joseph haydn

Transcription

joseph haydn
JOSEPH HAYDN
EXPERTENARBEIT
ANGEFERTIGT IM RAHMEN
DER FORDER-FÖRDER-PROJEKTE
DES JOSEPH-HAYDN-GYMNASIUMS
SENDEN
VORGELEGT AM 16. MAI 2009 VON
RAHEL SOMMERFELD, KLASSE 6A
1
Impressum:
Die folgende Expertenarbeit wurde erstellt im Rahmen
des Forder-Förder-Projektes ELA (Erweiterte Lern-Angebote)
des Joseph-Haydn-Gymnasiums Senden.
Schulleiterin:
Stellv. Schulleiter:
Klassenlehrer:
Projektleiterin:
Thema:
Frau Resi Ambrassat
Herr Michael Fels
Frau Christiane Wecek-Hambrock
Herr Reinhold Kiel
Frau Stefanie Peters
„JOSEPH HAYDN“
vorgelegt am 16. Mai 2009
von
Rahel Sommerfeld
Dorfstr. 36
D-48308 Senden-Ottmarsbocholt
Fon:
E-Mail:
0049-02598-9299075
[email protected]
Klasse 6a am Joseph-Haydn-Gymnasium Senden
Copyright: Rahel Sommerfeld
2
„Joseph Haydn“
Expertenarbeit von Rahel Sommerfeld
____________________________________
Inhaltsverzeichnis:
1.
1.1.
1.2.
1.3.
2.
An Stelle eines Vorworts
Anlass und Fragestellungen der Expertenarbeit
Ziele der Expertenarbeit
Konsequenzen zum praktischen Vorgehen
S.
S.
S.
7
8
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S.
S.
S.
S.
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S.
S.
S.
S.
S.
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Die Vita Joseph Haydns (Biographie und Orte)
2.1.
Kurzer Überblick
2.1.1.
zur Biographie
2.1.2.
zu den Haydn-Orten
2.1.2.1.
Niederösterreich: Der Geburtsort Rohrau
2.1.2.2.
Burgenland: Stätten seines Wirkens
2.1.2.3.
Eisenstadt: Sakrale Wirkungsstätten
2.1.2.4.
Eisenstadt: Der Haydn-Pfad
2.1.2.5.
Wien: Haydn auf Schritt und Tritt
2.1.2.6.
Wien: Haydn für Spezialisten
2.1.2.7.
Wien: Ehemalige Wohnhäuser Haydns
2.1.2.8.
Sopron: Stammgast Haydn
2.2.
Vom Sängerknaben zum Kapellmeister
2.2.1.
Kindheit und Jugend
2.2.2.
Lehrjahre
2.3.
Im Dienst der Familie Esterházy
2.3.1.
Frühe Esterházy-Periode
2.3.2.
Wohnen in Eisenstadt
2.3.3.
Tätigkeit als Musikdirektor
2.3.4.
Hochzeit, Ehe und Familie
2.3.5.
Mittlere Esterházy-Periode
3
S. 33
S. 35
S.
S.
S.
S.
S.
37
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43
45
46
2.4.
Die erfolgreichen England-Aufenthalte
2.4.1.
Selbständigkeit
2.4.2.
Die London-Reisen
2.5.
Letztes Wirken und die letzten Jahre in Wien
2.5.1.
Späte Esterházy-Periode
2.5.2.
Alter und Tod
2.5.2.1.
Haydns letzte Jahre
2.5.2.2.
Haydns Tod
2.5.2.3.
Exkurs: Die Irrfahrten von Haydns Schädel
2.6.
Anmerkungen zu Haydns Wesen und Charakter
3.
3.1.
3.1.1.
3.1.2.
3.1.3.
3.2.
4.
S. 50
S. 50
S. 55
S.
S.
S.
S.
58
59
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S.
S.
S.
S.
65
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68
Die Musiker in Haydns Familie
Der Bruder Johann Michael
Die Vita Michael Haydns
Die Bedeutung von Michael Haydn
Die Werke Michael Haydns
Der Bruder Johann Evangelista
Die Freunde (in Auswahl)
4.1.
4.2.
4.3.
4.4.
4.4.1.
4.4.2.
4.4.3.
Wolfgang Amadeus Mozart
Marianne von Genzinger
Mrs. Rebecca Schroeter
Die Biographen
Georg August Griesinger
Albert Christoph Dies
Guiseppe Antonio Carpani
S. 70
S. 71
S. 73
5.
Haydns Schüler (in Auswahl)
5.1.
5.2.
5.3.
5.4.
5.5.
5.6.
Marianna Auenbrugger
Ludwig van Beethoven
Johann Georg Distler
Peter Hänsel
Ignaz Pleyel
Sigismund Neukomm
S. 74
S. 74
S. 74
S.
S.
S.
S.
S.
S.
4
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77
78
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81
6.
Haydns musikalische Werke und sein Werk
6.1. Haydns musikalisches Schaffen
6.1.1.
Die geistlichen Werke
Die Messen
Die Oratorien
6.1.2.
Die Bühnenwerke
Die Opern
Die Singspiele
6.1.3.
Die Symphonien
6.1.4.
Die Tänze und Solokonzerte
6.1.5.
Die Kammermusik u.a. Streichquartette
6.1.6.
Die Klaviermusik und die Vokalwerke u.a. Klaviersonaten
6.1.7.
Das Hoboken-Verzeichnis
6.2. Die Entwicklung von Haydns Stil
6.2.1.
Die 1760er u. die 1770er Jahre, Sturm und Drang
6.2.2.
Die 1780er Jahre, neue Merkmale entstehen
6.2.3.
Die 1790er Jahre, der populär-folkloristische Stil
6.3. Haydns Bedeutung als Musiker
6.3.1.
Die Streichquartette
6.3.2.
Die Symphonien
6.3.3.
Fuge und Kontrapunkt
6.3.4.
Die Sonatenhauptsatzform
6.3.5.
Die Deutschland-Hymne
6.3.6.
Haydns Scherze in der Musik
7.
S. 83
S. 84
S.
S.
S.
S.
S.
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86
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S. 87
S. 88
S. 88
S.
S.
S.
S.
S.
S.
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91
93
93
Life – Aufführung: Streicher-Duett
Serenade aus einem Streichquartett von Joseph Haydn
in der Bearbeitung von Frau Britta Burghardt
Ausführende:
Lynn Sommerfeld, Viola
Rahel Sommerfeld, Violine
8.
Joseph Haydn und das Joseph-Haydn-Gymnasium Senden
8.1.
8.2.
8.3.
8.4.
Überlegungen im Rat der Stadt Senden zur Gymnasialgründung S.
Der Namensfindungsprozess
S.
Die Einweihung unter Bezugnahme auf den Namensgeber
S.
Auszüge aus dem Interview mit dem heutigen Bürgermeister
von Senden, Herrn Alfred Holz, zum Haydn-Gymnasium Senden S.
5
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98
100
9.
Haydn heute
9.1. Die Bedeutung Haydns im heutigen Kulturleben
9.1.1.
Haydn als Namengeber
S.
9.1.2.
Haydn auf den Spielplänen der Konzerthäuser
S.
9.1.3.
Die Haydn-Forschung
S.
9.1.4.
Die Haydn-Museen
S.
9.2. Aktivitäten im Haydn-Jahr 2009
9.2.1.
In Österreich
S.
9.2.1.1.
Aus dem Konzertprogramm
S.
9.2.1.2.
Zum Ausstellungsprogramm
S.
9.2.1.3.
Events
S.
9.2.2.
Internationale Veranstaltungen
S.
9.3. Haydn for Kids – Angebote für Kinder und Jugendliche
S.
9.4. Interview mit Frau Petra Hanika, der Koordinatorin der
Kinder-Programme im Haydn-Jahr 2009 auf Schloss Esterházy S.
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10. Würdigung Joseph Haydns:
Die Ergebnisse der Expertenarbeit
S. 123
10.1. Haydn - der heitere Mensch, Lehrer und Freund
10.2. Haydn - der große Komponist und Musiker
10.3. Haydn – seine Bedeutung im heutigen Kulturleben
S. 124
S. 125
S. 126
11.
Danksagung
S. 127
12.
Literaturverzeichnis (in Auswahl)
12.1.
12.1.1.
12.1.2.
12.1.3.
12.2.
12.3.
12.4.
12.5.
12.6.
12.7.
Haydns Biographen
S.
Georg August Griesinger
Albert Christoph Dies
Giuseppe Antonio Carpani
Zu Haydns Vita, Familie und Umfeld
S.
Zu Haydns Freunden
S.
Zu Haydns Schülern
S.
Zu Haydns Werken
S.
Zur Entstehung und Namensgebung des Sendener Gymnasiums S.
Zu Haydn heute
S.
6
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1. AN STELLE EINES VORWORTES:
1.1. Anlass und Fragestellungen der Expertenarbeit
Da grüßt er mich – fast jeden Morgen.
Immer gleich freundlich –
immer an der selben Stelle.
Meistens ist es kurz vor 8 Uhr,
wenn ich mein Gymnasium betrete.
JOSEPH HAYDN - von ihm will ich berichten !!
Warum ?
Ø Nun, erstens, weil meine Schule seinen Namen trägt.
Wer war dieser Joseph Haydn?
Wann, wo und wie hat er gelebt?
Was war für ihn wichtig, wofür kämpfte er?
Ø Und weil ich zweitens wissen möchte, warum unsere Schule ausgerechnet
nach ihm benannt wurde.
Welche Verdienste hat er sich erworben?
Gibt es eine Verbindung zwischen Senden und Haydn?
Und wie kam es im Stadtrat zu dieser Namensgebung?
Ø Und drittens, weil sich am 31. Mai diesen Jahres Haydns Todestag zum
200. Mal jährt.
Besonders in seinem Heimatland Österreich werden vielfältige Veranstaltungen, Feste und Konzerte zum Haydn-Jahr 2009 durchgeführt.
Ob das nicht Gründe genug sind, sich mit Joseph Haydn etwas genauer zu
befassen ?
Ich finde schon !!
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1.2. Ziele der Expertenarbeit
Die angesprochenen Fragestellungen führten zu vielfältigen Überlegungen, aus
denen ich folgende Ziele für meine Expertenarbeit ausgewählt habe:
Ø Was lässt sich über das Leben Joseph Haydns herausfinden
und an welchen Orten hat er gelebt und gewirkt?
Ø Mit wem hat er zusammen gelebt, wer gehörte zu seiner Familie,
zu seinen Freunden und Schülern
und wie waren sein Wesen und sein Charakter?
Ø Was gehört zum musikalischen Werk Joseph Haydns
und welche Bedeutung hat er für uns bis heute?
Ø Wie kam unser Gymnasium zu seinem Namen
und was verbindet uns heute noch mit dem Namensgeber?
Ø Und last but not least: Welche Aktivitäten gibt es in diesem Jahr zum
200. Todestag von Joseph Haydn?
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1.3. Konsequenzen zum praktischen Vorgehen
Zum praktischen Vorgehen war mir bald klar, dass ich mich nicht nur aus Büchern
oder dem Internet schlau machen wollte.
Nein, ich wollte schon richtig auf Spurensuche gehen und lebendige Antworten
von lebendigen Fachleuten finden!
Zur Biographie-Recherche nahm ich schon früh Kontakte auf mit der Leitung
der Haydn Hauptausstellung „Phänomen Haydn“ in Wien, Eisenstadt und Schloss
Esterházy sowie mit dem Koordinator aller Veranstaltungen zum Haydn-Jahr
2009 in Österreich.
In mir reifte der Plan, mich in Wien und auf Schloss Esterházy vor Ort
umzusehen und die Stätten aufzusuchen, an welchen Haydn viele Jahre gelebt,
komponiert und musiziert hatte.
Um mir einen Überblick über das musikalische Werk Haydns zu verschaffen,
korrespondierte ich mit dem Direktor des Haydn-Instituts in Köln, Herrn Dr.
Raab. Besonders hilfreich waren hier auch die Gespräche mit meinem
Musiklehrer, Herrn Harder, und die Unterstützung durch meine Geigenlehrerin,
Frau Britta Burkhardt.
Viel spannender als erwartet zeigte sich die Nachforschung zur Namensgebung
für unser Gymnasium. Hier holte ich mir Informationen von Herrn Hans-Peter
Boer, einem der ersten Lehrer unserer Schule, dann bat ich die Redaktion der
WN um Hilfe bei der Recherche nach alten Zeitungsartikeln und schließlich
interviewte ich unseren Bürgermeister, Herrn Alfred Holz, über die Aktivitäten
des Stadtrates bei der Namensgebung.
Die Ergebnisse habe ich gesammelt, z.B. auch die Antworten auf die Frage,
warum die Namensgebung unserer Schule mehrere Jahre benötigte.
Im letzten Teil war es dann eine große Freude für mich festzustellen, wie viele
und vielfältige Aktivitäten im Haydn-Jahr 2009 international entwickelt
wurden und werden. Hier kam ich an die meisten Informationen über die
Publikationen zum Haydn-Jahr sowie über persönliche Gespräche auf Schloss
Esterházy und in Wien.
