Juli/August 2006

Transcription

Juli/August 2006
an.schläge07 08/2006
an.schläge
DAS FEMINISTISCHE MAGAZIN juli august
gesehen
BunterSalon
Feministische Strategien für Gegenöffentlichkeiten – die Rückschau auf an.schläge bei SOHO
thema
Rebellinnen
e 3,5 (Ö) e 4,– (D) sfr 8,–
Soziale Realitäten von Zapatistischen Frauen
und Widerstandsbewegungen in Mexiko
Inserat
Kunsthalle
kommt
in die
Druckerei!
Ein
o Schnupperabo (3 Hefte/9 e)
o Jahresabo (10 Hefte/32 e )
o für Erwerbslose (10 Hefte/26 e )
o Unterstützungsabo (10 Hefte/40 e )
an.schläge abo
, bitte!
o Auslandsabo (10 Hefte/44 e)
e-mail: [email protected]
auf.takt
an.schläge
an.spruch
Falsch gepfiffen
Staatliche Doppelmoral verhindert das Recht auf Selbstbestimmung
ORF.politik
Kasperl, Pezi, Wolf und Mück
Viele Zitronen für den ORF und politische Einflussnahmen
Emanzipatorische Rückschritte
Exklusive Männerclubs und kontraproduktive EU-Politik: Ein Desaster
10
feministische.interventionen
Die Grenzen der Solidarität
forum
thema
politik
Neben linken Patriarchen diskutierten Feministinnen über Alternativen
14
an.sage
Sind Menschenrechte Frauenrechte?
Die private Kampfzone gilt weiterhin als nicht genderneutral
24
mexikanische.rebellion
Nunca mas
Widerstandsbewegungen mobilisieren sich nach Atenco verstärkt
16
forum.wissenschaft
Marxens Gespenster
Sucht man sie, die Frau, wird man auch im Manifest von Marx fündig
22
puppen.theater
Faszinierende Formen
Traude Kossatz erzählt über ihren realisierten Traum vom eigenen Theater
28
football.position
Go, Roughnecks
Keine Cheerleader, die die Ausrüstung von Männern herumtragen
32
performing.precarious
„Schneller, höher, scheitern“
Untersuchungen theatraler Ver/un/sicherung bürgerlicher Männlichkeit
34
künsterlinnen.raum
Im Revier der Tigerinnen
Feministische Kunst zeigt Graz die Krallen und beschafft sich Eigenraum
36
an.klang
Rückwärts in die Zukunft
Zu fetzigen Verhöhnungen lästiger Klammeraffen tanzt frau gern
Einen schönen Sommer wünschen euch
die Redaktionsfrauen
38
lese.zeichen
„Wir haben nichts gegen ...
Homosexualität“. Dass dem nicht so ist, zeigt ein neues Buch
39
ge.sehen
kultur
PS: An alle, auch zukünftige Praktikanntinnen, die
immer hartnäckig „Sehr geehrte Damen und Herren“ schreiben. Wir betrachten ihr Schreiben als
gegenstandslos!
08
gleichstellungspolitik.eu
arbeit
Feministin zu sein, ist das Mindeste, was eine
Frau tun kann.
Finden wir auch Rita, und deshalb hören wir
auf. Hören auf, so zu tun, als würde sich irgendjemand nicht für Feminismus interessieren. Wir
hören auf, uns als Minderheit und Randgruppe zu
fühlen. Stattdessen nehmen wir einfach an, besser noch: haben wir den Anspruch Mainstream
zu sein. Also, wer liest nicht mit Begeisterung
über ausgefahrene Tigerkrallen aus Graz? Mit
einem Kirschblütenfest eröffnete die feministische Künstlerinnengruppe Lady.Tiger.Night.Club
ihr Haus der Vergänglichkeit, der Transzendenz
und des Aufbruchs. (S. 36f)
Eines von drei Damenfootballteams in Österreich, die Roughnecks, haben zwar keine Männer,
die sie – leicht bekleidet – anfeuern, aber dafür
selbst jede Menge Technik mit dem „Eierball“
zu bieten, wie Silke Pixner am eigenen Leib zu
spüren bekam. (S. 32)
Dass die EU-Politik nicht am Ball ist, entscheidende Schritte in eine gerechtere Frauenpolitik zu werfen, und stattdessen lieber in ihren
verstaubten Männerclubs entleerte Politik betreibt, daran stößt sich nicht nur Elisabeth
Klatzer. (S. 10)
An einer eindeutigen und selbst für Männer
verständlichen „Declaración feminista“ arbeitete
der einzige feministische Workshop am Alternativen Gipfel in Wien. Bettina Surtmann war bei
den „Feministischen Interventionen“ der Nicht„Quotenfrauen“. (S. 14)
Welche Frau will heutzutage schon beim
Chauviverein ORF arbeiten? Jenny Unger mal
sicher nicht. Ab Seite acht wird das Kasperltheater enttarnt und... Es gibt sogar einen guten
Wolf dabei.
Unser an.schläge-Projekt bei Soho in Ottakring
(S. 42) ist auch schon vorbei. Die spannenden und
aufregenden Diskussionen wurden von zahlreichen Gästen besucht. Es gibt also noch Hoffnung.
05
Ein bunter Salon
Die Besetzung öffentlicher Orte als Strategie von Gegenöffentlichkeiten
42
an.an.schläge
Betrifft:„We don’t need another Hero“ in an.schläge 6/06
Betrifft:„Einkommen für alle!?“ in an.schläge 6/06
Berichtigung
Bedingungslos und für alle
Liebe Redaktionsfrauen, leider ist etwas
sehr Unangenehmes passiert!
Ich arbeite nicht für den Verein „Arbeitslosensprecherin“ – außer dass ich
weiß, dass es ihn gibt, weiß ich überhaupt nichts über den Verein. Abgesehen davon, würde ich auch nicht für einen Verein arbeiten!
Ich arbeite auch nicht für die Initiative „Jetzt! Bedingungsloses Grundeinkommen für alle“, ich bin die Initiatorin.
Unangenehm ist mir das, weil ich:
1. gar nicht weiß, ob ich mit den Inhalten dieses Vereins konform gehe.
2. ich/wir es ablehnen, irgendwelche patriarchalen Strukturen zu benutzen – wie z.B. Parteigründung, Vereinsgründung, etc.
Obwohl wir mit unserem öffentlichen Auftreten als „nur Initiative“
natürlich immer wieder Schwierigkeiten haben. Da wir geistig, politisch
und religiös unabhängig sind, erhalten
wir sowieso keine Unterstützungen
jedweder Art. Aber sogar Privatpersonen – wir arbeiten ja mit einem 0-Budget – geben uns keine finanzielle Unterstützung, weil wir eben kein Verein
sind.
Schade finde ich es auch, dass unsere Veranstaltung nicht angekündigt
wurde (oder hab ichs übersehen?) –
denn es wird auch ein feministisches
Impulsreferat für die anschließende
Diskussion geben.
Trotzdem – liebe Grüße
müssen nicht unbedingt der Auffassung der Redaktion
Liebes an.schläge-Team, liebe LeserInnen!
Zu unserem Thema-Artikel in der
letzten Ausgabe wollen wir einige
Punkte berichtigen bzw. präzisieren:
1. Das Inhaltsverzeichnis vermischt
2 Gruppen: Das Radikale Nähkränzchen
und die Frauengruppe sind 2 verschiedene Gruppen, die sich überschneiden,
aber getrennt voneinander arbeiten!
2. Zum Theorieverständnis: Wir verstehen Macht repressiv und produktiv.
Z.B.: Indem ich mich in Interaktionen als
Frau/Mann herstelle, produziere ich in
einem aktiven Vorgang vorgegebene
Machtverhältnisse.
3. Eine Fußnote wurde von der Redaktion in den Text eingearbeitet und
vermittelt nun ein falsches Bild: Die Erwähnung der oberflächlichen Behandlung feministischer Themen in linken
Szenen sollte auf eine allgemeine Tendenz in diesen Kreisen hinweisen und
nicht Männer diffamieren, die sich für
gender-Thematiken interessieren und
hier auch aktiv politische Arbeit machen wollen!
4. Zum Ergänzungskasten: Unsere
Definition der symbolischen Ordnung
wurde unter den Titel tRAUMfrauen
platziert. Es handelt sich hier um zwei
unterschiedliche Themen!
5. Der Radikale Nähkränzchen-Text
wurde ohne Rückfrage (obwohl ausdrücklich eingefordert) gekürzt. Ein
feministisches Magazin sollte
Frauen(gruppen) nicht einerseits Raum
anbieten, ihn andererseits durch eigenmächtiges Handeln willkürlich aberkennen.
6. Auf S. 18 haben wir auf den Konstruktionscharakter von Schwarz und
weiß aufmerksam gemacht. Die bewusste Schreibweise (Groß- und Kursivschrift) ging im abgedruckten Text verloren.
Gruß & Kuss aus Ibk!
entsprechen. Kürzungen vorbehalten.
Frauengruppe, Radikales Nähkränzchen, tRAUMfrauen
an.schläge
Herausgeberinnen und Verlegerinnen:
CheckArt, Verein für feministische Medien und Politik
A-1030 Wien, Untere Weißgerberstr. 41, T. 01/920 16 76
Fax: 01/ 715 98 88, e-mail: [email protected],
[email protected], www.anschlaege.at
Redaktion: Bettina Enzenhofer/be, Daniela Fohn/DF, Svenja
Häfner/svh, Gabi Horak/GaH,Kerstin Kellermann/kek,
Martina Madner/mad (Gesamtkoordination), Katharina
Nagele/kana, Petra Öllinger/PÖ, Burgi Pirolt, Silke Pixner/
pix, Saskya Rudigier/s-r (Gesamtkoordination), Eva Steinheimer/ESt, Bettina Surtmann/besu, Lea Susemichel/les,
Jenny Unger/jung
Praktikantin: Katja Mair/kama
Inserate: Michele Thoma, [email protected]
Mitarbeiterinnen dieser Nummer: Diana Haider, Sophie Häusler,
Kathrin Ivancsits/kaiv, Bernadette Keusch/beka, Elisabeth
Klatzer, Nicole Kodicek, Daniela Pantazi, Katharina Pewny,
Renate Tanzberger, Alice Thürr, Nicole Thurn, Miriam
Trzeciak, Laura Virag, Nadja Vladar/nav, Corinna Widhalm,
Gabi Zehetner
an.sage: Eva Maria Maier & Theresia Kandler
neu.land: Tyma Kraitt
heim.spiel: Eva Steinheimer
lesben.nest: Jenny Unger
ge.sehen: Lea Susemichel
an.klang: Sonja Eismann & Ute Hölzl
plus.minus: Eva Steinheimer
Cartoon: nic., [email protected]
Unsere Werbung: Nana Swiczinsky
Cover: Kurt Prinz
Fotos: an.schläge-Archiv, Mandarina Brausewetter, Austrian
Burma Center, Diözesanmuseum Graz, Frauenhäuser Wien,
Isa Genzken (Installationsansicht Galerie Daniel Buchholz),
Gruppe B.A.S.T.A., Impulstanz, Nini Krier, Lilarum, LTNC
(Anita Hofer, Maki Stolberg, Christine Winkler), Martina
Madner, Janne Moeller-Hansen, pixelquelle.de, Katrin Ribbe,
Saskya Rudigier, Eva Steinheimer, Bettina Surtmann
an.schläge Schrift: Martha Stutteregger
Grafisches Konzept: Beate Schachinger für
Layout: Andrea Bibl
Druck: Reha Druck, Graz
© an.schläge: Titel, Vorspänne und Zwischentitel von der
Redaktion. Namentlich gekennzeichnete Beiträge
04 an.schlägejuli august2006
Monika Krampl
Wir entschuldigen uns, im Namen
des Redaktionskollektivs, für beide Fehler!
an.schläge werden gefördert von:
FRAUEN
BURO
MAGISTRAT DER STADT WIEN
an.spruch
Verena Fabris
Falsch gepfiffen
Während die Kinder vor dem Fernseher knotzen, Chips
essen und die Tore ihrer Lieblingsmannschaften
zählen, beschäftigt die Schreiberin die Zahl 40.000.
30 -40.000 zusätzliche Prostituierte vor allem aus Osteuropa würden zur WM nach Deutschland „eingeschleust“, warnte der deutsche Frauenrat und berief sich dabei
auf die Vorsitzende des Frauen- und Gleichstellungsausschusses des Deutschen Städtetags, Ulrike Hauffe. Hauffe ging mit
diesen Zahlen bereits im April 2005 an die Öffentlichkeit und
rief damit eine Allianz aus Feministinnen, rechten PolitikerInnen und der katholischen Kirche auf den Plan. Diverse Kampagnen gegen Zwangsprostitution wurden ins Leben gerufen.
Hierzulande wohl am bekanntesten ist die Kampagne „Abpfiff“ des deutschen Frauenrates, die auch von namhaften SPÖPolitikerinnen unterstützt wurde (vgl. auch an.schläge 05).
Aus den 30.000-40.000 Prostituierten wurden bald
40.000 Zwangsprostituierte (Emma) oder 40.000 „moderne
Sexsklavinnen“ (EU-Justizkommissar Franco Frattini). Mit Fotos,
die in erster Linie nackte Hintern, Beine und Brüste zeigten, bebilderten diverse Medien ihre Berichte und kolportierten hartnäckig die selbe Zahl, obwohl diese sowohl vom Deutschen
Städtetag als auch vom deutschen Bundeskriminalamt dementiert und von Prostituierten-Organisationen sowie auch
BordellbetreiberInnen stark bezweifelt wurde und bis dato
nicht bestätigt werden kann.
Was aber steht abseits von falschen Zahlen hinter den
Kampagnen? Was bewirkt ein Diskurs, der tendenziell alle Prostituierten – vor allem Migrantinnen – zu Zwangsprostituierten und damit zu Opfern macht? Was wird durch die Vermischung von Sexarbeit und Frauenhandel verdeckt?
Damit keine Missverständnisse aufkommen: Frauenhandel ist ein Verbrechen und muss geahndet werden und ja: Jede
Frau, die zum Zwecke der Prostitution gehandelt wird, ist eine
Frau zu viel. So wie jede Frau, die zu anderen Zwecken (zum
Beispiel Hausarbeit) gehandelt wird, eine Frau zu viel ist.
Doch Frauenhandel wird nicht verhindert werden, wenn
Visa-Bestimmungen verschärft werden – wie es unter anderem der erwähnte EU-Justizkommisar Frattini und die österreichische Innenministerin Liese Prokop fordern oder wie es in
Österreich mit dem seit Anfang des Jahres in Kraft getretenen
neuen Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz schon geschehen ist. Frattini ging sogar so weit vorzuschlagen, dass jede
Frau, die vor der WM einen Antrag auf ein Visum stelle, überprüft werden solle, da die Frauen auf den Anträgen meistens
lügen würden. Überhaupt sollte für alle Länder, aus denen Prostituierte kommen könnten, eine Visumspflicht eingeführt
werden.
Bei Razzien, die im Zuge der Debatten um die WM verstärkt durchgeführt wurden, konnten keine gehandelten Frauen gefunden werden:Wohl aber wurden Migrantinnen ohne
Aufenthaltsstatus abgeschoben.
Jenen, die immer schon die Grenzen dicht machen wollten, leistet der Diskurs um Frauenhandel unter dem Vorwand, Frauen vor Zwangsprostitution zu schützen, Vorschub.
Das Gegenteil ist der Fall: Je mehr Migrantinnen illegalisiert
und kriminalisiert werden, desto höher ist die Gefahr ihrer
Ausbeutung, desto leichter werden sie Opfer von Menschenhändlern.
Frauenhandel wird nicht verhindert werden, wenn Prostitution generell verboten wird, wie es im Zuge der Diskussionen
um die Zwangsprostitution immer wieder geschehen ist: Etwa
vom schwedischen Justizminister Thomas Bodström im Europäischen Ministerrat (in Schweden ist Prostitution seit 1999
verboten und Freier können bestraft werden, wenn sie käuflichen Sex erwerben), was von der Innenministerin Liese Prokop
sogleich als diskutierenswerter Vorschlag aufgenommen wurde.
Wenn Prostitution mit Frauenhandel gleichgesetzt wird,
werden Prostituierte, auch jene, die sich bewusst entscheiden
(wie eng auch immer der Rahmen sein mag, in dem sie ihre
Entscheidung treffen) in der Sexarbeit zu arbeiten, auf einen
Opferstatus reduziert. Damit wird ihnen jedes Recht auf
Selbstbestimmung abgesprochen. Gleichzeitig wird von der
Rolle des Staates abgelenkt, der Ausbeutungsverhältnisse fördert. Solange Sexarbeiterinnen in einer Grauzone von Illegalität und Geduldet-Sein arbeiten müssen, solange sie zwar
Steuern zahlen müssen, aber keinen Lohn einklagen können,
da ihre Arbeit als sittenwidrig gilt, solange Migrantinnen in der
Sexarbeit keinen legalen Aufenthaltsstatus haben, solange
wird sich am prekären Status von Sexarbeiterinnen nichts ändern. Es sind die Gesetze und die gesellschaftliche Doppelmoral die Prostituierte in Abhängigkeiten treiben und nicht die
Art ihrer Tätigkeit. Und genau hier müssten Kampagnen ansetzen.
❚
juli august2006an.schläge 05
Fo t o : Fr a u e n h ä u s e r Wi e n
österreichan.riss
frauenhäuser
Wenn Liebe weh tut
Wiens Frauenstadträtin Sonja Wehsely präsentierte Anfang Juni gemeinsam mit Vertreterinnen des Vereins Wiener Frauenhäuser eine neue
Kampagne gegen Gewalt an Frauen. Die initiierte Kampagne „Wenn Liebe weh tut: 05 77 22“ soll das Thema der häuslichen Gewalt an Frauen
weiter in die Öffentlichkeit tragen. Zudem wurde die neue zentrale Notrufnummer 05 77 22 eingerichtet. „Das Bewusstsein, dass Gewalt auch in
den eigenen vier Wänden ein Verbrechen ist, wächst. Deutlich weniger
Frauen sind bereit, Gewalt still zu erdulden“, erklärte Sonja Wehsely. Frauen mit Gewalterfahrung sollen ermutigt werden, aus ihrer Isolation zu
treten und Hilfe zu suchen. Unter der Notrufnummer finden Betroffene
rund um die Uhr Beratung und erfahren, in welchem Frauenhaus Unterkünfte frei sind. Auch persönliche Gesprächstermine können telefonisch
vereinbart werden. Wie notwendig Hilfe und Unterstützung für misshandelte Frauen sind, zeigen die steigenden Anlaufzahlen der Frauenhäuser.
Dieser Umstand kann aber nicht über die Tatsache hinwegtäuschen, dass
laut einer aktuellen deutschen Studie rund die Hälfte der betroffenen
Frauen sich in die Isolation zurückzieht und schweigt. kama
„Manche Körperstellen wie bei-
plus.minus
armutsbekämpfung
Doku der Armutskonferenz
Mitte Oktober 2005 fand in Salzburg – zehn Jahre nach der ersten Konferenz – die 6. Österreichische Armutskonferenz statt, deren umfangreiche schriftliche Dokumentation ab Juli im Büro der Armutskonferenz
in Wien zu bestellen ist. In der Armutskonferenz haben sich zahlreiche
Sozialorganisationen in Österreich zusammengeschlossen, um eine
Lobby für jene zu bilden, die sonst keine Lobby haben: die rund 460.000
Menschen in Österreich (das sind sechs Prozent der Wohnbevölkerung),
die von Armut und sozialer Ausgrenzung betroffen sind, Frauen stärker
als Männer. Die Doku der 6. Armutskonferenz beschäftigt sich vor allem
mit dem Aufzeigen und Dekonstruieren von gängigen sozio-ökonomischen Mythen, beispielsweise dem Mythos, dass wir uns den Sozialstaat
gar nicht mehr leisten könnten, oder dass Armut und soziale Not selbstverschuldetes Schicksal wären. Die 400 Konferenz-TeilnehmerInnen präsentierten auch Konzepte für soziale Alternativen, die schon längst auf
dem Tisch liegen. „Machen wir uns nichts vor: Armutsbekämpfung ist
möglich. Armut ist vermeidbar“, lautet das Credo der Armutskonferenz. GaH
Die Doku ist um 13,- Euro (+3,- Euro Porto) zu bestellen unter T. 01/402 69 44,
[email protected], www.armutskonferenz.at
antidiskriminierung
Parteienstreit in OÖ
Eigentlich ging es um einen symbolischen Akt ohne direkte Rechtsfolgen, nämlich eine Resolution des oberösterreichischen Landtages an die
Bundesregierung auf Einführung der „Eingetragenen Partnerschaft“. Die
SPÖ-OÖ brachte einen Vorschlag für diese Resolution ein; die Grünen
wollten diesen grundsätzlich unterstützen, forderten aber die Aufnahme
des Begriffs „Zivilpakt“, da das grüne Modell für eine „Homo-Ehe“ so
plus.minus Reaktionen und Anregungen an die Redaktion per Brief oder e-mail, mit dem Betreff:„plus.minus“
spielsweise Gesicht und Bikini-
verloren
gewonnen
Zone erfordern besonders präzi-
Verquer
Queer
ses Stylen und Trimmen.“
Was macht eine Regierung, die ein Gesetz
über die Mitversicherung von PartnerInnen
in Lebensgemeinschaften verabschiedet, das
vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben
wird, weil es gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften ausschließt und damit diskriminiert? Genau, sie beschließt Änderungen. Wie die aussehen? Unter einer orangeschwarzen Regierung sehen die so aus, dass
einfach alle Lebensgemeinschaften aus der
Mitversicherungsregelung geworfen werden, Hauptsache (nein Haubnersache) homosexuelle Paare fallen auch raus. Beschämend! – –
Im Gedenkjahr 2005 startete ein internationaler Wettbewerb zur Gestaltung eines Mahnmals für homosexuelle und Transgender-Opfer
des Nationalsozialismus am Morzinplatz in
Wien, der Stelle, wo einst das Gestapo-Hauptquartier stand. Gewonnen hat das Projekt „Der
Rosa Platz“ des Österreichers Hans Kupelwieser, der eine 400 Quadratmeter große Wasserfläche plante, die mit Lebensmittelfarbe rosa
gefärbt erscheinen soll. Quer durchs Becken
zieht sich der begehbare Schriftzug „QUE(E)R“.
Gut, dass ein solches Projekt endlich realisiert
wird. Wir wollen aber auch lila Wasser und
Sichtbarkeit von lesbischen Opfern! +
Diesen weisen Spruch findet frau auf der
Homepage der Firma Braun, die für einen
neuen „Präzisionshaarentferner“ mit der
Form einer überdimensionalen Zahnbürste
wirbt. Von „Scherköpfen“ und „Kurzhaartrimmern“ ist da die Rede. Klingt irgendwie
nach Hundesalon. Daher mein Aufruf für
den Sommer: Zeigt Haar!!!
06 an.schlägejuli august2006
an.rissösterreich
heißt. Darüber wurde aber laut Auskunft der Grünen OÖ gar nicht weiter diskutiert, da die ÖVP die Resolution ohnehin ablehnte. Es folgte ein
medialer Schlagabtausch zwischen SPÖ und Grünen. Die SPÖ kritisierte
die unzulängliche Koalitionsarbeit der Grünen mit der ÖVP und machte
die Grünen für das Scheitern der Resolution verantwortlich. Die Grünen
fühlten sich „diffamiert“ und argumentierten, dass der Begriff „eingetragene Partnerschaft“ genau das SPÖ-Modell meine und deshalb in einer
überparteilichen Resolution einer Ergänzung bedürfe. Schließlich trat
die HOSI Linz dazwischen und lud alle drei Parteien zu einem gemeinsamen Gespräch ein: „Die Lesben und Schwulen in Oberösterreich erwarten mit Recht, dass diese Frage offen und ehrlich diskutiert wird.“ SPÖ
und Grüne sind zu Gesprächen bereit, die ÖVP schweigt noch. Wir bleiben dran. ESt
sommer in wien und anderswo
Raus in die Sonne!
Egal, wie das Wetter auch sein mag, es ist jedenfalls Sommer. Für viele
heißt das auch Ferien und die wollen vergnüglich verbracht werden. Für
alle Mädchen zwischen zehn und 16 Jahren gibt es in der letzten Ferienwoche von 28. August bis 1. September ein eigenes, kreatives Freizeitprogramm von wienXtra, mit einer Präsentation der Workshop-Ergebnisse
und einer Summernight Party als Abschluss. Das vollständige Programm
gibt es bei wienXtra.
Alle, die aus der Stadt raus wollen oder sonst einen Ortswechsel
brauchen, sollten mal auf wolfsmutter.com vorbeisurfen. Dort gibt es allerlei Anregungen für einen Frauensommer 2006: vom WomenPride
Festival Anfang Juli in Köln, über das 9. Interkulturelle Frauenmusikfestival im Hunsrück, das finnische Gedichtgesänge im Runen-Stil genauso
bietet wie feministischen Rap aus Senegal, bis zum FrauenLesben-Sommercamp in Schleswig-Holstein. Welcher das noch nicht global genug
ist, bietet sich dann noch der Link zum Frauenreiseportal.de mit weltweiten Angeboten. Schöne Ferien! ESt
www.kinderinfowien.at; www.jugendinfowien.at; wolfsmutter.com; www.frauenreiseportal.de
an.ruf
Nadja Vladar sprach mit Amina Baghajati
„Integrationsunwillig? Wir nicht!“
Die von Innenministerin Prokop initiierte Studie zu Integration hat für
große Aufregung gesorgt: Wie war Ihre Reaktion darauf?
Ungläubige Überraschung – Sorge. Obwohl die vorzeitig geäußerte
Interpretation von „45 Prozent integrationsunwilligen Muslimen“
durch die Studie nicht belegbar ist, wird durch solch leichtfertige Aussagen das gesellschaftliche Klima gefährdet. Höchste Zeit, Integration
als beidseitigen Prozess zu definieren und politische Maßnahmen in
den Bereichen Bildung, Wohnung und Arbeitsmarkt zu setzen.
Wodurch könnte ein Bild der „Integrationsunwilligkeit“ entstehen?
Im Blick liegt die sichtbare Ausübung des Islam. Das muslimische Kopftuch mutiert so zum emotionsgeladenen Platzhalter für viele Integrationsfragen, dessen Trägerin leicht in die Schublade „fremdbestimmt,
von Männern entmündigt, fundamentalistisch“ gesteckt wird, da noch
immer zu wenig zwischen Religion und Tradition differenziert wird.
Wie könnte man dieser Problematik entgegensteuern?
Aktive Partizipation, gerade von muslimischen Frauen, fördern. Und
bei bestehenden Problemen nicht vom hohen Ross „Anpassung“ fordern, sondern gemeinsam etwas z.B. gegen die Verletzung von Frauenrechten unternehmen. Heuchlerisch wirkt der Vorwurf mangelnder
Gleichberechtigung für Musliminnen, wenn dabei ausgeblendet wird,
dass die Mehrheitsgesellschaft hier so einiges zu lösen hat.
pro:women
Wo verläuft die Grenze zwischen Integration und Assimilation?
Abtreibung ist Frauenrecht!
„Die Fristenregelung ist eine Errungenschaft, die niemals mehr in Frage
gestellt werden darf.“ Darum unterstützt Frauenstadträtin Sonja Wehsely die Arbeit von pro:woman. Das Ambulatorium am Fleischmarkt wurde
1979 als erste private Tagesklinik gegründet. Jetzt tritt das Ambulatorium unter dem Namen pro:woman auf und unterstreicht damit seine
Funktion als kompetenter Aufklärer in Sachen Familienplanung.
Anders der Verein „Jugend für das Leben“, religiöse AbtreibungsgegnerInnen mit Naheverhältnis zu „Human Life International“. Unter dem
Deckmantel der Aufklärung stellen sie das Recht auf Selbstbestimmung
der Frau unter anderem dem Massenmord der Nazis gegenüber – und
das nun auch in Räumlichkeiten der Uni Wien, was massive Proteste von
autonomen Frauen zur Folge hatte. „Uns reicht es!“, wehrt sich nun auch
das Frauenreferat der HochschülerInnenschaft und verhandelt mit dem
Rektorat, um solche Veranstaltungen in Hinkunft ganz zu verbieten.
Außerdem geplant sind eine pro-choice-Plakataktion und eine Veranstaltungsreihe im Herbst. kaiv
Eine erfolgreiche Integration ermöglicht ein aktives Beteiligen an der
Gesellschaft ohne dabei die eigene Identität zu verleugnen oder aufzugeben. Assimilation dagegen würde völlige Angleichung bedeuten, was
wenig verlockend erscheint. Aufbauend auf einem Grundkonsens muss
eine persönliche Identifikation möglich sein. Es ist kein Widerspruch sich
gleichzeitig als Muslimin und Österreicherin/Europäerin zu fühlen.
Wie könnte man auf diverse „Schnitzel- Bonmots“, wie sie z.B. von H.C.
Strache verwendet wurden, sinnvoll reagieren?
Satirisch:Wir fordern die Bewahrung des echten Schnitzels! In zugewanderter Mailänder Tradition aus Kalb! Sanktionen bei Nichtbeachtung: Verbot des Apfelstrudels, denn Strudelteig genießt ein türkisches Patent!
Ernsthaft: Kein Muslim will jemandem Schweinefleisch verbieten. Es
geht nur darum, dass ein Alternativangebot (wichtig für MuslimInnen, JüdInnen, VegetarierInnen) bereitgehalten wird.
Amina Baghajati ist Medienreferentin der Islamischen Glaubensgemeinschaft
pro:woman, 1., Fleischmarkt 26, www.prowoman.at; www.die-abtreibung.at.tf
juli august2006an.schläge 07
Fo t o : p i x e l q u e l l e . d e
orfpolitik
Kasperl, Pezi, Wolf und Mück
Demokratie und öffentliche Berichterstattung stehen im Widerspruch zu zentralen Machtpositionen und politischer Einflussnahme im öffentlich-rechtlichen Rundfunk.
Jenny Unger stellt die handelnden Personen und zentrale Themen vor.
Als Kind habe ich mich
manchmal gefragt, warum
der Österreichische Rundfunk
ORF und nicht ÖRF heißt und
ich habe mich auch gefragt,
warum bloß „rund“. Ich habe mir dann
Ballspiele vorgestellt und mir gedacht,
dass es deswegen sicher lustig sein
muss, dort zu arbeiten, und auch weil
08 an.schlägejuli august2006
eine bestimmt immer fern schauen
konnte und nicht nach dem Pezi oder
den Barbapapas ins Bett musste. Es
war klar, ich wollte zum ORF, ich wollte
dort arbeiten. Wahrscheinlich aber ist
es gar nicht lustig dort, denn ich mag
nicht, dass mir eine Mücke etwas über
meinen Arsch sagt oder sonst etwas
zu meinem Aussehen von sich gibt.
HauptdarstellerInnen. In dieser Geschichte gibt es wie in vielen anderen Geschichten den Wolf. Der ist sonst immer böse. Hier in dieser nicht. Er hat
einen Preis bekommen, den RobertHochner-Preis, dafür dass er ein guter
Journalist ist. Er ist ein Mann. Männer
bekommen öfter solche Preise. Öfter
als Frauen – aber darüber reden wir
politikorf
hier nicht. Der Wolf ist gut und hat also diesen Preis bekommen, und er hat
eine Rede gehalten, in der er kritische
Anmerkungen zu einem Thema gemacht hat, das viele seiner KollegInnen
beschäftigt. Der Wolf arbeitet beim
ORF – beim ÖRF, bei dem ich als Kind
arbeiten wollte – und ihn und seine
KollegInnen beschäftigt die „politische
Einflussnahme“.
Dann gibt es den Mück. Der nichts
mit einer Mücke zu tun hat, sondern ein
Chef ist, einer von der ganz üblen Sorte,
heißt es. Er soll persönlich beleidigen,
sich herabwürdigend und frauenfeindlich gegenüber MitarbeiterInnen
äußern, mit der Freiheit drohen, womit
er Kündigung meint, und die Berichterstattung manipulieren. Das alles hat
viel mit der „politischen Einflussnahme“
zu tun und steht in einem „profil“-Artikel, der wie die Rede vom Wolf eine tragende Rolle in der Geschichte hat.
