11.12.2013 C. Saalfrank: Die Bereitstellung von Mikroversicherungen

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11.12.2013 C. Saalfrank: Die Bereitstellung von Mikroversicherungen
10.12.2013
Humangeographie/
Stadt- und Regionalforschung
Departement
Umweltwissenschaften
Die Bereitstellung von Mikroversicherungen:
Eine Analyse des Partner-Agent Models
am Beispiel der Afat Vimo Mikroversicherung in Gujarat, Indien
Asim – Swiss Academy of Insurance
Medicine, 11. Dezember 2013
Dr. Claudia Saalfrank
Universität Basel
Departement Umweltwissenschaften
Humangeographie/Stadt- und
Regionalforschung
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Stadt- und Regionalforschung
Departement
Umweltwissenschaften
Gliederung
Die Bereitstellung von Mikroversicherungen
1. Hintergrund
2. Zielsetzung und Forschungsfragen
3. Studiengebiet und Methoden
4. Ausgewählte Ergebnisse
4.1 Kommunikationsfluss
4.2 Institutionelle Effizienz
4.3 Vorteile der Versicherung (Schadenssummen)
4.4 Versicherungsbedürfnisse
Exkurs: Mikrokrankenversicherungen
5. Fazit
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1. Hintergrund – Mikrofinanzklienten
Wer sind die Mikrofinanzklienten?
Personen des informellen Sektors (MikrounternehmerInnen,
Handwerker, Kleinst-Dienstleister)
Mittellose Familien (ohne, mit geringen
oder unregelmässigen Einkommen)
Klein- und Subsistenzbauern
Witwen, Alte, Behinderte
Warum gerade diese? – Vielfältige Benachteiligungen
Wirtschaftliche (Verteilung und Zugang zu
Ressourcen)
Soziale und kulturelle (Kaste, Geschlecht)
Politische (ungelöste Probleme des Kastensystems und der Geschlechterungleichheit)
Geographische (Dürren, Erdbeben, Fluten, etc.)
Life for the poor is one long risk
(Philippinischer Mikrofinanzkunde)
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1. Hintergrund – Mikrofinanzklienten
Warum sind
Mikroversicherungen wichtig?
Mikroversicherungen
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1. Hintergrund – Mikrofinanzklienten
Mikroversicherungen
Funktionieren wie herkömmliche Versicherungssysteme
Risikotransfer im Fall von Schaden oder Verlust
Zielgruppe: Einkommensschwache Haushalte (tiefe Prämien)
2.6 Milliarden weltweit unter $2 am Tag (Marktpotential für
Mikroversicherungen)
Indien: nur jeder 5. versichert, nur 1.5% krankenversichert (2009)
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1. Hintergrund – Mikrofinanzklienten
Das Beispiel Afat Vimo
Indisches Mikroversicherungssystem, deckt gegen eine Jahresprämie
von 215 Rupien (3,50 Sfr) 19 verschiedene Schadensereignisse an
Haus dessen Einrichtung, existenzsichernden Ressourcen, sowie Tod
und Unfall, jedoch nicht Krankheit ab.
Beispiel eines Partner-Agent Models
Mikroversicherungssystem der Life Insurance Corporation of India und
der United India Insurance Co. Ltd – kanalisiert durch die lokale NGO
All India Disaster Mitigation Institute (AIDMI)
AIDMI - Nichtregierungsorganisation, welche Community-basiert
arbeitet und untersucht wie Community-basierte
Entwicklungsaktivitäten wirken
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1. Hintergrund – Mikrofinanzklienten
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1. Hintergrund – Mikrofinanzklienten
Partner-Agent-Model der Dienstleistungsbereitstellung – Graphisch-Geographisches Schema
Wie muss man sich die
Schnittstelle vorstellen?
