Bank- und Kapitalmarktrecht Wintersemester 2009/2010 Prof. Dr
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Bank- und Kapitalmarktrecht Wintersemester 2009/2010 Prof. Dr
Bank- und Kapitalmarktrecht Wintersemester 2009/2010 Prof. Dr. Christian Siller Ausgewählte Materialien 1 Literatur: Begriffe: Kreditinstitut, Finanzdienstleistungsinstitut Finanzunternehmen Bitte anschaffen und immer mitbringen: • Gesetzestexte z. B. Wichtige Wirtschaftsgesetze für Bachelor, Band 2, nwb (ca. 9 €); BankR, Beck-Verlag dtv (17 €) und Ausgabe des BGB Zum Nachschlagen und Lernen: und Kreditinstitute sind Unternehmen, die „im großen Stil“ Bankgeschäfte betreiben (§ 1 Abs. 1 KWG); Bankgeschäfte ordnet das KWG als besonders riskant ein (bspw. Einlagen-, Kredit, Depotgeschäft). Finanzdienstleistungsinstitute sind Unternehmen, die „im großen Stil“ Finanzdienstleistungen erbringen (§ 1 Abs. 1a KWG). Finanzdienstleistungen sind aus Sicht des KWG weniger riskant (bspw. Anlageberatung, Finanzportfolioverwaltung, Sortengeschäft). Kreditinstitute und Finanzdienstleistungsinstitute sind Institute (§ 1 Abs. 1b KWG). Daneben gibt es Finanzunternehmen, die im Finanzsektor tätig, aber keine Institute sind (§ 1 Abs. 3 KWG). Bei letzteren besteht die Haupttätigkeit bspw. im Beteiligungserwerb, Wertpapiereigenhandel oder Geldmaklergeschäft. Übungen: Betätigung als Bank • Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, 3. Aufl. 2004; Die Y-GmbH ist eine 100%ige Tochtergesellschaft des Autoherstellers X-AG. • Schwintowski/Schäfer, Bankrecht, 2. Aufl. 2003 • Schimansky/Bunte/Lwowski (Hrsg.), Bankrechts-Handbuch, 3. Aufl. 2007; • Schwark, Kapitalmarktrechtskommentar, 3. Aufl. 2004; • Assmann/Schneider, WpHG, 5. Aufl. 2009; • Gößmann/Schröter/Weber/Steuer, Bankrecht und Bankpraxis, Loseblattsammlung; Stand 2009; • Knops/Derleder/Bamberger, Handbuch zum deutschen und europäischen Bankrecht, 2. Aufl. 2008; • Schwintowski, Bank- und Kapitalmarktrecht, 2007; • Für anstehende Investitionen gewährt die X-AG der YGmbH ein Darlehen in Höhe von 5.000.000 €. Der vereinbarte Zinssatz von 4 % entspricht dem Zins, den die X-AG auch bei einer anderweitigen Anlage des Geldes (z.B. bei ihrer Hausbank) erzielen könnte. • Zulieferer der Y-GmbH möchten an diese künftig nur noch Material liefern, wenn sie von der X-AG Sicherheit für die Kaufpreiszahlung erhalten. Die X-AG gibt daher in der Folgezeit gegenüber den Lieferanten Bürgschaftserklärungen ab, die deren Kaufpreisforderungen gegen die Y-GmbH absichern. Monatlich sind dies bis zu 10 Bürgschaften. Als Gegenleistung zahlt die Y-GmbH an die X-AG eine entsprechende Avalprovision. • Der Absatz von Kfz der X-AG läuft schleppend. Um das Geschäft zu beleben, beginnt sie, Fahrzeuge im großen Stil an Taxiunternehmen und Autovermietungen zu verleasen. • Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, 2009; • Siller, Kapitalmarktrecht, 2006. • Krepold / Fischbeck, Bankrecht, 2009 Der Finanzvorstand der X-AG fragt Sie, ob die X-AG nunmehr (auch) als Bank anzusehen ist. 2 3 Gewerbsmäßigkeit: Pflicht der Bank zur Begründung einer Geschäftsverbindung Die Gewerbsmäßigkeit spielt für die Einordnung als Kreditinstitut oder Finanzdienstleistungsinstitut eine bedeutende Rolle. Denn Institute sind Unternehmen insbesondere dann, wenn sie Bankgeschäfte gewerbsmäßig betreiben oder Finanzdienstleistungen gewerbsmäßig erbringen (vgl. § 1 Abs. 1 und Abs. 1a KWG). Auch die Einordnung als Wertpapierdienstleistungsunternehmen hängt u. a. davon ab, ob bestimmte Tätigkeiten (Wertpapierdienstleistungen) gewerbsmäßig erbracht werden (vgl. § 2 Abs. 4 WpHG). Für Wertpapierdienstleistungsunternehmen gelten besondere Pflichten aus dem WpHG (z.B. §§ 31 ff. WpHG). Offene Tätigkeit = nach außen erkennbar: Tätigkeit tritt den „beteiligten Kreisen“ gegenüber offen in Erscheinung. Gegenbegriff: Private Briefmarken- oder Goldmünzensammlung. Planmäßig = auf Dauer angelegt: Nicht für immer und ewig aber auch nicht einmalige oder ganz gelegentliche Geschäfte. Erlaubte Tätigkeit GewinnerzielungsAbsicht Selbständig nicht: Waffen- oder Kinderhändlerring. muss eins der Motive der Tätigkeit sein, andere (z.B. Langeweile) schaden aber nicht. muss die Tätigkeit sein: Negativ formuliert: Wer in rechtlich abhängiger Position die Geschäfte für andere betreibt, ist nicht Gewerbetreibender. Es besteht kein allgemeiner Anspruch auf Einrichtung einer Geschäftsverbindung (insbes. Kontobeziehung) mit einer Bank. Ausnahme: Die Sparkassengesetze/-verordnungen der neuen Bundesländer, von Bayern, NRW und Rheinland Pfalz sehen eine Verpflichtung zur Kontoführung vor. Dies gilt nicht bei Unzumutbarkeit der Kontoführung. Zudem haben die im Zentralen Kreditausschuss (ZKA) zusammengeschlossenen Verbände im Juni 1995 durch eine freiwillige Selbstverpflichtung die Empfehlung ausgesprochen, grds. für jeden auf Wunsch ein Girokonto (ggf. nur Guthabenbasis, keine Schecks) zu führen ("Jedermann-Konto"). Sparkassengesetz NRW (Stand: 09/2009): § 5 Kontrahierungspflichten (1) Die Sparkassen sind verpflichtet, Spareinlagen in Höhe von mindestens einen Euro entgegenzunehmen. (2) Die Sparkassen sind verpflichtet, für natürliche Personen aus dem Trägergebiet auf Antrag Girokonten zur Entgegennahme von Einlagen in Euro zu führen. Eine Verpflichtung zur Führung eines Girokontos besteht nicht, wenn a) der Kontoinhaber Dienstleistungen bei Kreditinstituten missbraucht hat, b) das Konto ein Jahr lang umsatzlos geführt wurde, c) das Konto kein Guthaben aufweist und der Kontoinhaber trotz Aufforderung nicht für Guthaben sorgt, d) aus anderen wichtigen Gründen die Aufnahme oder Fortführung der Geschäftsbeziehung den Sparkassen im Einzelfall nicht zumutbar ist. Die Ablehnung eines Antrags nach Satz 1 ist schriftlich zu begründen. Der Arbeitslose A möchte bei der Sparkasse KölnBonn und bei der Commerzbank Köln jeweils ein Sparkonto mit jeweils 10 € einrichten. Beide Banken vermuten, dass die Geschäftsverbindung keinen Ertrag, sondern nur Ärger bringen wird und möchten das Geschäft ablehnen. Möglich? Ändert sich die Rechtslage, wenn A jeweils ein Girokonto auf Guthabenbasis einrichten möchte? BGH v. 2.12.2003 (ZIP aktuell Nr. 294 aus 2003): Die Partei „Republikaner“ beantragt bei der Sparkasse KölnBonn ein Girokonto. Als Beitrag zur politischen Hygiene lehnt die Sparkasse dankend ab. Zu Recht? Kurz- und Merkformel: OPEGS ! 4 5 Allgemeine Geschäftsbedingungen der Banken (AGB) Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) stellen als übergreifendes Rahmenwerk die rechtliche Basis für die Geschäftsverbindung zwischen Kunde und Bank dar. Sie enthalten in allgemeinen Regeln – quasi vor die Klammer gezogen - die grundsätzliche Verteilung der gegenseitigen Rechte und Pflichten. Die AGB sind kein Gesetz, sondern Vertragsrecht. Neben den AGB gibt es einige Sonderbedingungen (bspw. für Wertpapiergeschäfte, Sparverkehr, ec-/Maestro-Service etc.). Für die Geltung der AGB müssen die Einbeziehungsvoraussetzungen der §§ 305 ff. BGB eingehalten werden. Änderungen der AGB sind oft wegen europarechtlicher Vorgaben nötig, bspw. durch MiFiD oder EGZahlungsdiensterichtlinie (ZD-RL). Änderungen können nur einvernehmlich getroffen werden, wobei in der Praxis mit einer Genehmigungsfiktion gearbeitet wird (Nr. 1 Abs. 2 AGB). Übungen zu den AGB: 1. E (=Erbe) erscheint in der Geschäftsstelle der Bank B und weist sich mit dem Original-Testament und der Sterbeurkunde des Kunden K aus. Der Berater stellt fest: Das Testament ist echt, die Unterschrift des K stimmt mit der in den Kontounterlagen überein. Das Testament erklärt E zum Alleinerben des K. E verlangt Auszahlung des Guthabens. Muss B zahlen? Wie wäre es, wenn E zu Lebzeiten von K bevollmächtigt worden wäre, über Guthaben zu verfügen? 2. Bank B hat der X-GmbH einen Kredit von € 5.000.000 gewährt. Als Sicherheit war die Verpfändung des Wertpapierdepots vereinbart, das vor allem Papiere aus dem Bereich asset backes securities (ABS) enthält. Deren Kurs hat sich seit Kreditgewährung halbiert. Das Depot hat nun noch einen Kurswert von insgesamt € 3.000.000. Welche Möglichkeiten hat B? Wie ist Fall 3 zu beurteilen, wenn der Kreditvertrag ausdrücklich vorsah, es sei ein Blankokredit ohne Sicherheiten? 