Die Frau Lindner. Monika Lindner.
Das ist auch eine ganz wichtige Person. Das ist die Chefin überhaupt. Generaldirektorin des ORF ist sie. Leider
ist sie „politisch beeinflusst“, geht eingehakt mit ÖVP-Politikern auf Bälle
und sitzt und klatscht im Publikum der
ÖVP-Wahlkampferöffnungsrede des
Herrn Schüssel (über den gibt es in
dieser Sache nicht viel zu sagen, er redet nämlich nicht ganz so gerne). Sie
gilt als Vollstreckerin von Regierungsinteressen und im August steht ihre
Wiederwahl als Generaldirektorin an.
„Willkommen Österreich“ ist übrigens
ihr zu verdanken.
Weiters gibt es SOS ORF. Das ist eine Gruppe, die sich Sorgen um den
ORF und die Demokratie macht. Die
Gruppe bekommt immer mehr Mitglieder. Manche sagen, die üblichen
Unverdächtigen aus linken Reihen,
aber auch Unverdächtige aus anderen
Reihen finden sich darunter. Die Gruppe vergrößert sich laufend durch Unterschriften – 63.000 sollen es bereits
sein – und fordert einen anderen ORF
und etwas gegen die „politische Einflussnahme“.
Die politische Einflussnahme. Sie ist etwas,
das der ORF und seine RedakteurInnen
eigentlich schon seit den Anfängen
des österreichischen Rundfunkwesens
kennen. Besonders ausgeprägt waren
die Mechanismen der Kontrolle und
Beeinflussung in den Zeiten des politischen Proporzes zwischen SPÖ und
ÖVP. Im Grunde versucht Politik Nachrichtenmedien immer unter ihre Kontrolle zu bringen und direkt oder indirekt zu beeinflussen, weil sie die
Schlüsselinstanz der Vermittlung von
politischen Interessen sind. Beim ORF
und dessen Informationssendungen
ist das noch viel mehr der Fall, weil diese eine Monopolstellung in der Informationsvermittlung in Österreich haben. Mehr als zwei Drittel der ÖsterreicherInnen beziehen ihre Informationen über Politik aus dem Fernsehen,
meint Armin Wolf in seiner Rede. „Aus
dem Fernsehen“ ist gleichzusetzen mit
dem ORF, weil politische Informationen über Österreich, die von den nicht
öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten angeboten wird, kaum ZuseherInnen finden.
Aus demokratiepolitischer Sicht
ist schon die Monopolstellung des
ORF bedenklich, wenn dann aber auch
innerhalb des ORF die Verantwortlichkeit für alle Informationssendungen
zentralisiert ist und bei einer Person
liegt, ist das äußerst bedenklich. Beklagt wird das aufgrund der Gesamtprogrammierung: Alle Informationssendungen, von der „9-Uhr-ZeitImBild“ bis zur „ZiB 3“, vom „Report“ bis
„Offen gesagt“, von der „Pressestunde“ bis „Thema“, vom „Hohen Haus“
bis zum „Weltjournal“ unterstehen einer einzigen Person, die von den O-Tönen in der „ZiB 1“ über die Studiogäste
in der „ZiB 2“, von den DiskussionsteilnehmerInnen in „Offen gesagt“ bis zur
Themenauswahl im „Report“ alles
letztentscheiden kann. Hier konzentriert sich extrem viel Macht: Welche
Leute haben was und wie zu sagen,
dürfen das sagen. Welche Leute kommen nicht zu Wort, bleiben unsichtbar
und unhörbar. Welche Leute werden
gehört, gesehen, wieder erkannt und
unterstützt, weil sie bekannt sind.
Welche Sicht auf welche Probleme
können wir haben, wenn manche
Sichtweisen und manche Probleme
überhaupt unsichtbar bleiben? Darüber sollten viele im Austausch mit anderen entscheiden. Aber im Moment
konzentriert sich diese Entscheidungs- und Definitionsmacht in der
Hand von Werner Mück, der wegen
seines Führungsstils heftig kritisiert
wird. Seine angeblichen sexistischen
Äußerungen und Einschüchterungsversuche gegenüber Mitarbeiterinnen
wurden bereits mit der dieStandardZitrone bedacht.
Politische Einflussnahmen auf
Nachrichtenmedien sind selbstverständlich. Nachrichtenmedien sind
Ziel der Politik, weil sie die Öffentlichkeit für PolitikerInnen, Gruppen und
Parteien herstellen und ihre Artikulation ermöglichen. Das Problem liegt in
der Einseitigkeit. Im Moment scheint
es, als hätten nur die Regierungsparteien, vor allem die ÖVP, Zugriffsmöglichkeit. Für die Regierung unangenehme Themen werden nicht oder zu
spät und dann zahnlos ausgestrahlt
oder erst gar nicht recherchiert. Demokratie basiert auf informierten BürgerInnen, auf vielseitig und nicht einseitig informierten BürgerInnen.
Wenn es nun schon das Monopol ORF
in diesem demokratiepolitisch essenziellen Bereich gibt, dann kann das
nur Pluralismus und Meinungsvielfalt
innerhalb des ORF wettmachen. Demnach fordert auch die Plattform SOS
ORF eine Struktur der Fernsehinformation, die Vielfalt und Ausgewogenheit ermöglicht. Wolf spricht von redaktioneller und inhaltlicher Pluralität
und fordert wieder unabhängige Sendungsredaktionen mit eigenen RedakteurInnen und ReporterInnen sowie
mit entscheidungsbefugten Sendungsverantwortlichen.
Noch eine kurze Episode. 3sat, der Gemeinschaftssender des ORF, ARD, ZDF
und dem Schweizer Fernsehen, hatte
für die Sendung „Kulturzeit“ geplant,
einen Beitrag von Tilman Jens über
SOS ORF und die Querelen im ORF zu
zeigen. Kurzerhand wurde entschieden, den Beitrag nicht zu senden. Eine
Intervention der ORF-Generaldirektorin Monika Lindner, vermutet der Redakteur des Beitrags, auch wenn dies
durch den Sendungsverantwortlichen
dementiert wird. Es soll aber eine Bitte um Verschiebung der Ausstrahlung
bis nach der Sitzung des ORF-Stiftungsrates gegeben haben. Am 16. Juni wurde der Beitrag dann doch noch
gesendet.
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juli august2006an.schläge 09
Fo t o : M a r t i n a M a d n e r
gleichstellungspolitikeu
Emanzipatorische Rückschritte
Kleine Fortschritte und große Rückschritte für Frauen. Das ist die Bilanz einer feministischen
Analyse der gegenwärtigen EU-Politik. Elisabeth Klatzer, feministATTAC und
Watch Group, Gender und öffentliche Finanzen, erklärt warum.
Immer wieder wird von Fortschritten gesprochen, die die
Europäische Union für Frauen
gebracht hat. Dabei wird auf
die Bestimmungen im EGGründungsvertrag zur Lohngleichheit
zwischen den Geschlechtern verwiesen
ebenso wie auf eine Reihe von Richtlinien, die Gleichbehandlung am Arbeitsplatz zum Ziel haben. Die mit dem Amsterdamer Vertrag eingeführte Verpflichtung, die Gleichstellung der Ge10 an.schlägejuli august2006
schlechter in allen Politikbereichen
(Gender Mainstreaming) zu fördern,
wird ebenfalls gerne genannt.
Insgesamt eine „ansehliche“ Bilanz,
wenn frau es so sehen will. Das ist aber
nur ein kleiner Ausschnitt der Realität.
Betrachtet frau die Dynamik der Entwicklungen der EU insgesamt, so zeigt
sich Anlass zur großer Besorgnis, ob
Frauen- und Geschlechterpolitik, die
diesen Namen verdient, in der EU derzeit möglich ist. Analysen der Gleich-
stellungs-, Sozial- und Vereinbarkeitspolitiken zeigen, dass seit den 1990er
Jahren eine Verengung und noch stärkere Instrumentalisierung im „Dienste“
von Wettbewerbsfähigkeit und Wachstum, den zentralen Zielen der EU, stattfindet, meint Jane Lewis.
Kontraproduktive Politik. Es ist aber auch
wesentlich, den Blick über die unmittelbare Frauenpolitik zu erweitern. Die
Finanzpolitik der EU, ebenso wie die
eupolitikgleichstellungs
Deregulierungs- und Liberalisierungspolitiken, sind im Hinblick auf ihre
gleichstellungspolitischen Effekte zu
analysieren. Erst dann wird eine realistischere Bestandsaufnahme darüber
möglich, was die EU bezüglich Gleichstellung und Emanzipation erreicht
hat bzw. erreichen kann. Die Tendenzen in der Finanzpolitik sind eindeutig:
In den letzten zwei Jahrzehnten kam
es zu einem Entzug der Finanzpolitik
aus dem demokratischen Raum. Mit
den Maastrichtkriterien und dem
Wachstums- und Stabilitätspakt wurde die Finanzpolitik an Regeln gebunden und weitgehend aus dem demokratischen Raum entzogen. Damit
wurde eine einseitig an „Stabilität“
(d.h. im EU-Kontext niedrige Inflation
und ausgeglichener Haushalt) ausgerichtete Politik einzementiert. Gesamtgesellschaftliche Stabilität, wie Gleichstellung, sozialer Zusammenhalt,
Wohlstand für alle etc., sind mit dieser
Art von Stabilität nicht gemeint. Die
völlig dem demokratischen Raum entzogene Europäische Zentralbank ist
„Hüterin“ dieser entleerten Politik.
Gleichzeitig wurde ein enormes Liberalisierungsprojekt (Binnenmarkt) realisiert, das in der DienstleistungsRichtlinie einen neuen Höhepunkt erreicht.
Die nationalen Konsequenzen dieser Entwicklungen sind bekannt: Unter
dem Mantra „Nulldefizit“ wird umfassender Sozialstaatsabbau und eine
Umverteilung von unten nach oben betrieben. Jahrelange Kürzungen und
Sparpakete, um dann zwei Milliarden
Euro an Steuergeschenken an Großkonzerne zu verteilen (Gruppenbesteuerung). Dazu eine Arbeitsmarktpolitik,
die auf Flexibilisierung und Prekarisierung beruht. Immer die gleichen Rezepte, Flexibilisierung, Kürzung von Arbeitslosenleistungen, Reduktion von
Lohnnebenkosten etc., eine erwiesenermaßen erfolglose Politik, die dennoch
mit großer Vehemenz weiterverfolgt
wird. In Summe ein Desaster für Frauen. Das angestrebte Ziel, die Frauenbeschäftigung zu erhöhen, die de facto
nur eine Umverteilung von Voll- auf
Teilzeitarbeitsverhältnisse ist, dient im
Wesentlichen dazu, die flexible „Reservearmee“ auszubauen. Das heißt, durch
mehr Arbeitslose, flexible Arbeitskräfte
etc. soll der Druck auf ArbeitnehmerIn-
nen verstärkt werden, Lohnkürzungen
und schlechte Verträge zu schlucken.
Das Modell des männlichen Alleinverdieners wurde als EineinhalbverdienerInnenmodell modifiziert und stabilisiert. Für Alleinerzieherinnen wird dies
in Form eines Halbverdienerinnenmodells zur Armutsfalle.
Die Politiken zur Gleichstellung auf
dem Arbeitsmarkt, u.a. das Programm
Equal, das Ende 2006 ausläuft und
nicht eigenständig fortgesetzt wird,
sind nur ein Tropfen auf dem heißen
Stein und zeigen aufgrund der vergleichsweise geringen Budgets wenig
nachhaltige Wirkungen.
Bezüglich der Effektivität von
Gleichstellungspolitiken in der EU ist die
Lohnschere ein Indikator: Seit der Gründung der EG ist gleicher Lohn für gleiche
bzw. gleichwertige Arbeit festgeschrieben, es fehlt jedoch an Resultaten, Frauen- und Männerlöhne klaffen nach wie
vor weit auseinander und die Schere öffnet sich zum Teil wieder weiter.
Die Ineffektivität der Frauen- und
Geschlechterpolitiken steht in krassem
Gegensatz zu großen „Erfolgen“ in anderen Politikfeldern wie z.B. dem Binnenmarktprojekt oder der Währungsunion.
Kein Erfolgsrezept. Gender Mainstreaming hat zwar in einigen Politikbereichen, wie z.B. Beschäftigungs- und Regionalpolitik einen – wenn auch nicht
besonders ergebnisorientierten – Platz,
fehlt aber in zentralen politischen Themenbereichen völlig. Insbesonders in
der Wirtschafts- und Finanzpolitik, der
Agrarpolitik, Verkehrspolitik und der
Außen- und Sicherheitspolitik (mit
Ausnahme der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit ) wird die
vertragliche Verpflichtung zu Gender
Mainstreaming ignoriert. Die wichtigste Ratsformation, der ECOFIN, Rat der
Wirtschafts- und Finanzminister, hat
sich praktisch noch nie mit Gleichstellungsfragen befasst. Gender Budgeting, ein international anerkanntes
und weit verbreitetes Konzept zur
geschlechtergerechten Budgetgestaltung, wurde zwar in einer Entschließung des Europäischen Parlamentes
und in einem Beratenden Gremium der
Kommission empfohlen, wird aber von
den Finanz- und WirtschaftsministerInnen ignoriert. Währenddessen stellt
der ECOFIN weiter munter die Weichen
in Richtung Demontage wohlfahrtsstaatlicher Leistungen. Derzeit läuft
unter der euphemistischen Bezeichnung „Qualität der öffentlichen Finanzen“ ein Prozess der weiteren Koordinierung der Finanzpolitiken, der darauf
hinausläuft, dass sozialstaatliche Ausgaben diskreditiert werden sollen und
zugunsten „zukunftsorientierter“ Investitionen (z.B. Infrastruktur) weiter reduziert werden sollen.
Neoliberales EU Konzept. Insgesamt zeigt
sich eine Entwicklung in der EU, die von
Entdemokratisierung, Prekarisierung der
Arbeits- und Lebensverhältnisse (steigende Armutsfalle insbesonders für
Frauen), Erstarken des Einflusses von
Unternehmen auf die Politikgestaltung,
Durchsetzung von Partikularinteressen
(z.B. in der Agrarpolitik) gekennzeichnet
ist. Das neoliberale Korsett soll auf EU
Ebene in möglichst unumstößliche Regelungen gegossen werden, um sie unabhängig von etwaigen Regierungswechseln in einzelnen Staaten zu machen. Parallel dazu laufen konservative
Diskurse, die traditionelle Rollenmuster
von Frauen zusätzlich und auf dem ersten Blick in Widerspruch zu neoliberalen Rollenzuschreibungen, wie die flexible
weibliche Ware Arbeitskraft, verstärken.
Die Europäische Kommission wird
häufig als „Motor der Integration“ bezeichnet. Tatsache ist, dass die Europäische Kommission Motor und Promotor
des Kapitalismus ist. Derzeit wird das
besonders deutlich sichtbar durch die
gegenwärtige durch und durch neoliberale Riege von KommissarInnen. Aber
bereits in den letzten Jahrzehnten haben sogenannte sozialdemokratische
Kommissionen den Marktliberalismus
auf den Altar gehoben. Es gibt eine Reihe von „flankierenden“ Politiken, um
dies zu verschleiern, der Lack bröckelt
aber immer mehr ab. Kapitalinteressen
werden immer unverschämter zum
Credo der EU gemacht.
Die Europäische Kommission ist
Exekutive und hat gleichzeitig das Monopol zur Vorlage legislativer Vorschläge. Damit kommt ihr eine ganz zentrale
Rolle zu, zumal sie Legislativvorschläge
zurückziehen kann. Und de facto unterliegt das Kommissionshandeln keiner
effektiven demokratischen Kontrolle.
Fortsetzung Seite 20
juli august2006an.schläge 11
Fo t o : A u s t r i a n B u r m a Ce n t e r
internationalan.riss
Engagement brachte ihr zahlreiche internationale Auszeichnungen, unter anderem den Friedensnobelpreis 1991. Letzten Meldungen zufolge
hat sich der Gesundheitszustand von Suu Kyi drastisch verschlechtert.
Zu ihrem 61. Geburtstag am 19. Juni fanden weltweit, auch in Wien, Demonstrationen statt. kama
Offizielle Homepage im Kampf um Freiheit für Aung San Suu Kyi: www.dassk.org
Austrian Burma Center: www.austrianburmacenter.at
vatikan
Böser Feminismus
Nichts Neues aus Rom. Abtreibung ist ein Verbrechen, gleichgeschlechtliche PartnerInnenschaften ein Gräuel und diese Sünden möglich
gemacht hat der böse Feminismus. Die Frauenbewegungen hätten
eine „reine individualistische Vision der Familie“ gefördert und zu
alternativen Lösungen zur traditionellen Familie aufgerufen, heißt
es im jüngsten Dokument zu „Familie und menschliche Fortpflanzung“ aus dem Vatikan. Der päpstliche Rat für Familie zeigt sich darin verängstigt über die „gewalttätigen Angriffe“ auf die „natürliche
Institution Ehe“ durch „unnatürliche“ Homo-Ehen. Und wer ist Schuld?
Unter anderem die Feministinnen, die mit ihren Emanzipationsforderungen die Beziehungen zwischen den Geschlechtern erschwert
hätten. Ganz nüchtern betrachtet: Der Vatikan gibt zu, dass wir
was bewirkt haben? Das hört sich ja fast nach einer Erfolgsmeldung an. GaH
russland
Gewalt bei Gay-Pride
burma
Hausarrest verlängert
Die Regierung von Burma hat Ende Mai die Verlängerung des Hausarrestes von Aung San Suu Kyi beschlossen. Die Oppositionsführerin der Nationalen Liga für Demokratie (NLD) wurde am 30. Mai 2003 während einer Tour durch das nördliche Burma von den Militärs des Regimes überfallen. Seit drei Jahren ist die Friedensnobelpreisträgerin nun ohne Anklageerhebung in Rangoon unter Hausarrest gestellt, der am 27. Mai
enden sollte. Trotz nationaler und internationaler Appelle ist die Regierung von Burma nicht bereit, Aung San Suu Kyi in Freiheit zu entlassen.
Seit der Gründung der NLD 1988, an der Suu Kyi maßgeblich beteiligt
war, gilt sie als Galionsfigur im Kampf um Demokratie in Burma. Das
Militärregime reagierte auf die Anfänge der Demokratiebewegung mit
äußerster Brutalität. Innerhalb weniger Monate wurden an die 10.000
DemonstrantInnen (überwiegend StudentInnen) getötet. Trotz brutaler
Machterhaltungsstrategien musste das Militärregime am 27. Mai 1990
freie Wahlen abhalten. Ein historisches Ereignis für Burma: Die NLD
konnte 82 Prozent der Parlamentssitze für sich gewinnen, doch die Regierung erkannte das Wahlergebnis nie an. Auch zu diesem Zeitpunkt
befand sich Suu Kyi unter Hausarrest, wie die meiste Zeit der vergangenen zwei Jahrzehnte. Trotz ihrer schwierigen Situation in Gefangenschaft führt Aung San Suu Kyi den Freiheitskampf für ihr Land fort. Ihr
12 an.schlägejuli august2006
Für große Aufregung sorgte die Moskauer Gay-Pride am 27. Mai, bei der
die Gewalt ein erschreckendes Ausmaß annahm. Nachdem die geplante Parade von Lesben, Schwulen und Transgender-Personen von Bürgermeister Juri Luschkow verboten worden war, wurde folgendes Ersatzprogramm geplant: Homosexuelle sollten am Grab des unbekannten
Soldaten, einem wichtigen antifaschistischen Mahnmal, einzeln oder
in Kleingruppen Blumen niederlegen, um sich danach in der TwerskajaStraße für eine Kundgebung für das Recht auf Versammlungsfreiheit
einzufinden. Dazu sollte es allerdings gar nicht erst kommen, da die
Polizei den Weg versperrte und rechtsextreme sowie radikalorthodoxe
GegendemonstrantInnen sich schon für den Einsatz ihrer Fäuste gegen
die AktivistInnen bereitgestellt hatten. Für den ebenfalls teilnehmenden und von Neonazis attackierten Generalsekretär der Homosexuellen
Initiative (HOSI) Wien, Kurt Krickler, war es „offensichtlich, dass für die
Polizei alle Anwesenden Trouble-Maker waren und sie keinen Unterschied
machten zwischen DemonstrantInnen und GegendemonstrantInnen“.
Anstatt gegen die gewalttätigen Rechtsradikalen vorzugehen, zog man
es vor, unter anderem die langjährige Aktivistin Jewgenia Debrjanskaja
abzuführen und grob über den Boden zu schleifen. Bei solch schwerwiegenden Verletzungen der Menschenrechte stellt sich die Frage, wie berechtigt es ist, dass Russland derzeit den Vorsitz im Europarat inne hat.
„Es wäre wirklich höchste Zeit, dass Europa stärker Druck auf Russland
ausübt und die Menschenrechtsverletzungen und das Schüren homophober und xenophober Gewalt in diesem Land nicht länger schweigend hinnimmt“, so Bettina Nemeth, Obfrau der HOSI Wien. Ein Brief an
Außenministerin Ursula Plassnik mit der Aufforderung, in ihrer Funktion
an.rissinternational
als Ratspräsidentin zu handeln und Konsequenzen aus dem Vorfall zu
ziehen, wurde bereits versendet.
Völlig friedlich verlief übrigens die lang erkämpfte und erste „Gleichheitsparade“ am 10. Juni im polnischen Warschau. Die Homosexuellenparade war in den Vorjahren vom damaligen Bürgermeister und heutigen Staatspräsidenten Lech Kaczynski verboten worden. Sie wurde erst
genehmigt, nachdem der Verfassungsgerichtshof das Verbot für rechtswidrig erklärt hatte. Eine Gegendemonstration der rechtsradikalen
Jugend wurde kurzfristig abgesagt. beka
www.hosiwien.at
neues netzwerk
deutschland
Lesbischer Herbst
Vom 10. bis 12. November findet in West-Thüringen der erste Lesbische
Herbst statt. Das Wochenende in der Bildungsstätte Eichsfeld gehört
ganz älteren lesbischen Frauen, denen ein „anspruchsvolles Themenspektrum und kompetente Referentinnen“ geboten werden, denn: „Der
Herbst ist nicht nur die Zeit der Vergänglichkeit, sondern auch der Reife
und der Ernte.“ Zu den Referentinnen zählt etwa Luise F. Pusch, die eigene Texte zum Thema „(Un)Sichtbarkeit älterer Frauen und Lesben in der
Gesellschaft“ liest. Außerdem wird es Beiträge zu (älteren) lesbischen
Frauen in der Literatur, zu Hexenkunst, Religion oder etwa der Frage
„Was verstehen wir unter Lesbenkultur heute?“ geben. Und am Abend
gibt es politisches Kabarett von Hilde Wackerhagen.
Andernorts in Deutschland wird schon am 12. Juli einer bedeutenden Schriftstellerin gedacht: Johanna Moosdorf, zu deren wichtigsten Werken etwa der Lesben-Roman „Die Freundinnen“ (1977) zählt,
bekommt eine Gedenktafel in der Berliner Kastanienallee. Im Mittelpunkt ihres Schaffens stand der unaufgearbeitete Faschismus im Alltag und dessen Kontinuität in Deutschland. Besondere Aufmerksamkeit schenkte die 2000 verstorbene Autorin von Dramen, lyrischen
Werken und Hörspielen dabei immer wieder unkonventionellen
Frauengestalten. GaH
Infos und Anmeldung zum Lesbischen Herbst: www.lesbischerherbst.de, T. 0049-2697/906 945
wyber.space
frauennotrufforum
Gemeinsam für Frieden
„Wir glauben, dass Frieden viel mehr ist als das Fehlen bewaffneter
Konflikte.“ Fünf Friedensnobelpreisträgerinnen (von insgesamt zwölf
Frauen in der 100-jährigen Nobelpreisgeschichte) haben diesen Satz zu
ihrem Credo erhoben und sich zur „Nobel Women’s Inititative“ (NWI)
zusammengeschlossen. Betty Williams (Irland, Nobelpreis 1976), Jody
Williams (USA, 1997), Rigoberta Menchu Tum (Guatemala, 1992), Shirin
Ebadi (Iran, 2003) und Wangari Maathai (Kenia, 2004) wollen fortan
gemeinsam für Frieden auftreten und vor allem Gewalt gegen Frauen
bekämpfen. Frauenaktivistinnen auf der ganzen Welt sollen mit der
NWI eine Plattform für ihre unermüdlichen Anstrengungen vorfinden.
Geplant sind etwa internationale Frauentreffen alle zwei Jahre, in
denen Erfahrungen und Ideen ausgetauscht werden sollen, aber vor
allem auch konkrete Aktionen und Handlungspläne. Zum ersten Mal
trat die NWI im Juni in Wien auf: Jody Williams und Shirin Ebadi leiteten eine Delegation von amerikanischen und iranischen NGOs beim
Treffen der Internationalen Atomenergie-Behörde. Sie präsentierten
sich auch als Vertreterinnen feministischer und frauenbewegter
Initiativen weltweit und pochten auf die Einhaltung von Frauenrechten
in den beiden Ländern – und natürlich auf eine friedliche Einigung im
Atomstreit. GaH
Nobel Women’s Initiative, 151 Slater Street, Suite 408, Ottawa, ON K1P5H3, Canada,
[email protected], www.nobelwomensinitiative.org
Frauennotruf goes Internet: Mitte Mai erweiterte die Frauenabteilung der Stadt Wien (MA 57) ihr Angebot für Frauen in schwierigen
Situationen. Neben dem institutionalisierten 24-Stunden-Frauennotruf, der eine Anlaufstelle für von Gewalt betroffenen Frauen bzw.
deren Angehörige ist, und der Beratungsmöglichkeit per Chat und
E-Mail, steht Hilfesuchenden nun auch ein Forum zur Verfügung. Die
niederschwellige Einrichtung soll vor allem Frauen erreichen, denen
der persönliche Kontakt des Frauennotrufes eine zu große Hürde war.
Offen ist das Forum für alle, die Information, Rat, Austausch oder Hilfe suchen, ebenso für Fachexpertinnen. Nach erfolgter Registrierung
kann frau sich an der Kommunikation beteiligen. Mitarbeiterinnen
des Frauennotrufs (sichtbar als Administratorinnen) betreuen das Forum, achten auf die Einhaltung der „Netiquette“ und einen respektvollen Umgang untereinander. Derzeit kann unter den Kategorien
„Gewalt gegen Frauen und Mädchen“, „Erfahrungen, Tipps, Austausch“, „Stalking“ und unter einem allgemeinen Thread gepostet
und gelesen werden, bei Registrierung hat frau auch Zugriff auf den
geschützten Bereich – für Gespräche im geschützten Rahmen. be
juli august2006an.schläge 13
Fo t o : B e t t i n a S u r t m a n n
feministischeinterventionen
Die Grenzen der Solidarität
Feministinnen aus Lateinamerika und der EU diskutierten am Alternativen Gipfel in Wien
ihre Rollen im Kampf gegen Neoliberalismus und Ausbeutung.
Von Bettina Surtmann
1 www.alternativas.at
2 Verein Lefö – Beratung, Bildung
und Begleitung für Migrantinnen,
www.lefoe.at
3 www.frauensolidaritaet.org
14 an.schlägejuli august2006
Der Alternativen Gipfel (EA2)
in Wien war ein Erfolg, schreiben die OrganisatorInnen auf
ihrer Homepage1 und führen
die unerwartet hohe Zahl von
3.500 TeilnehmerInnen bei über siebzig Veranstaltungen an. Sogar EU-Ratsvorsitzender Wolfgang Schüssel war
voll des Lobes. Trotzdem kam es zu keinem direkten Austausch zwischen der
Präsidentschaft mit dem Alternativen
Gipfel, was von BeobachterInnen beider Seiten teilweise bedauert wurde.
Es gab jedoch zumindest einen Ver-
such eines Brückenschlags. Bereits
zwei Tage vor dem offiziellen EU-Gipfel, am 9. Mai gab es im Parlament ein
vom Grünen Klub initiiertes Hearing
zu den sich häufenden Frauenmorden
in Mexiko und Guatemala. Die Außenpolitiksprecherin der Grünen Ulrike Lunacek wollte mit dieser Veranstaltung
dafür sorgen, dass „das Phänomen
Frauenmorde in die Schlussdeklaration
des EULAC Gipfels aufgenommen
wird“. So hätte in der Folge die Menschenrechtsklausel des Freihandelsabkommens zwischen EU und Mexiko ak-
tiviert werden können. „Der offizielle
Druck von EU, UNO und dem Europarat ist von immenser Bedeutung und
unerlässlich, damit endlich ordentliche
Untersuchungen durchgeführt werden“, stellte die mexikanische Menschenrechtsanwältin Andrea Medina
Rosas klar. Leider wurde es nichts mit
der Erwähnung in der Schlussdeklaration des EULAC, denn „über eine allgemeine Formulierung zur Gleichstellung von Mann und Frau ging es nicht
hinaus“, gab sich Ulrike Lunacek sichtlich enttäuscht.
interventionenfeministische
Linke Patriarchen. Am Alternativen Gipfel
beherrschten einzelne Lichtgestalten
das Bild: Friedensforscher Johan Galtung, Attac-Mitbegründerin Susan George, Politologe Elmer Altvater, Vorsitzender des Tribunals der Völker und der
Gottseibeiuns der österreichischen Linken, Leo Gabriel. Die politische Hoffnung Lateinamerikas, vertreten durch
die Präsidenten Evo Morales (Bolivien)
und Hugo Chàvez (Venezuela), gaben
sich ein Stelldichein. Es wurde gemunkelt Michele Bachelet, frischgebackene
Präsidentin Chiles, sei nicht eingeladen
worden, weil sie „nicht links genug“ sei.
Es bedarf jedoch keiner Gerüchte, sondern die Fakten sprechen für sich. Entsprechend der von neoliberaler Politik
und wirtschaftlicher Ausbeutung Betroffenen, hätten Frauen aus Lateinamerika eigentlich in der Überzahl auftreten müssen. Denn „Armut ist weiblich“, bestätigt Ariadne Grau von der
Asociatión Servicios de Promoción Laboral (ASEPROLA/Costa Rica). Alice Ludvig hat vor dem Gipfel (siehe an.schläge
5/2006) hauptsächlich (makro)ökonomische Fragestellungen aus frauenpolitischer Sicht beleuchtet. In der
Nachschau wird deutlich, dass die
Themen von weniger globalem Format
waren, aber umso universelleren Anspruch hatten. „Es muss bereits in der
Vorbereitung von Veranstaltungen dieser Art darauf geachtet werden, eine
Verhältnismäßigkeit zwischen RepräsentantInnen und Diskussionsinhalten
herzustellen“, kritisiert Christina Buder
von der Frauensolidarität und Mitorganisatorin des Workshops „Feministische Interventionen“, „Tatsache ist,
dass Frauen zentral sind als Betroffene
und als Aktivistinnen gegen den Neoliberalismus. Im letzten Augenblick zu
fragen, wo die Frauen sind, zeigt von
fehlendem Bewusstsein. Die alten linken Patriarchen haben das Geschehen
bestimmt, die Jungen konnten oder
wollten dem nichts entgegensetzen“.
