Mein ERASMUS in Nizza
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Mein ERASMUS in Nizza
Mein ERASMUS in Nizza Erfahrungsbericht von Juliane – Nizza Herbssemester 2015 Persönliches Ich heisse Juli, bin 22 Jahre alt und bin jetzt im 6.Semester am IVP – Unterstufe – der PH Bern. Mein ERASMUS-Semester in Nizza habe ich nach den Sommerferien für mein 5.Semester angetreten: Ich habe also davor das 4.Semester an der PH (erfolgreich ;) abgeschlossen. Die Entscheidung Es gibt tausend Gründe, weshalb man ein ERASMUS-Semester machen sollte: Dazu lest ihr hier noch mehr. Aber die wichtigsten Gründe für mich waren, die französische Sprache besser zu erlernen, eine andere Kultur und vor allem sein Bildungssystem kennenlernen zu dürfen und sogar ein Teil von dieser Kultur und diesem Bildungssystem zu sein. Bereits bevor ich nach Nizza ging, hatte ich die Vorstellung, dass ein Auslandssemester genau deshalb so bereichernd ist, weil man dieses Land nicht nur bereist, als aussenstehende Person, sondern praktisch dann dazu gehört. Aber der eigentlich wichtigste Grund war, ein Abenteuer zu erleben. Am Welcome-Day in Nizza wurde explizit vom Bürgermeister und vom Oberst der Universitäten Sophia-Antipolis erwünscht, sich so richtig auszuleben. Es ist also nicht nur erlaubt, das Leben zu feiern, sondern sogar erwünscht. Ich möchte an dieser Stelle erwähnen, dass ich alleine ein Erasmus-Semester gemacht habe, da ich die Einzige aus meinem Studiengang in der Unterstufe war (!!!), die es machen wollte. Und dies möchte ich unbedingt jedem an’s Herz legen, der Zweifel hat: Tut es! Habt den Mut. Alleine, umso besser. Es lohnt sich. Die Stadt Meine erste Wahl war Montpellier und meine zweite Nizza. Nizza ist in Südfrankreich, das heisst also viel Sonnenschein und warmes Wetter! ;) Im Vergleich zu Montpellier ist ein riesiges Plus in Nizza, dass die Partner-Uni einfach unschlagbar ist. Abgesehen davon hatte ich gehört, dass in Nizza das ESN-Netzwerk gross ist (= man lernt viele junge Menschen kennen ) Das hat sich bestätigt. Das engagierte ESN-Team in Nizza ein weiteres tolles Plus in Nizza. Erwartungen Über Nizza und diese Stadt wusste ich lediglich, dass es eine wunderschöne Stadt ist und das Wetter immer grandios ist. Das hat sich bestätigt! Des Weiteren malte ich mir ein abenteuerliches Semester aus, das vor allem zum Ziel hat, richtig gut französisch zu lernen und verschiedenste Erfahrungen zu machen. Ich habe mich vor allem über die Erfahrungsberichte informiert und ausserdem erhielt ich von meiner Vorgängerin Annique viele tolle Infos über Nizza, was mich dort erwartet und wie man sich organisieren kann. Dies würde ich unbedingt weiterempfehlen, denn so war ich auf gewisse Schwierigkeiten (insbesondere Organisatorische – und diese treten auf jeden Fall ein!) bereits eingestellt. Anreise Vor meinem definitiven Umzug dorthin bin ich bereits für ein paar Tage nach Nizza gereist (mit einer Freundin), um dort Wohnungen zu besichtigen. Diesen Plan, bereits vorgängig für ein paar Tage dorthin zu fahren, würde ich unbedingt weiterempfehlen. Dies hat sich sehr bewährt, nicht nur für die Wohnungsbesichtigungen: Ich habe so bereits diverse Kontakte im ESN-Netz knüpfen können. Natürlich habe ich vorgängig im Facebook Kontakte geknüpft (so bald wie möglich bei der ESNGruppe beitreten). Ich persönlich bin mit dem Flugzeug nach Nizza hinunter geflogen. Dabei muss man lediglich bedenken, dass bei EasyJet ein Aufgabegepäck dazu bezahlt werden muss. Aber die Anreise nach Nizza generell ist das allerkleinste Problem: Die Stadt ist von Genf aus mit dem Auto in 6 Stunden, mit dem Zug in 7 Stunden und mit dem Flugzeug in 45 Minuten zu erreichen. Was ich sehr empfehlen kann ist der Zug, gerade