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Juni/Juli 2010 (Nr. 18) Die deutschsprachige Zeitung zum Leben in Piter Stadtnachrichten S. 4 >>> Schweizer und Russen für saubere Seen Vom Ticker Petersburger “AntiEhrenbürger” kommt aus Finnland mm.- Der Projekt-Direktor der finnischen StockmannGruppe, Jussi Kuutsa, wurde mit einigen Stimmen Vorsprung von der Bürgerinitative “Lebendige Stadt” zum “UnEhrenbürger der Stadt St. Petersburg” gewählt. Der Preis – ein Ziegel aus dem von der Stockmann Gruppe abgerissenen Areal an der Ecke Newski Prospekt – Uliza Wostanija – wird ihm zugestellt. Die Bürgerinitative “Schiwoi Gorod” (Lebendige Stadt) wählt diese Form des Protests um gegen die Missachtung des Denkmalschutzes beim Bau des neuen Verkaufskomplexes zu protestieren. Eine Reaktion des “ausgezeichneten” Finnen liegt noch nicht vor. Der 45-jährige Projektvorstand des finnischen Mischkonzerns hatte in St. Petersburg und mit dem Stockmann Komplexe keinen leichten Stand. Das Filet-Grundstück stand seit der Perestroika immer wieder im Kreuzfeuer. In den 90er bis 2005 war das Areal zeitweise im Besitz der deutschen SP-AG in Berlin für die der damalige Vizegouverneur und jetzige Ministerpräsident Wladimir Putin als Vertreter der Stadt im Berairat saß. Die Firma geriet in Deutschland in den Fokus der Aufsichtsbehörden, und das Projekt ging erst 2006 mit dem Einstieg von Stockmann wieder auf die Zielgerade. Der Komplex soll im Herbst 2010 eröffnet werden. Der AntiEhrenbürger Jussi Kuutsa wird das bestenfalls in seiner neuen Funktion erleben. Er wechselt im August von Stockmann als Country Manager zum Bauspezialisten SRV nach Moskau. Stadtnachrichten S. 4 >>> Volkspolizist Dymowski plant Bürgerpicknkick Kultur S. 5 >>> “Neues Museum” auf Wassili-Insel www.spzeitung.ru Wirtschaft S.10/11 >>> Petersburger Wirtschaftsforum PEF Fotogalerie S. 12 >>> Demo für Versammlungsfreiheit Altkanzler Schröder verteilte Jahreszeugnisse an der Deutschen Schule Bundeskanzler a.D. Gerhard Schröder überreichte an der Deutschen Schule persönlich die ersten Jahreszeugnisse. Zusammen mit Nordstream-Direktor Matthias Warnig überbrachte er die Botschaft, dass weitere Sponsorengelder für die Schule zusammen gekommen sind. Von Eugen von Arb Gut gelaunt traf Gerhard Schröder in der Deutschen Schule auf der Wassili-Insel ein, begrüsste Schulkinder und Eltern und liess sich von Schulleiterin Magdalena Schmid durch das Schulhaus führen. Mit Vergnügen liess er sich in den Klassenzimmern auf Gespräche mit den Kindern ein, beantwortete ihre Fragen und erzählte aus der eigenen Schulzeit. Während seinem Auftritt in der Aula betonte Schröder, dass die Deutsche Schule Durchwegs gute Zensuren - “Lehrer” Schröder ist zufrieden. Bild: Eugen von Arb/SPB-Herold für ihn ein persönliches Anliegen sei, nicht nur weil er persönlich durch seine beiden Adoptivtöchter und Nordstream mit der Stadt verbunden sei, sondern auch weil sie Deutschland und Russland einander näher bringe und für den Wirtschaftsstandort Petersburg wichtig sei. Nordstream sponsert Deutsche Schule Ausserdem, so schloss er, mache es einfach Spass, glückliche Kinder zu sehen. Danach verteilte er den 15 Kindern ihr erstes Jahreszeugnis und liess es sich nicht nehmen, die durchwegs guten Noten zu kommentieren. Im Namen der Gouverneurin der Stadt St. Petersburg gratulierte auch die Vorsitzende des Bildungskomitees Olga Iwanowa Lehrern und Schülern zu ihrem ersten Schul-Geburtstag. Nicht zufällig wurde Schröder von NordstreamDirektor Mattias Warnig begleitet, der nach den Zeugnissen gewissermassen das “Geschenk” an die Schule in Form eines Sponsorenbeitrags von 50.000 Euro überbrachte. Weitere namhafte Beträge wurden durch deutsche und russische Unternehmen gespendet, womit der Fortgang der Schule bis auf weiteres gesichert ist. Die Wichtigkeit einer solchen Schule erfuhr Warnig beim Werdegang der eigenen Tochter, die wegen des Fehlens einer Möglichkeit in Russland das deutsche Abitur zu absolvieren, ein Internat besuchen musste. Den Schulbesuch rundete eine kurze Fussball-Session mit Schröder, der zwar kein Tor schoss, aber für gute Laune im Publikum sorgte. Anschliessend fuhren Schröder und Warnig weiter zum nahe gelegenen Lenexpo-Gelände, wo sie am Wirtschaftsforum teilnahmen. PEF: Staatssekretär Jean-Daniel Gerber am Wirtschaftsforum eva.- Staatssekretär JeanDaniel Gerber nahm mit einer Delegation des schweizerischen Staatssekretariats für Wirtschaft (SECO) am Petersburger Wirtschaftsforum teil. Aus diesem Anlass organisierte das Schweizer Generalkonsulat St. Petersburg einen Empfang. Gerber erklärte seinen Gästen kurz, welche Interessen das SECO am PEF verfolgt. Im Zentrum der Verhandlungen steht das Freihandelsabkommen, welches die EFTA mit Russland absch- Erfahrener Delegationsleiter: Jean-Daniel Gerber. Bild: Eugen von Arb/SPB-Herold liessen möchte. Es würden schwierige Verhandlungen meinte Gerber – andererseits beschrieb er die Beziehungen zwischen Russland und der Schweiz als gut, lediglich die weltweite Krise hätten den Warenaustausch verringert. Brigitte Scherrer, Länderbeauftragte des SECO bezeichnete das Forum als sehr nützliche Plattform, um Kontakte zu knüpfen – es gäbe in Russland keine andere vergleichbare Möglichkeit, um über Wirtschaftsfragen zu verhandeln. Schon der Russland-Besuch von Wirtschaftsministerin Doris Leuthard 2008 stand im Zeichen des Freihandelsabkommens EFTA-Russland. Zwar unterstützt die Schweiz den Beitritt Russlands zur Welthandelsorganisation (WTO), sie möchte dem Beitritt aber mit dem Freihandelsabkommen zuvor kommen. Juni/Juli 2010 (Nr. 18) Künstler-Hooligans malen RiesenPenis auf Brücke Stadtnachrichten Seite 2 Kaiserliche Gärten - alle Macht den Blumen Protest gegen die Allmacht des russischen Polizeiapparats. (fishki.ru) eva.- In der Nacht vom 14. auf den 15. Juni wurden wie üblich die Newa-Brücken für den Schiffsverkehr hochgeklappt – so auch die Liteiny-Brücke. Doch als sie oben war, staunte man nicht schlecht: Ein 65 Meter grosser Phallus zierte die Brücke – eine Blitz-Aktion der KünstlerhooliganGruppe “Voina” (Krieg). Dank präziser Vorbereitung gelang es drei Personen innerhalb einer Minute kurz vor dem Hebemanöver den Penis auf den Brückenboden zu zeichnen. Obschon der Skandal innert Kürze bemerkt wurde, konnte der Phallus aus technischen Gründen erst nach Stunden entfernt werden. Viele Schaulustige versammelten sich vor der Brücke und einige Touristenbusse machten Extratouren zur “Phallus-Brücke”. Wie die Gruppe verlauten liess, protestierte sie damit gegen die allgegenwärtige Kontrolle durch den Polizeiapparat. Nicht zufällig wurde die LiteinyBrücke gewählt, die sich gegenüber vom “Grossen Haus”, dem Petersburger Geheimdienst-Hauptquartier befindet. Einer der “Voina”-Aktivisten wurde festgenommen, und nach zwei Tagen wieder frei gelassen. Leonid Nikolajew mit dem Künstlernamen Lenja E****ny ist schon durch ähnliche Aktionen bekannt geworden. Am 20. Mai sprang er unweit des Moskauer Kremls mit einem blauen Pastikkübel auf dem Kopf auf einen parkierten Wagen des Sicherheitsdienstes mit Blaulicht - das Ganze wurde gefilmt. eva.