Struga 01/2016 - Gemeinde Schleife
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Struga 01/2016 - Gemeinde Schleife
01|16 TREBENDORF M Ü H L ROS E SC H L E I F E RO H N E M U L KW I TZ G ROSS D Ü B E N HALBENDORF L I ES K AU Jahrgang Nr. 10 | Ausgabe 01/2016 Struga Das Magazin für die Bürger der Region Schleife, Landkreis Görlitz REKULTIVIERUNG Zwischen Findlingspark und Offenland SIEBEN FRAGEN Sten Kowalick: Vorsitzender des Beirates Umsiedlung Mühlrose Juliane, Constanze, Kathleen und die Löschzwerge HANDWERK Baustellenbesuch im Garten Eden UMWELT Über ein Urgewächs der Lausitz Die Groß Dübener Feuerwehr betreibt erfolgreich Nachwuchsarbeit 2 Struga Das Magazin für die Bürger der Region Schleife, Landkreis Görlitz 01/2016 IN DIESER AUSGABE 01/2016 KURZ UND KNAPP 3 Engagiert 06 MOMENTAUFNAHMEN 4–5 F rischkes Familensaga | Innovationspreis für Wassergleiter Schnelle Truppe | Sprachschatz | Brücken bauen REKULTIVIERUNG 6Zwischen Findlingspark und Offenland Notizen zum Landschaftswandel im Nochtener Revier HANDWERK 10 Baustellenbesuch im Garten Eden Neue Pläne des Landschaftsgärtners Dirk Noack 20 ENGAGEMENT 15 Juliane, Constanze, Kathleen und die Löschzwerge Die Groß Dübener Feuerwehr betreibt erfolgreich Nachwuchsarbeit SIEBEN FRAGEN 20 Einfach weitermachen? Sieben Fragen an Sten Kowalick MENSCHEN 22 Verwurzelt Im Gespräch mit Klaus Kuboth über Obstbäume, Bergleute und schlesische Wurzeln UMWELT 26 Die Alleskönnerin Über ein Urgewächs der Lausitz AUSBLICK 30 Feste, Feiern und Veranstaltungen 10 KURZ UND KNAPP 15 Engagiert Mehr als 23 Millionen Menschen in Deutschland engagieren sich ehrenamtlich. Sie setzen einen Teil ihrer Freizeit und persönliche Energie für das Wohl der Gemeinschaft ein. Auch im Kirchspiel Schleife gibt es viele Menschen, die ehrenamtlich arbeiten. 22 26 Was Ehrenamt bewirken kann, zeigt die Nachwuchsförderung bei der Groß Dübener Feuerwehr. Auch das vielfarbige kulturelle Leben im Kirchspiel würde wohl ohne ehrenamtliche Kräfte nicht existieren. Was aber ist das Motiv der Ehrenamtlichen? Vor allem verbindet sie wohl ein ausgeprägtes Gemeinschafts- und Verantwortungsgefühl. Das beweisen auch die ehrenamtlichen Gemeinde- und Ortschaftsräte des Kirchspiels. Mit den Planungen zur Umsiedlung stehen sie seit einigen Jahren vor einer besonderen Herausforderung. In langen Sitzungen, die oft tief bis in die Nacht reichten, haben sie um Lösungen gerungen: um Entscheidungen zur Gemeinde, zu Vertragsverhandlungen und zur Standortwahl und darum, die Menschen der Orte in dem Prozess mitzunehmen. Das war nicht nur ein gewaltiger organisatorischer, sondern auch ein emotionaler Akt. Denn gleichzeitig mussten sie eigene Lebenspläne entwickeln und innere Konflikte lösen. Für diesen Kraftakt gebührt ihnen besondere Anerkennung – auch, wenn der Weg noch nicht zu Ende ist. Ihre Ute Baumgarten 3 4 MOMENTAUFNAHMEN Struga Das Magazin für die Bürger der Region Schleife, Landkreis Görlitz 01/2016 Innovationspreis für Wassergleiter Die Wasserski- und Wakeboardanlage in Halbendorf wurde zum Saisonstart mit dem Innovationspreis Tourismus Oberlausitz 2016 ausgezeichnet. Das Halbendorfer Projekt errang nach der Jugendherberge Görlitz-Altstadt und dem Neisse Adventure Race aus Rothenburg gemeinsam mit der Theatertruppe Kurzweyl den dritten Preis. Das Unternehmen, das 2014 von Andre Böhme gegründet wurde, zieht jährlich mehr als 2.000 Wassersportler auf den Halbendorfer See. Die Jury überzeugte vor allem das innovative Konzept, das mit attraktivem Sport und aktiver Erholung Touristen in die Region lockt. Frischkes Familensaga Um seinen sorbischen Ahnen auf die Spur zu kommen, hat der Schleifer Harry Frischke deren Geschichte erkundet. Was er herausfand, macht ihn stolz auf seine Familie wie auf sein Volk – die Lausitzer Sorben. Aus den Recherchen entstand ein Buch, das eine Familiensaga erzählt die exemplarisch ist für viele Lebensgeschichten in der Struga-Provinz. Dennoch erweisen sich die Frischkes als unverwechselbare Familie, die von unablässigen Veränderungen und Herausforderungen in schicksalhaften und glücklichen Zeiten geprägt ist. Was der Autor ursprünglich für sich und seine Frau, seine Kinder und Kindeskinder festhalten wollte, geriet unversehens zu Memoiren, die als „Familiensaga aus der Struga-Provinz“ nun auch einer breiten Öffentlichkeit zugänglich sind. Lesung: Bibliothek Weißwasser 27. Mai 2016, 17 Uhr Schnelle Truppe Es gibt Situationen, in denen jede Sekunde zählt: Unfälle, medizinische Notfälle oder lebensbedrohliche Zustände. Bis der Rettungsdienst eintrifft, können oft wichtige Minuten vergehen, die im Zweifel über Leben und Tod entscheiden. Um möglichst schnell Hilfe zu leisten, haben die Gemeindefeuerwehr und die Gemeinde Schleife eine First-Responder-Gruppe ins Le- ben gerufen. Das Besondere der Gruppe: Die „Helfer vor Ort“ stammen aus dem Umfeld und sind deshalb schnell am Ort des Geschehens, um lebensrettende Hilfe zu leisten. 