Und so lade ich nun Sie und Euch ein, mich auf einer spannenden
Entdeckungsreise in die Welt Joseph Haydns zu begleiten.
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Joseph Haydn, 1791
Ölbild von Thomas Hardy
10
2. DIE VITA JOSEPH HAYDNS
Im ersten Teil versuche ich, in zwei kurzen Überblicken Haydns Biographie in
einen überschaubaren zeitlichen und geographischen Rahmen zu stellen.
2.1. Kurzer Überblick
2.1.1.
zu Haydns Biographie
Am 31.03.1732
wird Franz Joseph Haydn in dem Dorf Rohrau geboren.
1737
wird der kleine Joseph zu einem entfernten Verwandten nach
Hainburg geschickt. In der Familie des Schulrektors Johann
Mathias Franck erhält er seinen ersten Musikunterricht.
1740-1749
nimmt der Musikdirektor Reutter Joseph Haydn als
Chorknaben im Wiener Stephandom auf.
1745
kommt Haydns Bruder Johann Michael ebenfalls in den Chor.
1749
wird Haydn wegen des einsetzenden Stimmbruchs entlassen.
1750
nimmt er wahrscheinlich im Frühjahr an einer Pilgerfahrt zur
Wallfahrtskirche in Mariazell teil.
1757-1759
wird Haydn Kammerkomponist und Musikdirektor des Grafen
Morzin. Er schreibt seine ersten Symphonien.
1760
heiratet er Anna Maria Aloysia Keller und unterschreibt
1761
den Vertrag als Vizekapellmeister des Fürsten Esterházy.
1766
erhält Haydn die Stellung als erster Kapellmeister.
1781
lernt er Wolfgang Amadeus Mozart kennen, mit dem er
dann lebenslang befreundet ist.
1790
stirbt Fürst Nikolaus Esterhazy. Sein Nachfolger entlässt die
Musiker und Haydn wird arbeitslos.
Er zieht nach Wien; von dort bricht er im Dezember zu seiner
ersten Englandreise auf.
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1791-1792
genießt Haydn in London hohe Anerkennung bei der
königlichen Familie, beim Adel und bei reichen Bürgern.
Er erhält die Ehrendoktorwürde der Universität Oxford.
Im Sommer 1791 lernt er Rebecca Schröter kennen, mit der ihn eine tiefe,
langjährige Freundschaft verbindet.
1792
reist Haydn über Bonn, wo er Beethoven trifft, zurück nach
Wien. Kurze Zeit später wird Beethoven Haydns Schüler.
1794
reist Haydn zum zweiten Mal nach England. Und wieder hat er
große Erfolge bei diversen Konzerten.
Er vervollständigt die Londoner Symphonien.
1795
kehrt Haydn über Hamburg nach Wien zurück.
1796ff
komponiert er u.a. die „Schöpfung“, mehrere Messen und die
„Kaiserhymne“, die 1922 zur Deutschen Nationalhymne wird.
1800
stirbt Haydns Frau in Baden bei Wien.
1803
arbeitet Haydn am letzten, unvollendet gebliebenen
Streichquartett, Op. 103.
Im selben Jahr ist sein letzter Aufenthalt in Eisenstadt.
Bei seinem letzten Auftritt im Dezember dirigiert er die
„Sieben Worte“ im Redoutensaal.
1804
wird Haydn Ehrenbürger der Stadt Wien und sein Sekretär
Johann Elßler beginnt ein Werkverzeichnis und einen Katalog
der haydnschen Musikbibliothek.
Am 31. Mai 1809
stirbt Haydn in Wien.
Auf seiner Gedenkfeier wird das „Requiem“ von Mozart
gespielt.
12
2.1.2.
zu den Haydn-Orten
2.1.2.1. Niederösterreich: Haydn-Geburtshaus in Rohrau
In Niederösterreich, etwa zehn Kilometer südlich von Hainburg an der Grenze
zum Burgenland befindet sich im Ort Rohrau das Geburtshaus Joseph Haydns.
Haydns Geburtshaus in Rohrau
Das vor 1728 erbaute, bescheidene Bauernhaus ist mit Schilf gedeckt. Hier
erblickte Joseph Haydn am 31. März 1732 das Licht der Welt, fünf Jahre
danach sein Bruder Michael. Ihr aus Hainburg stammender Vater war
Wagnermeister und Marktrichter in Rohrau, ihre Mutter war bei den Grafen
Harrach in der Küche des Schlosses beschäftigt.
Obwohl Joseph Haydn schon mit knapp sechs Jahren das Elternhaus verließ, hing
er an seiner Heimat mit inniger Liebe. Als er nach seiner triumphalen
Englandreise 1795 in das ländliche Rohrau kam, kniete er, wie die Überlieferung
berichtet, von dankbarer Erinnerung bewegt, nieder und küsste die Schwelle des
Hauses.
Die von einem Laubenhof abgeschlossenen Räumlichkeiten wurden 1959 als
Haydn-Gedenkstätte eingerichtet. Vor der Pfarrkirche von Rohrau steht das
weltweit älteste Haydn-Denkmal, die 1794 entstandene Porträtbüste des
Komponisten.
In Haydns Geburtshaus
13
2.1.2.2. Burgenland: Stätten seines Wirkens
Der Name Joseph Haydn ist untrennbar mit Eisenstadt verbunden - hier wirkte
er mehr als vierzig Jahre als Fürstlicher Kapellmeister am Esterházyschen Hof.
Schloss Esterházy in Eisenstadt
Schloss Esterházy
Schloss Esterházy ist das Wahrzeichen der Landeshauptstadt Eisenstadt und
das bedeutendste Kulturdenkmal des Burgenlandes. Die Tatsache, dass Joseph
Haydn hier über 30 Jahre gelebt und gewirkt hat, verleiht dem Schloss auch
heute noch eine besondere Atmosphäre, die vor allem im Haydnsaal spürbar wird.
Hier konnte Joseph Haydn sein Talent als Komponist frei entfalten und hier
wurden zahlreiche seiner Werke erstmals aufgeführt.
Das Schloss hat eine wechselvolle Geschichte hinter sich: Nachdem 1649 die
einstige Burg in das Eigentum der Familie Esterházy gelangt war, veranlasste
Fürst Paul I. den Ausbau seiner nunmehrigen Hauptresidenz zu einem barocken
Schloss. In dieser umfassenden Umbauphase errichtete man zwischen 1663 und
1672 unter anderem den großen Saal im Nordtrakt, der heute als „der
Haydnsaal“ weltberühmt ist, und die Schlosskapelle im Westtrakt.
Der zweite große Umbau erfolgte unter Nikolaus II. Fürst Esterházy. Aus dieser
Bauphase stammen die Veränderungen im neoklassizistischen Stil, ferner wurden
der dem Haydnsaal vorgelagerte Gartensaal sowie der Säulenportikus mit den
imposanten Auffahrten auf beiden Seiten errichtet. Schloss Esterházy vereint
somit auf außergewöhnliche Art und Weise barocken Glanz, klassizistische
Strenge und Einflüsse aus dem österreichischen Biedermeier.
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Heute ermöglicht ein Besuch der einstigen Hauptresidenz der Fürsten Esterházy
faszinierende Einblicke in das Leben und Wirken der Fürstenfamilie Esterházy
und des großen Komponisten Joseph Haydn.
Haydnsaal
Der Haydnsaal ist das Prunkstück von Schloss Esterházy und der größte Saal im
Schloss. Er zählt nicht nur zu den schönsten, sondern auch zu den akustisch
besten Konzertsälen der Welt.
Unter Paul I. Fürst Esterházy als Gesamtkunstwerk konzipiert, wurde er vorerst
als Ball- und Festsaal verwendet und diente in seiner Ausstattung der
Repräsentation: Man wollte es dem Kaiser zumindest gleich tun und engagierte
für die Fresken denselben Künstler, der auch am Habsburger Hof tätig war: den
italienischen Meister Carpoforo Tencalla.
Der Haydn-Saal in Schloss Esterházy
Heute ist der Haydnsaal zentrale Spielstätte der Haydn Festspiele und idealer
Rahmen für unvergessliche Konzertabende, zu denen Jahr für Jahr Haydn-Fans
aus aller Welt nach Eisenstadt pilgern. Das unverwechselbare Ambiente bildet
heute wie zu Lebzeiten Joseph Haydns die beeindruckende Kulisse für
Aufführungen von Kammermusik, Sinfonien, Oratorien und Opern auf
künstlerisch höchstem Niveau. Diesem besonderen Zauber kann sich wohl kaum
ein Besucher des Haydnsaales entziehen.
Empiresaal
Der kleine, bezaubernde Empiresaal war der ehemalige Speisesaal des Schlosses
und wurde um 1800 in die jetzt noch bestehende Form umgestaltet. Hier wurde
unter anderem Haydns „Kaiserquartett“ uraufgeführt. Heute dient er als
Aufführungsstätte für Kammer- und Solo-Konzerte.
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Der Empiresaal in Schloss Esterházy
Schlosskapelle
Die ersten Sakralwerke für den Esterházyschen Fürstenhof wurden für die
Schlosskapelle geschrieben.
Schlosskapelle
Die Orgel auf der Empore zählt zu den sieben „Eisenstädter Haydnorgeln“ und
ist eine der repräsentativsten Orgeln Österreichs aus der Epoche des Klassizismus. Die Konzerte in der Schlosskapelle werden vom Programm her so
gewählt, dass sie der Würde des Raumes entsprechen, aber auch die Mystik und
Intimität für das Publikum spürbar machen.
Schlosspark mit Leopoldinentempel und Orangerie
Der weitläufige, 50 Hektar große Schlosspark im Herzen von Eisenstadt grenzt
unmittelbar an das Schloss Esterházy an und wurde Anfang des 19.
Jahrhunderts im Stil eines klassizistischen Landschaftsgartens umgestaltet.
Die Gewächshäuser bargen schon damals mit rund 70.000 Pflanzen Kostbarkeiten, die sogar die kaiserliche Sammlung in Schönbrunn übertrafen. Durch
begeisterte Berichte über seine großen Vielfalt an exotischen Gewächsen wurde
der Garten der Esterházys in ganz Europa berühmt.
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Eisenstädter Schlosspark
Im Haydn-Jahr 2009 wird um den Leopoldinentempel eine eigene AufführungsStätte für open-air Opernaufführungen geschaffen - hier kann man einen
Opernabend der besonderen Art erleben.
Gewächshaus und Orangerie
Orchideen-Schau zu Ehren Joseph Haydns
Im 18. und 19. Jahrhundert wurde neben Schloss und Garten auch die Orangerie
in die Planung gesellschaftlicher Großereignisse der Fürsten Esterházy mit
einbezogen, denn die illuminierten Schlossanlagen bildeten eine einmalige Kulisse
für Theater- und Ballveranstaltungen. Auch heute bietet die Orangerie im
Esterházyschen Schlosspark einen unverwechselbaren Rahmen für Veranstaltungen der besonderen Art: Im Haydn-Jahr ist sie u.a. Schauplatz einer großen
internationalen Orchideenausstellung, bei der eine Orchideen-Neuzüchtung auf
den Namen „Joseph Haydn“ getauft und erstmals der Öffentlichkeit präsentiert
wird.
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2.1.2.3. Eisenstadt: Sakrale und andere Wirkungsstätten
Dom St. Martin
Der Dom zu Eisenstadt ist dem Landespatron des Burgenlandes, dem Heiligen
Martin, geweiht und Joseph Haydn war auch hier kirchenmusikalisch tätig.
Die Orgel der „Stadtpfarrkirche” gehört zu den sieben „Eisenstädter
Haydnorgeln“, auf denen der Meister selbst spielte. Auch Joseph Haydns
Vorgänger als Kapellmeister am Esterházyschen Fürstenhof, Gregor Joseph
Werner, schrieb etliche Werke für diese Kirche.
Im Domarchiv finden sich noch Manuskripte und Aufführungsmaterialien aus
dieser Zeit.
Dom St. Martin zu Eisenstadt
Franziskanerkirche
Neben der Bergkirche und dem Dom St. Martin findet sich in der FranziskanerKirche eine weitere „Haydn-Orgel“, auf der Joseph Haydn selbst gespielt hat.
Franziskaner-Kirche Eisenstadt
Im angrenzenden Kloster ist das Diözesanmuseum Eisenstadt untergebracht.
Dort wird im Haydn-Jahr 2009 ein Teil der großen Ausstellung „Phänomen
Haydn“ gezeigt.
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Spitalskirche der „Barmherzigen Brüder“
Auch die Spitalskirche der „Barmherzigen Brüder“ kann mit einer „Haydn-Orgel“,
auf der Joseph Haydn selbst gespielt hat, aufwarten.
Spitalskirche Eisenstadt
Landesmuseum Burgenland
Im überdachten Innenhof des Burgenländischen Landesmuseums ist die
sogenannte „Ältere Haydnorgel“ ausgestellt. Diese Orgel stand ursprünglich in
der Bergkirche. Viele Messen von Joseph Haydn wurden auf ihr von ihm selbst
aufgeführt. Im Haydnjahr 2009 beherbergt das Landesmuseum einen Teil der
Hauptausstellung „Phänomen Haydn“.