- Im Michailowski-Park hinter dem Russischen Museum fand das dritte internationale Festival “Kaiserliche Gärten Russlands” mit zwei Dutzend Landschaftskompositionen. Parallel dazu zeigte das Museum zwei Ausstellungen zum Thema. Aus Anlass des Frankreich-Jahrs in Russland wurde die französische Gartenkultur zu einem Schwerpunkt der Ausstellung. Wichtigstes Thema in der Gartenausstellung war der Wettbewerb “Der französische Garten am Ufer der Newa”. Auf 23 Grundstücken zeigten die Teilnehmer ihre blühenden und farbenprächtigen Projekte zu diesem Thema. Unter ihnen waren freischaffende Garten-Designer sowie Firmen, die historische Themen der französischen Gartenkultur mit zeitgenössischen Mitteln umgesetzt haben. Die Kreationen reichten von relativ banalen Konstruktionen mit plumpen französischen Klischees – Guillotine, Wein, Käse und Eifelturm - bis hin zu raffiniertwitzig arrangierten Gärtchen mit Stellwänden und Bänken, die mit ihrer blühenden Umgebung verschmolzen. Die Gartenschau wurde von einem Programm mit Livemusik, Kunstschmieden, Vorträgen, Malkursen für Kinder begleitet. Bild: Eugen von Arb/ SPB-Herold Betonplatten zermalmen sechs Autos vor Baustelle Aus unerklärlichen Gründen fielen Betonblöcke einer Baustelle auf parkierte Wagen. eva.- Herunterfallende Betonplatten einer Baustelle am Konogvardeski Boulevard haben sechs Personenwagen zu Schrott zerquetscht. Bei dem Unfall wurde ein Autobesitzer in seinem Wagen ernsthaft verletzt und musste mit Kopf- und Rückenverletzungen ins Spital eingeliefert werden, schreibt Fontanka.ru. Zwar ist die Ursache für den Zwischenfall offiziell noch nicht bekannt. Aber es wird angenommen, dass das Baugerüst vor der historischen Fassade, das mit einem riesi- Innert Sekunden in Schrott verwandelt: parkierte Autos am Konogwardeiski Boulevard. Bild: Eugen von Arb/SPB-Herold gen Banner verdeckt ist, ins Schwanken geriet und sich die Betonelemente dabei lösten und herunterfielen. Die verantwortliche Bau- firma Inteko gehört zum Konzern der Moskauer Bürgermeistersgattin und Oligarchin Elena Baturina. Bei dem Hotelbauprojekt handelt es sich um eine typische Aushölung eines historischen Gebäudes, von dem ausser der Fassade nichts mehr übrig bleibt. Juni/Juli 2010 (Nr. 18) Fotogalerie Seite 3 Gerhard Schröder gab der Deutschen Schule gute Noten Juni/Juli 2010 (Nr. 18) Stadtnachrichten Seite 4 “Volkspolizist” Dymowsky plant “Bürger-Picknick” als Protestaktion Ex-Miliz-Major Alexei Dymowski, der mit seiner im Internet verbreiteten Rede an Putin über die Zustände im russischen Polizeiapparat für einen Skandal sorgte, will mit so genannten “Bürger-Picknicks” im ganzen Land gegen die widerrechtliche Besetzung von Erholungszonen durch die Mächtigen protestieren. Von Eugen von Arb An einer Pressekonferenz erläuterte Dymowski den Hintergrund für diese neue Art des Protests. In Zusammenarbeit mit der Bürgerrechtsbewegung “Weisses Band” will er friedlich und im Rahmen des Gesetzes Meetings an jenen Orten organisieren, wo sich einflussreiche Geschäftsleute oder Politiker illegal Land für ihre Wohnhäuser oder Datschen unter den Nagel Tritt gegen die Mächtigen und ihre Willkür an: Alexei Dymowski. Bild: Eugen von Arb/SPB-Herold gerissen haben. Konkret geht es um die geplante Datschensiedlung “Osero” an der Küste des “Komsomolskoe”-Sees bei Priosersk, zu dessen Teilhabern Premierminister Putin gehören soll. Die ganze russische Gesellschaft sei von Selbstbereicherung geprägt – die Mächtigen täten dies im grossen Stil, die Kleinen steckten sich ab und zu einen Rubel in die eigene Tasche. Deshalb sei die Korruption ein Übel, an dem praktisch jeder russische Bürger beteiligt sei und das deshalb nur gemeinsam durch anständiges Handeln aus der Welt zu schaffen sei. Darum sei auch die geplante Reform des Polizeiapparats “von oben” eine Farce. Warum sollten die Mächtigen bei sich anfangen, fragte Dymowski. Die angekündigte Kür- zung des Personalbestandes führe lediglich dazu, dass erfahrene Polizisten, die sich nicht mehr mit dem System arrangierten, den Dienst quittierten. Übrig blieben junge und unerfahrene Beamte. Die Probleme lägen viel tiefer – die Bevölkerung habe kein Vertrauen in die Polizei und die Justiz, gleichzeitig, seien die Polizisten völlig demotiviert. Ein Grossteil der Polizisten haben diesen Beruf gewählt, um nicht ins Militär zu müssen. Dabei sei ihre gesellschaftliche Position miserabel. Sie verdienten schlecht, und von den angekündigten staatlichen Vergünstigungen für sie und ihre Familien hätten sie bisher wenig zu sehen bekommen. Besonders interessant war, die Position des ExPolizisten Dymowski zu hören: “Wenn Du am einzigen freien Wochenende des Monats zum Einsatz bei einer Demo eingesetzt wirst, ist es Dir völlig egal, wofür oder wogegen die Leute demonstrieren. Du willst nur möglichst bald nach Hause, um Dich zu erholen. Darum wünschst Du Dir nur eines – nämlich dass die Veranstaltung möglichst schnell aufgelöst wird.” Die Machthaber zählten darauf, dass sich die Opposition spalte, erklärte Dymowski. Wolle eine Bürgerrechtsgruppe Erfolg haben, müsse sie ihre Einheit und die Solidarität unter den Mitgliedern wahren. Wie solidarisch sich die Petersburger Opposition mit Dymowski fühlt, wird sich bald zeigen, denn schon am 10. Juli soll das erste dieser “Bürger-Picknicks” steigen. Während der Ferien- und Datschenzeit Leute für Politik zu begeistern, dürfte besonders schwierig sein. Ein Davoser und ein Russe engagieren sich für saubere Seen in Russland Aus der Liebe zum Davoser See organisierten ein Davoser Bergbauer und ein russischer Arzt eine Aktion zur Sauberkeit der hiesigen Seen. Von Eugen von Arb Im Rahmen der Aktion “2010 – Jahr der sauberen Seen” besuchte der Davoser Landamman Hans Peter Michel das Leningrader Gebiet und zeichnete Freiwillige, die sich an der Reinigung von Seen und ihrer Umgebung beteiligt hatten, mit Medallien aus, schreibt “47News”. Mit diesem Zeichen des Vertrauens sollten die “See-Chefs” zu weiterem Engagement ermuntert werden. Ihre Aufgabe hatte darin bestanden, bis zum Beginn der Sommersaison Seen Naturparadies Karelien - hier der See bei Kawgolowo. Bild: Eugen von Arb/SPB-Herold in den Regionen Vsewoloschsk, Tosno, Vyborg und Kingisepp von Müll zu befreien. Während so genannter “Subbotniki” hatten die Enthusiasten auf ihren Territorien bis zu 12 Kubikmeter Müll (20-30 Säcke) zusammengelesen. Er hoffe, er werde bei seinem nächsten Besuch ohne Probleme das Wasser aus diesen Seen trinken können, meinte Michel gegenüber den russischen Medien. Von russischer Seite tönte es allerdings skeptischer – es sei bisweilen frustrierend: Am Abend hinterliessen die Freiwilligengruppen den Ort, und am nächsten Tag sei er wieder von Unrat übersät, meinen einige der Teilnehmer. Tatsächlich hat die Konsumwut der letzten Jahre in Russland zu einer krassen Zunahme wilder Deponien und zur Verschan- delung von Parks, See- und Flussufern mit Abfällen geführt. Unter grossem Aufsehen von russischer Seite hatten Hans Peter Michel und der russische Geschäftsmann Tamaz Mchedlize im vergangenen Jahr das so genannte “Brudersee-Projekt” zwischen dem Davosersee und dem “Blauen See” in der Petersburger Region aus der Taufe gehoben. Symbolisch wurde eine Flasche mit dem russischen Seewasser in den Davosersee ausgeschüttet. Zuvor nahm Michel aber noch einen zünftigen Schluck aus der Flache und sorgte damit beim russischen Publikum für Furore. Der FDP-Landamann gilt in seiner Region als politischer Grenzgänger und Sonderling. Der 1954 gebo- rene Bergbauer und Oberst der Schweizer Armee studierte an der Fernuni Hagen Psychologie und schrieb seine Magisterarbeit zum Thema “Chaoten sind auch nur Menschen”. Zu diesem Zweck marschierte er auch schon mal im “Scharzen Block” der Gegner des WEFs mit. Der Patron des Projekts Tamaz Mchedlize, der in Russland 18 Zahnkliniken besitzt, verbringt seit einigen Jahren mit seiner Familie den Urlaub in Davos. Er habe sich sofort in den Davosersee verliebt – und die Sauberkeit der Region, meinte er gegenüber der Davoser Zeitung. Er zeigte sich betroffen vom fehlenden Umweltbewusstsein seiner Landsleute und hofft mit der Aktion “den Müll aus den Köpfen” der Russen zu schaffen. Juni/Juli 2010 (Nr. 18) Kultur “Neues Museum” auf Wassili-Insel eingeweiht Ein privater Sammler hat auf der Wassili-Insel das “Neue Museum” mit nonkonformistischer Kunst gegründet. eva.