Ernst Krenek Verzeichnis der Bühnenwerke Catalogue of Dramatic

Transcription

Ernst Krenek Verzeichnis der Bühnenwerke Catalogue of Dramatic
Ernst Krenek
Verzeichnis der
Bühnenwerke
Catalogue of
Dramatic Works
ernst krenek
institut
Ernst Krenek
1900 –1991
Verzeichnis der Bühnenwerke
Catalogue of Dramatic Works
ernst krenek
institut
Impressum
Mitarbeit
Martina Riegler
Für den Inhalt verantwortlich (Hg.)
Ernst Krenek Institut Privatstiftung
Florian Schönwiese, Generalsekretär
Donau-Universität Krems
Dr.-Karl-Dorrek-Straße 30
A-3500 Krems an der Donau
T+ 43-(0)2732-71 570
F+ 43-(0)2732-71 570-20
E [email protected]
www.krenek.com
Übersetzung ins Englische
Erika Doucette
Gladys N. Krenek
Ehrenpräsidentin
Grafik
Richard Ferkl
Ernst Kovacic
Vorstandsvorsitzender
Druck
REMAprint
Ernst Krenek Institut
Privatstiftung © 2013
Wissenschaftliche Betreuung
Lothar Knessl
Zusammenstellung und Redaktion
Marie-Therese Rudolph
Fotos
© Ernst Krenek Institut
Privatstiftung
Vorwort
Preface
10
12
Sechs Bühnenwerke zum Kennenlernen
15
Get to Know these Six Outstanding Dramatic Works
Verzeichnis sämtlicher Bühnenwerke
Complete Index of Dramatic Works
Biografie
Biography
62
65
Literaturverzeichnis
68
53
Titelverzeichnis
Alpbach Quintett (5+1)
op. 180
Ausgerechnet und verspielt
op. 179
The Belltower / Der Glockenturm
Bluff
op. 153
op. 36
Cefalo e Procri
op. 77
Chrysomallos / Der goldene Bock
Dark Waters / Dunkle Wasser
Der Diktator
op. 186
op. 125
op. 49
The Dissembler / Der Versteller
Eight Column Line
op. 229
op. 85
Flaschenpost vom Paradies oder Der englische Ausflug
Das geheime Königreich
Herr Reinecke Fuchs
op. 50
op. 46a
L’Incoronazione di Poppea
Jedermann
op. 176
Jest of Cards
op. 162a
Jonny spielt auf
Karl V.
op. 45
op. 73
Kehraus um St. Stephan
König Oedipus
Leben des Orest
Mammon
op. 80a
op. 66
op. 188
op. 60
op. 37
Marlborough s’en va-t-en guerre
Medea
op. 129
Orpheus und Eurydike
Pallas Athene weint
op. 21
op. 144
op. 52
op. 217
Die Rache des verhöhnten Liebhabers
Sardakai oder Das kommt davon
op. 41
op. 206
Schwergewicht oder Die Ehre der Nation
Ein Sommernachtstraum
op. 46
Der Sprung über den Schatten
Tarquin
op. 55
op. 17
op. 90
They Knew What They Wanted / Die wussten, was sie wollten
Der Triumph der Empfindsamkeit
Der vertauschte Cupido
op. 43
op. 38
What Price Confidence? / Vertrauenssache
Der Zauberspiegel
Die Zwingburg
op. 192
op. 14
op. 111
op. 227
Systematisches Verzeichnis
Opern
Ausgerechnet und verspielt
op. 179
The Belltower / Der Glockenturm
Bluff
op. 153
op. 36
Cefalo e Procri
op. 77
Chrysomallos / Der goldene Bock
Dark Waters / Dunkle Wasser
Der Diktator
op. 186
op. 125
op. 49
Flaschenpost vom Paradies oder Der englische Ausflug
Das geheime Königreich
op. 50
L’Incoronazione di Poppea
Jonny spielt auf
Karl V.
op. 80a
op. 45
op. 73
Kehraus um St. Stephan
Leben des Orest
op. 66
op. 60
Orpheus und Eurydike
Pallas Athene weint
op. 21
op. 144
Sardakai oder Das kommt davon
op. 206
Schwergewicht oder Die Ehre der Nation
Der Sprung über den Schatten
Tarquin
op. 55
op. 17
op. 90
What Price Confidence? / Vertrauenssache
Der Zauberspiegel
Die Zwingburg
op. 192
op. 14
op. 111
op. 217
Ballette
Alpbach Quintett (5+1)
Eight Column Line
Jest of Cards
Mammon
op. 180
op. 85
op. 162a
op. 37
Der vertauschte Cupido
op. 38
Bühnenmusiken, Marionettentheater
Herr Reinecke Fuchs
Jedermann
op. 46a
op. 176
König Oedipus
op. 188
Marlborough s’en va-t-en guerre
op. 52
Die Rache des verhöhnten Liebhabers
Ein Sommernachtstraum
op. 41
op. 46
Der Triumph der Empfindsamkeit
op. 43
Dramatische Szenen
The Dissembler / Der Versteller
Medea
op. 229
op. 129
They Knew What They Wanted / Die wussten, was sie wollten
op. 227
10
Zu Ernst Krenek und seinem Musiktheater
Ernst Krenek (1900 –1991) war nicht nur einer der herausragenden Komponisten des 20. Jahrhunderts: Die Charakteristik der „one-man-history of
the twentieth-century music“ durch Glenn Gould fasst die Tatsache der
Verschiedenheit der Idiome, jedoch artikuliert mit einer durchgehenden
(an Karl Kraus orientierten) Haltung so treffend zusammen, dass sie hier
einmal mehr zitiert sei. Krenek war auch einer der schärfsten Beobachter
und Kenner seiner Umgebung, Geschichte und Kultur, zugleich hoch gebildeter und kritischer Denker, was sich in seiner umfassenden Tätigkeit als
Schriftsteller, Vortragender, Lehrer, Feuilletonist äußerte. Diese Doppelbegabung veranlasste ihn auch, fast sämtliche seiner Operntexte (den Begriff
„Libretto“ lehnte er als für seine Zeit überholt ab) selbst zu verfassen – eine
Tätigkeit, in die auch seine theaterpraktischen Erfahrungen einflossen. So
kann er als „geborener Opernkomponist“ (Gladys Krenek, selbst Komponistin) bezeichnet werden, dessen musikdramatisches Œuvre (von seinen
fast 250 Opera rund ein Zehntel) besondere Beachtung verdient.
Im Rückblick weist es zudem einige „Rekorde“ auf, die auch mit Kreneks Biografie – als geborener (Alt)-Österreicher ab 1938 im politischen
Exil in den USA – zusammenhängen. So hatte sein Jonny spielt auf (UA
1927) den unmittelbarsten und weitreichendsten Erfolg im Musiktheater
des 20. Jahrhunderts, der sogar die Fledermaus vorübergehend von den
Sylvester-Programmierungen der Opernhäuser verdrängte. Sein Karl V.
wurde erst mit einem halben Jahrhundert (!!) Verspätung (1934–1984) an
dem Haus, das den Kompositionsauftrag erteilt hatte, der Wiener Staats­
oper, erstaufgeführt; sein Kehraus um St. Stephan gar erst nach 60 Jahren
uraufgeführt – eine Freude und ein Erfolg, den zu erleben (im „Ronacher“
in Wien) Krenek anlässlich seines 90. Geburtstages noch vergönnt war.
So reich an unterschiedlichen Phasen und Facetten sein Leben verlief,
so vielfältig stellt sich sein Werk und dessen Rezeptionsgeschichte dar.
Hier gab es im Bereich Musiktheater gerade in den letzten Jahren international beachtete Erfolge: Erinnert sei an Orpheus und Eurydike 2010 am
Konzerthaus Berlin sowie vor allem an Karl V. und Kehraus um St. Stephan
bei den Bregenzer Festspielen 2008. Eine Co-Produktion mit der Volksoper
Wien brachte den Kehraus dann auch in das Repertoire dieses Hauses,
einschließlich einer stark nachgefragten Wiederaufnahme.
Der intensivierten Rezeption des Krenekschen Œuvres dienen auch
Ernst Krenek Institut und -Forum (mit Sitz in Krems/NÖ) – neben Archi-
11
vierung und wissenschaftlicher Betreuung des Nachlasses begleitet durch
ent­sprechende Eigenveranstaltungen. Ein Schwerpunkt der Öffentlichkeits­
arbeit wird nun gerade auf das Musiktheater gelegt, wobei die vorliegende
Broschüre einen Informationsschub ermöglichen soll: Sie finden daher anbei eine Übersicht über die Gesamtheit des musikdramatischen Schaffens,
ergänzt durch genauere Angaben zu sechs ausgewählten Werken – aus
verschiedenen Epochen und Genres und zunächst jenseits der genannten
bekanntesten. Solche genaueren Angaben, die gerne in direktem Kontakt
bzw. auf Nachfrage übermittelt werden, liegen über die hier getroffene
Auswahl hinaus vor, sodass sie sämtliche musikdramatischen Werke umfassen. Denn diese sind es wert, stärker ins Bewusstsein der Opernpraxis
und konkret vermehrt auf die Spielpläne gebracht zu werden.
Marion Diederichs-Lafite (Vorstandsmitglied),
für die Ernst Krenek Institut Privatstiftung
Dank an Experten und Beiratsmitglied Lothar Knessl
12
Ernst Krenek and His Music Theater Works
Ernst Krenek (1900 –1991) was one of the most outstanding composers of
the 20th century, which led Glenn Gould to describe him as a “one-man
history of twentieth-century music.” This quote succinctly summarizes the
multitude of idioms so characteristic of Krenek, which were articulated
with such great continuity in attitude (as with Karl Kraus). Krenek was one
of the sharpest and most knowledgeable observers of his surroundings,
history and culture, and, at the same time, a highly educated and critical
thinker, which is clearly visible in his various activities as author, lecturer,
teacher and columnist. This multifaceted talent enabled him to write
nearly all of his opera texts himself (he considered the term libretto to be
obsolete) – which was a field where he could also integrate his practical
experiences of working in the theater. Therefore, he could be described as
a “born opera composer” (Gladys Krenek, herself a composer), making his
œuvre of music-drama (around one-tenth of his nearly 250 operas) deserv­
ing of attention.
In hindsight, Krenek’s œuvre was also record-breaking in many ways,
which has to do with his biography-born in (Old) Austria, living in political
exile in the United States from 1938 on. One such record for twentiethcentury musical theater is the instantaneous and wide-reaching success of
Jonny spielt auf (premiere 1927), which even temporarily ousted Fledermaus from several opera houses’ New Year’s programs. Karl V premiered
at the Vienna State Opera half a century (1934–1984) after it had been
commissioned there, and it took sixty years for Kehraus um St. Stephan to
premiere, a joyous and successful event Krenek himself had the pleasure
of experiencing on his ninetieth birthday (at Ronacher Theater in Vienna).
The multiplicity of phases and facets of his life is also reflected in the
great diversity of his work and its history of reception. In recent years, his
work has been incredibly successful, especially in the realm of musical
theater. Some examples are: Orpheus und Eurydike at Konzerthaus Berlin
in 2010, and Karl V and Kehraus um St. Stephan at the Bregenzer Fest­
spiele in 2008. A coproduction of the Volksoper Vienna put Kehraus
on the list of the Volksoper’s repertoire and, due to its extreme success, is
likely to appear on the program again.
The increased reception of Krenek’s œuvre is also significant for the
Ernst Krenek Institute and Forum (based in Krems/Lower Austria), which
not only work to archive his estate and coordinate scholarly endeavors and
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projects dealing with Krenek’s work and life, but also host events. The
focus of the public relations work is currently on musical theater. This brochure is part of this initiative and provides further information on Krenek’s
work in this field. Included is a general overview of all of Krenek’s operatic
works, in addition to descriptions of six select works, from different periods and genres, many of which are not among his most well-known, some
of which were mentioned above. More comprehensive descriptions of
these works as well as descriptions of the other works mentioned in the
general overview are available upon request. His pieces are well worth
exploring, and this brochure seeks to increase the awareness and appre­
ciation of Krenek’s works both within operatic practice in opera programs.
Marion Diederichs-Lafite (Executive Board Member),
for the Ernst Krenek Institute Private Foundation
Many thanks to the expert and Board Member Lothar Knessl
Abkürzungen
Die Orchesterbesetzung ist in der
Reihenfolge der üblichen Partitur­
notierung in Ziffern angegeben.
SSopran
KSKoloratursopran
AAlt
TTenor
TbuffoTenorbuffo
BarBariton
BBarBassbariton
BBass
BbuffoBassbuffo
CelCelesta
CembCembalo
eGit
elektrische Gitarre
GitGitarre
GlspGlockenspiel
HarmHarmonium
HfeHarfe
KlarKlarinette
MandMandoline
ObOboe
PercPerkussion
PftKlavier
PosPosaune
SaxSaxophon
StrStreicher
TimpPauke
TonbTonband
TrpTrompete
VibVibraphon
VlVioline
VlaViola
VlcVioloncello
XylXylophon
KAKlavierauszug
LMLeihmaterial
Ms.Manuskript
SPStudienpartitur
TBTextbuch
Universal Universal Edition
UAUraufführung
USUrsendung
1 abendfüllend
nicht abendfüllend
r
Sechs Bühnenwerke zum
Kennenlernen
Get to Know these Six
Outstanding Dramatic Works
16 Das geheime Königreich
op. 50
22 Schwergewicht oder Die Ehre der Nation
28 Leben des Orest
op. 60
34 Pallas Athene weint
op. 144
40 Ausgerechnet und verspielt
op. 179
46 Chrysomallos / Der goldene Bock
op. 186
op. 55
16
Das geheime Königreich
Märchenoper in einem Akt
op. 50 (1926/27)
Wiener Festwochen, Schwetzinger Festspiele, Staatstheater Stuttgart, 1990)
Text
Ernst Krenek
Aufzeichnungen
2004, Capriccio 60107: Ernst Krenek,
The 3 Opera Set. Der Diktator, das
geheime Königreich, Schwergewicht
oder die Ehre der Nation; D Marek
Janowski, Deutsches Symphonieorchester Berlin; Königin: Claudia Barainsky,
König: Michael Kraus, Narr: Urban
Malmberg, Der Rebell: Pär Lindskog u.a.
Verlag / Rechte
Universal Edition
LM / KA UE 9476 / TB UE 9477 /
TB UE 9535 (mit op. 49 und op. 55)
Dauer
55 Minuten
Uraufführung
6. Mai 1928
Hessisches Staatstheater Wiesbaden,
zusammen mit Der Diktator op. 49
und Schwergewicht oder Die Ehre
der Nation op. 55
D Joseph Rosenstock
R G.T. Buchholz
Aufführungen
Semperoper Dresden, Semper 2 (2012),
Festival della Valle d’Itria Martina Franca
und Theater Lübeck (Gemein­schafts­
produktion 2011, 2012), Staatstheater
Kassel (2009), Hochschule für Musik und
Theater Hamburg (2004), Theater Erfurt,
Studio (kammer­musika­lische Fassung
von Rainer Schottstädt, 2003), Kölner
Oper, Kinderoper in der Yakulthalle
(Fassung von Elke Heidenreich / Rainer
Schottstädt, 2002), Jugendstiltheater
Wien (Ernst-Krenek-Tage, 1999), Messepalast Wien, Halle B (Ko­produktion
Besetzung
König (Bar)
Königin (KS)
Narr (Bar)
Rebell (T)
drei Damen (S, MS, A)
2 Revolutionäre (TB, BB)
Wächter (T)
Chor – Ballett – 2.2.2.2 -1.1.1.0 –
Timp, Perc – Str – auf der Bühne:
Perc, Banjo oder Mandoline
Auch in einer Fassung für Kammer­
orchester von Rainer Schottstädt (2002),
UE 32873, SP UE 32608
Themenkreise
Ruhm / Macht / Erfolg
Rückzug in die Natur
auch als Kinderoper geeignet
Themes
Fame / Power / Success
Back to nature
also an opera for children
Das geheime Königreich
Entstehung Krenek komponierte in den Jahren 1926/27 drei Opern­ein­
akter, die oftmals kombiniert werden: Der Diktator op. 49, Das geheime
Königreich op. 50 und Das Schwergewicht oder Die Ehre der Nation op.