25 Bürgerinnen und Bürger haben sich bereit erklärt, diese Aufgaben zu übernehmen, darunter Rettungsassistenten mit Ausbilderqualifikation, Rettungssanitäter, Krankenschwestern und aus- gebildete Ersthelfer. Die Alarmierung der schnellen Truppe erfolgt jeweils über die Rettungsleitstelle – zeitgleich mit dem Rettungsdienst. Mittlerweile ist die First-Responder-Gruppe Schleife seit zwei Jahren im Einsatz. Seither konnte immer wieder Menschen in lebensbedrohlichen Situationen geholfen werden – bis der Rettungsdienst eintraf. MOMENTAUFNAHMEN 5 Struga Das Magazin für die Bürger der Region Schleife, Landkreis Görlitz 01/2016 Sprachschatz Das erste Buch in Schleifer Sorbisch war ein Liederbuch. Es erschien vor zwei Jahren und enthält alte Volkslieder des Kirchspiels, wie sie einst die Kantorkas von Generation zu Generation weitergetragen haben. Der Trebendorfer Dieter Reddo hatte das alte Liedgut gemeinsam mit Hartmut Hanscho und Juliana Kaulfürst gesammelt und aufgeschrieben. In diesem Jahr will der Njepila-Hof Rohne e. V. nun ein zweites Buch in Schleifer Sorbisch herausbringen: ein Wörterbuch. Der Schleifsche Dialekt, der quasi eine Brücke zwischen Obersorbisch und Niedersorbisch schlägt, prägte Jahrhunderte die Alltagssprache im Kirchspiel und wird heute noch von einigen Einwohnern gesprochen. Der Njepila-Verein hat es sich zur Aufgabe gemacht, das Schleifer Sorbisch, das bislang nur mündlich überliefert wird, dauerhaft zu bewahren. Im Sommer 2016 soll das Nachschlagwerk, das über 5.000 Begriffe enthält, erscheinen. Brücken bauen Noch fremdeln sie miteinander. 50 Schüler des Landau-Gymnasiums Weißwasser und des Gymnasiums der polnischen Stadt Zary erkunden gemeinsam den Njepila-Hof Rohne. Begleitet von fachkundigen Führern des Vereins und erfahrenen Dolmetschern kommen sich die Fünft- und Sechstklässler beim Wachsen von Ostereiern, beim Backen, Spinnen und dem Vortrag über die Flachsverarbeitung näher. Nach dem lehrreichen Vormittag rund um das sorbische Brauchtum treffen sich alle an den großen Holztischen in der „guten Stube“. Es gibt Kartoffeln, Quark und Leinöl. Lebhafte Gespräche auf polnisch und deutsch füllen den Raum. Spätestens jetzt wird deutlich: Das grenzüberschreitende Schulprojekt hilft, Brücken in den Köpfen der Schülerinnen und Schüler zu bauen. Seit vier Jahren pflegen die beiden Schulen aus Deutschland und Polen den Kontakt. „Uns vereint mehr als der gemeinsame Tag im Njepila-Hof“, erklärt Dolmetscherin Wioletta Kostecka. Die Schüler verbinden auch die slawisch-sorbischen Wurzeln der Niederlausitz; gerade mal 50 Kilometer liegen zwischen dem polnischen Zary und der Stadt Weißwasser. Der Besuch im Njepila-Hof gibt einen Einblick in die gemeinsame Geschichte. Und er zeigt: Kak to jo bylo. – Wie es einmal war. 6 REKULTIVIERUNG Struga Das Magazin für die Bürger der Region Schleife, Landkreis Görlitz 01/2016 Neuland hinterm Tagebau Nochten Zwischen Findlingspark und Offenland NOTIZEN ZUM LANDSCHAFTSWANDEL IM NOCHTENER REVIER Struga Das Magazin für die Bürger der Region Schleife, Landkreis Görlitz 01/2016 D er Bergbau verändert die Landschaft zwischen Weißwasser, Nochten und den Gemeinden des Kirchspiels Schleife nachhaltig. Er nimmt Landschaftsräume in Anspruch: Ortschaften, Wiesen und Ackerflächen, Wälder und Moore, Straßen und Wege. Mit dem Weiterwandern des Tagebaus entstehen Schicht um Schicht zugleich neue Landschaften, so wie es in den Betriebsplänen verankert ist. Mehr als 2.000 Hektar Fläche wurden in den vergangenen 20 Jahren im Bereich des Tagebaus Nochten rekultiviert. Dabei wurden rund zwölf Millionen Bäume gepflanzt, Flächen aufgeforstet und zahlreiche neue Wege nach historischem Vorbild geschaffen. Ein Resultat dieser Neugestaltung, das überregionale Bekanntheit besitzt, ist REKULTIVIERUNG 7 der Findlingspark in Nochten. Seit seiner Eröffnung im Jahr 2003 lockt er jährlich rund 70.000 Besucher in die Region. Vom Steinreich in Nochten aus führt der Hermannsdorfer Radweg zum Turm am Schweren Berg, südlich von Weißwasser. Der 2008 gestaltete Aussichtspunkt bietet einen Fernblick auf wahrhaft bewegtes Land: Die Kohlebagger sind fast vorbeigezogen, seit einigen Jahren sind nun die Landschaftsplaner und Rekultivierer aktiv. Hier, an der Grenze zum Muskauer Faltenbogen, entsteht ein Mosaik aus kleingliedrigen Landschaftsstrukturen, das geschützten Tier- und Pflanzenarten als Lebensraum dienen soll. Das Vorranggebiet für den Arten- und Biotopschutz erstreckt sich auf rund 730 Hektar Fläche. Trockenrasen, Sandheiden, Wa- 8 REKULTIVIERUNG cholder, Kiefern und Laubmischwälder, Buchten, Inseln, Flach- und Tiefwasserbereiche sollen den Bereich einmal prägen. Erste Initiale dafür sind gesetzt. Im Kern des Gebietes liegt der künftige Hermannsdorfer See, ein Gewässer, das ausschließlich dem Naturschutz vorbehalten bleibt. Anders als die bisher gefluteten Tagebauseen der Lausitzer Seenplatte entsteht der See bereits während des aktiven Tagebaubetriebes. Mit 256 Hektar wird seine Wasserfläche größer sein als der Berliner Tiergarten. Die Arbeiten am Hermannsdorfer See haben 2005 mit der Abdichtung Struga Das Magazin für die Bürger der Region Schleife, Landkreis Görlitz 01/2016 des Nord- und Ostufers begonnen, anschließend wurde das Südufer mit einer Landzunge und zwei Vogelschutzinseln geformt. Die Flutung soll ab 2016 beginnen. Gespeist wird das Gewässer vor allem durch das Wasser der Spree. Etwa 2020 soll der endgültige Wasserstand erreicht sein. Eine Besonderheit am Südufer des Sees ist die Gestaltung der Neuen Jeseritzen. Fast zwei Hektar groß ist das Moorinitial. Insgesamt 5.000 Kubikmeter Torf, die aus den Großen Jeseritzen stammen, wurden hier eingebracht, um Moosbeere, Schnabelried, Schmalblättriges Wollgras und Rosmarinheide neuen Boden zu bereiten. Wie der Torf selbst, kommen auch die