- Auf der Wassili-Insel direkt gegenüber der MetroStation wurde das private “Neue Museum” für zeitgenössische Kunst eröffnet. Petersburg, das über kein eigenes Museum für zeitgenössische Kunst verfügt, erhält eine weitere Plattform für die neueren Kunstströmungen. Auf drei Etagen wird in erster Linie die Privatsammlung des Petersburger Unternehmers Aslan Tschechojew gezeigt. Sie besteht aus einem grossen Fond mit Werken von “Klassikern” sowjetischer und postsowjetischer nonkonformistischer Kunst, wie Oleg Zelkow, Oskar Rabin, Lidia Masterkow, Anatoli Swerewa. Unter den zeitgenössischen russischen Künstlern sind Oleg eva.- Der Fotograf Artiom Leschepjokow (geb. 1982) wuchs in Südrussland auf und organisierte seine ersten Ausstellungen in Essentuki, Kislowodsk und Pjatigorsk. Sei den letzten drei Jahren nimmt er auch an Projekten in St. Petersburg teil und wurde unter anderem mehrmals beim Canon-Fotowettbewerb ausgezeichnet. Geprägt vom klassischen Fotojournalismus Kultur - Kurz Eduard Kotschergin erhält den National Bestseller Book Prize 2010. Grosser Bestand sowjetischer und postsowjetischer Kunst im “Neuen Museum. Bild: Eugen von Arb/SPB-Herold Kulika, Leonid Rotarja, Grigori Majofisa vertreten. Der Sammler Tschechojew sagte an der Eröffnung, er wisse, dass seine Institution streng genommen kein Museum sei, und man werde sich auch nicht offiziell als solches registrieren lassen. Doch sei das “Neue Museum” auch kein kommerzielles Projekt, und man werde keine Kunstwerke verkaufen, sondern nur die Sammlung mit Neuankäufen erweitern. Im “Neuen Museum” sollen thematische Projekte gezeigt werden – im Herbst wird das Werk der nonkonformistischen Künstlerin Ewgenia Michnowa-Woitenko vorgestellt. Zu den Wechselausstellungen werden Ausstellungskataloge herausgegeben, und in Zukunft ist die Einrichtung eines Kunstateliers für Kinder geplant. Tschechojew wurde im südossetischen Zchinwali geboren und ist Chirurg, doch seit den frühen Neun- zigerjahren betätigt er sich als Geschäftsmann. Schon vor zwanzig Jahren begann er Kunst zu sammeln – seine Sammelstücke kaufte er einerseits direkt bei den Künstlern im Atelier, andererseits in Galerien und an Auktion von Häusern wie Christie`s, Sotheby`s, Phillip`s. “Novy Musei”, W.O. 6. Linia 29, geöffnet Mi-Fre 11-19, Sa-So 12-20 Uhr, Mo und Di geschl. Tel. 323-50-90. www.novymuseum.ru Galerie “Borey” im Juli - Fotografie und urbane Etüden eva.- Die Galerie Borey stellt in ihrem Juli-Programm zwei völlig entgegengesetzte Richtungen der Fotografie einander gegenüber – die poetisch-utopischen Bilder Sonja Persivals und die klassisch-schwarzweissen Reportagebilder Artiom Leschepjokows. Zu diesen Werken kommen die unkonventionellen Etüden Konstantin Poljakows. Seite 5 Fotografie und Malerei im Borey-Juli-Programm. Bild: Wikimedia Commons nimmt er das Leben auf der Strasse auf. In seiner Ausstellung “Schmale Spur” mit Schwarzweissbildern, die bis am 10. Juli zu sehen ist, steht die Begegnung mit Menschen im Mittelpunkt. Malerei erweitert den Blick Konstantin Poljakow (“Etüden” 13. bis 24. Juli) sieht in der Etüden-Malerei mehr als die Reproduktion auf einer Leinwand. Für ihn stellt der Arbeitsprozess eine Form der Meditation dar, bei der er sich einerseits in sein Motiv vertieft und gleichzeitig den Blick auf seine Umgebung erweitert. Gegenstand “einkreisen” Mit unruhigem Pinselstrich “kreist” er den Gegenstand immer wieder von neuem an und nähert sich so seiner endgültgen Form an. Um ein klar herausmodeliertes Motiv im Zentrum dreht sich die verwischte Umgebung einer Natur- oder Stadtlandschaft. Sonja Persival empfindet gleichzeitig das amerikanische Seattle, wohin sie regelmässig reist, und Petersburg, bzw. Leningrad als ihre Heimat. Zu ihrer russischen Heimatstadt hat sie ein sehr ambivalentes Hassliebe-Verhältnis, das immer wieder neue Kreativität in ihr weckt. Verträumt könnte man viele ihrer Bilder in der Ausstellung “Engel und andere” nennen, die vom 27. Juli bis am 7. August in der Galerie gezeigt wird. Auch wenn Engel nicht in allen Bildern auftreten, so hat man bei vielen Bildern das Gefühl, eine erdenferne Welt zu betreten. Mit raffinierten Ausschnitten und verfremdeten Farben versetzt Persival die Petersburger Hinterhofszene in eine unwirklich-utopische Atmosphäre. Galerie Borey, Liteiny Prospekt 58, Tel. 275-38-37, Dienstag bis Samstag von 12.00 bis 20.00 geöffnet, Eintritt frei. pd./eva.- Der russische Autor Eduard Kotschergin, dessen Erzählsammlung „Die Engelspuppe“ 2009 im persona verlag erschien, hat den russischen „National Bestseller Book Prize 2010“ erhalten. Mit diesem Preis werden Werke ausgezeichnet, denen die Jury einen zukünftigen Bestseller-Status wünscht, weil sie von hohem literarischen Rang sind. Eduard Kotschergin erhielt die Auszeichnung für sein zweites Buch, „Mit Kreuzen getauft“. In der Begründung der Jury heißt es: „Das ist die reine Wahrheit, aufgeschrieben von einem begabten und weisen Mann, der ein langes Leben hinter sich hat.“ „Mit Kreuzen getauft“: Diesem Titel liegt ein unübersetzbares Wortspiel zugrunde. Die „Kreuze“ heisst ein Gefängnis, das im Zentrum Petersburgs an der Newa liegt und eine zentrale Rolle in der Verbrecher-Geschichte der Stadt spielt. Die 1892 eröffnete Haftanstalt ist heute mit rund 10.000 Insassen chronisch überfüllt. Die Stadt plant bereits seit Jahren einen Gefängnis-Neubau am Rande der Stadt, der die völlig veraltete Anstalt ersetzen soll. Zugleich ist “Kresty” das ungewöhnlichste Museum der Stadt und kann besucht werden. Auf dem Rundgang wird eine Ausstellung zur Gefängnisgeschichte gezeigt. Das ausgezeichnete Buch enthält auch Texte, die im vom Persona-Verlag herausgegebenen Buch „Engelspuppe“ zu lesen sind. Eduard Kotschergin, “Die Engelspuppe”, Erzählungen, aus dem Russischen von Ganna-Maria Braungardt, Renate Reschke und Thomas Reschke. 256 Seiten, Hardcover, € 22, SFR 34, 978-3-924652-36-4 www.personaverlag.de Juni/Juli 2010 (Nr. 18) Stadtnachrichten Seite 6 Knigge für Fremde - die Regierung sorgt mit Benimmregeln für Fragezeichen Kaum war ein das Thema in der Hauptstadt lanciert worden, kam es auch schon in Petersburg ins Gespräch – ein Kodex mit Benimm-Dich-Regeln für Fremde. Von Eugen von Arb Die Vorsitzende der liberaldemokratischen Fraktion (LDPR) Elena Babitsch machte sich im Petersburger Stadtparlament für ein ähnliches Projekt stark. Sie beschwehrt sich darüber, während der Festtage Leute in seltsamer Kleidung, in Umhängen und Sandalen, über den Newski spaziert gesehen zu haben. Als Kulturhauptstadt Russlands, in der sich während Jahrhunderten ein eigener typischer Kleidungsstil entwickelt habe, sei Petersburg verpflichtet, für die Wahrung dieser Norm im Strassenbild zu sorgen. Als weiteres Beispiel für fremdländisches Benehmen führte sie die Schlachtung eines Schafsbock im Stadtzentrum am moslemischen KurbanBairam-Fest im letzten Jahr an. Dem entgegnete der kommunistische Abgeord- Der Kodex richtet sich in erster Linie an Zugezogene aus dem Kaukasus und