Betreuungsrecht_130115

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Betreuungsrecht_130115
Was ist rechtliche Betreuung?
Menschen, die aufgrund einer psychischen Erkrankung bzw. einer geistigen, seelischen oder körperlichen Behinderung in der Wahrnehmung ihrer rechtlichen Angelegenheiten beeinträchtigt sind, können
vom Betreuungsgericht zur Unterstützung der individuellen und selbstbestimmten Lebensgestaltung
ehren- oder hauptamtlich tätige Betreuer zur Seite gestellt werden.
Das seit 1992 novellierte Betreuungsrecht, welches das frühere Vormundschaftsrecht abgelöst hat,
betont dabei ausdrücklich, dass der eingesetzte Betreuer sich nach Wunsch und Wille der betreuten
Person zu richten habe. Es geht es also nicht darum, dem Betreuten Rechte zu nehmen und ihn zu
bevormunden, sondern darum, ihn durch den bestellten Betreuer wieder dazu zu befähigen, seine
gesetzlichen Rechte und Ansprüche wahrnehmen und einfordern zu können. Auch verliert der Betreute nicht automatisch seine Geschäftsfähigkeit, vielmehr ist es so, dass der Betreuer als Stellvertreter
im Rechtsverkehr anzusehen ist. Sowohl Betreuer als auch Betreuter können im Namen des Betreuten rechtlich tätig sein. Ziel der rechtlichen Betreuung ist es dabei, Menschen mit oben genannten
Einschränkungen und daraus resultierenden Hilfebedarf in die Lage zu versetzen, ein eigenständiges
Leben nach ihren Wünschen und Vorstellungen zu führen.
Welche Aufgaben übernehmen rechtliche Betreuer?
Die eingesetzten Betreuer übernehmen dabei lediglich die rechtlichen Aufgabenkreise der Person, in
denen tatsächlicher Hilfebedarf besteht. Neben den Aufgabenkreisen Vermögenssorge, Gesundheitssorge und Aufenthaltsbestimmungen sind auch Wohnungsangelegenheiten, Vertretung des Betroffenen in gerichtlichen Verfahren und Vertretung gegenüber Behörden mögliche Bestellungsgebiete. Nur in Ausnahmefällen, beispielsweise bei Komapatienten, wird eine Betreuung in allen Angelegenheiten verfügt.
Wer kommt als rechtlicher Betreuer infrage?
Als Betreuerinnen und Betreuer kommen generell alle natürlichen Personen in Betracht, welche geeignet sind, die rechtliche Betreuung des Betroffenen in seinem Sinne auszuüben. Neben Angehörigen, Freunden und anderen nahestehenden Personen können das auch ehrenamtlich Tätige ohne
familiären Hintergrund sein. Je nach individueller Sachlage übernehmen auch Mitarbeiter von Betreuungsvereinen, freiberufliche Betreuer sowie Angestellte der Betreuungsbehörden diese Aufgabe
hauptamtlich. Die dargestellte Reihenfolge ist dabei strikt einzuhalten. Angehörige haben bei der Einsetzung gesetzlichen Vorrang vor Ehrenamtlichen, welche der betroffenen Person unbekannt sind.
Erst bei Ausschluss beider Möglichkeiten ist ein Berufsbetreuer zu bestellen. Wenn der Betroffene
selbst einen Vorschlag hinsichtlich der Betreuungsperson macht, ist dem grundsätzlich Folge zu leisten. Nur bei Zweifeln an der verantwortungsbewussten Ausübung kann das Gericht dagegen entscheiden.
Welche Kosten entstehen bei der Betreuung?
Zum einen entstehen Kosten während der Bestellung des Betreuers, also im Gerichtsverfahren. Zu
tragen sind die Gerichtskosten, die Kosten für einen Verfahrenspfleger sowie die Kosten der Gutachter. Zum anderen ergeben sich Kosten in der laufenden Betreuung nach der Bestellung für den eingesetzten Betreuer. Diese richten sich danach, ob es sich um eine ehrenamtliche oder berufliche Aus-
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übung handelt. Ein Ehrenamtlicher erhält eine festgelegte jährliche Aufwandspauschale, während ein
Berufsbetreuer eine gesetzliche Vergütung erhält. Die Kosten trägt der Betreute, bei Mittellosigkeit
übernimmt die Staatskasse die Ausgaben.