Landesmuseum Burgenland
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2.1.2.4. Eisenstadt: Der Haydn-Pfad
Haydn-Haus
Nirgendwo sonst wird der Mensch Joseph Haydn so lebendig spürbar wie in dem
wunderschönen Barockhaus in der Joseph Haydn-Gasse 19, das er von 1776 bis
1788 bewohnte.
Das Haydn-Haus
Heute ist es als Museum für die Öffentlichkeit zugänglich und birgt eine
wunderbare Ausstellung über das Leben und Schaffen des großen Komponisten.
Zimmer und Küche sind wie zu Haydns Zeiten eingerichtet. Neben
Originalportraits von Joseph Haydn finden sich in der Ausstellung auch
besondere Raritäten wie der Eisenstädter Hammerflügel aus dem Jahr 1780 und
der Orgeltisch aus der Bergkirche aus dem Jahr 1797.
Erst- und Frühdrucke ausgewählter Werke („Die Schöpfung“) veranschaulichen
die musikalische Entwicklung des Komponisten.
Wohnhaus Joseph Haydns in Eisenstadt
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Gartenhaus und Kräutergarten
Zusammen mit dem Wohnhaus in der Haydngasse hatten Haydn und seine Frau
Anna Aloysia auch ein "Kuchlgärtl" außerhalb der damaligen Stadtmauern
erworben.
Der Kräutergarten der Haydns wird auch heute noch liebevoll gepflegt und
vermittelt als Schaugarten mit den bekanntesten Pflanzen aus der "Haydn-Zeit"
ein ebenso romantisches wie authentisches Flair aus dem ganz privaten Umfeld
des Musikers.
Bergkirche Eisenstadt
Die Bergkirche ist eine der wichtigsten Haydn-Gedenkstätten. Joseph Haydn hat
viele seiner Messen für die Bergkirche geschrieben. Hier befindet sich auch eine
jener sieben Eisenstädter Orgeln, die der Meister noch selbst gespielt hat.
Bergkirche in Eisenstadt
In dem im hinteren Seitentrakt der Bergkirche errichteten Mausoleum hat der
Meister eine würdige letzte Ruhestätte gefunden.
Haydn-Mausoleum in der Bergkirche Eisenstadt
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2.1.2.5. Wien: Haydn auf Schritt und Tritt
Haydn schlug in London ein attraktives Angebot aus, um nach Wien zu seinen
musikalischen Wurzeln zurückkehren zu können. Zahlreiche Stätten zeugen von
der Präsenz des großen Komponisten in Wien:
Stephandom
Auf der Suche nach begabten Sängerknaben war 1739 der Kapellmeister des
Wiener Stephandoms in Hainburg beim Stadtpfarrer zu Besuch. Bei dieser
Gelegenheit ließ er sich vom jungen Haydn vorsingen und erkannte sein
musikalisches Talent. Der achtjährige Joseph wurde ins Kapellhaus bei St.
Stephan in Wien als Chorknabe aufgenommen. Außerdem heiratete Haydn hier
1760 Maria Anna Keller; die Ehe sollte allerdings ziemlich glücklos werden.
Stephandom in Wien
Michaelerhaus und Michaelerkirche
1750 bis 1755 war Haydn im Michaelerhaus sowohl Bediensteter als auch
Musikschüler des berühmten Kapellmeisters Nicola Porpora. Auch den
Hofdichter Pietro Metastasio lernte er hier kennen. Trotz aller Entbehrungen
meinte er: „Ich konnte auf meinem von Würmern zerfressenen Clavier arbeiten
und beneidete keinen König um sein Glück .“1 Gleich daneben in der
Michaelerkirche spielte der 17-jährige Joseph Haydn 1749 Orgel.2 Eine
Erinnerungstafel links vom Michaelertor der Hofburg weist auf das alte
Burgtheater hin, in dem Haydns Kaiserhymne („Gott erhalte“) bei ihrer ersten
Aufführung einen großen Triumph feierte.
1
2
Knispel, S. 24, zitiert aus Griesinger S. 12f
In der Michaelerkirche werden 2009 alle 69 Haydn-Streichquartette aufgeführt.
22
Michaeler Kirche und Michaeler Haus in Wien
Mozarthaus Vienna
Das Musikgenie Wolfgang Amadeus Mozart nannte Haydn seinen „väterlichen
Freund“. Die beiden Komponisten trafen einander am 2. Februar 1785 hier in der
Domgasse, wo Mozart von 1784 bis 1787 in vier Zimmern, zwei Kabinetten und
einer Küche geradezu herrschaftlich logierte. Mozart komponierte in diesem
Haus einige seiner dem Freund gewidmeten „Haydn-Quartette“, drei davon
wurden mit Haydn an der ersten Geige und Mozart an der Bratsche
uraufgeführt.3
Mozart-Haus Vienna
Haydnhaus
Haydn erwarb das ebenerdige Wiener Vorstadthaus in der Haydngasse 19, nahe
der heutigen Shoppingmeile Mariahilfer Straße, im Jahr 1793. Er ließ es umbauen
und aufstocken. In dem Haus, das ihm zwölf Jahre als Domizil dienen sollte,
entstand ein Großteil seines Alterswerkes, dazu gehören die grandiosen
Oratorien „Die Schöpfung“ und „Die Jahreszeiten“.
3
2009 finden Sonderausstellungen mit wertvollen Haydn-Autographen statt: „Chi vive amante...“ (zu einer Haydn-Arie,
23.1.-3.5.2009), „Haydn - Hasse - Mozart. Vorbilder eines Musikgenies“ (19.5.-20.9.2009) und „Vom Sängerknaben zum
ersten Wiener Klassiker - Haydns Beziehungen zu Wien“ (14.10.-20.12.2009).
23
Das Haydn-Haus in Wien-Gumpendorf
Nach umfangreicher Neugestaltung wurde das Haydnhaus am 29. Januar 2009
neu eröffnet. Zu sehen sind u. a. einige jener Notenabschriften, die schon Haydn
gerahmt in seinem Schlafzimmer hängen hatte. In jenem Raum, der eigens für
"Ehrensachen" bestimmt war, werden die Medaillen, Urkunden und Geschenke
präsentiert, die Haydn von den Reichen und Mächtigen seiner Zeit erhalten
hatte und die er seinen Gästen voll Stolz zeigte.
Neben Haydns Fortepiano ist auch sein Klavichord, das Johannes Brahms später
erworben hatte, eines der zentralen Objekte der Ausstellung, die durch
zahlreiche neue Exponate erweitert wurde.
Bei einem dreitägigen Fest rund um Haydns 200. Todestag am 31.5.2009 kann
man erstmals auch den rekonstruierten Garten sehen.
Das Museum im Haydn-Haus ist ein Muss für Haydn-Fans!
Hammerflügel, Wien 1796
Blick in die Dauerausstellung
24
Haydn-Denkmal in der Mariahilfer Straße
Das Denkmal mitten in der belebten Einkaufsmeile der Stadt wurde durch eine
Spendenaktion unter Haydns Verehrern – lange nach dessen Tod 1809 –
finanziert und im Jahr 1887 enthüllt. Die marmorne Statue stammt vom Südtiroler Bildhauer Heinrich Natter, der mehrfach gestufte Sockel vom Wiener
Architekten Otto Hieser.4
Das Haydn-Denkmal in der Mariahilfer-Straße
Ankeruhr am Hohen Markt
Die Ankeruhr – 1911 bis 1917 nach den Plänen des Jugendstilmalers Franz
Matsch errichtet – ist eine Brücke mit zehn Metern Spannweite, die über eine
Gasse hinweg die zwei Gebäudeteile des Anker-Hofes verbindet. In zwölf
Stunden laufen zwölf Figuren aus der Geschichte Wiens mit passender
musikalischer Begleitung über die Brücke, unter anderem Karl der Große, Marc
Aurel und Kaiserin Maria Theresia. Um 12 Uhr mittags paradieren alle Figuren
gleichzeitig. Josef Haydns Figur ist die letzte. Die hier ursprünglich als
patriotischer Abschluss gespielte Kaiserhymne wurde nach dem Untergang der
k. & k. Monarchie aus politischen Gründen durch eine andere Haydn-Melodie
ersetzt. Also: Haydn zum Sehen und Hören!5
Die Anker-Uhr
4
5
1060 Wien, Mariahilfer Straße 55
Ankeruhr, 1010 Wien, Hoher Markt 10-11
25
Schloss Schönbrunn
Die ehemalige Sommerresidenz der österreichischen Kaiser gilt als einer der
schönsten Barockpaläste Europas. 1745 trat hier der Domchor von St. Stephan
auf: Der Chorknabe Joseph Haydn kletterte verbotener Weise auf einem
Baugerüst herum – und bezog dafür prompt eine Tracht Prügel. Viele Jahre
später (1777) spielte Haydn als Kapellmeister in Diensten der Fürsten Esterházy
vor der kaiserlichen Tafel auf.
Das Schloss Schönbrunn von der Gloriette aus
Schlosspark Schloss Schönbrunn mit Gloriette
Esterházykeller
Diese alten Gewölbe bestehen seit 1683. Hier ließ sich der Weinliebhaber Haydn
zu vielen seiner Werke inspirieren. Auch heute noch genießt man in den
historischen Räumen eine einmalige Kombination von typischer Wiener Küche,
Wein und historischen am Original-Schauplatz.
26
Beispiele für die Ausstellungen sind: „Die Fürsten Esterházy und Joseph Haydn“
oder „Die Fürsten Esterházy und die Türkenkriege“.
Eingang der Esterházy-Keller
Barockbasilika Maria Treu
Am 26. Dezember 1796 wurde in der Piaristenkirche Maria Treu die auch als
„Paukenmesse“ bekannte „Missa in tempore belli“ (Messe in der Kriegszeit)
uraufgeführt.
Neben Haydn wählte auch Anton Bruckner diesen Ort, um eigene Werke
erstmals dem Publikum zu präsentieren. Auf der auch heute noch oft bespielten
Orgel aus dem Jahr 1858 legte Anton Bruckner zwei Orgelprüfungen ab.6
Basilika Maria Treu
6
2009 stehen rund 25 „Haydn-Abende“ auf dem Programm: Konzerte und Dinner mit Spezialitäten aus der Barockzeit im
benachbarten Restaurant „Piaristenkeller“.
27
2.1.2.6. Wien: Haydn für Spezialisten
An vielen anderen Ecken und Gassen kann man in Wien weitere Spuren von Haydn
finden: vom Palais Esterházy bis zum Relief am Denkmal der Kaiserin Maria
Theresia.
Palais Esterházy
Als Vizekapellmeister von Paul Anton Fürst Esterházy führte Haydn in diesem
Palais seit 1761 u. a. die Symphonien Nr. 6, Nr. 7 und Nr. 8 auf.
Auch illustre Gäste gingen hier ein und aus: Aufsehen erregte etwa im
September 1800 der Besuch des englischen Admirals Horatio Nelson, der mit
seiner Geliebten Emma und deren Mann, Sir William Hamilton, das Palais
besuchte. Über die Dreiecksbeziehung wurde damals viel spekuliert.
Palais Esterházy in Wien
Akademie der Wissenschaften
Am 27. März 1808 wurde in der Aula der 76. Geburtstag von Joseph Haydn
gefeiert. Alles, was Rang und Namen hatte, war anwesend, auch Haydns
ehemaliger Schüler Beethoven. Geschmückt mit allen Orden und Auszeichnungen
wurde der greise Musiker unter dem Jubel der Anwesenden auf einem
Tragsessel hereingebracht, um der Aufführung seines Oratoriums „Die
Schöpfung“ beizuwohnen. Dies sollte der letzter Auftritt Haydns bleiben.
Die Wiener Akademie der Wissenschaften
28
Kirche der Barmherzigen Brüder
Eine Gedenktafel weist darauf hin, dass Haydn 1755 bis 1758 als Organist dieser
Kirche wirkte. Er war für jährlich 60 Gulden angestellt – ein für Haydn
bedeutendes Einkommen in diesen mageren Jahren.
Kirche der Barmherzigen Brüder
Gumpendorfer Kirche
Zu sehen ist eine Tafel mit einem Bronzerelief, geschaffen von dem Bildhauer
Robert Ullmann zum Gedenken an die Einsegnung des Leichnams von Joseph
Haydn am 1. Juni 1809.
Gumpendorfer Kirche
Maria-Theresien-Denkmal
Auf dem 1888 von Kaspar Zumbusch gestalteten Denkmal von Kaiserin Maria
Theresia zwischen dem Kunsthistorischen und dem Naturhistorischen Museum in
Wien sind nicht nur deren Ratgeber und Feldmarschalle und ihr Leibarzt
Gerhard van Swieten dargestellt, sondern auch die Komponisten Gluck und Haydn
sowie Mozart als Kind mit der Gloriette im Hintergrund.7
7
1010 Wien, Burgring, Maria-Theresien-Platz
29
Maria-Theresien-Denkmal mit Haydn u. Mozart im Hintergrund
Haydnpark8
Haydns Originalgrabstein ist erhalten – mit der aus dem Lateinischen
übersetzten Inschrift:
„Haydn, geboren 1732, gestorben 1809. Fünfstimmiger Rätselkanon. Nicht ganz
werde ich sterben. Gewidmet von seinem Schüler Neukomm, nach Wien
zurückgekehrt, 1814.“
Eine Gedenktafel im Haydn-Park weist darauf hin, dass Haydns Gebeine am 6.