mit viel Gepäck: Auf der Seite sncf.fr kann man direkte TGV’s von Genf nach Nizza relativ günstig buchen (ab 50 Euro), vor allem bei frühzeitigem Buchen. Abholservice oder ähnliches ist eigentlich kein Thema: Der Flughafen in Nizza ist sehr nahe von der Stadt – ungefähr 5 Kilometer – und die Busse fahren regelmässig. Unterkunft Hier gibt es im Prinzip zwei Möglichkeiten: Entweder man nimmt ein Zimmer in einem Studentenwohnheim (Achtung: Dieses muss frühzeitig angefragt werden: ca. ein halbes Jahr im Voraus!!!!) oder man sucht sich ein Zimmer in einer WG (privater Vermieter). Für mich war klar, dass ich mir ein Zimmer in einer WG suchen werde, auch wenn ich sagen muss: Ein Zimmer im Wohnheim hat die klaren Vorteile, dass es sehr viel günstiger ist (ca. 300 Euro pro Monat) und dass es von der Schweiz aus sehr viel einfacher zu organisieren ist. Dafür aber sind die Zimmer aber meist sehr klein und häufig nicht sehr schön. Meine verantwortlichen Personen in Nizza Madame Di Marco und Monsieur Legrand habe ich informiert, dass ich mir selber ein Zimmer suchen werde. Diese beiden Ansprechspersonen waren sehr hilfsrebeit und jeder Zeit über E-Mail zu erreichen, wenn ich eine Frage hatte! Zwar hat es sich für mich wirklich gelohnt, ein Zimmer in einer WG zu suchen, aber der Aufwand war relativ gross: Ich habe drei Monate zuvor mit der Wohnungssuche im Internet begonnen und von den ungefähr 20 kontaktierten Vermietern konnte ich schlussendlich 4 Wohnungsbesichtigungstermine kriegen. Ich fuhr also Ende Juni nach Nizza und besichtigte diese 4 Wohnungen: Zwei der vier Wohnungen waren heruntergekommen und kamen deshalb nicht in Frage, und zwei Weitere gefielen mir recht gut. Mein Favoriten-Zimmer habe ich nicht gekriegt, und so blieb nur eines übrig Das Zimmer war echt teuer: 500 Euro im Monat (man kann locker etwas Günstigeres finden, wenn man gut sucht). Jedoch war unsere 5er-WG ziemlich cool, wenn auch manchmal etwas schwierig. In unserer 5er-WG waren nebst mir 3 Jungs und ein Mädchen: Alle drei Jungs waren Franzosen (was ich echt genial fand), und meine Mitbewohnerin Marieke eine deutsche Austauschstudentin. Mit meiner Mitbewohnerin und einem der Jungs verstand ich mich saugut und wir knüpften enge Freundschaft, die mir bestimmt noch lange erhalten bleibt. Mit den zwei anderen Jungs war es aus unterschiedlichen Gründen oft ziemlich schwierig, unter anderem auf Grund von mangelhaftem Putzen. Wohnungssituation in Nizza Die Wohnungsnachfrage ist praktisch immer sehr gross, und die Zustände so mancher Wohnungen in Nizza sind mit Schweizer-Verhältnissen absolut nicht zu vergleichen!! Damit will ich sagen: Es ist absolut normal, wenn Vermieter sich einen Deut um die Mieter scheren (sie sind nicht auf uns angewiesen – man muss sich um den Kontakt bemühen) und es ist normal, wenn es mal kein warmes Wasser mehr hat, oder wenn die Möbel nicht halb so stabil sind wie die in der Schweiz. Ich erwähne dies, weil es gut ist, sich auf solche Verhältnisse einzustellen Mich persönlich störte dies aber nicht. Übrigens ist es nicht aussergewöhnlich, nach wenigen Wochen oder gar Tagen noch umziehen zu wollen, insbesondere, wenn ihr die Wohnung im Voraus nicht besichtigt habt. Mieter sind in Frankreich generell vom Staat gut geschützt und deshalb ist dies meist auch möglich. Meine Empfehlung für die Unterkunft… …Mutige: Vor Ort durchfragen! Die allerbesten Chancen auf eine tolle WG hat man tatsächlich, sobald man einige Leute kennt – z.B. unter den Erasmus – und sich etwas durchfragt. Immer wieder wird ein Zimmer in einer coolen WG frei, das unter Umständen nicht einmal ausgeschrieben wird. Dafür kann man sich zu Beginn z.B. in einer Airbnb-Wohnung installieren für die ersten zwei