Pflanzen aus dem Moorgebiet, das dem Tagebau weichen mussten. Für Besucher wird der Hermannsdorfer See nur von der Nord- und der Ostseite aus erlebbar sein. Im Süden erstreckt sich das Vorranggebiet für die Bundeswehr, das Westufer bleibt dem Arten- und Biotopschutz vorbehalten. Das hier entstehende Offenland mit seinen Heideflächen und dem Sandmagerrasen soll künftig auch dem Birkhuhn als Lebensraum dienen - ein Wildvogel, der bereits seit Jahren auf der nationalen Roten Liste der bedroh- Struga Das Magazin für die Bürger der Region Schleife, Landkreis Görlitz 01/2016 ten Arten steht. Das Birkwild, das die Moor- und Heidelandschaft in Lüneburg einst ebenso dominierte wie die in der Lausitz, kommt heute nur noch in wenigen Bundesländern vor. Auch aus der Muskauer Heide ist es fast verschwunden. Einzelne Hähne soll es noch in der Heidelandschaft geben, weiß die Naturforschende Gesellschaft der Oberlausitz. Am Hermannsdorfer REKULTIVIERUNG 9 See, inmitten der rekultivierten Landschaft wird die Population wieder wachsen können. bg 10 HANDWERK Struga Das Magazin für die Bürger der Region Schleife, Landkreis Görlitz 01/2016 HANDWERK 11 Struga Das Magazin für die Bürger der Region Schleife, Landkreis Görlitz 01/2016 Baustellenbesuch im Garten Eden DIE NEUEN PLÄNE DES GARTEN- UND LANDSCHAFTSBAUERS DIRK NOACK Das Handy klingelt. Die erste Lieferung für den neuen Verkaufspavillon ist unterwegs. Eigentlich sollten die Pflanzen erst morgen kommen, nun werden sie bereits am späten Nachmittag eintreffen. Bis alle Stauden ausgeladen und gesichtet sind, kann es Abend werden. Doch erst einmal hat der Lieferant sich verfahren. Mit knappen Worten lotst Dirk Noack den Pflanzentransport nach Halbendorf: zum Garten Eden. B egonnen hatte alles vor zwölf Jahren, im Kellerbüro des Noackschen Elternhauses in Schleife. Damals war Dirk Noack 27, hatte eine kurze Laufbahn bei der Bundeswehr gerade beendet und seine Meisterprüfung im Pflaster- und Wegebau abgelegt. Mit dem Eintrag in die Handwerkerrolle machte er sein Hobby zum Beruf und gründete das Gartenbauunternehmen „Garten Eden“. Der erste Kunde ließ nicht lange auf sich warten. Im Nachbarort Preschen hatte Dirk Noack einen Berg aus naturbelassenen Feldsteinen gesichtet. Der Besitzer, ein Spargelanbauer, ver- machte dem Jungunternehmer die Steine und sorgte gleichzeitig für dessen ersten Auftrag: eine komplexe Gartengestaltung mit Pavillon, Wegeführung, 50 Meter Bachlauf und Teich. Ein guter Zeitpunkt. Es war Spargelzeit und auf dem Spargel-Verkaufshof herrschte Hochbetrieb. Dem ersten Auftrag folgten schnell weitere. Mit ihrer Zahl wuchs auch die Zahl der Mitarbeiter im „Garten Eden“ und die Liste der Referenzen. Aus Pflanzen, Wasser und Steinen sind in den vergangenen Jahren kleine und große Gartenoasen für private Kunden entstanden. Die Skateranlage in Weiß- Landschaftsgärtner Dirk Noack wasser trägt ebenso die Handschrift der Firma wie die Außenanlagen der Kitas in Schleife und Rohne. In Trebendorf errichteten die Lausitzer Landschaftsbauer im Auftrag von Vattenfall ein Ökowassersystem, das quer durch den Ort führt und verschiedene Gewässer und Feuchtgebiete mit Wasser versorgt. 12 HANDWERK Struga Das Magazin für die Bürger der Region Schleife, Landkreis Görlitz 01/2016 In Halbendorf entsteht aus Pflanzen, Steinen und Handwerkskunst der Schaugarten Eden Irgendwann entdeckte der umtriebige Unternehmer das verwilderte Grundstück im Nachbarort Halbendorf. Es schien ideal: elf Hektar groß, abseits des Ortes am Waldrand gelegen, aber mit Wasser- und Stromanschlüssen sowie einem alten Wirtschaftsgebäude. Der Garten- und Landschaftsbauer erhielt den Zuschlag. Doch der Weg zum Schaugarten Eden war lang und steinig. Drei Jahre brauchte es für die Vorplanungen, einschließlich B-Plan-Verfahren. Mittlerweile hat sich Dirk Noack durch das Labyrinth der Verwaltungen und Behörden gekämpft und ist dankbar für die Unterstützung, die er hier für sein Projekt erhalten hat. Derzeit bereiten Dirk Noack und seine 17 Mitarbeiter die Eröffnung des Gartencenters mit Natursteinhandel vor. Im Mai soll im reetgedeckten Pavillon der Verkauf beginnen. Angelehnt an die asiatische Gartenkunst wird das Gartencenter spezielle Ahorngehölze, Formgehölze und Zwerggehölze anbieten, ergänzt durch ein breites Sortiment an Stauden. Ein Natursteinhandel mit Steinen aus aller Welt, aber Struga Das Magazin für die Bürger der Region Schleife, Landkreis Görlitz 01/2016 auch Findlingen aus den Tagebauen und Graniten aus Steinbrüchen der Lausitz runden das Sortiment ab. Noch ist die Oase eine Baustelle und von asiatischer Ruhe wenig zu spüren. Abschnitt für Abschnitt soll das Areal in den kommenden Monaten weiter wachsen und die Kundschaft wird dabei zusehen können. 