4. Kunde Q (Querulant) hat bei der Bank B ein Sparkonto sowie ein laufendes Konto. Seit langem schon nervt Q seinen Kundenbetreuer mit Sonderwünschen, Extrabehandlung und täglichen Anrufen. Der Arbeitsaufwand zur Behandlung von Q wird für B unvertretbar. Als Q wieder einmal eine (unbegründete) Beschwerde vorbringt, will B den Q und seine Konten „per sofort“ loswerden. Q meint, ein Rauswurf sei überhaupt nicht möglich, da er stets seine Kontoführungsgebühren gezahlt habe. Wer hat Recht? 5. Kunde K geht mit seinen Unterlagen, die er von seiner Bank B erhält regelmäßig schludrig um, öffnet Post spät oder gar nicht und nimmt vom Inhalt kaum Kenntnis. Durch Zufall entdeckt er im Dezember, dass der Kontoabschluss per 30. Juni Merkwürdigkeiten aufweist. Bei einer Belastung von € 1.000 ist sich K unsicher und kann sie nicht genau zuordnen. Nach dem Motto „Frechheit siegt“ verlangt er von der Bank Stornierung des Kontoabschlusses und Rückgängigmachung der Belastung. Zu Recht? 3. K kann seinen Kredit von € 9.000 bei der Bank B nicht zurück zahlen. B überlegt, ob und wie man auf das in derselben Filiale deponierte Sparguthaben des K zurückgreifen kann. Azubi A hat dagegen Bedenken, da das Sparguthaben älter als der Kredit sei. A erinnert sich aber an effektive Wertpapiere, die K vor Jahr und Tag in ein Streifbanddepot in der luxemburgischen Filiale der B gelegt hat. Was kann B tun? 6. G ist Geschäftsführer der X-GmbH, diese wiederum ist Kundin der Sparkasse S. Nach Maßgabe der Kontoeröffnungsunterlagen dürfen sowohl G also auch einige Prokuristen über Konten und Depots der X-GmbH einzeln verfügen. Auf der nächsten Gesellschafterversammlung kommt es zu Differenzen. G wird als Geschäftsführer abberufen, was auch ordnungsgemäß im Handelsregister eingetragen und bekannt gemacht wird. Vier Wochen später hebt G 10.000 € vom Konto der XGmbH bei S ab. Die X-GmbH verweist auf die „positive Publizität des Handelsregisters“ und meint, S hätte G nicht verfügen lassen dürfen und verlangt Schadensersatz von S. Zu Recht? 6 7 Bankgeheimnis: Kreditverkauf als Verstoß gegen das Bankgeheimnis: Das Bankgeheimnis meint die Verschwiegenheitspflicht der Bank über ihre Vertragsbeziehung zum Kunden. Es gilt als Gewohnheitsrecht, ist aber nicht gesetzlich verankert, sondern nur erwähnt: § 30a Abgabenordnung: „bei der Ermittlung des Sachverhalts haben die Finanzbehörden auf das Vertrauensverhältnis zwischen den Kreditinstituten und deren Kunde besonders Rücksicht zu nehmen…“. Nr. 2 Abs. 1 AGB-Banken (Bankgeheimnis) ist nur deklaratorisch. Durchbrechungen des Bankgeheimnisses: Bei gesetzlicher Anordnung (bspw. im Strafverfahren nach StPO), bei Einwilligung durch den Kunden und zulässiger Auskunftserteilung (Nr. 2 AGB-Banken. Verstöße gegen das Bankgeheimnisses bedeuten vertragliche Pflichtverletzungen (Sanktion ggf. über § 280 BGB. Übung (BGH, Urteil v. 24.1.2006 - XI ZR 384/04): Die Gesellschaft P, ein Unternehmen der KirchMedia Gruppe (KGruppe), ist Kreditkunde bei der Deutsche Bank AG (DB) mit einem Volumen von 1,4 Mrd. DM. Ende 2001 beginnt die Presse, über „Schuldenwirtschaft“ der K-Gruppe zu berichten, „die eine fast ausweglose Lage zur Folge hat und die Unwilligkeit der Banken, weiteres Geld zu geben.“ Gleichwohl gelingt es der K-Gruppe im Januar 2002, bestehende Kredite bei anderen Banken zu prolongieren. Anfang Februar 2002 gibt Vorstandssprecher der DB Breuer (zugleich Präsident des Bundesverbandes deutscher Banken) ein Fernsehinterview. In Bezug auf die K-Gruppe beschreibt er die Situation der DB als „relativ komfortabel gesichert“. Auf die Frage, ob man helfen solle weiter zu machen, antwortet er: Kreditverkäufe werden oft getätigt, um notleidende Engagements und damit Risiken auszuplatzieren – das Thema bekam durch die Einführung sog. Bad-Banks (durch Gesetz zur Fortentwicklung der Finanzmarktstabilisierung v. 17.7.2009) eine neue Facette, ist aber nicht neu; durch einen Kreditverkauf kann die Bank zugleich eine bessere Eigenkapitalrendite erzielen. Das OLG Frankfurt hatte jedoch den Verkauf von „intakten“ Kreditengagements wegen eines Verstoßes gegen das Bankgeheimnis als unwirksam eingestuft. Die Unwirksamkeit sollte aus § 399 BGB folgen. Der BGH hat das inzwischen korrigiert. Unwirksamkeit wird nicht mehr angenommen, allerdings kann es bei Verstößen gegen das Bankgeheimnis zu Schadensersatzansprüchen kommen. Übung (BGH, Urteil v. 27.2.2007 – XI ZR 195/05): Privatkunde P hat bei Bank B ein Darlehen aufgenommen. Seinen Rückzahlungsverpflichtungen kommt P regelmäßig, wenn auch gelegentlich stockend nach; manchmal muss B ihn erst anmahnen. Im Rahmen von Umstrukturierungsmaßnahmen entschließt sich B, das Kreditengagement zu veräußern und überträgt die Darlehensforderung an die Sparkasse S. Im Gegenzug erhält B von S 80 % der Darlehenssumme. P ist damit nicht einverstanden. S sei bekanntermaßen ein viel unangenehmerer Gläubiger als B; außerdem sei der Nachbar von P Direktor bei S und ihn würden die Gelddinge von P überhaupt nichts angehen. „Das halte ich für relativ fraglich. Was alles man darüber lesen und hören kann ist ja, dass der Finanzsektor nicht bereit ist, auf unveränderter Basis noch weitere Fremdoder gar Eigenmittel zur Verfügung zu stellen. Es können also nur Dritte sein, die sich ggf. für eine – wie Sie gesagt haben – Stützung interessieren.“. Ist das Geschäft zwischen B und S rechtlich zu beanstanden? Unternehmen der K-Gruppe erhalten in der Folgezeit keine weiteren Kredite. Alle wesentlichen Gesellschaften geraten in die Insolvenz. Mit dem Argument, ein weiterer Kredit hätte die KGruppe gerettet, verlangen die Eigentümer der K-Gruppe Schadensersatz von DB und Breuer. Mit Aussicht auf Erfolg? 8 9 Entgeltklauseln der Kreditwirtschaft: Übung zur Entgeltpraxis der Banken: Es gibt den handelsrechtlichen Grundsatz in § 354 HGB: Der Kaufmann tut nichts umsonst. Für die Entgelte der Banken gibt es einen Preisaushang und ein Preis- und Leistungsverzeichnis, aus dem sich die Höhe der Entgelte ergibt (Nr. 12 AGB). Normalerweise sind die Vertragsparteien frei darin, Entgelte zu vereinbaren, die Grenze ist die Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB). Soweit die Entgelte aber durch AGB vereinbart sind, gilt ein strengerer Maßstab. Gegen die Entgeltklauseln der Banken klagen oft Verbraucherschutzverbände, die das aufgrund besonderer Befugnis nach dem Unterlassungsklagengesetz (vgl. § 3 UKlaG) dürfen. Die von der Rechtsprechung entwickelten Prinzipien haben inzwischen Eingang in die AGB-Banken gefunden. Nr. 12 Abs. 3 AGB-Banken schreibt die nicht entgeltfähigen Leistungen nun auch vertraglich fest. Unwirksamkeit wegen mangelnder Transparenz ergibt sich aus § 307 Abs. 1 S. 2 BGB. Verbraucherschutzverband V stört sich an der Entgeltpraxis des Kreditgewerbes. Insbesondere hält V folgende Klauseln der Bank B für unwirksam, die sich in deren Preisverzeichnis finden: • Erteilung einer Löschungsbewilligung für ein von der Bank nicht mehr benötigtes Grundpfandrecht: 100 € • Kontoführungsentgelt für jede Ein- und Auszahlung: 5 Cent Ausgangspunkt für Entgeltklauseln der Banken § 307 BGB: „AGB sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen.“ • Bearbeitung von Freistellungsaufträgen (Erteilung, Änderung, Löschung): 3 € • Neuausstellung eines Sparbuchs ohne Durchführung eines Aufgebotsverfahrens: 8 € • Bearbeitung von Kontopfändungen: bis 40 € Prinzipien der Rechtsprechung = Nr. 12 Abs. 3 AGB-Banken • Kein Entgelt für Leistungen, die die Bank als Nebenpflichten aus dem Vertrag (ohnehin) erbringen muss. • Kein Entgelt für Leistungen, die die Bank aufgrund eigener gesetzlicher Verpflichtung erbringen muss. • Einem Entgelt muss grds. eine Leistung an den Kunden gegenüberstehen; d.h. kein Entgelt für Leistungen, die die Bank im eigenen Interesse erbringt. • Zeichnungsentgelt bei Neuemissionen (unabhängig, ob Zuteilung erfolgt): 5 € • Erträgnisaufstellungen und Aufstellungen Ihrer Veräußerungsgewinne: je 15 € • Vorzeitige Auszahlung eines VL-Sparplans: 60 € • Depotübertrag zu anderen depotführenden Stellen: 25 € Wirksamkeit der Klauseln? • Transparenzgebot: Der Kunde muss wissen, welche konkrete Leistung dem Entgelt gegenübersteht. 