55.
Zeit und Ort der Handlung
Märchenland
Inhalt Das rebellierende Volk will den König stürzen. Dieser ist ohnedies
amtsmüde. Er sucht Rat bei seinem Narren, der ihm ein Rätsel stellt. Die
Lösung ist allerdings nicht wie vermutet die Krone, des Königs Kraftquelle.
Also überlässt er sie dem Narren. – Die Königin, entflammt für einen Rebellen, verachtet den König. Es gelingt ihr, die Krone dem Narren abspenstig
zu machen, die nun der Rebell für sich reklamiert. Das Volk stürmt das
Schloss, Narr, Königin und König, dieser in der Narrenkleidung, fliehen.
Der Rebell plant, die geflüchtete Königin zu töten, um sich der Krone
zu bemächtigen. Es gelingt ihr zwar letztlich, ihn zu verführen, sie aber
wird in einen Baum verwandelt. – Der verzweifelt umherirrende König,
noch in Narrenkleidung, und der Narr treffen auf zwei Revolutionäre, die
den König zu töten beabsichtigen. Er gibt sich ihnen zu erkennen, aber
man glaubt ihm nicht. Um sich für sein Volk zu opfern, will er sich an
einem Baum erhängen. Wunderbarer Weise spricht aus diesem Baum die
Stimme der Königin. Sie bereut ihre Tat und offenbart dem König die ihm
bislang verborgene Schönheit seines Reiches. Damit ist das vom Narren
gestellte Rätsel gelöst: die (innere) Natur, gespiegelt im Auge eines Tieres.
– Der Narr verabschiedet sich vom Publikum: man habe ein kleines Märchenspiel geboten, ein wenig zum Nachdenken.
Musik Kompositorisch differenzierter [als Der Diktator] wirkt Das geheime Königreich, eher kammermusikalisch instrumentiert, mit einigen
impressionistischen Andeutungen durchzogen. Die Musik, fallweise romantisch kadenzierend, erreicht an dramatischen Höhepunkten oft auch
wieder eindeutig definierbare Tonarten. Das Personal ähnelt – vermutlich
Ironie – einer Readers-digest-Version der Zauberflöte (König: gut, hier
aber schwach; Königin: Koloraturen singend, böse; drei Damen: ambivalent; Narr: gleicht Papageno), emulgiert mit Daphne (unter vertauschten
Vorzeichen) und zwei von Verdi übernommene Figuren Shakespeares (Bardolph, Pistol; sogar die Stimmlagen stimmen überein). […] Will man […]
eingeflossene ironische Elemente aufspüren, deklarieren sie sich vor allem
17
18
Das geheime Königreich
in den auf Äußerlichkeit zielenden Koloraturen der Königin, weiters in der
tango-ähnlichen Tanzszene, im (pseudoprimitiven) Trinklied und einigen
anderen spielerisch gefärbten Episoden. Aus: Lothar Knessl, Im Sog des
„Jonny“-Erfolgs. Drei Krenek-Einakter im Messepalast
Das geheime Königreich
Background
In 1926/27, Krenek composed three one-act operas,
which are often combined: Der Diktator (The Dictator) op. 49, Das geheime
Königreich (The Secret Kingdom) op. 50, and Schwergewicht oder Die
Ehre der Nation (Heavyweight or The Nation’s Honor) op. 55.
Setting
Fairytale land
Content The people are rebelling and want to overthrow the king. He
has also grown weary of being king. He seeks advice from his jester, who
in turn presents him with a riddle. The answer to the riddle – the source of
the king’s power – however, is not, as expected, his crown. The king thus
leaves his crown with the jester.
The queen is in love with a rebel and filled with disdain for the king.
The queen lures the jester into giving her the crown, which the rebel then
claims for himself. The masses storm the castle, and the jester, the queen
and the king – wearing the jester’s clothes – take to flight. The rebel conspires to kill the queen in order to gain possession of the crown. Though
she is ultimately able to escape her death by seducing the rebel, she is
turned into a tree. – Wandering aimlessly, the jester and the desperate
king, who is still wearing the jester’s clothes, encounter two revolution­
aries who have set out to kill the king. He makes himself known to them,
but they refuse to believe him. He decides to give his life for his people by
hanging himself from a tree in the woods. The tree magically speaks to
him in the queen’s voice. She regrets what she has done, and then reveals
to him the secret beauty of his kingdom, which was unknown to him until
then. This is the answer to the jester’s riddle: the (inner) nature, reflected
in the eye of an animal. – The jester bids the audience farewell: it was but
a tiny fairy tale, something to think about.
Music In terms of composition, Das geheime Königreich seems more
sophisticated [than Der Diktator], with more of a chamber music instrumentation, interspersed with hints of impressionism. Despite its occa­sion­
ally romantic cadential patterns, the music also repeatedly attains clearly
distinguishable keys during dramatic peaks. The cast resembles – most
likely ironically – a Reader’s Digest version of the Magic Flute (with a king
who is good, but weak; an evil queen who sings coloratura; three ladies
who are ambivalent; a jester who is reminiscent of Papageno), infused
with Daphne (under a false pretense), and two of Verdi’s Shakespearian
19
20
Das geheime Königreich
figures (Bardolph, Pistol; even the tone ranges are the same). […] Those
looking for ironic elements woven into the piece can especially find them
in the queen’s coloratura, which is geared toward underscoring her outward appearance, as well as in the tango-like dance scene, in the (pseudo-primitive) drinking song and in some of the playful episodes. Lothar
Knessl, Im Sog des „Jonny“-Erfolgs. Drei Krenek-Einakter im Messepalast
Das geheime Königreich
Im Spiegel der Presse
Resümee Die Oper ist vor allem für
kleine Bühnen prädestiniert, spricht
durch die abwechslungsreiche Musik ein
breites Publikum an, eine ironisierende
Inszenierung scheint dem Werk mehr zu
entsprechen als eine nur märchenhafte.
Rezensionen zur Aufführung
an der Semperoper Dresden
Süddeutsche Zeitung
23.10.2012, Helmut Mauró
Die Erkenntnis, dass es keinen guten
König geben kann, ist der gleicher­
maßen verborgene und doch immer
wieder durchschimmernde Kern dieser
Märchenoper.
Deutsche Bühne (Online)
23.10.2012, Barbara Eckle
An der stimmlich so markanten
Stereotypisierung erkennt man an dieser
Oper im Miniformat – perfekt für die
kleine Nebenbühne der Semperoper –,
dass Humor und Ernst sich in Kreneks
Das geheime Königreich die Waage
halten sollten.
Rezensionen zur Aufführung
am Theater Lübeck
Die Welt
5.3.2012, Lutz Lesle
Tatsächlich bestechen ihre musikalischen Eloquenz und ihr szenisch bedingter Einsatz unterschiedlicher Idiome,
changierend zwischen närrischem Tango
und spitzen Koloraturen, ödem Marschrhythmus und traumseliger Melodik,
Stimmengetümmel und kammermusika­
lischen Momenten.
Deutschlandradio Kultur
2.3.2012, Bernhard Doppler
Ein intellektuelles und musikalisches
Feuerwerk! Ambitionierte Musik der
20er Jahre und dennoch äußerst pub­
likumswirksam.
Frankfurter Allgemeine Zeitung
30./31.10.2004, Ulrich Schreiber,
CD-Rezension
Krenek bleibt auch in diesem Stück
ein vor dem selbst erfundenen Stoff
distanzierter Komponist […] So grun­­
diert ein Tango leicht verfremdend die
Szene, wenn drei Damen der Königin
dem Narren die Krone abzulisten
ver­suchen. Ein Choral färbt, wie in
Mussorgskys Boris Godunow, den
Auftritt der Revolutionäre. […] Scherz,
Satire und Ironie sind hier einer Musik
eingelagert, die nie vor ihrer tieferen
Bedeutung ins Schwitzen gerät.
Weiterführende Literatur
Elke Heidenreich und Christian Schuller,
Das geheime Königreich. Oper für
Kinder, Kiepenheuer&Witsch, Köln 2007
Lothar Knessl, Im Sog des „Jonny“Erfolgs. Drei Krenek-Einakter im
Messepalast, in: Österreichische
Musikzeitschrift, 45:5 (Mai 1990),
S. 234–236
Wolfgang Ruf, Kreneks drei Einakter
von 1928, in: Kolleritsch Otto (Hg.),
Ernst Krenek, Studien zur Wertungs­
forschung, Bd. 15., Universal Edition,
Wien 1982, S. 133–143
Ernst Krenek, Meine drei Einakter,
in: Anbruch, 10:5 (1928), S. 158–161
21
22
Schwergewicht oder
Die Ehre der Nation
Burleske Operette in einem Akt
op. 55 (1927)
Text
Ernst Krenek
Verlag / Rechte
Universal Edition
LM, TB UE 9475, TB UE 9535 (mit op. 49
und op. 50)
Dauer
25 Minuten
Uraufführung
6. Mai 1928
Staatstheater Wiesbaden
zusammen mit Der Diktator und
Das geheime Königreich
D Joseph Rosenstock
R G.T. Buchholz
Aufführungen
Theater Ulm (2009), Juillard School of
Music, New York (2008), Wilhelma
Theater, Stuttgart (2007), Forum der
Hochschule für Musik u. Theater,
Hamburg (2004), Cambridge UK (2002),
Bühnen der Stadt Köln / Yakult-Halle
(1999), Landestheater Linz (1993), Wien,
Messepalast, Halle B und Staatstheater
Stuttgart (Gemeinschaftsproduktion
Wiener Festwochen, Schwetzinger Festspiele, Staatstheater Stuttgart, 1990)
Aufzeichnungen
2004, Capriccio 60107: Ernst Krenek,
The 3 Opera Set. Der Diktator, das
geheime Königreich, Schwergewicht
oder die Ehre der Nation; D Marek
Janowski, Deutsches Symphonie­orches­
ter Berlin; Adam Ochsenschwanz:
Roland Bracht, Evelyne: Celina Lindsley,
Gaston: Robert Wörle, Anna: Bogna
Bartosz, Journalist: Daniel Kirch,
Regierungsrat: Markus Sandmann
Besetzung
Adam Ochsenschwanz,
Meisterboxer (Bbuffo)
Evelyne, seine Frau (S)
Gaston, ein Tanzmeister (T)
Professor Himmelhuber (Bar)
Anna Maria Himmelhuber,
seine Tochter (MS)
Ein Journalist (T)
Ein Regierungsrat (T)
Ottokar, Diener bei Ochsenschwanz
(stumme Rolle)
Ein Stubenmädchen (Statistin)
2.2.2.2 – 0.2.2.0 – Timp, Perc – Pft – Str
Themenkreise
Macht / Eros
Sportler-Klischee
Gesellschaftstänze der 1920er Jahre
Themes
Power / Eros
Athlete clichés
1920s ballroom dance
Schwergewicht oder Die Ehre der Nation
Entstehung Die Komposition ist als Kreneks Reaktion auf Äußerungen
des deutschen Botschafters in den USA zu sehen: Dieser meinte bei einem
Besuch des deutschen Schwergewichtsboxers Max Schmeling, dass Spitzensportler mehr für den guten Ruf Deutschlands getan hätten als sämtliche Künstler und Gelehrte.
Krenek komponierte in den Jahren 1926/27 drei Operneinakter, die
oftmals kombiniert werden: Der Diktator op. 49, Das geheime Königreich
op. 50 und Das Schwergewicht oder Die Ehre der Nation op. 55.
Zeit und Ort der Handlung
meisters
Gegenwart, im Trainingsraum des Box-
Inhalt Ochsenschwanz ist pikiert, seine Frau und den „ekelhaften Kerl“
Gaston wieder beim Training für den Weltrekord im Dauertanzen anzutreffen. Sein Misstrauen ist berechtigt, denn Evelyne betrachtet die „blöde
Hopserei“ nur als Gelegenheit, mit Gaston zusammen zu sein. Als er die
beiden schließlich bei einem heimlichen Kuss ertappt, verliert er die Beherrschung und demoliert den Frühstückstisch und seinen Trainingsapparat. Gaston rettet sich unbemerkt in ein Nebenzimmer, während Evelyne
von ihrem Mann in ein anderes Zimmer gesperrt wird. Danach überstürzen
sich die Ereignisse: Die blaustrümpfige Medizinstudentin Anna Maria Himmelhuber schleicht sich herein, um ein Autogramm des „Meisters“ zu erhaschen, versteckt sich unter einem Tisch, wird entdeckt und von Gaston
in eine Trainingspuppe verwandelt. Inzwischen ist Professor Himmelhuber,
ihr Vater, eingetroffen, um Ochsenschwanz das Ehrendoktorat zu überbringen. Der Boxer will dem Professor an der vermeintlichen Puppe sein
Können demonstrieren und schlägt diese k.o. Himmelhuber entdeckt seine
Tochter; Ochsenschwanz wird der Schändung einer Minderjährigen und
des Ehebruchs bezichtigt. Um sich abzureagieren, setzt sich der genarrte
Kraftprotz auf seinen Trainingsapparat, den Gaston, bevor er mit Evelyne
in die Freiheit verschwindet, unter Strom setzt, so dass der Boxer unaufhörlich an der laufenden Maschine arbeiten muss. Auch der Regierungsrat, der Ochsenschwanz die Einladung zur Olympiade überbringt, stellt die
Maschine nicht ab, damit der „Ehre der Nation“ keine Trainingsminute
verloren gehe.
Musik
Musik wie Handlung folgen dem Grundsatz größter dramaturgischer Eingängigkeit. Griffige Tanzrhythmen, vor allem aus dem Bereich
23
24
Schwergewicht oder Die Ehre der Nation
des modernen Gesellschaftstanzes wie Blues, Valse, Tango Milonga und
Foxtrott bestimmen ab der Ouvertüre das Tempo und stellen zugleich das
vorrangige musikalische Gliederungsmittel dar. Die Schlageratmosphäre
des Jonny lebt wieder auf. […] Melodie und Harmonik verzichten auf jegliches opernhafte Espressivo. Die Dialoge werden nirgends in Klangseligkeit
getaucht und bleiben akustisch stets klar vernehmbar. […] Krenek hat hier
eine Gebrauchsmusik geschrieben, die sich umstandslos in den Dienst einfachster Bühneneffekte stellt und nicht mehr sein will als die eingängige
und angenehme Einkleidung eines bei aller Hintergründigkeit doch recht
vergnüglichen Theaterspaßes. Aus: Wolfgang Ruf, Kreneks drei Einakter
von 1928
Schwergewicht oder Die Ehre der Nation
Background The composition must be seen in context as Krenek’s reaction to remarks made by the German ambassador to the United States.
While visiting with the heavyweight German boxing champion Max
Schmeling, he was quoted as having said that Germany’s top-ranking
athletes had done more for Germany’s good reputation than all of its
artists and intellectuals.
In 1926/27, Krenek composed three one-act operas, which are often
combined: Der Diktator (The Dictator) op. 49, Das geheime Königreich
(The Secret Kingdom) op. 50 and Schwergewicht oder Die Ehre der Nation
(Heavyweight or The Nation’s Honor) op. 55.
