Nominalphrasen in medizinischer Fachsprache

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Nominalphrasen in medizinischer Fachsprache
Institutionen för humaniora
Tyska
Handledare: Magnus Levin
Examinator: Jean-Georges Plathner
Avancerad nivå
TY4304
15 hp
2009-06-04
Nominalphrasen
in medizinischer Fachsprache
Übersetzung von Termini und erweiteren Attributen
in einem deutschen wissenschaftlichen Artikel
Therese Nilsson
ABSTRACT
Medical information must be available for all people in the world. Therefore it is important to
translate medical research articles into foreign languages. The aim of this essay was to translate a
German medical research article called “Troponinerhöhung und EKG-Veränderungen bei
Schlaganfall und Subarachnoidalblutung” into Swedish and to analyse how problems that appeared
during the translation process could be solved. The analysis was based on Vinay and Darbelnets,
Kollers and Ingos translation theories and dealt with the question how to translate German noun
phrases into Swedish. Special attention was paid to noun phrases consisting of medical terms and
noun phrases containing extended modifiers.
The medical terms in the source text were divided into three categories depending on their
origin, Greek and Latin terms, German terms and English terms. The translation of a large number
of Greek and Latin terms was based on the translation procedure called borrowing. Calque was
represented especially in the translation of terms of German origin, whereas borrowing or
paraphrasing was preferred when translating English terms.
There were 63 noun phrases with extended modifiers in the source text. Two fifths of these
corresponded to Swedish noun phrases with extended modifiers, whereas the rest must be translated
into Swedish noun phrases with adjective premodifiers or relative clauses or into verbal
expressions.
Keywords: translation, noun phrases, medical terminology, extended modifiers
INHALTSVERZEICHNIS
1. EINLEITUNG
4
2. ZIEL
5
3. MATERIAL, METHODE UND ZIELGRUPPE
6
3.1 Material
6
3.2 Methode
7
3.3 Zielgruppe
7
4. THEORETISCHER HINTERGRUND
7
4.1 Übersetzungstheorie
4.1.1 Die Grundaspekte der Übersetzung
4.1.2 Kollers Äquivalenzbegriff
4.1.3 Übersetzungsverfahren nach Vinay und Darbelnet
4.1.4 Übersetzung von Fachtexten
7
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8
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10
4.2 Medizinische Terminologie
4.2.1 Die Begriffe Terminologie und Terminus
4.2.2 Die Terminologie medizinischer Fachtexte
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11
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4.3 Das erweiterte Attribut
13
5. ANALYSE
13
5.1 Medizinische Terminologie
5.1.1 Griechisch-lateinische Termini
5.1.2 Deutsche Termini
5.1.3 Englische Termini
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14
18
21
5.2 Erweiterte Attribute
5.2.1 Entsprechende schwedische erweiterte Attribute
5.2.2 Adjektivattribute
5.2.3 Relativsätze
5.2.4 Umschreibungen mit verbalen Ausdrücken
5.2.5 Zusammenfassung der Übersetzung erweiterter Attribute
24
25
25
27
29
30
6. ZUSAMMENFASSUNG
31
LITERATURVERZEICHNIS
32 1. EINLEITUNG
Die medizinische Entwicklung geht immer weiter. Bedauerlich ist aber, dass medizinische,
wissenschaftliche Zeitschriftenartikel, in denen aktuelle Forschungsergebnisse vorgelegt werden, in
der Regel nur in wenigen Sprachen veröffentlicht werden. Zum Beispiel werden wenige
medizinische, wissenschaftliche Zeitschriftenartikel auf Schwedisch veröffentlicht. In einem
Verzeichnis der neurologischen Zeitschriften der Universitätsbibliothek Göteborg (Göteborgs
universitetsbibliotek, 2008) sind unter den 120 Titeln nur zwei schwedische zu finden. Deutsche
Titel gibt es vier, während die Mehrzahl der übrigen Zeitschriften auf Englisch verfasst sind. Wenn
es möglich wäre, wissenschaftliche Artikel auch in kleinere Sprachen zu übersetzen, könnten
aktuelle Forschungsergebnisse mehr Menschen zugänglich gemacht werden, was zur weiteren
Entwicklung führen könnte.
Beim Übersetzen medizinischer, wissenschaftlicher Texte können besondere Probleme
entstehen, deren der Übersetzer sich bewusst sein muss. Interessant kann es sein, einige dieser
Probleme in einem bestimmten Text zu analysieren. Da ich als Verfasserin dieses Aufsatzes von
Beruf Krankenschwester bin und somit ein gewisses Vorverständnis für Medizin habe, werde ich
einen deutschen medizinischen, wissenschaftlichen Zeitschriftenartikel ins Schwedische übersetzen
und ihn auf beim Übersetzen entstehende Schwierigkeiten hin analysieren.
Der deutsche Ausgangstext von Liman und Endre, ,,Troponinerhöhung und EKGVeränderungen bei Schlaganfall und Subarachnoidalblutung“, wurde 2008 in der ärztlichen
Fachzeitschrift Der Nervenarzt veröffentlicht. Dieser Text behandelt das Thema Herz-KreislaufErkrankungen, das in Schweden ebenso aktuell ist wie in Deutschland, weshalb eine Übersetzung
ins Schwedische von Interesse sein kann. Auβerdem kann dieser Text als ein typisches Beispiel für
einen medizinischen, wissenschaftlichen Text betrachtet werden, der von einer ausgeprägten
Fachsprache gekennzeichnet ist, und in dem für diese Textsorte typische Übersetzungsprobleme
vorkommen.
Beim Übersetzen von Fachtexten treten besondere Schwierigkeiten auf. Ingo (2007:227–
228) erwähnt Schwierigkeiten, die mit einem reichen Gebrauch von Termini und Fremdwörtern,
komplizierten Sprachstrukturen und verwickelten Sachverhalten verbunden sind. Da es nicht
möglich ist, alle diese Aspekte im Aufsatz zu behandeln, wird auf Termini und komplizierte
Sprachstrukturen fokussiert. Angesichts der notwendigen Begrenzung des Aufsatzumfangs werden
diese Aspekte nur ausgehend von den im Ausgangstext vorkommenden Nominalphrasen analysiert.
Indem Nominalphrasen aus einzelnen Substantiven oder Pronomina bestehen können, aber auch
komplizierte Sprachstrukturen mit mehreren Attributen einschlieβen können, sind sie für Analyse
4
auf sowohl lexikalischer als auch syntaktischer Ebene geeignet.
Ein groβer Teil der Nominalphrasen im Ausgangstext sind medizinische Termini, weshalb
dieser Aspekt im Aufsatz behandelt wird. Gewisse medizinische Termini, die im Ausgangstext
vorkommen, werden wörtlich ins Schwedische übersetzt. So wird ST-Hebungsinfarkt mit SThöjningsinfarkt ersetzt. Einige im deutschen Text bewahrte lateinische und griechische
Fremdwörter, wie Ischämie und Tachykardie, werden auch im schwedischen Text in ähnlicher Form
(ischemi und takykardi) bewahrt, während es zu anderen, zum Beispiel atrialen Septumdefekt,
schwedische Entsprechungen gibt. Weiterhin stammen gewisse deutsche und schwedische
Fachausdrücke aus unterschiedlichen Fremdwörtern. So wird zum Beispiel Sektionsbefund mit
obduktionsresultat übersetzt.
Auf der syntaktischen Ebene werden Nominalphrasen mit erweiterten Attributen analysiert,
weil auch diese in hoher Frequenz im Ausgangstext auftreten und Übersetzungsprobleme darstellen.
Das erweiterte Attribut ist nach Andersson et al. (2002:374–375) ein typisches Merkmal deutscher
Sachtexte, das nicht so häufig in entsprechenden schwedischen Texten vorkommt. Oft wird das
erweiterte Attribut mit einem schwedischen Relativsatz ersetzt. Im Beispiel unten wird gezeigt, wie
das erweiterte Attribut in einer Nominalphrase im deutschen Ausgangstext in ein schwedisches
Satzattribut in Form eines Relativsatzes umgewandelt wird:
(1)
In ihrer Studie evaluierten die o. g.
Autoren nun das „crochetage
pattern“ bei 60 Patienten mit
kryptogenem Schlaganfall, von
denen die Hälfte ein echokardiographisch nachgewiesenes
PFO hatte (S.1394).
De ovan nämnda författarna
analyserade detta ”crochetagemönster” i en studie som omfattade 60 patienter med kryptogen
cerebral infarkt, av vilka hälften
hade ett PFO som kunde påvisas
med hjälp av ekokardiografi.
Eine Übersetzung des deutschen erweiterten Attributs echokardiographisch nachgewiesenes mit
dem entsprechenden schwedischen ekokardiografiskt påvisat wäre in diesem Fall zwar möglich.
Der Relativsatz som kunde påvisas med hjälp av ekokardiografi wird aber bevorzugt, weil er dem
Text eine schwedische Prägung verleiht.
2. ZIEL
Das Ziel dieses Aufsatzes ist es, den deutschen wissenschaftlichen, medizinischen Text
,,Troponinerhöhung und EKG-Veränderungen bei Schlaganfall und Subarachnoidalblutung“ ins
Schwedische zu übersetzen und ihn der schwedischen Zielkultur anzupassen, damit er genau wie
5
der Ausgangstext von Fachleuten verstanden werden kann. Ein weiteres Ziel ist es, die Übersetzung
von Nominalphrasen zu analysieren, und auf folgende Fragen eine Antwort zu finden:
−
Wie wird deutsche medizinische Terminologie ins Schwedische übertragen?
−
Wie werden deutsche Nominalphrasen mit erweiterten Attributen ins Schwedische übertragen?
3. MATERIAL, METHODE UND ZIELGRUPPE
3.1 Material
Die Primärliteratur dieses Aufsatzes besteht aus dem deutschen medizinischen, wissenschaftlichen
Zeitschriftenartikel
,,Troponinerhöhung
und
EKG-Veränderungen
bei
Schlaganfall
und
Subarachnoidalblutung“, der von Liman und Endre geschrieben ist, und der 2008 in der
Fachzeitschrift für Neurologen Der Nervenarzt veröffentlicht wurde. Dieser Text wendet sich an
Fachleute, die umfassende medizinische Kenntnisse besitzen, und besteht aus einer Übersicht über
die befindliche Literatur zu dem Thema, das in der Überschrift vorgelegt wird. EKG-Veränderungen
und erhöhte Troponinenzymkonzentration im Blut, die tatsächlich typische Zeichen eines
Herzinfarkts sind, werden so in Hinsicht auf ihr Vorkommen bei neurologischen Erkrankungen wie
Schlaganfällen und Subarachnoidalblutungen diskutiert.