2017 soll der Schaugarten Eden fertig sein. Bis dahin aber bleibt noch eine Menge zu tun. Schaubaustelle, Tagesgeschäft, Planungen und Behördengänge sorgen derzeit dafür, dass Arbeitstage von zwölf bis 16 Stunden für Dirk Noack eher die Regel als die Ausnahme sind. Dass seine Lebensgefährtin im Unternehmen arbeitet und die Kinder mitt- HANDWERK 13 14 HANDWERK Struga Das Magazin für die Bürger der Region Schleife, Landkreis Görlitz 01/2016 Noch ist der Schaugarten Eden eine Schaubaustelle. Das wird sich in den kommenden Monaten Stück für Stück ändern und die Kundschaft wird dabei zusehen können. lerweile „... aus dem Gröbsten raus sind“, erweist sich da als Vorteil. Hinzu kommt die Meisterschule. Nach elf Jahren im Garten- und Landschaftsbau hat er sich im vorigen Jahr für die Weiterbildung in Dresden angemeldet. Das erste Wintersemester ist geschafft. Es folgen die Sommerkurse und das zweite Wintersemester mit den obligatorischen Prüfungen. Im Juni 2017 wird Dirk Noack die Meisterprüfung als Garten- und Landschaftsbauer ablegen. Mit dem Meisterbrief in der Tasche will er dann auch Nachwuchs für den „Garten Eden“ züchten. „Mein Ziel ist, drei bis vier Lehrlinge pro Jahr auszubilden, die bei mir das Handwerk von der Pike auf lernen und - wenn alles klappt - am Ende unser Team verstärken.“ Bereits im Sommer des kommenden Jahres soll im „Garten Eden“ die Ausbildung von Lehrlingen für den Garten- und Landschaftsbau beginnen. Dass es in der Lausitz grundsätzlich an potentiellen Fachkräften mangele, daran glaubt Dirk Noack nicht: „Es gibt hier genügend gute, junge Leute. Man muss ihnen nur eine Chance geben, sich hier eine Existenz aufzubauen.“ bg Struga Das Magazin für die Bürger der Region Schleife, Landkreis Görlitz 01/2016 Juliane, Constanze, Kathleen und die Löschzwerge WIE DIE GROSS DÜBENER FEUERWEHR ERFOLGREICH NACHWUCHSARBEIT BETREIBT W enn’s brennt, ruft man die Feuerwehr. Das lernen schon die Schulkinder. Doch was macht die Feuerwehr, wenn ihr der Nachwuchs ausgeht? Diese Sorge treibt immer mehr Wehren in den Dörfern und Gemeinden der Lausitz um. Als die Zahl der Mitglieder in der Jugendfeuerwehr Groß Düben auf sechs schrumpfte, schrillten hier die Alarmglocken. Doch statt in Resignation zu versinken, machte sich der Vorstand Gedanken, wie der Mitgliederschwund aufzuhalten sei. „Das Problem war: Wenn die Kinder mit acht Jahren alt genug sind für die Jugendfeuerwehr, haben sie meist ENGAGEMENT 15 16 ENGAGEMENT schon zwei, drei andere Hobbys. Hinzu kommt noch die Schule. Ihnen fehlt dann einfach die Zeit, sich auch noch in der Feuerwehr zu engagieren“, beschreibt Juliane Hille die Situation. Der Vorstand entschied daher, eine Kids-Feuerwehr zu gründen. Und die Feuerwehrfrauen Juliane Hille, Constanze Krautz und Kathleen Reimann wurden quasi deren Geburtshelfer. Die Idee war, den Nachwuchs möglichst jung zu werben. Auch Kinder zwischen fünf und acht Jahren sollten sich fortan in der Feuerwehr engagieren können. Fast war es, als hätten alle nur darauf gewartet. Bereits dem ersten Aufruf der Groß Dübener Floriansjünger folgten sechs Kinder des Ortes. Das war vor drei Jahren. Mittlerweile ist die gesamte Startergruppe in die Ju- Struga Das Magazin für die Bürger der Region Schleife, Landkreis Görlitz 01/2016 Die ersten Feuerwehrknoten gendfeuerwehr gewechselt. Doch immer neue Kinder drängen nach. Derzeit zählt die Kids-Feuerwehr zehn Löschzwerge. Einmal im Monat melden sie sich zum „Dienst“ bei Juliane, Constanze und Kathleen. Wie verhalte ich mich, wenn ich Feuer entdecke? Wie informiere ich die Feuerwehr? Was ist zu tun, wenn ich jemanden hilflos auffinde? Warum kann eine stabile Seitenlage Leben retten? Fragen, die jeder aus der Gruppe der Struga Das Magazin für die Bürger der Region Schleife, Landkreis Görlitz 01/2016 Feuerwehr Groß Düben Die Freiwillige Feuerwehr Groß Düben wurde am 25. April 1912 gegründet. Um die Gründung machte sich vor allem der Sohn des alten Dorfschmieds Schöne verdient. 1960 bekamen die Kameraden erstmals einen Tragkraftspritzenanhänger. Wenn es zum Einsatz ging, wurde er von einem Traktor gezogen. Im Laufe der Jahrzehnte wurde auch das alte Feuerwehrgerätehaus mehrfach umgebaut. 2009 errichtete die Gemeinde ein neues, modern ausgestattetes Feuerwehr-Gerätehaus. 5- bis 8-Jährigen mittlerweile locker beantwortet. Schnell wird klar, hier geht es nicht darum, kleine Helden auszubilden, sondern die Kinder für Gefahren im Alltag zu sensibilisieren; ihnen die Angst vor der Gefahr zu nehmen, aber nicht den Respekt. „Natürlich ist die Ausbildung bei den Löschzwergen eine andere, als bei der Jugendfeuerwehr. Wir versuchen die Themen eher spielerisch zu vermitteln, der theoretische Anteil ist relativ gering. Bewegung und Spaß sind wichtig. Wir machen hier keinen Schulunterricht“, erläutert Constanze Krautz das Konzept. Mit der Kids-Feuerwehr haben sie Neuland betreten. Eine vergleichbare Ausbildung gibt es bisher nicht. Ihr Wissen schöpfen die Betreuerinnen aus dem eigenen Erfahrungsschatz. Seit fast 20 Jahren sind Juliane Hille und Constanze Krautz in der Feuerwehr aktiv. Erste „Löschübungen“ ENGAGEMENT 17 18 ENGAGEMENT Struga Das Magazin für die Bürger der Region Schleife, Landkreis Görlitz 01/2016 Juliane Hille kümmert sich um den Groß Dübener Feuerwehr-Nachwuchs Neugierig und konzentriert folgen Ben, Yasmin, Lennart und Lennox ihren Ausführungen, lernen Erste-Hilfe-Regeln und üben Feuerwehrknoten. Die Begeisterung auf beiden Seiten ist unverkennbar. „Wir sind megastolz auf unsere Kids“. Die Ausbilderinnen strahlen, wenn sie von „ihren“ Kindern erzählen. Mittlerweile hat die Groß Dübener Wehr ihr Problem gelöst. Seit 2012 hat sich die Mitgliederzahl im Nachwuchsbereich verdreifacht. Neben den zehn Löschzwergen sind derzeit weitere neun Kinder bei der Jugendfeuerwehr aktiv. Sie kommen aus Groß Düben, aber auch aus Schleife, Lieskau, Döbern, Halbendorf und Friedrichshain. Noch sind es vor allem Jungen, die den Traum vom Feuerwehrmann träumen. Doch zunehmend drängen auch Mädchen in die