Wochen. Ich würde es im Nachhinein echt so machen. Studium First of all: Diese kleine Partneruni in Nizza ist wirklich ganz toll. Alle Personen, Verantwortlichen und Dozenten waren über E-Mail zu jeder Zeit erreichbar: Sie gaben mir stets und rasch Antwort, und waren auch im Studium dort immer für mich da. Diesbezüglich muss man sich keine Sorgen machen! Der Parcours Science et Culture, welcher zur Faculté de Science gehört, ist ein ganz kleiner herziger Studiengang. Wahrscheinlich ist es der kleinste Studiengang in Nizza. Er ersetzt im Prinzip die ESPE (wie die PH), wie sie üblich wäre in Frankreich. Manche Leute in Nizza nennen den Parcours trotzdem noch die ESPE. Die Idee dieses Studiengangs («Parcours») ist, dass man verschiedene Module hat, viele aus der der Biologie und Physik, aber auch geisteswissenschaftliche, wie etwa Philosophie d’education. Die Studenten haben alle zuerst ein Jahr Studium absolviert in verschiedenen Bereichen, häufig Biologie, Physik oder Chemie. In ihrem zweiten Jahr kommen sie dann an diese Schule, wo für sie die Lehrerausbildung beginnt: Zuerst absolvieren sie die verbleibenden zwei Jahre für den Bachelor (bei Ihnen: La licence), und hängen direkt noch zwei Jahre Master an, bevor sie die Lehrerausbildung abgeschlossen haben. Austauschstudenten der PH Bern werden immer im zweiten Jahr eingeteilt, das heisst aber, es ist von diesem Studium eigentlich das erste Jahr! Das heisst, die Klasse ist relativ neu, die Leute offen und das Niveau ist absolut machbar. Kurswahl vor der Abreise Das Learning Agreement war der komplizierteste Teil der Vorbereitungen in der Schweiz: Ich habe von der PH Bern ein Dokument erhalten, dass ich ehrlich gesagt kaum begriffen habe. Ich habe mir einfach alle Kurse, die ich wählen konnte, herausgelesen und alle gewählt. Dieses Vorgehen hat sich bei mir glücklicherweise bewährt: Ich konnte alle aufgelisteten Kurse problemlos besuchen und abschliessen. Einzig eine kleine Änderung der Kurswahl musste vorgenommen werden, dies stellte sich aber erst kurz nach meiner Ankunft beim ersten Treffen mit Monsieur Olivier Legrand heraus. Wir fanden aber dafür eine interne Lösung, so dass das L.A. nicht mehr geändert werden musste Wie Sie sehen, sind die Leute in Frankreich flexibel (sehr viel flexibler als die Schweizer). Die Klasse Im Gegensatz zu unserem universitären System gehört man in Nizza einfach zu einer Klasse von ca. 20 Studenten, sowie am Gymnasium. Die Mitstudenten sind aber meistens erst 19-21 Jahre alt!!!! Trotz etwas unreiferem Verhalten mochte ich meine Klassenkameraden trotzdem sehr gern, alle waren sehr nett, witzig und hilfsbereit. Lustig ist, dass die französischen Jugendlichen einfach echt keinen Plan haben von Austauschstudenten und generell von internationalen Dingen, so isoliert wie die in ihrem System aufwachsen. Sie waren aber durchaus interessiert und neugierig. Meine beste Freundin war nach kurzer Zeit eine Französin – eine Schulkameradin aus meiner Klasse. Dadurch, dass ich mich mit ihr befreundete und sie in meine Erasmus-Clique einband, entstand ein kleiner gemischter Freundeskreis aus Franzosen und Erasmus-Studenten. Ich hatte ausserdem das Glück, ein Teil von zwei verschiedenen Klassen zu sein: Grundsätzlich gehörte ich den L2 an (1.Semester), aber zwei Kurse (Geschichte und Englisch Didaktik) besuchte ich mit den L3 (3.Semester). In meiner Hauptklasse L2 waren die Studenten sehr brav und diszipliniert. Die andere Klasse war für französische Verhältnisse faszinierend aufbrausend und extrovertiert, somit hatte ich zwei tolle sehr unterschiedliche Klassen. Die besuchten Kurse in Nizza …bestanden bei mir aus Naturwissenschaftlichem Unterrichten (Enseignement des Sciences), Bildungsphilosophie