Reiβ, zitiert in Munday (2008:72), unterscheidet zwischen informativen, expressiven und
operativen Texttypen, und nach dieser Klassifikation kann der deutsche Zeitschriftenartikel als ein
informativer Text betrachtet werden. Die Hauptfunktion dieses Textes ist es, Information zu
vermitteln, und der Inhalt des Textes steht im Mittelpunkt des Interesses, eher als der Sender oder
der Empfänger. Des Weiteren ist der Text von einer ausgeprägten medizinischen Fachsprache
gekennzeichnet. In Übereinstimmung mit Ingos Definition von Fachtexten (2007:224–225)
vertreten die Verfasser ein bestimmtes Fachgebiet und haben das Ziel, eindeutige Information über
ein aktuelles Thema zu vermitteln. Die Sprache zeichnet sich durch einen reichen Gebrauch von
Termini aus dem aktuellen Fachgebiet aus, und der Text folgt den Textsortenkonventionen
wissenschaftlicher Zeitschriftenartikel, die beispielsweise eine objektive Verhaltensweise der
Verfasser und Vorkommen von Hinweisen auf befindliche Literatur einschlieβen.
Als Sekundärliteratur dieses Aufsatzes werden Bücher, in denen Übersetzungstheorien
beschrieben werden, angewendet. Zum Beispiel wird Übersetzung: ein internationales Handbuch
zur Übersetzungsforschung von Kittel et al. (2004), in dem die im Aufsatz beschriebenen
Übersetzungstheorien von Vinay und Darbelnet zusammengefasst werden, verwendet, sowie
Kollers Einführung in die Übersetzungswissenschaft (2004) und Ingos Konsten att översätta (2007).
Bei der Suche nach adäquaten Entsprechungen zu medizinischen Termini ist das medizinische
6
terminologische Lexikon Medicinsk terminologi von Lindskog (2008) von Nutzen, wie auch
schwedische medizinische Paralleltexte, die im Internet und in Fachbüchern gefunden werden
können. Weiterhin wird Nymans Buch Medicinens språk (1996) gebraucht, wenn nach allgemeiner
Information über schwedische medizinische Fachprache gesucht wird.
3.2 Methode
Der Ausgangstext wurde mehrmals durchgelesen. Eine Probeübersetzung eines kürzeren
Textabschnittes wurde gemacht, bei der schwerübersetzbare Wörter und Ausdrücke unterstrichen
und kommentiert wurden. Aus den Kommentaren zeichnete sich ein Bild von den relevantesten
Übersetzungsproblemen ab. Mit Hilfe von Lexiken und den in der übrigen Sekundärliteratur
beschriebenen
Übersetzungsverfahren
wird
bei
der
folgenden Arbeit
nach
adäquaten
Entsprechungen zu den schwerübersetzbaren medizinischen Termini und erweiterteten Attributen
gesucht. Schlieβlich werden die Übersetzungen der verschiedenen Nominalphrasen in Untergruppen
eingeteilt und zu einem einheitlichen Ergebnis zusammengestellt.
3.3 Zielgruppe
Das Ziel der Übersetzung ist es, aktuelle Forschungsergebnisse zu verbreiten. Der schwedische
Zieltext soll sich, genau wie der deutsche Ausgangstext, an Fachleute mit umfassenden
medizinischen Kenntnissen wenden. Es kann angenommen werden, dass der Ausgangstext vor
allem von Ärzten gelesen wird, da er in der Zeitschrift Der Nervenarzt erscheint. Der schwedische
Text wird geschrieben, mit dem Ziel, in einer ähnlichen schwedischen Zeitschrift dieses Jahr (2009)
veröffentlicht werden zu können. Die Zielgruppe besteht somit aus Ärzten und anderen Personen,
die sich besonders für Neurologie oder Kardiologie interessieren und wissenschaftliche
medizinische Fachsprache verstehen.
4. THEORETISCHER HINTERGRUND
4.1 Übersetzungstheorie
Übersetzungswissenschaft kann die Forschung und Theoriebildung genannt werden, die sich vor
allem seit den 1950er Jahren mit theoretischen und praktischen Problemen beschäftigt, die mit
Übersetzung verbunden sind. Diese Wissenschaft ist von Vielseitigkeit und Theoripluralismus
gekennzeichnet, weshalb es kompliziert ist, ein einheitliches Bild davon zu geben (Ingo, 2007:11).
In diesem Abschnitt werden einige für diesen Aufsatz besonders relevante Aspekte verschiedener
Übersetzungstheorien beschrieben.
7
4.1.1 Die Grundaspekte der Übersetzung
Ingo (2007:20–21) befürwortet eine vielseitige Einstellung zur Übersetzungsproblematik. Mit dem
Ziel, das Phänomen Übersetzung zu beschreiben, beleuchtet er vier sogenannte Grundaspekte der
Übersetzung, die immer beachtet werden müssen. Diese sind grammatische Struktur, sprachliche
Varietät, Semantik und Pragmatik.
Der Aspekt grammatische Struktur wird beachtet, wenn der Übersetzter beim Formulieren
seiner Übersetzung in der Zielsprache auf strukturelle Unterschiede zwischen den beiden
Übersetzungssprachen Rücksicht nimmt. Strukturelle Unterschiede umfassen sprachspezifische
Merkmale bezüglich Ortographie, Morphologie, Syntax und Lautstruktur (Ingo, 2007:65).
Sprachliche Varietät hat mit dem Stil des Textes zu tun. Der Übersetzer muss immer danach streben,
das Stilniveau des Ausgangstextes im Zieltext zu bewahren. Den Aspekt Semantik zu beachten,
bedeutet die korrekten ausgangssprachlichen Bedeutungen von Wörtern und Ausdrücken in den
Zieltext zu übertragen, während der Aspekt Pragmatik berücksichtigt wird, wenn der Zieltext der
Zielkultur angepasst wird, um in der neuen Kommunikationssituation seine Funktion erfüllen zu
können (Ingo, 2007:20–23).
4.1.2 Kollers Äquivalenzbegriff
Äquivalenz ist ein zentraler Begriff in der Übersetzungswissenschaft. Hier wird der
Äquivalenzbegriff ausgehend von Kollers (2004:215–216) Definition beschrieben. Koller meint,
dass Äquivalenz im Übersetzungszusammenhang eine Übersetzungsbeziehung zwischen zwei
Texten bezeichnet. Äquivalenz oder eine sogenannte Äquivalenzrelation zwischen einem
Ausgangstext und einem Zieltext liegt dann vor, wenn der Zieltext bestimmte Forderungen erfüllt,
die sich auf verschiedene Qualitäten beziehen. Abhängig davon, welche Qualitäten des
Ausgangstextes in den Zieltext übertragen werden, können fünf verschiedene Arten von Äquivalenz
erreicht werden.
Denotative Äquivalenz liegt nach Koller (2004:216) dann vor, wenn der auβersprachliche
Sachverhalt, der im Ausgangstext dargestellt wird, in den Zieltext übertragen werden kann. Beim
Übersetzen des schwedischen Wortes lunginflammation kann zum Beispiel irgendeine der beiden
deutschen Krankheitsbezeichnungen Lungenentzündung und Pneumonie gewählt werden, wenn
nach denotativer Äquivalenz gestrebt wird. Konnotative Äquivalenz dagegen kann nur erreicht
werden, wenn im Zieltext dieselben Konnotationen oder Vorstellungen bezüglich zum Beispiel
Stilniveaus, soziolektaler Dimensionen und Frequenz vermittelt werden, wie im Ausgangstext.
Ähnlich wie das Ursprungswort lunginflammation ruft das deutsche Wort Lungenentzündung, im
Unterschied zu Pneumonie, keine Konnotationen, die mit medizinischer wissenschaftlicher
8
Fachsprache verbunden sind, hervor. Durch die Wahl von Lungenentzündung als Übersetzung von
lunginflammation wird somit nicht nur denotative sondern auch konnotative Äquivalenz zwischen
Ausgangstext und Zieltext erzielt.
Kollers (2004:216) textnormative Äquivalenz bezieht sich darauf, dass der Zieltext und der
Ausgangstext im gleichen Ausmaβ den jeweiligen Text- und Sprachnormen oder Gebrauchsnormen
angepasst sind. Beim Übertragen deutscher Rezepte ins Schwedische kann beispielsweise eine
Umwandlung deutscher Infinitivformen in schwedische Imperativformen zur textnormativen
Äquivalenz beitragen. Pragmatische Äquivalenz geht von den Empfängern der Texte aus und wird
erreicht, wenn die unterschiedlichen Rezeptionsbedingungen der Ausgangstextleser und der
Zieltextleser berücksichtigt werden, und die beiden Texte in den verschiedenen Kulturen gleich
verstanden werden können. Pragmatische Äquivalenz liegt zum Beispiel dann vor, wenn ein
kulturbedingtes schwedisches Wort wie midsommar im Zieltext zusammen mit einer Erklärung wie
das typisch schwedische Mittsommerfest vorkommt. Die letzte Art von Äquivalenz, formalästhetische Äquivalenz, hat schlieβlich mit der ästhetischen und individualistischen Ausformung des
Ausgangstextes zu tun und ist beim Übersetzen von Fachtexten von geringerer Bedeutung als bei
literarischer Übersetzung.
4.1.3 Übersetzungsverfahren nach Vinay und Darbelnet
Bei der Analyse des aktuellen medizinischen Fachtextes wird von den Übersetzungsverfahren
ausgegangen, die von Vinay und Darbelnet entwickelt sind.
Vinay und Darbelnet, zitiert in Kittel et al. (2004:395), beschreiben sieben von
abnehmendem Wörtlichkeitsgrad geordnete Übersetzungsverfahren. Diese werden Entlehnung
(emprunt), Lehnübersetzung (calque), wörtliche Übersetzung (traduction littérale), Transposition,
Modulation, situationsanaloge Verschiebung (équivalence) und Adaptation benannt. Die drei ersten
dieser Verfahren werden wörtliche (traduction littérale) bezeichnet, während die übrigen nichtwörtliche (procédés obliques) genannt werden. Unten werden die fünf Übersetzungsverfahren, die
für die Analyse des aktuellen Fachtextes von Interesse sind, näher beschrieben.
Entlehnung wird verwendet, wenn ein Wort direkt aus der Ausgangssprache in die
Zielsprache übernommen wird, mit dem Ziel, eine lexikalische Lücke zu schlieβen. So kann zum
Beispiel ein deutsches Wort wie Schlager direkt ins Schwedische mit schlager übersetzt werden.