November 1820 in die Eisenstädter Bergkirche überführt wurden.
Haydns Schädel war nur wenige Tage nach seinem Tod gestohlen worden und
fand erst 1954 nach langen Irrwegen seine letzte Ruhestätte – ebenfalls in der
Bergkirche.
8
1012 Wien, Gaudenzdorfer Gürtel (ehem. Hundsturmer Friedhof 1783–1874)
30
2.1.2.7. Wien: Ehemalige Wohnhäuser Haydns
Neuer Markt 2
Im ehemaligen Hoföbstlerischen Haus wohnte Haydn von 1792 bis 1797. Hier
entstand die Hymne „Gott erhalte“. Heute weist eine Gedenktafel darauf hin,
dass an dieser Stelle Haydns wohl bekannteste Melodie entstand.
Seilerstätte 21
In dieses Haus übersiedelte Haydn, nachdem das Esterházysche Orchester in
der Folge des Todes von Fürst Nikolaus aufgelöst worden war. Haydn blieb bis zu
seinem Lebensende Angestellter der Fürsten Esterházy, war jedoch in seinem
Schaffen nicht mehr eingeschränkt. Am 14. Dezember 1790 traf Haydn hier
seinen jüngeren Künstlerkollegen Wolfgang Amadeus Mozart.
Johannesgasse 18
In der Johannesgasse lag die Wohnung Haydns nach seiner ersten Rückkehr aus
England im Jahr 1792, in welcher ein Treffen mit dem 22-jährigen Ludwig van
Beethoven stattfand, seinem berühmtesten Schüler.
2.1.2.8. Sopron: Stammgast Haydn
Unterwegs von Eisenstadt nach Eszterháza, dem „ungarischen Versailles“ der
Fürsten Estherházy, hielt sich Fürst Nikolaus oft in Sopron auf und mit ihm auch
sein "Musikchef" Joseph Haydn.
Die Stadt Sopron liegt im geografischen Mittelpunkt der Region, in der Joseph
Haydn 30 Jahre lang in fürstlichem Ambiente musizierte. Selbst Kaiserin Maria
Theresia hielt es für so stilvoll, dass sie gern die Einladung von Fürst Nikolaus
dem „Prachtliebenden“ annahm, an einem Konzert teilzunehmen.
Sopron, Hauptplatz
31
Haydn nützte oft die Möglichkeit, im Haus des Fürsten oder im Musikpavillon des
Barockgartens zu musizieren - für ihn war Sopron Teil der engeren Heimat fast
für die gesamte Zeit seines Berufslebens.
Auch das Esterházy-Palais, ebenfalls Haydn-Haus genannt, erinnert noch daran.
Es beherbergt heute das Bergbaumuseum und wechselnde Ausstellungen. In den
Sälen wird Haydns Zeit wieder lebendig – sogar eine Wand mit Originalbemalung
ist erhalten. An der Straßenseite erinnert eine Gedenktafel an Joseph Haydn.
Das Esterházy-Palais
32
2.2. Vom Sängerknaben zum Kapellmeister
2.2.1. Kindheit und Jugend (1732 – 1749)
Franz Joseph Haydn wurde am 31. März 1732 in dem kleinen niederösterreichischen Ort Rohrau nahe der ungarischen Grenze als Sohn des WagnerMeisters Mathias Haydn und dessen Gattin Anna Maria geboren. Joseph war das
zweite ihrer 12 Kinder und Michael (1737-1806), der ebenfalls Komponist wurde,
war das sechste Kind.
Haydns Geburtshaus in Rohrau, Niederösterreich
Haydns Vater war ein Stellmacher, der Räder und andere landwirtschaftliche
Geräte herstellte., seine Mutter war Köchin. Die Eltern konnten keine Noten
lesen, aber es wurde viel mit den Nachbarn gesungen. Haydns musikalische
Begabung wurde entdeckt, als er etwa fünf Jahre alt war. Da wurde er 1737 zu
einem entfernten Verwandten namens Johann Matthias Franck in das nahe
Hainburg an der Donau geschickt, um dort Chorsänger zu werden.
Georg Reutter, der 1738 zum Nachfolger seines Vaters als Kapellmeister am
Wiener Stephandom berufen worden war, befand sich auf der Suche nach
begabten Sängerknaben, als er vermutlich im Jahre 1739 in Hainburg beim
Stadtpfarrer zu Besuch war. Bei dieser Gelegenheit ließ er sich vom jungen
Haydn vorsingen und erkannte dessen musikalisches Talent. Im Alter von acht
Jahren wurde Joseph Haydn im Kapellhaus bei St. Stephan in Wien als
Chorknabe aufgenommen.
Neben einem sehr "nothdürftigen Unterricht"9 in den allgemeinbildenden
Fächern erhielt er dort eine Gesangsausbildung sowie Klavier- und Violinstunden.
Das Haus des Kapellmeisters Reutter, in dem Joseph Haydn und weitere fünf
Chorknaben wohnten, befand sich in unmittelbarer Nähe des Wiener StephanDoms, zwischen einem vierstöckigen Mietshaus und der Magdalenenkapelle.
9
Knispel, S. 16
33
Wien, die Hauptstadt des großen Habsburgischen Reiches, war seit Generationen
das Zentrum einer wichtigen musikalischen Tradition: am Hofe Kaiser Karl VI.
erlebte die Musik mit den beiden bedeutendsten Vertretern des Spätbarock,
Johann Joseph Fux (1660-1741) und Antonio Caldara (1670-1736), eine
Hochblüte.
Der Stephandom in Wien zur Zeit Haydns
Haydns erste Komposition wurde von Reutter korrigiert; Haydn bekam von
Reutter zwar keinen geregelten Kompositionsunterricht, brachte sich aber, weil
er an einem wichtigen Ort der Musik war, durch Hören das Komponieren selbst
bei. Man weiß nicht genau, ob er bereits in dieser Zeit oder erst später Johann
von Matthesons „Der vollkommene Kapellmeister“ und „Gradus ad Panassum“ von
Johann Joseph Fux intensiv studierte. Beide nannte der erwachsene Komponist
später als grundlegende Bücher für seine musikalische Entwicklung.
1749 kam das Ende von Haydns Sängerknabenzeit. Er war körperlich so weit
gereift, dass er nicht mehr die hohen Stimmen singen konnte. Wegen einer
Ungezogenheit wurde er aus dem Konvikt entlassen.
34
2.2.2. Lehrjahre (1750 – 1760)
Im Laufe dieser beschwerlichen Periode, die zehn Jahre lang dauerte, ging
Haydn vielen verschiedenen Tätigkeiten nach.
Joseph Haydn war nach seinem Rauswurf aus dem Kapellhaus ohne Unterkunft
und Einkommen. Seine Eltern versuchten ihn erneut zu überreden, in den geistlichen Stand einzutreten, jedoch ohne Erfolg.
1749 vollendete er seine „Missa brevis“10, 1750 nahm er an einer Wallfahrt nach
Mariazell teil und 1753 folgte die Musik zum Schauspiel "Der krumme Teufel".
Das Michaelerhaus in Wien
1751 fand Haydn ein armseliges Dachstübchen ohne Ofen im sogenannten
Michaelerhaus, das noch heute neben der St. Michaelskirche gegenüber der
Hofburg steht.
In den folgenden Jahren lebte Haydn vor allem vom Stundengeben und
Korepetieren. Für jährlich 60 Gulden wurde er Vorspieler bei den Barmherzigen
Brüdern in der Leopoldstadt, wo er jeden Sonn- und Feiertag um acht Uhr
morgens die Messe spielte. Um zehn Uhr spielte er in der gräflich Haugwitz'schen Kapelle, und um 11 Uhr sang er im Stephandom für 17 Kreuzer eine Messe.
Im Michaelerhaus wohnten auch zwei Persönlichkeiten, die maßgeblich an Haydns
künstlerischem Werdegang beteiligt waren: der Hofdichter Pietro Metastasio
(1698-1782), bei dem Haydn die italienische Sprache lernte, und der
Opernkomponist und Gesangslehrer Nicola Antonio Porpora (1686-1768). Haydn
durfte Porporas Gesangsschüler am Klavier begleiten und war zeitweilig auch
sein Kammerdiener.
Er bekannte gegenüber seinem Biographen Griesinger, dass er "bey Porpora im
Gesange, in der Komposition und in der italienischen Sprache sehr viel
profitirte"11.
10
11
Hob.XXII:1
Knispel, S. 26
35
Im ersten Stock des Michaelerhauses lebte damals auch die verwitwete Fürstin
Maria Octavia Esterházy (1683-1762), die Mutter der Fürsten Paul Anton und
Nikolaus, deren Kapellmeister Joseph Haydn später werden sollte.
In diese Zeit fiel auch der Tod von Haydns Mutter, die 1754 starb.
Um die Lücken seiner musikalischen Ausbildung zu füllen, versuchte sich Haydn
in der folgenden Zeit an seinen ersten Streichquartetten und komponierte seine
erste Oper. Die ersten Streich-Quartette für Baron Karl Joseph von Fürnberg
wurden sehr schnell populär und machten Haydn allmählich bekannt.
Diese Streichquartette waren Haydns ersten Werke, die 1764 in Paris gedruckt
wurden, allerdings ohne Wissen des Komponisten.
Die Aufenthalte Haydns in Weinzierl, wo Baron Fürnberg ein Schloss besaß, und
die frühen Streichquartette stellten den Auftakt zu seiner Anstellung als
Musikdirektor beim Grafen Morzin dar.
1757-1759 wurde Haydn von Karl Joseph Franz Graf Morzin (1717-1783) für
jährlich 200 Gulden sowie Kost und Quartier als Kapellmeister auf dem Schloss
Lukavec bei Pilsen angestellt.
Neben der ersten Symphonie komponierte Haydn für Morzin noch eine Anzahl
Divertimenti für Bläser, meist für zwei Oboen, Hörner und Fagotte.
Karl Joseph Franz Graf Morzin
Seit 1757 gab der junge Haydn der Komponistin Marianna Martinez in Wien
Klavierunterricht. Er wohnte im selben Haus und erteilte ihr täglich Unterricht
gegen freie Kost.
Marianna Martinez
36
2.3. Im Dienst der Familie Esterházy
2.3.1. Frühe Esterházy-Periode (1761 – 1780)
Haydns neuer Dienstherr ab dem Jahr 1761 war Fürst Paul Anton I. Esterházy
(1711-1762) in Eisenstadt, der wie seine Vorfahren musikliebend war. Die Familie
Esterházy war eine der reichsten und mächtigsten der österreichischungarischen Monarchie. Sie besaß außer ihrem Palais in Wien Schlösser in ganz
Ungarn und im heutigen Burgenland. Die Fürsten Esterházy lebten königlich und
regierten wie Souveräne über ihr Fürstentum.
Fürst Paul Anton I. Esterházy
Als "Vice-Kapellmeister" des Fürsten Esterházy in Eisenstadt begann ein
wichtiger Abschnitt in Haydns Leben: "...allwo ich zu leben und zu sterben mir
wünsche"12, schrieb Haydn in einem Brief vom 6. Juli 1776. Die ersten
Kompositionen waren vermutlich die Symphonien "Le Matin", "Le Midi" und "Le
Soir".
Fürst Paul Anton I. Esterházy, der im Schlosspark ein Glashaus in ein Theater
umgestalten ließ, starb am 18. März 1762.
Fürst Nikolaus I. Esterházy (1714-1790) trat am 17. Mai 1762 das Erbe seines
Bruders Paul Anton an. Er wurde Haydns Gönner und Dienstherr für beinahe 30
Jahre.
Der Beiname "Der Prachtliebende" weist darauf hin, dass er gerne Geld für
große Feste und besondere Feierlichkeiten bereitstellte - der Dichter Johann
Wolfgang Goethe schrieb in seiner Autobiographie vom "Esterházyschen
Feenreich".13
12
13
zitiert aus: Haydn-Jahr 2009, www.haydnfestival.at
J.W. Goethe „Dichtung und Wahrheit“, Erster Teil, 5. Buch in: Hamburger Ausgabe in 14 Bänden, Band 9, S. 209
37
In vielerlei Hinsicht war Nikolaus I. ein vorbildlicher Mäzen, und der aus
einfachen Verhältnissen stammende Haydn wurde nach dem Güterregent und
dem Leibarzt der drittbest bezahlte "Hausoffizier" des Fürsten Esterházy.