und -geschichte (Philosophie et Histoire d’Education), Englisch Sprache, Englisch Didaktik, Franzözisch Grammatik, Französisch Literatur und Geschichte. Auch konnte ich das 1wöchige Praktikum im Januar an einer Primarschule in Nizza absolvieren, was eine grossartige und sehr bereichernde Erfahrung war (Kapitel unten mit Fotos). Übrigens war der Geschichtsunterricht grandios. Die Lehrerin war grandios, sehr inspirierend. Ich musste mir zwar die ganze Geschichte Frankreichs der letzten 2000 Jahre zu Gemüte führen, aber auch das empfand ich eigentlich als schöne Bildungsauffrischung Für mich stellte das sprachliche Niveau wirklich kein Problem dar. Zwar muss erwähnt werden, dass ich vor Abreise relativ gute Basiskenntnisse im Französisch hatte (ca. B1). Ich behaupte aber, wer ein einigermassen kommunikativer Mensch ist, hat in Nizza kein Problem. Das Tempo der Kurse ist – im Vergleich zu andere Uni’s die ich gesehen habe – sehr angenehm. Ausnahmslos alle Dozenten waren stets offen, auskunftsbereit und meist auch erfreut über Fragen! Das Englischniveau in Frankreich ist erschreckend niedrig, was die Franzosen auch selbst wissen Dadurch aber erlangt man als Schweizer im Englisch aber auf jeden Fall Bestnoten, was ja auch sein Schönes hat. Einzig der Kurs Philosophie d’education war anspruchsvoll: Das Tempo war sehr schnell, das sprachliche Niveau auch relativ hoch. In diesem Kurs habe ich jeweils die Notizen von meinen Nachbarn abgeschrieben und einige Male den Kurs aufgenommen, schlussendlich hatte ich aber trotzdem mit wenig Aufwand eine genügende Note. Der Unterrichtsstil in Frankreich… …ist nicht zu vergleichen mit dem Schweizer-Stil! Er unterscheidet sich einfach GRUNDLEGEND von unserem. In Frankreich ist Konstruktivismus kein Begriff, der Unterrichtsstil ist absolut instruktiv: Das bedeutet konkret: Die Lehrperson erzählt einem die wichtigen Inhalte (praktisch: Es ist nicht nötig, nach Pointen zu suchen, da sie es selbst auf den Punkt bringen ) und die Studenten notieren einfach alles, was erzählt wird. Es war für mich grossartig, so etwas zu beobachten. Dieser Unterrichtsstil zieht sich in Frankreich durch das ganze System, von klein auf kennen die Kinder bzw. Studenten einfach das Zuhören und Übernehmen. Es ist witzig, zu beobachten, wie es möglich ist, dass Studenten Inputs einfach aufnehmen, notieren, ohne sich selbst etwas dazu zu denken!!! Dauer der Veranstaltungen: Es ist zu erwähnen, dass die Kurse in Frankreich jeweils 2 Stunden OHNE PAUSE dauern. Der Kurs Französisch Literatur dauerte sogar 3 Stunden und oft vergass die Dozentin, die kleine Pause einzusetzen. Ich wies sie aber dann meist daraufhin Verwundert euch aber nicht, wenn die Studenten grundsätzlich zu solchen Sachen keinen Pieps sagen. Die Konzentrationsfähigkeit der anderen Studenten erschien mir – als abwechslungsgewöhnte Schweizerin - zu Beginn unglaublich. Man gewöhnt sich aber recht schnell daran. Das Semester allgemein ist sehr viel unregelmässiger als Unsere. Die Dozenten bestimmen alle selbst für ihren Kurs, an welchen Daten er stattfindet und wann nicht. Somit gab es vor allem am Schluss, und auch teilweise beim Semesterstart, Perioden, in denen ich fast keine Veranstaltungen hatte. Gut ist, dass in diesem Studiengang die Dozenten wenigstens die Daten vor Semesterstart alle durchgeben. Dazu gibt der Studiengang gute Dokumente heraus. Somit ist es für französische Verhältnisse sehr verlässlich Die Dozenten verteilen Informationen grundsätzlich über E-Mail. Dies empfand ich als sehr praktisch, da man so eigentlich immer laufend informiert wurde. Praktikum Das 1wöchige Praktikum an einer Primarschule mitten in der Stadt von Nizza, hinter dem Einkaufszentrum Nice Etoile, war eine