Setting
Present day, at the boxing champion’s training studio
Content Ochsenschwanz is annoyed, having found his wife and the “revolting guy” Gaston once again training for the world record in marathon
dancing. He is suspicious with good cause, because Evelyn is indeed only
using this “silly hopping around” as an opportunity to spend time with
Gaston. When he finally catches them stealing a kiss, he loses his temper,
and destroys the breakfast table and his training equipment. Gaston man­
ages to slip away unnoticed and hide in the next room, while Evelyn’s
husband locks her in yet another room. Afterwards, a rush of events takes
place: the bluestocking medicine student Anna Maria Himmelhuber tiptoes in, in hopes of getting the “champion’s” autograph and hides under a
table, where she is discovered by Gaston and turned into a boxing dummy.
In the meantime, her father, Professor Himmelhuber, has arrived to
present Ochsenschwanz with an honorary doctorate. The boxer uses the
would-be dummy to demonstrate his skills and knocks it out. In that moment, the Professor discovers his daughter; Ochsenschwanz is charged
with assault of a minor and adultery. To let off some steam, the enraged
muscleman gets on his training machine, which Gaston – before he es­
capes with Evelyn – has attached to a live electrical wire, so that the boxer
has to continue training, since the machine cannot stop. Even the member
of the Olympic council, who arrives to give Ochsenschwanz his invitation
to participate in the Olympics, does not turn off the machine, so that the
“nation’s honor” doesn‘t lose a minute of training.
Music
Both the plot and the music are dramaturgically cohesive and
convincing. From the overture onwards, catchy dance rhythms, especially
25
26
Schwergewicht oder Die Ehre der Nation
modern ballroom dancing music like blues, valse, tango milonga and fox­
trot, determine the tempo and define the structure of the music. Here,
we find a revival of the popular music vibe from Jonny. […] The melody
and harmony can also do without any form of operatic espressivo. The
sounds are adeptly placed, so as not to drown out the dialogues, which
remain fully audible through and through. […] Krenek’s music underscores
the political event, which serves simple stage effects without much ado,
without the ambition of being more than the plausible and pleasurable attire of a, despite all its profundity, quite enjoyable and entertaining theater
experience. Wolfgang Ruf, Kreneks drei Einakter von 1928
Schwergewicht oder Die Ehre der Nation
Im Spiegel der Presse
Resümee Schwergewicht oder Die
Ehre der Nation stellt in aller Kürze eine
Tour de Force durch zahlreiche – nach
wie vor aktuelle – Themen dar.
Rezensionen zur Capriccio-CD
Frankfurter Allgemeine Zeitung
30./31.10.2004, Ulrich Schreiber
Walzer, Tango, Blues und Pasodoble
(Valencia) durchziehen die Partitur, in
der auch noch eine blaustrümpfige und
zugleich sexuell auf den Boxer fixierte
Doktorandin ihr Fett abbekommt. Der
ironische, aber nie die Süffigkeit von
Kurt Weills Sentiment anstrebende Populismus dieser Kurz-Oper, als burleskes
Pendant zur Tragödie Der Diktator
entworfen, wird von Janowski und
seinen Mitstreitern tadellos getroffen.
Klassik heute
29.11.2004, Rasmus van Rijn
So erklärt sich das zwischen Strauß
und Strauss angesiedelte Idiom, zu
dem sich der Schwergewichtler Adam
Ochsenschwanz abstrampelt, aus der
absurden Komik der Situation, die selbst
einem Karl Valentin zur Ehre gereichte.
MAS – Musik an sich
Kritik 11/2004, Georg Henkel
Der leichte Ton der schnittigen Musik,
die an Zeichentrick und Hollywoodkomödie denken lässt, macht auch heute
noch auf den ersten Ton Spaß. Wie der
junge Komponist da, so ganz nebenbei,
Fitnesswahn, Ehekrach, Boulevard­
journalismus, Spießertum und Sex mit
Unmündigen zum Thema macht, hat
nichts an Aktualität verloren.
Neue Musikzeitung
August / September 1990, Stephan
Hoffmann über die Aufführungen in
Wien und Schwetzingen
[…] sein satirischer Opern-Einakter ist
die hohnlachende Verächtlichmachung
von geistloser Kraftmeierei […] Hier
sitzt jeder Ton, die durchaus beabsichtigte musikalische Überzeichnung sorgt
für die Prägnanz und Eindeutigkeit –
eine höchst quirlige und witzige halbe
Stunde Opernvergnügen.
Weiterführende Literatur
Lothar Knessl, Im Sog des „Jonny“Erfolgs. Drei Krenek-Einakter im
Messepalast, in: Österreichische
Musikzeitschrift, 45:5 (Mai 1990),
S. 234–236
Wolfgang Ruf, Kreneks drei Einakter
von 1928, in: Kolleritsch Otto (Hg.),
Ernst Krenek, Studien zur Wertungs­
forschung, Bd. 15., Universal Edition,
Wien 1982, S. 133–143
Ernst Krenek, Meine drei Einakter, in:
Anbruch, 10:5 (1928), S. 158–161
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Leben des Orest
Große Oper in fünf Akten (acht Bildern)
op. 60 (1928/29)
Text
Ernst Krenek
Verlag / Rechte
Universal Edition
LM / KA UE 9798 / TB UE 9799
Dauer
ca. 120 Minuten
Uraufführung
19. Jänner 1930
Neues Theater Leipzig
D Gustav Brecher
R Walther Brügmann
B Oskar Strnad
Aufführungen
Portland Opera (1975), Landestheater
Darmstadt (1961), Hessisches Staatstheater Wiesbaden (1961), Städtische
Bühnen Dortmund (1954), Vereinigte
Bühnen Graz (ÖEA, 1952), Frankfurter
Opernhaus (1951)
Aufzeichnungen
1975, Mitschnitt Portland Opera (unveröffentlicht): D Stefan Minde; Anastasia:
Alyce Rogers, Agamemnon: Glade
Peterson, Aegisth: Kenneth Riegel,
Klytämnestra: Sylvie Anderson, Iphi­
genie: Barrie Smith, Elektra: Anita Saltra,
Orest: Victor Braun u.a.
Besetzung
Agamemnon (T)
Klytämnestra (A)
Elektra* (S)
Iphigenie* (MS)
Orest* (Bar)
Aegisth, Verwandter Agamemnons (T)
Anastasia, Amme der königlichen
Kinder (A)
Aristobulos, Oberrichter des
Bundesgerichtes zu Athen (Bar)
Ein Ausrufer (Bar)
Ein Hirt (Bar)
Thoas, König im Nordland (Bar)
Thamar, seine Tochter (S)
Zwei Straßenmädchen (2 MS)
Drei Älteste des Volkes (3 Bar)
Ein Hinkender (stumme Rolle)
Kleines Mädchen (stumme Rolle)
Vier Straßensänger (2 T, 2 Bar)
Ein Diener Aegisths (T)
Volk, Krieger Agamemnons,
Bewaffnete, Publikum in Athen,
Richter, Artisten, Tänzer (Chor)
* Klytämnestras Kinder
Chor – 2.3.3.2. – 2.3.2.1 – Timp, Perc –
Harm, Banjo, Pft – Str
Themenkreise
Freiheit / Schicksal
Heimat / Fremde
Täter / Opfer
Themes
Freedom / Fate
Homeland / Foreign lands
Perpetrator / Victim
Leben des Orest
Entstehung In seiner Autobiografie verweist Krenek auf einige ihn damals anregende Werke von Strawinsky, Milhaud und Cocteau. Die Oper
anreichernde Jazz-Elemente sollten dem klassischen Stoff eine andere Zeitschicht öffnen. – Als Motto schrieb Krenek in die Partitur: „Land im Süden!
Land der Sonne! / Zu dir geht meine Sehnsucht, / von dir will ich jetzt
singen, / wie meine Sehnsucht mich heißt.“
Zeit und Ort der Handlung
nach dem Trojanischen Krieg
Griechenland und „Nordland“, vor und
Inhalt Agamemnon will Griechenland zur Gänze beherrschen, das Volk
aber verweigert ihm die weitere Unterstützung. Um für dessen Eroberungspläne das Wohlwollen der Götter zu gewinnen, fordert Aegisth die
Opferung von Agamemnons Sohn Orest. Um dies zu verhindern, lässt
Klytämnestra Orest nach Phokis bringen. Daraufhin beschließt Agamemnon, seine Tochter Iphigenie opfern zu lassen. Durch ein Wunder wird sie
von den Göttern gerettet.
Thoas, König im „Nordland“, sucht mittels eines astrologischen Gerätes ein verheißungsvolles Land im Süden und entdeckt dabei die gerettete
Iphigenie auf einem Mondstrahl. Seine Tochter Thamar warnt ihn visionär,
nach Welterkenntnis streben zu wollen.
Wir finden Orest und seine Amme Anastasia vergnügt im Athener
Jahrmarkttrubel. Er wird zornig, weil reisendes Volk den Krieg verspottet,
zerstört mit einer weißen Kugel eine Schießbude und wird von Artisten
verschleppt. Anastasia bemächtigt sich dieser Kugel, schenkt sie der Statue
der Pallas Athene und bittet die Göttin, Orest zu beschützen.
Agamemnon hat gelernt, dass der Krieg Opfer fordert, was ihn zur
Heimkehr bewegt. Inzwischen hat Aegisth die Gunst des Volkes gewonnen und eine Intrige gegen Agamemnon angezettelt. Elektra warnt ihn
und überreicht ihm unwissend einen von Aegisth vergifteten Trunk. Obwohl Agamemnon die Situation durchschaut, trinkt er und stirbt. Nun beschuldigt Aegisth Elektra am Tod Agamemnons und lässt sie festnehmen.
Immer noch wandert Orest durch Griechenland. Der Gesang eines Hirten bewegt ihn, endlich heimzukehren. Die eingekerkerte Elektra informiert ihn, zur Totenfeier seines Vaters gekommen zu sein. Er rächt sich,
indem er Aegisth und seine Mutter Klytämnestra tötet.
Thoas liebt Iphigenie, sie aber sehnt sich nach Griechenland. Der von
den Furien getriebene Orest landet in „Nordland“. Thamar nimmt den Ver-
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Leben des Orest
zweifelten auf. Er findet dort seine Schwester Iphigenie. Alle vier beschließen, nach Griechenland zu reisen.
Orest stellt sich dem Gericht, um vom Fluch des Muttermordes befreit
zu werden. Die Richter übertragen die Entscheidung drei weißen und drei
schwarzen Kugeln. Ein Kind, das die nun blinde Anastasia begleitet, findet
zufällig die einst der Athene geopferte weiße Kugel und wirft sie spielend
in die Schale der Entscheidung. Ein Schicksalszeichen: der oberste Richter
spricht Orest frei.
Musik
Anders als in der griechischen Tragödie, über der ein göttlich
verhängtes, zwiespältiges Schicksalsgesetz lastet, begründet Krenek die
individuelle Tragik des Geschehens durch die sozialpsychologisch und politisch interpretierte Heimatlosigkeit des Orest. Dem entsprechend bewegt
sich Krenek sehr frei in der Disposition des antiken Stoffes. In den satirischen Volksszenen orientiert er sich am Wiener sozialkritischen Volksstück
(Johann Nepomuk Nestroy), mit dem er sich wiederholt auseinandersetzte.
Wie in Jonny spielt auf verwendete Krenek ein weitgehend tonal bezogenes Idiom, mit volkstümlichen Elementen aus der Wiener Vorstadtmusik
und jazzartigen Passagen, die er parodistisch einsetzt (z. B. in der Jahrmarktszene). Insgesamt ist das Werk als Versuch zu werten, die große
Oper des 19. Jahrhunderts zu revitalisieren: mittels heroischer Attitüde,
virtuosen Koloraturen, geballter Chromatik, die wiederholt in die Tonalitätsfreiheit ausschert. Diese Fülle heterogener Materialien und Techniken
bedingt einen Verzicht auf Geschlossenheit zugunsten einer Tonsprache,
die laut Krenek der Charakteristik der Situation folgt und den Spielcharakter dramatischer Vorgänge hervorheben soll. Aus: Barbara Zuber, Leben
des Orest
Leben des Orest
Background In his autobiography, Krenek names several pieces by
Stravinsky, Milhaud and Cocteau that had been inspiring to him. By infusing opera with jazz elements, he attempted to bring the classics into
a new era. A motto included in Krenek’s score is: “Here the spirit of the
south reigns … There is grace that begins to spread its wings of gladness
over our lives.”
Setting
Greece and “Northland,” before and after the Trojan War.
Content
Agamemnon seeks to control all of Greece, but the people
are refusing to support him any longer. To find favor with the gods and
win their approval for his plans of conquest, Aegisthus orders Agamemnon to sacrifice his son Orestes. In an attempt to save her son, his mother
Clytemnestra has Orestes taken to Phocis. Thereupon, Agamemnon de­
cides to sacrifice his daughter Iphigenia. By a miracle, she is saved by the
gods.
While peering through a telescope in search of a promised land in the
south, Thoas, King of “Northland” discovers Iphigenia sitting on a moonbeam. His daughter Thamar has a vision and warns him that seeking universal knowledge will bring him harm.
We find Orestes and his foster mother Anastasia enjoying a fair in
Athens. Enraged by traveling people ridiculing the war, he destroys a
shooting gallery with a white marble, and is then carried off by circus
entertainers. Anastasia picks up the marble, takes it to the statue of Pallas
Athena as an offering and asks the goddess to protect Orestes.
Agamemnon has learned that war brings casualties, which moves him
to return home. In the meantime, Aegisthus has become popular with
the people and has devised a plot to overthrow Agamemnon. Upon his
return, Electra warns him of the plot and hands him a drink, which – unbeknownst to her – has been poisoned by Aegisthus. Though Agamemnon
clearly sees what is happening, he takes the drink and dies. Aegisthus then
accuses Electra of poisoning Agamemnon and has her arrested.
Orestes is still wandering around Greece, far from home. Hearing the
song of a shepherd, he decides to finally return home. The incarcerated
Electra informs him that he has arrived in time for his father’s funeral. He
takes revenge by killing Aegisthus and his mother Clytemnestra.
Thoas is in love with Iphigenia, but she is homesick for Greece. Driven by the furies, Orestes arrives in “Northland.” Thamar takes in the
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32
Leben des Orest
des­perate man. There he discovers his sister Iphigenia. The four of them
decide to travel to Greece.
Orestes turns himself in so that he can be free from the curse of matricide. The judges’ ruling is made on the basis of a bowl with three white
marbles and three black marbles. A child accompanying Anastasia, who is
now blind, discovers the white marble that was once presented to Athena
as a sacrifice and playfully throws it into the bowl. A twist of fate: the high
court declares Orestes not guilty.
Music
Unlike the Greek tragedy, in which the gods hold the fate of
Orestes in their hands, Krenek bases the personal tragedy of the events
on a social-psychological and political interpretation of Orestes’s homelessness. In this manner, Krenek is quite free in his disposition to the
Ancient Greek material. The satirical scenes where the people criticize the
politics of the day are a nod to the popular Viennese socio-critical theater
format known as the “Volksstück” (a well-known representative of which
is Johann Nepomuk Nestroy), which Krenek worked with on many occa­
sions. As in Jonny spielt auf, the idioms Krenek employs are largely tonal,
borowing elements from popular folk music from the outskirts of Vienna
and jazz-like passages, which he uses to underscore parody (such as in the
scene at the fair). All in all, this work can be seen as an attempt to revive
19th century Grand Opera: the use of heroic gestures, virtuous coloratura,
abundant chromatics that repeatedly take a turn and go into free tonality.