Diese finanzielle Rangordnung zeigt die bedeutende Stellung, die Haydn einnahm
und das hohe Ansehen, das Haydn genoss:
"Mein Fürst war mit allen meinen Arbeiten zufrieden, ich erhielt Beyfall (...) ich
war von der Welt abgesondert (...) und so mußte ich original werden."14
Fürst Nikolaus I. Esterházy
Fürst Nikolaus I. Esterházys Lieblingsinstrument war das Baryton, das er selbst
spielte, und so erwartete er von seinem Kapellmeister, dass dieser auch neue
Musik für dieses Instrument schrieb.
Das Baryton ist ein dem Cello ähnliches Instrument, das nicht nur Saiten zum
Streichen, sondern auch hinter dem Griffbrett solche zum Zupfen hat.
Haydn komponierte unter anderem 125 Divertimenti für Baryton, Viola und Cello,
ebenso zahlreiche Solostücke, Duette und Ensemblemusik mit Soli für ein,
manchmal für zwei Barytone.
Das Baryton
14
Griesinger, S. 24f
38
In der Nähe des südöstlichen Ufers des Neusiedlersees besaßen die Fürsten
Esterházy ein kleines Jagdschloss, das nach dem nahegelegenen Ort Süttör
benannt war. Fürst Nikolaus I. hatte eine besondere Vorliebe für diesen Ort und
so beschloss er, dieses Gebäude in ein prächtiges Schloss, das seit 1766
"Eszterháza" genannt wurde, zu verwandeln.
Es war eine außergewöhnliche Idee, inmitten eines sumpfigen Seewinkels ein
ungarisches Versailles zu errichten, dessen Anlage ein Opernhaus, ein
Marionettentheater und zahlreiche Nebengebäude enthält - und diesen Ort zu
einem Kulturzentrum zu machen, welches europäischen Maßstäben gewachsen
war.
Schloss Eszterháza in Fertöd, Ungarn
Seit ungefähr 1766-1767 wurde Eszterháza in den Sommermonaten zum
Zentrum der Tätigkeit Haydns und trotz des enormen Arbeitspensums fühlte
sich Haydn in seiner Stelle glücklich.
Die Esterhazys hatten nicht nur ein Schloss in Eisenstadt (heute Burgenland),
nicht nur das neu erbaute Schloss Eszterháza in Ungarn, sondern auch einen
Wintersitz in Wien.
Haydn war dem zu Folge mit seinen Musikern oft unterwegs. Aber die
Esterhazy-Fürsten waren wirkliche Musikkenner, die seine Arbeit schätzten und
ihm das nötige Umfeld für seine künstlerische Entwicklung gaben, darunter der
tägliche Zugang zu seinem eigenen kleinen Orchester.
Gegen 1770 veränderte sich Haydns kompositorischer Stil. Eine Art "Sturm und
Drang" - Periode zeigte sich in seltsamen Moll-Akkorden und plötzlichen
musikalischen Übergängen. Haydn erlangte auch außerhalb des Hauses Esterhazy
Popularität und veröffentlichte auch Werke außerhalb des Hauses Esterhazy.
39
1776 erschien unter dem Titel "Gelehrten Österreich" eine Haydn-Biografie und
1779 wurden Haydns Sinfonien erstmals in Frankreich aufgeführt.
1779 brannte das Opernhaus in Schloss Eszterháza, dem Lieblingssitz des
Fürsten Esterházy an der Südspitze des Neusiedlersees im heutigen Ungarn,
nieder.
Teil des Schlosses Esterháza in Fertöd, Ungarn
40
2.3.2. Wohnen in Eisenstadt
Als Joseph Haydn 1761 seinen Dienst beim Fürsten Esterházy antrat, war die
kleine Barockstadt Eisenstadt am Westufer des Neusiedlersees der ständige
Wohnsitz der Fürstenfamilie.
Eisenstadt hatte sich Mitte des 17. Jahrhunderts von Kaiser Ferdinand III. in
dessen Eigenschaft als König von Ungarn, die Erhebung zur königlichen Freistadt
erkauft, um sich gegen die mächtige Familie Esterházy behaupten zu können.
Der Stich von Matthias Greischer zeigt Eisenstadt mit dem barocken Schloss
der Fürsten Esterházy. So bot sich die Stadt Haydn bei seinem Dienstantritt
dar.
Eisenstadt um 1760
Joseph Haydn bezog zuerst eine Dienstwohnung im Musikerhaus bei der
Bergkirche. Nachdem er dann 1766 Erster Kapellmeister geworden war,
entschloss er sich, von dem alten "Capellhaus" hinter der Bergkirche in
Eisenstadt wegzuziehen.
Er fand ein hübsches kleines Haus nahe dem Franziskanerkloster, das er um
1000 Gulden erwarb.
Tafel an Haydns Wohnhaus in Eisenstadt
41
Leider brachte ihm das Haus nicht viel Glück, da es zweimal abbrannte. Fürst
Nikolaus I. Esterházy ließ es beide Male auf seine Kosten wieder aufbauen - ein
Beweis dafür, wie sehr er seinen Kapellmeister schätzte. Haydn seinerseits
"schwor dem Fürsten, ihm so lange zu dienen, bis der Tod über dessen Leben
oder über sein eigenes entscheiden würde...".15
Am 17. Juli 1776 brannte zum zweiten Mal Haydns Haus in der Klostergasse und
am 27. Oktober 1778 verkaufte Haydn sein Eisenstädter Haus.
Seit 1935 ist darin das Haydn-Museum untergebracht. 2009 entstand dort
gemeinsam mit dem Nachbarhaus ein Haydn-Zentrum.
Im August 1793 unterzeichnete Haydn den Kaufvertrag für sein neues Haus in
Gumpendorf bei Wien, das seine Frau bereits während seines EnglandAufenthaltes ausfindig gemacht hatte. Joseph Haydn erwarb das ebenerdige
Haus von dem bürgerlichen Webermeister Ignaz Weißgram und ließ es um ein
Stockwerk erhöhen. Erst nach seiner zweiten Englandreise bezog er sein neues
Haus und bewohnte es bis zu seinem Tode - seit März 1800 als Witwer.
Haydns Haus in Gumpendorf bei Wien
Bereits am 1. Juni 1840 wurde an dem Haus eine Marmortafel mit der Aufschrift
"Zum Haydn" angebracht. Heute ist in diesem Haus das Wiener Haydn-Museum
untergebracht.
15
Dies, zitiert in der Fachzeitschrift zum Haydn-Jahr 2009, www.haydnfestival.at
42
2.3.3. Tätigkeit als Musikdirektor
Haydns erster Vertrag mit Fürst Paul Anton I. Esterházy stammte vom 1. Mai
1761. Als Haydn seine Tätigkeit in Eisenstadt begann, wurde er vorerst als
"Vice-Kapellmeister" angestellt, da der in hohem Alter stehende und kränkliche
Georg Joseph Werner (1693-1766) offiziell noch Leiter der fürstlichen Kapelle
war.
Haydns Kontrakt verpflichtete ihn, sich angemessen zu verhalten und zu kleiden,
ferner ein Beispiel für seine ihm untergeordneten Musiker zu sein und Musik auf
Verlangen des Fürsten zu komponieren. Seine Aufgaben reichten von der Pflege
der Instrumente und der Archivierung des Notenmaterials bis zum
Unterrichten, Komponieren und Konzertieren.
Nach dem Tod des Kapellmeisters Georg Joseph Werner im Jahre 1766
übernahm Haydn die volle musikalische Verantwortung. Die wichtigsten
Kompositionen aus dieser Zeit waren:
1763: „Oper Acide“, anlässlich der Hochzeit des ältesten Sohnes des Fürsten
Nikolaus in Eisenstadt aufgeführt
1766: "Cäcilienmesse" und "La canterina"
1768: "Große Orgelsolomesse", die Symphonie Nr. 49, "La Passione" und
"Lo speziale"
1769: "Le pescatrici"
1772: "Abschiedssymphonie"
Ab dem Jahr 1776 standen auf dem Spielplan des Fürsten täglich Opern- und
Theateraufführungen: in der Zeit von 1780 bis 1790 leitete Haydn über 1000
Opernvorstellungen. Von den insgesamt 78 bis zum Jahr 1784 gespielten Opern
stammten 15 von Joseph Haydn.
Dieser umfangreiche Opernbetrieb beanspruchte Haydn sehr und verringerte
sein Schaffenstempo in fast allen anderen Gattungen.
Joseph Haydn beim Komponieren
43
Während der fast dreißig Jahre, die Haydn im Hause Esterházy arbeitete,
produzierte er eine Flut an Kompositionen, und sein musikalischer Stil
entwickelte sich ständig weiter. Seine Popularität in der Außenwelt vergrößerte
sich ebenfalls.
Allmählich komponierte Haydn ebenso viele Werke zum Publizieren wie für
seinen Arbeitgeber, und einige wichtige Werke dieser Periode, wie die Pariser
Sinfonien (1785–1786) und die ursprüngliche Orchesterversion der „Sieben
letzten Worte unseres Erlösers am Kreuze“ (1786) wurden aus dem Ausland in
Auftrag gegeben.
44
2.3.4. Hochzeit, Ehe und Familie
Am 26. November 1760 heiratete Haydn – inzwischen in einer gesicherten
Kapellmeisterposition - die älteste Tochter des Wiener Perückenmachers Keller,
Maria Anna Aloysia Apollonia (1729-1800).
Dankbarkeit auf Grund der mehrjährigen Vertrautheit mit der Familie war wohl
der Grund für die Ehe, denn vermutlich war Haydn eher in die jüngste Tochter
Theresia verliebt gewesen; diese ging jedoch ins Kloster.
Die Trauung mit Maria Anna Aloysia Apollonia Keller fand im Wiener Stephandom
statt.
Maria Anna Aloysia Apollonia Haydn, geb. Keller
Die Ehe Haydns war unglücklich: "Mein Weib war unfähig zum Kindergebären, und
daher war ich auch gegen die Reize anderer Frauenzimmer weniger
gleichgültig"16, lautet einer der wenigen Kommentare Haydns über sein Eheleben.
Über Frau Haydn wissen die Biographen Griesinger und Dies nichts Gutes zu
berichten: Sie soll ungebildet, verschwenderisch, herrsch- und streitsüchtig und
ohne Verständnis für ihren genialen Mann und seine Musik gewesen sein.
Maria Haydn konnte keine Kinder kriegen, was ihr Mann sehr bedauerte.
Ohne jegliche Beweise wird seitdem immer wieder spekuliert, Haydn sei der
Vater des Sohnes Anton von Luigia Porzella gewesen, einer Sängerin im
Esterhazy-Unternehmen, mit der Haydn eine längere Affäre hatte.
Haydn überlebte seine Frau um neun Jahre.
16
Knispel, S. 35f
45
2.3.5. Mittlere Esterházy-Periode (1781 – 1790)
Die 29jährige italienische Sängerin Luigia Polzelli (1750-1832) und ihr betagter
Gatte Antonio, ein Violinist, wurden 1779 in den Dienst des Fürsten Esterházy
aufgenommen. Schon kurz nach ihrem Engagement sollten die beiden wieder
gekündigt werden, doch konnte Haydn diese Entlassung offenbar verhindern.
Luigia Polzelli blieb bis zum Tode des Fürsten Nikolaus im Jahre 1790 in
Eszterháza - als Geliebte Joseph Haydns, wie zahlreiche Briefe belegen. Da
Luigia keine auffallend schöne Stimme hatte, gestaltete Haydn ihre Einlagearien
so günstig wie möglich.
Luigia Polzelli
Bald nach dem Tod ihres Gatten zog Luigia Polzelli mit ihren Söhnen zurück nach
Italien. Sie sahen sich niemals wieder. Haydn ließ ihr wiederholt finanzielle
Unterstützung zukommen und kümmerte sich nach seiner Rückkehr nach Wien
um ihre beiden Söhne.
Seit dem Jahr 1780 stand Haydn im ständigen Briefwechsel mit dem
Musikverlag Artaria in Wien. Die bei Artaria erschienen Klaviersonaten,
Kammermusikstücke und Lieder waren die ersten Werke, die Haydn finanziellen
Gewinn brachten; insgesamt erschienen rund 250 Kompositionen in diesem
Verlag, obwohl sich bereits andere Verleger um die Werke Haydns bemühten:
Breitkopf & Härtel in Leipzig, Boyer in Paris, Forster in London und Torricella in
Wien. Haydn machte von den neuen Geschäftsverbindungen zunehmend
Gebrauch, kam jedoch in Schwierigkeiten, da er aufgrund der großen Nachfrage
nach seiner Musik nicht genug Kompositionen liefern konnte. Artaria war bis
1790 der Hauptverleger Haydns, und die Kontakte blieben auch später noch
bestehen.
Am 14. Mai 1780 erhielt Haydn die erste große Auszeichnung aus dem Ausland:
die Philharmonische Akademie in Modena ernannte Haydn zum Ehrenmitglied.
Aus verschiedenen europäischen Ländern folgten Kompositionsaufträge. Aus der
spanischen Stadt Cadiz stammte zum Beispiel die Bestellung der
Orchesterkomposition "Die Sieben Worte des Erlösers am Kreuze". In
Frankreich wurden Haydns Werke seit 1764 laufend verbreitet. Die "Pariser
46
Symphonien Nr. 82-87“ sowie die "Symphonien Nr. 88-92" verdanken ihre Entstehung Claude Francois-Marie Rigoley Comte d'Ogny (1757-1790), einer der
Initiatoren der "Concerts de la Loge Olympique" und einer der führenden
Freimaurer Frankreichs.