asiatischen Regionen. Bild: Eugen von Arb/SPB-Herold nete Wladimir Dmitrjew, wo denn da die viel beschworene Toleranz gegenüber fremden Kulturen bleibe, wenn man das Leben der Ausländer reglementieren würde? Ausserdem frage er sich, wie sie sich die Umsetzung dieser Regeln in der Praxis vorstellen würde. Wahrscheinlich müsste dazu eine eigene Organisation gegründet werden, die Fremde bei der Anreise begrüssen und über Petersburger Kleidung und Sitten orientieren würde. Was wohl geschehen solle, wenn ein Immigrant nichts besässe als seinen Umhang und Sandalen? Nach kurzer Zeit schwenkte die Diskussion in eine völlig andere Richtung – man begann über den Dresscode im Parlament zu reden. Ein Abgeordneter wurde dafür gerügt, dass er in T-Shirt und Jeans zur Arbeit erscheint, worauf dieser antwortete, dass er in diesem Fall auch einen Dresscode für Frauen im Parlament verlange. Die Idee eines Führers mit Verhaltensregeln wurde laut Fontanka.ru bereits 2008 aufgegriffen. Damals wollte man allerdings die eigenen Staatsbürger auf den rechten Weg bringen. Jungen Russinnen und Russen sollte der Kodex bei der Überreichung ihrer Dokumente ausgehändigt werden, um sie auf ein Leben in Ehrlichkeit und Redlichkeit vorzubereiten. Der “Kodex des Moskauers”, der vergangene Woche in Moskau vom NationalitätenKomitee lanciert worden war, richtet sich in erster Linie an Zugereiste aus asiatischen Regionen und dem Kaukasus. Darin wird unter anderem erklärt, dass man keine Schafe im Hof schlachten, seinen Schaschlik nicht auf dem Balkon braten, nicht in der Nationaltracht herumspazieren und unbedingt Russisch sprechen soll. Natürlich liessen Kritik und Häme nicht lange auf sich warten – schon bald kursierte eine Witz-Version des Kodex, in dem sämtliche Stereotypen des Hauptstädters gesammelt sind: Demnach geht ein echter Moskauer mit einer Minimalgeschwindigkeit von 10 Stundenkilometern und launischem Gesicht durch die Strassen. Auf die Frage eines Passanten nach dem Weg zuckt er mit den Achseln oder lässt in abblitzen. Seine Telefongespräche führt er möglichst laut in öffentlichen Verkehrsmitteln und orientiert sämtliche Passagiere über sein Privatleben. Ein echter Moskauer Autofahrer macht seinen Vordermann nach maximal einer Sekunde Wartezeit durch Hupen auf das grüne Licht aufmerksam. In der Metro stellt sich der Moskauer lesend oder schlafend, um Schwangeren, Behinderten oder betagten Leuten seinen Sitzplatz nicht abtreten zu müssen. Fahndungserfolg: elf Rechtsextreme auf einen Schlag verhaftet Der Petersburg gelang in einer Aktion die Festnahme einer ganzen Gruppe von Rechtsextreme, denen mehrere Morde zur Last gelegt werden. Von Eugen von Arb Im Rahmen einer lang vorbereiteten Aktion gelang den Petersburger Fahndern die Verhaftung von elf Männern im Alter von 19 bis 24 Jahren. Sie werden verdächtigt, an rund zwei Dutzend Anschlägen und Morden während der vergangenen zwei Jahre beteiligt gewesen zu sein. Aus- Verbreitet Angst und Schrecken: die Organisation “NS/WP Newograd”. löser für die Ermittlungen im grossen Massstab war die Ermordung eines 25-jährigen Studenten aus Ghana im vergangenen Dezember gewesen. Die bestialische Hinrichtung des Schwarzafrikaners wurde von einem Mitglied der Neonazi-Gruppe “”NS/ WP Newograd” (Nationalsozialisten-White Power) aufgenommen und anschliessend im Internet verbreitet. Mit Hilfe der Internetverbindungen konnte der Täterkreis ermittelt und bald darauf der 17-jährige “Kameramann” verhaftet werden. Weitere Hinweise auf die Täter ergaben sich bei der Untersuchung des Bombenanschlags auf eine Petersburger Vorortsbahnlinie, für den ebenfalls Mitglieder dieser Gruppierung verantwortlich gemacht werden. Laut Fontanka.ru geht eine ganze Reihe von grösstenteils tödlichen Anschlägen auf Ausländerinnen und Ausländer aus Afrika, dem Irak, Usbekistan und Tadschikistan auf ihr Konto. Ihre Aggression richtete sich aber nicht nur gegen Fremde, sondern auch ge- gen “Assoziale”, so wird ihnen auch die brutale Ermordung von Obdachlosen zur Last gelegt. Damit ist vermutlich eine der grössten und gefährlichsten rechtsextremen Gruppen Petersburgs dingfest gemacht worden, allerdings ist die Angelegenheit damit nicht abgeschlossen. Im Verlauf der Ermittlungen fand die Polizei heraus, dass ein Bandenmitglied von ausserhalb nach Petersburg geschickt worden war, um hier eine rechtsextreme Gruppe aufzubauen und Attentate zu organisieren – nach diesen Hintermännern wird nun gesucht. Juni/Juli 2010 (Nr. 18) Fotogalerie Seite 7 Afrika-Tag - grosses Fest einer kleinen Petersburger Minderheit Die afrikanische Gemeinde Petersburgs feierte ihr Fest mit einer Konferenz, mit Musik, Tanz und Musik im Jugendpalast auf der Wassili-Insel. Noch fristet die afrikanische Kultur in Russland ein zurückgezogenes Leben – aber nun hat sie vor, an die Öffentlichkeit zu treten. Von Eugen von Arb Afrikaner führen in Russland ein verstecktes Leben – im Gegensatz zu westlichen Ländern sind in den Strassen Petersburgs nur selten dunkelhäutige Menschen zu sehen. Ein Grund dafür ist der relative kleine Anteil von Afrikanern in der russischen Gesellschaft, der zweite die Angst der Studenten und Migranten aus afrikanischen Ländern, von Rassisten angefallen zu werden. Immer wieder wurden in den vergangenen Jahren Afrikaner von russischen Skinheads und Neonazis überfallen, misshandelt und ermordet. Hochkarätig Konferenz besetzte Doch nun regt sich etwas in der Gemeinde – man will nach aussen treten, zum Beispiel am AfrikaTag, dem 4. Juni, der im Jugendpalast auf der Wassili-Insel gefeiert wurde. Vor dem Festakt mit Film, Musik und Tanz aus Afrika und Russland im Kinosaal wurde in einer Gesprächsrunde das Verhältnis zwischen Russland und Afrika erörtert. Der runde Tisch war hochkarätig besetzt – anwesend waren der Botschafter Nigerias in Russland Abdullahi Sarki Mukhtar, Aliu Tounkara, Vorsitzender der Afrikanischen Einheit, Valence Maniragena, Vorsitzender der Stiftung “Ichumbi”. Honorarkonsul von Angola anwesend Von russischer Seite nahmen der Ex-Botschafter und Leiter des Moskauer Zentrums für r u s s i s c h- a f r i k a n i s c h e Beziehungen Ewgenij Korendjasow, Alexander Scheltow, Leiter der Fakultät für Afrikanistik an der Petersburger Uni, Wladimir Vidrin Vorsteher der wissenschaftlichen Abteilung der Kunstkamera, Wladimir Budnij Honorarkonsul der Republik Angola in Petersburg teil. 50 Jahre seit dem Ende der Kolonialzeit Angesprochen wurde die Geschichte der vergangenen 50 Jahre, die von der Befreiung der afrikanischen Länder von den Kolonialmächten einerseits und von ihrer Unterstützung während des kalten Kriegs durch die UdSSR geprägt wurde. Gesche Karrenbrock, Repräsentantin des UNHCR in Russland machte auf die schwierige Situation afrikanischer Flüchtlinge und Staatenloser in Russland aufmerksam. “Strategische Freundschaft” mit Afrika Obschon die sowjetischafrikanische Freundschaft strategisch motiviert war, ergaben sich dadurch viele freundschaftliche und idealistische Projekte – eines der wichtigsten war die Ausbildung zehntausender afrikanischer Studentinnen und Stu- denten an russischen Universitäten. Nach dem Zusammenbruch der sowjetischen Gesellschaft gerieten diese Programme ins Hintertreffen. Die Konferenzteilnehmer waren sich einig, dass ein Neuanfang gemacht werden muss – die Kultur kann dabei eine Schlüsselrolle spielen, gab Anna Lebedkowa, die Leiterin des Ausstellungssaals des Städtischen Skulpturenmuseums zu bedenken. Dort hatte im Rahmen der diesjährigen Deutschen Woche die Ausstellung “Habari Afrika” mit afrikanischer Kunst aus der Sammlung Reinhard Klimmt stattgefunden. Als erstes konkretes Ziel wird die Gründung eines afrikanischen Kulturzentrums in Petersburg angestrebt. Juni/Juli 2010 (Nr. 18) Stadtnachrichten Seite 8 Vizegouverneur Wachmistrow tritt zurück - Kabinett neu besetzt Der dienstälteste Vizegouverneur ist aus Matwijenkos Kabinett ausgeschieden - an seinen Platz tritt ein Jüngerer. eva.