This plethora of heterogeneous materials and techniques means giving up
coherence in favor of a tonal language that, according to Krenek, is capa­
ble of grasping the characteristic elements of the situation and empha­
sizing the playfulness of the dramaturgical developments. Barbara Zuber,
Leben des Orest
Leben des Orest
Im Spiegel der Presse
Weiterführende Literatur
Resümee Leben des Orest ist keine
klassische Version des antiken Mythos,
sondern vielmehr eine Geschichte des
Lebens des Orest, die mit ihren psychologisierenden Aspekten viel Spielraum
für die Inszenierung gibt.
Nils Grosch, Zeitoper, Stilpluralismus
und Episches Theater in Ernst Kreneks
„Leben des Orest“, in: „Der zauber­
hafte, aber schwierige Beruf des Opernschreibens“. Das Musiktheater Ernst
Kreneks, Claudia Maurer Zenck (Hg.),
Ernst Krenek Studien Band 2, Petra
Preinfalk für die Ernst-Krenek-InstitutPrivatstiftung (Hg.), Edition Argus,
Schliengen 2006, S. 77–112
Konstanze Rohm, „Jederzeit zu allem
bereit“: Zur musikalischen Drama­turgie
in Ernst Kreneks Oper „Leben des
Orest“, in: Nils Grosch (Hg.), Aspekte
des modernen Musiktheaters in der
Weimarer Republik, Waxmann Verlag,
Münster 2004, S. 208–224
Juliane Vogel, Gerettete Atriden. Zu
Ernst Kreneks „Das Leben des Orest“,
in: Antike Mythen im Musiktheater
des 20. Jahrhunderts. Gesammelte Vorträge des Salzburger Symposions 1989,
Peter Csobádi, Gernot Gruber (Hg.),
Verlag Ursula Müller-Speiser, Anif/Salzburg 1990, S. 281–297
Barbara Zuber, Leben des Orest, in
Carl Dahlhaus (Hg.), Pipers Enzyklopädie
des Musiktheaters, Bd. 3, Artikel Ernst
Krenek, Piper Verlag, München 1988,
S. 327–341
Ernst Krenek, Leben des Orest.
Lebendige Oper, in: Anbruch, 21:1
(1930), S. 1–4
Allgemeine Zeitung, Mainz
28.2.1961, Albert Rodemann zur
Aufführung am Wiesbadner Staats­
theater
[…] Kreneks Oper ist und bleibt ein
Dokument der Kulturgeschichte vom
Ende der „glücklichen zwanziger Jahre“.
Als solches hat sie ihren unverrückbaren
Platz in der Geschichte der Oper. […]
Rheinische Musik- und
Theater-Zeitung
25.1.1930, Nr. 2, Ernst Latzko zur
Uraufführung in Leipzig
[…] Der Autor entnimmt dem be­kan­
nten Stoff nur die Idee eines von seinem
Schicksal durch die Welt ge­hetzten
Menschen und die Situa­tionen, die zur
Durchführung dieser Idee notwendig
sind. Alles Übrige – die Symbolik des
Stoffes, religiöse Motive, psychologische
Hintergründe – wird nur angedeutet,
so daß sich die Aufmerksamkeit auf die
reich-bewegte Handlung und ihre Träger
konzentriert. […]
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Pallas Athene weint
Oper in einem Vorspiel und drei Akten
op. 144 (1952/53/55)
Text
Ernst Krenek
Verlag / Rechte
Universal Edition & Schott
LM / KA Schott 4323,
UE 12435 / TB UE 12436
Dauer
130 Minuten
Uraufführung
17. Oktober 1955
Hamburgische Staatsoper
D Leopold Ludwig
R Günther Rennert
B Alfred Siercke
Aufführungen
Musikverein Wien (1988, konzertant,
Wiener Festwochen), Musikverein Wien
(1973, konzertant), Tonhalle Zürich
(1960), Landestheater Linz (1957, ÖEA),
Mannheimer Nationaltheater (1956)
Aufzeichnungen
2003, BMG LC 00316: Musik in
Deutschland 1950–2000, Ausschnitte
u.a. aus Pallas Athene weint, Mitschnitt
Hamburgische Staatsoper. D Leopold
Ludwig; Pallas Athene: Margarete Ast,
Sokrates: James Pease, Alkibiades: Heinz
Sauerbaum, Meletos: Helmut Melchert, Meton: Hermann Prey, Althaea:
Helga Pilarczyk, Agis: Arnold van Mill,
Nauarchos: Karl Otto, Senator: Adolf
Meyer-Bremen u.a.
Besetzung
Pallas Athene (MS)
Sokrates (BBar)
Alkibiades* (T)
Meletos* (T)
Meton* (Bar)
Althaea, Priesterin von Eleusis (S)
Nauarchos, Schiffskapitän (Bar)
Ein athenischer Senator (T oder Bar)
Agis, König von Sparta (B)
Timaea, Königin (S)
Lysander, General (T)
Brasidas, Hauptmann (Bar)
Ktesippos, sein Sohn (T)
* Sokrates’ Freunde und Schüler
Chor (SATB) – 2.2.2.2 – 4.2.2.0 –
Timp, Perc (3) – Hfe, Cel, Pft – Str
Themenkreise
Militarismus / Pazifismus
Diktatur / Demokratie
Karriere („Wendehälse“) / Ideologie
Themes
Militarism / pacifism
Dictatorship / democracy
Career (“turncoats”) / Ideology
Pallas Athene weint
Entstehung Das repräsentative Auftragswerk zur Wiedereröffnung der
Hamburgischen Staatsoper nach dem Zweiten Weltkrieg entstand zu einer
Zeit, als Krenek sich definitiv gegen eine Rückkehr nach Europa entschieden hatte. Der Anlass animierte ihn, an frühere, ihm thematisch wichtige
Werke anzuknüpfen: an seine Antike-Reflexion mit Orpheus und Eurydike
op. 21 und Leben des Orest op. 60, sowie an sein gebündelt historisches
Interesse mit Karl V. op. 73. Außerdem bezog er sich kritisch auf die
ak­tuell antikommunistischen und denunzierenden Untersuchungen des
US-Senators Joseph R. McCarthy ab 1950.
Zeit und Ort der Handlung
Peloponnesischen Krieges
Athen und Sparta, während der Zeit des
Inhalt
Athen hat den Krieg gegen Sparta verloren. Pallas Athene trauert, beklagt den Verlust der Freiheit ihrer Stadt und den Tod des Sokrates.
– In Rückblenden schildert Sokrates dem Chor der Schatten die zur Katastrophe führenden, nun auf der Bühne sichtbar werdenden Ereignisse.
Sokrates hat drei Schüler: Alkibiades, Meletos und Meton. Skrupellos
betreibt Alkibiades sein Ziel, den Feldzug gegen das spartanische Sizilien
zu befehligen. Sein Rivale Meletos, dessen Ideal ein autoritäres Regime
wäre, täuscht vor, für demokratische Freiheit einzustehen. Der Pazifist Meton hingegen kann nicht begreifen, dass man Krieg führt, aber zugleich
den Frieden will. Um dem Militärdienst zu entkommen, verbirgt er sich.
– Verleumdung, Diffamierung und Verrat sind die Triebkräfte des weiteren
Geschehens.
Alkibiades wird bezichtigt, die eleusinischen Mysterien entweiht zu haben. Um ihn zu kompromittieren, veranlasst Meletos die Verstümmelung
der heiligen Hermes-Statue. Meton hilft mit, naiv meinend, man könne so
das Kriegsende beschleunigen. Die Täter bleiben unentdeckt, der Verdacht
fällt auf Alkibiades. Aber die Intrige verfehlt ihren Zweck, denn ohne das
Kommando des Alkibiades verweigert die Flotte den Dienst.
Alkibiades kämpft erfolgreich in Sizilien. Dennoch gelingt es Meletos, dessen Rückberufung nach Athen zu erzwingen. Zum Schein befolgt
Alkibiades die Weisung, flüchtet jedoch in einem peloponnesischen Hafen
vom Schiff, wechselt zum Feind und verrät dem tyrannisch despotischen
Spartanerkönig Agis die Kriegspläne der Athener. Die Königin, sparta­
nischer Lebensweise überdrüssig, flieht mit Alkibiades. Dieser, von Agis
verfolgt, ist nun wieder bereit, für Athen das Kommando zu übernehmen.
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Pallas Athene weint
– Zu spät. Unterwegs wird er von Spartanern getötet. – Diese haben Athen
besetzt, Agis hält dort grausam Gericht. Meletos ist jetzt auf der Seite der
Spartaner. Er überredet den König, Sokrates den Prozess zu machen, weil
dieser die Maxime des Agis widerlegt hat, in der Welt könne sogar unter
Furcht und Schrecken Ordnung herrschen.
Der Chor der Schatten erscheint wieder – Pallas Athene weint …
Musik
Das Werk, in der „Gesamtwirkung großartig“, hat „viele Passagen von düsterer Pracht“ (John L. Stewart). Der einleitende und schließende „ungeheure Klagelaut“ (Claus-Henning Bachmann) der Athene ist insgesamt prägend. Ihm liegt als Materialbasis eine Zwölftonreihe zugrunde.
Krenek beherrscht diese Kompositionstechnik souverän. Das bedeutet, er
stellt sie in den Dienst des musikalischen Ausdrucks und der Dramatik. Dies
gelingt, indem er sie durch „Rotation“, durch Umgruppierungen einzelner Segmente, Umkehrungen und Spiegelungen gestisch und harmonisch
verändert – wie das ähnlich Alban Berg praktiziert hatte – entsprechend
der Situation. Die Musik gewinnt innerhalb der Rahmenhandlung sukzessiv an Dichte und Intensität. Der Orchestersatz hat ein die Protagonisten
charakterisierendes Eigenleben. Die rezitativischen Passagen der an sich
ergiebigen Vokalpartien erinnern peripher an Monteverdi.
Pallas Athene weint
Background This representative work was commissioned upon the reopening of the Hamburg State Opera after the Second World War, and
was written at a time when Krenek had definitively decided to not return
to Europe. The occasion inspired him to return to and follow up on works
that had dealt with themes important to him: his reflections on Ancient
Greek texts, as in Orpheus and Eurydike op. 21 and Leben des Orest (Life
of Orestes) op. 60, as well as his general interest in history, shown in
Karl V op. 73. This piece is also a critical commentary on the events of the
time, the trials and denunciation of many people and public figures as
communists led by US Senator Joseph R. McCarthy in the 1950s.
Setting
Athens and Sparta, during the Peloponnesian War
Content
Athens has lost the war against Sparta. Pallas Athena is in
mourning, lamenting the loss of freedom for her city and the death of
Socrates. – In flashbacks, Socrates speaks to the Choir of Shadows, telling
them of the events that led to the catastrophe, which are slowly becoming
visible on stage.
Socrates has three students: Alcibiades, Meletos and Meton. Ruthlessly, Alcibiades pursues his wish of commanding the battle against Sicily,
which is under Spartan rule. Though his rival Meletos dreams of an author­
itarian regime, he pretends to be engaged in the fight for freedom and
democracy. Meton, on the other hand, is a pacifist and cannot understand
why people go to war if they actually are striving for peace. He goes into
hiding to avoid serving in the military. – Defamation, denigration and betrayal drive the events that follow.
Alcibiades is accused of having desecrated the Eleusinian Mysteries. In
order to discredit Alcibiades, Meletos has the holy statue of Hermes de­
famed. Meton helps him, naively assuming it could bring an end to the
war. Since no perpetrators can be found, Alcibiades is accused of the
deed. However, his plot remains fruitless, because without Alcibiades in
command, the armada refuses to set sail.
Alibiades is successful in the battle of Sicily. Nonetheless, Meletos man­
ages to have him reassigned to Athens. Alcibiades pretends to follow the
order, but sneaks off the ship at a Peloponnesian port and changes sides
to fight for his enemies, sharing Athen’s war plans with Agis, the tyrannically despotic king of the Spartans. Fed up with the Spartan way of life,
the queen flees with Alcibiades. With Agis on his trail, he is once again
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38
Pallas Athene weint
prepared to resume the role of commander in Athens. – But it’s too late.
On his way to Athens, he is killed by the Spartans.
The Spartans have taken over Athens, and Agis is holding gruesome
trials. Meletos now supports the Spartans. He convinces the king to put
Socrates on trial because he had discounted Agis’s maxim, which claims it
is indeed possible for there to be order in a world ruled by fear and terror.
The Choir of Shadows appears once more – and Pallas Athena weeps …
Music
The “overall effect” of this work is “one of imposing splendor”
and has “many passages of somber grandeur.” (John L. Stewart) The first
and last “tremendous wailing” (Claus-Henning Bachmann) of Athena leave
a lasting impression. The material is based on a twelve-tone serial composition. Krenek is a master of this compositional technique, enabling him
to employ it in the service of musical and dramatic expression. Through
“rotation,” regrouping individual segments, reversals and reflections, he
alters both gesture and harmony of the composition – similar to Alban
Berg’s methods – according to the situation. As the plot progresses, the
music successively becomes more dense and intense. The orchestral composition has a life of its own, characterizing the protagonists. The recitative passages of the vocal parts, rich in themselves, are mildly reminiscent
of Monteverdi.
Pallas Athene weint
Im Spiegel der Presse
Resümee Pallas Athene weint reüssiert sowohl in szenischer als auch in
konzertanter Umsetzung. Die Oper ist
ein Bekenntniswerk zu humaner Gesinnung und demokratischen Prinzipien.
Rezensionen über die konzertante
Aufführung im Musikverein Wien
Frankfurter Allgemeine Zeitung
13.6.1988, Gerhard Rohde
Pinchas Steinbergs Interpretation mit
dem ORF-Symphonieorchester und dem
fulminant singenden ORF-Chor schien
Adornos Wort von der Krenekschen
Klang-Askese widerlegen zu wollen: in
Klangfarben und vollmundiger Expres­
sivität wirkte Kreneks Pallas-AtheneMusik hier geradezu süffig.
Kurier
8.6.1988, Walter Gürtelschmied
Dass die nach dem strengen Dodeka­
phonie-Prinzip gearbeitete Oper auch
ohne Szene wirkt, spricht nicht bloß für
das zeitlos berührende Thema, sondern
vor allem für die Lebensfähigkeit dieser
Musiksprache, ihre packende Konzen­
tration und dramatische Kraft […]
Opernwelt
8/ 88, Harald Goertz
Die konzertante Aufführung des
mächtigen Dreiakters belegt eindrucksvoll die Phantasie des Dramatikers:
wirkungsvolle Kontraste, wie nuancierte
Ton-Psychogramme, ein Werkstil, der
den Hörer vom Mitvollzug des Gedachten (noch) nicht ausschließt.
Frankfurter Rundschau
19.10.1955, Peter Kleinau zur
Uraufführung in Hamburg 1955
[…] Der Abend war eine der freu­di­gs­
ten Überraschungen im deutschen
Musiktheater seit 1945: ein effektvoll
dramatisches Werk, dessen Handlung
indessen in einer gültigen Sinngebung
aufgeht. Die Partitur liegt konsequent
auf der Linie der Neuen Musik, ohne
sklavisch einem „ismus“ zu folgen.