Das Übersetzungsverfahren Lehnübersetzung zu verwenden, bedeutet die Struktur eines
ausgangssprachlichen Wortes oder Ausdrucks in die Zielsprache zu übertragen. Dafür kann das
englische Wort brainwashing, das mit dem deutschen Gehirnwäsche übersetzt wird, als Beispiel
dienen. Wörtliche Übersetzung bezeichnet die Wort-für-Wort-Übersetzung ganzer Sätze oder
9
Ausdrücke (Vinay und Darbelnet, zitiert in Kittel et al., 2004:395).
’Veränderungen der Wortart, Satzgliedfunktion oder Satzstruktur, die stattfinden, ohne dass
eine Bedeutungsverschiebung zustande kommt’, werden Transposition bezeichnet (Vinay und
Darbelnet, zitiert in Kittel et al., 2004:395). Wenn zum Beispiel ein deutscher nominaler Ausdruck
wie beim Essen mit einem schwedischen verbalen Ausdruck wie när han äter (wenn er isst) ersetzt
wird, findet eine Transposition statt. Eriksson (1997:20–21) schreibt dem Begriff Transposition eine
erweiterte Bedeutung zu. Er führt den Begriff Strukturumwandlung (strukturomvandling) ein, der
nach seiner Definition ’die Umwandlung von Übersetzungseinheiten’ bezeichnen kann. Die
Übersetzungseinheiten können laut Eriksson aus Phrasen oder Sätzen verschiedener Art bestehen,
und als Beispiel für eine Strukturumwandlung oder Transposition kann der Übergang einer Phrase
in einen Satz oder in eine Phrase anderer Art dienen.
Im Unterschied zu Transposition bewirkt Modulation eine Bedeutungsveränderung.
Modulation kann als eine ’inhaltliche Strukturveränderung’ beschrieben werden, ’die eine
Verschiebung von Blickwinkel, Beleuchtung oder Stil umfasst’ (Vinay und Darbelnet, zitiert in
Kittel et al., 2004:395). Munday (2008:58) legt ausgehend von Vinay und Darbelnets Theorien ein
Verzeichnis verschiedener Arten von Modulation vor. Veränderungen bezüglich aktiver und passiver
Ausdrucksweisen sowie der Verwendung von Symbolen sind einige Beispiele.
4.1.4 Übersetzung von Fachtexten
Nach Ingo (2007:224–228) können Fachtexte von literarischen Texten durch folgende Merkmale
unterschieden werden: das Streben nach Eindeutigkeit, den homogenen Stil, der die
Aufmerksamkeit der Leser auf den Sachverhalt richten soll, den Nutzen in der Gegenwart, die
informative Funktion und die strikte Anpassung an Textsortenkonventionen und Gebrauchsnormen.
Fachtexte stellen nach Ingo besonders hohe Anforderungen an den Übersetzer, indem sie
enzyklopädische Kenntnisse voraussetzen und eine hohe semantische Genauigkeit verlangen. Die
hohe Frequenz von Termini und Fremdwörtern sowie komplizierte Sprachstrukturen und
Sachverhalte können, wie schon erwähnt, Übersetzungsprobleme darstellen. Ausgehend von den
vier Grundaspekten kann festgestellt werden, dass der Aspekt Semantik (Ingo, 2007:20) beim
Übersetzen von Fachtexten im Vordergrund steht.
Koller (2004:299–300) hebt in seiner Beschreibung von Übersetzung naturwissenschaftlichtechnischer Fachtexte hervor, dass die Forderung nach inhalticher, denotativer Äquivalenz bei
dieser Art von Texten übergeordnet ist. Der Empfängerbezug stellt dagegen seiner Ansicht nach
kein grundsätzliches Problem dar, weil die wissenschaftlichen Zieltexte sich in der Regel an Leser
richten, deren Wissens- und Verstehenshintergrund mit dem der Ausgangstextleser vergleichbar ist.
10
Koller (2004:234) warnt auch vor einer übertriebenen Anwendung von Übersetzungsverfahren wie
Entlehnung, Lehnübersetzung oder definitorischer Umschreibung beim Übersetzen von Fachtexten.
Solche Übersetzungsverfahren sollte seiner Meinung nach:
,,nur dann in Frage kommen, wenn sich der Übersetzer unter Heranziehung aller
relevanten
Hilfsmittel (Wörterbücher, Terminologielisten, Übersetzungen im
gleichen Textbereich, Paralleltexte, ggf. Rückfrage bei Fachleuten) vergewissert hat,
dass er tatsächlich sprachliches Neuland betreten muss“.
4.2 Medizinische Terminologie
4.2.1 Die Begriffe Terminologie und Terminus
Nach dem Duden – deutsches Universalwörterbuch (1989) bezeichnet Terminologie die
,,Gesamtheit der in einem Fachgebiet üblichen Fachwörter und Fachausdrücke“. In der
schwedischen
Enzyklopädie
Nationalencyklopedin
(www.ne.se)
wird
das
entsprechende
schwedische Substantiv terminologi als ,,ein Vorrat an Fachausdrücken“ beschrieben, ,,die zu einer
Wörterliste zusammengestellt werden können, mit dem Ziel, eindeutige und effektive
Kommunikation zwischen Fachleuten einer bestimmten Branche oder Fachleuten verschiedener
Branchen zu ermöglichen“ [meine Übersetzung].
Im Duden – deutsches Universalwörterbuch (1989) werden die drei Wörter Fachausdruck,
Terminus und Fachterminus als Synonyme bezeichnet. Die Definition von Fachausdruck lautet:
,,feste, spezielle Bezeichnung für etwas ganz bestimmtes in einem bestimmten Fachgebiet“. In
Nationalencyklopedin (www.ne.se) wird das entsprechende schwedische Wort fackterm auf
folgende Weise beschrieben:
,,ein Wort, das in einem Wirksamkeitsgebiet eine gut abgegrenzte bestimmte
Bedeutung hat, und das entweder in der Allgemeinsprache nicht existiert, oder das
eine
Bedeutung hat, die von der in der Allgemeinsprache unterschieden werden
kann“ [meine Übersetzung].
Clausén (1996:15) beschreibt im Buch Medicinens språk den Unterschied zwischen Begriff
(begrepp) und Terminus (term). Ein Begriff bezeichnet nach dieser Beschreibung ,,eine
Geistesvorstellung eines wahrnehmbaren oder nachweisbaren Phänomens, die eine Strukturierung
des Wissens ermöglicht“ [meine Übersetzung]. Ein Terminus dagegen wird als ,,ein sprachlicher
Ausdruck für einen Begriff in einem Fachgebiet“ [meine Übersetzung] beschrieben. In der
11
Fachsprache ist es wünschenswert, dass jeder Begriff einem einzigen Terminus entspricht.
In diesem Aufsatz wird medizinische Terminologie mit Ausgangspunkt der oben vorgelegten
Definitionen als ’eine Sammlung von Wörtern, die im medizinischen Fachgebiet vorkommen,
eindeutige Bedeutungen haben und Kommunikation zwischen Fachleuten ermöglichen’ definiert.
Jedes einzelne Wort, das ein Teil der medizinischen Terminologie ist, wird als ein medizinischer
Terminus bezeichnet.
4.2.2 Die Terminologie medizinischer Fachtexte
Clausén (1996:16–17) unterscheidet zwischen drei Arten medizinischer Fachsprache, der
wissenschaftlichen medizinischen Fachsprache, die von Fachleuten in wissenschaftlichen Artikeln
und in Vorträgen verwendet wird; der medizinischen Allgemeinsprache, die in der Kommunikation
zwischen Ärzten und Patienten gebraucht wird; und der medizinischen Alltagssprache, die in
Gesprächen zwischen Kollegen bevorzugt wird. Die wissenschaftliche medizinische Fachsprache,
die den in diesem Aufsatz zu übersetzenden Text kennzeichnet, ist von Exaktheit, Einheitlichkeit
und Eindeutigkeit geprägt.
Die traditionelle medizinische Fachsprache basiert zum groβen Teil auf lateinischen und
griechischen Wortstämmen. In Schweden wurde 1982 in den Richtlinien der Generaldirektion für
das Gesundheits- und Sozialwesen festgelegt, dass die medizinische Sprache der Allgemeinsprache
angepasst werden sollte, damit sie der breiten Öffentlichkeit zugänglicher gemacht werden könnte.
Dies hatte eine ,,Verschwedischung“ der medizinischen Allgemeinsprache und der medizinischen
wissenschaftlichen Fachsprache zur Folge. In der Klassifikation der Krankheiten von 1987 wurden
zum Beispiel etliche lateinische Diagnosen mit schwedischen ersetzt. Seit 1987 gibt es in Schweden
ein Sprachkomitee für medizinische Sprachpflege, die sogenannte ,,Svenska Läkaresällskapets
kommitté för medicinsk språkvård“ (Clausén, 1996:16–19).
Doch durch den Einfluss vom Englischen hat sich die Anzahl lateinischer Termini in der
schwedischen medizinischen Fachsprache trotz der oben genannten Richtlinien in den letzten
Jahrzehnten eher erhöht. Die deutsche medizinische Fachsprache ist jedoch in höherem Ausmaβ
von der lateinischen Terminologie beeinflusst, als die schwedische. Zur Standardisierung der
medizinischen Terminologie trägt die internationale, von der Weltgesundheitsorganisation WHO
zusammengestellte Klassifikation der Krankheiten ICD-10 (International Classification of
Diseases) bei (Nyman, 1996:20–23).
12
4.3 Das erweiterte Attribut
Das erweiterte Attribut wird von Magnusson (1986:17) als eine Konstruktion beschrieben, die aus
einem Partizip oder einem Adjektiv mit einer weiteren Bestimmung besteht. Nach Andersson et al.
(2002:374–375) entspricht ein Attribut dieser Art einem Relativsatz und besteht entweder aus einem
Partizipialsatz mit einem Partizip I oder Partizip II als Kernwort oder aus einem verblosen Satz, in
dem das Kernwort ein Adjektiv ist. Das Kernwort ist das Wort, an das Bestimmungswörter
gebunden sind. In der Nominalphrase ein schön singender Arzt ist das Kernwort des erweiterten
Attributs schön singender ein Partizip I (singend), während das erweiterte Attribut der
Nominalphrase in Schweden gekaufte Medikamente aus einem Partizip II (gekauft) mit einer
weiteren Bestimmung besteht. In der Nominalphrase seine ihm an Stärke überlegene Schwester ist
schlieβlich das Adjektiv überlegen Kernwort des Attributs ihm an Stärke überlegene.