- Nach 16 Jahren Dienst im Smolny wurde Vizegouverneur Alexander Wachmistrow von der Gouverneurin Valentina Matiwijenko aus der Stadtregierung verabschiedet. Sie lobte ihn als kommunikativen und äusserst korrekten Menschen, der sich nicht einmal den Schatten eines Fehlers erlaubt habe und darum mit reinem Gewissen “die Galeere” verlassen könne. Wachmistrow hatte mehrere Stadtoberhäupter Verbotene GayParade fand statt - während einer Minute Ein Sträuss in Ehren - Matwijenko verabschiedet Wachmistrow. Bild: www.gov.spb.ru “überlebt” und war lange Vorsteher des wichtigen Bauministeriums. Während der letzten anderthalb Jahre war er jedoch nur noch als Leiter der Administration tätig. Gleichzeitig mit seinem Abgang nahm Matiwijen- ko eine Umbesetzung des Kabinetts vor. Die wichtigste personelle Veränderung ist die Ernennung von Finanz- und Wirtschaftsminister Michail Osejewski, zum Leiter der Administration. Osejewski wird damit zur rechten Hand der Gouverneurin. Gemäss Rotation kommt der bisherige Vorsteher des Kommitees für Auswärtiges Alexander Prochorenko als neuer Vizegouverneur in die Regierung. Reformierte Grünzonenplanung - Gegner befürchten Überbauungen In den neuen Richtlinien, die das Stadtparlament in dritter Lesung abgesegnet hat, wurde die Zuständigkeit für die öffentlichen Grünzonen an die Bezirksverwaltungen übertragen. Ausserdem wurde der Bestand der geschützter Grünzonen fast um einen Drittel gekürzt, und – so befürchten die Gegner – der Bauwut von Unternehmen preisgegeben. eva.- Die Abgeordneten von “Einiges Russland” und der liberaldemokratischen Partei LDPR überstimmten mit ihrer Mehrheit von 31 Stimmen die 15 Gegenstimmen der Kommunisten und “Gerechtes Russland”, womit das neue Gesetz am letzten Tag der Session angenommen wurde. Konkret bedeuten die neue Richtlinien, dass in Zukunft die städtischen Bezirke für den Unterhalt der öffentlichen Grünzonen zuständig sein werden. Ausserdem wurde die Liste der Zonen Die Gegner der Reform sehen die “grünen Lungen” der Stadt in Gefahr. Bild: Eugen von Arb/SPB-Herold mit diesem Schutzstatus von früher insgesamt 7872 Hektaren um rund einen Drittel, um 2466 Hektaren bzw. 1455 Grundstücke zusammengestrichen. Darunter sind auch Waldparks, denen allerdings ein besonderer Schutzstatus gemäss Forstgesetz versprochen wurde. Ausserdem fielen 795 kleinere Grünflächen in verschiedenen Quartieren aus der Liste. Um deren Schicksal fürchten die Gegner des neuen Gesetzes, die am Tag der Abstimmung ein Pikett vor dem Mariinski-Palast abhielten. Dank der Lokkerung der Bestimmungen könnten viele der kleinen Parks, der Baggerschaufel zum Opfer fallen, meinen sie. Wie der kommunistische Abgeordnete gegenüber “Moi Rayon” sagte, sei auch die Abstimmung am letzten Sessionstag nicht zufällig gewählt worden. Die Übergangsfrist bis zur Inkraftsetzung im Herbst könnte von Bauunternehmern als Gelegenheit für widerrechtliches Bauen benutzt werden. Zwar schloss die Regierung solche Fälle aus – doch wie die Vergangenheit und unzählige Fälle von “Kämpfen” der Stadtbewohner um die Erhaltung von Parks bewiesen haben, muss mit allem gerechnet werden. Immerhin sind die neuen Bestimmungen nun endgültig festgelegt und können nicht mehr wie frühere “provisorische” Gesetze missbraucht werden. Gay-Parade in Los Angeles. (Bild Wikimedia Commons) eva.- Wie angekündigt führte die LGBT (Vereinigung der Lesben, Gays, Bisexuellen und Transsexuellen) ihre Gay-Parade in St. Petersburg durch. Da die Aktion nicht bewilligt worden war, versuchten die Organisatoren das Eingreifen der Polizei zu verhindern, bzw. zu verzögern, indem sie kurzfristig den Versammlungsort vom Senatsplatz auf den Schlossplatz verschoben. Aber trotz dieses Manövers war der Auftritt nicht von langer Dauer – nicht mehr als eine Minute konnten die Akteure mit ihren regenbogenfarbigen Flaggen auftreten, dann war die Miliz zur Stelle und nahm laut Fontanka.ru 27 Personen vorübergehend fest. Allesamt waren am Sonntag wieder auf freiem Fuss – fünf Personen wurden wegen Störung der öffentlichen Ordnung zu einer Busse verknurrt. Durch den unangekündigten Wechsel des Schauplatzes hatte sich sich nur eine kleine Gruppe auf dem Schlossplatz versammelt, und auch das Publikum war relativ klein, weil die Parade auf dem Senatsplatz erwartet worden war. Juni/Juli 2010 (Nr. 18) Wirtschaft Flughafen für Regional-Luftverkehr in Puschkin Südlich von Petersburg im Vorort Puschkin öffnet im Juli der erste private Flughafen für Flugzeuge der Klasse 4 (Fluggewicht bis 10 Tonnen) seine Pisten. eva.- Auf dem Flugfeld, das zum Militärflugplatz Puschkin gehört, wird im August ein kleiner Flugsalon mit Schwerpunkt Business-Fliegerei abgehalten. Betreiber des Flughafens, der nur 15 Kilometer entfernt von seinem grossen Konkurrenten Pulkowo liegt, ist der Konzern “Technospezstahl-Engeneering”. Der Konzern ist nicht nur der grösste Hersteller von Muldenkippern in Russland und Miteigentümer der “Baltiiski Savod”, sondern besitzt auch den Flugzeughersteller “Aviabalt”, der das Kurzstreckenpassagierflugzeut Il-114 entwickelt hat. Zum Flugplatz sollen mit der Zeit ein eigener Grenzkont- Technospezstahl-Engeneering: Flugplatzbetreiber und Hersteller der Il-114. Bild: Wikimedia Commons rollpunkt für internationale Flüge, eine Flugschule, ein kleines Hotel sowie ein Flugmuseum hinzu kommen, schreibt Fontanka.ru. Laut Experten hat der neue Flugplatz gute Chancen, trotz der nahen Konkurrenz gewinnbringend betrieben zu werden, zumal man sich nicht nur mit der Abfertigung von Flügen, sondern auch mit dem Unterhalt von Jets beschäftigen wird. Die Flughafenbetreiber, die ihr Projekt vor drei Jahren in Angriff nahmen, schliessen eine Marktlücke in der Region Petersburg. In Moskau boomt das Geschäft mit Business-Flügen bereits seit einigen Jahren. Netz von Hubschrauber-Landeplätzen Für den Flugverkehr in und um St. Petersburg besteht bereits ein Entwicklungskonzept, in dem der Flughafen Puschkin nicht erwähnt ist. Bis ins Jahr soll der Ausbau des internationalen Flughafens Pulkowo abgeschlossen sein. Für den Geschäftsverkehr ist der Flugplatz Lewaschowo (bisher Militärflugplatz) vorgesehen, und in Kronstadt sollen Wasserflugzeuge starten und landen. Ausserdem wird ein Netz von insgesamt 26 Hubschrauberlandeplätzen sowie fünf Helikopterflugplätzen in der Region aufgebaut. Grosser Auftakt des offenen AHK-Treffs in St. Petersburg Mit einem gut besuchten Empfang wurde der Wirtschaftskreis nach einer Pause wieder belebt. mm.