Welche Aufgabe hat das Betreuungsgericht?
Das Betreuungsgericht, ansässig bei den zuständigen Amtsgerichten, ist für die Bestellung des
rechtlichen Betreuers verantwortlich. Es wird tätig, nachdem entweder der Betroffene selber einen
Antrag gestellt hat oder durch Hinweise Dritter nach Prüfung des Sachverhaltes ein Antrag von Amtes
wegen eingeleitet wird. Neben der grundsätzlichen Entscheidung, ob eine Betreuung einzurichten ist,
legt es auch die Person des Betreuers und den rechtlichen Aufgabenkreis fest.
Die rechtlichen Voraussetzungen für die Einsetzung prüft der Betreuungsrichter auf Grundlage eines
medizinischen und eines sozialen Gutachtens. Das medizinische Gutachten attestiert dabei die geistige, seelische oder körperliche Behinderung, während der sogenannte Sozialbericht über den tatsächlichen Hilfebedarf der betroffenen Person informiert. Dabei wird das medizinische Gutachten durch
einen Arzt mit psychiatrischen Kenntnissen erstellt. Die örtliche Betreuungsbehörde der jeweiligen
Landkreise ist dafür zuständig, die soziale Situation zu durchleuchten. Nach Ermittlung des Hilfebedarfes schlägt sie dem Richter außerdem den daraus resultierenden Aufgabenkreis vor. Abschließend
empfiehlt sie eine Person, die für die Übernahme der Betreuung in Frage kommt.
Welche Aufgabe hat die Betreuungsbehörde?
Die Betreuungsbehörden sind dabei Ansprechpartner für Betroffene und ihre Angehörigen, wenn es
um die Frage einer rechtlichen Betreuung geht. Sie informieren und beraten sie zusätzlich über Vorsorgevollmachten oder vermitteln Klienten in andere Hilfen wie z. B. Eingliederungshilfe, wenn diese
eine rechtliche Betreuung verhindern kann. Wenn es tatsächlich zu einem Betreuungsverfahren
kommt, erstellen sie die angesprochenen Sachberichte für die Gerichte und sind Ansprechpartner für
die Betreuer, die Hilfe bei der Umsetzung der ihnen übertragenen Aufgabe brauchen.
Welche Aufgabe hat der Betreuungsverein?
Neben den Betreuungsbehörden beraten und unterstützen sogenannte Betreuungsvereine Angehörige und Ehrenamtliche sowie Bevollmächtigte, die bei der Umsetzung ihrer Aufgaben vor Schwierigkeiten stehen. Betreuungsvereine sind ein gemeinnütziger Zusammenschluss aus Vereinsbetreuern,
welche oft unter Trägerschaft eines Wohlfahrtsverbandes geführt werden. Während sie als Berufsbetreuer selber Betreuungen übernehmen, sind sie gesetzlich zu einer Querschnittsarbeit verpflichtet.
Diese umfasst die Gewinnung von ehrenamtlichen Betreuern sowie die Beratung und Unterstützung
von Angehörigen, Ehrenamtlichen und Bevollmächtigten bei der Wahrnehmung der ihnen übertragenen Aufgaben. Betreuungsvereine haben daher eine große Bedeutung im Betreuungswesen, da sie
ihre Erfahrung und ihr Wissen aus der beruflichen Führung von Betreuung bereitstellen und weitergeben, was Angehörige und Ehrenamtliche dazu in die Lage versetzt, mit einem kompetenten Ansprechpartner ihre Aufgabe bestmöglich umzusetzen.
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Was ist eine Vorsorgevollmacht?