Frauenpolitischer Beitrag. Die österreichischen Organisatorinnen, ein Frauenkollektiv bestehend aus den an.schlägen, der
Frauensolidarität, Lefö2 und Frauen der
KPÖ sowie SJ, wollten mit ihrem Beitrag nicht nur Quotenfrauen sein, sondern lieferten mit „Feministische Interventionen“ eine wichtige Gelegenheit,
bei der sich Feministinnen aus Lateinamerika und Europa über frauenpolitische Analysen und Lösungen des Neoliberalismus austauschen konnten. Im
Folgenden sind die wichtigsten Diskussionspunkte zusammengefasst:
Cristina Boidi (Argentinien/Österreich, Lefö Mitarbeiterin) sah einen gemeinsamen Nenner für die Frauenbewegungen hüben wie drüben in der
Migration. Alle Frauen seien vom neoliberalen Dogma betroffen. Frauen, die
von Südamerika nach Europa immigrierten, würden aber mehrfach ausgebeutet. Zuerst vom frauenfeindlichen System der Arbeitsteilung in ihrer Heimat, danach in Europa als billige Arbeitskraft, ohne soziale Sicherheit
oder Aussicht für sich selbst ein wirtschaftliches Fundament schaffen zu
können. Europäische Frauen seien
nicht gleichberechtigt aber gleichzeitig Teil des ausbeuterischen Systems in
dem sie von billiger Schwarzarbeit der
Migrantinnen profitierten. Migrantinnen würden darüber hinaus Devisen in
den Süden bringen und wiederum ein
System stützen, das Frauen ausbeute.
Diese Zusammenhänge würden die
sexistische, rassistische Struktur der
staatlichen Systeme widerspiegeln.
„Die Frauenbewegungen müssen dagegen gemeinsame Strategien entwickeln!“, fordert Boidi.
Betty Puerto Parrera von der Organización Femenina Popular (OFP) aus
Kolumbien erklärt wie ihre seit 33 Jahren existierende Organisation trotz
zahlloser Versuche, auch von offizieller
Seite, sie zum Schweigen zu bringen,
bestehen konnte. Da es keine ökonomischen oder sozialrechtlichen Ressourcen gibt, entwickelten die Frauen
Alternativen, die Schritt für Schritt das
soziale Gefüge der Zivilgesellschaft
stärkte und somit zur Hilfe für Selbsthilfe wurde. Volksküchen und -märkte
halfen gegen Geldknappheit; Traditionelle Medizin wurde im Kampf gegen
ausbeuterische Pharmaorganisationen
gelehrt; Bildungsprogramme wurden
ein Mittel gegen familiäre und staatliche Gewalt. Die Frauen der OFP seien
darüber hinaus Akteurinnen im Friedensprozess und kämpften gegen den
Raubbau an ihren lebenswichtigen
Ressourcen. Parrera kritisierte die EU,
den Widerstand durch ihre Entwick-
lungshilfemaßnahmen zu unterminieren und forderte eine stärkere Zusammenarbeit der Frauenbewegungen
zwischen Nord und Süd.
Adriane Grau von ASEPROLA, Costa
Rica, erklärte, die Ursachen für die
Feminisierung der Armut lägen in der
geschlechtsspezifischen Arbeitsteilung und der Ausgestaltung von Frauenarbeitsplätzen. Ihre Organisation lieferte mit dem Schwerpunkt „Flexibilisierung der Arbeit“ den anderen von
insgesamt zwei frauenpolitischen
Beiträgen am EA2.
Declaración feminista. Für die Aktivistinnen in Lateinamerika waren und sind
der Austausch und die Vernetzung zwischen den Frauenbewegungen beider
Kontinente nicht nur für sie persönlich
wichtig. Solche Allianzen bergen Ressourcen und verschaffen den Aktivistinnen Vorteile gegenüber ihren politischen EntscheidungsträgerInnen. Deshalb beschlossen die Organisatorinnen
und TeilnehmerInnen des Workshops
eine Deklaration zu verfassen, in der ihre Kritik an der fehlenden qualitativen
und quantitativen Repräsentanz von
Frauen zum Ausdruck kommen sollte.
Frauen sind, so die Deklaration3, maßgeblich Betroffene und, was noch deutlicher betont wurde, Akteurinnen im
Kampf gegen Militarisierung und Ausbeutung des Südens durch europäische
transnationale Konzerne, Freihandelsabkommen und die negativen Ursachen und Folgen der Migration. Sie kennen und bekämpfen die Ursachen der
Frauenarmut und strukturellen Gewalt,
die sexuelle Ausbeutung und Mord
provozieren. Aber wie wichtig ist so ein
Abschlusspapier eigentlich? Christina
Buder ist der festen Überzeugung, „es
ist für unsere Freundinnen und Kolleginnen in Lateinamerika unbedingt
wichtig. Dort legt man viel Wert auf offizielle Stellungnahmen und Papers. Sie
dienen als Argumentationsfundament
und Legitimation. Auf diese Weise können Solidarität und Unterstützung erreicht werden.“ Das Entscheidende sei,
so Cristina Boidi, „das Sichtbarmachen
unserer speziellen Betroffenheit als
Frauen in einem patriarchalen System.
Wir müssen uns gegen die Unsichtbarkeit, in der wir immer wieder zu verschwinden drohen, wehren.“
❚
Freihandelsabkommen in
Lateinamerika:
CAN: Die Andengemeinschaft wurde
1969 gegründet. Bolivien, Ecuador,
Kolumbien, Peru, Venezuela.
Mercosur: 1991 gegründetes Freihandelsabkommen. Argentinien,
Brasilien, Paraguay, Uruguay,
Venezuela.
ALBA: Die 2005 gegründete „Bolivarianische Alternative für ganz
Amerika“. Wirtschaftsgemeinschaft
zwischen Kuba, Venezuela und
Bolivien. Freihandelsabkommen
mit der EU gibt es in Mexiko (2000)
und Chile (2002).
juli august2006an.schläge 15
Fo t o s : G r u p p e B. A . S.T. A .
mexikanischerebellion
Nunca mas
„Wir wollen die schlechten Traditionen und Bräuche nicht mehr“. Soziale Realitäten
von Zapatistischen Frauen und Widerstandsbewegungen in Mexiko.
Von Miriam Trzeciak
http://www.gruppe-basta.de
http://www.chiapas98.de
http://www.ezln.org.mx (spanisch)
16 an.schlägejuli august2006
Atenco. Am 4. Mai kam es zu
brutalen Polizeieinsätzen in
der mexikanischen Stadt San
Salvador Atenco nahe MexikoStadt. Auslöser dafür war offiziell ein Aufstand von BlumenhändlerInnen. Diese wollten ihre Vertreibung
vom Markt der benachbarten Stadt
Texcoco durch staatliche Polizisten
nicht hinnehmen, da der Verkauf von
Blumen die einzige Einkommensquelle
für sie darstellt. Der lokale Markt war
den Plänen der mexikanischen Regierung im Wege, an dieser Stelle einen
Wal Mart zu errichten.
In Atenco hatte es bereits 2001 erfolgreiche Widerstandsaktionen gegen
den Bau eines von der mexikanischen
Regierung geplanten Flughafens für
Mexiko-Stadt gegeben. Im Zuge dessen hätten ca. 500 KleinbauerInnen
enteignet werden sollen, denen dadurch jegliche Lebensgrundlage genommen worden wäre. Die Widerstände wurden erfolgreich von der Bauernorganisation „Front der Gemeinden zur
Verteidigung der Erde“ (FPDT) organisiert, so dass Präsident Vincente Fox
Quesada ein Jahr später die Einstellung des Projektes bekannt geben
musste. Die FPDT wurde zu einem
Symbol von zivilgesellschaftlichem Widerstand.
Als es am 3. Mai in Texcoco zu
schweren Misshandlungen und Verhaftungen der BlumenhänderInnen
gekommen war, solidarisierte sich die
FPDT noch am selben Tag mit diesen
und blockierte eine Zubringerstraße.
Nachdem es den staatlichen Kräften
nicht gelang den Widerstand der Aufständischen zu brechen, stürmte ein
massives Polizeiaufgebot in den
frühen Morgenstunden des 4. Mai auf
Atenco. 3.500 schwerbewaffnete Poli-
rebellionmexikanische
zisten, darunter militärpolizeiliche Einheiten wie die Präventive Föderale
Bundespolizei (PFP), standen 300 Widerständischen gegenüber. Jedoch begrenzte sich die polizeiliche Aggression nicht auf diese. „Wir hatten den Befehl auf alles einzuschlagen, was sich
bewegte, aber darauf zu achten, dass
die Presse das nicht mitkriegte“, berichtete ein anonymer Polizist vor dem
Menschenrechtszentrum PRODH (Centro de Derechos Humanos „Miguel
Agustín Pro Juárez“).
Bewaffnete Polizisten stürmten
und durchsuchten zahlreiche Wohnhäuser. Sie raubten und zerstörten Einrichtungen, misshandelten und verhafteten willkürlich die BewohnerInnen.
Ein vierzehnjähriger Junge wurde mutwillig von einem Polizisten erschossen.
Ein zwanzigjähriger Student, der aus
Solidarität mit der Bevölkerung nach
Atenco gereist war, erlag einer durch
ein Polizeigeschoss verursachten Hirnverletzung. Zahlreiche Personen erlitten schwere, teilweise lebensbedrohliche Verletzungen, die erst nach Stunden medizinisch behandelt werden
konnten. ZeugInnen beklagen, dass die
Staatsgewalt anwesende SanitäterInnen vom Roten Kreuz nicht durchgelassen hatte. Insgesamt wurden mindestens 210 Menschen festgenommen.
Auch ausländische BeobachterInnen
wurden Opfer von Misshandlungen.
Zwei ChilenInnen, zwei Katalaninnen
und eine Deutsche wurden ohne
rechtskräftige Urteile deportiert.
Besonders grausam waren die polizeilichen Repressionen in den Tagen
des 3. und 4. Mai gegenüber Frauen.
Während des mehrstündigen Transportes zum Gefängnis kam es zu stundenlangem, sexuellem Missbrauch.
Von 47 festgenommenen Frauen berichten dreißig, Opfer von Vergewaltigungen und sexuellen Übergriffen
zu sein.
„Wir wurden nicht nur beleidigt,
erniedrigt, verprügelt, gefoltert, sexuell missbraucht und vergewaltigt,
jetzt sind wir auch noch Häftlinge
und Verbrecherinnen. Wir haben Repression erlitten, nicht nur als soziale Kämpferinnen, sondern auch speziell als Frauen. Denn wenn es auch
stimmt, dass die Männer am härtesten geschlagen wurden, so wurden
wir sexuell attackiert und vergewaltigt.“, erklären die weiblichen Gefangenen von Atenco in einem Brief an
die Öffentlichkeit. Sie berichten von
Beleidigungen wie „verfluchte, beschissene Nutte!“, „wir werden dich
vergewaltigen, wie die Nutte, die du
bist!“, die sie speziell als Frauen erleiden mussten und von Misshandlungen und Bedrohungen: „ ... sie gaben
sich nicht nur damit zufrieden uns
zu schlagen, einige von uns bis zur
Besinnungslosigkeit, sondern sie
drohten uns auch zu töten oder verschwinden zu lassen, oder uns zu foltern, um Namen und Informationen
über unsere Angehörigen zu erhalten,
die sie auch zu töten drohten.“ Nichts
könne die sexuellen Misshandlungen
und die Vergewaltigungen heilen, die
sie erlitten haben.
geschlossen, um gemeinsam die Anerkennung und Einhaltung ihrer Rechte
zu fordern. Kurz vor den Ausschreitungen hatte die „Andere Kampagne“
auch in Atenco halt gemacht.
Die Zapatistische Bewegung. Repressionen
durch Polizei oder Militär gegen die Zivilbevölkerung sind in Mexiko kein Einzelfall. Sie sind Bestandteil einer Strategie der Aufstandsbekämpfung, des
so genannten Krieges niederer Intensität, der auch im südmexikanischen
Bundesstaat Chiapas angewendet
wird. Hier begann am 1. Jänner 1994,
parallel zum Inkrafttreten des Nordamerikanischen Freihandelsabkommens NAFTA, der Aufstand der EZLN.
Die Zapatistas kämpfen für „Land und
Freiheit“, für eine Demokratisierung
des Landes und für Gerechtigkeit. Sie
fordern die Anerkennung der Rechte
und Kultur der Indígenas sowie eine
Strategien der Aufstandsbekämpfung. Die
Abkehr von der neoliberalen WirtVorfälle in Atenco können nicht ausschließlich auf das Einzelverhalten der schaftspolitik. Nach einem langwieriPolizisten zurückgeführt werden. Nach gen und schließlich gescheiterten Verneuesten Erkenntnissen sollen sie zum handlungsprozess mit der mexikaniPlan eines Einsatzes gehört haben, der schen Regierung gaben sie 1997 ihre
Dialogbemühungen mit dem Staat auf
die Wiedererlangung der staatlichen
und konzentrieren sich seitdem auf
Kontrolle im aufständischen Atenco
sowie die Abschreckung der Zivilbevöl- den Aufbau ihrer Autonomie in Chiakerung beabsichtigte. Das brutale Vor- pas. Sie haben beispielsweise mit beachtlichen Erfolgen bereits ein eigenes
gehen der Polizei, das Einsetzen von
Folter, physischer und sexueller Gewalt, Gesundheits- und Bildungssystem ententsprechen den Methoden einer psy- wickelt. Im Sommer 2003 gaben sie
chologischen Kriegsführung. Der Jour- sich mit der Gründung der „Räte der
Guten Regierung“ eine eigene zivile
nalist Carlos Fazio vermutet, dass die
Verwaltungsstruktur. Damit bekräftiZielscheibe der staatlichen Repressiogen sie ihre vollständige Autonomie
nen die Menschen in Atenco waren,
gegenüber dem mexikanischen Staat.
die erfolgreich gegen den Bau des
Jenseits ihrer militärischen StrukFlughafens mobilisiert hatten und datur organisieren sich die Zapatistas bamit zu einem Sinnbild des Widerstansisdemokratisch. Entscheidungen, die
des „von unten“ geworden sind.
ein Dorf anbelangen, werden auf VollVon AnalystInnen wird der unverversammlungen im Konsens getroffen.
hältnismäßige Polizeieinsatz auch als
In vielen Dörfern gibt es neben den alleine Antwort auf die „Andere Kampagemeinen auch reine Frauenvollvergne“, einer politischen Offensive der
Zapatistischen Befreiungsarmee EZLN, sammlungen. Aufgaben und Entscheigewertet. Die „Andere Kampagne“ reist dungen von überregionaler Bedeutung
werden an die autonomen Landkreisderzeit durch Mexiko, um die widerräte weitergegeben, die durch ernannständische Zivilgesellschaft zu vernetzen und gegen eine neoliberale Interes- te und jederzeit absetzbare Repräsensenpolitik zu mobilisieren. Im Zuge des- tantInnen der Dörfer gebildet werden.
sen sind verschiedenste Lebensrealitä- Die Landkreisräte entwickeln jedoch
ten und Widerstandsbewegungen aus nur Vorschläge, die wiederum in den
diversen Teilen des Landes sichtbar ge- Dörfern diskutiert und entschieden
werden. Das Prinzip „mandar obedeworden. Beispielsweise haben sich
erstmals SexarbeiterInnen zusammen- ciendo“ (gehorchend regieren) drückt
Literatur
Fazio, Carlos: Atenco-“Rettungseinsatz“ von der PFP geplant und von
Fox bewilligt. Auf: http://www.chiapas98.de/news.php?id=1440
Flores, Camilla: Die Hälfte des Himmels,
Die Situation der Indigena-Frauen im
mexikanischen Chiapas.
In: Junge Welt, 11.03.1998.
Jung, Andrea: Zwischen Emanzipation und Tradition, Frauenleben
und Frauenkämpfe in der EZLN.
In: LAN, Nr. 355, Januar 2004.
Kerkeling, Luz: La lucha sigue! EZLN –
Ursachen und Entwicklungen des zapatistischen Aufstands, 2. Aufl., Münster, 2006. Lagarde, Marcela: Identidad feminina e insurrección en Mexico (Las Zapatistas del EZLN – 1994).
Millán, Márgara: Indigene Frauen in
der neuen Politik, Zu Fragen der
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Ulrich; Ceceña, Ana Esther (Hrsg.):
Reflexionen einer Rebellion:„Chiapas
und ein anderes Politikverständnis“,
Münster, 2002.
Olivera, Mercedes; Gómez, Magdalena; Damián Palencia, Diana: Chiapas:
miradas de mujer, Bilbao, 2004.
Topitas (Hrsg.): Ya basta! Der Aufstand
der Zapatistas, Hamburg, 1994.
juli august2006an.schläge 17
mexikanischerebellion
aus, dass die AmtsträgerInnen auszuführen haben, was die Bevölkerung ihnen aufträgt.
Ein wesentliches Hindernis bei
der Umsetzung und Erprobung ihrer
Autonomie sind die permanenten Angriffe von Seiten des mexikanischen
Staates. Das Aufstandsgebiet wurde
seit 1994 erheblich militarisiert; ein
Großteil des mexikanischen Heeres ist
in Chiapas stationiert. Frauen sind davon in besonderem Maße die Leidtragenden. Die Prostitution in diesem
Gebiet hat drastisch zugenommen,
auch gibt es Berichte über die Verschleppung junger Frauen und
Zwangsprostituierung. Hunderte von
Anzeigen belegen die hohe Anzahl der
von Soldaten begangenen Vergewaltigungen. Im Alltag werden Frauen
durch Einschüchterungen seitens des
Militärs an der Verrichtung ihrer Arbeiten gehindert. Zusammen mit Kindern sind sie die am stärksten Betroffenen von militärischen Übergriffen.
Ein trauriges Zeugnis darüber legte das
am 22. Dezember 1997 von Paramilitärs
an den BewohnerInnen der Gemeinde
Acteal verübte Massaker ab, bei welchem 45 Personen ums Leben kamen –
mehrheitlich Frauen und Kinder.
Revolution innerhalb der Revolution. Als
am 1. Jänner 1994 der Zapatistische
Aufstand öffentlich begann, hatte
sich die eigentliche Revolution schon
ereignet. Damit gemeint ist das Revolutionäre Frauengesetz, welches ein
Jahr vorher von den Zapatistas in
Kraft gesetzt wurde. In diesem fordern die indigenen Frauen grundlegende Rechte wie freie Partnerwahl,
Bildung oder das Recht über die Kin18 an.schlägejuli august2006
derzahl frei zu entscheiden. Eine andere Forderung, welche die Zapatistischen Frauen durchgesetzt haben, ist
ein striktes Verbot von Alkohol in den
Gemeinden. Alkohol war eines der
Mittel gewesen, mit dem Großgrundbesitzer die indigenen Männer gefügig gemacht hatten. Zumal leiden in
besonderem Maße Frauen darunter,
wenn ihre Männer große Teile des Familieneinkommens für Alkohol ausgeben oder sie zu Opfern von, durch
Alkohol hervorgerufener, Gewalt werden.
Das Revolutionäre Frauengesetz
ist das Ergebnis einer breiten Umfrage.
Comandanta Susana bereiste im Vorhinein viele indigene Gemeinden, um
mit den Frauen über ihre Situation zu
sprechen und gemeinsam einen breiten Forderungskatalog zu erarbeiten.
1996 erschien eine überarbeitete Fassung des Revolutionären Frauengesetzes, welche einen Reflexions- und Diskussionsprozess darstellt.
Das Zweite Revolutionäre Frauengesetz geht zusätzlich auf Formen des
gesellschaftlichen Zusammenlebens
zwischen Männern und Frauen ein. Eine der wichtigsten Neuerungen ist das
Anrecht für Frauen auf die Erwerbung
von Land. Unter anderem hebt es die
Bedeutung der Ehe hervor und verbietet dem Mann Untreue. Allerdings ist
es niemals verbindlich von der EZLN
bestätigt worden.
Auch wenn die Forderungen der
indigenen Frauen für „westliche“ Feministinnen teilweise befremdlich und
wie selbstverständliche Grundrechte
wirken, so bedeuten diese für die indigenen Frauen grundlegende Verbesserung und Anerkennung ihrer Situation.
Die Situation der indigenen Frau. „Die
Frau hat keine Ruhe, sie arbeitet den
ganzen Tag“, beschreibt Comandanta
Ana Maria in einem Interview 1994
den Tagesablauf einer indigenen
Frau. „Die Männer können sich wenigstens am Sonntag ausruhen, (...)
aber die Frauen nicht, sie arbeiten
den ganzen Tag, die ganze Woche,
ohne Pause. Sie haben keine Vergnügungen.“
Die Situation der indigenen Frauen ist durch mehrfache Unterdrückung gekennzeichnet. Aufgrund
mehrerer Faktoren wie Herkunft, Klassenzugehörigkeit und Geschlecht,
aber auch Alter oder Religion, stehen
sie am untersten Ende eines Marginalisierungsprozesses. Durch eine strenge geschlechtliche Arbeitsteilung verrichten sie Reproduktionsarbeit in
Haushalt und Familie. Seit ihrer Geburt unterliegen Frauen der Kontrolle
anderer: angefangen durch ihre Väter,
Mütter und Brüder, später durch ihren
Ehemann und ihre Söhne, den Autoritäten der Gemeinde, der Kirche etc.
In vielen Fällen werden sie schon als
Kinder von ihren Vätern verheiratet
ohne an der Wahl des Partners beteiligt zu sein. Gewalt gegen Frauen
gehört oftmals zur Tagesordnung und
wird als legitimes Recht des Mannes
angesehen. Bei indigenen Frauen ist
eine erhöhte Sterberate zu verzeichnen, da sie durch die vielen Schwangerschaften besonders anfällig für
Krankheiten sind.
Frauen sind vom öffentlichen Leben nahezu ausgeschlossen. Sie können nicht an politischen Entscheidungsprozessen teilhaben, da solche
Ämter Männern vorbehalten sind.
rebellionmexikanische
Das Revolutionäre Frauengesetz
bricht mit diesen Frauenrollen und hat
zu einem Überdenken der indigenen
Bräuche geführt. Dadurch, dass es
Frauen die gleichen Rechte wie Männern zusichert, stellt es einen starken
Bruch der streng patriarchalen Tradition innerhalb der indigenen Gemeinden dar. „Wir wollen, dass wir als Frauen respektiert werden. Es ist nicht gut,
dass uns Gewalt angetan wird, dass
wir geschlagen, vergewaltigt werden“,
erklären indigene Frauen auf einer Versammlung von Frauen verschiedener
Maya-Ethnien im Juni 1994. „Die Gebräuche und Traditionen von früher,
die müssen geändert werden. [...] Wir
wollen die schlechten Traditionen und
Bräuche nicht mehr.“
Frauen in der EZLN. Innerhalb der EZLN
gibt es mittlerweile einen Frauenanteil von 45 Prozent. Laut Aussagen
von Guerilleras ist die Beziehung zwischen ihnen und den Guerilleros
gleichberechtigt. Sowohl Frauen als
auch Männer verrichten Arbeiten wie
Kochen oder Abwasch und können in
der militärischen Rangordnung aufsteigen. Zu Beginn der Zapatistischen
Rebellion waren es unter anderem
Frauen, die bedeutende militärische
Erfolge, wie die Einnahme der Stadt
San Cristóbal de las Casas, befehligt
hatten.
Silvia, die den Rang einer „Capitana“ in der EZLN innehat, berichtet in
der mexikanischen Zeitung „La Jornada“, dass sie in der Guerillaorganisation Schreiben und Lesen gelernt hat.
Sie ist mit einem Mann verheiratet, der
den gleichen Rang wie sie hat und mit
dem sie Verhütungsmittel benutzt.
Der Zapatistische Aufstand hat zu
einer Hinterfragung und zu einem
Aufbruch der traditionellen Geschlechterrollen in den indigenen Lebensrealitäten beigetragen. Er hat den indigenen Frauen zu einem neuen Selbstbewusstsein verholfen, sie zu Subjekten
innerhalb des öffentlichen Lebens gemacht. Auch hat er wesentliche Fortschritte wie die Benutzung der Pille
eingeführt.
Die indigenen Frauen treten mit
Würde in der Öffentlichkeit auf, sie beginnen sich für ihre Rechte einzusetzen und leisten verstärkt Widerstand
gegen die weitere Militarisierung des
Landes. So waren es in vielen Fällen
Frauen, die das mexikanische Militär
aus ihren Gemeinden vertrieben.
Das Revolutionäre Frauengesetz
wurde jedoch keineswegs von der
EZLN erarbeitet, sondern ist Ausdruck
eines permanenten Kampfes der Zapatistischen Frauen. In der „Sechsten Erklärung aus dem lakandonischen Urwald“, in welcher die Zapatistas eine
Bilanz über ihren bisherigen Kampf
ziehen, merken sie selbstkritisch an:
„Es fehlt aber immer an Respekt gegenüber den Compañeras und davor,
dass sie mehr am Kampf und den damit verbundenen Aufgaben teilhaben.“
Langwieriger Umsetzungsprozess. Die Umsetzung des Revolutionären Frauengesetzes ist jedoch in keiner Weise
selbstverständlich. Sie variiert von Gemeinde zu Gemeinde. Es bestehen
große Unterschiede zwischen Anspruch und Wirklichkeit. Die Kämpferinnen der EZLN erleben häufig drastische biographische Brüche, da die Le-
bensrealitäten zwischen EZLN und
ihren Dörfern grundverschieden sind.
So wurde der Fall einer Guerillera
bekannt, die von ihrer Gemeinde verstoßen worden war, da diese die von
der EZLN-Comandancia geschlossene
Heirat mit einem Guerillero nicht anerkannte. Als die schwanger gewordene Frau vorläufig in ihr Dorf zurückkehren musste, wurde sie nicht nur
von ihrem Ehemann vergessen, sondern auch als allein stehende schwangere Frau geächtet. Zur Sicherung ihres Lebensunterhaltes war sie am Ende
zur Prostitution genötigt und lebte in
genau jenen ausbeuterischen Verhältnissen, gegen die sie vorher gekämpft
hatte.
„Es bleibt noch immer viel zu tun.
Ich kann nicht sagen, dass wir das jetzt
geschafft haben und alles in Ordnung
ist. Mehr Compañeras müssen [...] teilnehmen“, lautete 2001 ein kritisches
Resümee von Comandanta Susana.
In jedem Fall hat das Revolutionäre Frauengesetz zu einem Prozess des
Umdenkens beigetragen, es hat die
Frauen zu sozialen Subjekten gemacht,
ihnen Selbstbewusstsein gegeben und
ihrer so lange nicht beachteten Situation Aufmerksamkeit geschenkt.
Mit ihrer aktuellen politischen Offensive, der „Anderen Kampagne“, versuchen die Zapatistas auch jenseits von
Chiapas verschiedene bisher verschwiegene Realitäten aufzudecken und soziale Kämpfe miteinander zu verbinden.
Widerstandsbewegungen und damit
verbundene staatliche Repression sind
dadurch sichtbar gemacht worden.
Auch im Fall von Atenco haben die Zapatistas dazu beigetragen, dass die Vorfälle
an die Öffentlichkeit gelangt sind.
❚
juli august2006an.schläge 19
gleichstellungspolitikeu
Fortsetzung von Seite 11 rig unterwegs, um eine weitere Verwässerung von REACH (Chemikalien-Richtlinie) in zweiter Lesung im EP zu erreichen.
Lobbying als Ausweg? Das DemokratiedeAuch nationale Regierungen sind
fizit der EU ist bekannt. Dagegen gibt
als Ziel von Lobbying nicht zu unteres ausufernde Möglichkeiten des Lobschätzen. Im Zuge einer Präsidentschaft
bying.
ergeben sich einige Möglichkeiten, TheAus frauenpolitischer Perspektive
men auf die Agenda zu setzen. Der Euwird des öfteren hervorgehoben, dass
ropäische Rat legt die Leitlinien der PoliFrauen ja durch Lobbying-Aktionen Eintik fest, oft werden dabei allerdings Vorfluss auf die EU-Politiken nehmen könschläge der Kommission oder des Rates
nen. Mag dies im Einzelfall zutreffen, so
unverändert übernommen. Dennoch
verkennt diese Argumentation völlig die
Realität innerhalb der Union. Zumal auch können neue Themen und Schwerpunkte hier Platz finden.
Lobbying Aktivitäten in letzter Zeit häuDie Möglichkeiten des Lobbying sind
fig Aktionen sind, um Schlimmeres zu
auch hier sehr ungleich verteilt.Während
verhindern (z.B. um die Rückschritte in
die Industriellenvereinigung einen direkgleichstellungspolitischer Hinsicht zu
verhindern, die der erste Verfassungsent- ten Draht zum Kanzler hat und Wünsche
wurf vorsah). Frauen-Lobbying ist ein zar- gleich ganz oben deponiert, ist zu bezweites Pflänzchen in einem großen Wald mit feln, ob ein Gespräch mit Frauenorganisationen durchgestellt wird. Österreich
stark verwurzelten Bäumen, die alles andere überschatten. Die wichtigste Frauen- glänzt im Gleichstellungsbereich durch
große Auslassungen. Gender-Themen
Lobby auf EU Ebene, die European Womussten von anderen „aufgezwungen“
men’s Lobby, wartet oft, bis sie gefragt
werden. So ist der beim Frühjahrsgipfel
wird und verwendet viele Energien auf
2006 verabschiedete Gender Pact auf Inöffentliche Aufforderungen zu Stellungnahmen. Zwar können offiziell alle Stel- itiative von Schweden, Frankreich u.a. entstanden und wurde nur zögerlich in die
lung nehmen, doch was davon welches
Schlussfolgerungen des Europäischen RaGewicht hat, bleibt offen. Obwohl diese
Aktivitäten unbestritten auch nötig sind, tes aufgenommen. Dies ist ein Beispiel
funktioniert das Lobbying-Biz anders. Per- dafür, dass bei entsprechendem Engagement und koordiniertem Lobbying natiosönliche Kontakte zu KommissarInnen
naler Regierungen Themen über die natiound SchlüsselbeamtInnen in der Komnalen Regierungen sehr wohl auf die
mission, die mit viel Aufwand und Ressourcen gepflegt werden, sind eine wich- Agenda gebracht werden können. Denn
es sitzen zwar 25 rund um den Tisch, aber
tige Eintrittskarte ins innere Reich der
die Diskussionen laufen üblicherweise so
Macht. Effektives Lobbying agiert proakab, dass nur Schwerpunkte diskutiert wertiv, schon lange bevor Vorschläge der
den, und „Sonderwünsche“ durchaus VerKommission auf dem Tisch liegen, werständnis finden können. Übrigens wäre es
den Themen von LobbyistInnen auf die
Agenda gebracht und fertige Textelemen- ein wichtiges Ziel für gegenwärtiges
Frauenlobbying, dass dieser Gender Pact
te geliefert, die zum Teil direkt in den
Kommissionstexten wiederzufinden sind. ebenso wie die im März 2006 vorgelegte
Gender Equality Road Map der KommissiExklusive Männerclubs, wie der einfluson (ein ebenfalls abgeschwächter Ersatz
sreiche European Roundtable of Industrialists, ein Zusammenschluß von ca. 45 für das bisherige Rahmenprogramm für
Gleichstellung von Frauen und Männern)
Konzernbossen großer multinationaler
mit Leben erfüllt wird.
Unternehmen, gestalten dabei „erfolgreich“ EU Politiken (z.B. Binnenmarkt,
Wettbewerbsfähigkeit als Kernthema der Demokratische Basis. Demokratie ist nicht
EU). Nicht nur die Kommission, auch das
nur eine Forderung an staatliche InstituEuropäische Parlament wird mit zunehtionen, sondern eine Herausforderung
mender Bedeutung im Rechtssetzungsfür die Frauenbewegung selbst. Die Fraprozess wichtiges Ziel vieler Lobbying Ak- ge, wie demokratische Praxis unter den
tivitäten. Interessant ist, wer aller Lobbygegenwärtigen Bedingungen gehanding für Wirtschaftsinteressen betreibt.
habt wird, ist eine dringende. In der EuDerzeit beispielsweise sind eine Reihe
ropäischen Women’s Lobby hat der östervon Diplomaten führender Wirtschaftsreichische Frauenring die Rolle der nationationen, u.a. die USA und Australien eif- nalen Koordinierung in Österreich über20 an.schlägejuli august2006
nommen. Der Frauenring wurde erst aus
Anlass des österreichischen EU-Beitritts
reaktiviert und hat zuvor keine nennenswerte Rolle in der Frauenbewegung gespielt. Ursprünglich waren vor allem die
Frauenorganisationen der politischen
Parteien vertreten, nunmehr sind auch
einige andere Frauenorganisationen und
Frauen-NGOs im Frauenring vereint.