Mehrere Satzglieder können an das Kernwort gebunden sein. Des Weiteren kann das
erweiterte Attribut seinem substantivischen Bezugswort entweder vorangestellt oder nachgestellt
sein. Das vorangestellte erweiterte Attribut kommt häufiger in deutschen Texten vor, als in
schwedischen, und wird nach Andersson et al. (2002:374–375) im Schwedischen oft mit einem
Relativsatz ersetzt. In diesem Aufsatz wird das Interesse, wie durch die obigen Beispiele
veranschaulicht wird, gerade auf das vorangestellte erweiterte Attribut gerichtet, weil angenommen
wird, dass dieses mit den gröβten Übersetzungsproblemen verbunden ist. In der Folge wird somit
unter einem erweiterten Attribut ’ein Attribut’ verstanden, ’das einem substantivischen Bezugswort
vorangestellt ist und aus einem Partizip oder Adjektiv mit einer weiteren Bestimmung besteht’.
Eine typisch deutsche Konstruktion, die den erweiterten Attributen zugeordnet ist und keine
schwedische Entsprechung hat, ist diejenige, die aus dem Infinitivbestandteil zu und einem Partizip
I besteht (Andersson et al., 2002:376). Diese Konstruktion wird im Duden Bd. 9 – richtiges und
gutes Deutsch (2007:380) Gerundiv bezeichnet. Als ein Beispiel dafür dient das Attribut der
deutschen Nominalphrase eine zu heilende Krankheit, die mit en sjukdom som kan botas ins
Schwedische übersetzt werden kann. Nach Duden Bd. 9 besagt die Gerundivform, dass ein
bezeichneter Sachverhalt realisiert werden kann, soll oder muss. Andersson et al. (2002:376) stellen
fest, dass das deutsche Gerundiv einem schwedischen passivischen Relativsatz mit einem
Modalverb entspricht.
5. ANALYSE
In diesem Abschnitt werden die Lösungen der beim Übersetzen entstehenden Probleme bezüglich
der Übertragung deutscher medizinischer Terminologie und erweiterter Attribute analysiert.
13
5.1 Medizinische Terminologie
Die im Ausgangstext vorkommenden medizinischen Termini, die hier kommentiert werden, können
ausgehend vom Ursprung in drei Gruppen eingeteilt werden. Unten werden zwischen griechischlateinischen, deutschen und englischen Termini unterschieden. In jedem Abschnitt werden ein paar
für die jeweilige Gruppe aktuelle Übersetzungsprobleme durch Beispiele veranschaulicht und
angewendete Übersetzungsverfahren dargestellt.
5.1.1 Griechisch-lateinische Termini
Im deutschen Ausgangstext kommen etliche aus dem Griechischen und dem Lateinischen
stammende Termini vor. Für Leser, die kein Vorverständnis für Medizin haben, können
wahrscheinlich eine Anzahl dieser Fachausdrücke als kompliziert betrachtet werden. Da aber
vorausgesetzt wird, dass die Leser des Zieltextes umfassende medizinische Kenntnisse besitzen,
wird beim Übersetzen keine Rücksicht auf Schwierigkeiten genommen, die die komplizierten
Sachverhalte den Lesern bereiten können. Es wird auf die Übertragung des Inhalts des Textes
fokussiert, eher als die Anpassung an die Empfänger. In Übereinstimmung mit Kollers (2004:299–
300) Beschreibung von Übersetzung naturwissenschaftlich-technischer Fachtexte, ist folglich die
Forderung nach denotativer Äquivalenz übergeordnet.
Die meisten der aus dem Griechischen und dem Lateinischen stammenden Termini werden
in gleicher oder ähnlicher Form in den schwedischen Zieltext übernommen, weil sie sowohl ins
Deutsche als auch ins Schwedische durch Entlehnung (Vinay und Darbelnet, zitiert in Kittel et al.,
2004:395) übernommen worden sind. Diese Wörter treten in schwedischen Terminologielexiken auf
und sind auch in Paralleltexten häufig zu finden.
Beim Übersetzen lateinischer und griechischer Fachausdrücke müssen Unterschiede
bezüglich der Orthographie, die Ingo (2007:65) als einen Teil des Grundaspekts Struktur beschreibt,
beachtet werden. Gemäβ den von Nyman (1996:146–149) beschriebenen schwedischen Richtlinien,
sollen lateinische und griechische Wörter, die die Konsonantenkombinationen ch, ph oder th
enthalten, in der Regel der schwedischen Schreibweise angepasst werden und mit einem k, f oder t
geschrieben werden. So wird zum Beispiel das deutsche Wort Tachykardien (S.1394) aus den
griechischen tachy (’schnell’) und cardia (’Herz’) (Lindskog, 2008:604) mit takykardi ins
Schwedische übersetzt. Ähnlich bekommen Substantive mit dem Suffix -graphie aus dem
griechischen -graphia (Nyman, 1996:118) die schwedische Endung -grafi. Des Weiteren soll die
Vokalkombination ae nach Nymans Beschreibung (1996:146) meist mit einem schwedischen e
ersetzt werden. Dies wird durch die Übersetzung des im deutschen Text vorkommenden Terminus
Ischämie (S.1386) aus dem lateinischen ischeamia (Lindskog, 2008:300) mit der schwedischen
14
Form ischemi veranschaulicht. Unten wird eine Auswahl der im Ausgangstext auftretenden Termini
vorgelegt, die in gleicher oder angepasster Form in den Zieltext übernommen werden:
(2)
Diabetes mellitus (S.1386)
diabetes mellitus
(3)
Hemiparese (S.1386)
Hemipares
(4)
Koronarsyndrom (S.1386)
Koronarsyndrom
(5)
Aneurysma (S.1386)
Aneurysm
(6)
Hyperlipidämie (S.1386)
Hyperlipidemi
(7)
Myokardnekrose (S.1388)
Myokardnekros
(8)
Echokardiographie (S.1390)
Ekokardiografi
(9)
Bradykardie (S.1394)
Bradykardi
(10)
Hypotonie (S.1394)
Hypotoni
Gewisse griechische und lateinische Termini im Ausgangstext werden im Zieltext mit schwedischen
Formen ersetzt. So wird Myokardinfarkt aus dem lateinischen infarctus myocardii (Lindskog,
2008:415) im Beispiel (11) nicht mit myokardinfarkt sondern mit hjärtinfarkt übersetzt, weil
angenommen wird, dass das schwedische Wort hjärtinfarkt dieselben Konnotationen hervorrufen
kann, wie das deutsche Myokardinfarkt.
(11)
Schlaganfall und akuter Myokardinfarkt sind in den Industrieländern
die häufigsten Ursachen für Tod
oder dauerhafte Behinderung
(S.1386).
Cerebral infarkt och akut hjärtinfarkt är de vanligaste orsakerna
till död och långvariga funktionshinder i industriländerna.
Laut der internationalen Klassifikation der Krankheiten ICD-10 entspricht die deutsche
Bezeichnung akuter Myokardinfarkt (DIMDI, 2009a) nämlich der schwedischen akut hjärtinfarkt
(Socialstyrelsen, 1996:286). Dies stimmt mit der von Clausén (1996:18–19) beschriebenen Tendenz
überein, die schwedische medizinische Fachsprache der Allgemeinsprache anzupassen. Ausgehend
15
von Nymans (1996:23) Beschreibung kann auch angenommen werden, dass eine niedrigere Anzahl
griechischer und lateinischer Fachausdrücke in schwedischen Texten vorkommt, als in deutschen.
Deshalb kann die Entscheidung, Myokardinfarkt mit hjärtinfarkt zu übersetzen, als eine Anpassung
an die schwedische Zielkultur und die schwedischen Leser betrachtet werden. Somit wird sowohl
pragmatische als auch konnotative Äquivalenz (Koller, 2004:215) erreicht.
Aus demselben Grund wird atrialen Septumdefekt im Beispiel (12) mit dem schwedischen
Terminus förmaksseptumdefekt übersetzt, der in der schwedischen Version von ICD-10 auftritt
(Socialstyrelsen, 1996:506). Hier findet eine grammatische Strukturumwandlung oder Transposition
(Eriksson, 1997:20–21) statt, da eine mehrwortige Phrase in ein Wort umgewandelt wird. Die
Nominalphrase
mit
Adjektivattribut
im
Ausgangstext
entspricht
im
Zieltext
einem
zusammengesetzten Substantiv. Die Tatsache, dass ostium secundum-defekt typ II in demselben
Beispiel den ursprünglichen Terminus ASD II, Sekundum-Typ ersetzen kann, kann ausgehend von
den beiden Versionen von ICD-10 festgestellt werden (Socialstyrelsen, 1996:506; DIMDI, 2009b).
(12)
Vor ca. 10 Jahren wurde beim
atrialen Septumdefekt (ASD II,
Sekundum-Typ) eine M-förmige
Einkerbung im aufsteigendem
Schenkel der R-Zacke in den
inferioren Ableitungen beschrieben
/.../ (S.1394)
För ca tio år sedan beskrevs en Mformad skåra i R-spetsens uppåtstigande skänkel som uppträdde i
de inferiora avledningarna hos
personer som led av en förmaksseptumdefekt (ostium secundumdefekt typ II).
Im deutschen Ausgangstext sind einige Termini mit lateinischen und griechischen Wortstämmen zu
finden, die genau wie atrialen Septumdefekt durch Strukturumwandlungen (Eriksson, 1997:20–21)
ins Schwedische übertragen werden. Dazu gehört zum Beispiel linksventrikuläre systolische
Dysfunktionen (S.1390), der mit systolisk vänsterkammardysfunktion ersetzt wird. Beim Übersetzen
wird die ursprüngliche Nominalphrase, die aus zwei Adjektivattributen und einem substantivischen
Bezugswort besteht, in eine Nominalphrase transponiert, die nur ein Adjektivattribut enthält, und in
der eine Zusammensetzung als Bezugswort dient. Die wörtliche Übersetzung vänsterventrikulär
systolisk dysfunktion ergibt bei einer Googlerecherche (www.google.se) am 24. April 2009 keine
Treffer, während die transponierte Übersetzung systolisk vänsterkammardysfunktion eine
Trefferquote von 194 verzeichnet. Daraus wird geschlussfolgert, dass denotative Äquivalenz
(Koller, 2004:216) durch die Wahl von systolisk vänsterkammardysfunktion erreicht wird. Dieser
Fachausdruck wird übrigens in Läkartidningen als eine ,,reduzierte Pumpfähigkeit des Herzens”
[meine Übersetzung] beschrieben (Boman et al., 2007:2333).