tolle Erfahrung. Zur Organisation: Auch hier funktioniert die Vorbereitung eines solchen Praktikums in Nizza sehr viel rigoroser, kurzfristiger und unkomplizierter. Erst Mitte Dezember wurde die Klasse durch eine Informationsveranstaltung über den Ablauf des Praktikums aufgeklärt (in etwa: «Am Montag morgen treffen wir uns um 8:30 vor dem Eingang der Schule. Dann werdet ihr in 2er und 3er-Gruppen in die Klassen verteilt. Ende Woche führt ihr mit der Klasse noch eine Sequenz durch.» …) Diese ganze Schule und der völlig andere Unterrichtsstil war für mich dermassen beeindruckend, dass ich auf eigene Initiative nicht nur in meiner Klasse blieb, sondern insgesamt 3 Klassen besuchte während dieser Woche. Mir blieben aus diesem Praktikum so einige Erinnerungen, aber folgende Szenarien als Beispiele waren normal: Der kleine Tristan, der offensichtlich unterfordert und wahrscheinlich auch hyperaktiv war, konnte sich wieder einmal nicht stillhalten in einer langen geführten Sequenz im Kreis, er brümmelte erneut einen leisen Kommentar zur Geschichte. Die Lehrerin schreit ihn an: «TRISTAN. TU ES PUNI. J’EN AI MARS. TU T’ASIS SUR LA CHAISE EN BOU DE LA SALLE.» Der kleine Junge wird zur Bestrafung gezwungen, am anderen Ende des Zimmer auf den Stuhl zu sitzen und sich stillzuhalten während mind. 10 Minuten. Als er erneut etwas zu «knübeln» beginnt mit seiner Hand, weist ihn die Putzfrau zurecht, er solle sich jetzt stillhalten. Ausserdem blieb mir folgende Aussage eines besuchten Lehrers, der eine 1.Kindergartenklasse leitete (3-4 jährige): «Ich arbeite jetzt seit 3 Jahren in der petite séction. Zum Schulbeginn weinen und schreien alle Kinder während etwa einem Monat, jeden Morgen. Viele Kinder können kein Deutsch, in dieser Klasse habe ich zusätzlich zwei authistische Kinder. Sie hören mir nicht zu und ich muss sie ständig zurechtweisen. Ich halte es nicht mehr aus… Ehrlich gesagt, bin ich mir nicht mehr sicher, ob ich diese Arbeit weiterführen möchte.» Der arme Lehrer war ja auch mit 20 3jährigen Kindern allein, 5 Tage die Woche. Klassenübergreifenden Unterricht gibt’s in Frankreich nicht, auch nicht individualisiertes Lernen. Mir persönlich jedenfalls erschienen die 3 und 4jährigen Kids als zuckersüss und gut erzogen : Ich persönlich jedoch hatte im Praktikum eine coole Klasse mit tollen Kinder. Eine ziemlich spontan durchgeführte Sequenz zum Thema Wasserdampf und Eis machte sowohl mir als auch diesen wohlerzogenen Kids (die riesig Freude haben, wenn sie einmal aktiv sein dürfen), grossen Spass gemacht: Freizeit Kulturelles in Nizza Nizza ist eine wirklich schöne Stadt, und die Cote d’Azur ist tatsächlich eine wunderschöne Gegend: Hinter der Stadt erstrecken sich die ganzen grünen, palmenbewachsenen, dschungelartigen Hügel und noch ein wenig dahinter erblickt man bereits die Berge (les Alpes), die im Winter weiss beschneit einen tollen Kontrast zum Meer geben. Nizza liegt direkt am Meer: Vom Stadtkern aus – Place Masséna – ist man in 3 Minuten zu Fuss beim Strand. Der Strand entlang der Promenade des Anglais ist sehr lange und bietet viel Platz – auch bei Nachtschwärmern ist der nahegelegene Strand natürlich sehr beliebt, um sich bei einem Getränklein gemütlich niederzulassen. Im Sommer gibt es am Strand immer wieder Anlässe und Feste. Die Altstadt Nizzas (le vieux Nice) ist zweifellos das mit Abstand hübscheste Quartier in Nizza und bestimmt auch das Wichtigste, sowohl kulturell als auch ausgangtechnisch und auch für kleine Boutiquen, Märkte und Museen. Sportangebot durch die Uni Der Parcours Science et Culture, der zu der Faculté de Science (Campus Valrose) gehört, bietet praktisch gratis ein umfassendes Sportangebot an. Dazu muss aber gerade zu Beginn, bei Ausstellung