10 11 Bankrecht - Zahlungsverkehr (Überweisung): Übungen (Überweisungsrecht): Die Bedeutung des bargeldlosen Zahlungs- und Abrechnungsverkehrs (Girogeschäft) ist angesichts von ca. 40 Mrd. Vorgängen p.a. (Zahl für 2008) enorm. Das Girogeschäft ist Bankgeschäft i.S.v. § 1 Abs. 1 Nr. 9 KWG. Zum Zahlungsverkehr zählen Zahlungen durch Schecks, Zahlungskarten, Überweisungen und Lastschriften. Die ab 1.11.2009 geltende gesetzliche Regelung entspringt der Umsetzung der EG-Zahlungsdiensterichtlinie (ZD-RL) und erfasst außerhalb der Barzahlung jedes wichtige Zahlungsinstrument. Die §§ 675b über 675z bis 676c BGB regeln nicht mehr (wie früher) einzelne Zahlungsinstrumente getrennt voneinander, sondern „horizontal“ nach Ablaufschritten oder „Etappen“. Auf jeder Etappe werden Aspekte wie bspw. Kündigung, Ausführungsfristen oder Haftung festgelegt. Durch die ZD-RL wird das gesamte Recht des Zahlungsverkehrs EG-rechtlich erfasst. Ähnliches geschah bereits mit dem Finanzrichtlinie-Umsetzungsgesetz (FRUG) für den Wertpapierhandel. Damit sind nun zwei von drei der zentralen Bankgeschäfte – Zahlungsgeschäft, Effektengeschäft, Kreditgeschäft – im Kernbereich europäisch geordnet. Das nationale Recht „füllt nur noch aus“. Auswirkungen der EG-Zahlungsdiensterichtlinie: • Das BGB regelt nicht mehr nur die Überweisung, sondern jedes wichtige Zahlungsinstrument (außer: Barzahlung, Wechsel und Scheck); • Nicht mehr nur punktuelle, sondern flächendeckende Regelung des Bank-Kunde-Verhältnisses; • Regelung ist nicht mehr nach Zahlungsinstrumenten unterteilt, sondern nach Ablaufschritten/Etappen; • Vollharmonisierungsansatz: D. h. das gesamte Zivilrecht des Zahlungsverkehrs (Instrumente, Einzelfragen) ist EGrechtlich verfasst; • Letztentscheidungskompetenz über Zweifelsfragen ganz überwiegend nicht mehr beim BGH, sondern beim EuGH; • Die EG-Zahlungsdiensterichtlinie gilt auch für den innerstaatlichen Verkehr, nicht nur für grenzüberschreitende Zahlungen. 12 1. K hat bei seiner Hausbank B eine Kreditlinie von 3 Mio. €, das Konto weist einen Debetsaldo von 2,3 Mio. € aus. K beauftragt B mit der Überweisung von 700.000 € zugunsten „eines seiner Lieferanten“ auf dessen Konto bei Bank C. Am nächsten Tag erfährt B, dass es sich bei dem Lieferanten um die Ehefrau des K handelt, die in die Geschäfte bisher nie eingebunden war; misstrauisch geworden, hält B die Zahlung zunächst zurück. B überlegt, ob sie die Ausführung der Überweisung verweigern kann. K findet die Verzögerungstaktik der B unerhört und fragt nach seinen Rechten. 2. K erteilt seiner Bank B folgenden Überweisungsauftrag: 1.000 Euro, Empfänger: Lisa Schmitz, Konto: 2842946, Blz: 37040044 bei der Commerzbank Köln. B sorgt für die Gutschrift auf das angegebene Konto, nur ist Kontoinhaber nicht Lisa Schmitz, sondern Werner Müller. K verlangt von B „Storno“. Zu Recht? 3. Controller C manipuliert Überweisungsformulare: Zu Lasten seines Arbeitgebers A überweist er an sich selbst 20.000 €, indem er die Unterschriften der Prokuristen fälscht. Die Fälschung ist beim schnellen Hinsehen kaum zu erkennen. Bank B führt die Überweisungen aus. Nachdem A bei C das Geld nicht zurückerlangen kann, wendet sie sich mit Schadensersatzforderungen an B. B meint, die Fälschung gehe sie nichts an. Hat sie Recht? Wie ist der Fall zu beurteilen, wenn es A infolge Nachlässigkeit erst nach eineinhalb Jahren bemerkt, dass die Überweisung gefälscht war? 13 Bankrecht - Zahlungsverkehr (Lastschrift) Grundlagen der Geschäftsverbindung: Legitimationsprüfung Die Rechtslage ab 1.11.2009 durch die Umsetzung der Zahlungsdiensterichtlinie belässt die beiden in Deutschland vorherrschenden Lastschriftverfahren: Einzugsermächtigungsverfahren (EEV) und Abbuchungsauftragsverfahren (AAV). Beim EEV wird die Einzugsermächtigung an den Gläubiger/Zahlungsempfänger erteilt; sie ist als Vollmacht i. S. d. §§ 164 ff. BGB anzusehen. Beim AAV wird der Abbuchungsauftrag an die Bank des Zahlungspflichtigen erteilt; sie ist die generelle Weisung des Schuldners an seine Bank, in der Einreichung der Lastschrift durch den Gläubiger liegt die spezielle Weisung des Schuldners (!) an seine Bank i. S. v. §§ 675, 665 BGB (wie bei einer Überweisung). In beiden Verfahren ermächtigt der Schuldner den Gläubiger, zu Lasten seines Kontos Geldbeträge einzuziehen. Reicht der Gläubiger Lastschriften ein, prüft die Schuldnerbank nur, ob Deckung und ggf. der Abbuchungsauftrag vorhanden sind und zahlt dann an die Gläubigerbank. Beim AAV trifft die Bank eine neue Plausibilitätsprüfung (§ 675x Abs. 1 BGB); der Kunde hat ggf. ein 8wöchiges Widerrufs/Erstattungsrecht. Bei der Einzugsermächtigung kann der Schuldner bis zu seiner Genehmigung widersprechen. Die 6-Wochenfrist gilt nur zwischen den Banken aufgrund des Lastschriftabkommens. Zahlungspflichtiger = Schuldner Zahlungsempfänger = Gläubiger Bank =Zahlstelle Bank = 1. Inkassostelle Hinter dem Begriff der Kontenwahrheit verbirgt sich die Pflicht der Banken, sich bei Eröffnung von Konten und Depots sowie bei Mietverträgen über Schließfächer Gewissheit über die Person und Anschrift des Verfügungsberechtigten zu verschaffen. Außerdem müssen die Banken jederzeit Auskunft darüber geben können, über welche Konten und Schließfächer eine Person verfügungsberechtigt ist. Rechtsgrundlage ist § 154 AO und der Anwendungserlass zur AO. Letzterer verweist wiederum auf das Geldwäschegesetz (GwG), s. dort: § 1 Abs. 1 GwG. Die Legitimationspflichten nach AO und GwG sind weitgehend deckungsgleich. § 4 GwG enthält differenzierte Vorgaben, wie die Identifizierung/Legitimation durchzuführen ist und unter welchen Voraussetzungen sie durch Dritte vorgenommen werden kann. § 154 Abgabenordnung: Kontenwahrheit 1. Niemand darf auf einen falschen oder erdichteten Namen für sich oder einen Dritten ein Konto errichten oder Buchungen vornehmen lassen, Wertsachen (Geld, Wertpapiere, Kostbarkeiten) in Verwahrung geben oder verpfänden oder sich ein Schließfach geben lassen. Übung (Lastschrift): Kunde K hat seiner Bank B den Abbuchungsauftrag erteilt, dass die Stadt zur Begleichung der Grundsteuer regelmäßige Lastschriften zu Lasten seines Kontos einreichen dürfen (ca. 90 Euro im Quartal). Außerdem hat er den ADAC ermächtigt, den jährlichen Mitgliedsbeitrag von ca. 70 Euro p. a. von seinem Konto per Lastschrift einzuziehen. In beiden Fällen werden seinem Konto Anfang Juli je 1.000 € belastet. Nach der Urlaubszeit sortiert er Mitte September seine Kontounterlagen und ist der Meinung, beide Zahlungen seien unberechtigt hoch gewesen. Von B verlangt er Gutschrift der Beträge. Zu Recht? 14 2. Wer ein Konto führt, Wertsachen verwahrt oder als Pfand nimmt oder ein Schließfach überlässt, hat sich zuvor Gewissheit über die Person und Anschrift des Verfügungsberechtigten zu verschaffen und die entsprechenden Angaben in geeigneter Form, bei Konten auf dem Konto, festzuhalten. Er hat sicherzustellen, dass er jederzeit Auskunft darüber geben kann, über welche Konten oder Schließfächer eine Person verfügungsberechtigt ist. 3. Ist gegen Absatz 1 verstoßen worden, so dürfen Guthaben, Wertsachen und der Inhalt eines Schließfachs nur mit Zustimmung des für die Einkommen- und Körperschaftsteuer des Verfügungsberechtigten zuständigen Finanzamtes herausgegeben werden. 15 Grundlagen der Geschäftsverbindung: Legitimationsprüfung Grundlagen der Geschäftsverbindung: Legitimationsprüfung Rechtsgrundlagen: Bei der Legitimationsprüfung gilt der Grundsatz: „Know your Customer“ = persönliche Identifizierung. Das Gesetz enthält in § 4 GwG detaillierte Vorgaben, wie zu identifizieren ist. Grundsätzlich muss der Verpflichtete selbst identifizieren. Ausnahmsweise ist aber eine Ausführung durch sog. zuverlässige Dritte zulässig. Es wird zwischen per se zuverlässigen Dritten (bspw. Banken, Notare, Rechtsanwälte und wohl auch die Deutsche Post, § 7 abs. 1 GwG) und sonstigen zuverlässigen Dritten unterschieden (bspw. nicht lizenzierte Vermittler oder Berater, § 7 Abs. 2 GwG). § 154 Abgabenordnung, § 1 Abs. 1 und § 4 Geldwäschegesetz i. V. m. Anwendungserlass zu § 154 AO Übung (Legitimationsprüfung): Persönliche Anwesenheit des Kunden bei der Identifizierung; d.h. keine briefliche Identifizierung („Know your Customer-Prinzip“). K aus Köln möchte bei der Stadtsparkasse Hamburg (S) ein Konto eröffnen aber nicht eigens dafür dorthin reisen. Im Hinblick auf § 154 Abgabenordnung werden folgende Vorgehensweisen überlegt: 1. S schickt die Kontoeröffnungsunterlagen per Einschreiben/Rückschein/eigenhändig an K. Dieser füllt die Unterlagen aus und schickt sie zusammen mit einer Kopie seines Personalausweises an S zurück. 