- In grosser Runde wurde der lang vermisste “Deutsche Wirtschaftskreis” unter dem neuen Namen “AHK-TREFF” wieder eröffnet. Über 150 Mitglieder der AHK und viele Gäste waren in den Wintergarten des Hotel Astoria gekommen, um an dem Neustart des beliebten informellen Treffens der russischen und deutschen Wirtschaftsgemeinde teilzunehmen. Zum “Re-launch” sprachen Generalkonsul Peter Schaller, Gastgeber Stefan Stein, Hannes Chopra von der Allianz-Rosno und die Leiterin der AG Rechtsfragen, Dagmar Lorenz. Über Lobbying und Mythen in der Wirtschaft sprach der Vorstandsvorsitzende der Gastgeber Stefan Stein. Bild: Archiv SPB-Herold AHK Russland – Michael Harms. Nicht der Präsident “allein” entscheidet sondern oft entfernt stehende Beamte und lokale Beteiligte. Die Pluralität in der Entscheidungsfindung ist größer als allgemein gedacht. Bei der Identifizierung der richtigen Addressen bietet die AHK der deutschen Wirtschaft Hilfestellung. Mit Deutschem Know How und den entsprechenden Normen können sich Deutsche Firmen in Russland besser positionieren. In seinem kurzen Resümee der politischen, kulturellen und wirtschaftlichen Aktivitäten brach Generalkonsul Peter Schaller einmal mehr eine dicke Lanze für die Deutsche Schule. Mit 50 Kindern ist die Schule immer noch nicht selbst tragend, aber strategisch ein wichtiger Pfeiler für die deutsche Wirtschaft. Die Möglichkeit, auch deutsche Mitarbeiter mit Familien nach Petersburg zu bringen ist ein wichtiger Standortfaktor. Daher bat er darum, entweder zu spenden oder Mitarbeiter mit Familien zu entsenden. Max von Hahn rotiert vom Wirtschaftsreferat auf den Posten des Presse- und Kulturleiter Marcus Stadthaus, der selbst im Turnus Ende Juli nach Berlin wechselt. Der neue Ständige Ver- treter (Vizekonsul) und Wirtschaftsreferent heißt Ferdinand von Weyhe, und kommt aus dem Russlandreferat des Auswärtigen Amts. Den Wirtschaftvertretern empfahl Peter Schaller, auch das Konsulat in Wirtschaftsfragen zu kontaktieren. Er kündigte ebenfalls an, dass die Deutsche Woche 2011 wird nicht mehr 120 sondern maximal 75 Veranstaltungen umfassen werde. Nach einen unterhaltsamen Kurzreferat von Hannes Chopra über Art, Qualität und Chancen des russischen Versicherungswesens und einer kurzen Rechtsinformation von Frau Rain Lorenz konnten sich die Versammelten St. Petersburger Wirtschaftsvertreter auf den Zweck des Abends konzentrieren – Erfahrungsaustausch und “Networking” bei gutem Essen und Trinken. Seite 9 Sapsan transportiert Express-Post mm. – die Russische Staatsbahn (RZD) monetarisiert eine alte Tradition. Auf den Strecken der Sapsan-Schnell-züge können bald offiziell Dokumente und Geld im Expressdienst transportiert werden. Auf der Strecke Moskau – St. Petersburg können diese bald recht günstig und innerhalb von 5h zugestellt werden. Für den Service werden nur die neuen Sapsanzüge eingesetzt. Für die niedrigsten Tarife – ein Brief bis 500g kostet 350 Rubel – müssen die Sendungen am Bahnhof abgegeben und abgeholt werden. Bis Heute verdienen sich die Schaffner von Fernzügen mit dem Überbringen von Post und Paketen bzw. der Entgegennahme von Geld für diese ein kräftiges Zubrot. Da die Schaffner auf den Fernstrecken in jedem Waggon ein eigenes Abteil belegen, ist Platz genug vorhanden. Diese Methode war bis zur Gründung der modernen Kurierdienste die einzige Möglichkeit, um schneller als mit der offiziellen Post zuzustellen. In der Bevölkerung ist diese Postzustellung bekannt und akzeptiert. Die Staatsbahn hat diese wichtige Dienstleistung am Menschen wohl nie gerne gesehen, aber auch nie wirklich unterbunden. So vertrauen bis heute die Bürger ihre eiligen Dokumente, Geldsendungen und Päckchen gerne den Schaffnern an. Tarife: bis 500g - 350 Rubel bis 1000g - 400 Rubel weitere 500g – 110 Rubel Mit der Ankündigung lieferte die RZD interessante Marktzahlen zum Thema ExpressZustellung in Russland mit. So wächst dieser Markt z.Zt. um 30-40 % pro Jahr an, und die meiste Korrespondenz läuft parallel zu den Schnellbahnlinien – zwischen Moskau und St. Petersburg. Juni/Juli 2010 (Nr. 18) PEF PEF 2010 - Licht am Ende des Krisentunnels Präsident Medwedew setzt auf Reformen in der globalen Wirtschaft. Erdöl und Rubel als Leitwährung waren dieses Jahr kein Thema. eva.- Mit einer halbstündigen Rede startete Präsident Medwedew das diesjährige Wirtschaftsforum. Laut Fontanka. ru war seine Auftritt von Ernst geprägt, insgesamt jedoch optimistisch – er sehe Licht am Ende des Krisen-Tunnels sagte Medwedew. Entsprechend dem Motto des Forums “Modernisierung der Wirtschaft”, setzte er den Satz “Wir haben uns verändert und werden uns verändern” an den Anfang. Er warb für mehr Liberalismus und Flexibilität und wandte sich gegen den Protektionismus, der in vielen Staaten zum beliebten Antikrisenmittel geworden sei. Auch der Trat gegen Protektionismus und für mehr Beweglichkeit in der Wirschaft auf: Präsident Medwedew. Bild: kremlin.ru Staat, so Medwedew, müsse Beweglichkeit zeigen – als Beweis dafür erwähnte er die Senkung der Zahl staatlicher Unternehmen auf einen Fünftel. Die insgesamt ruhige Ansprache wurde durch lauten und anhaltenden Applaus unterbrochen als Medwedew bekannt gab, dass ab dem kommenden Jahr die Steuer für Kapitalgewinn bei langfristigen Investitionen abgeschafft wird. Der niedrigsten Inflationsrate seit 20 Jahren von sechs Prozent für 2010 – unter der Bedingung, dass sich die Lage nicht verschlechtert – stellte er ein Wirtschaftswachstum von “nur” fünf Prozent gegenüber. Andere Nationen hätten ein wesentlich höheres Tempo eingelegt, erwähnte er. Mit zwei Themen kam Medwedew komplett von der Linie des vergangenen Jahres ab: Vom Rubel, den er 2009 noch als zukünftige Leitwährung gesehen hatte, war keine Rede mehr. Stattdessen ist geplant, in Moskau ein internationales Handelszentrum einzurichten, wo nur in Rubel gehandelt wird. Auch das Erdöl, das 2009 noch zu den dominierenden Themen gehört hatte, war nicht mehr aktuell – stattdessen will Russland jetzt mit aller Kraft auf alternative Energien und Kernenergie setzen. Im Verlauf der anschliessenden Diskussion gab Medwedew bekannt, dass trotz der Krisensituation keine Steuererhöhungen für Unternehmen vorgesehen seien, sondern im Gegenteil sogar über eine Senkung nachgedacht werden könne. Laut Medwedew wird ausserdem eine 90-prozentige Erschliessung Russlands mit Internetverbindungen sowie eine 100-prozentige Abdeckung des Landes mit digitalem Fernsehen angestrebt – nur so könne Russland zur Informationsgesellschaft werden. Putin-kritisches Buch wurde trotz Verbot während Forum verteilt Obschon am Tag vor dem Beginn des Petersburger Wirtschaftsforums sämtliche 100.000 Exemplare des Buchs “Putin-Bilanz Zehn Jahre” der beiden Oppositionellen Boris Nemzov und Wladimir Milov von der Polizei beschlagnahmt worden waren, kam es während der Forumstage unter das Publikum. eva.- Ähnlich wie zu Sowjetzeiten, als verbotene Bücher von Hand abgeschrieben und heimlich verbreitet wurden, fabrizierten die Anhänger der beiden Autoren ihren “Samisdat” (“Selbstverlag”) in moderner Form. Die Schrift wurde im Internet auf den Webseiten der Autoren kostenlos zum Download angeboten oder einfach so War zeitweise DOS-Attacken ausgesetzt: die Webseite des Oppositionellen Boris Nemzow. Bild: PD ausgedruckt und verteilt, schreibt Fontanka.ru. Der Wirbel um die beschlagnahmten Bücher, die offiziell immer noch von der “Extremismus-Abteilung” der Polizei zum Zweck der Überprüfung festgehalten wird, sorgte für die beste Reklame, die man sich vorstellen konnte – das Buch fand reissenden Absatz. Eine Gruppe von Aktivisten, die versuchte, das Buch auf dem Forumsgelände zu verteilen, wurde allerdings festgenommen. Die Schrift besteht aus neun Kapiteln, in denen Putins Politik auf Schärfste kritisiert wird – Themen sind unter anderem “Putin – der reichste Mann Russlands”, “Die Korruption frisst Russland”, “Die kaukasische Sackgasse”, “Das Land schreiender Ungleichheit”. Nemzow und Milow versuchen darin zu beweisen, dass die Korruption während den beiden Amtszeiten Putins katastrophale Ausmasse angenommen hat, dass die Zahl der Terroranschläge sich versechsfacht hat, die wirtschaftliche Abhängigkeit von den Rohstoffen weiter zugenommen hat und die Kluft zwischen Arm und Reich noch grösser geworden ist. Ursprünglich war die Herausgabe schon 2008, nach dem Ablauf der zweiten Amtszeit Putins geplant gewesen. Sie hätten angenommen, dass sich nach seiner Ablösung als Staatspräsident etwas in Russlands Politik verändern würde, äusserten die Autoren gegenüber der Presse. Aber es habe sich herausgestellt, dass Putin weiterhin als Ministerpräsident die Geschicke des Landes bestimme. Medwedew, den sie als Putins “Marionette” sehen, ist denn auch nur eine halbe Seite im Buch gewidmet. Seite 10 Rekord-Auftrag: Petersburger Werft baut U-Boote für 3,2 Mia Dollar Exportschlager der russischen Rüstungsindustrie: Atom- und Diesel-U-Boote. rian.