Aber die Frage der Repräsentativität wäre
dringend zu diskutieren. Und auch die
Frage der Transparenz. Angeblich vertritt
der Frauenring Österreichs Frauen. Aber:
Wer weíß, wie inhaltliche Positionen zustande kommen; wer weiß, was in Brüssel im Namen österreichischer Frauen
vertreten wird?
Ausblick. Insgesamt zeigt sich also, dass
die Ansätze von Gleichstellungspolitik in
der Union, sofern vorhanden, von den
Hauptsträngen der EU-Politiken ignoriert und in der Wirkung konterkarriert
werden. Frauen- und Gleichstellungspolitik darf nicht auf frauen- und gleichstellungspolitische Institutionen beschränkt bleiben. Zweifelsohne besteht
ein dringender Bedarf, Gleichstellungspolitiken in die Finanz- und Wirtschaftspolitik der EU zu integrieren. Frauenund Geschlechterpolitik muss in den
ECOFIN Rat und dessen vorbereitende
Gremien hineingetragen werden. Einen
konkreten Ansatz dazu könnte Gender
Budgeting bieten. Allerdings ist unter
den gegenwärtigen Verhältnissen die
Gefahr der Vereinnahmung groß. Das
bisherige Mainstreaming hat gleichzeitig zu einer inhaltlichen Entleerung von
Gleichstellungspolitiken geführt.
Kleine Schritte liegen im Sichtbarmachen. Das Benennen von Entwicklungen und Entlarven der täuschenden
Rhetorik im Zusammenhang mit EU-Politiken. Die Veränderung der inhaltlichen
Bedeutung von Begrifflichkeiten ist ein
wesentliches Element der derzeitigen
neoliberalen Dominanzstrategie.
Auf institutioneller Ebene wäre es
wichtig, das Initiativmonopol der Kommission abzuschaffen und auch dem
Parlament die Möglichkeit zu geben, legislative Texte auszuarbeiten.
Die grundlegende Herausforderung
ist eine Umkehrung der gegenwärtigen,
remaskulinisierenden kapitalistischen Dynamik in der Union. Hier stellt sich die
berechtigte Frage, ob dies theoretisch
und praktisch überhaupt möglich ist. ❚
an.fänge
Linksfeministische
FRAUENLISTE
oder: EIN TRITT GEGEN
DAS SCHIENBEIN
MÄNNLICHER SELBSTVERSTÄNDLICHKEIT
Die Nase voll davon, unsere Benachteiligung und
Diskriminierung als Frauen zu thematisieren, „herr“schende
Verhältnisse zu kritisieren, deren Gewalt ständig und immer
stärker zu spüren, während letztendlich auf der anderen Seite
das Patriarchat, dessen ungeachtet, seine Macht ausbaut und
unsere Fesseln verstärkt...
Uns monatelang mit der Fage auseinandergesetzt, was Frauen
daran hindert, ihre Interessen in der Öffentlichkeit zu
vertreten, „Politik zu machen“...
Wissend, daß Frauen nicht nur Opfer sind, sondern ihre
Unterdrückung auch mittragen...
...vermischte sich unsere Wut und Empörung mit unserer Lust,
der Lust am Kämpfen, Lust an der Macht.
Wir, die FEMALE, sind zu einem Großteil Studentinnen.
Unsere Regierung eine große Koalition. Unser
Wissenschaftsminister ein erzkonservativer.
Im Mai Österreichische Hochschülerschaftswahlen.
Keine Illusion über dieses Gremium, als „legitimierter
Vertreter“ der Interessen aller StudentInnen, einer der Arme
von Patriarchat und Kapitalismus.
Und trotzdem. Unser Alltag ist die Uni (nicht fürs Leben, sondern für die Wirtschaft lernen wir!) – dort unsere momentanen
Eingriffsmöglichkeiten (Geld für Frauenprojekte, Zugang zu
Informationen, Sand im Getriebe sein...).
Diese Möglichkeiten wollen wir (fürs erste) nutzen – als ein
Experiment. Ein Experiment, das Diskussionen auslöst,
Widerstand provoziert, und uns Erfahrungen machen läßt.
Jetzt existiert eine feministische Frauenliste am
Hauptausschuß der Uni Wien (nur Frauen kandidieren, nur
Frauen bestimmen die Inhalte). Ein Bündnis von FEMALE,
Uni-Lesbengruppe, Lesbeninitiative, SOAL, STREGHE und
Institutsgruppe Psychologie.
Der augenblickliche Rechtsdruck ist gewaltig. Die
Notwendigkeit sämtliche Kräfte, die linksfeministische Inhalte
vertreten zu bündeln, um dem möglichst effektiv entgegenzuwirken, so groß wie noch nie. Lange genug haben Frauen
gearbeitet und Männer entschieden. In dieser Liste werden
Entscheidungen nur von Frauen gefällt; jenen Männern, die
unsere Politk auch unterstützen, wollen wir jedoch nichts in
den Weg legen.
Wir führen einen feministischen Wahlkampf, bringen feministische Inhalte an die Öffentlichkeit. Wir lassen uns nicht auf
die uns zugewiesenen Bereiche (Familie, etc.) abdrängen,
sondern werfen einen Blick auf sämtliche politische Bereiche.
Ein Tritt gegen das Schienbein männlicher
Selbstverständlichkeiten!
Gerda Brandl
Dieser Text von Gerda Brandl ist ursprünglich in an.schläge 5. Jg., Nr. 18, S. 28 erschienen
juli august2006an.schläge 21
Fo t o : M a r t i n a M a d n e r
wissenschaftforum
Marxens Gespenster
Kann frau einem historischen Klassiker mit aktuellen feministischen Wertvorstellungen zu
Leibe rücken? Martina Madner hat es beim kommunistischen Manifest versucht.
1 Das „Manifest der kommunistischen
Partei“ wurde 1848 als Auftragsarbeit
für den „Bund der Gerechten“, der danach in „Bund der Kommunisten“
umbenannt wurde, verfasst. Vermutlich von Karl Marx alleine und unter
Termindruck, meint Eric Hobsbawm,
aber auf Grundlage gemeinsamer,
theoretischer Vorarbeiten mit Friedrich Engels.
2 Charlotte Perkins Gilman prägte
bereits 1911 den Begriff „Androzentrismus“. Er beschreibt einen Universalanspruch von männlichen Lebensmustern und Sichtweisen. Frauen und
deren Lebenszusammenhänge werden entweder nicht wahrgenommen,
oder als „Ausnahme“ und von der
Norm abweichend begriffen.
22 an.schlägejuli august2006
„Ein Gespenst geht um in Europa
– das Gespenst des Kommunismus.“ Die ersten Worte in Karl
Marx’ und Friedrich Engels1 „Manifest der kommunistischen Partei“. Nicht der Kapitalismus ist also das
Gespenst, sondern die Alternative, das
Neue, vor dem sich die KapitalistInnen
fürchten müssen. Kraftvoll, stark kommt
es daher, das Gespenst. Erst durch die
Angst davor wird es stark und groß, denn
zum damaligen Zeitpunkt hatte sie einen marginalen Stellenwert, die kommunistische ArbeiterInnenbewegung. Und
erst viel später haben Realkommunistische Systeme ihren StaatsbürgerInnen
und auch GegnerInnen mit Terror und
Gewalt einen furchtbaren Grund dafür
gegeben. Die meisten der kommunistischen Staaten gehören mittlerweile der
Vergangenheit an, 1989 markiert einen
Bruch in der europäischen Geschichte.
Das Schriftstück, das viele lesen mussten, andere mit Faszination aufsaugten,
ist über 150 Jahre alt.Was hat es also
heute für eine Relevanz? Was bringt ein
neuerliches Lesen? Was kann sich der
Feminismus aus dem Marxismus einverleiben?
Die versteckte Frau. Sucht man sie, die Frau,
wird man auch fündig. Und zwar nicht
in den allgemeinen Teilen über Arbeiter
oder die Bourgeoisen. Denn in der Beschreibung der negativen Auswirkungen
der bürgerlichen Produktionsverhältnisse
wird das Männliche zur Norm erklärt2:
Der Proletarier ist nicht nur „eigentumslos; sein Verhältnis zu Weib und Kindern
hat nichts mehr gemein mit dem bürger-
lichen Familienverhältnis“. Die Familie
existiere für den Proletarier nicht, er lebt
in einer „erzwungenen Familienlosigkeit“.
Da kann sich frau nicht an allen Stellen
mit hineindenken, selbst wenn sie das
möchte. Der Proletarier ist männlich. Frigga Haugg meint deshalb, Marx nehme
hier den Standpunkt des wohlmeinenden
Helfers ein. Im Unterschied zu den männlichen Arbeitern befreien sich Frauen
nicht selbst, sie werden befreit. In der Rolle der Reproduzentin der gesellschaftlichen Verhältnisse scheint Frau nicht einmal auf, nur das Handeln der bourgeoisen Männer steht zur Debatte. Familie
wird zur heilen, schutzbringenden,„trauten“ Welt erklärt, die nur dank der Umstände zerrüttet ist – im Grunde aber was
wünschenswertes bleibt. Auch was die
Arbeit betrifft, haben sich die Bedingun-
forumwissenschaft
gen dank des Kapitalismus verändert:„Je
weniger die Handarbeit Geschicklichkeit
und Kraftäußerung erheischt, d.h. je mehr
die moderne Industrie sich entwickelt,
desto mehr wird die Arbeit der Männer
durch die der Weiber verdrängt. Geschlechts- und Altersunterschiede haben
keine gesellschaftliche Geltung mehr für
die Arbeiterklasse. Es gibt nur noch Arbeitsinstrumente, die je nach Alter und
Geschlecht verschiedene Kosten machen“, ist hier zu lesen. Hört, Hört! Emanzipatorisches Potenzial – auch wenn heute wohl nicht von den „Weibern“ gesprochen werden würde! Weibliche Erwerbsarbeit und deren Minderbewertung wird
wahrgenommen. Es ist Raum dafür da,
anders als in den Aussagen manch konservativer PolitikerInnen von heute, die
den Platz von Frauen zuhause sehen.
Geht es aber um die Lösung des Problems, eine Revolution der gesellschaftlichen Verhältnisse, wird die Sache schon
diffiziler. Im 10-Punkte-Programm, dass
sich der gemeine Revolutionär als Anleitung zur Hand nehmen kann, lautet die
zehnte Forderung:„Öffentliche und unentgeltliche Erziehung aller Kinder. Beseitigung der Fabrikarbeit der Kinder in ihrer
heutigen Form.Vereinigung der Erziehung mit der materiellen Produktion
usw.“ Forderungen, die auch heute revolutionär sind, denn ersteres ist in Österreich ein Fremdwort: Erziehung ist entweder „Privatvergnügen“ oder kostet was,
das Öffentliche wird von manchen verteufelt und abgelehnt. Zweiteres, Kinderarbeit in Fabriken, wird hierzulande der
Vergangenheit zugerechnet, versteckt
sich aber hinter teuren Konsumgütern in
den Läden, die Kinder in den Fabriken der
Länder des Südens bleiben unsichtbar.
Drittes ist zwar lobenswert, denn praktische Ausbildung macht doch Sinn, sagen
die BerufsberaterInnen. Genau da lauert
aber der Pferdefuß.
Feministische Kritik. Marx und Engels geht
es um Erwerbsarbeit. Die Fürsorge der
Kinder zuhause oder Hausarbeit wird
nicht neu verteilt, sie bleibt unerwähnt.
Also keine Neuverteilung der Arbeit insgesamt. Und da setzten die Feministinnen schon in den Siebzigerjahren an.
Sieht man die unbezahlte Haus- und
Reproduktionsarbeit nicht, wird sie auch
nicht als maßgebliche Unterstützung
kapitalistischer Zusammenhänge erkannt. Der (männliche) Arbeiter wird
besser in kapitalistische Arbeitsprozesse
eingebunden, wenn sich zu Hause die
fürsorgliche Hausfrau kümmert – UnternehmerInnen können also diesen kostenlosen Mehrwert weiblicher Arbeit
miteinkaufen. Reproduktion und Produktion sollen nicht voneinander getrennt
betrachtet werden. Aus feministischmarxistischer Sicht müssen nicht nur
die Produktionsmittel in die Gemeinschaft überführt werden, sondern auch
die Reproduktion des Lebens selbst. Da
sind sich Hanna Behrend und Frigga
Haugg einig.
Ein Punkt, auf den vor allem Frauen
aufmerksam gemacht haben, sind Differenzen. Es geht nicht nur um die Zweiteilung in ProletarierInnen und KapitalistInnen. Auch nicht nur um eine unterschiedliche Einbindung von Männern
und Frauen in Unterdrückungs- und
Herrschaftsverhältnisse.Wird das „kommunistische Manifest“ heute als das
alleinige Credo gesehen, bleiben qualitative Lebensunterschiede unter den
ProletarierInnen selbst verdeckt. ArbeiterInnen Westeuropas profitieren von der
Ausbeutung jener in den Ländern des
Südens – Konsumgüter sind billiger. ArbeiterInnen Westeuropas profitieren
aber auch von der Migration und den gesetzlichen Ausschlussmechanismen –
Arbeitskraft wird auch hier vor Ort billig
und die Putzfrau für viele erschwinglich.
Die Annahmen, dass das Proletariat
als „Totengräber“ der bürgerlichen Gesellschaft fungieren würde, und dass die
gesellschaftlichen Verhältnisse in der
zwingenden Revolution und im zwangsläufig folgenden Kommunismus enden
müssen, haben sich (bisher) als Irrtum
erwiesen. In den westlichen europäischen Ländern hat sich die ArbeiterInnenklasse zwar als Bewegung und politische, demokratisierende Kraft manifestiert. Sie haben Rechte für die von Armut und Ausbeutung Bedrohten
erkämpft, allerdings als Teil einer bürgerlichen Gesellschaft, in der sich zunehmend ein Wohlfahrtssystem etablierte
und ArbeiterInnen sich einen zumindest
bescheidenen Lebensstandard leisten
konnten.
Potenziale. Also das Manifest selbst zu
Grabe tragen und als gescheiterte Ideensammlung verwerfen? Weit gefehlt –
denn nicht nur Marxens Kapitalismuskritik, die die Auswüchse des heutigen neo-
liberalen Wirtschaftssystem und dessen
selbstzerstörerische Kräfte beschreibt, ist
höchst aktuell.Wenn Marx zwar die Lebensdauer des Kapitalismus unterschätzt hat, erfährt doch sein visionärer
Weitblick Anerkennung – denn den internationalen, globalisierten Markt, den er
im Manifest beschreibt, hat es zwar 1848
so noch nicht geben, heute ist er aber
existent. Aktuell und selten so präzise
analysiert wurden auch die Leistung der
bürgerlichen Gesellschaft, die Ablösung
der Bourgeoisie von der ständischen, feudalen Ordnung, die Neuorganisation der
Wirtschaft, die technologische Revolution, das Aufleben einer Weltliteratur. Aktuell ist aber auch die Erkenntnis, dass
bürgerliche Freiheiten, selbst wenn sie in
demokratischen Systemen verwirklicht
sind, nicht ausreichen, um soziale Gleichstellung zu erreichen. Die Gleichheit
bleibt nur eine Scheinbare, dahinter verstecken sich die Differenzen verschiedener Gruppen,„Klassenkämpfe“ entlang
ethnischer, geschlechtlicher, heterosexistischer Parameter und anderer mehr.
Für die politische Aktivistin von heute ist aber vor allem die Utopie einer Alternative von Bedeutung: Dass kapitalistische Strukturen verändert werden können, und zwar im Diesseits, wie Richard
Rorty in seinem eigenwilligen Vergleich
des Manifest mit dem Neuen Testament
anmerkt. Dass der Neoliberalismus eben
nicht das „Ende der Geschichte“ ist, wie
Jacques Derrida in seiner Kritik an Francis
Fukoyama, der ein solches behauptet,
feststellt. Dass eine bessere Zukunft, eine
Revolution oder Veränderung der Dinge
möglich ist, man sich nicht einer Totalherrschaft der Gegenwart, einem „more
of the same“ unterwerfen muss, wie
Robert Misik bemerkt. Radikal die Gesellschaft in ihren Grundwerten zu überdenken, zu revolutionieren und zum Positiven zu wenden, die Politisierung Benachteiligter zu fordern, selbst das Zepter in die Hand zu nehmen und mittels
politischer Partizipation und kollektivem
Engagement gesellschaftliche Veränderung bewirken. Das alles ist schon im
Manifest der kommunistischen Partei
vermerkt und bleibt wohl auch noch
künftig aktuell. Schön ist allerdings auch
der literarische Aspekt, denn selten wurde eine politische Kampfschrift so verfasst, dass sie spannend und fesselnd bis zu
ihrem Ende und darüber hinaus bleibt.
Gespenstisch.
❚
Literatur
Behrend, Hanna: Marximus und
Feminismus – inkompatibel oder
verwandt? In: Utopie kreativ,
Heft 109/110, November/
Dezember 1999, S.162-173.
Derrida, Jacques: Marx’ Gespenster.
Fankfurt/Main: suhrkampTaschenbuch, 2004.
Haugg, Frigga: Feministische Anmerkungen. In: Hobsbawm, Eric u.a.: Das
Manifest - heute. 150 Jahre Kapitalismuskritik. VSA-Verlag 1998, S.178-191.
Hobsbawm, Eric: Das kommunistische Manifest. In: Ders. u.a.:
Das Manifest – heute.
150 Jahre Kapitalismuskritik.
VSA-Verlag 1998, S.10-27.
Marx, Karl; Engels, Friedrich: Manifest
der Kommunistischen Partei.
Fischer-Taschenbuch 2005.
Misik, Robert: Marx für Eilige.
Aufbau Taschenbuch 2003.
Rorty, Richard: Das Kommunistische
Manifest. 150 Jahre danach. Gescheitere Prophezeiungen, glorreiche
Hoffnungen. Suhrkamp 1998.
juli august2006an.schläge 23
an.sage
Sind Menschenrechte Frauenrechte?
Die Rechte von Frauen nicht als „Privatsache“ abzutun, dagegen kämpfen immer noch weltweit
unzählige Frauenorganisationen. Die Rechtsphilosophin Eva Maria Maier und Theresia
Kandler von ai international reflektieren über das Unrecht am Menschenrecht.
Kommentare müssen nicht
mit der Redaktionsmeinung
übereinstimmen.
Eva Maria Maier
Theresia Kandler
Kein Zweifel kann darüber bestehen, dass die klassische Konzeption der Menschenrechte den Kern europäischer Rechtskultur, ja die
Grundlage universal gültiger Gerechtigkeitsstandards repräsentiert. Und dennoch – selbst ihrer zentralen Botschaft der Unteilbarkeit
menschlicher Freiheit zum Trotz – erweisen sie sich auch mit dem genderpolitischen Erbe der Aufklärung befrachtet, deren Autonomiekonzept
vom Modell des männlichen Besitzbürgers ausgeht. Ihre Freiheit ist ursprünglich eine Freiheit von Hausvätern – ihre Gleichheit eine solche unter Brüdern. Bis heute wird deutlich, dass sich in den konkreten Formulierungen der Menschenrechte vorrangig die Erfahrung von Männern reflektiert, spezifische Unrechtserfahrungen von Frauen aber auch institutionell ausgeblendet werden. So erweisen sich die herkömmlichen
Mechanismen des Menschenrechtsschutzes wenig geeignet, struktureller Gewalt gegenzusteuern. Ihre traditionelle Handhabung – als liberale
Abwehrrechte gegen staatliche Gewalt – versagt gar gänzlich, wenn es
um Übergriffe aus dem Bereich der Privatsphäre geht, dem bei weitem
gefährlichsten Terrain für weibliche Integrität.
Bestürzend auch die Genderblindheit zentraler Dokumente des humanitären Völkerrechts. Die Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) kennt
keinen genderspezifischen Verfolgungsgrund. Nur zögerlich und keineswegs einheitlich gestaltet sich daher bis heute die Anerkennung frauenspezifischer Menschenrechtsverletzungen, wie FGM, als Asylgründe.
Reichlich spät auch ringt sich die internationale Gemeinschaft dazu
durch, Massenvergewaltigungen im Krieg als „Verbrechen gegen die
Menschlichkeit“ zu qualifizieren. Besondere Brisanz gewinnt der aktuelle
Diskurs um Frauenrechte aber in einem globalen und interkulturellen
Kontext, wo diese mit Frauen einschränkenden kulturellen und religiösen Praktiken kollidieren (vom „Kopftuch“ bis zu FGM). Dabei fragt sich,
wieweit diese legitimer Ausdruck religiöser und kultureller Selbstbestimmung sein können oder doch nur ein ideologisches Vehikel männlicher Domestikations- und Verfügungsansprüche. Und bei aller zu
berücksichtigenden kulturellen Kontextualität lässt sich manchmal der
Verdacht eines gleichsam kulturinvarianten Grundmusters der Ausbeutung von Frauen nicht ganz von der Hand weisen. Keineswegs genderneutral auch der Beitrag ökonomischer Globalisierung: Neben Impulsen
der Reprivatisierung, der Verdrängung von Frauen vom Arbeitsmarkt und
dem Erstarken patriarchaler Muster fördert sie weltweit eine massive
Feminisierung der Armut – samt der Konjunktur deren gewalttätiger Begleiterscheinungen, wie Prostitution und Frauenhandel.
❚
Im Zuge der bewaffneten Konflikte in den Staaten Afrikas wurden
vermutlich Hunderttausende Frauen von Regierungseinheiten
oder bewaffneten politischen Gruppen vergewaltigt. In weiten
Teilen der Region (Naher Osten) sahen sich Frauen per Gesetz und in der
Praxis nach wie vor Diskriminierung unterworfen. Eines der akutesten
Menschenrechtsprobleme auf dem amerikanischen Kontinent bestand
in der anhaltenden Gewalt gegen Frauen und Mädchen. Frauen und
Mädchen in den Staaten Asiens und des Pazifik sahen sich den unterschiedlichsten Formen der Gewalt ausgesetzt. In weiten Teilen Europas
und Zentralasiens litten Frauen und Mädchen aller Altersgruppen und
Gesellschaftsschichten verbreitet unter familiärer Gewalt.
Dies ist nur eine kurze Auflistung von Menschenrechtsverletzungen
an Frauen aus dem jüngsten Jahresbericht von amnesty international. ai
nennt zu Recht Gewalt gegen Frauen den größten Menschenrechtsskandal unserer Zeit. Frauen erleiden die gleichen Menschenrechtsverletzungen wie Männer. Zusätzlich werden sie weltweit Opfer von geschlechtsspezifischer Gewalt und sind somit doppelt diskriminiert, eben „nur“
deswegen weil sie Frauen sind. Oder weil sie „nur“ Frauen sind?
Menschenrechtsverletzungen an Frauen reichen von politischer Haft
und Folter über häusliche Gewalt und Morde „im Namen der Ehre“ bis hin
zu systematischer Vergewaltigung in bewaffneten Konflikten oder Genitalverstümmelung, von Frauenhandel bis zur Verweigerung der sexuellen
und reproduktiven Selbstbestimmung. Dazu kommen Diskriminierung
beim Zugang zu Bildung, wirtschaftliche Marginalisierung, Ungleichheit
vor dem Gesetz, massive Bedrohung von politisch aktiven Frauen und
Menschenrechtsverteidigerinnen. Als Frauenrechtsaktivistin ist frau gelegentlich der Resignation nahe, so zögerlich zeigen sich kleine Verbesserungen, so langsam ändert sich das Bewusstsein. Andererseits gibt es auch
spektakuläre Erfolge. Die ai-Strategie, politisch Verantwortliche mit Tausenden von Appell- oder Protestbriefen zu überschütten, bewirkt immer
wieder die rasche Freilassung von Inhaftierten, die Aussetzung eines Todesurteils.Wenn eine afrikanische Menschenrechtsverteidigerin sagt:„Ohne amnesty wäre ich nicht mehr am Leben“, ist das wohl die überzeugendste Ermutigung für das eigene Engagement. ai macht im Grunde das, was
in einer solidarischen Zivilgesellschaft selbstverständlich sein sollte: die
Stimme erheben gegen das Unrecht. Das muss frau nicht unbedingt im
Rahmen einer Organisation tun – es ist aber wahrscheinlich wirkungsvoller so. Deshalb ist für uns die Arbeit im ai-Netzwerk Frauenrechte praktizierte Solidarität mit allen Frauen dieser Welt.
❚
Eva Maria Maier ist Außerordentliche Universitätsprofessorin für Rechtsphilosophie, Religions- und Kulturrecht der Universität Wien.
Theresia Kandler ist Sprecherin des Netzwerks Frauenrechte von amnesty international Österreich
24 an.schlägejuli august2006
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an.rissarbeit
Gedenkzeichen für Käthe Leichter
Am 22. Mai wurde von der Arbeiterkammer Wien ein Gedenkzeichen für
Käthe Leichter in der Ebendorferstraße im ersten Bezirk enthüllt. Sie gilt
zu Recht als eine der bemerkenswertesten Frauen der österreichischen
Zeitgeschichte. Käthe Leichter, 1895 geboren, war herausragende Wissenschafterin, Vorkämpferin für Gleichberechtigung der Frauen, engagierte
Sozialistin und mutige Kämpferin gegen den Faschismus. Trotz enormer
gesellschaftlicher Widerstände gelang es ihr als eine der ersten Frauen,
1918 als Doktorin der Staatswissenschaften in Wien und Heidelberg zu
promovieren. Ihr Wissen setzte sie für die sozialen und wirtschaftlichen
Interessen der Arbeiterinnen ein. Sie baute 1925 das Frauenreferat der AK
Wien auf. Leichters Untersuchungen über die Lebensverhältnisse der
Wiener Heimarbeiterinnen, der Frauenarbeit und Arbeiterinnenschutz
sind bis heute von wegweisender politischer Aktualität. Gemeinsam mit
Rosa Jochmann und anderen Gewerkschafterinnen kämpfte Käthe Leichter für die Verbesserung der Situation von Frauen. Käthe Leichter wurde
im März 1942 im Frauen-KZ Ravensbrück ermordet. Das Gedenkzeichen
der Künstlerin Ingeborg Kumpfmüller würdigt Leben und Arbeit einer
mutigen und engagierten Frau. kama
geboren wurden und bereits ein Studium abgeschlossen haben, können
sich bis 31. August für das internationale Stipendium „For Women in
Science“ bewerben. Ausgeschrieben wird es von UNESCO und L’Oréal
um jungen Wissenschafterinnen einen Forschungsaufenthalt im Ausland zu ermöglichen. Weltweit werden damit 15, in Europa drei Forscherinnen gefördert.
Menschen, die sich forschend oder in Praxisprojekten mit nicht-patriarchalem, nicht-kapitalistischen Wirtschaften befassen, werden von
der Stiftung Fraueninitiative Köln gesucht. Beabsichtigt ist eine Bestandsaufnahme von Engagierten, um sich besser vernetzen, den ThinkTank erweitern zu können. be
Infos: Marie Andeßner-Stipendien: Irene Rehrl, T. 0662/8044-2522,
http://www.uni-salzburg.at/portal/page?_pageid=184,354696&_dad=portal&_schema=PORTAL
For Women in Science: Kontakt bei L’Oréal Österreich: Dr. Alexandra Pifl, T. 01-536 51/ 284,
[email protected], www.forwomeninscience.com
Fraueninitiative Köln: Friederike Habermann, [email protected], www.stiftung-fraueninitiative.de
Fo t o : p i x e l q u e l l e . d e
widerstand
migrantinnen
Mentorinnen gesucht
Der Einstieg in den österreichischen Arbeitsmarkt stellt für qualifizierte und vielseitig kompetente Migrantinnen eine große Hürde
dar. Formal nicht anerkannte Ausbildungen, mangelnde Berufserfahrung in Österreich, vor allem aber fehlende berufliche Kontakte
machen eine der Ausbildung entsprechende Positionierung fast
unmöglich. Das Projekt BIMM (Berufliche Integration und Mentoring für Migrantinnen) unterstützt in diesem Sinne qualifizierte
Frauen bei ihrem Einstieg in den Arbeitsmarkt. Seit 3. April bereiten
sich zwölf Migrantinnen in einem 14-wöchigen Qualifikationskurs
auf ihren Einstieg vor. Das abz.austria, welches das Projekt im Rahmen der EQUAL-EntwicklungspartnerInnenschaft InterCulturExpress
durchführt, sucht Mentorinnen für die teilnehmenden Migrantinnen. Angehende Mentorinnen, die ihren Berufseinstieg bereits geschafft haben, selbst Migrantin sind oder über Erfahrungen im interkulturellen Bereich verfügen, begleiten und beraten mit ihrer
beruflichen Erfahrung eine Teilnehmerin (Mentee) während eines
Zeitraums von vier Monaten. kama
Interessierte Frauen wenden sich an Aniko Kaposvari (Mentoringverantwortliche): T. 01/334 29 77-23,
[email protected]; Infos: www.abzwien.at, www.interculturexpress.at
frauenförderung
Zwei Stipendien, ein Think-Tank
Die Universität Salzburg schreibt heuer wieder die Marie AndeßnerStipendien aus: Frau kann sich für ein Habilitations- oder Dissertationsstipendium bewerben, sowie als Studentin der Naturwissenschaftlichen
Fakultät um einen Preis für Diplomarbeiten. Die Bewerbungsfrist endet
am 13. Oktober, eingereicht werden können Konzepte aus jedem wissenschaftlichen Bereich. Bio-Wissenschafterinnen, die nach dem 31.12.1971
arbeitsmarkt
Geschlechtsspezifische und regionale Unterschiede
Das Wirtschaftsforschungsinstitut hat am Beispiel Oberösterreich festgestellt, dass geschlechtsspezifische Unterschiede am Arbeitsmarkt mit
regionalen Gegebenheiten zusammenhängen. Geografisch, wirtschaftlich und gesellschaftlich heterogen strukturiert, variiert in Oberösterreich die Erwerbsbeteiligung und Arbeitslosenquote von Frauen stärker
als bei Männern. Erklärt wird dies damit, dass Frauen oft Betreuungspflichten haben, durch welche sie in ihrer Möglichkeit zu pendeln eingeschränkt sind. Gebunden an den lokalen Arbeitsmarkt sind sie Männern gegenüber, die lange Wegzeiten auf sich nehmen können, im Einkommen stark benachteiligt. Oft ziehen Frauen in Regionen, in denen
diese Ungleichheit weniger ausgeprägt ist (Linz, Wels); die Bezirke mit
dem niedrigsten Frauenanteil (Freistadt, Rohrbach) verzeichnen die
höchste Ungleichheit am Arbeitsmarkt. Das WIFO empfiehlt Maßnahmen auf mehreren Ebenen: Für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie
sollen vor allem soziale und Infrastrukturrahmenbedingungen, insbesondere Kinderbetreuungsmöglichkeiten, verbessert werden. be
juli august2006an.schläge 27
Fo t o : L i l a r u m
puppentheater
Faszinierende Formen
Zum Theater wollte sie immer. Frauen sollten aber nicht arbeiten, und ein künstlerischer
Beruf galt als Schande. Heute leitet Traude Kossatz ihr eigenes Theater.
Ein Portrait von Bettina Enzenhofer.
www.lilarum.at
28 an.schlägejuli august 2006
„Die Lehrerin hat zu meinen Eltern gesagt, sie weiß überhaupt
nicht, was aus mir werden wird,
meine Eltern waren todunglücklich über mein anders-sein, sie
wollten, dass es mir mal besser geht,
dass ich einen anständigen Beruf erlerne, dass ich mir mal was leisten kann. Ich
hab das Theater geliebt, aber ,Wenn du
Schauspielerin werden willst, kannst du
gleich auf den Strich gehen!’, hab ich von
meinen Eltern gehört, das war damals
so. Ins Theater musste ich immer heimlich gehen.“
Traude Kossatz, 1939 in Wien geboren und aufgewachsen, der Vater bei der
Bahn, die Mutter Hausfrau. Schon als
Kind gilt Traudes Liebe dem Theater, sie
wollte immer in den Zirkus gehen, auch
das Kasperltheater hat sie gemocht. Später besucht sie Hilde Sochor, mit der sie
entfernt verwandt ist, in der Theatergarderobe und heult sich aus. Sie will auch
Schauspielerin sein, aber sie darf nicht.