2. S schickt die Unterlagen mit normaler Post. K geht sodann zu einem Kölner Notar und lässt sich die Ordnungsmäßigkeit der notwendigen Unterlagen, insbesondere seiner Legitimation, notariell bestätigen. Die Unterlagen werden zurück an S geschickt. 3. Wie vor, die gewünschten Bestätigungen erteilt aber die (Auto-) Versicherung A (dort ist A´s Wagen versichert). 4. Wie vor, die gewünschten Bestätigungen erteilt aber der freie Vermögensverwalter V, mit dem S seit einiger Zeit, insbesondere im Bereich der Zuführgeschäfte, kooperiert. Wären die Vorgehensweisen zulässig? 16 Grundsatz: Zu erhebende Daten (§ 4 GwG): Bei natürlichen Personen: Name, Geburtsort und -datum, Staatsangehörigkeit und Anschrift. Dokument: Grds.: Personalausweis oder Pass. Bei juristischen Personen/Gesellschaften: Firma, Rechtsform, ggf. Registernummer, Anschrift, Namen der Vertretungsorgane. Dokument: Grds.: (Handels-) Registerauszug. Ausnahmen: Identifizierung über „zuverlässige Dritte“ als Erfüllungsgehilfen der Bank. Per se zuverlässige Dritte sind (§ 7 Abs. 1 GwG): • Grds. alle, die in der EU nach Geldwäschegesetz verpflichtet sind (bspw. Banken, Versicherungen, Anwälte); • Sonstige Versicherungsunternehmen, die Lebensversicherungsverträge oder Unfallversicherungsverträge anbieten; • Notare, Rechtsanwälte, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer; • nach der Gesetzesbegründung auch: Deutsche Post AG (Post-Ident-Verfahren); • Botschaften oder Konsulate der EU-Staaten. Sonstige zuverlässige Dritte (§ 7 Abs. 2 GwG), deren Zuverlässigkeit gesondert geprüft und nachvollziehbar dokumentiert ist. Mit den Sonstigen muss der Verpflichtete eine vertragliche Vereinbarung treffen. 17 Grundlagen der Geschäftsverbindung: Geldwäsche Grundlagen der Geschäftsverbindung: Geldwäsche Die Geldwäschebekämpfung basiert in rechtlicher Hinsicht auf zwei Säulen. Zum einen gibt es das Geldwäschegesetz (GwG) mit bestimmten Pflichten und Verhaltensanordnungen für Institute und andere Verpflichtete. Zum anderen ist „Geldwäsche“ ein Straftatbestand, § 261 StGB. Dieser kann auch „leichtfertig“ begangen werden. Leichtfertigkeit ist eine besonders grobe Form der Fahrlässigkeit. Strafbarkeit droht daher auch für Bankmitarbeiter in besonderem Maße. Die Überführung von „Beutegeld“ in den legalen Geldkreislauf und Terrorismusbekämpfung sollen durch das Geldwäschegesetz unterbunden werden. Diesem Zweck dient eine Identifizierungspflicht durch Institute und anderer Verpflichteter nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 GwG. Strohmanngeschäften ist durch Feststellung des wirtschaftlich Berechtigten entgegenzuwirken, § 3 Abs. 1 Nr. 3 GwG. Ausnahmen bestehen für regelmäßig Bargeld einzahlende (§ 2 Abs. 4 GwG) und in denen der Agierende persönlich bekannt ist oder schon früher identifiziert wurde (§ 7 GwG). Das GwG ordnet die Beendigung der Geschäftsbeziehung an, wenn der Verpflichtete seinen Sorgfaltspflichten nicht nachkommt, § 3 Abs. 6 GwG. Verstärkte Sorgfaltspflichten gibt es bspw. bei „politisch exponierten Personen“, § 6 Abs. 2 Nr. 1 GwG. Zur Identifizierungspflicht tritt eine Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflicht des Instituts hinzu (§§ 9, 10 GwG).Bei Verdachtsfällen ist das Institut zur Unterrichtung der Strafverfolgungsbehörde verpflichtet (§ 11, 13 GwG). Verstöße sind Ordnungswidrigkeiten (§ 17 GwG). § 261 Strafgesetzbuch: „Geldwäsche, Verschleierung unrechtmäßig erlangter Vermögenswerte“ Risikobasierter Ansatz des Geldwäschegesetzes Wesentlicher Inhalt: 1. Wer einen Gegenstand, der aus einem Verbrechen oder bestimmten Vergehen (z.B. Diebstahl, Betrug, Unterschlagung, Urkundenfälschung, Erpressung, Hehlerei, Rauschgiftdelikte etc.) herrührt, verbirgt, dessen Herkunft verschleiert oder die Ermittlung der Herkunft, das Auffinden oder die Sicherstellung eines solchen Gegenstandes vereitelt oder gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. 2. Der Versuch ist strafbar. 3. Wer leichtfertig nicht erkennt, dass der Gegenstand aus einem Verbrechen oder einem der genannten Vergehen herrührt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Zur Leichtfertigkeit: Dies ist eine Verletzung der gebotenen Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße und kann mit "sehr grober Fahrlässigkeit" übersetzt werden 18 Verpflichtete: Weit mehr als bloß Banken; u. a. auch Versicherungen, Anwälte, WPs, Steuerberater, Makler und u. U. sogar gewerbliche Händler, § 3 Abs. 1 GwG. Allgemeine Sorgfaltspflichten: Identifizierung des Vertragspartners, Erkundigung über Zweck des Geschäfts, Klärung des wirtschaftlich Berechtigten und Monitoring. Vereinfachte Sorgfaltspflichten: Bei geringem Risiko, bspw. bei Geschäften mit Banken, börsennotierten Gesellschaften oder Behörden, § 5 GwG. Verstärkte Sorgfaltspflichten: Bei höherem Risiko, bspw. bei Geschäften mit einer „PEP“ – politisch exponierten Person, § 6 GwG. 19 Grundlagen der Geschäftsverbindung: Geldwäsche Grundlagen der Geschäftsverbindung: Geldwäsche Nach dem GwG sind nicht nur „Institute“ verpflichtet. Im Sinne des GwG gilt der Begriff des Verpflichteten (§ 2 Abs. 1 GwG) und umfasst z.B. auch Finanzunternehmen und Versicherungen. Zudem sind bestimmte freie Berufe in den Pflichtenkreis des Gesetzes einbezogen (z.B. Anwälte, Immobilienmakler, Spielbanken und sonstige Gewerbetreibende). Teilweise sind die Begriffbestimmungen bedenklich weit, verpflichtet ist bspw. der Steuerbevollmächtigte (§ 2 Abs. 1 Nr. 8 GwG) oder ein Anwalt wenn er etwa mitwirkt an der Planung oder Durchführung von der Gründung oder Verwaltung von Gesellschaften oder ähnlichen Strukturen (§ 3 abs. 1 Nr. 7 a. E. GwG)! Auch das sog. „Smurfing“ löst die Identifizierungspflichten nach dem GwG aus (§ 3 Abs. 2 Nr. 2 GwG). Ebenso Verdachtsfälle (§ 3 Abs. 2 Nr. 2 GwG), die an die zuständige Strafverfolgungsbehörde zu melden sind (§ 11 GwG). Zu den von den Instituten zu installierenden internen Sicherungsmaßnahmen nach § 9 GwG gehören insbes. die Benennung eines Geldwäschebeauftragten, die Installierung von Sicherungs- und Kontrollsystemen und die Durchführung von Schulungsmaßnahmen. Übungen: Übungen zu Geldwäsche: • Rechtsanwalt R hat für seine Mandantin M einen Rechtsstreit auf Zahlung von 100.000 € und Herausgabe von Schmuck im Wert von 20.000 € geführt und gewonnen. Die unterlegende Partei überweist den streitbefangenen Geldbetrag von 100.000 € auf ein Anderkonto des R und überbringt ihm den Schmuck. • K hat 3 Mietshäuser mit jeweils 12 Eigentumswohnungen geerbt. Hiervon möchte K seinen Lebensunterhalt bestreiten und die Wohnungen sukzessive (2-3 pro Jahr) verkaufen. Hiermit betraut er den Immobilienmakler I. • Bank-Azubi A verzockt seine Ausbildungsvergütung regelmäßig in der Spielbank Aachen (S). An einem der (wenigen) guten Abenden gewinnt er Jetons im Wert von 1.700 €, die er sogleich zurücktauscht. • Gebrauchtwagenhändler G verkauft nach zähen Verhandlungen einen Porsche Cayenne an K, der dafür 22.000 € cash auf den Tisch legt. Müssen R, I, S und G Vorschriften aus dem Geldwäschegesetz beachten? 20 1. Nichtkunde N zahlt bei Kassierer K der Bank B auf das Konto der X-GmbH 12.000 € bar ein. Dies wiederholt sich etwa alle zwei Wochen. 2. Sodann erscheint Kunde S bei K und zahlt auf das Konto der Nigeria-Association mit Sitz in Guernsey 9.000 € ein. Die Scheine sind brandneu, fortlaufend nummeriert, aber echt. Im Verwendungszweck heißt es „1a Ware, Deal gepitcht“. 3. K findet am Abend im Briefkasten einen Briefumschlag mit 20.000 € und einen Zettel mit der Instruktion, dieses Geld bitte dem Konto des C mit der Nr. xyz gutzuschreiben. 