Sie erscheint sublim und musikantisch
in einem. […]
Weiterführende Literatur
Gösta Neuwirth, Die Abwesenheit
der Götter. Über Ernst Kreneks Oper
„Pallas Athene weint“, in: „Der zauber­
hafte, aber schwierige Beruf des Opernschreibens“. Das Musiktheater Ernst
Kreneks, Claudia Maurer Zenck (Hg.),
Ernst Krenek Studien Band 2, Petra
Preinfalk für die Ernst-Krenek-InstitutPrivatstiftung (Hg.), Edition Argus,
Schliengen 2006, S. 201–206
Ernst Krenek, Warum Pallas Athene
weint?, in: Ernst Krenek, Im Zweifelsfalle. Aufsätze zur Musik, Europaverlag,
Wien 1984, S. 51–57
Wilhelm Zentner und Anton Würz
(Hg.), Reclams Opern- und Operettenführer, Reclam Verlag, Stuttgart 1960
Claus-Henning Bachmann, Krenek –
Uraufführung in Hamburg, in: Öster­
reichische Musikzeitschrift, 10:11
(1955), S. 388f
39
40
Ausgerechnet und verspielt
Eine „Spiel“-Oper in zwölf Szenen
op. 179 (1961)
Geraldine: Elisabeth Höngen, Hamilton:
Max Hechenleiter u.a.
Text
Ernst Krenek
Besetzung
Markus, Spielkasino-Besitzer (Bar)
Ginette, seine Tochter (S)
Fernando, ein Mathematiker (T)
Lucile, seine Freundin (MS)
Geraldine, Pfandleiherin (A)
Hamilton, ein Computer-Ingenieur (Bar)
Bürochef in der Flugzeugfabrik (Bar)
Marcel, ein Croupier (Sprechrolle)
zwei Fernseh-Operateure (T und B)
Stimme der Sestina (MS)
Chor: Publikum im Kasino
1.1.1.0 – 0.1.1.0 – Perc (5) – Git, Hfe,
Cemb, 2 Pft, Harm, Cel – Str, Tonb
Verlag / Rechte
Bärenreiter
LM
Dauer
80 Minuten
Ursendung
25. Juli 1962
ORF-Fernsehen, Wien
D Ernst Krenek
R Hermann Lanske
B Fritz Wotruba
Uraufführung (szenisch)
2. Oktober 1990
Städtische Bühnen Bielefeld
D David de Villiers
R John Dew
B Gottfried Pilz
Sendungen
TV-Sternstunden im ORF / KulturCafe
(2003), WDR (1963)
Aufzeichnungen
1962, ORF, VHS (unveröffentlicht):
D Ernst Krenek, R Hermann Lanske,
B Fritz Wotruba; Markus: Paul Schöffler,
Ginette: Veronika Kusmin, Fernando:
Paul Späni, Lucile: Mary Richards,
Themenkreise
Glücksspiel
Wissenschaftskritik / Selbstironie
Computer- und Raumfahrtzeitalter
Themes
Games of chance
Critiques of science / self-irony
Computer and space age
Ausgerechnet und verspielt
Entstehung
Ernst Krenek komponierte Ausgerechnet und verspielt
1961 im Auftrag des ORF, der das Werk als Fernsehoper zur Uraufführung brachte. Die Komposition ist auch als „Zeitoper“ zu verstehen, in der
der damalige wissenschaftliche und philosophische Diskurs Eingang fand.
1990 schließlich wurde die Oper erstmals für die Bühne entdeckt.
Zeit und Ort der Handlung
Gegenwart
Inhalt
Mit Computerhilfe glaubt der Flugzeugkonstrukteur Fernando,
den Lauf der Roulettekugel vorausberechnen zu können. Ihm fehlt aber
das Geld für den Erwerb eines geeigneten Gerätes. Seine Freundin Lucile
fürchtet, die Leidenschaft für die Technik sei ihm wichtiger als die Liebe.
Ginette, die Tochter des reichen Kasinobesitzers Markus, und Lucile
benützen zufällig denselben Zug, in welchem Ginette gerade ein teures
Schmuckstück verloren hat, ein Geschenk ihres Vaters. Wieder ist es der
Zufall, der Lucile den Schmuck finden lässt. Sie versetzt ihn im Pfandhaus
des Kasinos.
Der Computerfachmann Hamilton enttäuscht Fernandos Hoffnungen,
das Roulettespiel sei voraussagbar. Denn die Maschinen führen mittlerweile eine Art unvorhersehbares Eigenleben, eine – Kappa Omikron – habe
aus Langeweile sogar elektronische Musik komponiert. Dennoch kauft
Fernando den begehrten Computer mittels des Geldes von Lucile, das sie
für den Schmuck erhalten hatte.
Indessen verdächtigt Markus seine Tochter Ginette, selbst den Schmuck
im Pfandleihhaus versetzt zu haben, um sich ein Flugzeug zu gönnen. Er
entdeckt ihn im Pfandhaus und löst ihn selbst wieder aus. Im Kasino setzt
Fernando auf die vom Computer vorausberechneten Zahlen und verliert alles. Hamilton überlässt ihm nun zum Trost die Zahlenreihe von Kappa Omikrons Musikstück (es ist die der Oper zugrunde liegende Zwölftonreihe).
Das animiert Ginette, Fernando Geld zu leihen, und auf einmal gewinnt er
noch und noch.
Jetzt will Lucile mit Fernandos Geld das Schmuckstück zurückhaben,
doch es ist weg. Man schickt sie zum neuen Käufer: Kasinobesitzer Markus.
Dieser klärt die Lage, der Partnertausch ist unaufhaltsam. Markus schenkt
Lucile den Schmuck und bekundet seine Liebe zu ihr. Fernando hat zwar
massenhaft Geld gewonnen, aber Lucile verloren. Er darf sich jedoch mit
Ginette trösten, der er das ersehnte Flugzeug zu schenken verspricht.
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Ausgerechnet und verspielt
Musik
[…] Die teils seriell komponierte Musik […] ist Kreneks pointierte, skeptische Antwort auf die Wissenschafts- und Fortschrittseuphorie.
Ganz Kind seiner Zeit, hat sich Krenek mit den avanciertesten wis­
senschaftlichen und musikalischen Konzepten beschäftigt, lässt diese in
sein Werk einfließen, ja macht sie zum eigentlichen Thema: […] die streng
durchorganisierte Musik wird für ihn zu einem „Spiegelbild der Undurchschaubarkeit des Lebensprozesses“. Ein musikalisches Glasperlenspiel von
hohen Graden, in dem Krenek ironisch Themen wie „elektronische“ und
„serielle Musik“ behandelt und als älterer Komponist der gerade neuesten
musikalischen Avantgarde […] mit entwaffnendem Humor begegnet.
Aus: Thomas Mense, Ernst Krenek. Ausgerechnet und verspielt
Ausgerechnet und verspielt
Background
Commissioned by the Austrian Federal Broadcasting
Company (ORF), Ernst Krenek’s Ausgerechnet und verspielt premiered as a
television opera in 1961. It is also a Zeitoper that includes commentary on
the scientific and philosophical discourses of the time. In 1990, the opera
was put on as a stage production for the first time.
Setting
Present day
Content
Airplane engineer Fernando believes that, with the help of a
computer, he would be able to calculate and determine how a roulette
ball will fall. But he does not have enough money to purchase such
a device. His girlfriend Lucile is afraid his fascination for technology is
greater than his love for her.
By chance, Ginette, the daughter of wealthy casino owner Markus, and
Lucile end up on the same train where Ginette has lost an expensive piece
of jewelry, a gift from her father. Again, as fate would have it, Lucile is the
one to find the piece of jewelry. She pawns it at the casino’s pawnshop.
Hamilton, a computer engineer, disappoints Fernando with the news
that the outcome of a game of roulette cannot be calculated with a computer. By this time, the machines have developed an unpredictable life of
their own, and one of them – Kappa Omikron – has even begun composing
electronic music, out of sheer boredom. Fernando nonetheless purchases
the computer of his dreams with the money Lucile got for the jewelry.
Meanwhile, Markus accuses his own daughter Ginette of pawning the
jewelry, so that she could buy herself an airplane. He discovers the jewelry
in the pawnshop and redeems it himself.
At the casino, Fernando places all his money on the computergen­erated numbers and loses everything. To cheer him up, Hamilton gives
him the series of numbers from Kappa Omikron’s musical composition
(which is actually the twelve-tone series the opera is based on). This strikes
Ginette’s fancy and she decides to lend Fernando money, and he suddenly
begins to win one round after the other.
Lucile now wants to buy back the piece of jewelry with the money
Fernando has won, but it is no longer there. The pawnshop tells her where
she can find it: the casino owner Markus. He clears up the situation, and
the inevitable partner-swapping begins. Markus gives Lucile the jewelry
and declares his love for her. Although Fernando has won an incredible
amount of money, he has lost Lucile. However, he can find some comfort
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44
Ausgerechnet und verspielt
with Ginette, and promises to buy her the airplane she’s been wanting.
Music
[…] The partly serial components of the musical composition
[…] are Krenek’s pointed and skeptical response to the euphoria regarding
scientific innovation and progress. In every respect a child of his time,
Krenek studied the greatest advancements in scientific and musical concepts of this time and integrated them into his work, making them a
subject in their own right […]: for Krenek, the strict arrangement of the
music “reflects the lack of transparency of the process of life.” An utterly
sophisticated musical glass bead game where Krenek deals with ironic
topics like “electronic” and “serial music,” and, as a composer in his later
years, he takes on the newest musical avant-garde of the time with dis­
arming humor.
Ausgerechnet und verspielt
Im Spiegel der Presse
Resümee Ausgerechnet und verspielt
erzielte sowohl durch seine Aufführung
als Fernsehoper, als auch durch die szenische Umsetzung große Aufmerksamkeit. Die enge, humorvolle Verbindung
der Geschichte mit der zugrundeliegenden Kompositionstechnik ist spürbar und
beflügelt die Rezeption.
Rezensionen zur szenischen Urauf­
führung am Bielefelder Theater
Kölner Stadtanzeiger
31.10.1990, Michael Struck-Schloen
Spielerische Leichtigkeit, sprachliche
Eleganz und der entzückende Boulevard-Esprit des alltäglichen Spiels um
Liebe und Zufall bestimmen dieses Kabinettstückchen musikalischen Humors.
Frankfurter Allgemeine Zeitung
10.11.1990, Frieder Reininghaus
[…] Mit Ausgerechnet und verspielt
brachte der Zufall, der die quasi-wissenschaftliche Vorausbestimmung eines
künstlerischen Vorgangs ad absurdum
führt, sich in Erinnerung als ein Faktor,
den die einen gerne durch Berechnung
erledigt hätten, der die anderen aber
unterhält und bereichert.
Süddeutsche Zeitung
9.11.1990, Heinz-Harald Löhlein
Um die gedrängte revolutionsmystische Tragödie abendfüllend aufzustocken, war ein Satyrspiel willkommen
[zusätzlich zu Die Zwingburg: Kreneks
Fernsehoper Ausgerechnet und verspielt,
zeit- und kollegenkritische Humoreske
über Zufall und Logik in Lehre und
Leben, Reflexionen über „Rotation“ in
Welt und Kunst.
Österreichische Musikzeitschrift
1/2 1991, Edwin Baumgartner
[…] eine Komödie von intellektueller
Brillanz. […] Ob serielle Musik lustig
wirken kann, ob sie zur Komödie taugt,
wird von der Vertonung mit einem anfangs zögernden, im Verlauf der Oper
aber immer deutlicheren Ja beantwortet.
Kreneks fragile Musik folgt entweder
den Regeln viel freier, als sie vorgibt.
Oder der Zufall hat auch da mitgespielt
und die Pointen an die genau richtigen
Stellen gesetzt.
Opernfreund Wien
1962, Franz Willnauer zur Ursendung
im ORF
Ihr [der Oper] liegt das gedankliche
Problem der „seriellen“ Musik zugrunde:
das dialektische Wechselspiel zwischen
streng errechneter Ordnung und unvorhersehbarem Zufall, zwischen (analytisch
nachprüfbarer) sinnvoller Konstruktion
und klingendem Chaos.
Weiterführende Literatur
Sara Beimdieke, Das Rad der Welt dreht
rätselhafter Zufall – Ernst Kreneks Fernsehoper „Ausgerechnet und Verspielt“
op. 179, Diss., betreut von: Matthias
Henke, Historische Musikwissenschaft,
Universität Siegen (in Vorbereitung)
Thomas Mense, Ernst Krenek. Ausgerechnet und verspielt, in: Heiner Bruns
(Hg.), Entartet. Verdrängt. Vergessen.
Bielefelds Oper erhebt Einspruch.
1980–1993, Westfalen Verlag, Bielefeld
1993, S. 70–74
Ernst Krenek, Ausgerechnet, aber
sehr verspielt, in: Ernst Krenek, Im
Zweifelsfalle. Aufsätze zur Musik,
Europa­verlag, Wien 1984, S. 66–72
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Chrysomallos / Der goldene Bock
Oper in vier Akten
op. 186 (1962/63, Neufassung)
Text
Ernst Krenek (deutsch und englisch)
Verlag / Rechte
Bärenreiter
LM
Dauer
ca. 150 Minuten
Uraufführung
16. Juni 1964
Hamburgische Staatsoper, „Woche
des zeitgenössischen Musiktheaters“
D Ernst Krenek
R Egon Monk
B Alfred Siercke
Aufführungen –
Aufzeichnungen –
Besetzung
Athamas, König in Jolkos (Bar)
Ino, seine Gattin (MS)
Nephele, seine Ex-Gattin,
ein Wolkenwesen (KS)
Pelias, sein Schwager (später Espalí, T)
Jason, sein Neffe (später auch
Amédé, Bar)
Phrixos, Sohn des Athamas und
der Nephele (stumme Rolle)
Helle, Tochter des Athamas und
der Nephele (stumme Rolle)
Chairosthenes, ein Seher (TB)
Phineus, noch ein Seher (Bar)
Melachron, ein Schafhirt (Bar)
Chattahoochie, Häuptling
des Inotenstammes (Bar)
Abisorontas, sein Sohn (MS)
Medea (später Sonja, MS)
Ein Ausrufer (Sprechrolle)
Glaukis, Tochter des Espalí
(MS oder Kabarettstimme)
Chief Butler bei Espalí (Bar)
Ein Fürst im Exil (TB)
Richter, Bezirksstaatsanwalt,
zwei Polizisten (Sprechrollen)
zwei griechische Zollbeamte
(Sprechrollen)
Flugzeugpilot (T oder Bar)
Chrysomallos, der goldene Bock (T)
Argo, das Schiff (A)
Die Symplegaden, zwei Felsen
(S und B)
Chor: Inoten, Reporter, Passagiere,
unsichtbare Wesen
2.2.2.2 – 2.3.3.0 –
Timp, Perc (5) – eGit, Hfe, Pft, Cel – Str
Tonb
Themenkreise
Antiker Mythos / Jetztzeit
Argonauten-Sage mit Varianten
Sinnlosigkeit hehrer Handlungen
Themes
Ancient Greek myth / present day
Argonaut saga (variation)
The pointlessness of exalted acts
Chrysomallos / Der goldene Bock
Entstehung
Nach Pallas Athene weint erhielt Krenek 1961 von Rolf
Liebermann einen weiteren Auftrag zur Uraufführung an der Hamburgischen Staatsoper. Dafür griff er auf eine Idee zurück, die ihn bereits 1924
beschäftigt hatte: „eine völlig phantastische und eigentlich surrealistische
Gestaltung der Argonautensage“. Im Resultat ist die Einheit der Zeit aufgehoben zugunsten parodistischer und absurder Elemente.
Zeit und Ort der Handlung
Antike bis heute, Europa und USA
Inhalt
Vorbemerkung: Die Argonautensage ist in mehreren Varianten
überliefert. Krenek erfindet eine weitere hinzu, die über Jahrtausende bis in
die Gegenwart springt, ohne die Quintessenz des Stoffes zu verlassen.