Uhren. Für ein Studium fehlt das Geld,
Traude muss einen Beruf erlernen, Büroarbeit kommt gar nicht in Frage, lieber was
Handwerkliches. Der Onkel, Besitzer eines
Juweliergeschäfts,Traude macht eine Ausbildung zur Uhrmacherin, arbeitet bei
ihrem Onkel mit. Ihr Traumberuf ist es
nicht,„aber es war was sehr Konkretes, du
hattest absolute Sicherheit, du konntest
nicht schwindeln.Wenn du eine Uhr nicht
richtig repariert hast, hat sie nicht funktioniert. Das war eine gute Schule fürs Leben.
Es waren überschaubare Dinge, es hat
mich fasziniert, die Logik zu begreifen.“
Nur wenige Frauen haben damals
Uhrmacherin gelernt, eine Freundin
macht sich in Schwechat selbstständig
theaterpuppen
risch und technisch ein,Traude will „einen
kleinen Raum, in dem man Atmosphäre
schaffen kann.“ Das Lilarum bekommt einen festen Spielort im 14.Wiener Gemeindebezirk, aber auch hier stößt man
an die Grenzen des Spielbaren, 1997 übersiedelt das Lilarum noch einmal, diesmal
in ein Haus im 3. Bezirk, das groß genug
und auch heute noch Spielstätte ist. In
den Jahren davor gestaltet Traude neben
den eigenen Produktionen auch Kasperlsendungen für den ORF – das aber nicht
aus eigenem Interesse, sondern, um den
PuppenspielerInnen einen Nebenverdienst zu ermöglichen.„Ich liebe zwar
den Kasperl als Figur – aber es muss live
gesprochen werden, es muss eine Person
da sein, die mit dem Kasperl identisch ist,
die hatten wir nicht. Das war für mich
nicht akzeptabel.“
Puppen. Ihr dritter Mann unterstützt TrauFür all ihre Stücke baut Traude die Fide erstmals in ihrer Leidenschaft:„Er war
guren selbst, aber warum ist sie selbst
völlig außerhalb der Norm, ganz modern.
Er war kein Kapitalist. Er hat mich gern un- nicht Puppenspielerin? „Ich will den
Überblick haben, ich will es von vorne
terstützt.“ Traude macht Illustrationen,
sehn. Hinter der Bühne sieht alles anders
Bastelseiten für eine Zeitschrift. Irgendwann gehen ihr die Ideen aus.„Ich dachte: aus, Regie ist im Puppentheater enorm
wichtig.“
Ich weiß schon nicht mehr was ich tun
Und warum Kindertheater? Traude
kann – ich mach Schattenfiguren.“ Faszilacht:„Ich dachte, ich will Puppentheater
niert von diesen neuen Formen kontaktiert sie Johannes Rausch vom „Mauerba- machen, und ich fang einfach mal bei
den Kindern an. Natürlich will ich auch
cher PuppenTheater“, gestaltet für ihn
Schattenfiguren und erste Puppen, später gern Stücke für Erwachsene machen,
aber das ist schwierig, das ist ein finanziauch für die „Puppenbühne Schaukelelles Problem. Puppentheater hat immer
pferd“. Im Puppenbau sieht Traude eine
ideale Verbindung zwischen darstellender noch das Image von Kindertheater, an Erwachsene kommst du schwer ran. Figuund bildender Kunst, die Vereinigung von
rentheater für Erwachsene hat so viele
Malerei und Theater. Das Malen selbst ist
Facetten, es ist mit jedem Bühnenleiter
für Traude „beinharte Arbeit“:„Ich muss
dahinter kommen wie das weitergeht, im- etwas komplett Anderes. Als Zuseher
weißt du nicht, was dich erwartet, und
mer weiter, weiter, weiter. Das Malen war
nie ein Hobby für mich, dafür ist es viel zu das Publikum ist nicht so risikobereit.“
Also Kindertheater. Die Stücke sucht
wichtig. Ich könnte nie einfach so zum
Vergnügen ein Bild malen, das wäre Verrat Traude der Altergruppe gemäß aus, die
an der Malerei. Es ist eine Lebensaufgabe, Zielgruppe sind etwa drei- bis sechsjährige, danach wird es schwierig, da kippt
an der man bleibt und mit der man sich
dann die Einstellung der Kinder, da wird
auseinander setzt.“ Malen und Puppenbauen geht nicht,Traude wendet sich voll- es dann wichtig,„schon alt genug fürs Kino zu sein.“ In der Kinderliteratur ein
ständig dem Puppenbau zu, nimmt nie
Stück zu finden, das Traude gefällt, ist
wieder einen Pinsel in die Hand.
schwierig. Sie will „keine Problemstücke
im Sinne von Aufklärung,Tod etc. Kleine
Lilarum. Sie macht sich selbstständig,
gründet 1980 die Wanderbühne Lilarum, Kinder sollen mit den Figuren mitleben,
arbeitet mit dem Puppenspieler Heinrich Probleme gibt es in der Wirklichkeit genug, sie sollen die Welt als was Positives
Brossmann zusammen. Das Besondere:
kennen lernen, sie brauchen Festigkeit,
Im Lilarum gibt es keinen Kasperl. Es war
Vertrauen, Stabilität. Probleme kommen
Pionierarbeit, Puppentheater ohne Kasperl war unbekannt,„die Leute waren auf eh später. Ich will Kindern nicht die Alltagswelt widerspiegeln, ich finde, das ist
den Kasperl fixiert.“ Die Wanderbühne
nicht die Aufgabe des Theaters.Vielmehr
schränkt das Puppenspiel bald künstle-
und Traude kommt mit. Mit 17 lernt sie
ihren ersten Mann kennen,Traude soll
nicht mehr arbeiten. Als Frau arbeiten zu
gehen galt als Schande, als Zeichen, dass
der Mann sie nicht erhalten kann. Unter
diesem „Verbot“ leidet Traude sehr. Über
ihre Freundin lernt sie einen Schriftsteller
kennen, der sie ermutigt, etwas zu tun.
Traude verlässt ihren Mann und widmet
sich der Malerei. Sie nimmt Privatunterricht bei Axl Leskoschek, lernt ihren zweiten Mann kennen, bekommt zwei Kinder.
Es ist eine stressige Zeit, ihr Mann stirbt.
Sie steht mit den Kindern allein da, gesellschaftlich eine Katastrophe. Die Eltern
helfen ihr, kaufen eine Wohnung in
Schwechat,Traude hat zwischenzeitlich
in einem Abbruchhaus gewohnt.
will ich ihnen eine andere Sprechweise,
andere Farben, Musik zeigen. Kinder sollen eher Fantasie mitnehmen,Wärme,
spüren, wie die Figuren zueinander sind.“
„Weißt du, je älter man wird, desto
mehr kapiert man, wie sensibel Kinder
sind, wie verletzbar, welchen Eindruck Figuren hinterlassen. Das spür ich immer
mehr, wie vorsichtig ich sein muss, man
ist sich gar nicht bewusst wie leicht man
ein Kind verletzen kann. Kindertheater ist
sehr gefährlich. Ein Erwachsener kann
sich entscheiden, ein Kind nimmt alles für
bare Münze. Für einen Erwachsenen sind
es Puppen, aber für das Kind ist das real.“
Aber eigentlich macht Traude das alles gar nicht der Kinder wegen.„Ich mach
es wegen mir, weil ich was rausfinden
will.Wenn andere auch was davon haben, freut mich das, aber im Grunde
mach ich das alles für mich.“ Was sie
rausfinden will? Die Gesetzmäßigkeiten
der Formen. Das Spiel mit den Formen ist
es, was ihr Spaß macht. Sie will wissen,
wie eine Figur aussieht, die einen bestimmten Charakter hat, den Charakter
kennt sie, die Form der Puppe nicht. Die
Puppen bewegen sich im Fantasiebereich, aber es gibt eine Regel:„Im Puppentheater muss man ganz streng sein mit
der Realität. Ich lass einen Hasen nichts
machen, was der Hase nicht auch in echt
macht. Es ist eine ethische Frage:Warum
soll ich Wesen eine Eigenschaft unterstellen, die sie nicht haben, um etwas an den
Mann zu bringen? Es reicht schon, dass
die Tiere sprechen können. Ich will die Figuren nicht vermenschlichen, ihnen eine
Hose anziehen zum Beispiel. Ich hab mir
schon schwer getan, beim ,Gestiefelten
Kater’ die Stiefel nicht wegzulassen.“
Traude entwirft und näht ihre Puppen in ihrer Wohnung in Schwechat, die
sie schon mehr als Werkstatt bezeichnet.
Wenn dann ein Stück fertig ist, interessieren sie die Puppen nicht mehr – „da will
ich dann wieder was Neues rausfinden.“
Was macht die Puppen unverwechselbar? „Ich weiß es nicht, wirklich nicht.
Aber es gibt anscheinend was. Bei einem
Workshop haben wir völlig ohne Vorgabe
aus einem Klumpen Ton einen Kopf formen müssen.„Das bist typisch du“ wurde
dann meine Figur kommentiert, warum,
weiß ich nicht.“
Und die Entscheidung fürs Puppentheater? „Ich bin sehr zufrieden. Ich würde nie auf die Idee kommen, etwas Anderes zu machen.“
❚
juli august 2006an.schläge 29
kulturan.riss
wettbewerb
Fo t o : D i ö z e s a n m u s e u m G ra z
film fiber
Von 28. September bis 1. Oktober veranstaltet die Zeitschrift „fiber.werkstoff für feminismus und popkultur“ ein Festival mit einer Reihe an
spannenden Film-, Diskussions- und Konzertveranstaltungen.
Anlass bietet die 10. Ausgabe von „Rampenfiber“, einem Format das
sich in kritischer Weise mit Frauen in der Musikbrache auseinandersetzt.
Musikerinnen sollen sichtbar gemacht, ihre Kreativität gefördert,
Hindernisse in der Musikszene thematisiert und die männliche
Dominanz von Musikproduzenten kritisch beleuchtet werden.
Das genaue Festivalprogramm ist klarerweise noch nicht verfügbar,
aber es gibt etwas zu tun. Ein Filmwettbewerb wurde von fiber ausgeschrieben.
Unter dem Titel „Music was her first love“ sind Frauen und
Filmemacherinnen aller genres herzlich eingeladen, ihre Filme einzusenden. Die Filme sollen das Thema Musik und Geschlecht behandeln.
Themen könnten Musikerinnen, „Ich als Musikerin“, alternative
Geschlechterrollenperspektiven zu den gängigen Mainstreamklischees
der Musikindustrie und vieles andere mehr sein.
Einsendeschluss und absolute Deadline ist der 2. August
(Poststempel). Die besten Filme werden auf dem Festival präsentiert,
der oder die RegisseurIn des besten Films zu einer persönlichen
Präsentation eingeladen.
Die Filme sollten in englischer oder deutscher Sprache, oder zumindest in einer der beiden Sprachen untertitelt sein. DF
Das Einreichformular steht unter http://www.fibrig.net/festival/docs/ zum Download bereit.
Einsendeadresse: Rampenfiber Festival, c/o Hanna Sohm, Anschützgasse 21/8, 1150 Wien, Info: www.fibrig.net
ausschreibung netzkunst
graz
function:Feminism
Frauen und Kirche
TheFeministArtProject und die Rutgers University planen eine net.
art-Ausstellung zum Thema Cyberfeminismus. Der Begriff tauchte
1992 das erste Mal in einem Text der Englischen Kulturtheoretikerin
Sadie Plant und bei den australischen Radikalfeministinnen der
Künstlerinnengruppe VNS Matrix auf. Cyberfeministinnen streben
einen nichthierarchischen, dezentralisierten Umgang mit Computertechnologie und dem Internet an. „Cyberfeminismus ist ein Mythos“,
meint die Schweizer Theoretikerin und Kunstkritikerin Yvonne Volkart, „Ein Mythos ist eine Geschichte mit unidentifizierbarem Ursprung. Ein Mythos verleugnet eine einzige Geschichte oder eine
einzige Wahrheit. Er impliziert eine Suche nach der Wahrheit im
Netz, nach den Unterschieden ZWISCHEN den verschiedenen Geschichten.“ Deshalb ist sie davon überzeugt, dass Cyberfeminismen
nur im Plural existieren.
Pluralistisch verspricht auch die Netzkunst-Ausstellung zu werden.
Gesucht werden Arbeiten zu den Themen Identität, Gestaltung und
Körperlosigkeit, hierarchielosem Netzwerken, Postkolonialismus, Biotechnologie und Computertechnologie. Interessierte sollten sich vorab
wohl ins Thema einlesen, Möglichkeiten dazu gibt es auf der Homepage
function:Feminism. kama/mad
Wenn sich ausgerechnet ein Diözesanmuseum der Problematik Frauen
und Kirche annimmt, ist das schon ein Grund zu Staunen. In der Ausstellung „Frauen.Macht.Kirche“ geht das Diözesanmuseum der Gemeinde Graz-Seckau der Rolle und Bedeutung von Frauen in der katholischen
Kirche auf den Grund. Historische Belege bedeutender Frauenpersönlichkeiten im kirchlichen Kontext, Videoarbeiten, textliche Auseinandersetzung und verschiedene Positionen zur Stellung der Frau innerhalb
des patriachalen Machtapparates sollen neue Sichtweisen eröffnen.
Die als mutig beschriebene Ausstellung beleuchtet sicherlich ein
Thema, vor dem die katholische Kirche nur allzu gerne die Augen verschliesst.
„Wie die Idealvorstellungen der Kirche zur Frau und das Bild der
Realität übereinstimmen, wie es mit der Beziehung zwischen Frau und
Kirche steht und wie mächtig oder ohnmächtig Frau im kirchlichen Gefüge ist, wird in dieser Schausammlung aufgezeigt“, so die vielsagende
Beschreibung der Ausstellung, „Anhand von Kunstwerken, Urkunden,
Film- und Textdokumenten zeigt das Diözesanmuseum, wie die Kirche
wesentlich von Frauen mitgestaltet wird und wurde bzw. wo Frauen in
der Kirche auf ihre Grenzen stoßen.“ Schauen wir mal... DF
Ausschreibung: http://rhizome.org/thread.rhiz?thread=20530&page=1,
bis 15.10., Diözesanmuseum Graz-Seckau, 8020 Graz, Mariahilferplatz 3, T. 0316/713 994,
Genauere Infos per Mail: [email protected];
[email protected], www.dioezesanmuseum.at, Di-So 10-17.00, Do 10-19.00
function:Feminism, www.functionfeminism.com
30 an.schlägejuli august2006
an.risskultur
festival
Fo t o : I m p u l s t a n z
Fo t o : S t e i n h e i m e r p r i v a t
heim.spiel
Eva Steinheimer
Alltäglich
Impulstanz
Für alle Tanzinteressierten hat das Wiener ImpulsTanz-Festival vom 13.
Juli – 13. August auch dieses Jahr wieder viele Highlights zu bieten. An
verschiedenen Aufführungsorten innerhalb Wiens zeigen internationale
und nationle KünstlerInnen ein umfangreiches Performance-Programm.
In „frère & soeur“ beschäftigt sich die französische Choreografin
Mathilde Monnier mit kindlicher Gewalt, die im Erwachsenenalter das
komplizierte Begehren zwischen Mann und Frau bestimmt. Die österreichische Performerin Barbara Kraus stellt mit ihrer neuen Arbeit „fuck
all that shit“ lustvoll die Performance-Szene auf den Kopf. Kraus hat Verständnis für Company-Freaks, Laien und DilettantInnen aller Art. Der
Abend verspricht ein kluges, kraussches Desaster zu werden.
Der Spiegel und die Erkenntnis über die eigene Vergänglichkeit hat
die aus Japan stammende Wienerin Akemi Takeya zu ihrer neuesten Arbeit „So What“ in Kooperation mit der Berliner Band „Rechenzentrum“
geführt. Ein künstlerisches Selbstporträt, das sich mit der Spiegelung
eigener Emotionen, Gedanken und Wünsche, sowie der Bespiegelung
unserer heutigen Inszenierungsgesellschaft auseinandersetzt.
In Monologen und Dialogen kommen verschiedene Ichs und widersprüchliche Selbstkonstruktionen zum Ausdruck, die alle Teil der (KünstlerInnen)Persönlichkeit sind. Manche entsprechen den Erwartungen in
die Zukunft, manche müssen einfach losgelassen werden, um sich dem
nächsten Entwicklungsschritt zu stellen.
In „Skin Mitten“ hatte sich die in Paris lebende New Yorker Choreografin Jennifer Lacey (Foto) vor bereits mehr als zehn Jahren mit einer
unkonventionellen Repräsentation von Weiblichkeit beschäftigt. In ihrer
aktuellen Performance „Two discussions of an anterior event“ greift die
Künstlerin das Stück mithilfe eines Videodokuments noch einmal auf
und reflektiert in ironischer Weise über den Inhalt.
Hier Platz für alle interessanten Arbeiten zu finden, ist leider nicht
möglich. Spannend vielleicht noch die Arbeit „Gold“ der Zürcher Choreografin Alexandra Bachzetsis (im Rahmen der Young Choreographers´ Series), in der sie den erotisierten Frauenkörper in der gegenwärtigen HipHop Kultur thematisiert und die pornografisch anmutenden Marketingstrategien der R&B Clips beleuchtet.
Ein umfangreiches Workshopprogramm auch für Kinder rundet dieses Sommerfestival ab. DF
Guten Morgen, Lenni? Warum weinst du? Nein, der Papa ist schon in
der Arbeit. Aber ich bin da. Brüll doch nicht so, wir können den Papa
anrufen. Und, was hat der Papa gesagt? Er geht mit dir am Abend Rollerfahren und Eisessen? Und ich soll daheim bleiben. Kein Problem, ich
hab genug Arbeit. Buch vorlesen? Na gut, noch ein zweites. Nein, wir
spielen jetzt nicht mit dem Lego. Wie wär’s mit Frühstück. Nein, keine
Schokokekse mit Almdudler. Wie wär’s mit einem Marmeladebrot?
Dann Zähneputzen und Anziehen. Soll ich dir helfen? Du kannst es alleine? Gut, komm dann runter, wenn du fertig bist. Du hast ja keine
Hose und keine Socken an! Ich hol dir welche. Nein, zum Fernsehen
haben wir keine Zeit, komm Schuhe anziehen. Du brauchst einen Sonnenhut. Ihr geht sicher auf den Spielplatz. Ich nehm den Sonnenhut
für dich. Ach ja, Sonnencreme. Die schmieren wir dann in der U-Bahn.
Was, du willst Straßenbahn fahren? Na gut, aber nur wenn gleich eine
kommt, sonst sind wir mit der U-Bahn schneller. Du willst nicht mit
der Niederflurbahn fahren? Ich weiß, aber jetzt ist sie eben da, vielleicht kommt beim Heimfahren eine andere ... So ich muss jetzt gehen. Ich sollte eigentlich jetzt schon in der Arbeit sein. Ich kann nicht
dableiben, aber wenn ich jetzt gleich geh, kann ich dich früher wieder
abholen. Okay? Dann fahren wir heim und du kannst im Garten spielen. Tschüss! Ich wink dir noch – nein ich vergess es nicht! ... Verdammt,
die U-Bahn ist weg ... Ah, im Büro ist es kühl! ... Ich kann das Gelaber
von den schadhaften Zügen nicht mehr hören! ... Hallo Lenni! Wie
geht’s dir? Was hast du heute gemacht? Ihr jausnet grade? Na gut, ich
setz mich dazu. Ja, ein Spiel noch. Nein, jetzt müssen wir gehen, wir
müssen noch einkaufen ... Schau eine große Straßenbahn, oje dein
Lieblingsplatz ist besetzt. Der wird sicher gleich frei. Bitte schlaf jetzt
nicht ein, ich kann dich nicht so weit tragen! Schau eine Feuerwehr!
Hallo! Bist du müde? Du kannst gleich schlafen, wenn wir daheim
sind. Na gut, ich trag dich ein kleines Stück. So, jetzt musst du wieder
selber laufen. Sicher kannst du in den Garten gehen, aber ich hab gedacht du bist müde? Gut, ich bring dir Saft, ja und einen Apfel. Ich setz
mich zu dir und lese Zeitung. Ballspielen? Na gut. Hilfst du mir dann
beim Kochen? Ja, du darfst das Gemüse schneiden. Ja, bald kommt der
Papa. Nein, Eis essen könnt ihr nach dem Abendessen. Nein, ich geh
nicht mit, ich muss noch was am Computer schreiben. Und ein Foto
von dir brauch ich auch noch!
Info: www.impulstanz.com
juli august2006an.schläge 31
Fo t o : S i l k e P i x n e r
footballposition
Go, Roughnecks!
Das Footballteam der Roughnecks ist eines von drei Damenfootballteams in Österreich.
Was sich in der österreichischen Footballszene so tut und wie es sich anfühlt, bei
einem Training mitzumachen, fand Silke Pixner heraus.
Training. Montag, 19.30 und somit Trainingsbeginn für die
Roughnecks im Bundessportund Freizeitzentrum Südstadt.
Sieben der acht aktiven Spielerinnen (die restlichen fünf der insgesamt dreizehn Mitglieder sind derzeit
verletzt oder setzen eine Saison aus)
32 an.schlägejuli august2006
sind auch schon dabei sich aufzuwärmen, während Martina, die noch fehlende Spielerin, und ich auf den Platz
hetzen.
Es ist verregnet und kalt und als ich
erfahre, dass die Roughnecks – bis auf
zwei Wochen Winterpause – immer im
Freien trainieren, bin ich dankbar, dass
mir die Idee für diesen Artikel nicht im
Dezember kam.
Während Trainer Fred Armagost
uns bittet Aufstellung für die erste
Übung zu nehmen, werde ich zunehmend nervöser, denn zu deutlich sind
noch die Erinnerungen an die unberechenbar auf mich zueiernden Footbälle
positionfootball
aus meiner Schulzeit, die mir regelmäßig verstauchte Finger bescherten
und somit nicht gerade dazu beitrugen,
meine Affinität für Bälle zu fördern.
Aber siehe da, mit der richtigen
Wurftechnik eiert der Ball gar nicht und
dank der Anweisung der Spielerinnen
(„immer nur den Ball fixieren“) schnappe ich mir diesen sogar schon beim
zweiten Versuch. Dass dieser Fang leider auch mein einziger an diesem
Abend blieb, ist nicht so tragisch, denn,
so wie mir mehrere Spielerinnen bestätigten, geht es den meisten am Anfang so.
Und so gibt es auch eigentlich keine Voraussetzungen, die Frauen erfüllen
müssen, wenn sie das seit 2001 bestehende Team verstärken wollen, denn „es
ist nichts unmöglich und es gibt so viele unterschiedliche Positionen und jeder
hat irgendeine Fähigkeit. Es ist zwar ein
Vorteil, wenn man sportlich ist oder Ballerfahrung hat, aber es ist eben auch
kein Hindernis, wenn man das nicht
hat“, erklärt Martina.
Wenn also jede, auch wenn sie
noch so unsportlich ist, zu einem echten Roughneck werden kann, ist das zu
einem großen Teil auch dem Trainer/der
Trainerin des Teams zu verdanken. Wurden die Roughnecks davor immer von
mindestens einer Frau trainiert, so hetzt
nun Fred Armagost das Team über den
Platz.
Welche Unterschiede es im Trainieren von Männern und Frauen gibt, beschreibt er folgendermaßen: „Man startet beim Trainieren zwar meistens mit
den selben Problemen und wendet
auch die selben Lösungsstrategien an,
aber es gibt auch Unterschiede. Frauen
müssen oft erst lernen aggressiver und
mit mehr Körpereinsatz zu spielen. Die
Männer sind meistens eigensinniger
und arroganter und deswegen auch
schwieriger zu trainieren.“
Den Spielerinnen ist es eigentlich
egal, ob sie einen männlichen oder einen weiblichen Trainer haben, „denn es
kommt auf den Menschen an“ und so
gibt es auch eigentlich keine Probleme
mit männlichen Trainern, solange dieser
nicht „versucht sich an Spielerinnen
heranzumachen“ wie es bei einem
früheren Coach einmal geschah.
Vorurteile und Klischees. Während es wieder leise zu regnen beginnt, sehe ich ei-
ne Herrenmannschaft am anderen Ende des Platzes trainieren und ich beginne mich zu fragen, wie denn eigentlich
das Verhältnis zu den männlichen Footballspielern aussieht und ob die Damenteams von den Herrenmannschaften ernst genommen werden.
Die Antwort auf diese Fragen erhalte ich drei Tage später im Zuge eines Interviews mit Martina, diesmal allerdings in ihrer warmen Wohnung.
„Das ist völlig unterschiedlich. Es
gibt angenehme Herren aber es gibt
auch welche, die sagen, es is eh nichts,
was wir da machen. Manche meinen
auch ernsthaft, dass Frauen wegen
möglicher Gebärmutterverletzungen
nicht Football spielen sollten – eine fadenscheinige Ausrede für Männer, die
sich denken, dass dieser Sport nichts für
Frauen ist.“
Dass leider noch immer viele Männer dieser Ansicht sind und Frauen gern
als hübsch anzusehende Dekoration namens Cheerleader an den Platzrand verbannt werden, verdeutlicht zusätzlich
noch folgende Erzählung von Martina:
„Wir waren in Berlin, wo wir mit den
deutschen Frauen trainiert haben und
sind mit der Ausrüstung in der U-Bahn
gefahren und einige männliche Fahrgäste haben tatsächlich gemeint, sie finden es toll, dass die Cheerleader die
Ausrüstung der Männer herumtragen.
Selbst wenn ich jetzt ein Cheerleader
wäre, würde ich doch nicht die Ausrüstung von den Männern herumtragen!“
Werbung. Die Bemühungen, die Vorstellungen des Cheerleaders als die einzige
mögliche Verbindung zwischen Frauen
und Football zu revolutionieren, gestalten sich jedoch schwierig, ist doch Football – und speziell Damenfootball – in
Österreich noch generell kein so etablierter Sport wie etwa Fußball.
Hand in Hand mit dieser mangelnden Popularität gehen auch geringe ZuschauerInnenzahlen bei den Spielen der
Damen, sowie der Spielerinnenmangel
bei den Roughnecks, denn viele Frauen
wissen schlicht und einfach nicht um
das Bestehen des Teams.
Doch die Roughnecks geben nicht
auf und versuchen zum Beispiel auf
Veranstaltungen, wie den Girlies Sports
Days 2006, den österreichischen
Mädchen und Frauen diesen Sport
näher zu bringen. Was speziell bei die-
ser Veranstaltung gut glückte: „Es gab
viele Interessentinnen und wir waren
den ganzen Tag über damit beschäftigt
ihnen Blockübungen zu zeigen und sie
unsere Ausrüstung anprobieren zu lassen“, so Tina Thron, die mit sechs anderen Spielerinnen den Stand der Roughnecks betreute.
Die zahlreichen Styling- und Modeschwerpunkte der Girlies Sport Days,
deren Existenz, angesichts des Vorsatzes der Veranstaltung, Mädchen für traditionelle „Burschensportarten“ zu begeistern, doch sehr fragwürdig waren,
haben laut Martina „mit der in der Gesellschaft bestehenden Vorstellung zu
tun, dass das Äußere das Wichtigste bei
der Frau ist“, was sie wieder zur Thematik der fehlenden ZuschauerInnen hinführt. Denn „ein großer Punkt, der bei
Football wegfällt und bei anderen
Sportarten sehr gefördert wird – wobei
ich nicht sagen kann, dass ich das positiv finde –, ist der sexuelle Lockfaktor,
wie zum Beispiel bei den Beachvolleyballerinnen, die nur so und so viel Stoff
am Körper haben dürfen. Natürlich werden dadurch mehr Zuschauer angelockt, aber ich frag’ mich dann halt
auch, was dann eigentlich im Vordergrund steht – der Sport oder dass irgendwelche Männer angemacht werden?“
Dass dieser „sexuelle Lockfaktor“
aber auch noch weit seltsamere Ausformungen haben kann, als Bestimmungen darüber, wieviel Haut die Bikinihose
einer Beachvolleyballerin zeigen soll, verdeutlicht ein von Martina geschildertes
Beispiel:„Unlängst bin ich im Internet
über den sogenannten, aus Amerika
kommenden, ,Modelfootball’ gestolpert,
wo Mädls im Stringtanga bzw. Bikini
und vielleicht gerade einmal Knie- und
Ellbogenschützer ‚Football‘ spielen.“
Mitmachen. Wer hingegen wirklich Football spielen will, ist bei den Roughnecks
gut aufgehoben, denn hier steht der
Sport im Vordergrund und dieser zeichnet sich durch seine vielen Facetten
aus. „Denn es ist ein sehr komplexer
Sport, der sowohl Ausdauer und Schnelligkeit, als auch eine gute Koordination
und Hirn verlangt“, so Martina.
Aber besonders schön ist das Gefühl „etwas gemeinsam zu machen; also nicht eine gegen die anderen, sondern eben gemeinsam zum Ziel.“
❚
Infos: www.ranger.at/ladies
Training: Mo und Mi 19.30-21.30
BSFZ Südstadt, 2344 Maria Enzersdorf,
Johann Steinböckerstr. 5
juli august2006an.schläge 33
Fo t o : Ka t r i n R i b b e
performingprecarious
„Schneller, höher, scheitern“
Theater, Tanz und Performance sind nicht nur Kunsträume, sondern auch Orte, an denen
gesellschaftliche Normen ausgehandelt, bestritten und neu entworfen werden.
Katharina Pewny untersucht die theatrale Ver/un/sicherung bürgerlicher Männlichkeit.
Diese Recherchen für diesen Artikel
wurden mit der Unterstützung der
Archive von Bildwechsel – Dachverband für Frauen Medien Kultur
(Hamburg) und der Österr. Akademie
der Wissenschaften (in Form eines
APART-Stipendiums) geschrieben. Sie
basieren auf dem Forschungsprojekt
„Performing the Precarious – Analyzing and Theorizing the Performing
Arts in the New Millennium“.
34 an.schlägejuli august2006
„Schneller, höher, scheitern“
verkündet die Homepage der
„Show des Scheiterns“, die in
Zeiten von Erfolgsdruck,
(sportlichem) Wettkampf und
Bewegungsboom individuelle Geschichten vom Scheitern öffentlich inszeniert: Eingeladene Protagonisten erzählen ihre Geschichte des Scheiterns,
ein Experte oder eine Expertin kommentiert den jeweils vorgeführten
Modus des Scheiterns (einer Projektoder Geschäftsidee). Traditionelle
Männlichkeitskonzepte werden iro-
nisch aufs Korn genommen, wenn
Sebastian Orlac auf der Hamburger
Performancebühne Kampnagel singt:
„He´s a fallen star, that´s what he are“.
Damit ist die „Show des Scheiterns“
nicht alleine – der Zerfall und auch
manchmal die Auferstehung weißer
Männlichkeit ist – so die These dieses
Artikels – bemerkenswert präsent im
gegenwärtigen Theater.
Neorealistisches Theater. „Kulturmassnahmen“, die Macher der „Show des Scheiterns“, sind Protagonisten eines
Trends, der an den großen Theaterhäusern im deutschsprachigen Raum augenfällig ist: Die Wiederkehr sozialer
Themen, nicht unbedingt in einen
klassischen Dramentext verpackt, jedoch eindeutig erkennbar. In den Theatern des deutschen Sprachraums findet eine deutliche Anhäufung von Inszenierungen statt, die sich mit Deklassierung, Armut und „sozialer
Hoffnungslosigkeit“ (so das Programmheft zu Andreas Kriegenburgs
„White trash“, das Jugendliche in
„Randgebieten“ zeigte) auseinander-
precariousperforming
setzen: Anja Hilling, die 2005 in der
Kritikerumfrage von „theater heute“
zur Nachwuchsautorin der Saison
gekürt und zu den Werkstatttagen an
das Wiener Burgtheater eingeladen
wurde, stellt in „Protection“ (Thalia
Theater 2005) zwei Obdachlose (sie erfriert, er überlebt), einen gehbehinderten Schwulen und eine türkische Frau,
die beim Sex Flashbacks von Kriegsvergewaltigungen erlebt, auf die Bühne.
