Thailand - Rotary Distrikt 1900

Transcription

Thailand - Rotary Distrikt 1900
Thailand – Von A wie arme Bergvölker bis Z wie zauberhafte Inseln Wenn du morgens mit Ameisenkolonien im Bett aufwachst, beim Mittagessen eine Klopapierrolle als „Serviette“ auf dem Tisch stehen hast, nachmittags Elefanten über die Straße spazieren siehst, du innerhalb von einer Stunde 100 neue beste Freunde hast, auf Socken in den Unterricht gehst, deine Freunde nicht an ihrer Frisur oder ihrem Gesicht erkennst, sondern lediglich an ihrem Rucksack und du das alles als vollkommen normal empfindest, dann weißt du, du lebst in Thailand! Bevor ich nach Thailand kam war mir zwar bewusst, dass das Leben dort sehr anders sein würde, jedoch hatte ich mit so einem Kulturschock nicht gerechnet. Wo fange ich am besten an all diese tollen Eindrücke zu beschreiben? Soll ich zuerst von Dajana als Gemüse berichten oder von künstlerisch veranlagten Elefanten? Ihr hört schon, in Thailand erlebt ihr Dinge, die eure kühnsten Vorstellungen übertreffen. Ich verbrachte mein Austauschjahr in Chiang Rai, einer kleinen Stadt im Norden von Thailand nahe des Dreiländerecks Thailand, Laos und Myanmar. Den Norden Thailands müsst ihr euch wie folgt vorstellen: arme Bergvölker, die in einfachen Behausungen außerhalb der Städte in den Bergen leben; auf der anderen Seite wohlhabende Thailänder, die in großen Villen mit großen Gärten nahe der Stadt leben. In der Stadt fahren dich blaue Taxis, die man Tuk‐Tuks nennt, für nur umgerechnet 40 cent von A nach B. Selbst die ältesten Menschen kutschieren uns vom tropischen Klima überforderten Touristen und Austauschschüler mit Fahrrädern, die auch als Taxis fungieren, durch die Gegend. Aber nun zurück zu den Elefanten, denn auch diese tragen uns majestätisch auf ihrem Sattelrücken durch den Dschungel und sogar durch die Städte. Doch das ist längst nicht alles, was die grauen Dickhäuter so auf sich haben. Unsere erste Rotary Reise führte uns in das Elefanten‐Reservat nach Chiang Mai, die zweit größte Stadt Thailands. Wir konnten beobachten, wie die Tierpfleger diese riesigen Tiere mit Leichtigkeit in einem großen See gewaschen und sie für die Elefanten‐Show vorbereitet haben. Dies war das Highlight der gesamten Reise. Denn ob ihr es glaubt oder nicht, Elefanten können mehr als nur ruhen und Zuckerrohr fressen. Wir hatten die einmalige Gelegenheit zuzuschauen, wie die Elefanten mit Pinsel und Farbe wahre Kunstwerke fabrizierten. Mit Hilfe ihres Rüssels sind sie in der Lage ganze Bilder‐ sogar Selbstportraits‐ auf Papier zu bringen. Noch nie zuvor war mir bewusst, dass diese Tiere solche außergewöhnlichen Fähigkeiten besitzen. Sie konnten mit ihren Rüsseln auf für sie hergerichteten Instrumenten traditionelle Musik spielen. Sogar sportlich sind sie, auch wenn sie nicht danach aussehen, denn wir konnten sie beim Fußballspielen und auf Baumstämmen balancieren sehen. Wenn sie sich dann mal im Schneidersitz ausruhen, sehen sie einfach nur richtig niedlich aus. Und Thailänder lieben sowieso alles was niedlich ist. Egal wie alt sie sind, selbst 12. Klässler tragen hier gern Schleifen im Haar und einen pinkfarbenen Mickey‐ Mouse‐ Rucksack. Hauptsache niiiedlich und unschuldig. Aber ich habe nicht nur urlaubstypische Erlebnisse mitgenommen, sondern im Gegenzug habe ich mich