16
Auβer denjenigen, die im Zieltext in derselben Form vorkommen, und denjenigen, die
schwedischen Termini entsprechen, gibt es auch griechische und lateinische Termini im
Ausgangstext, die ins Schwedische in ähnlicher aber vereinfachter Form übertragen werden. Ein
Beispiel ist arteriellem Hypertonus (S.1386) unten:
(13)
Ein 57-jähriger Patient mit langjährigem arteriellem Hypertonus
und Diabetes mellitus stellt sich
mit beim Aufwachen bemerkter
linksseitiger brachiofazial betonter
Hemiparese links sowie einer
Dysarthrophonie vor.
En 57-årig patient med mångåriga
besvär av hypertoni och diabetes
mellitus vaknar en dag med
vänstersidig brakiofacial hemipares samt dysartrofoni.
Laut Duden (www.duden-suche.de) kann der griechisch-lateinische Terminus Hypertonus ’erhöhten
Blutdruck’ bezeichnen. Folglich bedeutet arterieller Hypertonus ’erhöhter Blutdruck in den
Arterien’. Nach Lindskog (2008:274) wird der für den Zieltext gewählten Terminus hypertoni meist
in der Bedeutung ’hoher arterieller Blutdruck’ gebraucht, auch wenn er einen ’hohen Druck’ oder
eine ’hohe Spannung’ im allgemeinen bezeichnen kann. Da laut Lindskog ’hoher arterieller
Blutdruck’ die frequenteste Bedeutung von hypertoni ist, wird angenommen, dass denotative
Äquivalenz (Koller, 2004:216) zwischen Ausgangstext und Zieltext erzielt wird, auch wenn das
schwedische Adjektivattribut arteriellt im Zieltext ausgelassen wird, wie im Beispiel oben
veranschaulicht wird.
Ein anderes Beispiel für einen Terminus, der in vereinfachter Form ins Schwedische
übertragen wird, ist transkranielle Kontrastdopplersonographie (S.1394). Die Übersetzung davon
lautet transkraniell doppler med kontrast. Hier wird die schwedische Entsprechung zu Sonographie
– sonografi – ausgelassen, aus dem Grund, dass sonografi ’Ultraschalluntersuchung’ bedeutet
(Lindskog, 2008:571) und doppler eine Gesamtbezeichnung für ’Ultraschalluntersuchungen
verschiedener Art’ ist (Lindskog, 2008:163). Die Bedeutung des Terminus doppler umfasst somit
die des Terminus sonografi. Der ganze Ausdruck transkraniell doppler med kontrast wird gewählt,
weil er im Unterschied zu transkraniell kontrastdoppler bei einer Googlesuche (15. Mai 2009)
einen Treffer ergibt. Dieser Fachausdruck ist in einem Internettext zu finden, der von einer
Herzspezialistengesellschaft veröffentlicht ist (Hjärtcentrum i Östergötland, 2007:7).
Wie in diesem Abschnitt festgelegt worden ist, betragen griechisch-lateinische Termini einen
groβen Anteil der Terminologie des deutschen Ausgangstextes. Ob beim Übersetzen dieser Termini
die Wahl auf bewahrte griechisch-lateinische Wörter, auf schwedische Entsprechungen oder auf
transponierte oder vereinfachte Formen fällt, kommt darauf an, wie die ursprünglichen Lehnwörter
17
ins Schwedische übertragen worden sind, und wie sie sich entwickelt haben. Mit Hilfe
medizinischer Terminologielexiken
und
Paralleltexte
kann
entschieden
werden,
welche
entsprechenden Termini im höchsten Ausmaβ zur Äquivalenz zwischen Ausgangstext und Zieltext
beitragen können.
5.1.2 Deutsche Termini
Eine Anzahl der deutschen Termini werden durch Lehnübersetzung ins Schwedische übertragen,
das heiβt die Struktur der Wörter wird übernommen (Vinay und Darbelnet, zitiert in Kittel,
2004:395). Unten werden einige der deutschen Termini, die durch Lehnübersetzung übertragen
werden, verzeichnet, sowie ihre Entsprechungen im Zieltext:
(14)
T-Wellen (S.1386)
T-vågor
(15)
ST-Hebung (S.1389)
ST-höjning
(16)
Wandbewegungsstörungen
(S.1390)
väggrörelsestörningar
(17)
plötzlicher Herztod (S.1392)
plötslig hjärtdöd
Diese Ausdrücke können Glied für Glied übersetzt werden, weil die entsprechenden Termini im
Schwedischen schon existieren und in medizinischen Paralleltexten vorkommen. Bei einer
Googlerecherche auf schwedischen Homepages (4. Mai 2009) ergeben die vier Suchausdrücke Tvåg, ST-höjning, väggrörelsestörning und plötzlicher Herztod folgende Trefferquoten: 440, 986, 6
und 10200. Da das Suchwort väggrörelsestörning in allen gefundenen Texten sich, gerade wie der
ursprüngliche deutsche Terminus, auf Herzwandveränderungen bezieht, wird angenommen, dass
zwischen diesem schwedischen Terminus und dem deutschen Wandbewegungsstörung denotative
Äquivalenz (Koller, 2004:216) vorliegt, obwohl väggrörelsestörning nur auf sechs Homepages zu
finden ist. In Ähnlichkeit mit dem deutschen Wort im Ausgangstext kommt das schwedische
väggrörelsestörning auch in einem der Artikel (Carlsson, 2007:3277) in einer Darstellung der
sogenannten Tako-Tsubo-Kardiomyopahie vor.
Andere deutsche Termini können nicht durch Lehnübersetzung übertragen werden. In diesen
Fällen muss in Paralleltexten und Wörterbüchern nach schwedischen Entsprechungen, die zur
denotiven Äquivalenz (Koller, 2004:216) beitragen können, gesucht werden. Das Wort
18
Brustwandableitungen (S.1386) wird zum Beispiel nicht Glied für Glied mit bröstväggsavledningar
übersetzt. Statt dessen wird der schwedische Terminus bröstavledningar als Entsprechung gewählt,
weil dieser im Lexikon Medicinsk terminologi (Lindskog, 2008:104) vorkommt und entsprechend
als ,,eine aus der Brustregion gemachte Ableitung einer EKG“ [meine Übersetzung] beschrieben
wird. Die schwedische Übersetzung von 12-Kanal-EKG – 12-avlednings-EKG – wird dank ihres
Vorkommens in einem Paralleltext im schwedischen kardiologischen Fachbuch Elektrokardiologi
(Trägårdh, 2006:1) gewählt, während obduktionsresultat, die Entsprechung zum Sektionsbefund, im
deutsch-schwedischen Wörterbuch Prismas tyska ordbok (1995) gefunden werden kann.
Laut Clausén (1996:15) ist es in der Fachsprache wünschenswert, dass jeder Begriff einem
einzigen Terminus entspricht. Wie schon festgestellt worden ist, gibt es jedoch Begriffe, die
mehreren Termini entsprechen. Umgekehrt gibt es auch Termini, deren Bedeutungen nicht eindeutig
sind. Diese Tatsache kann beim Übersetzen Probleme darstellen. Ein deutscher Fachausdruck, der
Schwierigkeiten bereitet, ist der schon in der Überschrift des Ausgangstextes auftretende
Schlaganfall, der mit cerebral infarkt übersetzt wird.
(18)
Nicht selten treten aufgrund der
hohen Komorbidität Schlaganfall
und Herzinfarkt gleichzeitig auf
(S.1389).
På grund av en hög komorbiditet
uppträder cerebral infarkt och
hjärtinfarkt inte sällan samtidigt.
Im Schwedischen existiert das Wort slaganfall, das in Medicinsk terminologi (Lindskog, 2008:567)
als
eine
,,plötzlich
auftretende
Durchblutungsstörung
des
Gehirns,
die
Lähmungen,
Bewusstseinsstörungen oder Tod zur Folge hat“ [meine Übersetzung] beschrieben wird. Obwohl
dieselbe Definition des deutschen Fachausdrucks Schlaganfall im Duden – deutsches
Universalwörterbuch (1989) zu finden ist, kann festgestellt werden, dass im Ausgangstext von einer
anderen Bedeutung ausgegangen wird. Laut den oben genannten Definitionen sind nämlich sowohl
Hirninfarkte als auch Gehirnblutungen wie Subarachnoidalblutung im Fachausdruck Schlaganfall
beziehungsweise slaganfall einbegriffen, während im deutschen Ausgangstext zwischen
Schlaganfall und Subarachnoidalblutung unterschieden wird. Der Text scheint statt dessen auf der
Definition, die auch auf der Homepage der deutschen Ärzteorganisation Qualimedic (2007)
dargestellt wird, zu basieren. Nach dieser wird ein Schlaganfall ,,durch eine Verminderung oder
vollständige Unterbrechung der Blutversorgung des Gehirns verursacht“. Ein Schlaganfall wird also
mit einem Infarkt in der Gehirnregion gleichgestellt. Diese Art von Infarkt wird nach der
schwedischen Version der Klassifikation der Krankheiten ICD-10 (Socialstyrelsen, 1996:298)
19
cerebral infarkt benannt, weshalb dieses Wort auch im Zieltext bevorzugt wird.
Ein anderer deutscher Terminus, der Übersetzungsprobleme darstellen kann, ist Insel
(S.1392). Im Schwedischen kommen nach der Information auf der Homepage von Sahlgrenska
akademin (2009) sowohl der lateinische Fachausdruck insula als auch die entsprechenden
schwedischen ön und ö-området vor. Hier sollte der Terminus gewählt werden, der ähnliche
Konnotationen bezüglich der Stilschicht hervorruft, wie der im Ausgangstext, damit konnotative
Äquivalenz (Koller, 2004:215–216) erzielt werden kann. In diesem Fall wird nach Treffern in der
schwedischen Ärztezeitschrift Läkartidningen im Internet gesucht. Eine Recherche auf der
Homepage www.lakartidningen.se am 28. April 2009 ergibt folgendes:
Tabelle 1. Ön, ö-området und insula
Suchwort
Treffer
ön
94
ö-området
0
insula
29
Da festgestellt werden kann, dass in allen 94 Artikeln, die das Suchwort ön enthalten, mit ön (’die
Insel’) ein geographischer Platz gemeint wird, wird geschlussfolgert, dass das Wort insula die in
Läkartidningen häufigst vorkommende Bezeichnung ist. Die Zeitschrift Läkartidningen wird, genau
wie Der Nervenarzt, vor allem von Ärzten gelesen. Als Übersetzung von Insel wird deshalb
ausgehend vom Ergebnis der Recherche der lateinische Terminus insula gewählt, weil angenommen
wird, dass konnotative Äquivalenz dadurch erreicht wird. Im Beispiel (19) wird veranschaulicht,
wie einer der Sätze im Ausgangstext, die den Terminus Insel enthalten, übersetzt wird:
(19)
Von 48 Patienten, die innerhalb
eines Jahres verstarben, hatten 21
Patienten eine Ischämie mit Beteiligung der rechten Insel
(S.1396).