Im Dezember 1781 erteilte Haydn in Wien Maria Feodorowna von Rußland, der
Gemahlin des Großfürsten und späteren Zaren Paul I., Musikunterricht. Die
Quartette Opus 33, die kurze Zeit später gedruckt wurden, sind unter anderem
dem Großfürsten gewidmet und tragen daher den Namen "Russische Quartette".
Haydn übersandte Maria Feodorowna 1805 durch seinen ehemaligen Schüler
Neukomm drei- und vierstimmige Gesänge, wofür er mit einem kostbaren Ring
belohnt wurde.
Großfürstin Maria Feodorowna
Von historischer Bedeutung war ebenso der Besuch der Kaiserin Maria Theresia
in Eszterháza im September 1773, in dessen Verlauf sie die Marionettenoper
Haydns "Philemon und Baucis" genießen konnte. Während dieses Besuches wurde
Haydn der Monarchin formell vorgestellt.
Haydns Beziehungen zu England begannen 1782 intensiver zu werden, als erste
Versuche unternommen wurden, ihn nach London einzuladen.
1781 entwickelte sich eine enge Freundschaft zu Wolfgang Amadeus Mozart.
Haydn und Mozart spielten zusammen Streichquartette. Haydn war von Mozart
sehr beeindruckt. Auffällig ist, dass Haydn keine Opern und Konzerte mehr
komponierte, dies war eine Domäne von Mozart.
47
1782 werden Haydns Werke in Amerika gespielt. 1784 entstehen auf Auftrag
des Direktoriums "Concerts de la Loge Olympique" die sechs "Pariser Sinfonien"
Nr.82-87.
Haydn hatte jetzt erstmals Gelegenheit, die ihm von Mozart gewidmeten neuen
Streichquartette zu hören. Leopold Mozart schrieb über dieses Konzert am 16.
Februar 1785 an seine Tochter in einem Brief nachfolgendes berühmtes Zitat:
" ... H. Haydn sagte mir: Ich sage ihnen vor Gott, als ein ehrlicher Mann, ihr
Sohn ist der größte Componist, den ich von Person und den Nahmen nach kenne:
er hat Geschmack, und über das die größte Compositionswissenschaft."17
Die Freimaurerbewegung, die während der Regierungszeit Kaiser Joseph II.
(1780-1790) in den gebildeten Kreisen an Beliebtheit gewann, erweckte auch
Haydns Interesse. Er wurde am 11. Februar 1785 Mitglied der Loge "Zur wahren
Eintracht" - einen Tag nach Haydns Aufnahme fand in der Wohnung von
Wolfgang Amadeus Mozart, der inzwischen auch Mitglied der Loge „Zur
Wohltätigkeit“ war, ein Privatkonzert statt.
1786 entstand die ursprüngliche Orchesterversion der "Sieben letzten Worte
unseres Erlösers am Kreuze".
Im Juni 1789 sandte Marianne von Genzinger (1750-1793), die Frau des Wiener
Leibarztes von Fürst Nikolaus, Haydn einen Klavierauszug, den sie von einem
Andante aus einer seiner Sinfonien angefertigt hatte. Mit der Bitte um
Korrekturen und der geäußerten Hoffnung, Haydn bald in Wien zu sehen, begann
eine mehrjährige, intensive Freundschaft. In den langen Briefwechseln kann man
sehr viel über Haydns tiefere Gefühle und über seine Persönlichkeit erfahren.
Haydns Genzinger-Sonate
Als am 28. September 1790 Fürst Nikolaus von Esterhazy, der Prachtliebende,
starb und sein unmusikalischer Nachfolger Anton Esterhazy Haydn mit 1400
Gulden in Pension schickte, erhielt dieser ein Angebot vom Londoner KonzertAgenten Johann Peter Salomon nach London zu gehen. Dort sollte er seine
Sinfonien mit großem Orchester aufführen.
17
Knispel, S. 85
48
Fürst Paul Anton II. (1738-1794), Sohn und Nachfolger Nikolaus I., war an
Musik wenig interessiert und entließ innerhalb weniger Tage das Orchester und
die Sänger. Nur Haydn und der Konzertmeister Luigi Tomasini blieben als einzige
formell in fürstlichen Diensten.
Mit einer jährlichen Pension von 1400 Gulden ausgestattet, führte Haydn
weiterhin seinen Kapellmeistertitel, obwohl er jetzt keinerlei Verpflichtungen
gegenüber Fürst Paul Anton mehr hatte.
Das "Märchen von Eszterháza und Esterházy" war zu Ende. Für Joseph Haydn
hatten sich in diesen drei Jahrzehnten außergewöhnliche Möglichkeiten
eröffnet.
49
2.4. Die erfolgreichen Englandaufenthalte (1791 – 1795)
2.4.1. Selbstständigkeit
Haydn hatte Fürst Nikolaus I. Esterhazy über 28 Jahre lang gedient. Diese
lange Dienstzeit am fürstlichen Hof war aber nicht nur eine Einengung für den
Komponisten. Durch die existenzielle Absicherung räumte ihm die Stellung
vielmehr auch eine für das eigene Leben förderliche Freiheit ein, die andere
Komponisten oft nicht kannten.
Nachdem nun Fürst Anton kurzerhand die ganze Hofmusik entlassen hatte, war
auch Joseph Haydn frei. Er konnte endlich ein selbstbestimmtes Leben führen.
Von diesem Zeitpunkt an wohnte er in dem Haus seines Freundes in Wien, doch
er blieb nicht lange in der Stadt.
Bereits im Dezember 1790 brach er zu seiner ersten Londonreise auf.
2.4.2. Die London-Reisen
"Ich bin Salomon aus London und komme, Sie abzuholen; morgen werden wir einen
Akkord schließen",18 so schilderte Haydn seinem Biographen Dies jenen entscheidenden Augenblick, der den Beginn seiner Englandreisen darstellte.
Für die beträchtliche Summe von 5000 Gulden verpflichtete sich Haydn, eine
italienische Oper, sechs neue Symphonien sowie 20 weitere Stücke zu
komponieren und diese in Konzerten unter seiner eigenen Leitung aufzuführen.
Johann Peter Salomon
18
Dies, www.haydnfestival.at
50
Johann Peter Salomon (1745-1815), ein berühmter Violinist und erfolgreicher
Konzertmanager, benachrichtigte umgehend das englische Publikum von Haydns
baldiger Ankunft.
Auf Mozarts Bedenken, dass er nicht einmal Englisch spreche, erwiderte Haydn:
"Meine Sprache versteht man durch die ganze Welt!"19
Am 1. Januar 1791 betrat Joseph Haydn nach einer beschwerlichen Reise über
München-Wallerstein-Bonn-Calais englischen Boden. Sieben Tage später schrieb
Haydn an Marianne von Genzinger:
"...meine anckunft verursachte grosses aufsehen durch die ganze stadt durch 3
Tag wurd ich in allen zeitungen herumgetragen: jederman ist begierig mich zu
kennen."20
Großes Aufsehen erregte auch der Umstand, dass Haydn auf einem Hofball im
St. James Palace vom Prinzen von Wales durch eine sichtbare Verbeugung
begrüßt wurde.
Georg, Prince of Wales
Die erste Konzertreihe begann am 11. März 1791 mit einem Konzert in den
"Hanover Square Rooms" und wurde dann wöchentlich bis zum 3. Juni fortgesetzt. Diese Konzerte waren gesellschaftliche Ereignisse ersten Ranges und
die Einladungen vornehmlich an die Aristokratie gerichtet.
Haydn komponierte in dieser Zeit einige seiner bekanntesten Werke wie etwa
"Die Londoner Sinfonie", "Die Militärsinfonie" und "Die Sinfonie mit dem
Paukenschlag" sowie das "Reiterquartett" und das "Zigeunertrio".
19
20
Dies, S. 78
www.haydnfestival.at
51
Seiner platonischen Liebe, Marianne von Genzinger, widmete Haydn in der
Londoner Zeit eine Sonate.21 Leider verstarb die Arzt-Gattin und Mutter von
sechs Kindern jedoch schon 1793.
Bis zum Beginn der nächsten Konzertserie lebte Joseph Haydn zurückgezogen
und erteilte Rebecca Schroeter, einer reichen Witwe, Privatunterricht.
Während seines ersten Englandaufenthaltes entwickelte sich eine enge
Beziehung zwischen Haydn und seiner Schülerin. Ihre Briefe, die Haydn in sein
Notizbuch übertrug, dokumentieren Rebeccas leidenschaftliche Gefühle für den
großen Komponisten: "Keine Sprache kann das nur zur Hälfte ausdrücken, was ich
an Liebe und Zuneigung für Sie empfinde."22
Rebecca Schroeter
Haydn war oft zu Gast bei Mrs. Schroeter, die mit äußerster Fürsorge um das
seelische und leibliche Wohl des Meisters besorgt war.
Während seines zweiten Aufenthaltes in London wohnte Haydn ganz in der Nähe
von Mrs Schroeter - und widmete ihr in späteren Jahren als Zeichen seiner
Verbundenheit seine "Trios op. 73".23
In der Woche vom 23. Mai bis 1. Juni 1791 erlebte Haydn das alljährlich unter
dem Patronat des Königs stattfindende "Händel-Fest" in der Westminster
Abbey. Kein anderes Ereignis hat den Komponisten nachhaltiger beeindruckt, als
diese gigantische Gedenkfeier, die den Höhepunkt des englischen GesellschaftsLebens darstellte.
Haydn hörte zum ersten Mal unter anderem Händels Oratorien "Israel in
Ägypten", "Esther", "Saul" und als Krönung des Festivals den "Messias".
21
22
23
Hob. XVI/49
www.haydnfestival.at
www.haydnfestival.at
52
Nach Abschluss einer überaus erfolgreichen ersten Konzertsaison wurde Haydn
im Juli 1791 auf Vermittlung des Musikhistorikers Charles Burney (1726-1814)
das Ehrendoktorat für Musik der Universität Oxford verliehen.
Die feierliche Zeremonie dauerte drei Tage lang und fand im Sheldonian Theatre
in Oxford statt.
Sheldonian Theatre in Oxford
Bereits im August 1791 hatte Fürst Paul Anton II. Esterházy den Wunsch
geäußert, Haydn möge nach Eisenstadt zurückkehren. Haydn hatte jedoch noch
vertragliche Verpflichtungen zu erfüllen und verließ erst Ende Juni 1792 nach
zwei erfolgreichen Konzertreihen die Britische Insel.
Er reiste über Bonn, wo er den begabten, jungen Ludwig van Beethoven (17701827) kennen lernte, nach Wien zurück. Es wurde vereinbart, dass Beethoven zu
Haydn nach Wien kommen sollte, um bei ihm Kontrapunkt und Harmonielehre zu
studieren. Nach einigen Unterrichtsstunden kam es jedoch zum Bruch zwischen
Lehrer und Schüler. Wie es hieß, war Beethoven mit seinem Lehrmeister
unzufrieden gewesen.
Ludwig van Beethoven
53
1793 kaufte Haydn in Wien-Gumpendorf, dem heutigen 6. Gemeindebezirk, ein
großes Haus. In dieser Zeit entstanden geistliche Werke, darunter sechs
Messen für die Esterházys sowie Oratorien, wie "Die Schöpfung" oder "Die
Jahreszeiten". Außerdem komponierte Haydn neun Streichquartette wie das
"Kaiserquartett", das "Quintenquintett" und "Der Sonnenaufgang".
Im Januar 1794 reiste Haydn gemeinsam mit Johann Elßler (1769-1843), seinem
Privatsekretär und Kammerdiener, zum zweiten Mal nach England.
Die Konzertreihe des Frühjahrs 1794 war ein neuerlicher großer Erfolg - die
"Militärsymphonie", die populärste aller seiner Symphonien zu Lebzeiten Haydns,
wurde uraufgeführt. Haydn pflegte und erweiterte während dieses Aufenthaltes
seine Kontakte mit englischen Verlegern.
Johann Elßler
Die Liste aller Werke, die Haydn für seine beiden Londoner Aufenthalte
komponiert hatte, wäre alleine schon würdig, das Lebenswerk eines Komponisten
darzustellen. Er schuf rund 250 Einzelwerke, darunter die Oper "Orfeo", die
"12 Londoner Symphonien", über 200 Gesangsstücke und mehrere
Streichquartette und Klavierwerke.
Am 1. Februar 1795 wurde Haydn die große Ehre zuteil, als einziger lebender
Komponist in die Programme der "Ancient Concerts" aufgenommen zu werden.
Nun fand er auch offiziell Einlass in die Konzerte des englischen Königs Georg
III. (1738-1820), dem er bei dieser Gelegenheit durch den Prinzen Georg von
Wales (1762-1830) vorgestellt wurde.