4. Schließlich kommt die Frage auf, wie die Geschäftsbeziehung zu gestalten ist mit - einem General der Bundeswehr - einem General der Schweizerischen Armee - dem italienischen Botschafter in Berlin - dem deutschen Botschafter in Rom - einem (ex-) Mitglied des dänischen Parlaments - Carla Bruni (als sie noch ledig aber schon liiert war) - der geheimen Geliebten G von Nicolas Sarkozy K bittet um Rechtsrat, was jeweils zu tun ist. 21 Grundlagen der Geschäftsverbindung: Geldwäsche Grundlagen der Geschäftsverbindung: Kontenabruf durch BaFin Im Rahmen eines Maßnahmenpakets gegen Terrorbekämpfung und Geldwäsche ist nach den Terroranschlägen vom 11. September § 24c KWG geschaffen worden. Entgegen den Vorschlägen der Kreditverbände ein „Anfrageverfahren mit Antwortverpflichtung“ zu schaffen, wurde ein „automatisiertes Konto-Abrufverfahren“ installiert. Erklärtes Ziel ist es, die BaFin in die Lage zu versetzen, neben der Geldwäsche das illegale Schattenbankwesen und das unerlaubte Betreiben von Bank- und Finanzdienstleistungsgeschäften durch zentrale Recherchearbeiten zu bekämpfen. Was ist „Smurfing“? § 3 Abs. 2 Nr. 2 Geldwäschegesetz! Künstliche Aufsplittung von Zahlungsvorgängen, um den Schwellenbetrag von 15.000 € zu umgehen; tatsächlich besteht zwischen den Zahlungsvorgängen aber ein Verbindung. BAFin (BAKred) Verlautbarung vom 30. März 1998, Nr. 18: „Das Bestehen einer Verbindung zwischen den Finanztransaktionen ist im Wege einer Gesamtschau aller Einzelfallumstände festzustellen; dem Kreditinstitut steht dabei ein Ermessensspielraum zu.“ Wann liegt ein Verdachtsfall i.S.v. § 3 Abs. 2 Nr. 2 GwG vor? Wesentlicher Inhalt von § 24c KWG: • Kreditinstitute müssen auf eigene Kosten eine stets aktuelle Datei über Kunden und deren Konten/Depots zum Abruf für die BaFin bereithalten; • die Datei muss die sog. Stammdaten enthalten (§ 24c Abs. 1 KWG); • das Kreditinstitut darf über einen Kontenabruf keine Kenntnis erhalten; Anhaltspunkte für gesteigerte Aufmerksamkeit der Banken nach BAFin (BAKred) Verlautbarung vom 30. März 1998, Nr. 24: • die BaFin erteilt „Amtshilfe“ den Behörden, die u.a. bei der Strafverfolgung tätig sind (§ 24c Abs. 3 KWG); • Transaktion lässt keinen wirtschaftlichen Hintergrund erkennen, • Umstände der Transaktion sind undurchsichtig, • Art und Höhe der Transaktion passen nicht zu den der Bank bekannten Lebensumständen/Geschäftstätigkeiten der Beteiligten, • Transaktion soll ohne erkennbaren Grund über Umwege abgewickelt werden (Drittbanken), die u.U. kostenintensiver sind. • über § 93b Abgabenordnung müssen die Banken auch den Finanzbehörden und den Sozialbehörden bei Anfragen „Amtshilfe“ leisten. 22 23 Kapitalmarktrecht – Wertpapierhandelsrecht: Kapitalmarktrecht – Wertpapierhandelsrecht: Das Gesetz über den Wertpapierhandel (WpHG) ist „das Grundgesetz“ des Kapitalmarktrechts und seit dem 1.1.1995 in Kraft. Es enthält zum einen aufsichtsrechtliche Komponenten (Insiderhandelsverbote (§§ 12 ff. WpHG), Ad-hoc-Publizität § 15 (WpHG) sowie die Offenlegungspflichten bei bedeutenden Beteiligungen an börsennotierten Aktiengesellschaften, §§ 21 ff. WpHG)); zum anderen bilden die Verhaltenspflichten für Wertpapierdienstleistungsunternehmen einen Schwerpunkt der Regelungen (§§ 31 ff. WpHG). Sinn und Zweck dieser Verhaltensregeln sind die Sicherung der Wahrung der Kundeninteressen. Die Einhaltung der Verhaltensregeln werden von der BaFin überwacht (§ 35 WpHG) und jährlich geprüft (§ 36 WpHG). Das „Know your Customer“ Modell des WpHGs ist dreistufig aufgebaut: Erstens: Nach § 31 Abs. 4 WpHG muss die Bank bei Anlageberatung und Finanzportfolioverwaltung das höchste Schutzniveau bieten. Erforderlich ist eine sog. Geeignetheitsprüfung. Die Bank muss einschätzen, ob das Finanzinstrument oder die Wertpapierdienstleistung für den Kunden geeignet ist. Dies beurteilt sich danach, ob das Geschäft mit seinen Risiken für den Kunden tragbar und verständlich ist. Erlangt die Bank die Informationen nicht, darf sie keine Anlageberatung erbringen oder im Rahmen der Finanzportfolioverwaltung keine Empfehlung abgeben. Zweitens: Weniger Schutzniveau enthält das Vorgehen nach § 31 Abs. 5 WpHG: Erforderlich ist nur eine sog. Angemessenheitsprüfung. Dies beurteilt sich danach, ob der Kunde über die erforderlichen Kenntnisse und Erfahrungen verfügt, um die Risiken der Geschäfte beurteilen zu können. Kommt die Bank zu Meinung, der Kunde könne dies nicht, muss sie ihn darauf hinweisen. Erlangt die Bank die notwendigen Informationen nicht, muss sie den Kunden darauf hinweisen, dass keine Angemessenheitsprüfung möglich ist. Drittens: Noch weniger Schutzniveau enthält das Vorgehen nach § 31 Abs. 7 WpHG. Wenn die Bank nur bestimmte Wertpapierdienstleistungen in bestimmten (nicht komplexen) Finanzinstrumenten erbringt, bestehen die Pflichten nach § 31 Abs. 5 WpHG nicht. Die Bank muss den Kunden aber darüber informieren, dass keine Angemessenheitsprüfung stattfindet. Ungeachtet von diesem dreistufigen Modell muss eine Bank ihrem „Wertpapierkunden“ angemessene Informationen zur Verfügung stellen, damit die Kunden die Art und Risiken des „Wertpapiergeschäfts“ verstehen und auf dieser Grundlage ihre Anlageentscheidung treffen können (§ 31 Abs. 3 WpHG). Grundbegriffe - Wertpapierhandelsgesetz: Anwendungsbereich: Bspw. Erbringung von Wertpapierdienstleistungen, Wertpapiernebendienstleistungen, Handel mit Finanzinstrumenten, Finanztermingeschäfte, Finanzanalysen, Veränderung von Stimmrechtsanteilen an börsennotierten Gesellschaften (§ 1 Abs. 1 WpHG). Regelungsadressat: u.a. Wertpapierdienstleistungsunternehmen = Institute, die gewerblich Wertpapierdienstleistungen erbringen (§ 2 Abs. 4 WpHG). Wertpapierdienstleistungen: Bspw. Finanzkommissionsgeschäft, Eigenhandel, Abschlussvermittlung, Finanzportfolioverwaltung, Anlageberatung (vgl. § 2 Abs. 3 WpHG). Überwachung/Kontrolle: BaFin mit Generalermächtigungsgrundlage in § 4 WpHG. 24 Übungsfall: K wird Kunde der Bank B. Zu Beginn der Geschäftsbeziehung erkundigt sich B mit Hilfe des sog. „WpHG“ Bogens nach Erfahrungen, Kenntnissen und Anlagezielen des K. K verweigert die Angaben aber, weil er meint, dies gehe B nichts an. Nach einem „Beratungsgespräch“ empfiehlt B dem K, er möge bestimmte Aktien kaufen, die erfolgversprechend seien. Das Gegenteil tritt ein, K verliert 50.000 €, die er von B „wegen Beraterhaftung“ ersetzt verlangt. Zu Recht? Variante 1: K macht Angaben im WpHG-Bogen, diese waren erfunden aber schlüssig. Variante 2: K macht Angaben im WpHG-Bogen, diese waren offenkundig erfunden (Beruf: König, Gehalt: -, Vermögen 9 Mio. €). Zusatzfrage: Wie kann B ihr Geschäftsmodell gestalten, um möglichst wenig tun und haften zu müssen? 25 Kapitalmarktrecht – Wertpapierhandelsrecht: Kapitalmarktrecht – Wertpapierhandelsrecht: § 31 Abs. 3 WpHG enthält für Wertpapierdienstleistungsunternehmen detaillierte Informationspflichten. Sie müssen sich auf das Unternehmen, die Arten von Finanzinstrumenten, Strategien und Risiken, Ausführungsplätze und Kosten beziehen. Ob und wenn ja welche Vorschriften der §§ 31 ff. WpHG Schutzgesetze im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB ist, ist teilweise umstritten. Schadensersatzansprüche wegen Informationspflichtverletzung oder fehlerhafter Beratung verjähren in 3 Jahren ab Anspruchsentstehung, § 37a WpHG. Übung (Informationspflichtverletzung): K ist Kunde des Discount-Brokers C. Zu Beginn der Geschäftsbeziehung hat sich C nach Erfahrungen und Kenntnissen des K erkundigt: K hat eine kleine Rente; in Geldfragen ist er unerfahren und hat bislang bloß in Bundeswertpapiere investiert. Im von K unterschriebenen Kontoeröffnungsantrag heißt es u.a.: „ ... im Interesse günstiger Konditionen verzichtet C auf jegliche Art der Beratung. Außerdem nimmt C keine Prüfung dahingehend vor, ob die Geldanlage für den Kunden angemessen ist.“. K ordert diverse Aktien, Rentenpapiere und schließlich auch an der Frankfurter Wertpapierbörse gelistete US-amerikanische Penny-Stocks. C führt auch dieses Geschäft aus; besonderes Informationsmaterial dazu lässt sie K nicht zukommen. 2 Jahre später fällt das amerikanische Unternehmen des Penny-Stocks endgültig in eine Finanzkrise; der Wert der Aktie fällt um 95 %. Weitere 2 Jahre später ist der Kurs unverändert und K verlangt von C Schadensersatz mit der Begründung, dass er den Wert nicht gekauft hätte, wenn C ihren Aufklärungs- und Beratungspflichten genügt hätte. C weigert sich und ist der Auffassung, sie habe nichts tun müssen und K sei mit dem Verfahren schließlich einverstanden gewesen, außerdem sei das ganze nun auch schon so lange her. In § 31 Abs. 3 WpHG ist eine allgemeine Informationspflicht verankert. Der Kunde muss rechtzeitig verständliche Informationen haben, die angemessen sind, damit er insbes. die Risiken verstehen und seine Anlageentscheidung treffen kann. Anlageberatung ist in § 2 Abs. 3 Nr. 9 WpHG als Wertpapierdienstleistung definiert. Sie ist insbes. die nicht ausschließliche öffentliche Abgabe von persönlichen Empfehlungen an Kunden, die sich auf Wertpapiertransaktionen beziehen, sofern sie auf persönliche Umstände des Anlegers gestützt sind und sich für ihn als geeignet darstellen. Informationspflicht (=Aufklärungspflicht): Beratungspflicht: betrifft konkrete Tatsachen. Der Kunde soll in die Lage versetzt werden, selbst ein bestimmtes geschäftliches Risiko beurteilen und eine eigene Entscheidung treffen zu können. Neben der Tatsachenübermittlung treten Werturteile über bestimmte Verhältnisse und Risiken hinzu, die schließlich in eine bestimmte Empfehlung einmünden. Kurz: Durch Beratung teilt die Bank dem Kunden mit, wie sie selbst handeln würde, wenn sie an Stelle des Kunden stünde. Rechtslage? 