- Russland verkauft sechs Diesel-U-Boote an Vietnam. Der im Dezember vereinbarte Deal ist mit einem Wert von 3,2 Milliarden US-Dollar einer der größten in der Geschichte der russischen Waffenexporte. Der Liefervertrag war am 15. Dezember während des Russland-Besuchs des vietnamesischen Regierungschefs Nguyen Tan Dung geschlossen worden. Demnach hat der russische Waffenexporteur Rosoboronexport sechs dieselelektrische U-Boote des Projektes 636M an Vietnam zu liefern. Mit dem Bau der Boote wurde die Werft Admiraltejskije Werfi in Sankt Petersburg beauftragt. Von der Vertragssumme entfallen 2,1 Milliarden US-Dollar auf den Bau der U-Boote, der Rest auf die Errichtung der Küsteninfrastruktur in Vietnam. Im vergangenen Jahr hatten deutsche Exporteure einen vergleichbaren Erfolg auf dem Weltrüstungsmarkt verbucht: Die Howaldtswerke-Deutsche Werft GmbH (HDW) in Kiel erhielt im Juli einen U-Boot-Großauftrag aus der Türkei. Die Werft soll an den Staat sechs U-Boote der Exportklasse 214 liefern. Der Deal wird auf 2,5 Milliarden Euro geschätzt. Juni/Juli 2010 (Nr. 18) PEF Seite 11 Sarkozy am PEF: Ideen für russisch-europäische Kooperationen Im Rahmen von Präsident Sarkozys Besuch wurde eine Reihe von Abkommen unterzeichnet. eva./rian.- Höhepunkt des PEFs 2010 war das Treffen mit dem französischen Staatspräsidenten Sarkozy, nachdem kurz zuvor Russlands Premier Putin in Frankreich gewesen war. Der französische Präsident wurde von 40 Vertretern grosser französischer Unternehmen nach Russland begleitet. Nachdem bereits im Vorfeld des Forums der Beschluss zur Übernahme des russischen Milchkonzerns Unimilk durch Danone unter Dach gebracht worden war, folgten weitere wichtige Vertragsabschlüsse. So unterzeichneten die staatliche russische Atomholding Rosatom und der Konzern Electricite de France (EdF) ein Kooperationsabkommen für die Bereiche For- Für starke russisch-europäische Wirtschaftsbeziehungen - Sarkozy und Medwedew. Bild: www.kremlin.ru schung, Entwicklung und Erprobung von Atomkraftwerken. Französische Energiekonzerne sind jetzt auch an den Gasversorgungsprojekten mit Russland beteiligt. Der französische Energieriese GDF-Suez ist bei bei der Ostsee-Gaspipeline Nord Stream eingestiegen. GDF-Suez hält einen Anteil von neun Prozent an der Pipeline, die von Russland durch die Ostsee nach Europa führen soll. Für GDFSuez wird Russland zum drittgrößten Gaslieferant nach Norwegen und Holland. Der Konzern Electricite de France (EdF) hat sich am russisch-italienischen Gasprojekt South Stream beteiligt. EdF soll 20 Prozent der Anteile am Projekt erhalten. Dafür werden Gazprom und Eni jeweils zehn Prozent ihrer Aktien an die Franzosen abtreten. Über die Gaspipeline South Stream zwischen Russland und Italien soll Südeuropa mit Erdgas versorgt werden. Das Projekt hat einen geschätzten Wert von 25 Milliarden Euro. Frankreich will zusätzliche russische Trägerraketen vom Typ Sojus-ST für 16 Milliarden Rubel (417,75 Millionen Euro) kaufen, teilte der Chef der russischen Raumfahrtbehörde Roskosmos, Anatoli Perminow mit. Geliefert werde ab 2014. Zum Stückpreis der Sojus machte er keine Angaben. Russland wird nach einem früher unterzeichneten Vertrag Frankreich 14 Raketen dieses Modells liefern. Im neuen Vertrag gehe es um weitere zehn Trägerraketen, sagte er. Der erste Start einer russischen Sojus-ST-Rakete mit einem Fernmeldesatelliten vom Weltraumbahnhof Kourou auf FranzösischGuyana ist für den 17. Dezember 2010 geplant. Das Unternehmen Airbus Freighter Conversion (AFC) wird in nächster Zeit in Russland einen Betrieb für die Umrüstung von Passagierflugzeugen des Typs A320/321 zu Frachtmaschinen eröffnen. Das Projekt soll auf dem Gelände des Flugzeugbauers Aviastar in der russischen Wolga-Stadt Uljanowsk realisiert werden. Uljanowsk wird zum zweiten Produktionsort von AFC nach Dresden. Die erste umgebaute Maschine soll in der sächsischen Hauptstadt 2012 präsentiert werden. 2013 sollen Airbus-Flugzeuge serienmäßig umgerüstet werden. Später plädierten die beiden Staatschefs auf einer gemeinsamen Pressekonferenz für weitere Reformen im Weltfinanzsystem. In Bezug auf globale Finanzreformen hätten Russland und Framkreich trotz einiger Differenzen ähnliche Positionen. Sarkozy äußerte, Russland und Frankreich seien Befürworter einer „neuen Weltordnung” im Finanzbereich. Der französische Gast sprach sich für die Gründung einer Organisation aus, die Europa und Russland zu einem Wirtschaftsraum vereinigen würde, wo Menschen absolute Freizügigkeit genießen würden. Das Petersburger Wirtschaftsforum zieht um Das 14. Petersburger Wirtschaftsforum endete mit einer optimistischen Note. Verträge über eine Summe von fünf Milliarden Dollar (150 Milliarden Rubel) wurden abgeschlossen, rund 4000 Besucher und 700 Firmen nahmen am Forum teil. eva.- Medwedew verglich das diesjährige Forum mit dem letzten bezüglich Wetter – im letzten Jahr sei das Wetter schlecht und kalt gewesen, ganz der Wirtschaftslage entsprechend und diesmal sei es warm aber nicht überhitzt. PEF zieht in den Süden Das kommende 15. Jubiläumsforum möchten die Veranstalter schon an einem anderen Ort fei- Eine zufriedene Gouverneurin am Konferenztisch - Valentina Matwijenko bei der Unterzeichnung des Abkommens für die Gründung eines Pharmazie-Clusters. Bild: www.gov.spb.ru ern. Wie die Petersburger Gouverneurin verlauten liess, wird das Forum aus dem veralteten und räumlich beschränkten Lenexpo-Messegelände wegziehen. Wohin, ist noch nicht ganz klar – zwei neue Standorte im Süden der Stadt sind möglich: in einem Neubau auf dem Areal der Präsidenten-Residenz in Strelna oder an der Pulkowoer Chaussee, bei der Abzweigung nach Puschkin, wo Gazprom einen Verwaltungskomplex errichtet. Verkehrsprobleme im Stadtzentrum Der Umzug ist nicht nur aus Platzgründen und wegen der veralteten Len- expo erklärbar – auch die Verkehrsprobleme, die das Forum jeweils im Zentrum auslöst, wären mit einem Standort ausserhalb beim Flughafen gelöst. Auch Matwijenko konnte die vorgesehenen Vereinbarungen während der Forumstage unterzeichnen – darunter die Finanzierung des Verkehrssystems durch die Sberbank mit 291 Milliarden Rubel (9,5 Milliarden Dollar) für die Dauer von zehn Jahren. Des weiteren wurde die Gründung eines Pharmazie-Clusters für insgesamt 6,4 Milliarden Rubel (208,5 Millionen Dollar) und der Baubeginn des Orlowski-Tunnel mit 44,7 Milliarden Rubel (1,5 Milliarden Dollar) beschlossen. Juni/Juli 2010 (Nr. 18) Fotogalerie Seite 12 “31er”- Demonstration für Versammlungsfreiheit Die zweite nicht genehmigte Protestaktion für Versammlungsfreiheit verlief unter gemischten Vorzeichen. Von Eugen von Arb Die zweite Demonstration für den