Im Frühjahr 1795 spielte, dirigierte und sang Joseph Haydn bei verschiedenen
Gelegenheiten vor der königlichen Familie und in Konzerten, die der Prinz von
Wales (ab 1820 König Georg IV.) im Carlton House veranstaltete.
Der englische König und seine Gemahlin Charlotte versuchten Haydn zu
überreden, länger in England zu bleiben und boten ihm eine Wohnung in Windsor
an.
54
2.5.Letztes Wirken und die letzten Jahre in Wien (1796 – 1809)
2.5.1. Späte Esterházy-Periode
Schon wenige Tage nach Haydns Abreise nach England im Januar 1794 war Fürst
Paul Anton Esterházy gestorben. Sein Nachfolger, Fürst Nikolaus II.
Esterházy (1765-1833), hatte Haydn im Sommer mitgeteilt, dass er die
Musikkapelle wieder aufzustellen beabsichtige. Da er Haydn weiterhin als seinen
Kapellmeister betrachtete, forderte er ihn auf, nach Eisenstadt zurück zu
kehren.
Diese Nachricht hörte Haydn nicht ungern, da er unter Berücksichtigung aller
Umstände nicht für immer in einem fremden Land bleiben wollte. In Österreich
jedoch konnte er sicher sein, von der fürstlichen Pension und Fürsorge im
Notfall unterstützt zu werden.
Anfang September 1795 war Haydn, mittlerweile weltberühmt und wohlhabend,
in Wien eingetroffen - und stand nun in den Diensten seines vierten EsterházyFürsten, dessen Umgestaltung des Schlosses und des Parks in Eisenstadt bis
heute unverändert erhalten geblieben ist. Fürst Nikolaus II. Esterházy, war ein
passionierter Theaterliebhaber und Kunstsammler. Sein musikalisches Interesse
beschränkte sich vor allem auf die Kirchenmusik, und Haydns wichtigste Aufgabe
war es daher, Messen zu komponieren. Nach den Erfolgen in London wurde
Haydns Rente vom Fürsten auf 2300 Gulden erhöht.
Von 1795 bis zu seinem Tod lebte Haydn fast ständig in Gumpendorf bei Wien,
abgesehen von den alljährlichen Sommeraufenthalten in Eisenstadt, wo er bis
1802 jeden September eine Messe für den Namenstag der Fürstin Maria
Josepha Hermenegild (1768-1845) komponierte und in der Bergkirche leitete.
Die Hochblüte von Haydns Chormusik ist an diesen Messen ebenso erkennbar wie
an seinen späteren Oratorien.
Zu Beginn des Jahres 1797 komponierte Joseph Haydn mit "Gott erhalte Franz
den Kaiser" eines seiner berühmtesten Stücke, das bis in unser Jahrhundert die
österreichische Staatshymne war - und heute mit den Versen "Einigkeit und
Recht und Freiheit" von Hoffmann von Fallersleben die deutsche Nationalhymne
ist.
„Gott erhalte Franz den Kaiser“
55
Der 29. Geburtstag des Kaisers Franz II. (1768-1835) sollte der Anlass sein, das
Lied erstmals vorzustellen. Am 12. Februar 1797 erklang diese volksliedartige
einfache, klassisch schöne Melodie vor dem anwesenden Kaiserpaar im Wiener
Burgtheater.
Die neue Hymne war als Gegenstück zur französischen "Marseillaise" gedacht
und sollte als "Volckslied" Ausdruck einer neuen patriotischen Begeisterung
werden. Haydn verwendete später diese Melodie für den langsamen
Variationssatz in seinem berühmten „Kaiserquartett op. 76“.
Nach den monumentalen Händel-Konzerten, die Haydn in London gehört hatte,
hatte er den Wunsch, ein Oratorium zu schreiben, das für alle Zuhörer ein
moralisches und künstlerisches Erlebnis bedeuten sollte.
Der bekannte Musikliebhaber Gottfried van Swieten (1730-1803) schrieb nach
dem englischen Text von Lidley ein deutsches Textbuch. Die Uraufführung der
"Schöpfung"24 fand am 30. April 1798 im Schwarzenberg-Palais am Neuen Markt
in Wien vor einem erlesenen Publikum statt und war ein überwältigender Erfolg.
"... ich war auch nie so fromm, als während der Zeit, da ich an der Schöpfung
arbeitete; täglich fiel ich auf meine Knie nieder...",25 erzählte Haydn seinem
Biographen Griesinger.
24
25
www.haydnfestspiele.at
Griesinger, www.haydnfestspiele.at, S.26
56
1801 folgte dann das Oratorium "Die Jahreszeiten".26
Die Jahreszeiten
Ab 1802 verschlechterte sich Haydns Gesundheitszustand zusehends und er war
ab 1803 nicht mehr in der Lage zu komponieren.
Auf Empfehlung seines Biographen Griesinger gab Haydn 1806 das unvollendete
"Streichquartett op. 103" heraus. Es war ein zweisätziges "Lebewohl" gemeinsam
mit seiner sogenannten "Visitenkarte" mit dem Text "Hin ist alle meine Kraft, alt
und schwach bin ich".
Joseph Haydn erhielt in der Folgezeit viele Ehrungen, aber er trat nicht mehr
öffentlich auf.
U.a. erhielt Haydn folgende Ehrungen:
1798 wurde er Mitglied der königlich schwedischen Akademie und
1801 Ehrenmitglied der Gesellschaft der Verdienste 'Felix meritis' Amsterdam.
1803 erhielt Haydn die große goldene Salvatormedaille von der Stadt Wien
verliehen.
1804 wurde er Ehrenbürger von Wien und Ehrenmitglied der Philharmonischen
Gesellschaft in Laibach.
1805 erfolgte die Berufung in das Conservatoire in Paris.
1807 wurde er Mitglied der Société académique des enfants d'Apollon in Paris
und
1808 wurde Haydn Ehrenmitglied der Philharmonischen Gesellschaft in
St.Petersburg.
26
Hob.XXI:3
57
2.5.2. Alter und Tod
2.5.2.1. Haydns letzte Jahre
Am 26. Dezember 1803 trat Haydn zum letzten Mal öffentlich auf, lehnte aber
Reiseeinladungen und kompositorische Aufträge aller Art entschieden ab.
Carl Maria von Weber
Luigi Cherubini
In seinen letzten Jahren erhielt Haydn Besuche von prominenten
Persönlichkeiten und wurde als Ehrenbürger der Stadt Wien zum gefeierten,
"großen alten Mann", der von vielen bedeutenden Musikgesellschaften Europas
mit Ehrendiplomen, Medaillen und Mitgliedschaften ausgezeichnet wurde.
Alte Universität Wien, hier wurde 1808 Joseph Haydns „Schöpfung“ aufgeführt
Das letzte Mal erschien Haydn in der Öffentlichkeit, als anlässlich seines 76.
Geburtstages am 27. März 1808 sein Oratorium "Die Schöpfung" in der Aula der
Alten Universität Wien aufgeführt wurde. Dieses feierliche Konzert ist auf
einer Aquarellminiatur von Balthasar Wigand erhalten.
58
Fürst Nikolaus II. Esterházy sandte eine Kutsche, damit der greise Haydn
komfortabel von seinem Haus in Gumpendorf in die Innere Stadt reisen konnte.
Als Haydn von zwei Lakaien in einem Tragsessel in den Saal getragen wurde,
erklangen festliche Trompetenfanfaren. Die Anwesenden riefen "Vivat Haydn"
und sein ehemaliger Schüler Ludwig van Beethoven küsste dem Meister zur
Begrüßung die Hand.
Die Aufführung, an der die gesamte Wiener Oberschicht teilnahm, wurde von
Antonio Salieri (1750-1825) geleitet.
2.5.2.2. Haydns Tod
Joseph Haydn starb am 31. Mai 1809 während der Belagerung Wiens durch
Napoleonische Truppen friedlich in seiner Wohnung in Gumpendorf, wo sich seine
Haushälterin und sein Sekretär Johann Elßler viele Jahre um ihn gekümmert
hatten.
Ein großes Zeichen der Bewunderung setzte Napoleon, der Feldherr der
feindlichen Truppen, die Wien damals belagerten: Als es mit Haydn bergab ging,
ließ er eine Ehrenwache vor dessen Haus postieren.
Am 1. Juni 1809 wurde er zunächst auf dem Hundsturmer Friedhof27 beerdigt.
Heute ist an der Stelle nur ein Gedenkstein zu finden. Die Inschrift lautet:
„Nicht ganz werde ich sterben.“
Am folgenden Tag wurde ein Requiem in der Gumpendorfer Kirche zelebriert.
Zwei Wochen später hielt man in der Schottenkirche in Wien einen großen
Gedenkgottesdienst ab, zu dem Wiens elegante Welt erschienen war.
27
www.scribd.com/doc/6430237/Burgenland-Reisemagazin
59
Am 1. Juni 1809 wurde er zunächst auf dem Hundsturmer Friedhof28 beerdigt.
Von Anhängern der Schädellehre, die glaubten, von der Schädelform RückSchlüsse auf die geistigen Fähigkeiten schließen zu können, wurde kurz nach
Haydns Tod sein Schädel entwendet.
Nach mehreren Besitzerwechseln gelangte der Schädel erst 1954 in die
Bergkirche in Eisenstadt, wohin der übrige Korpus schon 1820 überstellt wurde.
Haydns sterbliche Überreste sind heute in einem Mausoleum, das Fürst Paul
Esterházy 1932 in der Bergkirche in Eisenstadt errichten ließ, beigesetzt.
Haydn-Mausoleum in der Bergkirche Eisenstadt
28
heute: Haydnpark 12, Gaudenzdorfer Gürtel
60
2.5.2.3. Exkurs: Die Irrfahrten von Haydns Schädel
Von 1809 bis 1954 dauerte es, bis das Sterbliche von Joseph Haydn im
Mausoleum der Bergkirche von Eisenstadt seine "letzte Ruhestätte" gefunden
hat:
Sein Leichnam ruhte auf dem Hundsthurmer Friedhof über ein Jahrzehnt lang.
Erst 1820, nachdem der Herzog von Cambridge nach einer Aufführung des
Haydn - Oratoriums "Die Schöpfung", der er anlässlich eines Besuches in
Eisenstadt beigewohnt hatte, ausgerufen haben soll: "Wie glücklich der Mann,
der diesen Haydn im Leben besessen hat und noch im Besitz seiner irdischen
Reste ist!"29, wurde das Haus Esterházy wieder auf seinen Diener aufmerksam
und beschloss, Haydns Gebeine nach Eisenstadt überführen zu lassen.
Doch als man Haydns Grab öffnete, war die Überraschung groß, denn man musste
feststellen, dass der Schädel des Komponisten fehlte. Die eingeleiteten
Erhebungen enthüllten Grausiges:
Man stellte fest, dass der Fürstlich Esterházysche Sekretär Joseph Carl
Rosenbaum - ein musischer Mensch, aber auch ein fanatischer Anhänger der
"Gall´schen Schädellehre", welche die Meinung vertrat, dass die genialen
Fähigkeiten eines Menschen im Schädel ihren Sitz haben und so nachweisbar
sind - den Totengräber Jakob Demut bestochen und den Gefängnisverwalter
Johann Peter sowie die Wiener Beamten Ignaz Ullmann und Michael Jungmann
beauftragt hatte, acht Tage nach Haydns Begräbnis das Grab zu öffnen und dem
Leichnam den Kopf abzutrennen.
Haydns Schädel
Sie erfüllten den Auftrag so genau, dass es trotz aller Nachforschungen
zunächst nicht möglich war, den Aufbewahrungsort des Haydn - Schädels zu
eruieren, so dass Joseph Haydns Leichnam zunächst ohne Cranium nach
Eisenstadt überführt und in einer Gruft unter der Bergkirche bestattet wurde.
29
www.bda.at/text/136/908/13770, S. 22
61
Ein Schädel, der später von Johann Peter als "Haydn - Schädel" der Polizei
übergeben wurde und in aller Stille in Eisenstadt zu Haydns Gebeinen in den
Sarg gelegt wurde, erwies sich als falsch, denn der echte Schädel befand sich im
Besitz von Joseph Carl Rosenbaum, und dieser übergab ihn auf dem Totenbett
seinem Freund Peter mit dem Auftrag, die Reliquie dem Musikkonservatorium zu
vermachen.
Doch es dauerte noch eine Weile, bis der Schädel Joseph Haydns ein
Museumsobjekt wurde.
Karl Semmelweis hat diese "Wanderfahrt" in einem 1954 erschienenen Aufsatz
folgendermaßen geschildert: Peter versprach es und legte in seinem Testament
dies mit folgendem Satz fest: "Übergeben an das genannte Musikkonservatorium
soll dieser Kopf des Haydn, welches ich mit dem Eid, so wahr mir Gott helfe,
beteuere, dass er derselbe ist, erst nach meinem Tode aus dem Grunde werden,
um wegen dieser Handlung, die mir gut scheint, vor Verfolgung mich zu
bewahren."30
Aber auch die Witwe Peters wagte aus Angst vor polizeilicher Verfolgung nicht,
den Schädel dem Wiener Musikverein auszuliefern, sondern übergab ihn dem
Arzt Dr. Karl Haller. Dieser gab ihn dem Anatom Rokitansky weiter, und erst
dessen Erben vollstreckten das testamentarische Vermächtnis und übertrugen
den Schädel der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien, die ihn Jahrzehnte
hindurch als kostbares Schaustück ihres Museums aufbewahrte.