26 27 Kapitalmarktrecht – Wertpapierhandelsrecht: Kapitalmarktrecht – Wertpapierhandelsrecht: Kundenkategorisierung (§§ 31a, 31b WpHG): Nach §§ 31a, 31b WpHG müssen die Kunden entweder als Privatkunden, professionelle Kunden oder als geeignete Gegenpartei eingestuft werden. In eine der Kategorien gelangt man, indem entweder gesetzliche Kriterien erfüllt werden (geborener Status) oder indem die Beteiligten dies vereinbaren (gekorener Status). Privatkunden sind solche, die nicht als professionelle Kunden oder geeignete Gegenpartei einzuordnen sind, § 31a Abs. 3 WpHG. Die anderen Kunden können auch „downgegraded“ werden (gekorene Privatkunden), § 31a Abs. 5 und Abs. 6 WpHG. Professionelle Kunden sind solche, die bestimmte Kriterien erfüllen, § 31a Abs. 2 – bspw. Institute, Versicherungen, Börsenhändler, große Unternehmen, Zentralbanken und Regierungen sowie ggf. weitere Institutionelle. Ein Privatkunde kann sich auch zum Professionellen „upgraden“ lassen (§ 31a Abs. 7 WpHG), wenn er die Risiken einschätzen kann. Er muss dann zwei von den drei Kriterien erfüllen: 10 „große“ Transaktionen im letzten Jahr, Vermögen von 500.000 €, ein Jahr Berufstätigkeit im Umfeld des Kapitalmarkts; die Bank muss den Kunden dann schriftlich über den Verlust von Schutzvorschriften für Privatkunden hinweisen; dies muss der Kunde schriftlich bestätigen. Geeignete Gegenparteien sind eine Teilmenge der professionellen Kunden, § 31a Abs. 4. Bspw. Banken, Versicherungen, Zentralbanken und Regierungen. Es können auch weitere Unternehmen zur geeigneten Gegenpartei gekoren werden, wenn sie zustimmen (§ 31a Abs. 4, letzter Satz WpHG). Aus der Eingruppierung in die einzelnen Kategorien folgt ein unterschiedliches Schutzniveau. Privatkunden schützt das WpHG am stärksten, professionelle weniger und geeignete Gegenparteien am Geringsten. Beispiele: Bei Geschäften mit geeigneten Gegenparteien besteht gemäß § 31b WpHG keine Aufklärungspflicht nach § 31 Abs. 3 WpHG und muss keine Angemessenheitsprüfung nach § 31 Abs. 5 WpHG erfolgen. Des Weiteren muss nur bei Privatkunden zu Beginn der Wertpapiergeschäftsbeziehung eine schriftliche Rahmenvereinbarung abgeschlossen werden, § 34 Abs. 2 WpHG. Weiter muss eine Angemessenheitsprüfung nach § 31 Abs. 5 WpHG nur bei Privaten und bei Professionellen erfolgen, aber bei letzteren wird die Angemessenheit vermutet (§ 31 Abs. 9 WpHG). Alle Kunden sind einzugruppieren als: Private - geborene - gekorene Professionelle - geborene - gekorene Geeignete Gegenpartei In der Praxis spielt neben unzureichender Risikoaufklärung die Thematik unzureichender Anlageberatung im Bereich der Haftung der Werpapierdienstleister eine wesentliche Rolle. Im sog. Bond-Urteil hat der BGH grundlegend die Fragen entschieden, woraus eine Beratungsverpflichtung erwächst und welche qualitativen Anforderungen an die Beratung zu stellen sind. Übung (Anlageberatung) - Bond-Urteil, BGHZ 123, 126: K ist Kunde der Volksbank V. Im Anschluss an ein Beratungsgespräch und eine Empfehlung durch V, erwirbt K eine auf australische Dollar lautende Anleihe des Emittenten Bond. V hatte K in Form einer Informationsbroschüre zwar einige Informationen zum Verlustrisiko beim Erwerb von ausländischen Anleihen (Bonitäts-, Liquiditäts-, Konjunktur und Währungsrisiko) zukommen lassen; die Anlage passte jedoch nicht zu den Vorstellungen des K, der deutlich gemacht hatte, faktisch kein Risiko eingehen zu wollen. Die Anleihe wurde schließlich nicht zurückgezahlt. K beruft sich gegenüber V auf fehlerhafte Beratung. V erwidert, sie könne nicht permanent ausländische Ratings und die internationale Finanzpresse auswerten, sie hätte nicht mal einen Mitarbeiter, der Englisch spreche. Rechtslage? - geborene - gekorene Rechtsfolge: Je nach Kategorie sieht das WpHG ein unterschiedliches Schutzniveau und unterschiedliche Verhaltenspflichten für die Bank vor. 28 29 Beratungsvertrag Kapitalmarktrecht – Wertpapierhandelsrecht: (nach dem sog. Bond-Urteil des BGHZ 123, 126 ff.) Ab 1. November 2007 gelten die neuen Vorgaben des WpHG, u.a.: Bearbeitung von Kundenaufträgen (§ 31c WpHG): Zustandekommen: • ausdrücklich als isolierter Vertrag oder im Rahmen eines Vermögensverwaltungsvertrages, oder • konkludent durch tatsächliche Inanspruchnahme und Gewährung von Beratungsleistungen, wobei der Kunde zu erkennen gibt, dass er auf die Empfehlung der Bank angewiesen ist und er seine Entscheidung von dieser abhängig machen will. Inhalt: Die Bank muss anlegergerecht (1) und anlagegerecht (2) beraten; d.h. sie muss: § 31c WpHG stellt detaillierte Grundsätze auf, wie Kundenaufträge zu bearbeiten sind. Bspw. sind sie unverzüglich und redlich auszuführen und müssen der Reihenfolge ihres Eingangs bearbeitet werden. Informationen im Zusammenhang mit Kundenaufträgen dürfen nicht missbraucht werden und bei Zusammenlegung von Kundenorders („Blockorders“) müssen die Kundeninteressen gewahrt und die Kunden über etwaige Probleme informiert werden. Offenlegung von Zuwendungen (§ 31d WpHG): Zuwendungen (Provisionen, Gebühren, geldwerte Vorteile) werden durch § 31d WpHG stark reglementiert. Grundsätzlich dürfen Zuwendungen weder angenommen noch gewährt werden. Dies gilt nicht, wenn sie darauf angelegt ist, die Qualität der für den Kunden erbrachten Dienstleistung zu verbessern und die Bank die Existenz, Art und Umfang der Zuwendung (ggf. die Art und Weise ihrer Berechnung) dem Kunden vor der Dienstleistung in umfassender, zutreffender und verständlicher Weise deutlich offen gelegt wird. Die Offenlegung in zusammengefasster Form reicht, wenn die Bank dem Kunden die Offenlegung von Einzelheiten anbietet und auf Nachfrage gewährt. Organisationspflichten (§ 33 WpHG): (1) die Vermögensverhältnisse und die Anlageziele des Kunden berücksichtigen und ggf. erfragen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen haben die organisatorischen Pflichten nach § 25a KWG einzuhalten. Es selbst und die Mitarbeiter müssen den Pflichten des WpHGs genügen. Hierzu gehören das Aufstellen interner Grundsätze und die Einrichtung einer dauerhaften und wirksamen ComplianceOrganisation als Kontrolle. (2) sachdienliche Informationen und ihre eigene Empfehlung zu dem konkreten Anlageobjekt vermitteln. Best Execution (§ 33a WpHG): Wertpapierdienstleistungsunternehmen müssen angemessene Vorkehrungen treffen, insbesondere Grundsätze zur Auftragsausführung festlegen, um sicherzustellen, dass das bestmögliche Ergebnis für den Kunden erreicht wird. Die „best execution“ betrifft die mit der Auftragsausführung verbundenen Kosten, die Geschwindigkeit, die Wahrscheinlichkeit der Ausführung und der Abwicklung des Auftrags. Wichtig: Die Bank muss den Kunden vor der erstmaligen Erbringung der Finanzdienstleistung über die Ausführungsgrundsätze informieren und seine Zustimmung dazu einholen (§ 33a Abs. 6 WpHG). 30 31 Kapitalmarktrecht – Wertpapierhandelsrecht: Kapitalmarktrecht – Wertpapierhandelsrecht: Finanzportfolioverwaltung ist Finanzdienstleistung (§ 1 Abs. 1a Nr. 3 KWG) und Wertpapierdienstleistung (§ 2 Abs. 3 Nr. 7 WpHG). In der seltenen Treuhandvariante, werden der Bank die Vermögenswerte treuhänderisch übertragen, häufiger agiert die Bank aber nur als Vertreter des Kunden (Vertretervariante). Die Vermögensverwaltungsverträge sind oft vorformulierte Vertragswerke und daher an den §§ 305 ff. BGB zu messen. Übung (Vermögensverwaltung, LG München, WM 1999, 179 ff.): Kunde K schloss mit Bank B einen Vermögensverwaltungsvertrag. Danach sollte B die etwa 2 Mio. € des K mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns selbständig und ohne Einholung von Weisungen verwalten. Das Vermögen sollte in inländischen Aktien und Anleihen sowie in Investmentanteilen angelegt werden, in Termingeschäften allenfalls zur Absicherung. K wünschte laufende Erträge und langfristigen Vermögenszuwachs. Nach dem Vertrag haftete B hinsichtlich der Einschätzung und Bewertung der Investments nur für grobes Verschulden. Als Anlagepolitik wurde „grundsätzlich konservativ“ vereinbart: d.h.: „maximal 30 % des Anlagevolumens dürfen in deutsche Aktien angelegt werden, Schwerpunkt: Standardwerte aber auch wachstumsorientierte Nebenwerte mit guter Bonität.