Crew. „Wir machen fleißig Werbung“, begründet Juliane Hille den guten Zulauf. Die beste Werbung aber sind immer noch die Kinder selbst und deren Begeisterung. Beim Kreisjugendfeuerwehrtag 2015 konnten die 8- bis 11-Jährigen erstmals zeigen, was sie gelernt haben. Auf Anhieb belegten sie den 4. Platz unter acht Mannschaften. Höhepunkte im vergangenen Jahr waren der Borstelweg-Lauf und das Jugendfeuerwehrlager am Braunsteich. Hier durfte der Feuerwehrnachwuchs erstmals über Nacht bleiben. Vom dreitägigen Ausflug schwärmen die Kinder noch heute. ENGAGEMENT 19 Struga Das Magazin für die Bürger der Region Schleife, Landkreis Görlitz 01/2016 Seit 2012 hat sich die Zahl der Mitglieder im Nachwuchsbereich verdreifacht Für solche Ausflüge braucht es das pro Monat für die Feuerwehr aufbrinVertrauen der Eltern und die Unter- gen, zählen sie längst nicht mehr. Nestützung der gesamten Mannschaft. ben Kids- und Jugendfeuerwehr ist das Beides ist den den Betreuerinnen si- Dreigestirn selbst in der Freiwilligen cher: „Die Groß Dübener Feuerwehr ist Feuerwehr aktiv, fährt zu Einsätzen wie eine große Familie.“ Gleichwohl und Wettkämpfen. bleibt die Bürde der Verantwortung. Doch das sei es wert, sagt Juliane Hille. „Wenn wir nicht mit Herzblut dabei „Wenn man sieht, mit welcher Begeiste- wären, wäre dieses Pensum nicht zu rung die Kids dabei sind, ist die Mühe schaffen.“ Insbesondere für Juliane vergessen.“ Hille bedeutet das derzeit eine echte Vor allem aber braucht das ehrenamt- Herausforderung. Nach zwölf erfolgliche Engagement Zeit. Die Stunden, reichen Jahren als Zahnmedizinische die Kathleen, Juliane und Constanze Fachangestellte hat sie noch einmal den beruflichen Neustart gewagt. Irgendwann sei die Lust am Beruf verloren gegangen, begründet sie den Schritt. Bei den Löschzwergen hat sie neu Feuer gefangen. „Die Arbeit in der Kids-Feuerwehr hat mir gezeigt, dass ich mit Kindern ganz gut umgehen kann; und dass es mir unendlich viel Freude bereitet, ihnen etwas beizubringen.“ Im vorigen Jahr entschied sie deshalb, ihr Berufsleben noch einmal umzukrempeln. Kürzlich hat sie im benachbarten Bad Muskau eine Ausbildung zur Erzieherin begonnen. bg 20 SIEBEN FRAGEN Struga Das Magazin für die Bürger der Region Schleife, Landkreis Görlitz 01/2016 Einfach weitermachen? STEN KOWALICK, VORSITZENDER DES BEIRATES UMSIEDLUNG MÜHLROSE 1. Was bedeutet für Sie Heimat? 3. Auf welche Leistung sind Sie besonders stolz? Das ist eigentlich ganz einfach: Heimat ist für mich, wo ich geboren und aufgewachsen bin, wo ich meine Jugend verbracht und die ersten Erfahrungen für das Leben gesammelt habe. Familie, Freunde und Kumpel – auch das ist für mich Heimat. Auf meine Familie und die beiden Kinder bin ich besonders stolz. Auch meine Erfolge im Sport machen mich stolz. Ich habe als Fünfjähriger im Fußballverein Schleife begonnen und bin hier in „Rente“ gegangen. Diese Konstanz ist für die heutige Zeit nicht selbstverständlich. Die neue Generation ist sprunghafter und manchmal eben auch nicht ganz so zuverlässig ... 2. Haben Sie einen Lieblingsplatz? Auf dem Sportplatz in Schleife verbringe ich sehr viel Zeit. Das hat vor allem etwas mit meinem Hobby Fußball zu tun. Wegen einer Verletzung musste ich im vorigen Jahr zwar meine aktive Karriere als Fußballspieler beenden. Aber ich trainiere die F-Jugend und unterstütze die Männermannschaften. Zu Hause verbringe ich viel Zeit in meiner Garage. Mit Freunden und Familie sitzen wir am liebsten hier, am Küchentisch. Der Rastlose Sten Kowalick ist das, was man gern als „Hans Dampf in allen Gassen“ bezeichnet. Er ist beim Fußballverein SV Lok Schleife eben so aktiv wie für den Brauchtumsverein des Ortes. Einmal im Jahr wird er hier zum spitzzüngigen „Bürgermeister“, der durch das Faschingsprogramm führt und mit Ironie die Ereignisse des zurückliegenden Jahres kommentiert. Auch in der Gemeinde engagiert sich Sten Kowalick. Seit 2015 ist er ehrenamtlicher Vorsitzender des Beirates Umsiedlung Mühlrose. Gemeinsam mit Enrico 4. Was ist ein wichtiges Ziel der nächsten Zeit? Für uns ist es wichtig, eine sichere Zukunft, eine Planungsperspektive zu bekommen. Wir brauchen eine klare Aussage, wie es mit dem Ort Mühlrose weitergeht. Siedeln wir um oder bleiben wir hier? Das ist eine offene Frage, die uns seit 2004 beschäftigt. Kliemann leitet er das zwölfköpfige Gremium, das die Interessen des Ortes in den Belangen der Umsiedlung vertritt. Der gelernte Techniker für Mechatronik arbeitet in einer Forschungsanlage für Silizium in Schwarze Pumpe. Die Schmid Polysilicon Production (SPP) betreibt Grundlagenforschung für die Solarindustrie und entwickelte eine Produktionsanlage für Polysilizium. Mit seiner Frau Nadine und seinen Söhnen Til (8 Jahre) und Johan (6 Monate) lebt Sten Kowalick im Ortskern von Mühlrose, im Haus seiner Eltern. SIEBEN FRAGEN 21 Struga Das Magazin für die Bürger der Region Schleife, Landkreis Görlitz 01/2016 Familie Kowalick am Küchentisch Für uns als Familie wird die Situation immer schwieriger. Wir haben wegen der angekündigten Umsiedlung nicht neu gebaut, sondern das Dachgeschoss meiner Eltern ausgebaut. Nun ist das zweite Kind da und es fehlt der Platz für ein weiteres Kinderzimmer. Wenn in diesem Jahr keine Entscheidung zur Umsiedlung des Ortes fällt, werden wir uns wohl anderweitig kümmern müssen – und notfalls auch die geliebte Heimat verlassen. 