Av de 48 patienter som avled inom
loppet av ett år hade 21 en ischemi
som omfattade höger insula.
Zu einigen deutschen Fachausdrücken sind keine eindeutigen schwedischen Entsprechungen
vorhanden. Zum Beispiel kann zum deutschen Substantiv Erstereignis keine Entsprechung
gefunden werden. Hier liegt das, was Koller (2004:232) eine lexikalische Lücke oder eine Eins-zuNull-Entsprechung nennt, vor. Mit dem Ziel, die lexikalische Lücke zu schlieβen, wird das
Übersetzungsverfahren,
das
Koller
(2004:233)
definitorische
Umschreibung
bezeichnet,
20
angewendet. Die deutsche Nominalphrase, zu der Erstereignis als ein Teil des Präpositionalattributs
gehört, wird in eine schwedische Nominalphrase mit einem erklärenden Relativsatz umgewandelt.
Die wörtliche Übersetzung dieses Relativsatzes lautet: ’die zum ersten Mal von einem Schlaganfall
befallen worden sind’. Unten ist der ganze Satz zu lesen:
(20)
Colivicchi et al. untersuchten 208
Patienten mit Erstereignis Schlaganfall (S.1396).
Colivicchi et al. har undersökt 208
patienter som drabbats av cerebral
infarkt för första gången.
Zusammenfassend kann in diesem Abschnitt festgestellt werden, dass etliche deutsche medizinische
Termini durch Lehnübersetzung in den schwedischen Zieltext übertragen werden können, weil die
dadurch erhaltenen schwedischen Ausdrücke schon befindliche Termini bezeichnen. In übrigen
Fällen können Entsprechungen zu den deutschen Termini in der Regel in Paralleltexten oder
Wörterbüchern
gefunden
werden.
Manchmal
muss
zwischen
mehreren
möglichen
Übersetzungsalternativen gewählt werden, während in anderen Fällen eine definitorische
Umschreibung gebraucht werden muss.
5.1.3 Englische Termini
Auβer den Gruppen von griechisch-lateinischen und deutschen Termini zeichnet sich auch eine
kleinere Gruppe von aus dem Englischen stammenden Termini aus.
Die meisten dieser englischen Fachausdrücke sind im Schwedischen nicht verbreitet und
können deshalb nicht unverändert in den Zieltext übernommen werden. Das englische Substantiv
Work-up im Beispiel (21) ist eines der Wörter, die in schwedischen Texten selten vorzukommen
scheinen.
Bei
einer
Suche
auf
der
Homepage
der
Ärztezeitschrift
Läkartidningen
(www.lakartidningen.se) am 5. Mai 2009 verzeichnet Work-up zwar eine Trefferquote von 74. Es
stellt sich jedoch heraus, dass alle diese 74 Treffer sich auf Vorkommen des Suchwortes in
englischen Texten der Zeitschrift beziehen. Deshalb wird in diesem Fall die am nächsten liegende
Entsprechung
zum
ursprünglichen
Ausgangstextwort
als
Übersetzung
gewählt.
Diese
Verhaltensweise wird von Koller (2004:233–234) als ein Übersetzungsverfahren beschrieben, das
nur dann angewendet werden sollte, wenn kein entsprechender zielsprachlicher Ausdruck
vorhanden ist. Ausgehend von der Bedeutung des Verbes Work up im englisch-schwedischen
Wörterbuch Prismas engelska ordbok (1995) wird eine schwedische Entsprechung zum Substantiv
Work-up aus dem schon befindlichen Wort utredning (’Untersuchung’) gebildet, wie auf der
nächsten Seite veranschaulicht wird:
21
(21)
Ein ausführliches kardiologischdiagnostisches Work-up sollte in
jedem Fall erfolgen (S.1389).
En utförlig kardiologisk diagnostisk utredning bör alltid följa.
Der Ausdruck diagnostisk utredning verzeichnet bei einer Googlerecherche am 27. Mai 2009 1380
Treffer. Auβerdem ist er laut einer an demselben Tag durchgeführten Suche auf der Homepage von
Läkartidningen in 21 Artikeln dieser Zeitschrift zu finden.
Auf ähnliche Weise wird der englische Terminus In-Hospital-Outcome (S.1389), der bei
einer Googlesuche auf schwedischen Homepages (5. Mai 2009) keine Treffer ergibt, mit dem
bedeutungsmäβig naheliegenden schwedischen Fachausdruck vårdresultat (wörtlich übersetzt in
Pflegeergebnis) im Zieltext ersetzt. Dieser Ausdruck ist nach einer weiteren Googlerecherche (5.
Mai 2009) in 10700 Texten im Internet zu finden.
Zu einem der im deutschen Text vorkommenden englischen Fachausdrücke wird eine
Entsprechung in dem englisch-schwedischen Terminologielexikon Medicine (Collin, 1992:383)
gefunden. Das englische Substantiv Monitoring, das im deutschen Ausgangstext in der
Zusammensetzung 24-Stunden-Monitoring (S.1396) auftritt, entspricht laut diesem Lexikon dem
schwedischen
Substantiv
övervakning
(’Überwachung’)
oder
patientövervakning
(’Patientenüberwachung’). Die ganze Zusammensetzung 24-Stunden-Monitoring wird durch
Lehnübersetzung (Vinay und Darbelnet, zitiert in Kittel et al., 2004:395) in 24-timmarsövervakning
übertragen. Im Unterschied zu 24-timmarsmonitoring ist 24-timmarsövervakning ein befindliches
Wort, das Googletreffer ergibt. Bei einer Googlesuche am 5. Mai 2009 verzeichnet 24timmarsövervakning eine Trefferquote von 160.
Gewisse Termini englischer Herkunft werden im Zieltext in gleicher Form bewahrt, aus dem
Grund, dass die englischen Lehnwörter sowohl ins Deutsche als auch ins Schwedische durch
Entlehnung (Vinay und Darbelnet, zitiert in Kittel et al., 2004:395) übernommen worden sind und
sich in Fachausdrücke entwickelt haben. Ein Beispiel ist der Terminus Clearance (S.1389), der im
schwedischen medizinischen Terminologielexikon Medicinsk terminologi (Lindskog, 2008:128) als
,,die Fähigkeit des Körpers, Substanzen aus dem Blut zu entfernen“ [meine Übersetzung]
beschrieben wird. Ein anderes Beispiel ist das englische Lehnwort Peak. Diesem Substantiv wird
sowohl im deutschen Duden Bd. 5 – das Fremdwörterbuch (1990) als auch in der schwedischen
Enzyklopädie
Nationalenzyklopedin
(www.ne.se)
die
Bedeutung
’Höhepunkt,
Spitze’
zugeschrieben. Da der Terminus Peak auch in schwedischen medizinischen Paralleltexten, wie
beispielsweise in der Informationsschrift Information från Läkemedelsverket (Läkemedelsverket,
2002:78), auftritt, wird er hier als Entsprechung zum ursprünglichen Ausdruck gewählt:
22
(22)
Der Anstieg von cTnT und cTnI im
Serum ist ca. 4–5 h nach
Infarktereignis im Serum nachweisbar. Ein Peak wird nach 18–
22 h erreicht (S.1389).
Förhöjda nivåer av cTnT och cTnI
i serum kan påvisas fyra till fem
timmar efter en akut hjärtinfarkt.
En peak nås efter 18 till 22 timmar
/.../
Andere englische Fachausdrücke werden direkt in den Zieltext übernommen, weil vorausgesetzt
wird, dass sie aus einem bestimmten Grund im Ausgangstext vorkommen. Im Beispiel (23) ist der
Terminus sudden cardiac death dem Satz in Klammern hinzugefügt worden, weil die Verfasser
hervorheben wollen, dass der entsprechende deutsche Terminus diesem englischen entstammt. Der
englische Terminus wird auch in den Zieltext übertragen, weil dadurch gezeigt werden kann, dass
der englische Fachausdruck der ursprüngliche ist. Der im Ausgangstext dargestellte Sachverhalt
wird auch im Zieltext deutlich gemacht, was nach Koller (2004:216) ein Zeichen denotativer
Äquivalenz ist.
(23)
Die autonome Imbalance – insbesondere bei insulärer Läsion –
kann schwerwiegende Arrhythmien bis hin zum plötzlichen
Herztod (SUD, „sudden cardiac
death“) auslösen (S.1396).
Den autonoma obalansen kan –
särskilt vid insulära lesioner –
utlösa allvarliga arytmier och leda
till plötslig hjärtdöd (SUD, ”sudden cardiac death”).
Ein englischer Terminus, der teilweise in den Zieltext übernommen wird, ist Stroke-Unit im Beispiel
(24). Das Vorderglied dieses Wortes wird in bewahrter Form übernommen, während das Hinterglied
mit einem schwedischen Substantiv ersetzt wird. Die Struktur des Wortes wird aber übertragen,
weshalb das Übersetzungsverfahren als eine Art von Lehnübersetzung (Vinay und Darbelnet, zitiert
in Kittel et al., 2004:395) betrachtet werden kann. Das Vorderglied der Zusammensetzung, Stroke,
ist laut Lindskog (2008:586) die englische Bezeichnung der Krankheit, die auf Schwedisch meist
slaganfall genannt wird. Die Tatsache, dass das englische Vorderglied statt des schwedischen
slaganfall- hier bevorzugt wird, hängt damit zusammen, dass stroke nach Lindskog häufig in
Zusammensetzungen verwendet wird. In seiner Beschreibung des Terminus stroke gibt Lindskog
sogar den unten genannten Fachausdruck strokeenhet als ein Beispiel für eine vorkommende
Zusammensetzung an. Der Terminus Stroke-Unit scheint im Schwedischen nicht verbreitet zu sein.
Bei einer Recherche auf der Homepage von Läkartidningen (www.lakartidningen.se) am 6. Mai
2009 ergibt das Suchwort Stroke-Unit zum Beispiel keine Treffer. Im folgenden Beispiel wird ein
Teil des deutschen Satzes, in dem der Terminus Stroke-Unit zu finden ist, zusammen mit der
23
schwedischen Übersetzung davon vorgelegt:
(24)
Wer auf einer Stroke-Unit tätig ist
oder stationär akute Schlaganfälle
versorgt, der sieht sich häufig mit
der Tatsache konfrontiert /.../
(S.1386)
Den som är verksam vid en
strokeenhet eller tar hand om
patienter som drabbats av akut
cerebral infarkt på en vårdavdelning ställs ofta inför det
faktum /.../
Wie schon erwähnt scheinen die meisten der im Ausgangstext vorkommenden englischen Termini
beim Übersetzen Forderungen nach Anpassungen ans Schwedische zu stellen. Auβer den
Fachausdrücken, die im Zieltext mit schwedischen bedeutungsmäβig naheliegenden Termini oder
Ausdrücken ersetzt werden, gibt es aber, wie festgestellt, auch englische Termini, die durch
Entlehnung oder Lehnübersetzung übertragen werden. Wie beim Übersetzen griechisch-lateinischer
und deutscher Termini dienen Paralleltexte und Terminologielexiken auch beim Übersetzen
englischer Fachausdrücke als Richtschnur.
