Blick auf die Berge. Von hier verläuft die GC 15 entlang des Roque Nublo, des heiligen Berges der Altkanarier. In Ayacata, wo die Landschaft im Frühjahr besonders bezaubernd wirkt, wenn die Mandelbäume in voller Blüte stehen, wartet die Belohnung für die Anstrengungen des Tages: Die 50 Kilometer zurück nach Maspalomas über San Bartolomé und Fataga geht es fast nur noch bergab.