Der ebenfalls preisgekrönte Moritz
Rinke wählt in „Café Umberto“ (Thalia
Theater 2005, Regie Stephan Kimmig)
das Arbeitsamt als Ort der Geschehnisse: Ein leerer Ort, der – Michel Foucaults Panopticum gleich – um eine
sprechende Säule, die Nummern aufruft und Befehle (an die Arbeitslosen)
verkündet, zentriert ist. Nach dem
Selbstmord des Wissenschaftlers und
der Psychiatrisierung der Designerin
hat schlussendlich Erwerbsarbeit, wer
aus der Situation clever Profit zieht:
Der Cafébetreiber des Arbeitsamtes
und der Gründer der Agentur „Anerkennung jenseits von Arbeit“. Den
klassischen Geschlechterbildern wird
eine Karrierefrau zur Seite gestellt, die
im Laufe der Inszenierung allerdings
mit dem Stereotyp des weiblichen Gewaltopfers belegt wird.
Bruderzwist als Klassenkampf. Nicht nur
Inszenierungen neuer Texte, sondern
auch Wiederaufführungen und Bühnenadaptionen älterer Texte kreisen
um Armut, Deklassierung und misslungene Identitätskonzepte: Gerhard
Hauptmanns „Rose Bernd“ im Hamburger Schauspielhaus (inszeniert von
Michael Thalheimer) zeigt den missglückten Versuch einer jungen Frau,
ihrem eigenen Begehren zu folgen –
sie soll durch ihre Hochzeit die Familie
aus der Armut retten. Auch in John von
Düffels Bühnenfassung von Thomas
Manns „Buddenbrooks“ am Hamburger Thalia Theater (beide 2006, Regie
Stephan Kimmig) wird der ökonomische Druck zum Gradmesser von Lebensentscheidungen: Die Verinnerlichung von Leistungszwang wird hier
eindrucksvoll an den weiblichen und
männlichen Figuren vorgeführt. Der
zunehmend eskalierende Bruderzwist
der sehr unterschiedlichen Sprösslinge
aus der gut situierten Kaufmannsfamilie wird zum Klassenkampf. Der eine
Bruder verkörpert den tüchtigen Manager, den „Leistungsethiker“, und der
andere den besitz- und arbeitslosen
Künstler. Mit dem Klassenunterschied,
der sich auftut, entstehen auch zwei
unterschiedliche Männlichkeitskonzepte, wobei Härte, Dynamik, etc. mit
Besitz verknüpft werden und Armut
mit Empfindsamkeit, Krankheit und
Nervenschwäche (der so genannten
Hysterie). Die sukzessive Pleite der
Buddenbrook´schen Familienfirma
steht im Hintergrund der Geschichte,
der kleine Sohn (in der nächsten Generation) wird zum zukunftsweisenden
Hoffnungsträger.
Die auftretenden Figuren werden
nicht psychologisierend ausgestaltet,
sondern treten als RepräsentantInnen
ihrer Klasse und ihres Geschlechtes
auf. Die Frontalität der Inszenierungen
– die SchauspielerInnen stehen großteils frontal zum Publikum und sprechen ihre Texte in das Publikum hinein
– unterstreicht die Aufführungen als
Zur-Schau-Stellung von Sachverhalten,
ebenso wie in Nicolas Stemanns Inszenierung von Jelineks „Babel“. Beide in
der Brecht´schen Tradition des Verweischarakters des Theaters auf politische
Inhalte.
Katalysator des Sozialen. Auch in der diesjährigen „Langen Nacht der Autoren“
im Thalia Theater ist die Verhandlung
unterschiedlicher Männlichkeiten zu
finden, etwa in Morten Feldmanns „Im
Sitzen. Versuch über die Ehrlichkeit“,
wo zwei ehemalige Studienkollegen –
im Auto ebenso gefangen wie in ihren
engen Lebensrealitäten – darüber sinnieren, wohin ihr ehemaliges studentisches „Widerspruch-Sein“ gekommen
ist. Die eben genannten und zahlreiche andere Aufführungen sind Teile
des Comebacks des neorealistischen
Theaters, das derzeit in vielen mitteleuropäischen Ländern stattfindet. Die
genannten Inszenierungen greifen mit
erprobten ästhetischen Mitteln die in
Deutschland allgegenwärtige Berichterstattung von Erwerbslosigkeit, von
Kinder- und Jugendarmut und von Kindesvernachlässigung auf. Das Theater
(und mit ihm teilweise die Performancekunst) wirkt als Katalysator des aktuell Problematischen und ist als aktive Gestaltungsmacht gesellschaftlicher Wirklichkeiten zu verstehen: An-
gesichts eines zerbrechenden weißen
Mittelstandes funktioniert die Versicherung bürgerlicher Identitäten über
die Theatralisierung des Elends der
„Anderen“ – der Wohnungslosen,
Nicht-Heterosexuellen, Kinder, Gewaltopfer. Die Inszenierung ihrer Prekarität
ruft die Angst des weißen Mittelstandes vor (eigener) potentieller Arbeitslosigkeit und Altersarmut auf, um sie
in der Schwebe von Beruhigung und
Beunruhigung zu halten. Dieses Spannungsfeld begründet die Begeisterung
von Kritik und Publikum über die zahlreichen Inszenierungen von Armut
und Prekarität. In diesem Kontext steht
auch Rodolfo García Vázques bilderreiche Inszenierung von Dea Lohers „A
Vida na Praca Roosevelt“ (Premiere in
Sao Paulo, Aufführung im Thalia Theater), die ein gelungenes Beispiel für
die transkontinentale Zirkulation von
Kunst darstellt. Die dramaturgische
Zentralität des Leidens von Vater und
Sohn, des Polizisten und des jungen
Dealers – wobei der Junge zur Figur
des Gekreuzigten wird – bietet ein
überdeutliches Beispiel für die Vorführung des Elends, das „uns“ – die
mitteleuropäischen Weißen – zwar
zum Mitleiden bewegt, aber im Endeffekt nicht betrifft.
Klasse Geschlecht – imperfekte Männlichkeit.
Das traditionelle Konzept weißer Männlichkeit steht demnach in den „hochkulturellen“ Zentren, den mitteleuropäischen Theatern, vehement in Frage:
Männlichkeit erscheint zumindest momentweise als makelbehaftet, fragmentiert, imperfekt und nicht ideal. Nicht
nur Armut, sondern auch Vereinsamung und statisches Verharren in überkommenen Rollenbildern werden im
Theater gezeigt, so wie zum Beispiel in
Jon Fosses „Schlaf“ bei den Wiener Festwochen (Akademietheater 2006, in der
Regie von Luc Bondy): Die sterbende alte Frau lässt den Mann alleine zurück,
ebenso wie die Karriere/das Fortgehen
der jungen Frau deren Mann in Einsamkeit zurücklässt. In beiden Generationen findet parallel die Absage an traditionelle Männlichkeit statt. Diese Dekonstruktionsbewegungen erlauben
(noch) keine Neu-Gestaltungen, doch
die Ästhetik der Leere und Vorsicht, die
„Schlaf“ auszeichnen, lässt viel Raum
für neue Imaginationen.
❚
Literatur zum Thema:
http://katharina.pewny.de/
Sergio Bologna: Die Zerstörung der
Mittelschichten. Thesen zur neuen
Selbständigkeit. Nausner &
Nausner 2006.
Ortrud Gutjahr: Buddenbrooks von
und nach Thomas Mann. Königshausen & Neumann 2006.
Gabriele Klein, Wolfgang Sting (Hg.):
Performance. Positionen zur zeitgenössischen Kunst. Transcript 2005.
Richard Sennett: Der flexible
Mensch. Die Kultur des neuen
Kapitalismus. Berlin Verlag 1998.
Spela Virant: Redramatisierter Eros.
Zur Dramatik der 1990er Jahre.
LIT 2004.
juli august2006an.schläge 35
Fo t o : LT N C , 2 0 0 6 : M a k i S t o l b e r g , C h r i s t i n e Wi n k l e r u n d A n i t a H o fe r
künstlerinnenraum
Im Revier der Tigerinnen
Feministische Kunst zeigt Graz die Krallen. Die Rückeroberung des Raums: Die feministische
Künstlerinnengruppe Lady.Tigers.Night.Club eröffnete mit dem Kirschblütenfest das
Künstlerinnenhaus in Graz. Von Nicole Thurn
Grenadiergasse 14. Hektisches
Treiben im ersten Stock des Arkadengebäudes. Diesmal haben
die Tigerinnen die ehemalige
Dominikanerkaserne erobert.
Drei Wochen lang installiert der aus gegenwärtig elf Künstlerinnen formierte
Lady.Tigers.Night.Club (LTNC) hier ein
temporäres „Künstlerinnenhaus“. Der
bevorstehende Umbau des Gebäudes in
das „Haus des Verkehrs“ bot eine günstige Gelegenheit der Raumbeschaffung. „Wir sehen es als unsere Aufgabe,
öffentliche Räume aufzubrechen, sie
uns anzueignen und mit unserer Kunst
zu füllen“, meint Eva Ursprung, Mit36 an.schlägejuli august2006
initiatorin der 2002 gegründeten Künstlerinnenplattform und umtriebige feministische Szenemacherin. Der Tigerinnenclub hat die Kirschblüte zum
Thema des Eröffnungsfestes gemacht,
um dem Frühling seine Referenz zu erweisen. Die Kirschblüte als Symbol für
die Transzendenz zwischen Leben und
Tod, für Vergänglichkeit und Aufbruch,
lässt in Japan Menschenmassen zu
Frühlingsbeginn in die Parks strömen.
In anderen Kulturen repräsentiert sie
Sinnlichkeit und Weiblichkeit.
Blütenkunst. In Graz wird frau vorerst
von einem riesigen, den Haupteingang
verhängenden Tarnnetz der Künstlerin
DIVANOVA alias Daniela Jauk empfangen – ein Symbol für die gefallenen
Soldaten und kirschblüten-beschmückten Kamikazeflieger des Zweiten Weltkriegs. Im ersten Stock trifft frau auf
das Büro des Instituts für die Erforschung des Forum Stadtpark von Maki
Stolberg und Ursula Kiesling. Das Institut führt eine Mitgliedererhebung des
Forums Stadtpark durch und beschäftigt sich mit den künstlerischen Prozessen innerhalb des Forums. Ums Eck
erstreckt sich der Bogengang mit vielen Türen, hinter denen die Ausstellungsräume liegen.
raumkünstlerinnen
Virtueller Aktionismus. „Der LTNC ist selbst
ein virtuelles Künstlerinnenhaus, das
sich von Zeit zu Zeit an verschiedenen
Orten materialisiert“, sagt Eva Ursprung. Er versteht sich dabei weniger
als Kollektiv denn als Plattform. Die
künstlerische Freiheit jeder Einzelnen
steht im Vordergrund. Dennoch: „Das
männliche Ideal des Künstlers als Genie
und Einzelgänger brauchen wir nicht“,
meint Ursula Kiesling, Schriftstellerin
und Mitglied des „Grazer AutorInnenKollektivs“. In der Solidarität, dem Perspektivenaustausch und der wechselseitigen konstruktiven Kritik sehen die
Frauen einen immensen Vorteil für das
eigene Bestehen im Kunstbetrieb.
Obwohl der LTNC für die Erschließung von dauerhaften Kunst-Räumen für Künstlerinnen eintritt, will er
aber keine starre Institution sein. „Wir
handeln aktionistisch“, meint Ursula
Kiesling. Dies zeigen auch die bisherigen Projekte der Lady-Tigerinnen. In ihrer Protest-E-Mail-Aktion „wir bluten
aus!“ gegen die Frauen- und Familienfeindlichkeit der Pensionsreform, untermalten sie ihre Forderungen mit Fotos
blutender Frauen.
Ein großes Problem ist in Graz nach
wie vor die mangelhafte Förderung der
freien Kunstszene, vor allem für Frauen.
Eva Ursprung dazu lapidar: „In Graz gibt
es keine wirklichen Orte für Künstlerinnen. In Graz gibt es hauptsächlich Plätze der Hochkultur.“
Die schwarz-blau-orange Kulturpolitik zeigt ihr Kunstverständnis standesgemäß über anderweitige budgetäre
Prioritäten. So müssen sich die Tigerinnen mit der „solala“-Abdeckung der Materialkosten von Stadt und Land begnügen. „Vor allem Frauen sind gezwungen,
ihre künstlerische Arbeit auf Dauer unbezahlt leisten zu müssen“, ärgert sich
Kiesling. Sicher auch ein Grund, warum
einige Tigerinnen sich mit anderen Jobs
ein Zubrot verdienen. Elke Murlasits, Historikerin und Leiterin des „Büros der Erinnerungen“, einer Institution des Landesmuseums Joanneum, ist eine von
ihnen. Die Tigerinnen arbeiten unter anderem auch als feministische Soziologin, Journalistin oder Designerin. Dass
künstlerisch aktive Frauen stärker in die
unbezahlte Arbeit gedrängt werden als
ihre Kollegen, ist zum einen auf die
mangelnde Sichtbarkeit von Frauen im
Kultursektor zurückzuführen, zum anderen wirken sich strukturelle Barrieren
des Kulturbetriebs benachteiligend auf
Frauen aus. Daher setzt sich die Plattform nicht nur für eine individuelle
Sichtbarmachung ihrer Mitglieder ein –
pardon, ihrer „Mitklits“, wie sich die
Frauen selbst bezeichnen. Der LTNC fordert auch eine effektive Frauenförderung im Grazer Kulturbereich im Sinne
eines gezielten Gender Mainstreamings
auf städtischer Ebene.
Von diesem Ideal ist Graz auch
nach vereinzelten Höhenflügen, wie
den der Superwoman, Repräsentantin
des “WOMENT!“-Projekts zur Kulturhauptstadt 2003, noch weit entfernt.
Die Superfrau, eine Schöpfung von Eva
Ursprung und Veronika Dreier, hält sich
mittlerweile leider wieder im Untergrund versteckt.
Aber wieso „leider“? Wie es im Abschieds-“Manifest“ von Ursprungs ehemaliger Künstlerinnengruppe „Eva &
Co“ geschrieben steht: „Wir gehen in
den Untergrund und in den Himmel.
Und Achtung, wir werden uns in Zukunft tarnen! Ab jetzt lassen wir dem
Wahnsinn freien Lauf.“
In diesem Sinne verlassen die Tigerinnen ihr Revier und ziehen weiter, auf
zur nächsten Eroberung von Raum.
❚
lesben.nest
Fo t o : p i x e l q u e l l e . d e
Jede Künstlerin setzte sich im Rahmen dieses Projekts auf ihre Weise assoziativ mit dem Thema „Kirschblüte“ auseinander. Am Ende des Ganges schmilzt
– von Reni Hofmüller der Vergänglichkeit preisgegeben – ein Eisblock in der
Mitte eines kahlen Raumes. Eva Ursprung spielt in ihrer Fotocollage „Herrin
der Fliegen“ mit dem Archetyp der Frau
als dämonische Verführerin und Bettina
Fabian gedenkt mit einem riesigen Origami-Kranich Atombombenopfern von
Hiroshima. Im Laufe des Abends bringt
eine improvisierte Modenschau-Performance von Andrea Schlemmer dem kleinen, aber hochinteressierten Publikumskreis Szenen des Kommens, Bleibens
und Verlassens näher. Frauenrollen werden dabei von den Models an- und ausgezogen wie Kleider. In den Wochen darauf finden Lesungen, Konzerte und Performances statt.
Aber die wichtigste Botschaft des
Festes bleibt: Das Künstlerinnenhaus
soll auf die Notwendigkeit von KunstOrten und Präsentationsmöglichkeiten
für Künstlerinnen aufmerksam machen.
jenny unger
vorparadenzeit
juni ist und dann ist auch gleich juli und im juli ist die parade
und die straßenbahnen sind schon lange regenbogenbeflaggt und die wiener linien lassen sich das bezahlen das war
neu für mich ich dachte mir wenn die doch immer so mit ihrer offenheit werben dann machen die das freiwillig naja
freiwillig machen sie es nur eben gegen geld wieder ein
traum geplatzt dafür hab ich eine freundin die neben mir auf
dem boden liegt sie ist eingeschlafen sie wollte warten bis
ich hier fertig bin aber das dauert sie schläft und hat ihre
hände in den hosentaschen sehr eigenartig ich frag mich
warum bloß aber es ist süß – vor ein paar tagen hab ich ihr
meine sammlung gezeigt eine flyersammlung aus meiner ersten zeit in der szene die eintrittskarte von meinem ersten
villafest die von meinem ersten villafrauenfest ein flyer vom
ersten achten märz im fz eintrittskarten für das arriba die
hatten immer bilder von nackten frauen für feste im frauencafe das homoriental und fmqueer und flyer vom orlando für
das lesbentutorium ... es waren auch sachen von regenbogenparaden und von regenbogenparadenvorfesten dabei
und wenn ich jetzt so denke merke ich dass die paradenvorbereitungen noch nie so spurlos an mir vorübergegangen
sind und ich noch nie so wenig vorparadengefühle hatte wie
in diesem jahr und nur weil ich gefragt wurde ob ich auf der
parade arbeiten kann weiß ich überhaupt wann sie ist ich
frag mich ob es den anderen auch so geht ich mein die mit
denen ich zum beispiel 1999 auf dem öh-wagen war sind die
auch so rausgefallen aus dem ganzen trubel oder ist nur mir
das passiert liegt es am alter gibt es so etwas wie einen generationenwechsel gab es nur schon zu viele für mich davon
dass ich nichts mehr davon wissen mag oder mag ich die parade als ganzes vielleicht gar nicht mehr vielleicht mag ich
paraden nicht mehr seit dem ich gay pride in san francisco
miterlebt habe und gesehen habe dass da nur noch diese
und die andere firma waren vielleicht mag ich lieber einen
dykemarch haben
juli august2006an.schläge 37
an.klang
Rückwärts in die Zukunft
Sonja Eismann und Ute Hölzl hören sich durch neue Platten,
die an die Vergangenheit anknüpfen.
ESG: „Keep on Moving”
Pipettes: „We are the Pipettes”
Justine Electra: „Soft Rock”
Yeah Yeah Yeahs: „Show Your Bones”
38 an.schlägejuli august2006
Hier kommt eine Platte, die unter allen Umständen unseren
Sommer vergolden wird: ESG,
die Godmothers des minimalistischen Funk-Punk, melden
sich zurück. „Keep on Moving“, das
nahtlos an das Comeback-Album von
2002 anknüpft, klingt so staubtrocken
funky und frisch, dass es kaum zu glauben ist, dass die Schwestern-Band
schon Ende der 1970er in der South Bronx
gegründet wurde – und seitdem immer
aktiv war. Dass die Aktivitäten der drei
Scroggins-Sisters, die mittlerweile von
zweien ihrer Töchter unterstützt werden, von der Öffentlichkeit lange Jahre
nicht wahr genommen wurden, lag
wohl daran, dass der perkussiv-treibende und bis aufs Minimum reduzierte
No-Wave-Stil der Ladies bis vor kurzem
einfach kein Forum mehr hatte. Doch
durch die kürzlich wieder erwachte Begeisterung für eine tanzbare, angefunkte Variante von Punk und Wave – die
natürlich hauptsächlich weißen Heteroboybands zugute kam – wurde man auf
einmal wieder auf die Band aufmerksam, die diesem Stil so maßgeblich ihr
Gesicht aufdrückte. Auf „Keep On Moving” bewegen sich die fünf Frauen in
ihrem eigenen stoisch-stampfenden
und dabei doch so mitreißenden Rhythmus aus Percussion, Bass, Gitarre und
sloganhaften, verknappt universalistischen Texten immer weiter nach vorne.
Das Eröffnungsstück „Purely Physical”
transportiert gerade durch seine Nackt-
heit zwischen Stimme und Beat eine sexuelle Aufladung, die Peaches nicht
schöner hinbekommen hätte – und
auch die restlichen Tracks bersten trotz
ihrer extrem sparsamen Instrumentierung fast vor Energie.
Extrem energetisch gehen auch
die drei Pipettes aus dem idyllischen
Brighton ihr erstes Album „We are the
Pipettes” an und schwimmen dabei
auf einer ganz anderen Retrowelle: mit
euphorischen Chorusgesängen, swingenden Orgeln, surfenden Gitarren,
kessen Handclaps und gepunkteten
Kleidern beschwören die drei Sängerinnen den Geist klassischer Girl Groups
aus den 1950er und 1960ern herauf.
Dass sie sich dabei inhaltlich eher dem
rotzigen Ethos von Punk als einem konservativen Sauberfrauenideal verbunden fühlen, merkt man spätestens an
den Texten. In „One Night Stand” verhöhnen sie genüsslich den lästigen
Klammeraffen, den sie aus einer Laune
heraus abgeschleppt haben: „I don’t
love you, I don’t want you, leave me alone, you are just a one night stand”. Das
hätten sich die Shangri-Las und die Ronettes damals leider nicht erlauben
können. Schade nur, dass die Musik der
Pipettes wieder von still im Hintergrund agierenden Männern gemacht
wird, aber trotzdem ist die mit süßen
Schleifchen verschnürte Dreistigkeit
sehr erfrischend.
Komplett selbst zusammen gebastelt ist dagegen die Musik der in Berlin
lebenden Australierin Justine Electra.
„Soft Rock” hat die an einem HippieMusik-College in der australischen Provinz ausgebildete Soundtüftlerin und
DJ ihre jahrelang ausgebrütete erste
Platte genannt, um damit einen ironischen Gegensatz zum häufig von Männern so geschätzten „harten” Rock zu
markieren. Die von folkigen Gitarren,
abseitigen Samples, Justines hauchzarter Stimme und großartigen Melodien
dominierte Platte lässt sich dabei absolut keinem Genre zuordnen – was nur
ihre Besonderheit unterstreicht. Denn
wieviele Musikerinnen können von sich
behaupten, fantastische Lieder in ihr Album zu integrieren, die sie schon als
Kind geschrieben haben?
Vom Soft Rock zum richtigen Rock.
Nach Sleater-Kinneys großartigem Album „The Woods” sind nun die Yeah
Yeah Yeahs nachgezogen: Mit „Show
Your Bones” zeigen die New YorkerInnen rund um Sängerin Karen O. wie
Rock’n’Roll-Explosionen im Jahre 2006
zu klingen haben: roh, rau und doch
voller Verletzlichkeit, Inbrunst und Gefühl. Wo „Fever To Tell” noch rotzig war,
ist „Show Your Bones” poppiger, hat
aber nichts von der Wucht und Energie
verloren, die das Debütalbum ausgezeichnet hat. Und wer auf derartige
Klänge steht: Magneta Lane und controller.controller, zwei Bands aus Kanada spielen zwar nicht ganz in der selben
Liga – mit ähnlichen Verzerrern aber auf
jeden Fall.
❚
lese.zeichen
„Wir haben nichts gegen ...
... Homosexualität, die sexuelle Orientierung ist keine politisch relevante Frage“
versichert Andreas Khol. Dass dem nicht so ist, zeigt Ulrike Repnik in ihrem Buch
zur Geschichte der Lesben- und Schwulenbewegung in Österreich auf.
Von Corinna Widhalm
Das Buch ist die überarbeitete
und aktualisierte Fassung ihrer
2003 an der Universität Wien
eingereichten und mit dem agpro-Förderpreis ausgezeichneten Diplomarbeit. Sie stellt die erste
umfassende Arbeit zur Lesben- und
Schwulenbewegung in Österreich, mit
dem Schwerpunkt auf Wien, dar. Neben
einem einleitenden theoretischen Teil
zu den wichtigsten Grundlagen und
Begriffen, geht Repnik zunächst auf die
diversen Diskriminierungsformen, Lesben und Schwule betreffend, ein. Beginnend bei Maria Theresia zeichnet sie die
österreichische Gesetzgebung nach, die
Lesben und Schwule bis heute diskriminiert und benachteiligt. So galt §129, der
Homosexualität mit ein bis fünf Jahren
schweren Kerker bestrafte, von 1852 bis
1971.
Den Hauptteil bildet die umfassende, historische Darstellung der Lesbenund Schwulenbewegung anhand der
einzelnen Organisationen und Institutionen. Zugleich arbeitet sie größere Zusammenhänge und Strukturen sowie
Entwicklungslinien heraus. Dabei bezieht die Autorin ihre Informationen neben literarischen Quellen vor allem aus
15 ExpertInneninterviews, die sie mit AktivistInnen der Bewegung führte.
Diese durch „Insider-Wissen“ vermittelten Einblicke in Strukturen und
Ereignisse der Schwulen- und Lesbenbewegung machen das Buch spannend
und lebendig.
Sichtweisen und Deutungsrahmen
werden offen gelegt, was Konflikte und
Kooperationen, Probleme und Lösungen
verständlicher und nachvollziehbarer
werden lässt.
Eine dieser Konfliktlinien gestaltete sich entlang radikaler Gesellschaftskritik und Bürgerrechtspolitik. Gerade
in der Anfangsphase der 1970er/80er
kam es immer wieder zu Auseinandersetzungen zwischen „bürgerlichen“
und „anarchistischen“ Lesben und
Schwulen. Forderten die einen gesellschaftliche Integration, wollten die
anderen die sexuelle Revolution und
eine „neue Liebesunordnung“. Dementsprechend reichten auch die politischen Mittel von Lobbying und PolitikerInnengesprächen bis hin zu Aktionismus und Provokation. Exemplarisch
sei die Störung des Neujahrskonzerts
durch zwei nackte Schwule genannt,
die ein Transparent mit „Menschenrechte für Schwule“ entrollten. Ziel
solcher Aktionen war vor allem das Erlangen von medialer Öffentlichkeit,
was in diesem Fall gelang, schafften
sie es doch auf das Titelblatt der Kronenzeitung.
Auch in der HOSI gab es unterschiedliche Vorstellungen, Mittel und
Ziele betreffend, mit der Zeit konnte
sich jedoch der gemäßigtere Flügel
durchsetzen. In Konkurrenz dazu standen die anarchistischen HausbesetzerInnen der RosaLilaVilla, „denen die HOSI einfach zu brav war“.
Unterschiedliche Positionen lassen
sich aber auch oft zwischen Schwulen
und (feministischen) Lesben ausmachen, was nicht zuletzt auf unterschiedliche Diskriminierungsformen zurückzuführen ist. Hier spielt Geschlecht eine
wichtige Rolle. Den Platz in schwul-lesbischen Gruppierungen, die zunächst
meist reine Männerorganisationen waren, mussten sich Lesben erst erkämpfen. Zumeist aus der Frauen- und Lesbenbewegung kommend, waren die
Zielsetzungen außerdem oft radikaler,
oder wie es eine Aktivistin ausdrückt:
„Abschaffung der Ehe statt die Homoschnitte vom Kuchen“.
Die Einschätzung der heutigen Situation fällt zwiespältig aus. Den politischen Erfolgen und der gestiegenen Offenheit und Vielfalt steht eine zunehmende Entpolitisierung und Kommerzialisierung der Szene gegenüber, die
von vielen kritisch betrachtet wird.
Grundlegende Gesellschaftsveränderungen werden nicht (mehr) gefordert.
Als besonders erfreulich ist noch
hervorzuheben, dass Ulrike Repnik es
schafft, ein Thema fundiert und reflektiert, d.h. wissenschaftlich zu behandeln, ohne sich dabei einer Sprache zu
bedienen, die akademisch ungeschulte
Menschen ausgrenzt. Klar und strukturiert leistet sie einen wichtigen Beitrag
zur Hör- und Sichtbarmachung jener
Kämpfe und Gruppen, die in der hegemonialen Geschichtsschreibung gerne
ausgeblendet bleiben.
❚
Ulrike Repnik: „Die Geschichte
der Lesben- und Schwulenbewegung in Österreich“
Milena Verlag 2006, 18,90 Euro
juli august2006an.schläge 39
lese.zeichen
Bildungsarbeit
Ziel dieses umfangreichen Lehrmittels
ist es, durch das Thematisieren von
Menschenrechten in Aus- und Weiterbildungen kulturelle Werte zu reflektieren, kritisches Denken zu fördern,
fassbare und weniger fassbare Diskriminierungsmuster sichtbar zu machen und damit Zivilcourage im beruflichen und persönlichen Alltag zu
fördern. Dazu werden Texte zu bestimmten Themenfeldern wie z.B. Diskriminierung, Identität, Migration
oder Gender zur Verfügung gestellt
und im Anschluss Anregungen für die
Arbeit mit den Texten gegeben. Fragen für Einzel- oder Gruppenarbeiten,
aber auch Vorschläge für Rollenspiele
sind nur einige der angeboten Möglichkeiten.
Ein sechzigseitiges Glossar mit Begriffen der intra- und interkulturellen
Beratungs-, Vermittlungs- und Sensibilisierungsarbeit runden das gelungene
Werk ebenso ab wie eine Literatur-,
Link- und Medienliste. Sehr geeignet
für jene, die in der Erwachsenenbildung bzw. in der Schule gerne mit Texten arbeiten.
und Jugend der Hauptperson, die die
ganze Erzählung hindurch namenlos
bleibt und so für viele Frauen stehen
könnte.
Aufgewachsen am Land erlebte
sie nur wenige schöne Momente. Zu
Hause als „bessere Dienstmagd“ behandelt wird sie von der Familie in Beruf und Ehe gezwungen. Jegliche
höhere Schulbildung bleibt dieser jungen, intelligenten Frau versagt, bis sie
sich schlussendlich doch aus diesem
Korsett befreien kann und zögerlich
aber doch ihren eigenen Weg beschreitet.
Die Autorin versteht es in höchstem Maße den Lebensweg einer jungen Frau zu schildern, dessen Dramatik
einem/einer erst dann richtig zugänglich wird, wenn man/frau bedenkt,
dass dies auch heute noch das Schicksal von aberhunderten Frauen in
Österreich sein könnte oder es oft sogar ist!
che Verachtung und die Gefahr der
Lächerlichkeit dazu. In acht Kapiteln
widmet sich Barbara Hodgsons Themen wie reiselogistische Bewältigungen, Geheimnisse der Harems oder
(Liebes-)Beziehungen zwischen den
Frauen und ihren männlichen Begleitern. Ein Schwall an Namen und Zitaten reisender Frauen wie Isabel Burton, Isabella Bird, Lady Hester Stanhope lässt die Aufbereitung des Buches
etwas chaotisch wirken und zwingt
beim Lesen häufig zum Pausieren.
Währenddessen kann frau ihre Augen
auf Urlaub in die zahlreichen Abbildungen schicken.
Ein ausgesprochen schön und liebevoll gestaltetes Buch, mit Fotos, Stichen und Gemälden in sehr guter
Druckqualität sowie einem vorbildlichem Literaturverzeichnis und Abbildungsnachweis. Ein (unfreiwilliges)
Nicht-Reisen lässt sich mit Barbara
Hodgsons Buch gut aushalten ...
Gabi Zehetner
Petra Öllinger
Andrea Starmayr: Schatten / Bilder
Barbara Hodgson: Die Wüste atmet Freiheit.
Arovell 2006, 10,- Euro
Reisende Frauen im Orient 1717 bis 1930.
Gerstenberg 2006, 24,70 Euro
Renate Tanzberger
All inclusive
Edith Tschopp, Eveline Wagen (Hg.): Verletzungen.
Ein Lehrmittel zum Nachschlagen über Menschenrechte,
Diskriminierung und Rassismen.