auch sozial engagieren können. Meine beste Schulfreundin Nid hatte mich für zwei Wochen zu ihrer Schwester Benz nach Khao Lak, in den Süden Thailands eingeladen. Benz arbeitete bei der christlichen Organisation „Step Ahead“, für die sie ehrenamtlich in armen Bergdörfern Englisch unterrichtet hat. Während meines Besuches dort unten hatten Nid und ich die Möglichkeit selber in einem solcher Bergdörfer zu unterrichten. Die Schüler dort waren zwischen 5 und 8 Jahren alt und konnten auf Grund ihrer Armut keine regionale Schule besuchen. Sie waren jedoch so wissbegierig, dass es richtig Spass machte ihnen etwas beizubringen. Das ganze Bergdorf bestand eigentlich nur aus 3 oder 4 Holzhütten, in denen die Kinder mit ihren Eltern lebten. Für den Unterricht trafen sie sich in einem kleinen nur auf Stelzen errichteten Holzverschlag. Mit den Kindern haben wir englische Lieder gesungen und ihnen einfache Vokabeln beigebracht. Trotz Armut waren diese Kinder richtig lebensfroh und glücklich. Sie strahlten uns mit ihren großen Kinderaugen und einem breiten Lächeln an. Bei uns in Deutschland bekommen die Lehrer von den Kindern lediglich ein Stöhnen zu hören wenn es um Hausaufgaben und Lernen geht, aber was man dort von den Schülern zurückbekommt, ist ein dankbares und stolzes Lächeln. Allein dieses Lächeln hat mich tief berührt und mir das Gefühl gegeben, dass ich diesen Menschen etwas Gutes getan habe. Das schönste Erlebnis an meiner thailändischen Schule war der Sports Day, der sich über drei Tage erstreckte. Er ist in etwa vergleichbar mit unseren Bundesjugendspielen, wird jedoch viel größer gefeiert. Für die Schüler ist es das schönste Ereignis des ganzen Schuljahres. Die ganze Schule wird im Vorfeld in 5 Teams aufgeteilt, denen jeweils eine Farbe zugeordnet wird. Jedes Team muss sich nun der Farbe entsprechend einen Teamnamen ausdenken und ein eigenes T‐Shirt mit Maskottchen entwerfen. Alle Gruppen bekommen außerdem eine Tribüne zur Verfügung gestellt, die sie dem Teamnamen entsprechend kreativ verkleiden müssen. Die Thais bzw. Asiaten sind allgemein ungeheuer kreativ und es ist wirklich Wahnsinn, wie wunderschön die verschiedenen Tribünen nacher aussahen! Es werden sportliche Schüler aus den Teams ausgewählt, die in verschiedenen Sportwettkämpfen, zum Beispiel beim Volleyball oder Basketball, gegeneinander antreten. Andere Schüler aus den Teams bilden jeweils eine Cheerleader‐Gruppe und führen am Ende des Sport Days einen traditionellen Thai‐Tanz sowie einen modernen Tanz ihrer Wahl auf. Thailändische Cheerleader sind nicht mit amerikanischen zu vergleichen, denn anders als in den USA feuern die Cheerleader ihre Teams nicht an, sondern ihre Tänze werden von einer Jury bewertet und gehen in die Endwertung mit ein. Am ersten Tag vor den Wettbewerben findet eine große Parade statt. Jedes Team muss sich zu verschieden ausgedachten Themen verkleiden und reihenweise vom Stadtzentrum bis zur Schule eine Parade laufen. Der Name meines Teams lautete „Blue Wave“. Demnach wurde unsere Tribüne als Wellenlandschaft dargestellt. Wir haben Stunden damit verbracht die Dekoration zu entwerfen, zuzuschneiden, anzumalen und aufzubauen. Das Ergebnis war wirklich faszinierend! An meinem ersten Sports Day musste ich bereits um 4 Uhr morgens aufstehen ,um mich mit allen anderen aus meinem