König Athamas präsentiert seine Familie: den machtgierigen Schwager
Pelias; die erste Gattin Nephele, wieder als Wolke entschwunden; deren
Kinder Phrixos und Helle. Ihnen trachtet des Königs zweite Frau Ino nach
dem Leben, um sie zu opfern. Da muss der goldene Bock Chrysomallos
ret­tend helfen. Auf Nepheles Geheiß fliegt er mit beiden Kindern Richtung
Kolchis. Unterwegs lässt er entkräftet Helle leider ins Meer fallen. Dort ent­
stehen flugs die Symplegaden, aneinanderschlagende, die Durchfahrt
behindernde Felsen (heute: Dardanellen). Und genau dorthin gerät Jason
mit seinem redenden Schiff Argo. Er soll nämlich den Bock wieder herbei
schaffen, und da er nicht recht weiter weiß, konsultiert er einen Seher.
Indes ist der Bock mit Phrixos in Nordamerika gelandet, beim Ino­
tenhäuptling Chattahoochie. Phrixos glaubt, das Tier opfern zu müssen,
wo­raufhin ihn die Indianer erschießen. Um Touristen anzulocken, stellt
Chattahoochie das Bocksfell zur Schau an die Straße, neben einen vermutlich ausgestopften Drachen – niemand anderer als Medea. Zufällig kommt
Jason vorbei und besichtigt die Schaustücke. Da erwacht Medea und
bietet Jason, falls er sie liebt, das Vlies an. Die zur Indianerin mutierte
Medea und Jason versuchen, sich samt Vlies per Auto aus dem Staub zu
machen, aber Chattahoochie will das Fell nicht herausrücken. Medea verspricht, es Jason unterwegs abzulisten und dem deswegen mitgenommenen
Sohn des Häuptlings auszuhändigen, der misstrauisch die Flüchtenden
verfolgt. Also zerstückelt Medea den Knaben und wirft die Teile aus dem
Auto. Chattahochie findet sie und bringt sich um.
Weil Ino Jason verflucht hat, bleibt die Familie des Königs Athamas
vom Schattenreich ausgeschlossen. Um das zu bereinigen, sollen Pelias
und seine Tochter Glaukis endlich Jason mitsamt Vlies zurückbringen.
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48
Chrysomallos / Der goldene Bock
Zu diesem Zweck lässt sich Pelias als reicher Reeder in Florida nieder.
Medea und Jason arbeiten bei ihm. Sie brauchen Geld, um mit ihren beiden Söhnen nach Griechenland zurückzufahren. – Jason verliebt sich in
Glaukis, Pelias in Medea. Im Gärtner erkennt Pelias den vermissten Jason
und fordert das goldene Vlies ein. Dieser weigert sich und wird gefangen
gesetzt. Letztlich sind beide handelseins: Jason eignet sich Glaukis an und
überlässt dafür Pelias das Vlies und Medea. Ihr ist allerdings der Handel
zu Ohren gekommen. Ungeliebt spürt sie ihre Rückverwandlung in einen
Drachen und schwört Rache. Dieweil zerstückelt Glaukis ihren Vater Pelias.
Medea vergiftet sie und beginnt, ihre beiden Kinder zu verzehren …
Die Behörden schieben Jason per Flug nach Griechenland ab. Man verdächtigt ihn, die mittlerweile vermissten Personen umgebracht zu haben.
Während des Rückflugs sitzt plötzlich Medea auf dem Flugzeug und verlangt, der Familie Jasons vorgestellt zu werden, stürzt aber in die Tiefe.
Der griechische Zoll beschlagnahmt das goldene Vlies. Jason erkennt,
dass alle diese Untaten nichts gefruchtet haben und stirbt. Mit nichts
kommt er zu seiner vor dem Hades harrenden Familie. – Das Vlies aber deponiert man dort, wo vor 4.000 Jahren der Chrysomallos gefunden wurde.
– Eine Parabel der Sinnlosigkeit.
Musik Krenek entmythologisiert den Mythos, indem er die disparatesten Elemente zusammenbringt […] Die Musik geht über kurze Einwürfe
oder karg-sachliche Begleitung zu den hauptsächlich rezitativisch gesungenen Textpassagen meist nicht hinaus, wobei Krenek alle Register der
raffinierten Instrumentation zieht (inkl. elektronischer Klangverfremdung
bei übernatürlichen Geschehnissen). Dort, wo die Musik eigenständig
wird, hält sich ihre parodistische Seite eher zurück: Der Walzer, der die
grausige Zubereitung des Pelias’ zu einem Essen begleitet, ist nur angedeutet; die egozentrischen Koloraturen, in denen sich die über all dem
Alltäglich-Grausigen schwebende Nephele ergeht, sind zwar als Kritik an
der „absoluten Oper“ zu hören, hellen aber auch die gewöhnlichen Rezitative auf. Tiefsinnig lässt Krenek ausgerechnet Medea (das einzige zu wirklicher Liebe fähige Wesen in dieser Geschichte) lange expressive Passagen
singen. An ihnen und an dem Ende, das wie alle Zeitsprünge seriell ge­
staltet ist und an dem sich die Zeitebenen wie Bewusstseinsschichten ver­
wirren, zeigt sich deutlich, dass Krenek sein absurdes Spektakel als Oper
ernst nahm [...]
Aus: Claudia Maurer Zenck, Der goldene Bock
Chrysomallos / Der goldene Bock
Background
In 1961, after completing Pallas Athene weint, Krenek
is commissioned by Rolf Liebermann to write another new piece, which
is to have its world premiere at the Hamburg State Opera. This time, he
takes an idea that he had already contemplated in 1924: “an absolutely
fantastic and in fact surreal version of the Argonaut saga.” In the resulting
work, the unity of time is neglected in order to focus on more parodistic
and absurd elements.
Setting
Ancient wolrld until today, Europe and USA
Content
Editor’s note: there are countless renditions of the Argonaut
saga. Krenek invents yet another that leaps thousands of years ahead into
the present without losing the quintessence of the a priori excessive material.
King Athamas introduces his family: his power-hungry brother-in-law
Pelias; his first wife Nephele, who turns into a cloud; and their children
Phrixos and Helle. The king’s second wife, Ino, plans to take the children’s
lives as a sacrifice. The golden ram Chrysomallos comes to their rescue.
At Nephele’s behest, he sets off to fly both children to Kolchis. Exhausted
from the long flight, Chrysomallos accidentally drops Helle into the sea. In
that moment, the Symplegades (today the Dardanelles) emerge and the
rocks jut out in all directions, making a passage impossible. This is also
where Jason lands with his talking ship, Argo. His task is to find the golden
ram, but he is uncertain of how to do this and consults a seer.
In the meantime, the ram and Phrixos have arrived in North America,
and are staying with Chattahoochie, chief of the Inotes. Believing he must
sacrifice the ram, Phrixos leads the tribe to shoot it. Chattahoochie displays its golden fur on the roadside as a tourist attraction, along with what
is presumably a stuffed dragon – who is none other than Medea. Jason
happens by and takes a look at the roadside display. In that very moment,
Medea awakens and offers Jason the fleece in exchange for his love.
Medea morphes into a tribeswoman tries to make off Jason and the
fleece, but Chattahoochie refuses to give it up. If he lets them take the
fleece, Medea she will take it from Jason and give it to the chief‘s son, who
has been sent along with them for this purpose. Still suspicious, the chief
follows them. Medea dismembers the boy’s body and throws the parts out
of the car. Chattahoochie finds them and kills himself.
Since Ino has cursed Jason, King Athamas and his family are forbidden
to enter the Realm of Shadows. To break the curse, Pelias and his daugh-
49
50
Chrysomallos / Der goldene Bock
ter Glaukis are sent to bring back Jason and the fleece. Pelias thus moves
to Florida and poses as a wealthy shipowner. Medea and Jason begin to
work for him to earn money to return to Greece with their two sons. –
Jason falls in love with Glaukis, and Pelias with Medea. Pelias discovers
that the gardener is Jason and demands that he give him the golden
fleece; Jason refuses and is held captive. In the end, they come to an
agreement: Jason gives Pelias the fleece and Medea in exchange for
Glaukis. Medea, however, gets wind of the arrangement. Because she is
now no longer loved, she turns back into a dragon, and vows revenge. In
the meantime, Glaukis chops her father Pelias into pieces. Medea poisons
her and begins to eat both her children …
Jason has been deported and sent back to Greece on an airplane,
because he’s suspected of killing the persons who are now missing. On the
flight, Medea appears out of the blue and demands to be introduced to
Jason’s family, but then she suddenly plummets into the depths of the
earth.
The Greek customs officers confiscate the golden fleece. Jason realizes
all his misdeeds have been in vain, and dies. Empty-handed, he finds his
family waiting for him in front of Hades. – The fleece is put back where
Chrysomallos was found 4000 years before. – A parable of pointlessness.
Music
Krenek demythologizes the myth by combining the most disparate elements. The music rarely goes beyond brief interjections or an austere or somber accompaniment to the mainly recitatively sung passages in
the text, although Krenek does pull out all the stops in his highly refined
instrumentation (including electronic, distorted sounds during supernatural occurrences). At points where the music holds its own, the parodic
element is more subdued: the waltz during the macabre preparation of
Pelias’s body is only alluded to; as with the “Gregorian” chanting of cocky
King Athamas; the egocentric coloratura accompanying Nephele, too arrogant to see the horrors of the everyday, entail a critique of the “absolute
opera,” they still lighten up the traditional recitations. Of all the figures,
Krenek picks Medea (the only one capable of love in the entire tale) to
sing long, expressive passages. The serial arrangement of this passage and
the ending combined with the entangling of different layers of time and
consciousness, show that Krenek took his absurd spectacle seriously as an
opera […].
Chrysomallos / Der goldene Bock
Im Spiegel der Presse
Weiterführende Literatur
Resümee Krenek schuf mit seiner
parodierenden Version der Argonautensage, die auch mit Seitenhieben auf
die heutige Gesellschaft nicht spart, ein
originelles Stück, dessen Absurditäten er
mit seiner Musik gekonnt unterstrich.
Claudia Maurer Zenck, Der goldene
Bock, in: Carl Dahlhaus u.a. (Hg.),
Pipers Enzyklopädie des Musiktheaters.
Oper – Operette – Musical – Ballett, Piper Verlag, München 1989, S. 339–341
Carl Dahlhaus, Die singenden Mons­
tren, in: Theater heute, 5:1964
Ernst Krenek, Notizen zum Goldenen
Bock, in: Programmheft – Hamburgische
Staatsoper 1963/64, Nr. 16, S. 124–126
Rezensionen zur Uraufführung
am 16. Juni 1964, Hamburgische
Staatsoper
Neue Zürcher Zeitung
8.7.1964
Zwölftönige Reihe, serielle Berech­nun­
gen und (für die Flug- und Zauberszenen)
22 Tonbänder mit elektro­ni­schem Schall
formen das Bild einer Parti­tur, die über
dem diskret verhal­tenen Orchester stets
den Singstimmen und somit dem Wort
Vortritt lässt. Krenek erzählt die Argonautensage neu und anachronistisch.
Zeit und Raum sind modern relativiert.
Die Zeit
26.6.1964, Josef Müller-Marein
In Wirklichkeit ist es ganz einfach
schöne Musik – in der Zwölftonweis’
und in der seriellen Manier, kurzthemig,
nicht kurzatmig. Übrigens: wer so verbohrt ist anzunehmen, dass damit
keine „Melodien“ zu schreiben seien,
der höre doch nur auf die Koloraturen
[…] es ist wunderschöner melodiöser
Ziergesang aus schwebendem „impres­
sio­nistischen“ Wolkenwatte­bausch […]
51
Verzeichnis sämtlicher Bühnenwerke
Complete Index of Dramatic Works
54
Opern
r
op. 14
55’
Die Zwingburg
1922
Szenische Kantate in einem Akt
Text von Fritz Demuth,
bearbeitet von Franz Werfel
UA: 1924, Berlin
Leiermann (Bar), Ausrufer (T), Der Mann
(T), Die Frau (S), Der Ausgezehrte (T),
Der Bergarbeiter (T), Der Trinker (B)
Chor – 3.2.4.3 – 4.3.3.1 –
Timp, Perc (1) – Str
Bühne: 2 Trp, 2 Pos
Universal LM – KA UE 7407 /
TB UE 7408
1
op. 17
95’
Der Sprung über den Schatten
1923
Komische Oper in drei Akten
(zehn Bildern)
Text von Ernst Krenek
UA: 1924, Frankfurt am Main
Kuno (B), Leonore (S), Blandine (MS),
Odette (S), Dr. Berg (Bar), Marcus (T),
Laurenz Goldhaar (T), 8 kleinere
Partien, 1 Sprechrolle
Chor – 2.2.4.3 – 3.1.2.0 – Timp, Perc (2)
– Xyl, Banjo – Str
Universal LM – KA UE 7454
1
op. 2
105’
Orpheus und Eurydike
1923
Oper in drei Akten
Text von Oskar Kokoschka
UA: 1926, Kassel
Orpheus (T), Eurydike (S), Amor (stumme
Rolle), Psyche (S), erste, zweite, dritte
Furie (MS), 4 kleinere Partien
Chor – 3.2.4.3 – 6.4.3.1 – Timp,
Perc (3) – Hfe – Str
Universal LM – KA UE 8153 /
TB UE 8154
op. 36
Bluff
1924 / 25
Operette in drei Akten
Text von George Gribble und
Karl Michael Freiherr von Levetzow
zurückgezogen
1
op. 45
120’
Jonny spielt auf
1926
Oper in zwei Teilen
Text von Ernst Krenek
UA: 1927, Leipzig
Max (T), Anita (S), Jonny (Bar), Daniello
(Bar), Yvonne (S), 3 weitere Tenöre,
1 Bar, 1 B, 1 Bbuffo, 7 stumme Rollen
Chor – 2.2.3.2 – 2.3.3.1 – Timp, Perc (1)
– Xyl, Glsp – Pft – Str
Bühne: 2 Sax, Trp, Pos, Harm, Perc,
Jazzinstrumente
Universal LM – KA UE 8621 /
TB UE 8622
r
op. 49
35’
Der Diktator
1926
Tragische Oper in einem Akt
Text von Ernst Krenek
UA: 1928, Wiesbaden
Der Diktator (Bar), Charlotte (S), Der
Offizier (T), Maria (S), 4 stumme Rollen
2.2.2.2 – 1.1.1.0 – Timp, Perc –
Xyl, Glsp, Str
Universal LM – TB UE 9455 / KA UE
9454 / TB UE 9535 (mit op. 50 und
op. 55)
55
r
op. 50
55’
Das geheime Königreich
1926 / 27
Märchenoper in einem Akt
Text von Ernst Krenek
UA: 1928, Wiesbaden
König (Bar), Königin (KS), Narr (Bar),
Rebell (T), drei Damen (S, MS, A),
2 Revolutionäre (Tbuffo, Bbuffo),
Wächter (T)
Chor – Ballett – 2.2.2.2 – 1.1.1.0 –
Timp, Perc – Str
Bühne: Perc – Banjo od. Mand
Universal LM – KA UE 9476 /
TB UE 9477 / TB UE 9535
(mit op. 49 und op. 55)
r
op. 55
25’
Schwergewicht oder
Die Ehre der Nation
1927
Burleske Operette in einem Akt
Text von Ernst Krenek
UA: 1928, Wiesbaden
Ochsenschwanz (Bbuffo), Evelyne (S),
Gaston (T), Prof. Himmelhuber (Bar),
Anna Maria Himmelhuber (MS),
2 kleinere Partien, 2 stumme Rollen
2.2.2.2 – 0.2.2.0 – Timp, Perc – Pft – Str
Universal LM – TB UE 9475 / TB UE 9535
(mit op. 49 und op. 50) / KA UE 9474
1
op. 60
120’
Leben des Orest
1928 / 29
Große Oper in fünf Akten (acht Bildern)
Text von Ernst Krenek
UA: 1930, Leipzig
Agamemnon (T), Klytämnestra (A),
Elektra (S), Iphigenie (MS), Orest (Bar),
Aegisth (T), Anastasia (A), Aristobulos
(Bar), Ein Ausrufer (Bar), Ein Hirt (Bar),
Thoas (Bar), Thamar (S), einige kleine
Partien
Chor – 2.3.3.2. – 2.3.2.1 – Timp, Perc –
Harm, Banjo, Pft – Str
Universal LM – KA UE 9798 / TB UE 9799
1
op. 66
150’
Kehraus um St. Stephan
1930
Satire mit Musik in zwei Teilen
(19 Szenen)
Text von Ernst Krenek
UA: 1990, Wien
O. Brandstetter (T), S. Kundrather (Bar),
F. Kundrather (T), M. Kundrather (S),
Ein Flurwächter (Bar), A. Koppreiter
(Bar), Schwoistaler (Bar), E. v. Kereszthely (T), E. Torregiani (MS), N. Rittinghaus (MS), Kabulke (Bar)
Chor – 2.2.4.2 – 2.2.2.1 – Timp, Perc (3)
– Glsp, Xyl, Git, Mand, Harm, Pft – Str
Bärenreiter LM
1
op. 73
180’
Karl V.