Rüegger 2006, 30,70 Euro
Ein Frauenschicksal
Andrea Starmayrs Buch „Schatten/Bilder“ ist die aufwühlende Geschichte
einer jungen Frau, die nach einem Beziehungsdrama im Wachkoma liegt.
Während ihr mühsamer Weg aus
selbigem erzählt wird, erfährt man
durch Rückblicke mehr über Kindheit
40 an.schlägejuli august2006
Wie langweilig muss das Reisen gewesen sein, als noch keine Hotel-Monster-Burgen, Buffet-Schlachten, Animationsprogramm und „Ausflüge ins Landesinnere“ – all inclusive – zur Verfügung gestanden haben. Ende des
Kalauers! Obwohl, ein bisschen all inclusive wurde jenen Frauen schon geboten, die sich beispielsweise zwischen 1717 und 1930 auf den Weg in
den Orient machten. Zu den vielen Unannehmlichkeiten, denen auch männliche Reisende unterlagen wie psychische und physische Strapazen, gesellten sich bei Frauen noch gesellschaftli-
48 Europäerinnen
Die Fotografin Bettina Flinter hat in
über sechs Jahren bedeutende Frauen
unseres Jahrhunderts besucht oder sie
bei ihrer Arbeit rund um den Globus
begleitet und porträtiert. Ein bunter
Band, der die Protagonistinnen recht
unvermittelt darstellt, ist daraus geworden. Inmitten ihrer Arbeit, in ihrem
persönlichen Reich, auf Reisen. Denkend, schreibend, handelnd, treffen wir
auf Nobelpreisträgerin Elfriede Jelinek,
Miep Gies, jene Frau, die die Familie
von Anne Frank vor den Nazis versteckt
hielt, Marion Dönhoff, deutsche Wider-
lese.zeichen
standskämpferin und Journalistin oder
Claudie Haignerè, die erste Frau im
Weltall, um nur einige zu nennen.
Das Buch ist ein Aufruf der Ermächtigung, es spiegeln sich der je
persönliche Erfolg europäischer Frauen auf ihren Wegen zu Einfluss,
Macht, oder einfach ihrer Berufung.
Viele der Bilder wirken schrill, konfrontativ. Es sind die Lebensgeschichten,
verfasst von Alice Schwarzer, die die
Grenzen der Fotographie auflösen.
Aus kleinen Ausschnitten werden jeweils größere, dieser mehr oder weniger berühmten Europäerinnen gezeichnet. Beim Blättern fallen die
Lücken auf die ein solches Projekt
zwangsläufig schafft. Es wäre wünschenswert die Liste um jene Frauen
zu erweitern, die jenseits europäischer
Grenzen und Normen ihren Weg gehen und ebenfalls längst Ikonen der
Frauenbewegung sind.
Bettina Surtmann
Bettina Flitner: Frauen mit Visionen.
48 Europäerinnen.
Kniesebeck 2006, 22,60 Euro
Botanisches und Liebesleben
„Eine junge Frau erholt sich nur mühsam von den Folgen einer gescheiterten Ehe“ – so der Klappentext, der die
Vermutung aufkommen lässt, solcherart Erzählungen schon x-mal gelesen
zu haben und x-mal darüber eingeschlafen zu sein. Den Klappentext ignorieren und wach bleiben lohnt sich
bei Keto von Waberer jedoch allemal.
Schon nach den ersten Sätzen kann
frau sich einer sprachlichen Sogwirkung nicht entziehen. Die Handlungen selbst sind auf den ersten Blick
unspektakulär – Beziehungen, Affären
zwischen Frauen und Männern sowie
Frauen und Frauen. Das „Reinziehen“
in die Texte gelingt durch den Zauber
von Kleinigkeiten, Details, Alltäglichkeiten, anhand derer sich die Qualität
menschlicher Kontakte herausschält:
„Er veränderte auch den Frühstückstisch, alles wurde seltsam fremdartig
und eigen durch ihn, die Teller, die
nicht zusammenpassten ...“ („Die
heimliche Wut der Pflanzen“). In der
Erzählung „Teresas Garten“ wird eben-
dieser in der Erinnerung zum Ort
kindlicher Verliebtheit, und der sommerlich heiße Geruch von Schnittlauch, Petersilie, Johannisbüschen und
des Gärtners Walters steigt einer in
die Nase. In „Das mit der Katze“ gelingt das Erinnern weniger gut, unmotivierte Zeitsprünge lassen den Text
mühsam lesen. Aber frau kann darüber hingwegspringen, hinein in die
Besonderheiten von „Blaupausen“
oder „Streifen“.
neu.land
Petra Öllinger
Keto von Waberer: Die heimliche Wut der Pflanzen.
Erzählungen.
Berliner Taschenbuch 2006, 9,90 Euro
hren
Ab 7 Ja
Mit silberblauem Fischschwanz
„Unglaublich! Ein Fischschwanz! Ihr
Fischschwanz! Sie war ein Meermädchen, ein richtiges. Sie tauchte unter Wasser und schwamm. Sie
schwamm, wie sie noch nie geschwommen war. Wenn sie ihre Arme
ausbreitete, war es wie fliegen. Sie flog
unter Wasser!“ Mare ist von diesem Ereignis immer noch ganz überwältigt.
Seit ihrem siebenten Geburtstag ist sie
nun ein Meermädchen, doch weder ihrer Mutter noch ihrem besten Freund
Sebas hat sie davon erzählt. Würden
sie ihr überhaupt glauben? Sie behält
ihr Geheimnis erst einmal für sich. Einfach ist das nicht. Nachts kitzelt es oft
so in ihren Beinen, dass sie unbedingt
in die Badewanne muss; natürlich
heimlich, hinter verschlossener Tür,
wenn ihre Mutter hoffentlich tief
schläft. Dort verwandeln sich ihre Beine in einen prächtigen silberblauen
Fischschwanz. Und wie soll sie sich
verhalten, wenn Sebas mit ihr zum
Weiher will, wenn ihre Klasse ins
Schwimmbad geht, wenn es plötzlich
anfängt zu regnen oder wenn ihr ein
Freund aus dem Meer zum Abendessen vorgesetzt wird? Mare muss viele
brenzlige Situationen meistern, bis ...,
ja bis ...? Doch das bleibt noch ein Geheimnis.
Svenja Häfner
Sabine Wisman: Ich bin ein Meermädchen
(aber das ist ein Geheimnis)
Tyma Kraitt
Willig oder nicht?
MigrantInnen haben es nicht immer sehr einfach in Österreich, schon gar nicht in Zeiten eines Wahlkampfes. Einmal
mehr stehen sie wieder im Mittelpunkt des öffentlichen
Blickes. So müssen sie ihre Identität rechtfertigen oder ihre
„Staatstreue“ unter Beweis stellen, um sich dem Misstrauen ihnen gegenüber zu entziehen. Wie sich oft zeigt, vergeblich. Mit Schuldzuweisungen wird nicht lange gewartet. Warum auch, schließlich liegt es doch auf der Hand. Es
ist der Mangel an Integrationswilligkeit, zumindest wenn
es nach der Frau Innenministerin geht. Was genau von MigrantInnen verweigert wird, bleibt unklar. Wenn von Integration gesprochen wird, verharrt das, was wirklich gemeint ist, oft im Dunkeln. Umso interessanter ist es jedoch
diese Debatte einfach umzudrehen und nach der Integrationswilligkeit der ÖsterreicherInnen zu fragen. Ist es nicht
verkürzt, sie einfach als Mehrheitsgesellschaft zusammenzufassen?
Eine gute Freundin hat sich entschlossen Österreich zu verlassen und nach Spanien auszuwandern. Wird sie darauf
angesprochen, weshalb es sie als gebürtige Vorarlbergerin
ins Ausland zieht, entgegnet sie nur ein kurz und bündiges
„ich pass nicht hierher“. Möglicherweise war sie nicht willig genug sich zu integrieren und verlässt als letzte Konsequenz das Land. Warum sollte eine Österreicherin auch per
se an Integration interessiert sein? An was soll sich mensch
denn überhaupt anpassen? An welche Gesellschaft, an welche Weltanschauung?
Bin ich „integrationsunwillig“, weil ich einer europäischen
Leitkultur kritisch gegenüber stehe, da ich keine bloß romantisierte Vorstellung von Aufklärung habe, sondern mit
europäischer Geschichte ebenso Jahrhunderte von Krieg,
Ausbeutung und Unterdrückung verbinde?
Ist es ebenso als Unwille zu betrachten, Österreichs Opferstatus angesichts der grausamen Verbrechen des Nationalsozialismus nicht anzuerkennen? Wenn dem so ist, ziehe
ich es doch vor diese „Integration“ zu verweigern.
Urachhaus 2006, 11,90 Euro
juli august2006an.schläge 41
Ein bunter Salon
Fo t o : M a n d a r i n a B ra u s e w e t t e r
ge.sehen
Zweifellos ist feministische Mediennutzung mittlerweile äußerst bunt. Ob sie aber auch
salonfähig ist, das verhandelte unter anderem das an.schläge Projekt „Feministische Strategien für Gegenöffentlichkeiten“ bei SOHO in Ottakring. Von Lea Susemichel
„Hello public“ stand bereits
auf der Wand des YppenplatzMarktcafés An-Do, das die
an.schläge zur Präsentation ihres
Projekts bei SOHO in Ottakring
gewählt hatten. Die Graffitikünstlerin
Mandarina Brausewetter sprühte dazu
den Satz „Die Straße ist mein Zuhause
ohne Ehemann, mein Arbeitsplatz ohne
Chef, mein bunter Salon...“ auf den Boden vor die beiden Eingänge. Er stammt
vom feministischen Kollektiv Mujeres
Creando, das seit 1992 seine feministischen Statements nicht nur mithilfe
von Street Art verkündet. Neben ihren
in den Straßen von La Paz verbreiteten
Graffitis sind einige der insgesamt 15
Frauen auch Theoretikerinnen und Akteurinnen bei Straßenperformances.
Darüber hinaus sind sie mit ihren Filmen und Fernsehsendungen bereits bis
ins bolivianische Fernsehen vorgedrungen. Aufgrund dieses feministischen
Medienmixes waren die Arbeiten der
bolivianischen Aktivistinnen auch wunderbar geeignet, um im Rahmen des
an.schläge-Projektes präsentiert zu werden. Direkt auf dem Marktplatz – als öffentlichem Ort par excellence – sollten
dabei verschiedene Mittel und Wege
vorgestellt werden, wie feministische
Forderungen und Inhalte medial Verbreitung finden können.
Street Art als eines dieser Mittel
und grundsätzlich egalitäre Ausdrucksform war dabei auch durch Brausewetters eigene Arbeiten repräsentiert. Die
Außenfassade des An-Do übersäte sie
mit fliegenden Schweinen samt einsa42 an.schlägejuli august2006
mer, gegen diese Übermacht nur mit einem Schmetterlingsnetz bewaffneter
Kämpferin. Im Innenraum war zudem eine Bilder-Bordüre ihrer nicht nur chauvinismuskritischen Motive zu sehen.
Mit dem Screening einiger „Acciones“ der Mujeres Creando waren nicht
allein Beispiele für politische Aktionsformen im öffentlichen Raum gegeben, als
Dokumentation dieser Aktionen stellten
sie zugleich feministische Film- und
Fernseharbeit aus. Diese war bei der
Ausstellung zudem durch die Vorführung von an.schläge-tv-Sendungen
vertreten sowie durch die Trickfilmdokumentation „Tetescha Us“ von Stefanie
Wuschitz. Wuschitz gelingt die Kommunikation der Anliegen palästinensischer
Mädchen ebenfalls durch die Kombination mehrerer Medien: Sie bearbeitete
filmisch die Zeichnungen, die von den
Mädchen während eines von ihr geleiteten Comicworkshops im Beddawi Camp
gemacht wurden.
Hatte das Projekt die Doppelfunktion, die Möglichkeit der Erzeugung feministischer Gegenöffentlichkeiten einerseits auszustellen, dadurch diese Öffentlichkeit aber anderseits auch selbst zu
schaffen, fragten zwei Diskussionsveranstaltungen zunächst nach den Bedingungen dieser Möglichkeit. Eine dieser
Bedingungen scheint für sämtliche Medien zu sein, dass ihre feministische Aneignung immer auch die Veränderung
der Medien, ihrer Konventionen und Traditionen selbst bedeuten muss.
Der Bruch mit bestimmten medialen Traditionen muss dabei selbst vor
scheinbar unverabschiedbaren Qualitätskriterien nicht haltmachen, wie
Gabi Horak, Redakteurin der an.schläge,
anmerkt. Feministische Zeitungsarbeit
hat der Scheinobjektivität von Maleund Mainstreammedien stets den Wert
feministischer Parteilichkeit und Kritik
entgegenzusetzen.
Rubia Salgado von MAIZ verglich in
ihrem Vortrag diese verändernde Aneignung bestehender Medien und Strategien mit der Anthropophagie, der Menschenfresserei, die MigrantInnen z. B.
mit dem Slogan „Austria we love you.
Wir werden dich nie verlassen“ angewandt haben. Angeeignet entlarvt dieser Slogan rassistischen Patriotismus, ist
zugleich aber auch mediale Selbstermächtigung.
Gegenöffentlichkeit schaffen bedeutet, außer medialer Sichtbarmachung marginalisierter Positionen, jedoch auch die Besetzung des konkreten
öffentlichen Raums. Auch diese Arbeit
leistet MAIZ seit einigen Jahren durch
„karthographische Eingriffe“, eine Art
emanzipatorische Stadtneuplanung.
Verbindendes Resümee dieser unterschiedlichen Positionen ist wohl, dass
der Feminismus für seine Zwecke sehr
erfolgreich Medienmasse, wenn auch
nicht die Massenmedien, erobert hat.
Aber das ist laut Helga Schwarzwald von
Orange 94.0 auch nicht weiter bedauerlich. Denn, wie sie mit Rekurs auf Hannah Arendt bemerkte, käme es schließlich auch hier auf die spezifische Qualität von Öffentlichkeit und nicht auf
Quantität an.
❚
an.künden
7.7., 20.00, Hamburg
Benefizkonzert zugunsten des Frauenmusikzentrum fm:z. Mit Constance
Mattheus und Ute Leuner. Ein BalanceAkt zwischen Temperament und Tiefsinn. Klassik, Pop und Jazz mischen
sich auf einmalige und fantasievolle
Weise
Frauenmusikzentrum, 22763 Hamburg,
Große Brunnenstr. 63a, www.frauenmusikzentrum.de, www.vertaerkerhamburg.de,
www.sistars.info,
www.KeineWeltohneMusik.de
13.-30.7., Niederösterreich
Glatt und verkehrt. Internationales
Musikfestival.
Diverse Orte, www.glattundverkehrt.at
5.8., 19.00, Wien
Femail latin Groove. Salsa, Rueda,
Merengue, Bachata, Mambo, Samba,
Rumba, Chacha
Café Standard, 5., Margaretenstr. 63,
Info: www.resisdanse.at
film
6.7.-20.8., 21.30, Wien
Kino unter Sternen. Open Air im
Augarten. Filme von Hellzapoppin´
bis Singin´ in the Rain in OF und OmU
Augarten, 20., Eingang Gaußplatz,
Info/Kartenreservierung: 0800/664 040,
www.kinountersternen.at,
Kosten: 7,50/6,50 Euro
7.7.-3.8., Wien
Identities Sommerkino
Filmcasino, 5., Margaretenstrasse 78,
Info: T. 01/581 39 00 10,
www.filmcasino.at
14.7., 22.00, Dornbirn
Open Air Kino. Sommer vorm Balkon
Spielboden, 6850 Dornbirn, Färberg. 15,
[email protected], T. 05572/21 933
14.7., 21.30, Wien
Volxkino: Die Syrische Braut. Von Eran
Riklis mit Haim Abbas, Clara Khoury
u.a. über Mona, die mit ihrer Familie
auf den Golanhöhen lebt und nach
Syrien heiratet. Deshalb wird sie nie
wieder israelischen Boden betreten
können...
Piazza Yppenmarkt, 16.,
Info: T. 0699/12 87 15 00,
www.volxkino.at, freier Eintritt
27.7.-20.8., Wien
Sommerkino im Augarten. Brennpunkt
Orient. Kino zwischen den Kulturen
Film Archiv Austria, 2.,
Obere Augartenstraße 1,
Info: www.filmarchiv.at
29.7., 21.30, Wien
Volxkino: Yasmin. Von Kenny Glenaan
mit Archie Panjabi, Renu Setna u.a.
Yasmin ist pakistanische Migrantin
der zweiten Generation. Die Antiterrormaßahmen nach dem 11. September 2001 radikalisieren die jungen
Muslime, verändern die Haltung von
Yasmins Freunden und Kollegen
Dornerplatz, 17., Info: T. 0699/12 87 15 00,
www.volxkino.at, Eintritt frei
t h e a te r . ka b a r e t t
18.7., 19.30 Wien
Der Weiberstammtisch – Maria Theresia goes Spittelberg. Ein neobarockes
Wiener Varieté mit Geräusch, Gesang
u. Geschmack. Mit Eva D., Susanne
Draxler, Christina Förster, Gerti Tröbinger und Herbert Tampier
Theater am Spittelberg, 7., Spittelbergg. 10,
Info: T. 01/526 13 85,
www.theateramspittelberg.at
s e m i n a r . w o rk s h o p
6.-8.7., Puchberg/Wels
Frauen.Arbeit.Migration. Unvermeidbar, unverzichtbar. Wer profitiert am
meisten davon? Referentinnen: Sarah
Bormann, Susanne Bertschi, Marta
Kindler, Doris Einwallner, u.a.
Schloss Puchberg, 4600 Wels, Info: LEFÖ, 5.,
Kettenbrückeng. 15/4, T. 01/58 11 881-12,
www.lefoe.at, Kosten: 190,- Euro inkl.
Unterkunft u. Verpflegung
6.7., 17-19.00, Graz
Selbsthilfegruppe Angst- und
Panikattacken
Fo t o : N i n i K r i e r
musik.tanz
Frauengesundheitszentrum, 8020 Graz,
Joanneumring 3, T. 0316/837 998
7.7., 18.00, Graz
Selbsthilfegruppe: Endometriose
Frauengesundheitszentrum, 8020 Graz,
Joanneumring 3, T. 0316/837 998
19.7., 15.30, Graz
Beratung Mammografie.
Mit Sylvia Groht Mas
Frauengesundheitszentrum,
8020 Graz, Joanneumring 3,
T. 0316/837 998
24.-26.7., 10-13.00, Wien
a) Satzpunktbeistrich – oder was?
Schreibworkshop für Mädchen
von 13-16 Jahren
Bruno Kreisky Forum, 19., Amrbrusterg. 15,
Anm.: Jugendinfo, 1., Babenbergerstr. 1,
T. 0664/111 46 16, mit Jugend in WienBon kostenlos
20.-26.8., St. Pölten
go4tech!-Sommercampus für junge
Frauen ab 16, um in technische Fachrichtungen der FH St. Pölten hinzuschnuppern
Fachhochschule St. Pölten,
3100 St. Pölten, Herzogenburger Straße 68,
Info: www.go4tech.at, T. 02742/313 228 602,
Anm. bis 14.7.
29.-30.8., Wien
Fotoworkshop Mädchen Blickwinkel.
Mit einer Kamera die umliegende Gegend unsicher machen und die Fotos
in der Dunkelkammer entwickeln.
Für 12-15-jährige Mädchen
Sprungbrett für Mädchen,
15., Pilgerimg. 22- 24/1/1, T. 01/789 45 45,
www.sprungbrett.or.at,
[email protected], Anm. erbeten, 29.8.: 11-16.00 u. 30.8.: 11-17.00
v o r t r a g . d i s ku s s i o n
5.7., 18.30-20.00, Graz
Supervisionsgruppe für Frauen in
belastenden Berufs- und Lebenssituationen
Palaver Connected, 8020 Graz,
Griesg. 8, Info: T. 0316/71 24 48,
[email protected]
15.7., 19.30 Wien
Tris - !Viva la revolucion! Mit Helga
Jud, Tanja Rainalter und Christina
Matuella. Geschichten ohne Worte
erzählt und mit Musik unterlegt.
Poetisch bis durchgeknallt.
14.-16.7., Hamburg
Zurück zur Natur! Zwischen Reifizierung und Dekonstruktion: transdisziplinäre Betrachtungen in der feministischen, poststrukturalistischen
Theorie und künstlerischen Praxis
Theater am Spittelberg, 7., Spittelbergg. 10,
Info: T. 01/526 13 85,
www.theateramspittelberg.at
Uni Hamburg, Info u. Anm. bis 10.7.:
http://www.genderstudies-hamburg.de/,
[email protected]
HörGang-SprachSpiel
Sprache. Spiel. Raum – die spielerische Kommunikation und Interaktion von sprachlichen Inhalten über Hörerlebnisse in gangbarem räumlichen Element. All das verspricht das „HörGang-SprachSpiel“. Das interaktive, begeh- und beschriftbare Objekt wird auf Initiative der Österreichischen DialektautorInnen (Ö.D.A.) und den ArchitektInnen von VAA, Susanne Veit und Oliver Aschenbrenner, in Wien aufgestellt.
Ein Literatur-Interaktions-Objekt, das erforscht werden will.
7.-23.7.: vor der Urania, 1., Uraniastr. 1; 28.7.-13.8.: im Museumsquartier, Innenhof, 7., Museumspl. 1;
Info unter: www.oeda.at, www.vaarchitekten.com
7.8., 20.00, Wien
Saure Gurkenzeit. Der Umgang von
JournalistInnen mit dem Thema
TransGender
Rosa Lila Villa, 6., Linke Wienzeile 102,
Clubraum 1. Stock, Info: www.transx.transgender.at, [email protected]
a u s s te l l u n g
bis 22.7., Wien
Regelei. Sind Ordnungssysteme möglich, die nicht auf Vorhersehbarkeit
und Berechenbarkeit ausgerichtet
sind, und damit auch nicht als Machtinstrument zur Verfügung stehen?
Wuk, 9., Währinger Str. 59/2/1,
www.kunsthalle.wuk.at
bis 23.7., Graz
Touch.Von Barbara Caspar. Mit unterschiedlichsten Medien werden kunstimmanente, psychologische sowie psychoanalytische, ökonomische und gesellschaftliche Referenzsysteme thematisiert
Neue Galerie am Landesmuseum
Joanneum, Studio, 8010 Graz, Sackstr. 16,
Di-So 10-18.00, Do 10-20.00, T. 0316/829 155
bis 30.7., Wien
Konfiguration III: Was aller Welt unmöglich scheint. Verborgene Geschichte/n – remapping Mozart. Wie haben
sich Schwarze Männer und Frauen im
Wien des 18. Jahrhunderts behauptet?
bis 1.10., Wien
Kinetismus. Wien entdeckt die Avantgarde. Es waren vor allem enthusiastische junge Frauen, die von 1918 an in
der Laboratmosphäre von Franz Cizeks
Kurs für „Ornamentale Formenlehre“
nach einem neuen künstlerischen
Ausdruck suchten
Wien Museum, 4., Karlsplatz, 1. Og.,
T. 01/505 87 47-0, www.wienmuseum.at,
Di-So 9-18.00
bis 1.10., Wien
Why Pictures Now. Fotografie, Film,
Video heute
Museum Moderner Kunst, 7., Museumspl. 1,
[email protected], www.mumok.at
bis 2.10., Wien
Körper, Gesicht und Seele. Bilder von
Frauen vom 16. bis 21. Jahrhundert
Leopoldmuseum, 7., Museumsplatz 1,
www.leopoldmuseum.org, Fr-Mo 10-18.00,
Do 10-21.00, Di geschlossen
bis 5.11., Linz
Lentos. Ein gemeinsamer Ort – Skulpturen, Plastiken, Objekte
Lentos Kunstmuseum Linz, 4020 Linz,
Ernst-Koref-Promenade 1, T. 0732/70703614, www.lentos.at, [email protected],
Kosten: 6,50/4,50 Euro
bis 20.8., Innsbruck
Isa Genzken. Austellung in der Galerie
im Taxispalais
7.7.-15.10, Wien
Seek the extremes, that’s where all the
action is. Völlig unterschiedlich in ihrer
künstlerischen Auffassung manifestieren Dorothy Iannone (*1933) und Lee
Lozano (1930-1999) einen radikalen
Stil, der zeichnerischen, manchmal
comic-artigen Gestus mit Text und
Wortwitz kombiniert
Galerie im Taxispalais, 6020 Innsbruck,
Maria-Theresian-Str. 45, T. 0512/508-3170,
[email protected]
Kunsthalle Wien, 7., Museumsplatz 1,
T. 01/521 89-33, Kosten: 6,-/4,50 Euro,
Fr-Mi 10-19.00, Do 10-22.00
Kuffner Sternwarte, 16., Johann Staud Str. 10,
www.wienmozart2006.at
13.7.-7.9., Hittisau
Philosophinnen – Liebhaberinnen
der Weisheit
Frauenmuseum, 6952 Hittisau, Platz 501,
Info: T. 05513/6209-30, www.frauenmuseum.com, Do 19-21.00, Fr u. Sa 16-18.00,
So 14-18.00
27.7.-30.7., Wien
Heute kein Evidezproblem. Junge
Österreichische Positionen kuratiert
von Eva Schlegel
WestLicht. Schauplatz für Fotografie, 7.,
Westbahnstr. 40, T. 01/522 66 36,
www.westlicht.com, Di-Fr 14-19.00,
Do 14-23.00, Sa, So u. Feiertag 11-19.00,
Mo geschlossen
lesung
20.7., 17.00, Wien
die 350. Widerstandslesung
Am Ballhausplatz
a k t i v i t ä te n
10.-21.7., Wien
Malworkshops für Kinder von 7 bis 12
mit der Künstlerin Elisabeth Lorenz
Im Atelier der Künstlerin, 21., Leuchsweg 7,
10-14. u. 17.-21.7. jeweils 13-16.00, max. 10
TeilnehmerInnen, Kosten: 12,- Euro/Tag inkl.
Material u. Getränke, Anm. unter
T. 01/25 93 955 (Malerkittel mitbringen)
13.7.-7.9., Hittisau
Wieso, warum, weshalb? Erlebnisvormittag für Kinder im Frauenmuseum Hittisau
Frauenmuseum, 6952 Hittisau, Platz 501,
jeweils Do 9-11.00, Info u. Anm.:
T. 05513/6209-50 (Anm. bis zum Vortag
17.00), www.frauenmuseum.com
juli august2006an.schläge 43
an.künden
18.8., 19.00, Linz
Grillfest mit Grillmeisterin Charly
Innenhof des Autonomes Frauenzentrum,
4020 Linz, Humboldtst. 43,
www.frauenzentrum.at, Grillwaren
bitte selbst mitbringen
28.8.-1.9., Wien
Xtra für Mädchen. Mädchenaktionstage
an mehren Locations, Info und Programm
unter: T. 01/4000-84 355, www.wienxtra.at
f i x te r m i n
Montag
Diskuthek im Frauencafé
Autonomes Frauenzentrum, 4020 Linz,
Humboldtstr. 43, T. 0732/602 200,
www.frauenzentrum.at, jeden 1. Mo 18-22.00
Frauencafé der Frauengruppe ABRAXA
Frauencafè
4060 Wels, Spitalhof 3, T. 07242/556 40,
[email protected], jeden Di 14-18.00
Linzer Frauengesundheitszentrum, 4020
Linz, Kaplanhofstr. 1, T. 0732/77 44 60,
www.fgz-linz.at, jeden Mi von
16.30-18.00, kostenlos
Welser Runde – Lesben-, Bi- und
Schwulen-Treff
Café-Music Pub Urstein, 4600 Wels,
Ringstr. 15, jeden Di ab 20.00
Selbsthilfegruppe „Überlebt“ für
Frauen mit sexuellen Missbrauchserfahrungen
SHG 1 im Frauennotruf, 5020 Salzburg,
Haydnstr. 2, wöchentlich jeden Di von
18-19.30; SHG 2 14-tägiges Treffen,
Di von 19.30-21.30, T. 0664/82 84 263,
[email protected], Anmeldung erforderlich, kostenlos, www.akzente.net/
make_it/folder_frauen_shg.pdf
Frauencafé
Dick und Fit – Sport, Spiel und Körperspaß. Mit Karin Weingartmann
Autonomes Frauenzentrum, 4020 Linz,
Humboldtstr. 43, T. 0732/602 200,
www.frauenzentrum.at,
jeden Mo 18-22.00
Volksschule, 8010 Graz, Brockmanng. 119,
www.fgz.co.at/dick.htm, Anmeldung unter
T. 0316/837 998, Di 19-21.00, Kosten: 102,Euro für 17 Abende
„Dykes on bikes“ Stammtisch.
Der Motorradclub für Lesben
Selbsthilfegruppe „Wenn Frauen
zu sehr lieben“
7Stern Bräu, 7., Siebensterng. 19,
[email protected], www.dykesonbikes.at, jeden 2. Mo
Frauenservice, 8020 Graz, Idlhofg. 20,
T. 0316/716 02 20, [email protected],
jeden Di 19.30-21.00
Encounter-Gruppe für Lesben und
Frauen, die sich da nicht so sicher
sind. Mit Sabine Fabach
(Psychotherapeutin)
Babykino. Für Mütter und Väter mit
Babys ein Film aus dem aktuellen Angebot, bei dem Kleinstkinder in den
Kinosaal mitgenommen werden können
Institut Frauensache, 15., Reindorfg. 29,
T. 01/89 58 440, [email protected],
www.frauensache.at, Anm. erforderlich,
Kosten: 21,- Euro jeden 2. u. 4. Mo
19.30-21.00
Votivkino, 9., Währinger Str. 12, T. 01/317 35 71,
www.votivkino.at/1program/babyprog.htm
jeden 2. Di ab 11.00
Freizeittreffpunkt des Rechtskomitees Lambda für politisch und
rechtlich interessierte Schwule
und Lesben
Grüne, 7., Lindeng. 40, [email protected],
jeden letzten Di um 18.30
X-Bar, 6., Mariahilferstr. 45/Raimundpassage 2, [email protected],
www.rklambda.at, jeden 1. Mo
Autonomes Frauenzentrum, 9.,
Währingerstr. 59/6/2, T. 01/545 43 93
„Zwischen den Welten“ – Mamazonen. Erfahrungsaustausch für
lesbische [Co]Mütter
Institut Frauensache, 15., Reindorfg. 29.
T. 01/89 58 440, [email protected],
www.frauensache.at, Anmeldung
erforderlich, Kosten: 3,60 Euro,
jeden 1. Mo 19.30-21.00
First love. Anonyme Sexualberatung
für Jugendliche zwischen 12 u. 19
Rudolfstiftung, Schwangeren Ambulanz,
3., Juchg. 25/1. Stock, jeden Mo u. Mi
14-18.00
Dienstag
Frauenlaufgruppe Hollabrunn.
Mit Sylvia Möstl
Treffpunkt: Parkplatz des ATSV,
2020 Hollabrunn, jeden Di 9.00
44 an.schlägejuli august2006
Frauenplenum der Grünen Alternativen Jugend
Modern-Afro-Latin-Dance für Frauen
aller Altersgruppen
Offenes Atelier für Frauen. Mit Kunsttherapeutin Anna Rakos
Transgender-Treff
HOSI Vereinszentrum, 5020 Salzburg,
Müllner Hauptstr. 11, T. 0662/435 927-27,
www.hosi.or.at, jeden 2. und 4. Mi ab 20.00
Deutsch Konversation
Frauen aller Länder-Café, 6020 Innsbruck,
Schöpfstr. 4, T. 0512/564 778,
jeden Mi von 14-18.00
Vereinscafé Anchorage. Das Café der
erfüllbaren Wünsche: Offen für alle
Frauen und Lesben
Autonomes FrauenLesbenzentrum, 6020
Innsbruck, Liebeneggstr. 15, T. 0512/580 839,
[email protected],
www.frauenlesbenzentrum.at,
jeden Mi und Fr ab 20.30
Gesprächsgruppe für Frauen mit
sexuellen Gewalterfahrungen.