des Studentenausweises, die carte de sport dazu gemacht werden, dies also Madame Di Marco mitteilen. Freizeit mit ESN Das ESN-Netzwerk in Nizza unternimmt ständig tolle Ausflüge in benachbarter Städte, gemeinsame Besuche zum Strand, Restaurantabende, Events (ganz toll: Die Welcome-Week zu Beginn des Semesters) und natürlich Partys: Die Nacht mit dem Partybus war wohl legendär. Jeden Donnerstag Abend findet in der Bar Sansas das «Each one, teach one» statt von ESN, es ist quasi das wöchentliche Zusammenkommen und das wichtigste Event, weil es sich durch das ganze Semester hindurch zieht. DAS WICHTIGSTE IST DER BEITRITT IN DIE ESN-GRUPPE: https://www.facebook.com/groups/ESN.Erasmus.Nice/809293072536344/?notif_t=group_activity& notif_id=1459425227119587 Alle Events werden immer hier veröffentlicht, manchmal sehr spontan In den Herbstferien haben ESN sogar eine 5tätige Reise nach Paris unternommen, es kostete ungefähr 200 Euro. Ich persönlich habe oft an den ESN-Veranstaltungen teilgenommen, aber doch auch viele verpasst, was ich absolut bereue! Benachbarte Städte Der Besuch von Marseille sowie eine Woche in Montpellier (ganz tolles Städtchen) waren für mich die tollsten Ausflüge. Entlang der Küste von Nizza nach Marseille empfehle ich, einmal eine Reise mit dem Zug zu machen, denn die Küste und die kleinen Dörfer sind wunderschön zu besichtigen aus dem Zug heraus. Das Dörfchen Villefranche-sur-Mer (rechts) , das mit dem Zug gleich die nächste Station ist – also in 3 Minuten erreichbar – war mein Lieblingsort, bezaubernd klein und hübsch, und hat einen wunderschönen Strand (feine Kieselsteinchen – im Gegensatz zum groben Kiesstrand in Nizza) . Fazit Das ERASMUS-Semester in Nizza war eine unglaublich bereichernde Erfahrung und ich bin wahnsinnig stolz und glücklich, den Mut gehabt zu haben und mich dafür entschieden zu haben!!! Ich denke, kaum in einem anderen Moment im Leben hat man so viele Möglichkeiten wie in einem ERASMUS-Semester: Sprachlich ist es eine absolute Bereicherung: Ich spreche jetzt praktisch fehlerfrei und fliessend Französisch, und verstehe Gesprächspartner problemlos. Ich kann sogar fliessend und mehrheitlich korrekte französische Texte schreiben, und ich mag ich die Sprache 100mal lieber als zuvor. Die Riesenchance ist, dass man automatisch in ein Studenten-Netzwerk eingebunden ist: Man lernt ständig neue Menschen kennen, kann ständig an Events teilnehmen. ESN Ganz besonderes Lob möchte ich geben an die ESN Leute in Nizza. Die Organisatoren von ESN Nice sind echt engagiert, extrem sozial und symphatisch, lustig, hilfsbereit, dynamisch, offen und unkompliziert Unter den ESN-Organisatoren habe ich einige meiner wichtigsten Freunde gefunden. Das Leben in Nizza war abwechslungsreich und intensiv. Ich habe eine Freiheit erlebt, die ich in der Schweiz noch nicht kannte, da ich noch zu Hause gewohnt habe. Ich habe zum Semesterstart in Nizza auch einige Schwierigkeiten gehabt, vor allem aufgrund seltsamer Bürokratie (Bank, CAF). Deswegen möchte ich an dieser Stelle erwähnen, dass ich für jegliche Art organisatorischer Fragen jederzeit zur Verfügung stehe (z.B. für Fragen bezüglich Bankkonto-Eröffnung, Handyvertrag, Budget etc.) Nun, da ich wieder in der Schweiz bin, kann ich alle Aspekte unserer Gesellschaft, Bildung und Kultur mit Frankreich vergleichen und ich kann mit gutem Gewissen behaupten: Da springen sehr wertvolle Erkenntnisse dabei heraus. Zum Beispiel dass es uns in der Schweiz mit dem ÖV und der Kundenfreundlichkeit sehr sehr gut geht!!!! Vor allem aber habe ich viele unglaubliche Momente erlebt, vernünftigere und weniger vernünftige, und Freundschaften geknüpft, die mir bestimmt noch lange erhalten bleiben. Foto: Ich in der Mitte.