“ Im übrigen sollte bis zu 15 % in Liquidität, 50 % in deutsche Anleihen und ggf. bis zu 20 % in Immobilienfonds angelegt werden. B entschließt sich, für etwa 120.000 € die in Analysekreisen als „Turn-around-Kandidaten“ gehandelten „Klöckner“ und „KHD“ zu kaufen. Ein Jahr später kündigt K den Verwaltervertrag und realisiert bei Klöckner und KHD einen Schaden von insgesamt über 60.000 €, den er von B erstattet haben möchte. Zu Recht? 32 Die Rechtsprechung befasst sich seit einiger Zeit mit der Frage, ob und inwieweit Zuwendungen von und an Wertpapierdienstleistungsunternehmen fließen dürfen. Kernaussagen der wichtigsten Entscheidungen gehen dahin, dass Zuwendungszahlungen jedenfalls nicht ohne Kenntnis des Kunden erfolgen dürfen. Sogenannte „Kick-backs“ bei der Vermögensverwaltung müssen dem Kunden sowohl durch den Vermögensverwalter als auch durch die Bank offen gelegt werden (BGH WM 2001, 297). Beim Vertrieb von Investmentfonds müssen dem Kunden nach dem BGH „Art und Höhe der Provisionszahlungen“ transparent gemacht werden (BGH v. 19.12.2006 – XI ZR 56/05). Inzwischen ist die Zuwendungsthematik generell in § 31d WpHG geregelt. Wird gegen die rechtlich vorgeschriebenen Verhaltensweisen verstoßen, drohen Schadensersatzersatzansprüche gegen die Bank über § 280 BGB oder u.U. über § 823 Abs. 2 i.V.m. § 31d WpHG. Übung (“Kick-Backs”): Bank B schließt mit der Vermögensverwaltungsgesellschaft V eine Vereinbarung, die die Zusammenarbeit bei Bankgeschäften mit den von V betreuten Kunden der B regelt. Danach soll V eine Vergütung in Höhe von 33,3 % der Effektenprovision aus von V im Namen und für die Kunden veranlassten Wertpapiergeschäften erhalten. Sodann eröffnet Kunde K bei B ein Konto und ein Depot, das von V verwaltet werden soll. Von der Vereinbarung zwischen B und V erfährt K zunächst nichts. In der Folgezeit verwaltet V das Vermögen und kassiert die anteilige Provision. V verspekuliert sich und macht (für K) Verluste. Als K von der Vereinbarung zwischen B und V erfährt, verlangt er von B (!) Schadensersatz. Rechtslage? 33 Kapitalmarktrecht – Übernahmerecht: Kapitalmarktrecht – Übernahmerecht: Das WpÜG regelt die Übernahme börsennotierter Aktiengesellschaften. Es ist anzuwenden auf öffentliche Kauf-/Tauschangebote eines Bieters, der Aktien einer Zielgesellschaft mit Sitz in Deutschland oder innerhalb des EWR, erwerben möchte. Das Gesetz ist nach dem „Baukastenprinzip“ aufgebaut: Zunächst regelt es „normale“ Kauf-/Tauschangebote zum Erwerb von Aktien einer Zielgesellschaft (§§ 10 bis 28 WpÜG), sodann „Übernahmeangebote“, die auf den Erwerb der Kontrolle über eine Zielgesellschaft ausgerichtet sind (§§ 29 bis 34 WpÜG) und als letztes „Pflichtangebote“. Wertpapiererwerbsund Übernahmegesetz (WpÜG) Bis zum 1.1.2002: Freiwillige Regelungen, insbes. Übernahmekodex Ziel des WpÜG: Gewährleistung eines fairen und geordneten Verfahrens für öffentliche Angebote auf Wertpapiere börsennotierter Gesellschaften Wesentliche Grundsätze, § 3 WpÜG: • • • • Beispielsfälle: 1. B möchte sich mit bis zu 10 % an der W-AG beteiligen, deren Aktien an der Börse Bremen notiert sind. Die W-AG ist ein „enger Wert“, größere Nachfrage führt schnell zu Kurssteigerungen, was B vermeiden möchte. B wendet sich per Brief an 35 institutionelle Anleger mit dem Angebot, Aktien der W-AG zu Preis von 20 € zu erwerben. Muss B Vorgaben des WpÜG beachten? Wenn ja, welche? Wie, wenn B das Angebot nicht nur an die bestimmten Adressen richtet und auf seine Homepage stellt? 2. Investor I kauft an der Frankfurter Börse sukzessive Aktien der Z-AG. Nachdem er binnen weniger Wochen gut 5 % des Grundkapitals erworben hat, entschließt er sich, seinen Anteil durch ein öffentliches Angebot auf 1/3 des Kapitals aufzustocken. Als Gegenleistung sollen die Altaktionäre Aktien der dem I mehrheitlich gehörenden I-AG (notiert an der Börse Bremen Wertpapierbörse) erhalten. Möglich? 6 Monate nach Durchführung des Übernahmeverfahrens erwirbt I als Paket außerbörslich weitere 10 % am Grundkapital der Z-AG. Der Preis liegt über der Gegenleistung, die I im Übernahmeverfahren gezahlt hatte. Welche Rechte hat Altaktionär A, der damals das Angebot akzeptiert hatte? Gleichbehandlung der Aktionäre, umfassende Information der Aktionäre, Sicherstellung der Finanzierung des Angebots, Gebot, die Zielgesellschaft durch die Übernahme nicht unverhältnismäßig zu behindern. 3. A hält eine Beteiligung von 25 % an der X-AG. A erwirbt die G-GmbH, die ihrerseits mit 10 % am Kapital der X-AG beteiligt ist. Muss A ein Angebot nach WpÜG machen, obwohl er weitere X-AG-Aktien nicht erwerben möchte? 34 35 Verfahrensablauf - Angebote nach WpÜG I. Beispielsfälle „Acting in Concert“: Vorbereitung eines öffentlichen Angebots: • Vorabinformation der Börsen und der BAFin über die AngebotsEntscheidung, § 10 Abs. 2 WpÜG • Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots, § 10 Abs. 1 WpÜG: • Gesonderte Informationen an Vorstand der Zielgesellschaft und Arbeitnehmer (-vertreter), § 10 Abs. 5 WpÜG II. Das öffentliche Angebot 1. Eine Aktionärsschutzvereinigung empfiehlt Aktionären vor Hauptversammlungen jeweils ein bestimmtes Abstimmungsverhalten, das von einem über 30 % liegenden Aktionärskreis regelmäßig befolgt wird. Führt dies zur Zurechnung unter den Aktionären, die sich an die Empfehlung halten? 2. Der Vorstand vermittelt unter verfeindeten Aktio- • Erstellung der Angebotsunterlage, § 11 WpÜG • Übermittlung der Angebotsunterlage an BAFin, § 14 Abs. 1 WpÜG • Prüfung der Angebotsunterlage durch BAFin, § 14 Abs. 2 WpÜG • Ggf. bei Gegenleistung in bar: Finanzierungsbestätigung einer Bank, § 13 WpÜG närsgruppen, die insgesamt mehr als 30 % der Stimmrechte halten, vor jeder Hauptversammlung eine Einigung hinsichtlich der zum Aufsichtsrat zu bestellenden Personen und zu sonst bedeutsamen Tagesordnungspunkten. Demgemäß wird in der Hauptversammlung sodann abgestimmt wird. Ist § 30 Abs. 2 WpÜG erfüllt? • Veröffentlichung der Angebotsunterlage, § 14 Abs. 2 und 3 WpÜG, dadurch wird Angebot bindend, § 16 Abs. 1 WpÜG • Übermittlung der Angebotsunterlage an den Vorstand der Zielgesellschaft, § 14 Abs. 4 WpÜG • Abgabe und Veröffentlichung einer Stellungnahme des Vorstands und des Aufsichtsrats der Zielgesellschaft zum Angebot, § 27 WpÜG • Ggf. Änderungen des Angebots zu Gunsten der Aktionäre, § 21 WpÜG • Annahmeerklärungen der Aktionäre • Regelmäßige „Wasserstandsmeldungen“ des Bieters über die Anzahl der Annahmeerklärungen, § 23 WpÜG 36 37 Ablauf eines Squeeze Out Fall (Squeeze out): • Entschluss des Hauptaktionärs (95 %) zum Squeeze Out; A hält zu 70 % das Kapital an der xy-AG und der AGmbH. Die A-GmbH ist ihrerseits zu 25 % an der xy-AG beteiligt. Das restliche Kapital der xy-AG (5 %) liegt in der Hand des B. Dieser nutzt seine Aktionärsrechte vollumfänglich. In den Hauptversammlungen macht er ausgiebig von seinem Auskunftsrecht (§ 131 AktG) Gebrauch, stellt Gegenanträge, erhebt Widerspruch gegen gefasste Beschlüsse und nutzt jede sich bietende Möglichkeit, Anfechtungsklage gegen Beschlüsse zu erheben (§ 246 AktG). • Festlegung einer angemessenen Barabfindung durch Hauptaktionär (§ 327b Abs. 1 AktG); A will B „notfalls mit Geld“ loswerden. Was kann er tun? • Einladung zur Hauptversammlung mit Beschreibung des Vorhabens (§ 327c Abs. 1 AktG) Was kann B gegebenenfalls tun, wenn er meint, es habe zu wenig Geld gegeben? • Schriftlicher Bericht des Hauptaktionärs zum Vorhaben (§ 327c Abs. 2 Satz 1 AktG) • Antrag auf Auswahl eines Prüfers an das Gericht (§ 327c Abs. 2 Satz 2 AktG) • Prüfung des Berichts durch gerichtlich bestellten Prüfer • Vorlage einer Bankgarantie (§ 327b Abs. 3 AtkG) • Auslage von Squeeze out-Unterlagen für Aktionäre (§ 327c Abs. 3 AktG) • Hauptversammlung mit Beschlussfassung, ggf. Erläuterung durch Hauptaktionär (§ 327d AktG) • Ggf. Anfechtung des HV-Beschlusses (§ 246 AktG) • Anmeldung zum Handelsregister (§ 327e Abs. 1 AktG) • Eintragung