5. Worüber ärgern Sie sich? Das heute Abend die Sauna ausfällt (lacht). Tatsächlich ärgere ich mich vor allem über die vielen Unsicherheiten, die aus den fehlenden Entscheidungen zur Umsiedlung und zur Weiterführung des Bergbaus resultieren. Sie machen uns persönlich, sie machen aber auch den Ort Mühlrose handlungsunfähig. Einfach weitermachen? Wie sollen wir unsere Zukunft planen, wenn wir nicht wissen, wo es hingeht? 6. Wo tanken Sie Kraft? Kraft tanke ich in der Sauna oder beim Spielen mit den Kindern. Entspannen kann ich auch in der Garage, wenn ich an alten Motorrädern und Fahrrädern schraube. Beim Fußballtraining entspanne ich weniger, das kostet eher Kraft. Die Kraft hole ich mir dann wieder als Zuschauer, beim Spiel der Männer. 7. Haben Sie ein Lebensmotto? Ich schaue nach vorn. Es macht wenig Sinn, dem hinterher zu trauern, was einmal war. 22 MENSCHEN Struga Das Magazin für die Bürger der Region Schleife, Landkreis Görlitz 01/2016 Verwurzelt IM GESPRÄCH MIT KLAUS KUBOTH (80) ÜBER OBSTBÄUME, BERGLEUTE UND SCHLESISCHE WURZELN J eden Morgen steigt Klaus Kuboth in den Keller, um Äpfel für das erste Frühstück zu holen. „Alles eigene Ernte“, erzählt der 80-Jährige stolz. Fast 1.500 Quadratmeter groß ist der Obst- und Gemüsegarten, der gleich hinter dem Wohnhaus beginnt. Hier mäht er den Rasen, gräbt um, pflanzt Gemüse und veredelt Obstbäume. Vor allem alte Apfelsorten haben es ihm angetan. Goldparmäne, Boskop, Jonathan und Biesterfelder Renette liefern nicht nur frische Früchte. In den Obstbäumen finden sich auch zahlreiche Nistkästen; sie sind Lebensraum für Blaumeisen und Kohlmeisen, Feldsperlinge und Gartenrotschwänzchen. Um sie zu schützen, verzichtet Klaus Kuboth seit Jahrzehnten darauf, die Bäume zu spritzen. „Ich arbeite mit Leimringen. Das tut nicht nur den Äpfeln gut, sondern auch den Igeln und Vögeln.“ Und die Arbeit im Garten hält auch ihn fit. Wie wichtig das ist, hat Klaus Kuboth vor zehn Jahren erfahren müssen, als er eine Herzschwäche nur deshalb unbeschadet überstand, weil seine Hausärztin die Anzeichen erkannte und ihn gerade noch rechtzeitig ins Krankenhaus schickte. Wer den rastlosen Rentner heute erlebt, kann sich nur schwer vorstellen, dass ihn so schnell etwas umhaut. Kuboth ist ein Urgestein, fast jeder im Ort kennt ihn. Er ist nicht nur ein kundiger Gesprächspartner, wenn es um die Bestimmung alter Obstbäume geht. Klaus Kuboth ist auch Hobby-Geschichtsforscher und Samm- ler alter Bergmannsutensilien. Vor allem aber kennt man ihn als Obersteiger der Untertage-Entwässerung. In den 60er Jahren war er mit dem Bergbau in den Ort gekommen. Schachtbau Nordhausen hatte damals seine Fachleute nach Schleife geschickt, um einen Entwässerungsschacht für den künftigen Tagebau Nochten abzuteufen. Klaus Kuboth war einer von ihnen. „Bis dahin hatte man in der Lausitz sämtliche Entwässerungsschächte in Bolzenschrotzimmerung gefertigt. Wir haben erstmals Rundschächte ge- MENSCHEN 23 Struga Das Magazin für die Bürger der Region Schleife, Landkreis Görlitz 01/2016 Die Arbeit im Garten hält den 80-Jährigen fit 24 MENSCHEN Struga Das Magazin für die Bürger der Region Schleife, Landkreis Görlitz 01/2016 Seit 30 Jahren misst Klaus Kuboth täglich Temperatur und Niederschläge in seinem Garten mauert – und zwar im Gefrierverfahren.“ Als die 100 Meter tiefen Schächte gegründet waren, entschied der gebürtige Schlesier sesshaft zu werden. Selbst das Angebot, in der Mongolei einen Goldschacht zu teufen, konnte ihn nicht mehr locken. Der gelernte Bergmann zog mit seiner Familie ins sorbische Schleife, wechselte in den Entwässerungsbetrieb des Tagebaus Nochten und setzte als Steiger in der Untertage-Entwässerung die bergmännische Tradition seiner Familie fort. Bereits sein Urgroßvater und sein Großvater waren Bergleute gewesen. Ein vergilbtes Bild in der Familienchronik zeigt Urgroßvater Friedrich Kasching stolz in seinem Bergmannskleid. 1868 als die erste Eisenbahnlinie in der Lausitz entstand und die Braunkohlenindustrie ihren Aufschwung erlebte, absolvierte Friedrich Kasching eine Bergmannslehre in der Schönborner Grube Pauline. Sein Sohn Fritz leitete später als Steiger eine kleine Tiefbaugrube in Gahro. Die ging zwar 1928 mit der Inflation Pleite. Dennoch war es der Großvater, der dafür sorgte, dass Enkel Klaus die Familientradition fortführte. Im Auftrag des Landrates von Luckau teufte Fritz Kasching nach Ende des Zweiten Weltkrieges noch einmal einen Schacht für die Grube „Einheit“. Von da an stand für den Enkelsohn fest: „Ich werde Bergmann.“ Im Oktober 1949 begann Klaus Kuboth die Lehre beim Großvater, zeitgleich mit Gründung der DDR. Vier Jahrzehnte später, mit dem Untergang der DDR, endete sein Arbeitsleben. Doch der Bergbau hat die Familie weiter begleitet. Sohn Holger trat die Nachfolge des Vaters im Entwässerungsbetrieb des Tagebaus Nochten an und wechselte später in die Lehrausbil- Struga Das Magazin für die Bürger der Region Schleife, Landkreis Görlitz 01/2016 03/2015 MENSCHEN 25 Der Bergbau hat die Familiengeschichte der Kuboths geprägt. dung von Vattenfall. Enkeltochter Daniela ist seit einigen Jahren Gerätefahrerin im Tagebau Welzow-Süd. Derzeit erwartet sie Nachwuchs, das zehnte Urenkelkind der Kuboths. Der stolze Urgroßvater ist sich aber sicher: „Ein Bergmann wird das nicht. Die sechste Generation wird wohl die letzte der Familie sein, die im Bergbau arbeitet.