Slum Communities
Slum Community, Bhuj, Kachch
Distrikt, Gujarat (100 000 EW)
Lokaler Voluntär
Worker, Ashapuranagar
Community , Bhuj
28 Staaten
1.3 Milliarden EW
7933 Städte
über 600 000 Dörfer
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2. Zielsetzung und Forschungsfragen
Zielsetzung: Analyse des Partner-Agent Models an der Schnittstelle
zwischen Institutionen, welche Versicherungen vermitteln und
versicherten Haushalten
Fokus auf von Schäden oder Verlusten betroffene Haushalte
Wie gut Mikroversicherungen funktionieren bzw. das Partner-Agent
Model funktioniert zeigt sich besonders gut im Schadensfall
Fokus Schnittstelle
Ob und in welchem Masse die Versicherten tatsächlich von den
Versicherungsleistungen profitieren, hängt davon ab, wie
Mikroversicherungen und deren Leistungen von den
Versicherungsgebern zu den Versicherungsnehmern gelangen.
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2. Zielsetzung und Forschungsfragen
1. Kommunikationsfluss der NGO bzw. deren Mitarbeitenden:
Bestand ausreichend Wissen auf Seiten der Haushalte, um einen
Schaden zu melden? Wurden sie richtig vom Agent informiert?
Warum wurde nach einem Schadensereignis keine
Schadensmeldung gemacht?
Wurden die Schadensmeldungen akzeptiert?
2. Institutionelle Effizienz: Wie lange dauerte die Abwicklung der
Schadensfälle?
3. Vorteile der Versicherungen: Wie hoch waren die
Versicherungssummen?
Wie wurden die Auszahlungssummen verwendet?
Konnten mit den Ersatzzahlungen die entstandenen Schäden
ersetzt werden?
4. Versicherungsbedürfnisse: Gab es aus Sicht der Haushalte Defizite
oder Verbesserungsvorschläge die Mikroversicherung betreffend?
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2. Studiengebiet und Methoden
Studiengebiet
•
•
•
Urbane Slums
Ländliche Distrikte
von Katastrophen
betroffene Gebiete
(Fluten, Erdbeben,
Dürren, Unruhen)
Stichprobenauswahl
n= alle 256
Versicherungsnehmer
mit Schaden/Verlust;
158 mit
Schadensmeldung, 98
ohne Schadensmeldung
Datengrundlage
Datenbank von 5391
registrierten
Versicherungsnehmern;
Befragung/Empirische
Studie Juli–Oktober 2008
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Pre-Test des Fragebogens, städtischer Slum, Ahmedabad
Wiederaufgebaute Hütte nach Erdbeben, Bhuj, Gujarat
2. Studiengebiet und Methoden
Höhe der Fluten durch Flussüberflutungen, Kheda, Gujarat
Befragung, ländliche Community, Kheda, Gujarat Folie 12
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4. Ausgewählte Ergebnisse und Schlussfolgerungen
Haushaltsstruktur der Befragten
2/3 in urbanen Slums, 1/3 in ländlichen Distrikten
Haushalte: viele Junge, wenige Alte
Keine oder nur geringe Schulbildung
Mehrheit an oder unter der offiziellen indischen Armutsgrenze
Über 2/3 im informellen Sektor
Ländliche Community im Kheda Distrikt, Gujarat
Mikrounternehmerin: Herstellung von Räucherstäbchen
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4.1 Ausgewählte Ergebnisse
Kommunikationsfluss
Mikroversicherte Haushalte haben Wissensdefizite
Unkenntnis auf Seiten der Haushalte über die Schadensdeckung
(Mikroversicherungsschutz)
Unwissenheit bei Haushalten über Abwicklung von
Schadensmeldungen (Einreichen eines Antrags und Einreichen von
Nachweisen)
Kommunikationsfluss vom Agent (NGO, lokale Mitarbeiter, lokale
Voluntäre) zur lokalen mikroversicherten Bevölkerung defizitär
Abweisen von berechtigten Schadensfällen durch Agent
Wichtige Informationen sind offensichtlich nicht gegeben
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4.2 Ausgewählte Ergebnisse
Institutionelle Effizienz: Schadensabwicklungen
Abwicklung dauert zu lange (ca. 5 Monate)