5.2 Erweiterte Attribute
Im aktuellen Text sind insgesamt 63 erweiterte Attribute zu finden. Das Partizip II ist das häufigst
vorkommende Kernwort dieser Attribute. In 38 der erweiterten Attribute ist das Kernwort ein
Partzip II, in 19 ist es ein Adjektiv und in 6 ein Partizip I.
Es ist nicht möglich, die Struktur aller mit erweiterten Attributen ausgebauten deutschen
Nominalphrasen ins Schwedische zu übertragen. Als schwedische Entsprechungen zu den
deutschen erweiterten Attributen werden auβer erweiterten Attributen auch eine Anzahl anderer
grammatischer Konstruktionen gewählt. In Tabelle 2 wird gezeigt, wie die verschiedenen
schwedischen Übersetzungsalternativen im Zieltext verteilt werden:
Tabelle 2. Distribution der schwedischen Entsprechungen zu deutschen erweiterten Attributen
Erweitertes Attribut
25
40%
Adjektivattribut
16
25%
Relativsatz
15
24%
7
11%
63
100%
Umschreibung mit verbalem Ausdruck
Insgesamt
In den folgenden Abschnitten werden die verschiedenen Entsprechungen näher beschrieben.
24
5.2.1 Entsprechende schwedische erweiterte Attribute
Zwei Fünftel, oder 25, der erweiterten Attribute im Ausgangstext werden im schwedischen Zieltext
bewahrt.
Die
Nominalphrasen,
die
diese
Attribute
enthalten,
können
gemäβ
dem
Übersetzungsverfahren, das Vinay und Darbelnet (zitiert in Kittel et al., 2004:395) wörtliche
Übersetzung (traduction littérale) bezeichnen, übertragen werden, ohne dass die denotative oder
konnotative Äquivalenz (Koller, 2004:215–216) beschränkt wird. Eine wörtliche Übersetzung wird
dann bevorzugt, wenn die entsprechenden Nominalphrasen dieselben Konnotationen bezüglich zum
Beispiel Frequenz und Stilschicht erwecken, und gleichzeitig den gleichen Sachverhalt darstellen
können. Unten werden zwei Beispiele für wörtlich übersetzte Nominalphrasen vorgelegt, deren
erweitertes Attribut aus einem Adjektiv mit einer weiteren Bestimmung besteht:
(25)
/.../ womit sich analog zu anderen
Studien auch eine signifikant
höhere Letalität ergab (S.1393).
Liksom andra studier visade även
denna på en signifikant högre
dödlighet /.../
(26)
Andere Serien, in denen Patienten
mit kardialen Begleiterkrankungen
vorher ausgeschlossen wurden,
zeigen eine deutlich geringere
Prävalenz von ca. 30% (S.1394).
Andra undersökningar, där patienter med kardiella grundsjukdomar uteslutits på förhand,
ger en betydligt lägre prevalens på
ca 30 % som resultat.
5.2.2 Adjektivattribute
Einwortige schwedische Adjektivattribute entsprechen 16 der deutschen erweiterten Attribute. In
einigen Fällen kann die Transposition oder Strukturumwandlung (Vinay und Darbelnet, zitiert in
Kittel et al., 2004:395; Eriksson, 1997:20) die stattfindet, wenn eine zweiwortige Adjektivphrase in
eine einwortige Umgewandelt wird, als notwendig betrachtet werden, weil eine Übersetzung mit
einem entsprechenden schwedischen erweiterten Attribut unmöglich ist. Als ein Beispiel für eine
solche strukturbedingt notwendige Veränderung dient die Nominalphrase im folgenden Satz:
(27)
1947 beschrieben Byer et al. neu
aufgetretene EKG-Veränderungen
mit großen, hohen T-Wellen sowie
QT-Verlängerungen bei Patienten
mit
Subarachnoidalblutung
(S.1397).
1947 beskrev Byer et al.
nyuppkomna EKG-förändringar
med stora, höga T-vågor samt QTförlängningar hos patienter som
drabbats av subaraknoidalblödning.
25
Hier kann die Entsprechung zum deutschen Adjektiv neu – ny – nicht allein stehen, sondern muss
ein teil einer Zusammensetzung sein, um als Bestimmung des Partizips II uppkomna dienen zu
können. Eine alternative Übersetzung des deutschen erweiterten Attributs wäre ein Relativsatz.
Andere schwedische Adjektivattribute werden als Ersatz der deutschen erweiterten Attribute,
aus dem Grund bevorzugt, dass sie zur Vereinfachung der Struktur der Sätze beitragen können, wie
im Beispiel unten gezeigt wird:
(28)
Erhöhte Troponinwerte finden sich
insbesondere bei älteren Patienten
mit
bereits
vorbestehender
Behinderung, bei Patienten mit
schwerem
Defizit
und
bei
Patienten mit schlechter Prognose
(S.1393).
Förhöjda troponinvärden förekommer framför allt bland äldre
patienter med tidigare funktionshinder, bland patienter med svåra
symtom samt bland patienter med
dålig prognos.
Eine wörtliche Übersetzung von bereits vorbestehender Behinderung mit redan tidigare existerande
funktionshinder wäre zwar möglich. Ein solcher Ausdruck könnte aber im Schwedischen als
umständlich betrachtet werden und Konnotationen gehobener Sprache vermitteln. Mit dem Ziel,
konnotative Äquivalenz (Koller, 2004:216) zu erreichen, wird statt dessen das Adjektivattribut
tidigare (’früher’) als Übersetzung gewählt, mit dem der aktuelle Sachverhalt auf eine einfachere
Weise dargestellt werden kann. Die Veränderung, die stattfindet, ist ein Ausdruck für Modulation,
da sie eine Bedeutungsverschiebung bewirkt (Vinay und Darbelnet, zitiert in Kittel et al.,
2004:395).
Ein im deutschen Ausgangstext häufig vorkommendes Adjektiv ist neurogen, das
hauptsächlich als Attribut eines Partizips II auftritt. Nach Lindskog (2008:427) bedeutet dieses aus
dem Griechischen stammende Wort ’von Nerven ausgehend’ oder ’mit Nervenschmerzen
zusammenhängend’ [meine Übersetzung]. Im Ausgangstext kommt neurogen zum Beispiel
zusammen mit den Partizipien II vermittelt (S.1386) und induziert vor. Da die Bedeutung des
Adjektivs neurogen die dieser Partizipien einschlieβen kann, werden die erweiterten Attribute, die
mit neurogen erweitert sind, in einwortige Adjektivattribute umgewandelt, was im folgenden
Beispiel veranschaulicht wird:
26
(29)
Die beschriebenen, neurogen
induzierten
Herzmuskelläsionen
mit
Kontraktionsbandnekrosen,
Koagulationsmyozytolysen
und
myofibrillärer Degeneration sind
histologisch
identisch
mit
Läsionen, die durch Katecholamininfusionen hervorgerufen werden
können (1390).
De neurogena hjärtmuskellesioner
som
beskrivs
(kontraktionsbandsnekroser, koagulativ myocytolys eller myofibrillär degeneration) är histologiskt sett identiska
med de lesioner som kunnat
framkallas genom infusion av
katekolaminer.
5.2.3 Relativsätze
Die von Andersson et al. (2002:374–375) beschriebene Tendenz, deutsche erweiterte Attribute mit
schwedischen Relativsätzen zu ersetzen, zeigt sich auch beim Übersetzen des aktuellen Textes. Im
schwedischen Zieltext kommen 15 Relativsätze als Entsprechungen zu deutschen erweiterten
Attributen vor. Die Transposition oder grammatische Strukturumwandlung (Vinay und Darbelnet,
zitiert in Kittel et al., 2004:395; Eriksson, 1997:20–21), die stattfindet, wenn eine Adjektivphrase in
einen Relativsatz umgewandelt wird, kann entweder obligatorisch oder fakultativ sein. Unten folgt
ein Beispiel für eine fakultative Strukturumwandlung:
(30)
In Tierexperimenten konnten auch
nach intrakoronarer Katecholamininjektion die für neurokardiogene
Erkrankungen typischen EKGMuster reproduzierbar induziert
werden (S.1390).
I djurförsök har EKG-kurvor, som
är typiska för neurokardiogena
sjukdomar, upprepade gånger kunnat induceras genom intrakoronara
katekolamininjektioner.
Die Nominalphrase die für neurokardiogene Erkrankungen typischen EKG-Muster hätte auch
wörtlich mit de för neurokardiogena sjukdomar typiska EKG-kurvorna übertragen werden können.
Es kann aber angenommen werden, dass die Übersetzung mit einem Satzattribut als eine
idiomatischere schwedische Konstruktion verstanden wird. Da laut Andersson et al. (2002:375)
vorangestellte erweiterte Attribute viel häufiger im Deutschen vorkommen als im Schwedischen,
kann oft vorausgesetzt werden, dass ein deutsches vorangestelltes erweitertes Attribut dieselben
Konnotationen bezüglich Frequenz hervorruft wie ein schwedisches Satzattribut. Damit die von
Koller (2004:216) beschriebene konnotative Äquivalenz erreicht werden soll, wird in diesem Fall
eine Übersetzung mit einem Relativsatz gewählt. Als ein anderes Beispiel für fakultative
Transposition dient der folgende Satz:
27
(31)
Beim
In ihrer Studie evaluierten die o. g.
Autoren nun das „crochetage
pattern“ bei 60 Patienten mit
kryptogenem Schlaganfall, von
denen die Hälfte ein echokardiographisch nachgewiesenes
PFO hatte (S.1394).