Team bei meiner Klassenkameradin Salie zu Hause fertig zu machen. Meine Mitschüler waren sehr hilfsbereit und halfen mir beim Kostümanziehen. Ich sollte in dieser besagten Parade als Gemüse gehen. Man steckte mich in einen Rock aus Blattsalat, ein Shirt aus langen, grünen Bohnen und kreierte mir einen Kopfschmuck aus roten Rosen. Drei bunte Paprikaschoten baumelten mir den Rücken herunter – damit war ich natürlich Zielscheibe für kleine, süße Krabbeltierchen. Da die Schüler so unglaublich lange für das Anziehen ihrer teils sehr ausgefallenen Kostüme brauchten, habe ich mir die Zeit damit vertrieben hungrig mein Kostüm anzuknabbern. Leider war es nahezu unmöglich mit einer Parade von über 1500 Schülern die Hauptstraße zu überqueren, und so wurden wir alle kurzerhand auf Motorräder und Ladeflächen von Pick‐Ups verfrachtet, die uns dann vor dem Schultor absetzten, damit wir alle gemeinsam als Parade auf dem Sportplatz einlaufen konnten. Der krönende Abschluss war eine Siegerehrung, bei der es Süßigkeiten und Pokale zu gewinnen gab, mit anschließendem Feuerwerk. An dieser Stelle möchte ich noch von ein paar typischen Eigenschaften meiner thailändischen Schule berichten. Besonders erwähnenswert ist die thailändische Schuluniform, die jeder tragen muss. Abgesehen davon, dass sie sehr unbequem und viel zu warm ist, war sie auch einfach nur hässlich: eine weiße „Puff‐Ärmel‐Bluse“ mit aufgesticktem Namen und Schulnamen, ein dunkelblauer, wadenlanger Faltenrock, ein schwarzer Kunstledergürtel und flache, schwarze Riemchenschuhe aus Synthetik. Meine Mitschüler konnte ich lediglich an ihren unterschiedlich kitschigen Rucksäcken unterscheiden, da sie für mich einfach nur alle gleich aussahen. Namen konnte ich mir anfangs sowieso nicht merken, denn sie bestanden einfach nur aus für mich willkürlich zusammengesetzten Buchstaben. Eine meiner Freundinnen hieß Gai, das bedeutet Hühnchen. Den lustigsten Namen jedoch hatte mein bester Freund Titiporn. Sowieso haben viele Thais „Porn“ in ihrem Namen, denn es bedeutet „schön“ oder „hübsch“. Mein Thai‐Name war Bua was so viel heißt wie Lotus. Obwohl die Thais sehr viel lernen, beschäftigen sie sich im Unterricht lieber damit zu malen, Eis zu essen, Karaoke zu singen oder sich gegenseitig die Haare zu glätten oder flechten. Mit meiner hellen Haut sah ich im Gegensatz zu allen anderen aus wie ein Alien. Meine Mitschüler fanden meine blonden Haare besonders faszinierend und jeder wollte mir neue Frisuren aufzwängen. Somit hätte ich morgens eigentlich auch ungekämmt zur Schule kommen können, denn jeder hatte schon eine Mickey‐ Mouse ‐Bürste und einen Winnie‐ Pooh‐ Spiegel in der Hand wenn ich morgens das Klassenzimmer betrat. Hier muss ich nochmal betonen, dass meine Freunde alle zwischen 16 und 18 Jahre alt waren. Niiiedlich, oder? Mein Lieblingsfeiertag in Thailand ist das thailändische Neujahrsfest, Song Kran genannt, das jährlich vom 13. bis zum 15. April gefeiert wird. Das Wort „Song Kran“ bedeutet den Übergang der Sonne von einem Tierkreiszeichen in das nächste. Die Thais leben nach dem buddhistischen Kalender und befinden sich somit bereits im Jahr 2552. Einen Abend vor dem großen Fest reinigen alle Thais ihre Häuser, da sie glauben, dass dies Glück für das neue Jahr bringt. Am nächsten Morgen bringen sie Essen zu den Tempeln