Schadensmeldungen vom Agent zu Versicherungen zu lang
Auszahlungen von Versicherungen an Haushalte durch Agent
verzögert
Neuverschuldungen bei lokalen Geldverleihern während des
Wartens auf Versicherungsgelder
Schadensersatzsummen für Schuldenrückzahlungen an lokale
Geldverleiher verwendet
Versicherungsnehmer stehen möglicherweise schlechter da als
erwartet
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4.3 Ausgewählte Ergebnisse
Vorteile der Versicherung (Schadenssummen)
Schadensersatzsummen sind zu tief, um die verlorengegangene
Existenz wiederherzustellen
z.B. maximale Versicherungssumme für Verlust eines Hauses:
10 000 Rupien; ein Standardhaus kostet mindestens 40 000 Rupien
Ausgestaltung des Versicherungssystems selbst ist fraglich
(maximale Versicherungsmöglichkeiten)
Nutzen von Mikroversicherungen infrage gestellt
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4.4 Ausgewählte Ergebnisse
Versicherungsbedürfnisse (in Bezug auf Afat Vimo)
Eine Mehrheit der Versicherten hat Bedarf weitere Risiken zu
decken
Krankheiten (Einkommensschwache haben erhöhtes Risikoprofil für
Krankheiten)
Ernteausfälle
Afat Vimo Mikroversicherung deckt Risiken, welche kaum
auftreten, wie z.B. Schäden durch Flugzeugabstürze
Zentrale Elemente des Versicherungsschutzes fehlen, nämlich
Krankenversicherung und Agrarversicherung
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Exkurs: Mikrokrankenversicherung
Warum wären Mikrokrankenversicherungen nötig?
Aus offensichtlichen Gründen nötig: Alle brauchen sie
Niedrige, oft unregelmässige Einkommen
Leben an oder unterhalb der Armutsgrenze
Geringes Bildungs- /Wissensniveau
Schlechter Zugang zu Spar-, Kredit-, und
Versicherungsmöglichkeiten
Beitrag zur Armutsreduktion
Krankheitskosten nehmen grossen Einkommensanteil in
Anspruch
Armut durch Krankheit ist häufiges Phänomen
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Exkurs: Mikrokrankenversicherung
Warum wird in Mikroversicherungen Krankheit
möglicherweise nicht berücksichtigt?
Gefahr der Ausnutzung des Systems
Moral Hazard
Korrupte Ärzte
Massive Inanspruchnahme aufgrund hohem Risikoprofil
Schwierig kalkulierbar
Die Rolle des Agents vor Ort ist zentral (Überprüfung)
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5. Fazit
Fazit – Schwachstellen im System
Vorhandene Mängel im System bei der Handhabung der
Versicherungen von Seiten der vermittelnden NGO, zumindest im
untersuchten Partner-Agent Model
Durch Neuverschuldungen (aufgrund langer Wartezeit und zu
geringen Schadensersatzsummen) stehen mikroversicherte
Haushalte schlechter da als erwartet
Afat Vimo dient eher als anfängliche Hilfe oder Überbrückung
nach einem Schaden oder Verlust
Fazit – Verallgemeinerbar
Ausgestaltung und Handhabungen solcher
Mikroversicherungssysteme,insbes. der Rolle des Vermittlers
Modelle mit lokalen Institutionen: Schnittstelle ist zentral
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Danke für Ihre Aufmerksamkeit!
!
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Stadt- und Regionalforschung
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Humangeographie/
Stadtund Regionalforschung
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Humangeographische Arbeitsmethoden:
GIS, Statistik, empirische Sozialforschung
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Befragung in urbanen Slums, Bhuj/Indien, Juli 2004
SCHNEIDER-SLIWA R. (Ed.), with M. BHATT:
Recovering slums - Determinants of poverty and
upward social mobility in urban slums.
Case studies from India.
Basel Development Studies 1, Basel, 2008 : 466 pp.
Questionnaire in
Englisch und Gujarati
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