Übersetzen
anderer
deutscher
De ovan nämnda författarna
analyserade detta ”crochetagemönster” i en studie som omfattade 60 patienter med kryptogen
cerebral infarkt, av vilka hälften
hade ett PFO som kunde påvisas
med hjälp av ekokardiografi.
erweiterter
Attribute
kann
die
grammatische
Strukturumwandlung als strukturbedingt notwendig betrachtet werden, was durch die in
Kursivschrift gesetzte Nominalphrase im Beispiel (32) veranschaulicht werden kann:
(32)
/.../ dass viele Schlaganfallpatienten bei Aufnahme eine
Troponinerhöhung oder auf Myokardinfarkt verdächtige EKGVeränderungen aufzeigen /.../
(S.1386)
/.../ att patienter med cerebral
infarkt vid inskrivningen uppvisar
förhöjda troponinvärden eller
EKG-förändringar som tyder på
hjärtinfarkt /.../
Das Adjektiv verdächtig, das als Kernwort des obigen erweiterten Attributs dient, entspricht dem
schwedischen Adjektiv misstänkt. Das schwedische Adjektiv kann im Unterschied zum deutschen
nicht mit einer vorangestellten Präpositionalphrase erweitert werden, weshalb eine andere
Konstruktion gewählt werden muss. Das einwortige Adjektivattribut hjärtinfarktmisstänkta
(’myokardinfarktverdächtige’) wäre eine Alternative, aber da dieses als umständlich betrachtet
werden kann, wird statt dessen ein entsprechender Relativsatz gewählt. Eine Art von Modulation
findet ausgehend von Vinay und Darbelnets Beschreibung (zitiert in Kittel et al., 2004:395) bei der
Umwandlung des erweiterten Attributs in einen Relativsatz statt, indem eine Veränderung des
Blickwinkels durch die Wahl des Verbes tyda på (’auf etwas hindeuten’) zustande kommt.
Im Ausgangstext zeichnet sich ein Beispiel für das im Duden 9 – richtiges und gutes
Deutsch (2007:380) beschriebene Gerundiv ab. Wie Andersson et al. (2002:376) feststellen, gibt es
keine entsprechende schwedische Konstruktion dazu. In Übereinstimmung mit Andersson et al.s
Beschreibung wird deswegen eine schwedische Übersetzung mit einem passivischen Relativsatz,
der ein Modalverb enthält, gewählt, wie im nächsten Beispiel gezeigt wird:
28
(33)
Ischämietypische und Repolarisationsveränderungen im EKG wie
flache, hohe T-Wellen oder Umkehrung der T-Wellen, ST-Hebung
oder
-Senkung
sowie
QTVerlängerungen sind in der
Akutphase des Schlaganfall häufig
zu beobachtende Phänomene
(S.1393).
Ischemitypiska EKG-förändringar
och
repolarisationsförändringar,
som flacka, höga eller omvända Tvågor, ST-höjningar eller -sänkningar samt QT-förlängningar, är
fenomen som ofta kan observeras i
den akuta fasen av en cerebral
infarkt.
5.2.4 Umschreibungen mit verbalen Ausdrücken
Unter den 63 Übersetzungen der deutschen erweiteren Attribute sind sieben zu finden, die sich
keiner der übrigen Gruppen von bewahrten erweiterten Attributen, Adjektivattributen oder
Relativsätzen zuordnen lassen. Diese sind Umschreibungen mit verbalen Ausdrücken, die nicht als
Satzattribut funktionieren.
Die Tatsache, dass sieben der ursprünglichen Nominalphrasen mit verbalen Ausdrücken
ersetzt werden, geht darauf zurück, dass Nominalisierungen im Deutschen frequenter sind als im
Schwedischen. Nach Magnusson (1986:29) sind komprimierte Nominalgefüge charakteristisch für
deutsche Sach- und Fachtexte, aber erscheinen nicht mit derselben Frequenz in entsprechenden
schwedischen Textsorten. Deutsche Nominalphrasen müssen beim Übertragen ins Schwedische oft
in verbale Ausdrücke transponiert werden. Ausgehend von Kollers (2004:216) Begriffen kann eine
solche Verhaltensweise als ein Ausdruck eines Versuches, textnormative und konnotative
Äquivalenz zu erzielen, betrachtet werden.
Im folgenden Beispiel wird gezeigt, wie eine deutsche Nominalphrase mit einem erweiterten
Attribut in einen schwedischen verbalen Ausdruck transponiert wird:
(34)
Ein 57-jähriger Patient mit langjährigem arteriellem Hypertonus
und Diabetes mellitus stellt sich
mit beim Aufwachen bemerkter
linksseitiger brachiofazial betonter
Hemiparese links sowie einer
Dysarthrophonie vor.
En 57-årig patient med mångåriga
besvär av hypertoni och diabetes
mellitus vaknar en dag med
vänstersidig brakiofacial hemipares samt dysartrofoni.
Eine wörtliche Übersetzung der in Kursivschrift gesetzten Nominalphrase wäre nicht möglich,
weshalb eine Umschreibung mit einem verbalen Ausdruck in diesem Fall bevorzugt wird. Beim
Übersetzen dieser Nominalphrase findet parallel zur grammatischen Strukturumwandlung auch eine
Modulation (Vinay et Darbelnet, zitiert in Kittel et al., 2004:395) statt. Ein gewisser
29
Blickwinkelwechsel kommt zustande, indem die beiden Partizipien betont und bemerkt nicht
explizit übertragen werden. Die wörtliche Übersetzung des vereinfachten schwedischen Ausdrucks,
in dem die Bedeutung dieser Partizipien statt dessen implizit ausgedrückt wird, lautet: ’wacht eines
Tages mit linksseitiger brachiofazialer Hemiparese auf’. Das oben markierte erweiterte Attribut
enthält seinerseits das erweiterte Attribut brachiofazial betonter, das im schwedischen Text einem
einwortigen Adjektivattribut entspricht. Die Übersetzung dieses untergeordneten erweiterten
Attributs kann folglich der Gruppe von Adjektivattributen zugeordnet werden.
Unten folgen zwei Beispiele für deutsche erweiterte Attribute, die zwar wörtlich übersetzt
werden könnten, aber mit verbalen Ausdrücken umschrieben werden, mit dem Ziel, den
schwedischen Zieltext idiomatischer zu machen.
(35)
Die
Hypothese
der
neurokardiogenen Schädigung geht von
einer
durch
die
Blutung
induzierten Steigerung des Sympathikotonus mit massiv erhöhter
Adrenalinausschüttung als Ursache
für die kardiale Schädigung aus.
Hypotesen om neurokardiogena
skador utgår från att blödningen
leder till ökad sympatikustonus,
vilket resulterar i en kraftigt
förhöjd adrenalinproduktion som i
sin tur ger upphov till de kardiella
skadorna.
(36)
/.../ so dass man von einer neurogen vermittelten kardialen Schädigung ausging (S.1390).
Här drogs därför slutsatsen att den
kardiella skadan var neurogen.
5.2.5 Zusammenfassung der Übersetzung erweiterter Attribute
Zusammenfassend kann in diesem Abschnitt konstatiert werden, dass zwei Fünftel der im deutschen
Text vorkommenden erweiterten Attribute mit entsprechenden schwedischen erweiterten Atttributen
übersetzt werden. Adjektivattribute und Relativsätze sind die gröβten Gruppen der im Zieltext
autretenden Entsprechungen zu den deutschen erweiterten Attributen, aber auch Umschreibungen
mit verbalen Ausdrücken, die nicht als Satzattribut dienen, kommen vor. Beispiele für wörtliche
Übersetzung, Transposition und Modulation sind zu finden. Welche Übersetzungsverfahren gewählt
werden, kommt darauf an, welche schwedischen Konstruktionen zur konnotativen und
textnormativen Äquivalenz beitragen können.
30
6. ZUSAMMENFASSUNG
Das
Ziel
dieses Aufsatzes
Zeitschriftenartikel
war
es,
,,Troponinerhöhung
den
deutschen
medizinischen,
und
EKG-Veränderungen
bei
wissenschaftlichen
Schlaganfall
und
Subarachnoidalblutung“ ins Schwedische zu übersetzen und ihn auf die Übertragung von
medizinischen Termini und Nominalphrasen mit erweiterten Attributen hin zu analysieren. Als
theoretischer Grund der Analyse dienten unter anderen die Übersetzungstheorien von Vinay und
Darbelnet (zitiert in Kittel et al., 2004), Koller (2004) und Ingo (2007).
Beim Übersetzen der medizinischen Termini zeichnete sich ein Bild von drei gröβeren
Gruppen von Wörtern ab. Die im deutschen Text vorkommenden medizinischen Termini wurden
somit nach Ursprung in griechisch-lateinische, deutsche und englische Wörter eingeteilt. Beim
Übersetzten aller Termini war das schwedische medizinische Terminologielexikon Medicinsk
terminologi (Lindskog, 2008) von Nutzen, sowie Wörterbücher und medizinische Paralleltexte.
Etliche Termini, vor allem die griechisch-lateinischen, wurden durch Entlehnung in gleicher oder
ähnlicher Form in den Zieltext übernommen. Viele der aus dem Deutschen stammenden Termini
wurden durch Lehnübersetzung übertragen. Manchmal wurde eine Anpassung an das Schwedische
vorgenommen, mit dem Ziel, konnotative Äquivalenz (Koller, 2004:216) zu erreichen. In anderen
Fällen waren keine entsprechenden Termini vorhanden, weshalb eine definitorische Umschreibung
als nötig betrachtet wurde. Dies galt besonders für die englischen Termini. Zusammenfassend kann
festgestellt werden, dass die Wahl von Zieltextausdrücken darauf basierte, welche Termini im
Schwedischen verbreitet sind. In Übereinstimmung mit Kollers (2004:299–300) Beschreibung von
Übersetzung naturwissenschaftlich-technischer Fachtexte wurde vor allem nach denotativer
Äquivalenz gestrebt. Es wurde also als übergeordnet betrachtet, eindeutige Information zu
vermitteln, obwohl auch pragmatische Faktoren berücksichtigt wurden.
Im deutschen Ausgangstext wurden 63 Nominalphrasen mit erweiterten Attributen
gefunden. Davon wurden 25 mit entsprechenden schwedischen Nominalphrasen mit erweiterten
Attributen übersetzt. Schwedische Adjektivattribute und Relativsätze ersetzten 16 beziehungsweise
15 der deutschen Attribute. Die übrigen deutschen Nominalphrasen mit erweiterten Attributen
entsprachen schwedischen Umschreibungen mit verbalen Ausdrücken, die nicht als Satzattribut
dienten. Beim Übersetzen der erweiterten Attribute wurden die von Vinay und Darbelnet (zitiert in
Kittel et al., 2004:395) entwickelten Übersetzungsverfahren Transposition und Modulation häufig
verwendet. Gewisse Strukturumwandlungen der ursprünglichen Nominalphrasen konnten als
obligatorisch betrachtet werden, während andere fakultativ waren. In mehreren Fällen wurde eine
Umwandlung vorgenommen, mit dem Ziel konnotative und textnormative Äquivalenz zu erreichen.
31
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