und spenden dies den Mönchen dort. Rituell werden Buddha‐Statuen mit Wasser gereinigt. Das Wasser ist das Symbol dieses Festes. Man reinigt sich damit für das nächste Jahr und ferner gilt es als das Erweisen von Respekt Älteren gegenüber. Meine Gasteltern sind mit mir nach Chiang Mai gefahren, wo Song Kran am größten gefeiert wird. Ich habe mich dort mit einigen anderen Austauschschülern getroffen und gemeinsam sind wir dann losgezogen. Das Fest wird überall in den Straßen gefeiert. So etwas habe ich noch nie erlebt! Das Ganze ist eine riesengroße Wasserschlacht! Jeder hat eine Wasserpistole mit einem riesen Wassertank auf dem Rücken. Man läuft durch die Straßen und bespritzt sich gegenseitig. Schon nach 5 Minuten waren wir pitschnass. Doch nicht jeder hatte Wasserpistolen. Einige Thais füllten Eimer mit Wasser am Fluss auf und überschütteten uns mit diesem schmutzigen Wasser. Andere hingegen hatten Eisblöcke in große Wassertonnen gepackt. Das eiskalte Wasser ließ uns trotz 40° Hitze frösteln. Die ganze Zeremonie erstreckte sich über drei Tage. Die Straßen waren überfüllt von Einheimischen und Touristen. Das war mit Abstand einer der spaßigsten Tage in Thailand und wird ‐ auch wenn es Song Kran in Deutschland nicht gibt ‐ mein Lieblingsfeiertag bleiben! Kurz nach diesem ereignisreichen Fest stand unsere letzte Rotary‐Reise an. Die Reise führte uns 10 Tage lang in den Süden Thailands. Besonderer Höhepunkt war für mich unser 3‐tägiger Aufenthalt auf der Insel Koh Hai (Koh = Insel). Unser Resort bestand aus vielen kleinen Bungalows und lag direkt am weißen Sandstrand. Das Meer war kristallklar und ich fühlte mich wie im Paradies! Die Insel war keine typische Touristen‐Insel sondern eine einsame Tropen‐Insel. Von hier aus starteten wir Ausflüge zu anderen kleinen Buchten und Höhlen. Das türkisfarbene Wasser war perfekt geeignet zum Schnorcheln. Noch nie zuvor hatte ich so einen Einblick in die bunte Unterwasserwelt! Am nächsten Tag hatten wir etwas Freizeit und meine Freunde und ich starteten einen Kanuausflug zu einer abgelegen Bucht. Wir genossen die Einsamkeit und die Faszination des Meeres. Diese Eindrücke werde ich nie wieder vergessen! Mein Austauschjahr in Thailand war wirklich ein faszinierendes und lehrreiches Jahr! Ich habe so viel über andere Kulturen, aber auch über mich selbst gelernt. Dieser Austausch wird mir für immer in Erinnerung bleiben und ich werde die wundervollen Menschen die ich in Thailand kennen gelernt habe niemals vergessen. Man schließt Freundschaften für ein ganzes Leben. Meine Freundin Izzy aus den USA zum Beispiel, hat mich für die Sommerferien zu sich eingeladen und so habe ich diesen Sommer 2 Monate bei ihr in Boston verbracht! Ich habe so viel mitgenommen aus diesem Jahr und ich bin so froh, dass ich diese einmalige Gelegenheit hatte. An dieser Stelle ein ganz, ganz großes Dankeschön an Rotary für dieses unvergessliche Erlebnis! Ich empfehle jedem der die Chance dazu hat, so ein Austauschjahr zu machen. Und auch wenn ich ein Schuljahr dafür wiederholen müsste, würde ich mich für den Austausch entscheiden. Ihr werdet durch dieses Jahr so viel reifer und erwachsener. Es ist einfach ein atemberaubendes Abenteuer, das da auf euch zukommt! Und egal in welchem Land ihr seid – es wird das beste Jahr eures Lebens sein! Dajana Fahl