“ Nicht jeder im Ort sieht darin einen Grund zur Freude. Kuboth weiß um die Ambivalenz des Themas. „Die Lausitzer haben über Jahrzehnte mit und von der Kohle gelebt.“ Vielen Investitionen in die Infrastruktur der Dörfer des Kirchspiels Schleife sind mit Unterstützung des Bergbaus erfolgt: das Vereinshaus in Trebendorf, das Sozialzentrum an der Struga, der Neubau der Schule, der in diesem Jahr begonnen hat... „All das wäre ohne die Kohle nicht möglich gewesen.“ Doch er weiß auch: „Die Menschen haben dafür einen hohen Preis bezahlt.“ Jahrzehnte hat die Region mit und von der Braunkohle gelebt. Nun zeichnet sich eine Veränderung ab. „Mit der Nutzung regenerativen Energien wird der Bedarf an Braunkohle immer weiter zurückgehen“, erklärt Klaus KuDer gebürtige Schlesier ist längst in der both pragmatisch und fügt hinzu: „So Schleifer Region heimisch geworden. wie es augenblicklich aussieht, wird die Kohleförderung in Nochten wahr- „Die Sorben sind fleißige Leute, zuweischeinlich mit dem Abbaufeld I enden.“ len etwas vorsichtig. – Sie haben ja mit den Deutschen nicht immer gute Erfahrungen gesammelt. Wenn Sie dir aber vertrauen, öffnen sie dir Haus und Hof“, schwärmt Kuboth von seiner Wahlheimat. Woanders zu leben, können er und seine Frau sich nicht vorstellen. Ein Grund für diese Verbundenheit sind neben der Familie auch die Freunde und Nachbarn im Ort. Der alltägliche Schwatz über den Gartenzaun gehört dazu ebenso wie die gemeinsamen Feiern und Ausfahrten. Alljährlich zu Pfingsten zum Beispiel chartern die Kuboths gemeinsam mit ihnen einen Bus und unternehmen eine Reise übers Riesengebirge, zurück zu den Wurzeln von Klaus Kuboth. bg 26 UMWELT Struga Das Magazin für die Bürger der Region Schleife, Landkreis Görlitz 01/2016 Wer Flachs blühen sehen will, muss früh aufstehen. Die blauen Blüten öffnen sich nur in den Vormittagsstunden. Die Alleskönnerin Sie gilt als die Pflanze der Lausitz. Das Grün und Blau in der Schleifer Mädchentracht erinnert ebenso an sie wie die feingewebten Stoffe der Tracht selbst. Vor allem aber liebt man zwischen Bautzen und Lübbenau das Goldgelb des frischen Öls, das aus den Samen der Leinpflanze gepresst wird. L einöl aus der Lausitz hat längst die Märkte in ganz Deutschland erobert. In traditioneller Weise stellen es Ölmühlen in Hoyerswerda und im Spreewald seit fast 100 Jahren nach unveränderter Rezeptur her. Doch wer sich auf die Suche nach einem Flachsfeld macht, wird nur mühsam Erfolg haben. Der Leinanbau in Sachsen und Brandenburg ist in den vergangenen Jahren stark zurückgegangen. Regina Jorga von der Ölmühle Hoyerswerda bestätigt: „Nur ein geringer Prozentsatz der Leinsaat, die in den Ölmühlen der Lausitz verarbeitet wird, UMWELT 27 Struga Das Magazin für die Bürger der Region Schleife, Landkreis Görlitz 01/2016 Flachs gehört zu den ältesten bekannten Kulturpflanzen und ist seit der Jungsteinzeit bekannt. Er wird zum einen zur Gewinnung der Faser, zum anderen zur Gewinnung von Öl angebaut. Je nach Verwendungszweck unterscheidet man Faserlein, dessen Pflanzen bis zu 1,50 Meter hoch wachsen und Öllein, der nur 50 Zentimeter groß wird. Leinsamen stammt noch aus der Lausitz.“ Der Rest wird aus Mecklenburg-Vorpommern, der Ukraine oder Kasachstan importiert. Gern würden die traditionsbeflissenen Ölmüller mehr heimische Ölsaat verarbeiten. Doch der Anbau lohnt für die Erzeuger kaum mehr. Ein Grund dafür sind auch Förderrichtlinien, die den Anbau von Raps und Sonnenblumenöl für die Kraftstoffherstellung lukrativer machen. Nicht nur die Chefin der Lausitzer Ölmühle hofft auf eine Renaissance des Leinanbaus in der Lausitz. Gründe dafür gäbe es genug; denn kaum eine Pflanze ist so universell nutzbar wie Lein. Es findet zur Herstellung von Stoffen und Farben ebenso Verwendung wie als Nahrungs- und Arzneimittel. Manfred Richter vom Njepila Hof Rohne e. V. beschäftigt sich seit einigen Jahren mit der Lausitzer Pflanze. Der Tre- sind reich an Omega 3- Fettsäuren und Eiweiß, enthalten zusätzlich Ballast- und Schleimstoffe und sind reich an sogenannten Lignanen, die im Körper eine ähnliche Wirkung wie menschliche Hormone auslösen. Zudem enthält sie die Vitamine B1 und B2, Vitamin C und Vitamin E sowie Beta-Carotin. Auch wichtige Mineralstoffe wie Kalium, Zink, Eisen, Phosphor, Magnesium und Kalzium sind enthalten. Aufgrund dieser Inhaltsstoffe kann Leinsamen bei vielen gesundheitlichen Beschwerden gute Dienste leisten. Die reichlich enthaltenen Omega3-Fettsäuren der Samen beugen Herz-Kreislauferkrankungen vor und sollen das Denkvermögen und die Konzentrationsfähigkeit positiv beeinflussen. Gern wird die Leinsaat auch bei Verdauungs- und Atemwegsbeschwerden eingesetzt. 28 UMWELT Struga Das Magazin für die Bürger der Region Schleife, Landkreis Görlitz 01/2016 Vom rohem Flachs zum Leinen braucht es zahlreiche Arbeitsschritte bendorfer bestätigt: „Lein sicherte Jahrhunderte die Lebensgrundlage in den Lausitzer Dörfern.