Mit Bettina Reinisch
Räumlichkeiten des Notrufs, 17.,
Telefonische Anmeldung: T. 01/523 22 22,
www.frauenweb.at/notruf, Dauer: 7
Abende, 14-tägig, Kosten: 20,- Euro/Termin
Sappho – Selbsterfahrungsgruppe
für lesbische und bisexuelle Frauen.
Mit Christine Swarowsky
Beratungsstelle Courage, 6., Windmühlgasse 15/1/7, T. 01/585 69 66, [email protected], www.courageberatung.at, Kosten: 48,- Euro/Abend,
kostenloses Vorgespräch erforderlich
14-tägig, Mi 18.30-22.00
Donnerstag
HelpChat „Halt der Gewalt“
Der Helpchat www.haltdergewalt.at
bietet anonyme Hilfestellung,
jeden Do 20-23.00
Mach dir ein Bild... Portraitzeichnen,
Portraitmalen. Für Mädchen und Frauen mit Lust und Freude am Gestalten
Offenes Atelier funkundküste, 3504 Krems/
Stein, Steiner Landstr. 14, T. 02732/823 62,
Kosten (inkl. Material): 13,- Euro,
jeden 3. Do 18-20.00
Regenbogenstammtisch Vöcklabruck
Die Grünen Andersrum OÖ – Lesben,
Schwule u. TG-Personen Treffen
Grünes Haus, 4040 Linz, Landgutstr. 17,
Sozialraum, jeden 1. Fr ab 19.00
Linzer Gehörlosen Lesben-SchwulenBi Stammtisch
Coffee Corner, 4020 Linz, Bethlehemstr. 30,
SMS unter 0664/380 70 42, jeden 1. Fr
Welser Frauen-Stammtisch –
gemütlicher Frauentreffpunkt
Schubert-Stüberl, 4600 Wels, Schubertstr. 13,
jeden 1. u. 3. Fr ab 20.00
Frauencafé der Rosa-Lila-Pantherinnen – der Abend für Lesben und
Freundinnen
Feel Free, 8010 Graz, Rapoldg. 24,
Info unter www.rlp.homo.at/frauencafe,
T. 0316/366 601, Fr 19-23.00
Vereinscafé Anchorage. Das Café der
erfüllbaren Wünsche. Offen für alle
Frauen und Lesben
Autonomes FrauenLesbenzentrum, 6020
Innsbruck, Liebeneggstr. 15, T. 0512/580 839,
[email protected], www.frauenlesbenzentrum.at, jeden Mi und Fr
ab 20.30
Lesbenabend
HOSI-Zentrum, 2., Novarag. 40,
T. 01/216 66 04, www.hosiwien.at,
jeden Mi ab 19.00
HOSI Vereinszentrum, 5020 Salzburg,
Müllner Hauptstr. 11, T. 0662/43 59 27-27,
www.hosi.or.at, jeden 1. u. 3. Do ab 19.00
Morgengruppe „Carpe diem“ –
Körpertherapeutisch orientierte
Jahresgruppe für Frauen.
Mit Renate Frotzler-Dittrich
Salone de Femme
2 Stein, 5020 Salzburg, Giselakai 9/1,
ab 18.00
Verein „Frauen beraten Frauen“, 6., Lehárgasse 9/2/17, Einstieg jederzeit möglich,
Voranm.: T. 01/587 67 50, Kosten: 11,- Euro,
jeden Mi 9-10.30
Offener Abend
Resis.danse. FrauenTanzClub.
Tanzabend
Hosi-Lokal, 6020 Innsbruck, Innrain 100,
www.queertirol.com, T. 0512/562 403,
jeden Do 20.30
Café Standard, 5., Margaretenstr. 63,
Infos: www.resisdanse.at, jeden Mi und
Fr ab 21.00
Mahnwache und Speakerscorner
gegen Schwarzorange
First love. Anonyme Sexualberatung
für Jugendliche zwischen 12 u. 19
Treffpunkt vor dem Kanzleramt zwischen
20.00 und 20.15, jeden Do
Donauspital SMZ-Ost, Gyn. Ambulanz, 22.,
Langobardenstr. 122, jeden Fr 16-19.00
Selbsterfahrungsgruppe für Frauen,
Lesben, Mädchen! Mit Barbara Tiwari
(Psychotherapeutin iA)
Queerulantinnen, die neue Unigruppe. Anlaufstelle für Lesben, Feministinnen, Freizeitphilosophinnen u.
andere blümerante Identitäten
Offene Frauengruppe
Kontaktstelle für Alleinerzieherinnen, 1.,
Stephanspl. 6/V/30, Anm. Frauen beraten
Frauen, T. 01/587 67 50, jeden 1. u. 3. Mi
18-20.00
Jugendzentrum Agathon, 3002 Purkersdorf, Kaiser-Josef-Str. 49, Kontakt:
Ulrike Putz-Alb, T. 0664/191 61 20,
jeden 1. Mi ab 19.30
Café Sax, 4020 Linz, Klammstraße,
www.hosilinz.at, jeden 3. Fr ab 20.00
1. Linzer Lesbenstammtisch
Lesbengruppe
ViennaMix. Verein von und für
les.bi.schwul.transgender MigrantInnen in Wien
Frauencafé
Café Standard, 5., Margaretenstr. 63,
Infos: www.resisdanse.at, jeden Mi und
Fr ab 21.00
PAHO-Halle, 10., Jura Soyfer G. 3,
Garderobe 2, aufschlag.gay.or.at, 19.30-21.30
Lesben-Fußballgruppe AufschlagBALLerinas
Familienberatungsstelle, 6., Kaunitzg. 33/8,
T. 01/581 09 60, www.le-kri.at, Kosten: 1,50
Euro, keine Anm. erf., Kekse/Tee willkommen, jeden Mi 18-20.00
Mittwoch
Freitag
Restaurant „Zur Brücke“,
4840 Vöcklabruck, Vorstadt 8,
www.hosilinz.at/gruppen/hosi_regenbogenstammtisch.html,
jeden Do ab 20.00
Atelier, 18., Anastasius Grüng. 14,
Info und Anmeldung: T. 0676/963 43 26,
www.kunsttherapie-atelier.at, Kosten: 20,Euro/Abend (Material inbegriffen),
jeden 1. Mi u. jeden 3. Di im Monat,
jeweils von 18.30-21.00
Marea Alta-Keller, 6., Gumpendorferstr. 28,
jeden 2. Di ab 20.00
Resis.danse. FrauenTanzClub.
Tanzabend
Offene Gruppe für Alleinerzieherinnen
und Frauen in Trennungssituationen
Offenes Atelier für Frauen. Mit Kunsttherapeutin Anna Rakos
Atelier, 18., Anastasius Grüng. 14, Info
und Anmeldung: T. 0676/963 43 26,
www.kunsttherapie-atelier.at, Kosten: 20,Euro/Abend (Material inbegriffen), jeden
1. Mi und 3. Di, jeweils von 18.30-21.00
Praxis: 9., Gussenbauerg. 1/8, Anmeldung
erforderlich! T. 01/283 24 90, Infos:
http.://fachfrauen.wolfsmutter.com/392,
Kosten: 17,- Euro, jeden Do 18-19.30
Selbsthilfegruppe Anonyme
Ess-Süchtige
7., Stiftg. 8, T. 0676/7879144,
jeden Do 19.00
Treffen der „Jungen Herzen“
Hosi Wien, 2., Novarag. 40,
jeden Do ab 19.00
g.spot for queers to check in &
freak out
Subzero, 7., Siebensterng. 27,
jeden 1. Fr ab 22.00
Offenes Treffen feministischer
Migrantinnen
Café Längenfeld, 12., Längenfeldg. 8,
jeden 1. Fr
Gewi, Altes AKH, 9., Spitalg. 2-4,
[email protected], jeden Fr 19.30
Samstag
Frauenstammtisch – Treffen für
Lesben, bisexuelle und transgender
Frauen und Freundinnen
Lilith Frauencafe, 3504 Krems/Stein,
Steiner Landstr. 76, T. 02732/855 55,
www.stammtischkrems.info/Frauen/Lilith,
jeden 3. Sa ab 16.00
an.künden
Fo t o : I s a G e n z k e n : K i n d e r f i l m e n ( I n s t a l l a t i o n s a n s i c h t G a l e r i e D a n i e l B u c h h o l z
Mostviertel Andersrum.
Lesbisch/schwules Treffen
Infos: [email protected],
T. for girls 0664/655 46 94,
jeden 1. Sa
Homoriental. Der multikulturelle Club
für ein lesbisch/schwules/queeres
Publikum und FreundInnen
Klub Ost, 4., Schwindg. 1, www.ost-klub.at,
[email protected], Eintritt: 7,- Euro,
jeden 2. Sa ab 22.00
Orlando-Party
Club Anderwelt, 6., Theobaldg. 10,
jeden 2. Sa ab 22.00
Sonntag
HOSI Sonntagsbrunch
Café Steinschlag, 5020 Salzburg, Glockengasse 4, Frühstücksbuffet und Kaffee/Tee,
Kosten: 7,-/5,- Euro (HOSI Mitglieder),
jeden 3. So ab 11.00
Sonntagsfrühstück. Für Lesben und
interessierte Frauen
Frauengetriebe, 6900 Bregenz, Schillerstr. 2,
T. 05574/455 38, [email protected],
jeden 1. So ab 10.30
Frauenbadefreuden
Badehaus Sargfabrik, 14., Goldschlagstr. 169,
www.sargfabrik.at, Kosten: 14,- Euro, Anm.
bis jeweils Sa unter [email protected] oder
T. 01/988 98-214, jeden 3. So 16-20.00
Weiber-Frühstück: Videos, Diskussion,
Provokation, feministische Literatur,
veganes Buffet
E.K.H., 10., Wielandg. 2-4, jeden 1. So
Isa Genzken
Nach Vereinbarung
Aus.Weg. Beim nächsten Mal wird
alles anders? Beratung und Mediation
für Lesben und Schwule
aus.weg. D-80469 München, Baaderstr. 36/4,
Infos: 0049-1520/299 11 43,
[email protected], www.aus-weg.de
Frauenberatung
Verein Frauen für Frauen Burgenland,
7400 Oberwart, Spitalg. 5, T. 03352/338 55;
7540 Güssing, Hauptstr. 26, T. 03322/430 01
Das umfangreiche Werk der zeitgenössischen Künstlerin umfasst Skulpturen, Installationen, Fotos, Collagen und
Filme. Es lotet den Zwischenraum von öffentlicher Behauptung und privater künstlerischer Autonomie aus und
definiert damit eine Schnittstelle, an der das Persönliche und das Universelle aufeinander treffen. Formal und
konzeptuell strenge Ausgangspositionen löst Isa Genzken mit einer uneingeschränkten Freiheit auf, woraus Arbeiten resultieren, die auf ganz verschiedenen Ebenen les- und erlebbar sind.
6.7.-10.9., Secession, 1., Friedrichstr. 12, T. 01/587 53 07, www.secession.at
Schwangerschaftstest zum Selbstkostenpreis (1,50 Euro), Infos zu
Schwangerschaftshilfen und/oder
Schwangerschaftsabbruch
Einzelberatung für Frauen in Krisensituationen
Frauengesundheitszentrum, 8010 Graz,
Joanneumring 3, T. 0316/837 998,
www.fgz.co.at, Mo-Mi u. Fr 9-13.00,
Do 15-19.00
Help – Schnelle Hilfe für junge Leute –
Alles muss man nicht alleine schaffen! Mit Martina Nöster (Kinder- u.
Jugendpsychologin)
Verhütungsberatung für Mädchen
und junge Frauen. Mit Monika Vucsak
F.E.M., 18., Bastieng. 36-38,
T. 01/476 15-5772, kostenlos
Beratung, Gruppen, Kurse, Vorträge
für Frauen. Auch muttersprachliche
Beratung
Frauengesundheitszentrum, 8010 Graz,
Joanneumring 3, T. 0316/837 998,
Anmeldung erforderlich, www.fgz.co.at
Körper(Wohl-)Gefühle – Lerne, dich in
deinem Körper wohl zu fühlen. Mit
Martina Rainer (Shiatsu-Praktikerin)
Wendepunkt, 2700 Wr. Neustadt, Raug. 16,
T. 02622/825 96, Mo, Do, Fr 9-12.00,
Di 17-19.00
abz.get ready. Die Beratungsstelle für
junge schwangere Frauen und junge
Frauen mit Kind
Maiz – Autonomes Integrationszentrum von & für Migrantinnen
abz.austria, 8., Wickenburgg. 26/5, T. 0699/
166 70 318, [email protected],
www.abzaustria.at, Mo-Do 9-16.00, Fr 912.00, Terminvereinbarung erforderlich!
Frauenleserunde
Literaturhaus Mattersburg, 7210,
Wulkalände 2, Infos: T. 02626/677 10
Psychologische, juristische und
arbeitsmarktpolitische Beratung
sowie Sozialberatung für Frauen
Die Tür – Frauenservicestelle, 7210 Mattersburg, Brunnenpl. 3/2, T. 02626/626 70,
7000 Eisenstadt, Joachimstr. 11/2,
T. 02682/661 24
Maiz, 4020 Linz, Hofg. 11, T. 0732/77 60 70,
[email protected], www.servus.at/maiz,
Mo u. Do 10-16.00, Di u. Mi 10-14.00
Beratung im Schwangerschaftskonflikt, bei Verhütungsfragen und
Essstörungen
ISIS, 5020 Salzburg, Willibald Hauthalerstraße 12, T. 0662/442 255, kostenlos
Hotline Essstörungen des Frauengesundheitszentrums Graz
Telefon zum Ortstarif: T. 0810/810 400,
Mo u. Fr 10-12.00; Di u. Mi 9-12.00, Do
16-19.00
Patchwork-Familien-Service.
Mit Margit Picher
Frauengesundheitszentrum, 8010 Graz,
Joanneumring 3, T. 0664/231 14 99,
Anmeldung erforderlich,
Kosten: 5,-/10,- Euro
Beratung, Kurse, Information für
geistig oder mehrfach behinderte
Frauen und ihre Angehörigen
Verein Ninlil, 3., Untere Weißgerberstr. 41,
T. 01/714 39 39
Bright Future für Frauen und
Mädchen. 1. Beratungsstelle für
FGM (female genital mutilation) und
Frauengesundheit
Bright Future, Afro-Asiatisches Institut, 9.,
Türkenstraße 3, T. 01/319 26 93, Mo-Fr 917.00, Terminvereinbarung erforderlich!
Anm.: F.E.M., 18., Bastieng. 36-38, T. 01/476 155771, Erstgespräch kostenlos!
F.E.M., 18., Bastieng. 36-38,
T. 0650/777 99 47, Kosten: 35,- Euro
Mädchenworkshop: Besuch bei der
Frauenärztin. Mit Gabriele Knappitsch
Anm.: F.E.M., 18., Bastieng. 36-38,
T. 01/476 15-5771
Medizinische Sprechstunde für
Mädchen und Frauen mit Essstörungen
Anm.: F.E.M., 18., Bastieng. 36-38,
T. 01/476 15-57 71
Progressive Muskelentspannung.
Mit Petra Öllinger
6 Abende, Infos: T. 01/597 75 54,
[email protected],
www.petra-oellinger.at, nach
Vereinbarung zwischen 18.30-20.00
Coming Out Gruppe
Sexualberatung – Was Sie schon
lange oder gerade jetzt dringend
besprechen wollten. Mit Julia
Kastenhuber (Psychologin)
Lila Tip, 6., Linke Wienzeile 102,
T. 01/586 8150, www.villa.at/lilatip/modules/news/, Anm.: Mi 17-20.00
F.E.M., 18., Bastieng. 36-38, T. 01/476 15-57 71,
Erstgespräch kostenlos, Kosten für 4 weitere Gespräche: 10,- Euro
r a d i o . f i x te r m i n
Mo 18.00-19.00
Khorschid Khanum – die persischsprachige Frauensendung
Orange 94.00 MHz (Telekabel Wien 92.7),
jeden 1. Mo
Di 13.00-14.00
Globale Dialoge. Woman on air.
Weibliche Realitäten in den Ländern
des „Südens“
Orange 94.00 MHz
Mi 18.00-18.30
Frauenzimmer. Die Plattform für eine
frauenspezifische Information
Freies Radio Salzburg, FM 94.00 MHz
Mi 17.00-18.00
femme totale – feminist.Radioprogramm
Radio Helsinki, 92.60 MHz (Graz)
Mi 18.00-19.00
Abwechselnd: Orangina – Fanzine
zu Mädchennetzwerken in der Subkultur/ Bauch, Bein, Po – Die Sendung
für die ganze Frau
Orange 94.00 MHz
Do 18.00-19.00
HOSI Lesbenradio
Orange 94.00 MHz, jeden 1. Do
Fr 19.00-20.00
Space FEM FM Frauenradio
Radio FRO. 105.00 MHz in Linz,
jeden 1., 3. u. 4. Fr
Fr 18.00-19.00
Abwechselnd: Dyketime – Radiomagazin für Lesben/Frauenforum
Radio Helsinki, 92.60 MHz (Graz)
Fr 18.00-19.00
Radio UFF. Sendung des Unabhängigen Frauen-Forums
Orange 94.00 MHz, jeden 1. Fr
Sa 13.00-14.00
Rainbow City-Radio für Lesben und
Schwule. Livestream:
www.radiorainbowcity.de
UKW 97.20 und Kabel 92.60 (Berlin)
tanz.fest
8.7., 15-22.00, Wien
Ein Familienfest. Mit Pepe Cuba u.
Band, Luis Parra´s Pachamanka,
Zirkuskunst mit Schnur u. Strax,
Schminkecke u.v.m.
Theater am Spittelberg, 7.,
Spittelbergg. 10, Info: T. 01/526 13 85,
www.theateramspittelberg.at
21.7., 21.00, Dornbirn
Summerparty mit Sax & Krime
und Fokuhila
Spielboden, 6850 Dornbirn, Färberg. 15,
[email protected],
T. 05572/21 933
28.7.-6.8., Wien
Afrika Tage Wien. Open Air Konzerte
mit traditioneller und moderner afrikanischer Musik, Kunsthandwerk,
Trommel- und Tanzworkshops, Kinderprogramm mit Geschichtenerzählern, Bastel- und Spielecke
Donauinsel Floridsdorfer Brücke, Mo-Fr 1424.00, Sa u. So 11-24.00, www.afrikatage.at/seiten/w_programm.htm,
Kosten: Festivalkarte 15,- Euro,
Tageskarte 5,-/3,- Euro
juli august2006an.schläge 45
an.künden
aus.blick
Frauentreff Rohrbach, 4150 Rohrbach,
Stadtplatz 16, Info: www.frauentreff-rohrbach.at
bis 1.9., Wien
10. Wiener Video- und Filmtage.
Vom 4.-8.10. 2006 bietet das wienXtra-medienzentrum jungen Kreativen
bis 22 Jahren die Möglichkeit eigene
Produktionen auf großer Kinoleinwand zu zeigen. Einsendeschluß
ist der 1.9.
wienXtra-cinemagic, 1., Friedrichstr.4,
Eintritt frei, Info: medienzentrum, 7.,
Zieglerg. 49, T. 01/4000 83 444,
www.videoundfilmtage.at,
[email protected]
Fo t o : J a n n e M o e l l e r- H a n s e n
bis 15.10., Salzburg
Marie-Andeßner-Stipendien. Vergeben werden 1 Habilitationsstipendium, 2 Dissertationsstipendien und 2
Preise für Diplomarbeiten von Studentinnen der Naturwissenschaftlichen Fakultät
BdR – Universität Salzburg, gendup –
Zentrum für Gender Studies und
Frauenförderung, 5020 Salzburg,
Kaigasse 17, Info: 0662/8044-2522,
www.uni-salzburg.at/gendup
Frauen Musik Festival
Von 28. bis 30. Juli findet im Hunsrück, nahe Rheinböllen in Deutschland, das 9. Interkulturelle Frauenmusikfestival statt. Unter den internationalen Musikacts sind u.a. das Verónica González-Frauentrio, Suden Aika (zu deutsch: Zeit der Wölfe), die Frauenband
Iva Nova aus St. Petersburg oder die norwegisch-jüdische Schauspielerin und Sängerin Bente Kahan (Foto)
zu finden. Außerdem gibt es eine offene Bühne für
Musikbeiträge für alle Frauen, die sich noch vor Festivalbeginn anmelden.
Umrahmt ist das Musikprogramm von Workshops,
Kunsthandwerk-Ausstellungen und vegetarischer
Küche. Es verspricht ein fröhliches, kreatives, kommunikatives und entspanntes Wochenende zu werden.
28.-30.7, im Hunsrück, Info: T. 0049-67 63/96 03 23
(Mi 18-20.00), kostenlos für Mädchen bis 15 und Assistentinnen von Frauen mit Behinderung, Tickets können auch durch
stundenweise Mithilfe erarbeitet werden. Karten: zwischen
15,- und 90,- Euro, [email protected],
www.frauenmusikfestival.de
4.-13.8., Berlin
Ladyfest Berlin. Mittels DIY-Ansatz
(do it yourself) wird die patriachale
Hierarchisierung in Kulturschaffende
und Kulturkonsumierende in
Frage gestellt
www.ladyfest.net
26.8., Wien
Gürtel Night Walk. Eröffnung auf
der Dachterasse der Bücherei Wien.
Live Acts in und vor den Lokalen am
Gürtel
Hauptbücherei, 7., Urban-Loritz-Pl. 1
und entlang des Gürtels in vielen
weiteren Lokalen
ausschreibungen
bis 2.8., Wien
Filmwettbewerb – Music was her
first love. Filme, die sich lustvoll und
kritisch mit Musik und Geschlecht
auseinandersetzen
fiber, Info: [email protected],
www.fibrig.net
46 an.schlägejuli august2006
bis 30.8., Berlin
Das Graduiertenkolleg „Geschlecht
als Wissenskategorie“ an der Humboldt-Universität zu Berlin vergibt ab
dem 1.1.2007 1 Post-Doktorandenstipendium für die Dauer von 2 Jahren.
Es wird ein/e promovierte/r Kandidat/in aus dem In- und Ausland mit
überdurchschnittlichen Hochschulabschluss gesucht
Info: T. 0049 (0)30/2093-8248 oder -8237,
www.geschlecht-als-wissenskategorie.de
bis 30.8., Rohrbach
Ausschreibung Schreibwettbewerb
„Mein Körper – Mein Leben“. Mitmachen können alle Frauen und
Mädchen, die gerne schreiben, außer
„professionellen“ Autorinnen und
hauptamtlichen Mitarbeiterinnen
des Frauentreffs. Digitalisierte Texte
per Mail, Diskette oder CD senden.
Preisverleihung: 11/2006,
1. Preis: 400,- Euro; 2. Preis: 200,- Euro,
3.-5. Preis: Büchergutscheine
(30,- Euro)
bis 15.11., Wien
Tricky Women. 1.-5.3.2007. Animationsfilmfestival für Frauen. Call
for Films. Tricky Women Preis:
3.650,- Euro
Info und Einreichformulare:
culture2culture, 7., Museumspl. 1,
[email protected],
T. 01/990 46 63,
www.culture2culture.at
diverses
12.7., 21.30-22.00, Wien
Best of Regenbogenparade 06
auf Okto-TV
In eurem Wohnzimmer, via Wiener
Telekabel oder webstream,
Info: www.okto.tv
25.-27.8., Wien
Aninite. Festival für japanische Popkultur. Anime-Serien u. -Spielfilme,
Manga, Vorträge, Workshops und
Wettbewerbe
WUK, 9., Währinger Straße 59,
Info: www.aninite.at,
www.animanga.at, Kosten: 20,-/26,Euro/3 Tage; 8,-/10,- Euro/1 Tag
25.-27.8., Wien
Aninite. Festival für japanische Popkultur. Anime-Serien u. -Spielfilme,
Manga, Vorträge, Workshops und
Wettbewerbe
WUK, 9., Währinger Straße 59,
Info: www.aninite.at,
www.animanga.at, Kosten: 20,-/26,Euro/ 3 Tage; 8,-/10,- Euro/1 Tag
3.-5.11, Ruhr
Das Ladyfest in Essen und Bochum
sucht noch Mitmacherinnen aus den
Bereichen Kunst, Musik, Mode, Film,
Sport.
Kontakt und Bewerbung: Orlando c/o
Ladyfest Nathalie, D-44789 Bochum,
Alte Hattinger Str. 31,
www.myspace.com/ladyfest_ruhr
Redaktionsschluss
Termine 9/06: 15.8.2006
[email protected]
an.schläge
im September
politik
„Auf nach Demokratien“
Die Frauenhetz nimmt im Gegensatz zum ORF ihren
feministischen Bildungsauftrag ernst und organisiert
vom 26.-29. Oktober eine große internationale Tagung zum Thema „Kritik der Demokratie“. Die Politologin und Philosophin Birge Krondorfer wird Einblicke
und Analysen rund um die aktuelle Diskussion liefern.
thema
Feministinnen in der Revolution
Die Mujeres Libres war eine feministisch-anarchistische Frauenorganisation und kämpfte während des
spanischen Bürgerkrieges sowohl an der Front mit der
Waffe in der Hand, als auch im Hinterland. Trotzdem
finden sie in den Geschichtsbüchern kaum eine Beachtung. Grund genug, ausführlich über das Konzept
des „Doble Lucha“ (doppelter Kampf) zu berichten.
an.schläge tv
auf OKTO, Kanal 8, Mi, 26.7.,21.00
an.sturm
Neue Acciones der Mujeres Creando und eine weitere,
ungewöhnliche Strategie des Aufruhrs, mit Menschen
auf der Straße in Berührung zu kommen.
an.schläge gibts in folgenden Buchhandlungen
Buch Media Service
Kuppitsch
Morawa
Winter
Zentralbuchhandlung
Buchh. Polycollege
Südwind
Frauenzimmer
Kunsthalle Shop
Prachner
Riedl
Löwenherz
Südwind
FIFTITU%
Kulturver. Waschaecht
Bücher Wiederin
Wagnersche Buchh.
Amazone-Zentrum
Mex-Unibuchhandlung
1010
1010
1010
1010
1010
1050
1070
1070
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1080
1090
1090
4020
4600
6020
6020
6900
8010
Wipplingerstr. 37
Schottengasse 4
Wollzeile 11
Landesgerichtsstr. 20
Schulerstr. 1-3
Reinprechtsdorferstr. 38
Mariahilferstr. 8
Zieglergasse 28
Museumsquartier
Museumsquartier
Alser Str. 39
Berggasse 8
Schwarzspanierstr. 15
Kapuzinerstr. 36/1
Dragonerstr. 22
Sparkassenplatz 4
Museumstr. 4
Kirchstr. 39
Brockmanng. 6
Fo t o : S a s k y a Ru d i g i e r
workshoptöchtertag2006
Tiere wollen leben!
Cannabis
Viele ÖsterreicherInnen sind gegen Tierversuche.
„Warum gibt es dann noch kein Gesetz gegen
Tierversuche?“ fragen sich Sophie Häusler (13)
und Alice Thürr (13)
Gewürz, Abführmittel oder Wurst?
Von Daniela Pantazi (14), Diana Haider (15),
Laura Virag (16) und Nicole Kodicek (13)
Laut einer Studie von aerzte-gegen-tierversuche.tierrechte.de
sind 2003 über zwei Millionen Labortiere getötet worden. Am
häufigsten sind Nagetiere für Versuche benutzt worden. Medikamente, Chemikalien, Wasch- und Putzmittel, Hautcremes, Suchtmittel, Krankheitserreger, Lebensmittel, Gase, Säuremittel und
Schmiermittel werden an den Tieren ausprobiert.
Unter den Säugetieren ist die Ratte das „Letzte“. Niemand hat ein
schlechtes Gewissen, wenn er eine Ratte umbringt. Man pflanzt ihnen
Elektroden in den Schädel, um ihnen bei vollem Bewusstsein Schocks versetzen zu können. Wozu? Was bringt es den Menschen? Ratten sind wie
andere Lebewesen auch. Sie sind Säugetiere. Sie verständigen sich untereinander, bilden Gemeinschaften, können sogar zutraulich sein und haben auch Gefühle.
Die meisten Menschen wissen nicht, wie es den Tieren bei Tierversuchen geht! Sie werden gequält. Trotzdem sind viele ÖsterreicherInnen gegen Tierversuche. In Straßeninterviews, die in Wien durchgeführt wurden, berichtete die Mehrzahl, dass ihnen die Tiere Leid tun und dass die
Tiere viel zu wertvoll dafür sind, um als Leiche im Mistkübel zu landen.
Mäuse denen ein menschliches Ohr implantiert wird und dann nur
für die Wissenschaft auch noch ausgestopft werden, finden sie grausam!
Frau Andrea Puslednik vom Tierschutzverein Vier Pfoten erzählte, dass
sich der Verein für das Ende der Tierversuche einsetzt. Ihre derzeitigen
Projekte sind eine Kosmetikliste, die darüber informiert woraus eigentlich
Lippenstifte usw. bestehen. Auch politisch ist der Verein Vier Pfoten, es
gibt ihn seit 1988, sehr engagiert.
Wenn Sie jetzt einen Pelzmantel zu Hause haben, denken sie an die
armen Tiere und schmeißen sie den Mantel eventuell weg. Wir hoffen,
dass dem Verein Vier Pfoten die Durchsetzung eines Gesetzes gegen
Tierversuche gelingt. Viel Glück!!!
❚
Drogen sind ein aktuelles Thema, trotzdem wissen viele Menschen nicht darüber Bescheid. Zu den legalen Drogen gehören
Nikotin (Tabak), Alkohol, Koffein usw. Diese können vom Suchtverhalten bis zum Tod führen. Die bekanntesten illegalen Drogen
sind: Cannabis, Crack, Ecstasy, Kokain, LSD und Heroin. Doch wer
weiß wirklich was z.B. Cannabis ist?
Wir haben einige PassantInnen verschiedener Nationalität und unterschiedlichen Alters befragt. Die Antworten waren unter anderem: Eine Frucht,
eine Wurst, ein Abführmittel und ein Gewürz. Doch in Wirklichkeit ist Cannabis eine Droge, die aus verschiedenen Teilen der Hanfpflanze gewonnen wird.
Bei unseren Befragungen stellten wir fest, dass jüngere Leute mehr über
dieses Thema wissen, als die ältere Generation.
Durch mehrere Faktoren kommt es zum Eintritt des Suchtverhaltens.Viele Jugendliche geraten durch den Freundeskreis oder durch andere Bekannte
in das Drogenmilieu. Manche fangen mit dem Konsum an, weil sie verzweifelt sind oder einfach nur um cool zu sein.
Eine abhängige Person kann man durch innerliche als auch äußerliche
Veränderungen erkennen. Konzentrationsschwächen, Abkapselung von der
Außenwelt, Nervosität, Launenhaftigkeit,Vernachlässigung des Freundeskreises und der Körperpflege, gehören zu den Symptomen. Durch die Befragung
einer Sozialarbeiterin einer Entzugsklinik, stellte sich heraus, dass mehr Männer als Frauen Drogen konsumieren. Des Weiteren wurde uns mitgeteilt, dass
die durchschnittlich 25-jährigen PatientInnen alle Arten von Suchtmittel einnehmen. Die Entzugserscheinungen sind unter anderem Niesen, Schwitzen,
Muskelkrämpfe und vor allem innere Unruhe.Was uns am meisten begeisterte, ist, dass die Entzugsklinik meist freiwillig aufgesucht wird.
Damit wollen wir sagen, dass Selbsterkenntnis der erste Schritt zur Besserung ist. Die Moral von der Gschicht:Verlass dich auf PassantInnen nicht,
weil´s nicht wissen was Cannabis ist.
❚
juli august2006an.schläge 47
an.schläge
Nr. 07 08/06, juli august 2006/20. Jahrgang, e 3,5 (Ö) e 4,– (D) sfr 8,– , P.b.b. Erscheinungsort Wien, Verlagspostamt 1030 Wien, envoi à taxe réduite, GZ 02Z031419 M