Anders als z. B. in Österreich existiert in Deutschland keine gesetzliche Vertretungsmacht für Angehörige einer Person, die vorübergehend oder dauerhaft durch individuelle Vorkommnisse nicht mehr in
der Lage ist, über ihre rechtlichen Angelegenheiten zu entscheiden. Weder Ehegatten noch Eltern
oder Kinder können also in einer teilweise urplötzlich eingetretenen Notsituation, beispielweise durch
einen Autounfall, über das weitere Vorgehen entscheiden. Angenommen es ist darüber zu verfügen,
ob eine Operation eines komatösen Familienmitgliedes durchzuführen ist oder nicht obliegt Ihnen
keine stellvertretende Entscheidung. Das übliche Verfahren in solchen Fällen ist die Eilbestellung eines rechtlichen Betreuers durch das Gericht, welcher dann erst den Angehörigen die Vertretungsmacht übertragen muss.
Die Vorsorgevollmacht dient als Instrument, diesen Vorgang entfallen zu lassen. In einer solchen entscheidet eine Person für sich im Voraus, welcher Vertraute in dem Falle, dass er nicht mehr dazu in
der Lage sein sollte, an seiner statt für ihn rechtliche Entscheidungen trifft. Dabei kann er einer Person
rechtliche Handlungsfähigkeit in allen Bereichen übertragen (sogenannte Generalvollmacht), als auch
einzelne Bereiche auf verschiedene Menschen übertragen. Dabei kann dann einer Entscheidungen
hinsichtlich des Vermögens treffen, während ein anderer über Dinge in Gesundheitsfragen beschließt.
Auch ist es möglich, mehrere Personen in einem oder allen Bereichen einzusetzen, welche dann konsensfähig über das Vorgehen beschließen können.
Die Vorsorgevollmacht ermöglicht es dem Unterzeichner also, vorausschauend eigenständig für sich
festzulegen, wer an seiner statt für ihn entscheidet. Bei Vorliegen einer Vorsorgevollmacht ist keine
Betreuerbestellung notwendig und somit ist der Betroffene auch nicht darauf angewiesen, zu hoffen,
dass das Gericht ohne Kenntnis über seine Präferenzen zufällig die richtige Person zum Betreuer
befähigt. Es ist zu empfehlen, seine Vorsorgevollmacht notariell oder bei der Betreuungsbehörde beglaubigen und über eine Internetdatenbank, das sogenannte Vorsorgeregister registrieren zu lassen.
Im Bedarfsfall ruft das Gericht dort die Information über ein Vorliegen einer solchen Vollmacht ab und
sieht dann von einer Betreuerbestellung ab.
Weiterführende Informationen sowie ein Muster zur Vorsorgevollmacht finden Sie in der Broschüre
des Ministeriums der Justiz Brandenburg Link:
http://www.mdj.brandenburg.de/cms/detail.php/bb1.c.322914.de
Was ist eine Betreuungsverfügung?
Alternativ zur Vorsorgevollmacht gibt es die Möglichkeit, eine Betreuungsverfügung zu unterzeichnen.
Dies bietet sich für Personen an, welche in ihrem Umfeld für sich keine Person kennen, der sie bei
Bedarf eine Vertretungsmacht in ihrem Namen ohne öffentliche Kontrolle übertragen wollen. Vorsorgevollmachten laufen privatrechtlich und unterliegen keiner behördlichen Überwachung. Erst bei offensichtlichem Missbrauch kann der Staat aktiv werden. Eine Betreuungsverfügung beinhaltet den
Vorschlag einer Person, welche auf Wunsch des Betroffenen durch das Gericht für ihn als rechtlichen
Betreuer einzusetzen ist. Damit prüft das Gericht die Befähigung und kann die rechtliche Ausübung
durch gesetzliche Regelungen überwachen.
Weiterführende Informationen sowie ein Muster zur Betreuungsverfügungen finden Sie in der Broschüre des Ministeriums der Justiz Brandenburg Link:
http://www.mdj.brandenburg.de/cms/detail.php/bb1.c.322914.de
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