zum Handelsregister = konstitutiv für Ausschluss (§ 327e Abs. 3 AktG) • Ggf. Spruchstellenverfahren wegen der Höhe der Abfindung (§ 327f Abs. 1 AktG) 38 39 Kapitalmarktrecht – Investmentrecht - Grundbegriffe: Kapitalmarktrecht – Investmentrecht - Vertrieb: Das Investmentgesetz enthält aufsichtsrechtliche und privatrechtliche Regelungen für Kreditinstitute, die das Investmentgeschäft (§ 1 Abs. 1 Nr. 6 KWG) betreiben. Sinn und Zweck ist Anlegerschutz durch einen klaren Rechtsrahmen und eine effektive Aufsicht durch die BaFin. Neben allgemeinen Bestimmungen über die am Investmentgeschäft Beteiligten (§§ 1 ff. InvG) enthält das InvG Vorgaben über die Sondervermögen (§§ 30 ff. InvG), Investmentaktiengesellschaften (§§ 96 ff. InvG), Hedgefonds (§§ 112 ff. InvG) und Vertriebsvorschriften (§§ 121 ff. InvG). Der Investmentsparer wird durch das InvG umfassend geschützt. Hierzu gibt es Organisations- und Ordnungsvorschriften (bspw. §§ 6 ff., 20 ff. InvG), die Publizitätspflichten der Gesellschaft (bspw. 44 InvG) und das Recht auf Rückgabe der Anteilscheine durch den Inhaber (§ 37 InvG). Daneben schützen den Investmentsparer besonders die Vorgaben zum Vertrieb von Investmentanteilen (§§ 121 – 142 InvG). Dem Erwerber sind der Verkaufsprospekt, die Vertragsbedingungen, der Jahresbericht und der anschließende Halbjahresbericht zugänglich zu machen (Verkaufsunterlagen), § 121 InvG. Für Richtigkeit und Vollständigkeit des Prospekts haften die Kapitalanlagegesellschaft und gewerbliche Verkäufer, § 127 InvG. In vielen Fällen besteht ein unverzichtbares zweiwöchiges Widerrufsrecht für den Käufer, § 126 InvG. § 126 InvG enthält Vorgaben für sog. „gezillmerte“ Sparverträge. • Investmentvermögen (§ 1 S. 2 InvG): sind Vermögen zur gemeinschaftlichen Kapitalanlage, die nach dem Grundsatz der Risikomischung u.a. in Wertpapiere, Geldmarktinstrumente, Derivate, Bankguthaben oder Immobilien angelegt sind. Sondervermögen sind Investmentfonds, die von einer Kapitalanlagegesellschaft verwaltet werden (§ 2 Abs. 2 InvG). • Kapitalanlagegesellschaften (§§ 6 ff. InvG): sind Kreditinstitute, deren Hauptzweck in der Verwaltung von Sondervermögen besteht. Der Geschäftsbetrieb einer Kapitalanlagegesellschaft bedarf der schriftlichen Erlaubnis der BaFin (§ 7 Abs. 1 InvG). Für Kapitalanlagegesellschaften gelten bestimmte Verhaltens- und Organisationspflichten (§ 9 InvG). Für Kapitalanlagegesellschaften gilt der „Europäische Pass“ (§§ 12 ff. InvG). • Depotbanken (§§ 20 ff. InvG): Übung (Vertrieb von Investmentfonds): V ist im strukturierten Investmentfonds-Vertrieb der Kapitalanlagegesellschaft K tätig. Auf einer Anlegermesse kommt es zwischen V und Anleger P zu einem Anlagegespräch. Dieses mündet darin, dass P in formell nicht zu beanstandender Weise 2 Fonds zu je 50.000 € nebst Ausgabeaufschlag in Höhe von 4 % erwirbt. Nach 10 Tagen hat sich Fonds 1 erfreulich entwickelt. Diesen will P behalten, nicht aber Fonds 2, der an Wert verloren hat. P bittet um Rechtsrat nach seinen Möglichkeiten. Übung („gezillmerte“ Fonds-Sparpläne): sind für die Verwahrung von Wertpapieren und Geld sowie für die Ausgabe und Rücknahme von Anteilscheinen zuständig (§ 20 InvG). Die Depotbank kontrolliert das Geschäftsverhalten der Kapitalanlagegesellschaft und macht ggf. Ansprüche der Anleger gegen die Kapitalanlagegesellschaft geltend. Der BaFin stehen weitreichende Eingriffsbefugnisse hinsichtlich Auswahl und Wechsel der Depotbank zu (§ 21 InvG). Bank B will Investmentfonds über Sparpläne vertreiben und kreiert folgendes Produkt: 10 Jahre Laufzeit, monatliche Sparraten von 100 € ergeben 12.000 € Einzahlsumme. Der Kunde erwirbt die Fonds ausgabeaufschlagfrei, d.h. zum sog. Net Asset Value (NAV). Die Abschlusskosten von 600 €, die für den Vertrieb vereinnahmt werden, sollen dadurch bezahlt werden, dass im ersten Sparjahr nur 50 % der Sparraten in Fonds angelegt werden, mit den anderen 50 % bezahlt der Kunde die Provision. Zulässig? 40 41 Kapitalmarktrecht – Investmentrecht – Hedgefonds: Kapitalmarktrecht – Investmentrecht – Prospekthaftung: Das InvG hat in §§ 112 ff. die sog. Hedgefonds eingeführt, wobei zwischen Dachhedgefonds und Singlehedgefonds unterschieden wird. Singlehedgefonds (§ 112 InvG) dürfen nur im Wege der Privatplatzierung vertrieben werden. Sie sind bei ihrer Anlagestrategie (fast) keinen Beschränkungen bei der Auswahl ihrer Vermögensgegenstände unterworfen. Unzulässig ist allerdings die Anlage in Immobilien. Dachhedgefonds (§ 113 InvG) dürfen öffentlich vertrieben werden. Sie dürfen nur in Zielfonds (insbes. Singlehedgefonds) und liquide Mittel investieren. Zum Schutz der Anleger werden bestimmte Informationspflichten und Pflichtangaben verlangt. Für den Vertrieb von Dachhedgefonds bestehen strengere Vorgaben als bei „normalen“ Fonds (§ 121 Abs. 3 InvG). Haftungsvoraussetzungen (§ 127 Abs. 1 InvG): • Unrichtige oder unvollständige Angaben in einem ausführlichen oder vereinfachten Verkaufsprospekt, die für die Beurteilung des Wertes der Wertpapiere erheblich sind; Verantwortliche (als Gesamtschulder): Hedgefonds (§§ 112 ff. InvG) • Kapitalanlagegesellschaft und der (gewerbliche) Verkäufer; Singlehedgefonds (§ 112 InvG) Anspruchsziel: • kein öffentlicher Vertrieb zulässig • Übernahme der Investmentfondsanteile gegen Erstattung des gezahlten Betrages (Preis zuzüglich Kosten); • Kreditaufnahme und Derivate (leverage) möglich Haftungsausschluss (§ 127 Abs. 3 InvG): • Leerverkäufe möglich • Papiere wurden nicht aufgrund Prospekts erworben; • Anleger kannte Mangel des Prospekts oder hätte kennen müssen; • Verantwortlicher kannte die Unrichtigkeit nicht und hätte sie auch nicht kennen müssen; • wenig Beschränkungen hinsichtlich der Anlagegegenstände Dachhedgefonds (§ 113 InvG) • öffentlicher Vertrieb zulässig Verjährung (§ 127 Abs. 5 InvG): • Investitionen nur in Zielfonds und liquiden Anlagen • Besondere Vertriebs-/Schutzvorschriften – „Warnung des Finanzministers“ (§§ 117 Abs. 2, 121 Abs. 3 InvG) 42 • Ein Jahr nach Kenntnis von der Unrichtig- oder Unvollständigkeit, spätestens nach drei Jahren, § 127 Abs. 5 InvG. Daneben (BGHZ 74, 103, 104): Allgemeine zivilrechtliche Prospekthaftung: Jeder hat für die Richtigkeit und Vollständigkeit der in Verkehr gebrachten Prospekte einzustehen, der durch von ihm in Anspruch genommenes Vertrauen auf den Willensentschluss der Kapitalanleger Einfluss genommen hat. 43 Kapitalmarktrecht – Investmentrecht – Prospekthaftung: Übung (Landgericht Frankfurt, EWiR 2003, 173): Vermögensverwalter K erwarb für 3.5 Mio. € Anteile am Investmentfonds J.B. Creativ. Der Fonds wurde von der Kapitalanlagegesellschaft B aufgelegt. Weder vor noch anlässlich des Erwerbs wurde dem K ein Fonds-Verkaufsprospekt angeboten. Im Prospekt heißt es: „ ... Der J.B. Creativ investiert in in- und ausländische Unternehmen. Deren Auswahl erfolgt u.a. nach Marktposition, technologischem Vorsprung, kreativem Management sowie zukunftsweisenden, innovativen Produkten und Unternehmensstrategien. Wachstumschancen von Innovationen stehen im Vordergrund. Der Anlagestil ist durch ein hohes Maß an Antizipationsfähigkeit für zukünftige Entwicklungen und (auch grenzüberschreitenden) Verflechtungen gekennzeichnet. Unser Anlageprozess ist eine Kombination zwischen dem Hineindenken in die Bedürfnisse der künftigen Gesellschaft, dem interdisziplinären Querdenken und dem Vordenken künftiger Wachstumschancen. Die extrem schnellen Veränderungen unseres Wirtschaftsumfeldes im Zeitalter der vollkommenen Information können auch im Portefolio-Management nicht mehr mit herkömmlichen Methoden monokausaler Erklärungsmuster bewältigt werden, sondern erfordern eine interaktive Kommunikationsstruktur in Netzwerken ... . Warnhinweis: Die Kurse der Wertpapiere können unvorhergesehen sinken, es kann keine Zusicherung gemacht werden, dass die Ziele der Anlagepolitik erreicht werden ..“ Der Fonds war zu 60 bis 70 % in Titeln des Neuen Marktes investiert. Nach massivem Wertverfall, verlangt K von B Zahlung von 3.5 Mio. € gegen Rücknahme der Papiere. K meint, der Prospekt habe den Anlageschwerpunkt „Neuer Markt“ nennen müssen. B meint, der u.U. unvollständige Prospekt sei für die Anlageentscheidung nicht ursächlich gewesen. Außerdem sei K selbst mit schuld, da er die Papiere nicht veräußert hatte, als diese noch einen höheren Wert hatten. Rechtslage? 44