1932 / 33
Bühnenwerk mit Musik in zwei Teilen
Text von Ernst Krenek
UA: 1938, Prag
Karl V. (Bar), Juana (A), Eleonore (S),
Ferdinand (T), Isabella (S), J. de Regla
(Sprechrolle), F. Borgia (T), Franz I. (T),
Frangipani (T), Luther (Bar), einige kleinere Gesangspartien und Sprech­rollen
Chor – 2.2.3.2 – 4.2.2.1 – Timp, Perc (1)
– Xyl, Glsp – Hfe, Mand – Str
hinter der Szene: mehrere Trp, 4 kleine
Glocken, Becken, Donnermaschine
Universal LM – KA UE 10530 /
TB UE 10531
r
op. 77
30’
Cefalo e Procri
1933 / 34
Oper in einem Prolog und drei Bildern
Text von Rinaldo Küfferle
56
UA: 1934, Venedig
Cefalo (T), Procri (S), Diana (A),
Aurora (S), Crono (Bar)
1.1.1.1 – 2.1.1.0 – Timp, Perc (1) –
Pft – Str
Universal LM
1
op. 80a
150’
L’Incoronazione di Poppea
(Die Krönung der Poppea)
1935 / 36
Oper in zwei Teilen (sieben Bildern),
von Claudio Monteverdi bearbeitet
von Ernst Krenek
UA: 1937, Wien
Poppea (MS), Nero (T), Oktavia (MS),
Ottone (Bar), Drusilla (S), Arnalta (A),
Seneca (Bar), 4 kleinere Partien
Chor – 1.1.1.1 – 2.1.1.0 – Hfe, Harm,
Pft (oder Cemb) – Str
Universal LM – KA UE 10902
1
op. 90
Tarquin
1940
Kammeroper in zwei Teilen
(acht Szenen)
Text von Emmet Lavery (deutsch von
M.-C. Schulte-Strathaus und P. Funk)
UA: 1941, Poughkeepsie (Auszüge),
New York; 1950, Köln (gesamt)
Marius (Bar), Corinna (S), Cleon (T),
Der Erzbischof (B), Der Kanzler (T),
4 Sprechrollen und Ensemble
0.0.1.0 – 0.1.0.0 – Perc, 2 Pft, Vl
LM Universal – KA UE 33831
r
op. 111
45’
What Price Confidence? /
Vertrauenssache
1945
Kammeroper in neun Szenen
Text von Ernst Krenek (englisch, deutsch)
UA: 1962, Saarbrücken
Gloria (S), Vivian (MS), Richard (T),
Edwin (Bar)
Pft
Bärenreiter LM
r
op. 125
55’
Dark Waters / Dunkle Wasser
1950
Oper in einem Akt
Text von Ernst Krenek (englisch, deutsch)
UA: 1951, Los Angeles, California
Claire (A), Joe (Bar), Phil (T), Mädchen (S),
zwei Gangster (B und T), Tom (B)
1.1.1.1 – 2.1.1.0 – Perc – Pft – Str
Bärenreiter LM
1
op. 144
130’
Pallas Athene weint
1952 / 53 / 55
Oper in einem Vorspiel und drei Akten
Text von Ernst Krenek
UA: 1955, Hamburg
Pallas Athene (MS), Sokrates (Bbar),
Alkibiades (T), Meletos (T), Meton (Bar),
Althaea (S), Agis (B), Timaea (S),
Lysander (T), 4 kleine Partien (T und Bar)
Chor – 2.2.2.2 – 4.2.2.0 – Timp, Perc (3)
– Hfe, Cel, Pft – Str
Universal und Schott LM –
KA UE 12435 / TB UE 12436
r
op. 153
58’
The Belltower / Der Glockenturm
1955 / 56
Oper in einem Akt (drei Szenen)
Text von Ernst Krenek (englisch, deutsch)
nach der Erzählung von Herman Melville
UA: 1957, Urbana, Illinois
Bannadonna (B), Una (S), zwei Senatoren
(T und Bar), zwei Arbeiter (T und Bar)
Chor – 1.1.1.0 – 0.1.1.0 – Perc (4) –
Pft (2) – Str
Bühne: 2 Trp, Pos
Bärenreiter LM
57
1
op. 179
80’
Ausgerechnet und verspielt
1961
Eine „Spiel“-Oper bzw. Fernsehoper
Text von Ernst Krenek
US: 1962, Wien
UA: 1990, Bielefeld
Markus (Bar), Ginette (S), Fernando (T),
Lucille (MS), Geraldine (A), Hamilton
(Bar), Bürochef (Bar), Marcel (Sprech­
rolle), zwei Fernseh-Operateure (T und
Bar), Sestina (MS)
Chor – 1.1.1.0 – 0.1.1.0 – Perc (5) – Git,
Hfe, Cemb, 2 Pft, Harm, Cel – Str
Bärenreiter LM
1
op. 186
150’
Chrysomallos / Der goldene Bock
1963
Oper in vier Akten
Text von Ernst Krenek (deutsch, englisch)
UA: 1964, Hamburg
Athamas (Bar), Ino (MS), Nephele
(KS), Pelias (T), Jason (Bar), Phrixos (T),
Chairosthenes (T), Phineus (Bar),
Melachron (Bar), Chattahoochie (Bar),
Abisorontas (MS), Medea (MS),
Chrysomallos (T), Glaukis (MS)
Chor – 2.2.2.2 – 2.3.3.0 – Timp,
Perc (5) – eGit, Hfe, Pft, Cel – Str
Bärenreiter LM – KA BA 4346a
1
op. 192
85’
Der Zauberspiegel
1963 – 1966
Fernsehoper in vierzehn Bildern
Text von Ernst Krenek
US: 1967, München
Ein chinesischer Kaiser (B), Liu Tsao
(MS), Francesco (T), Pierre (B), Carola (S),
Rudolf (T), Barban (B), Vera (A),
Ein Diener (T), Ein U-Bahn-Schaffner
(stumme Rolle), Statisterie
1.1.1.1 – 1.1.1.0 – Perc (4) – Hfe, eGit,
Glsp, Vib, Xyl, Zither, Zymbal, 3 Pft,
Cemb, Cel, Harm – Str
Bärenreiter LM – KA BA 4169a
1
op. 206
100’
Sardakai oder Das kommt davon
1968 / 69, rev. Fassung 1971
Oper in elf Szenen
Text von Ernst Krenek
UA: 1970, Hamburg
Sardakai (S), Urumuru (B), Dr. Adriano
(Bar), Aminta (MS), Carlo Murbruner (T),
Heloise (MS) – Statisterie
1.1.2.1 – 1.1.1.0 – Timp, Perc (6) –
Cel, Hfe, 2 Pft, eGit – Str
Bärenreiter LM – TB 6083
r
op. 217
25’
Flaschenpost vom Paradies oder
Der englische Ausflug
1972 / 73
Fernsehspiel
Text von Ernst Krenek
US: 1974, Wien
Himmelsfigur (Tänzerin), Junger Mann
(einer der Eingeborenen) (Tänzer);
Eingeborene von Migo Migo, drei
Ingenieure, Kunden und Beamtin in
der Regional Bank, zwei Gangster,
ein Einsiedler, Postbeamte (6-8 Mimen);
ein (oder mehrere) Sprecher
Tonb
Live: einige Chorstimmen, Perc,
Pft (nach Bedarf)
Ms., nicht verlegt / not published
58
Ballette
r
r
op. 37
40’
Mammon
1925
Choreographisches Bild
Text von Béla Balázs
UA: 1927, München
2.2.2.3 – 3.3.2.1 – Timp, Perc – Xyl,
Hfe – Str
Universal LM
r
op. 38
20’
Der vertauschte Cupido
1925
Ballett nach Les fêtes de l’Hymen et
de l’Amour (Jean-Philippe Rameau)
UA: 1925, Kassel
2.2.0.2 – 0.2.0.0 – Streichquintett
Universal
nicht veröffentlicht / not published
r
op. 85
60’
Eight Column Line
1939
Ballett von Truda Kaschmann und
Alwin Nikolais
UA: 1939, Hartford, Connecticut
Fl, Klar, Bassklar, Trp, Pft – 2 Vl, Vla, Vlc
Universal LM – SP UE 33414
r
op. 162a
20’
Jest of Cards
1962
Ballettmusik
UA: 1962, San Francisco, California
Arrangement von op. 162 Marginal
Sounds für Pft, Vl, Vc und Perc
Ms., nicht verlegt / not published
op. 180
20’
Alpbach Quintett (5+1)
1962
Ballett für Bläserquintett und Schlagzeug
UA: 1962, Alpbach
Fl, Ob, Klar, Fag, Hrn, Perk
Universal – SP UE 18247 /
Stimmen UE 18248K
Bühnenmusiken,
Marionettentheater
op. 41
Die Rache des verhöhnten
Liebhabers
1925
Musik zu einem Marionettenspiel
in zwei Akten für Stimme, Violine und
Klavier
UA: 1926, Zürich
Bärenreiter LM
op. 43
Der Triumph der Empfindsamkeit
1925
Musik zum Spiel von Johann
Wolfgang von Goethe
UA: 1926, Kassel
2.2.2.2. – 0.2.3.0. – Timp, Perc,
Mand, Hfe – Str
Universal
nicht veröffentlicht / not published
op. 46
Ein Sommernachtstraum
1926
Bühnenmusik zum Spiel von
William Shakespeare
UA: 1926, Heidelberg
0.0.2.1. – 2.0.0.0. – Perc – 2 Vl
Ms., nicht verlegt / not published
59
op. 46a
Herr Reinecke Fuchs
1931
Musik zum Spiel von H. Anton
UA: ?
2 Stimmen (Kantant/Krayant), Klar, Trp,
Vl, Pft, Perc
nicht verlegt / not published
op. 52
Marlborough s’en va-t-en guerre
1927
Begleitmusik zu Marcel Archards
Komödie als Puppenspiel
UA: Kassel, 1927
Pft – Timp
Ms./Partitur-Abschrift
nicht verlegt / not published
op. 176
Jedermann
1961
Begleitmusik zur Salzburger Aufführung
von Hofmannsthals Spiel
UA: Salzburg, 1962
Chor – 2 Solostimmen – 1.1.2.1 –
2.2.2.0 – Perc, Git, – Str
Ms., nicht verlegt / not published
r
op. 188
35’
König Oedipus
1964
Begleitmusik zu den Schauspielen Oedipus tyrannus und Oedipus auf Kolonnos
von Sophokles
US: Salzburg, 1965
Ms., nicht verlegt / not published
Dramatische Szenen
r
op. 129
16’
Medea
1951
Dramatischer Monolog für
Mezzosopran und Orchester
Text Euripides (englisch von Robinson
Jeffers, deutsch von Ernst Krenek)
UA: 1953, Philadelphia
2.2.2.2 – 4.2.2.1 – Perc (2) – Str
Bärenreiter LM – KA BA 3570a
r
op. 227
28’
They Knew What They Wanted /
Die wussten, was sie wollten
1976 / 77
für Erzählerin und kleines Ensemble
Texte von Ernst Krenek nach Boccaccio
III/3, Genesis 38:1-26, Pausanias bzw.
Vergil (englisch, deutsch)
UA: 1978, New York
Ob, Pft, Perc, Tonb
Rongwen/Broude – R.M. 3544
r
op. 229
20‘
The Dissembler / Der Versteller
1978
Monolog für Bariton und Kammer­
orchester
Text von Ernst Krenek (englisch, deutsch,
mit Zitaten aus anderen Sprachen)
UA: 1979, Baltimore, Maryland
1.1.1.1 – 1.1.1.0 – Perc (4) –
Cel, Hfe, Pft – Str
Bärenreiter LM
62
1900 –1991 Ernst Krenek
1900 geboren am 23. August in Wien
1906 erster Musikunterricht und erste Kompositionsversuche
1916 Beginn des Studiums bei Franz Schreker an der
Wiener Musikakademie
1918Militärdienst
1919 Philosophiestudium an der Wiener Universität
(zwei Semester)
1920 –23 folgt Franz Schreker an die Staatliche Musikhochschule
in Berlin; Begegnung mit Ferruccio Busoni, Hermann
Scherchen, Eduard Erdmann, Artur Schnabel u.a.