“ Leinöl war ein Hauptnahrungsmittel, das mehrfach in der Woche auf den Tisch kam. „Kartoffeln, Leinöl und Quark machen den Lausitzer stark“, hieß es damals. Die alte Redewendung bestätigt die aktuellen Ernährungswissenschaften: Die Kombination aus Kohlenhydraten, mehrfach ungesättigten Omega-3-Fettsäuren und Eiweiß schmeckt und sättigt nicht nur, sondern ist auch außerordentlich gesund. Aus dem Flachsstroh der Leinpflanze aber entstand die wertvolle Leinwand, die als Kleiderstoff ebenso begehrt war wie für Säcke, Segel oder Planwagen. Flachsspulen für den Webgang am historischen Webstuhl Doch für das Fertigen einer solchen Stoffbahn brauchte es Geschick und Zeit: Nachdem der Flachs gedroschen und die Samen gewonnen waren, wurden die Fasern aus dem Flachsstroh herausgebrochen und ausgekämmt. An langen Winterabenden wurden die Flachsfasern versponnen, um sie anschließend am hauseigenen Webstuhl zu Leinwand zu verweben – je nach Stärke des Fadens zu grobem Drillich oder feinem Batist. Einer dieser Webstühle, der aus dem Jahr 1848 stammt, steht auf dem Dachboden des Njepila Hofes. 600 Fäden bilden hier die Grundlage für das Gewebe. Immer wieder schießt Manfred Richter das Schiffchen durch das Gespinst der Fäden. Ganz langsam wächst die Stoffbahn. Eine Elle pro Tag, also knapp einen halben Meter, schaffte die geübte Weberin. Doch so aufwen- Struga Das Magazin für die Bürger der Region Schleife, Landkreis Görlitz 01/2016 dig wie die Herstellung, so robust und langlebig war das Produkt. 15 Leinensäcke musste jedes Mädchen im Schleifer Kirchspiel in die Ehe einbringen, so sei es Brauch gewesen, erzählt Manfred Richter. „Damit man die Säcke später bei der Ernte nicht verwechselte, webte jede ihr eigenes Muster in den Rand.“ Lange Zeit war Leinen der einzig verfügbare Stoff. Doch nach und nach schwand seine Bedeutung. Er wurde von Baumwollstoffen, aber auch von synthetischen Fasern abgelöst. Auch die Technologie der Flachsverarbeitung ist längst eine andere. Das weiß auch Manfred Richter. Doch seine Motivation ist eine andere. „Wir als Verein wollen zeigen, wie es in der Schleifer Lausitz einmal war.“ Und natürlich hoffen die Männer und Frauen vom Njepila Hof e. V., dass ihr Wissen auf fruchtbaren Boden fällt. In ihrem Bemühen sind sie nicht allein. Bereits seit einigen Jahren versucht auch der Spreewaldverein in Lübben in Zusammenarbeit mit den regionalen Landwirten den Anbau von Flachs kontinuierlich zu erweitern. Mit Erfolg: Die UMWELT 29 Anbauflächen im Spreewald wachsen. Und damit wachsen auch die Chancen, dass die Lausitzer Universalpflanze mit den blassblauen Blüten sich einen Teil ihres angestammten Terrains zurückerobert.bg 30 AUSBLICK Struga Das Magazin für die Bürger der Region Schleife, Landkreis Görlitz 01/2016 FESTE, FEIERN UND VERANSTALTUNGEN MAI Veranstaltung, Zeit Ort 22.05. Goldene Konfirmation, 9.30 Uhr Schleife, Kirche 27.-29.05. Kreismeisterschaft des Schützenkreises 14 Schleife 28.05. Maibaumwerfen Rohne, Mulkwitz, Schleife 29.05. Sorbischer Kirchentag, 9.30 Uhr Schleife, Kirche 29.05. Oberlausitzer Orgelsommer, 16 Uhr Schleife, Kirche JUNI Veranstaltung, Zeit Ort 04.06. SR Treffen Schleife 05.06. Kindersportfest in Mühlrose mit Maibaumwerfen Mühlrose 11.-19.06. Deutsche Meisterschaften im Kegelbillard Trebendorf 11.06. Frauenfrühstück, 9 Uhr Schleife, Pfarramt 12.06. Tauffest Schleife, Kirche 12.06. Kindersportfest Trebendorf, Sportplatz 18.-19.06. Kleines Dudelsack-Festival Trebendorf, Schusterhof 19.06. Gottesdienst auf dem Schusterhof, 9.30 Uhr Trebendorf, Schusterhof 25.06. Fest Sommersonnenwende Schleife, Schützenverein 26.06. FFw-Gottesdienst & Florianstag, 14 Uhr Schleife, Kirche JULI Veranstaltung, Zeit Ort 02.07. 18. Läufertag Schleife, Sporthalle 02.-03.07. Großes Sportfest Mühlrose 14.07. Erlebnisfahrt der Senioren Trebendorf 15.-17.4.07. 30. Neptunfest Halbendorfer See 16-17.07. 19. Beach-Handballturnier Halbendorfer See 23.07. Oldie-Cup und Lausitzpokal im Feuerwehrkampfsport Trebendorf, Sportplatz 27.07. Seniorennachmittag Trebendorf/Mühlrose Mühlrose, Gemeinschaftshaus 29.07. Sommerfest Rohne, Njepila-Hof n. k. Termin Sommertheater Trebendorf, Schusterhof AUSBLICK 31 Struga Das Magazin für die Bürger der Region Schleife, Landkreis Görlitz 01/2016 AUGUST Veranstaltung, Zeit Ort 06.08. Einschulung Grundschule Schleife Schleife 21.08. Diamantene Konfirmation, 9.30 Uhr Schleife, Kirche 21.08. Sorbischer Gemeindenachmittag, 14 Uhr Schleife, Kirche 24.08. Jubiläum 10 Jahre Seniorenverein Trebendorf Trebendorf „Grüne Aue“ 28.08. Musikalischer Sonntagvormittag mit den „Crostwitzer Musikanten“ Trebendorf Schusterhof SEPT. Veranstaltung, Zeit Ort 02.09. Tag der Schöpfung Schleife, Kirche 03.09. Traktorpulling Halbendorf 03.09. Beat-Club Leipzig, 20 Uhr Schleife, SKC 04.09. Gemeindefest, 14 Uhr Schleife, Kirche 10.09. Familienturnier im Feldfaustball, 13 Uhr Sportplatz, Rohne 17.09. Königsschießen Schleife, Schützenverein 23.09. 250. Geburtstag Hanso Njepila und 70 Jahre Domowina Rohne, 18 Uhr Rohne, Njepila Hof 24.09. Backtag zum Hoffest, 8 Uhr Rohne, Njepila Hof 24.09. Senioren Bowlingmeisterschaft Trebendorf, HdV 24.-25.09. Rümpelturnier Schleife, Sporthalle 25.09. Gottesdienst, 9.30 Uhr Rohne, Njepila Hof 25.09. 17. Hoffest, 9.30 Uhr Rohne, Njepila Hof IMPRESSUM Herausgeber: Vattenfall Europe Ming AG, Vom-Stein-Str. 39, 03050 Cottbus Redaktion: Ute Baumgarten, [email protected] Layout: wallat & knauth gmbh, Cottbus Texte: Ute Baumgarten Fotos: Peter Radke, Manfred Nickel, Regia-Verlag, Archiv Vattenfall Europe Mining AG Druck: Druckzone GmbH & Co.KG, Cottbus Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit Angabe der Quelle oder Genehmigung der Redaktion Redaktionsschluss: 27.04.2016 32 IMPRESSION Struga Das Magazin für die Bürger der Region Schleife, Landkreis Görlitz 01/2016 Leinernte am Njepila-Hof Foto: Manfred Nickel