Artikel 31 in der russischen Verfassung ging am 31. Mai über die Bühne. In Petersburg waren die Kundgebungen vor dem Gostiny Dwor und auf dem Schlossplatz mit viel Spannung erwartet worden. Am Tag zuvor hatte an einer Wohltätigkeitsaktion für Kinder der DDT-Musiker Juri Schewtschuk Premier Wladimir Putin auf die geplante Demo angesprochen. Putin gab in seiner Antwort zu bedenken, dass die öffentliche Ordnung gewahrt werden müsse, falls die Leute aber in einem vernünftigen Rahmen und nicht nur mit sinnlosem Geschwätz auftreten würden – sollte man sich bei ihnen dafür bedanken, fügte Putin an. Damit ermutigte er die Öffentlichkeit indirekt für die Teilnahme an der Kundgebung, machte aber kurz darauf einen Rückzieher, indem er durch seinen Pressesprecher verlauten liess, er habe damit die Aktion nicht genehmigt. So zweideutig wie Putins Antwort fiel auch der Einsatz der Polizei aus. Die Opposition konnte sich nicht auf einen Ort einigen, darum versammelte sich ein Teil auf dem Schlossplatz, ein anderer vor dem Gostiny Dwor. Friedlich, mit 31er-Badges, Verfassungsbüchlein, Flugblättern und Transparenten erinnerten Sie die Machthaber an die Einhaltung der Versammlungsfreiheit, der im Artikel 31 garantiert wird. Hin und wieder begannen einzelne Demonstranten, laut aufzutreten und frei ihre Meinung zur KremlPolitik kundzutun, unterstützt durch Sprechchöre. Das wurde nicht toleriert – Polizeitrupps stürzten sich sofort auf die Agitatoren und schleppte sie zu den bereitstehenden Bussen am Newski Prospekt. Laut Fontanka.ru wurden auf diese Weise rund hundert Personen weggebracht, während die Polizei von 60 spricht. Die Ordnungshüter reagierten scharf auf jede Regung, besonders als Männer versuchten an der Wand des Gostiny Dwors ein Plakat mit der Aufschrift “Platz der Freiheit” anzubringen. Aber die Polizisten trugen keine Schlagstöcke und rührten niemanden an, der sich ruhig verhielt. Noch diplomatischer verlief die Aktion auf dem Schlossplatz, wo sich weit prominentere Persönlichkeiten eingefunden hatten: Boris Nemzow vom Bündnis “Solidarität”, Maxim Resnik, der Vorsitzende der Petersburger Jabloko-Partei und die grüne Vorsitzende des Menschenrechtskommitees des Europarlaments aus Finnland Heidi Hautala. Wohl aus Rücksicht auf die internationalen Gäste liess man die Menge von bis zu 500 Personen in Ruhe. Nachdem die Demonstranten der Polizei versprochen hatten, den Verkehr nicht zu behindern, wurde ihnen sogar ein kurzer Protestmarsch zum Verfassungsgericht gestattet. Juni/Juli 2010 (Nr. 18) Vermischtes Neubau des Marinemuseums in Krjukow-Kasernen eröffnet St. Petersburg: In den renovierten Räumen der Krujkow-Kaserne wurde heute das neue Zentrale Museum der Kriegsmarine feierlich eröffnet. Das neue Gebäude ergänzt die beliebte und bekannte Ausstellung von Schiffen, Modellen und Geschichte der Seefahrt in der Börse an der Strelka auf der Wassili-Insel. mm.- Am gleichnamigen Krujkowkanal – zwischen Hauptpost und Neu-Holland waren die ehemaligen Kasernen während über drei Jahren komplett renoviert worden. Das Museum umfasst 800.000 Exponate, von denen am alten Standort in der Börse nur ca. 2% gezeigt werden konnte. Neubau ist viermal grösser Der neue Komplex ist ca. vier Mal größer und wird ca. 8% des Bestands der Ausstellung in zeit- Impressum Der St. Petersburger Herold erscheint einmal monatlich. Der Inhalt besteht aus Beiträgen der gleichnamigen Internet-Zeitung www.spzeitung.ru. Redaktion: Markus Müller (mm.), Eugen von Arb (eva.), Anna-Lena Dohrmann (do.) Redaktionsadresse: [email protected] www.spzeitung.ru Telefon: 8-921-988-51-19 Der Petersburger Herold wird unterstützt von: Neue Gebäude für die Bestände des Marinemuseums in den alten Krjukow-Kasernen. Bild: Eugen von Arb/SPB-Herold gemäßen Ausstellungsräumen aufnehmen können. Hörsäle und eine Bibliothek sollen die wissentschaftliche Arbeit im ehem. Sowjetischen Marinemuseum verbessern. Baukosten: 93 Millionen Euro Die Baukosten betragen 3,5 Mrd. Rubel (ca. 93 Mio. €). Für den Umzug sind weitere 950 Mio. Rubel (25 Mio €) in den nächsten 18 Monaten im Budget. Das Börsengebäude soll nach und nach geräumt werden, die neue Nutzung des solitären Gebäudes an der Strelka steht noch nicht fest. Innenhof der Kaserne mit Atrium Der Innenhof der Krjukow-Kaserne bildet ein Atrium welches harmo- nisch in den 72 Meter langen Hof integriert wurde. Die Gesamtf läche des Gebäudes beträgt über 30.000m². An der Eröffnungszeremonie haben die Gouverneurin Walentina Matwijenko und der Oberste Befehlshaber der Kriegsmarine Wladimir Wyssozki und der Museumsdirektor Andrej Ljalin teilgenommen. Der St. Petersburger Herold So sah das Original des “St. Petersburger Herold” aus. Bild: Ausstellung “Deutsche in St. Petersburg”. mm.- Der St. Petersburger Herold (Online) ist aus dem Bedürfnis entstanden, ein Internet- und Informationsportal für die deutschsprachige Gemeinde von St. Petersburg zu betreiben. Um nicht mit der altehrwürdigen St. Petersburgischen Zeitung verwechselt zu werden, wurde unsere Online Zeitung “St. Peters- burger Herold” genannt. Die gleichnamige politische Zeitung wurde 1871 als religiös und politisch unabhängiges Medium von St. Petersburger Bürgern deutscher Sprache gegründet. Der St. Petersburger Herold wurde in Folge eine bedeutende überregional Zeitung und wurde von den damaligen Leitme- dien im Westeuropäischen Raum stark beachtet und rege zitiert. In der liberalen, kritischen und politisch akzentuierten Tradition des “alten St. Petersburger Herold” finden wir unser Leitbild für unsere neue Zeitung. Der St. Petersburger Herold ist auch ein „Mitmach-Portal“ – sie können eigene Beiträge online Veröffentlichen. Wir bitten Sie von dieser Möglichkeit rege Gebraucht zu machen. Empfehlen sie uns Ihren Freunden und Bekannten weiter, damit der “Herold” zur besseren Vernetzung und Information innerhalb der der Stadt beitragen kann. Seite 13 Universität zieht Klage gegen ExDekanin der “SchurFak” zurück eva.- Die Staatliche Universität St. Petersburg zieht ihre Ehrverletzungsklage gegen die frühere Dekanin der Journalismus-Fakultät Marina Schischkina zurück, schreibt Fontanka.ru. Wie es in der Mitteilung heisst, sei Schischkin nicht Schuld daran, dass ihre kritischen Äusserungen gegenüber dem Rektor vor dem Wissenschaftsrat im vergangenen Jahr an die Öffentlichkeit gelangt seien. Schischkina hatte die Arbeit der Universitätsleitung als unbefriedigend bezeichnet und war daraufhin verklagt und ihres Postens als Dekanin enthoben worden. Trotz Studentenprotesten und internen Verhandlungen verliess sie ihr Amt, nachdem die Fakultät anfang Jahr wegen Verdachts auf Unterschlagung von Budgetgeldern durchsucht worden war. Vermutlich hat aber gerade ihr freiwilliger und friedlicher Rückzug das Rektorat dazu bewogen, ihre Klage fallen zu lassen, um die imageschädigende Affäre aus der Welt zu schaffen. Metro Alexander Newski I geschlossen eva.- Die Metrostation Alexander Newski I ist wegen Reparaturarbeiten bis im kommenden April geschlossen. Im Zug der Generalüberholung werden der Rollentreppenschacht und die Rolltreppen erneuert. Ausserdem erhält die 1967 eröffnete Station neue Diensträume, Türen und Verglasungen. Durch die Bauarbeiten sind zwar Ein- und Ausgang der Station Alexander Newski I verschlossen, der Zugang und das Umsteigen ist aber durch die Parallelstation Alexander Newski II auf der gegenüberliegenden Seite des Newski Prospekts möglich – der unterirdische Trakt ist bisher nicht von den Renovationsarbeiten betroffen.