1921 erste Kompositionen in freier Atonalität
1923 –25 Aufenthalt in der Schweiz, Begegnung mit Friedrich
Gubler (Feuilleton-Chef der Frankfurter Zeitung),
Rainer Maria Rilke und Werner Reinhart
1924 erste Begegnung mit Theodor W. Adorno; Reise nach
Frankreich; Auseinandersetzung mit der Musik Igor
Strawinskys und „Les Six“; kompositorische Annäherung an den Neoklassizismus; heiratet Anna Mahler
1925 –27 Assistent von Paul Bekker an der Staatsoper Kassel;
literarische Auseinandersetzung mit der Gattung Oper;
Beschäftigung mit der Musik Schuberts; „romantische“
Kompositionsphase
1927 folgt Paul Bekker als Assistent an die Staatsoper
Wies­baden; Uraufführung von Jonny spielt auf in
Leipzig; internationale Anerkennung
1928 heiratet die Schauspielerin Berta Haas (Hermann);
Rückkehr nach Wien; Bekanntschaft mit Karl Kraus
1929 Nordafrikareise; Intensivierung der lebenslangen
literarischen Tätigkeit, insbesondere für die Musikzeitschrift Anbruch und die Frankfurter Zeitung; Ausei­
nan­dersetzung mit musikästhetischen Fragen und der
Zwölftontechnik
1932–33 mit Alban Berg, Rudolph Ploderer und Willi Reich
Gründung der Musikzeitschrift Dreiundzwanzig; tätig in
der IGNM; erste Kompositionen in Zwölftontechnik
1933 Kompositionsauftrag der Wiener Staatsoper für Karl V.;
Krenek wird in Deutschland auf die schwarze Liste der
Nazis gesetzt
63
1934 aus politischen Gründen wird die Aufführung von Karl V.
vom Unterrichtsminister verhindert; Spanienreise
1935 –37 rege literarische Tätigkeit; freie Konzert- und Vortrags­
tätigkeit in Wien und anderen Städten; Beiträge für die
Wiener Zeitung
1937 erste Amerikareise
1938 zweite Amerikareise; verlässt Österreich nach dem
Anschluss an das Deutsche Reich; Vorträge und
Konzerte im amerikanischen Exil
1939 – 42 Professor of Music am Vassar College in Poughkeepsie,
N.Y.; Gastvorlesungen an den Universitäten von
Michigan und Wisconsin
1942– 47 Professor of Music, Head of the Department of Music
und Dean of the School of Fine Arts an der Hamline
University, St. Paul, Minnesota
1945 Zuerkennung der amerikanischen Staatsbürgerschaft
1947– 49 Gastvorlesungen an Universitäten und Colleges in New
Mexico, Los Angeles und am Chicago Musical College
1947–66 ständiger Wohnsitz in Los Angeles
1948 deutsche Erstveröffentlichung der Autobiografie
Selbstdarstellung
1950 heiratet die Komponistin Gladys Nordenstrom;
Wiederaufnahme von Konzert- und Vortragsreisen in
Europa; Dozent bei den Darmstädter Ferienkursen
1954 Krenek Festival in Madison, Wisconsin
1956 serielle Kompositionen; Beschäftigung mit elektronischer
Musik und mittelalterlichem Kontrapunkt
1957 Gastprofessur an der Princeton University
1960 Krenek-Festival in Venedig
1963 Krenek-Festival der North Carolina Music Society in
Raleigh, North Carolina
1965 Krenek-Festival in Minneapolis/St. Paul, Minnesota;
Gastprofessur an der Brandeis University in Waltham,
Massachusettes
1966 Umzug nach Palm Springs, California
1967 Gastprofessur am Peabody Institute in Baltimore,
Maryland, und an der University of Hawaii
1968 Europareise mit intensiver Dirigier- und Lehrtätigkeit
1969 erstes Krenek-Festival beim „steirischen herbst“ in Graz
64
1974 Krenek-Festival der California State University Northridge
1975 Feier zum 75. Geburtstag am College of the Desert in
Palm Desert, California; Twin Cities Music Festival
in Honor of Ernst Krenek der Hamline University in
Minnesota; Krenek-Festivals: California State University
Northridge, University of California San Diego
1978 Gründung des Ernst-Krenek-Archivs an der University
of California San Diego
1979 Krenek-Festival der University of California Santa Barbara
1980 Gründung des Ernst-Krenek-Archivs in der Wiener
Stadt- und Landesbibliothek; Zehn-Städte-Tour durch
die Vereinigten Staaten und Kanada (Goethe Institut)
1982 Ausstellung der Wiener Stadt- und Landesbibliothek Dank
an Ernst Krenek; Beginn jährlicher Sommer­aufenthalte
im Mödlinger Arnold-Schönberg-Haus
1984 Erstaufführung von Karl V. an der Wiener Staatsoper
1985 Krenek-Festival der University of California San Diego
1986 Erster Kompositions-Wettbewerb um den Ernst-KrenekPreis der Stadt Wien
1990 Erster Newsletter des Ernst-Krenek-Archivs (USA)
1991 gestorben am 22. Dezember in Palm Springs
1992 Überführung und Beisetzung in einem Ehrengrab
der Stadt Wien
1994 Gründung des Ernst-Krenek-Vereins in Palm Springs
1997 Gründung des Ernst Krenek Instituts in Wien
1998 Erstveröffentlichung der Autobiografie Im Atem der Zeit.
Erinnerungen an die Moderne
2000 Ausstellung der Wiener Stadt- und Landesbibliothek
Ernst Krenek. Zeitgenosse des 20. Jahrhunderts zum
100. Geburtstag
2004 Gründung der Ernst Krenek Institut Privatstiftung in
Krems an der Donau, Österreich
2008 Eröffnung des Ernst Krenek Forum im Minoritenkloster
Stein in Krems an der Donau mit einer Dauerausstellung
zu Ernst Krenek
2012 Neuauflage der Autobiografie Im Atem der Zeit.,
einschließlich einer Hörbuchfassung, sowie Veröffent­
lichung einer Anthologie mit ausgewählten Texten
von Krenek (In der Zeiten Zwiespalt)
65
1900 –1991 Ernst Krenek
1900 born on 23 August in Vienna
1906 first music lessons; first compositions
1916 begins his studies with Franz Schreker at the Vienna Music Academy
1918 military service
1919 study of philosophy at the University of Vienna (two semesters)
1920 –23 Krenek follows Franz Schreker to the State School for Music in Berlin;
meets Ferruccio Busoni, Hermann Scherchen, Eduard Erdmann,
Artur Schnabel and others
1921 first compositions using free atonality
1923 –25 residence in Switzerland; encounters Friedrich Gubler (arts section
editor of the Frankfurter Zeitung), Rainer Maria Rilke, and
Werner Reinhart
1924 first encounter with Theodor W. Adorno; trip to France; acquitance
with the music of Igor Strawinsky and “Les Six”; compositional
approach to neoclassicism; marries Anna Mahler
1925–27 assumes post as Paul Bekker’s assistant at the Kassel State Opera;
essays on opera; study of Schubert’s music; “romantic” compo­
sitional phase
1927 follows Paul Bekker as his assistant to Wiesbaden State Opera;
premiere of Jonny spielt auf in Leipzig; international recognition
1928 marries actress Berta Haas (Hermann); returns to Vienna;
meets Karl Kraus
1929 trip to North Africa; intensification of life-long literary activity;
writes for the music journal Anbruch and for the Frankfurter
Zeitung; exploration of music esthetic questions, study of twelvetone-technique
1932–33 founds music journal Dreiundzwanzig together with Alban Berg,
Rudolph Ploderer, and Willi Reich; active in the International Society
for New Music; first compositions using twelve-tone technique
1933 commissioned by the Vienna State Opera for Karl V;
Krenek’s name put on the Nazis’ blacklist in Germany
1934 following a Nazi-tainted campaign, the minister of education
cancels the première of Karl V; trip to Spain
1935–37 intense literary activity; writes articles for the
Wiener Zeitung; concerts and lectures in Vienna
and other cities
1937 first trip to the USA
66
1938 second trip to the USA; leaves Vienna directly after
Austria’s Anschluss to the German Reich; concerts and
lectures in American exile
1939 – 42 Professor of Music at Vassar College in Poughkeepsie,
N. Y.; guest lecturer at the Universities of Michigan and
Wisconsin
1942– 47 Professor of Music, Head of the Department of Music,
and Dean of the School of Fine Arts at Hamline
University, St. Paul, Minnesota
1945 Receives American citizenship
1947– 49 guest lecturer at universities and colleges in New Mexico
and Los Angeles and at the Chicago Musical College
1947– 66 permanent residence in Los Angeles
1948 first publication of his autobiography Selbstdarstellung
in German
1950 marries composer Gladys Nordenstrom; resumes of
concert and lecture tours in Europe; lecturer at the
International Darmstadt Summer Courses
1954 Krenek Festival in Madison, Wisconsin
1956 serial compositions; study of electronic music and
medieval counterpoint
1957 guest professor at Princeton University
1960 Krenek Festival in Venice
1963 Krenek Festival founded by the North Carolina Music
Society in Raleigh
1965 Krenek Festival in Minneapolis/St. Paul, Minnesota;
guest professor at Brandeis University in Waltham,
Massachusetts
1966 moves to Palm Springs, California
1967 guest professor at Peabody Institute in Baltimore,
Maryland and at the University of Hawaii
1968 European tour with rigorous conducting and teaching
activities
1969 first Krenek Festival at the “steirischer herbst” arts
festival in Graz, Austria
1974 Krenek Festival at California State University Northridge
1975 75th birthday celebration at the College of the Desert
in Palm Desert, California; Twin Cities Music Festival
67
in Honor of Ernst Krenek at Hamline University in Minnesota; Krenek festivals at California State University
Northridge and University of California, San Diego
1978 Ernst Krenek Archive founded at the University of
California San Diego
1979 Krenek Festival at the University of California Santa
Barbara
1980 Ernst Krenek Archive founded in the Vienna City and
State Library; 10-city-tour through the USA and Canada
(sponsored by the German Goethe Institut)
1982 Our Thanks to Ernst Krenek, exhibition by the Vienna
City and State Library; Krenek begins to spend summers
at the Arnold Schönberg House in Mödling (near
Vienna)
1984 première of Karl V at the Vienna State Opera
1985 Krenek Festival, University of California San Diego
1986 first composition competition for the Ernst Krenek
Prize of the City of Vienna
1990 Krenek Archive (USA) Newsletter first published
1991 dies on 22 December in Palm Springs
1992 transferral of remains and burial in an honorary grave
contributed by the City of Vienna
1994 Ernst Krenek Society Palm Springs founded
1997 Ernst Krenek Institute Vienna founded
1998 first publication of his autobiography Im Atem der Zeit.
Erinnerungen an die Moderne
2000 Ernst Krenek. Companion of the Twentieth Century,
exhibition by the Vienna City and State Library to mark
his 100th birthday
2004 Ernst Krenek Institute Private Foundation, Krems an
der Donau, Austria, founded
2008 inauguration of the Ernst Krenek Forum, Minoritenkloster
Stein, Krems an der Donau; permanent exhibition
dedicated to his life and work
2012 reprint of Kreneks autobiography Im Atem der Zeit.
Erinnerungen an die Moderne, including a version for
audiobook; publication of an anthology of eclectic
texts (In der Zeiten Zwiespalt)
68
Ausgewählte Literatur zu Leben
und Werk (Schwerpunkt Bühnenschaffen) von Ernst Krenek
Ernst Krenek, Im Atem der Zeit.
Erinnerungen an die Moderne, Brau­
müller Verlag, Wien 2012 (Reprint
der dt. Ausgabe 1998)
Ernst Krenek, Im Atem der Zeit. Erinnerungen an die Moderne, Auszüge,
zusammengestellt von Matthias Henke,
gelesen von Cornelius Obonya, Hörbuch,
6 Audio-CDs, Braumüller Verlag, Wien
2012
Claudia Maurer Zenck, Ernst Krenek –
Briefwechsel mit der Universal Edition
(1921–1941), 2 Bde, Böhlau Verlag,
Köln 2010
Matthias Henke, Ernst Krenek Forum
(Hg.), Ich hab’ von dem fahrenden
Zuge geträumt. Die Lebensreise des
Komponisten Ernst Krenek, oder
The One-Man History of TwentiethCentury Music, Buch zur Ausstellung,
Ernst Krenek Forum, Krems 2008
Claudia Maurer Zenck (Hg.), „Der
zauberhafte, aber schwierige Beruf des
Opernschreibens“. Das Musiktheater
Ernst Kreneks, Ernst Krenek Studien,
Bd. 2, Edition Argus, Schliengen 2006
Matthias Schmidt, Ernst Krenek, in:
Musik in Geschichte und Gegenwart.
Allgemeine Enzyklopädie der Musik,
Personenteil Bd. 10, zweite neubearbeitete Ausgabe, Ludwig Finscher (Hg.),
Bärenreiter Verlag, Kassel, Basel u.a.
2003
Matthias Schmidt (Hg.), Ernst Krenek.
Zeitgenosse des 20. Jahrhunderts.
Companion of the twentieth century,
Buch zur Ausstellung, Wiener Stadtund Landesbibliothek, Wien 2000
69
Norbert Rubey und Herwig Würtz (Hg.),
Ernst-Krenek-Archiv, Musikhandschriften
in der Wiener Stadt- und Landesbibliothek, Wiener Stadt- und Landesbibliothek, Wien 1996
Ernst Krenek, Die amerikanischen
Tagebücher 1937–1942. Dokumente
aus dem Exil, Claudia Maurer Zenck
(Hg.), Böhlau Verlag, Wien 1992
John L. Stewart, (Friedrich Saathen,
Übersetzung und Bearbeitung), Ernst
Krenek. Eine kritische Biographie,
Schriftenreihe zur Musik, Bd. 4,
Schneider Verlag, Tutzing 1990
Garrett H. Bowles, Ernst Krenek. A
bio-bibliography, Greenwood Press,
New York 1989
Claudia Maurer Zenck (Hg.), Der hoffnungslose Radikalismus der Mitte:
Briefwechsel Ernst Krenek – Friedrich
T. Gubler, 1928–1939, Böhlau Verlag,
Wien, Köln 1989
Ernst Krenek, Im Zweifelsfalle. Aufsätze
zur Musik, Europaverlag, Wien 1984
Heinz Klaus Metzger und Rainer Riehn,
Ernst Krenek, Musik-Konzepte 39/40,
edition text+kritik, München 1984
Otto Kolleritsch und Carl Dahlhaus (Hg.),
Ernst Krenek, Studien zur Wertungs­
forschung, Bd. 15, Universal Edition,
Wien 1982
Claudia Maurer Zenck, Ernst Krenek –
ein Komponist im Exil, Verlag Elisabeth
Lafite, Wien 1980
Wolfgang Rogge, Ernst Kreneks Opern
im Spiegel der Zwanziger Jahre,
Möseler Verlag, Wolfenbüttel 1970
Ernst Krenek, Das musikdramatische
Werk, 3 Bde., Franz Eugen Dostal
(Hg., Österreichische Dramatiker der
Gegenwart, Bd. XXI , XXII, XXIV),
Österreichische Verlagsanstalt, Wien
1974/1977/1982
Wolfgang Rogge (Hg.), Briefwechsel.
Theodor W. Adorno und Ernst Krenek,
Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main
1974
Lothar Knessl, Ernst Krenek. Eine Studie,
Österreichische Komponisten des
XX. Jahrhunderts, Bd. 12, Verlag
Elisabeth Lafite Wien, Österreichischer
Bundesverlag, Wien 1967
Ernst Krenek, Selbstdarstellung,
Atlantis-Musikbücherei, Zürich 1948
Alexander Doent und Manfred
Per­moser, Ernst Krenek, 2012, in:
Komponisten der Gegenwart – KDG,
Hanns-Werner Heister und Walter
Wolfgang Sparrer (Hg.), Loseblattwerk,
edition text+kritik, München
Ernst Krenek Institut
In der Nachfolge des Vereins Ernst Krenek, der 1997 in Wien
ins Leben gerufen worden war und Träger des Ernst Krenek
Instituts war, kam es 2004 zur Gründung der Ernst Krenek
Institut Privatstiftung. Sie hat zum Ziel, das kompositorische
und schriftstellerische Werk Ernst Kreneks bekannter und
der Öffentlichkeit und Wissenschaft zugänglich zu machen.
Gladys Nordenstrom Krenek stiftete dem Institut den Nachlass
ihres Mannes, der nun wissenschaftlich aufgearbeitet und
verbreitet wird. Dem an der Donau-Universität Krems ange­
siedelten Institut ist seit 2008 das Ernst Krenek Forum
angeschlossen, eine Ausstellungsfläche im Minoritenkloster
Krems/Stein, das einen umfassenden Einblick in Kreneks
Leben und Werk bietet.
In 2004, the Ernst Krenek Institute Private Foundation was
established as a follow-up to the Ernst Krenek Association,
which was founded in 1997 in Vienna to run the Ernst Krenek
Institute. Its goal is to make Ernst Krenek’s compositions and
writings more well-known and more accessible to the public
and scientific communities. Gladys Nordenstrom Krenek
endowed to the institute her husband’s estate, which is now
being scientifically catalogued and prepared for dissemination.
Located at the Danube University Krems, the Ernst Krenek
Institute is also affiliated with the Ernst Krenek Forum, an
exhibit space in a former Minorite Monastery in Krems/Stein,
which has been organizing events and exhibitions since 2008,
in order to offer the public an in-depth view into Krenek’s
life and work.
www.krenek.com