Die Gruft in Eisenstadt wartete inzwischen. 1909, anlässlich des 100.
Todestages von Joseph Haydn, öffnete man sie, und nachdem man sich
überzeugt hatte, dass der Leichnam Haydns unversehrt war, soll, wie ein
Augenzeuge berichtet, die Fürstin Esterházy den Befehl gegeben haben, den
Gruftdeckel zu schließen. "Für immer, auf dass Haydn ruhen könne."
Nun, er ruhte noch lange nicht. Denn 1932, anlässlich seines 200. Geburtstages,
setzten wieder Bestrebungen ein, den Schädel des Komponisten mit dem Körper
zu vereinen. Die Gesellschaft der Musikfreunde schien durchaus geneigt, sich
von ihrer Reliquie zu trennen und das Haus Esterházy erwies sich seinem treuen
Diener gegenüber generös und errichtete ihm in der Eisenstädter Bergkirche ein
Mausoleum, in dessen Sarkophag Joseph Haydn 123 Jahre nach seinem Tod
endlich seine letzte Ruhestätte finden sollte.
Alles war vorbereitet, doch im letzten Augenblick wurde das Vorhaben
verhindert. Der Musikwissenschafter Dr. Otto Biba von der Gesellschaft der
Musikfreunde begründete dies damit, dass die Gesetze in der Bundeshauptstadt
Wien den Transport von Leichenteilen über die Stadtgrenzen hinaus verboten
30
www.haydnkirche.at, S. 18
62
hätten und widerlegte damit Gerüchte, wonach sich die Musikfreunde den
Schädel Joseph Haydns abkaufen lassen wollten.
Der Sarkophag blieb leer, bis 1954 das Burgenland "seinen" großen Sohn
heimholen konnte in die Stadt, in der er über drei Jahrzehnte lang gewirkt und
den Großteil seines unvergänglichen Werkes geschaffen hat.
Das Burgenland bereitete Joseph Haydn einen triumphalen Empfang. Durch
Eisenstadt, an seinem Wohnhaus und am Schloss vorbei, führte der Weg des
Schädels, und in einem Festakt vereinte ihn dann in der Bergkirche Gustinus
Ambrosi mit den Gebeinen des Komponisten. Joseph Haydn war heimgekehrt und
hatte nach 145 Jahren seine letzte Ruhestätte gefunden.
63
2.6. Anmerkungen zu Haydns Wesen und Charakter
Haydn war bekannt für seine liebenswürdige und optimistische Persönlichkeit.
Er hatte einen kräftigen Sinn für Humor, der in seiner Liebe zu Streichen
hervortrat und auch in seiner Musik sichtbar wurde.
Haydn wurde vor allem von den ihm unterstehenden Hofmusikern der Fürsten
Esterhazy geschätzt, da er eine herzliche Arbeitsatmosphäre pflegte und die
Interessen der Musiker wirksam gegenüber ihrem Arbeitgeber vertrat.
Haydn war ein frommer Katholik, der oft seinen Rosenkranz zur Hand nahm,
wenn er bei einer Komposition nicht mehr weiter wusste; eine Angewohnheit, die
er als sehr hilfreich empfand.
Wenn er eine Komposition beendet hatte, pflegte er „Laus deo“ oder ähnliche
Wendungen an das Ende eines Manuskripts zu schreiben.
Zur Zerstreuung liebte er die Jagd und das Angeln.
Wie viele in seiner Zeit hatte er zwar die Pocken überlebt, aber sein Gesicht war
dadurch leider mit Narben übersät. So war Haydn eher nicht gut aussehend; um
so überraschter war er, als die Frauen ihn während seines London-Besuchs
umschwärmten.
Haydns äußere Erscheinung ist von vielen Beschreibungen und einer großen
Anzahl von Bildern und Büsten bekannt. Er war von der Gestalt "etwas unter der
mittelmäßigen Größe (...) der Blick war sprechend, feurig, aber doch mäßig, gütig,
einladend".31 Im täglichen Leben besaß Haydn viele angenehme Eigenschaften,
wie Freundlichkeit, Hilfsbereitschaft und Verständnis.
Ein besonderer Wesenszug seines Charakters war neben seiner "arglosen
Schalkheit" seine große Ordnungsliebe, die ihn sein ganzes Leben lang
auszeichnete.
Als Mitglied des fürstlichen Hofes erwarb sich Haydn gesellschaftliche
Umgangsformen. So schrieb er: "... ich bin mit Kaisern, Königen, und vielen großen
Herren umgegangen, und habe manches Schmeichelhafte von ihnen gehört...".32
Die verschiedenen Portraitmaler, die Haydn während seiner Lebenszeit
zeichneten oder malten, versuchten in irgend einer Weise, Haydns Charakter auf
ihren Bildern zum Ausdruck zu bringen und nicht sein hässliches Gesicht.
Deshalb gleichen sich auch nicht zwei von allen bisher überlieferten Portraits.
31
32
Griesinger, S. 107
Griesinger, S. 103
64
3. DIE MUSIKER IN HAYDNS FAMILIE
In Haydns Familie tauchten zwei weitere Musiker auf, wenngleich diese aber
nicht so berühmt wurden wie Joseph Haydn. Die Rede ist von seinen beiden
Brüdern Michael und Johann.
3.1. Haydns Bruder Johann Michael
Michael Haydn
3.1.1. Die Vita Johann Michael Haydns
Johann Michael Haydn wurde am 14. September 1737 in Rohrau geboren.
Nach einer Viehseuche im Jahr 1746 führten die Herrschaften in Rohrau
verschieden Wallfahrten durch, die von Matthias Haydn, Michaels Vater,
organisiert wurden. Michael Haydn erhielt bei diesen Wallfahrten die ersten
nachhaltigen musikalischen Eindrücke der großen Kirchenmusik, für welche die
Prozession dort berühmt war.
Als Kind folgte Johann Michael Haydn zuerst seinem Bruder Joseph als
Sängerknabe in den Wiener Stephandom. Nachdem er die Chorschule verlassen
hatte, wurde er 1757 erst Geiger und 1760 bischöflicher Kapellmeister in Oreda
(Großwardein).
65
Sein Hornkonzert erregte 1762 in Wien Aufsehen. Vom Erzbischof nach
Salzburg geholt, wurde er am 14. August 1763 zum Hofkomponisten in Salzburg
ernannt. Später war er als Organist an der Dreifaltigkeitskirche tätig und
danach auch noch für die Dommusik zuständig. 1768 heiratete er die
Hofsängerin Maria Magdalena Lipp.
Johann Michael Haydn wirkte 43 Jahre in Salzburg. In dieser Zeit schrieb er
360 sakrale und weltliche Kompositionen, vor allem Instrumentalmusik. Er war
ein Freund Mozarts, beide Musiker schätzten sich gegenseitig sehr.
Zweimal, nämlich 1798 und 1801, kam Michael Haydn für längere Zeit nach Wien.
1801 schlug er aber ein Angebot des Fürsten Nikolaus II. Esterházy aus, als
Vizekapellmeister in dessen Dienste zu treten.
Michael Haydn starb am 10. August 1806 in Salzburg. Er wurde am PetersFriedhof in Salzburg beigesetzt. Anlässlich der regelmäßigen Gruftleerung
beschaffte sich Haydns Witwe den Schädel ihres verstobenen Mannes und
stellte ihn neben ihrem Bett auf. Nach ihrem Tod wurde die Reliquie in einer
Urne, die Teil des Grabmals von Joseph Haydn in der Stiftkirche ist, verwahrt.
Heute finden wir Michaels Schädel im Safe des Stifts St. Peter in Eisenstadt.
3.1.2. Die Bedeutung von Johann Michael Haydn
Sein bekanntestes Werk ist das vor allem in katholischen Messen häufig
gesungene „Das deutsche Hochamt“, das neben der durch Haydns Vorbild
beeinflussten deutschen Messe von Franz Schubert zu den wenigen kirchlichen
Volksgesängen der Klassik gehört.
Johann Michael Haydn war ein wichtiger Wegbereiter der geistlichen Musik,
aber auch sein symphonisches Schaffen war bedeutend. Bekannt sind die
geistlichen Chorwerke, die er verfasst hat, z.B. die Missa Hispanica, für die er
1804 in Stockholm sein Diplom erhielt oder seine Messe in d-Moll.
Außerdem gilt Michael Haydn als maßgeblicher Begründer des Männerchores und
des vierstimmigen Gesanges.
Er war auch ein fruchtbarer Komponist weltlicher Musik. Unter anderem schuf
er 40 Sinfonien, einige Konzerte und Kammermusik, darunter ein StreichQuartett in C-Dur, das früher Joseph Haydn zugeschrieben worden war.
Nach den Aussagen des Joseph Haydn Biographen Griesinger erkannte dieser
das Kompositionstalent seines jüngeren Bruders an. „Händel sei groß in seinen
66
Chören, aber mittelmäßig im Gesange; Gluck sei wegen seiner richtigen
Intentionen und seiner Stärke, Piccini wegen seiner Anmuth und seines lieblichen
Gesanges vorzuziehen. In der Kirchenmusik verdienen die Arbeiten seines
Bruders, Michael Haydn, eine der ersten Stellen; es sey aber nur schade, dass
dieses Fach so schlecht bezahlt werde, denn man könne sich mit einem Dudelsack
mehr verdienen als mit Oratorien und Messen.“33
Wie Mozart starb Michael Haydn, ohne die letzte Vertonung seines Requiems
vollenden zu können.
Eine Begründung, warum Michael Haydn weit weniger bekannt ist als sein
berühmter Bruder Joseph, mag darin liegen, dass seine Werke, hier vor allem
natürlich seine geistlichen Werke, zu seiner Zeit nicht gedruckt wurden, sondern
lediglich in handschriftlichen Kopien hauptsächlich von Kloster zu Kloster
verbreitet wurden.
Ein großer Teil des Schaffens von Michael Haydn ist der Öffentlichkeit noch
weitgehend unbekannt und muss erst noch entdeckt und öffentlich gemacht
werden.
3.1.3. Die Werke Johann Michael Haydns (in Auswahl)
Ø
Ø
Ø
Ø
Ø
Ø
Ø
33
Oratorium, „Der büßende Sünder“
Konzert für Orgel, Viola und Streicher C-Dur
Trompetenkonzert C-Dur
Concertino für Fagott B-Dur
Tristis est anima mea
Konzert für Altposaune in B-Dur
Requiem in B-Dur (unvollendet)
www.archive.org/stream/musikalischescon10mend/djvu.txt
67
3.2.
Haydns Bruder Johann Evangelist
Johann Evangelist Haydn
Johann Evangelist Haydn wurde am 23. Dezember 1743 geboren.
Er war das 11. Kind von Matthias und Anna Maria Koller Haydn. In der Familie
wurde er oft „Hansl“ genannt. Seine Karriere und Ausbildung waren breiter
angelegt. Folgt man Haydns Biograph Dies, so kam Johann Haydn in jungen
Jahren ebenfalls als Chorknabe in den Wiener Stephandom.
Nach Rosemary Hughes wurde er auch im Beruf seines Vaters als Wagenbauer
ausgebildet, jedoch eignete er sich aber nicht zur Übernahme des väterlichen
Geschäftes.
1765, nach dem Tod seines Vaters und der Wiederverheiratung seiner
Stiefmutter, schloss sich Johann Haydn seinem Bruder Joseph an und schlug die
Laufbahn eines Musikers ein. Sein Bruder, der inzwischen im Schloss Esterhazy
arbeitete, nahm ihn schließlich als Tenorsänger auf. Er arbeitete dort sechs
Jahre ohne Bezahlung, aber immer unterstützt von seinem Bruder, bis er ein
kleines Gehalt bekommen konnte.
68
Johann Haydn war offensichtlich kein sehr begnadeter Sänger. So bemerkte der
Komponist Antonio Salieri, dass eine seiner Schülerinnen „durch die Nase sang
wie Hansl Haydn“. Es ist also möglich, dass er von Haydns Gönner Fürst Nikolaus
Esterházy aus Gefälligkeit und Wertschätzung für Joseph Haydns Dienste auf
die Gehaltsliste gesetzt wurde.
Dasselbe vermutete man übrigens später auch bei der Geliebten von Joseph
Haydn, der mittelmäßigen Sängerin Luigia Polzelli.
Johann Haydn wurde 61 Jahre, er starb 1805 in Eisenstadt, immer noch im
Dienst der Familie Esterházy.
69
4.
HAYDNS FREUNDE (IN AUSWAHL)
Über Haydns Freundschaften gibt es noch keine umfassende Literatur. Man kann
dennoch beispielhaft einige Personen benennen, mit denen Joseph Haydn über
Jahre intensiv durch Briefwechsel oder gemeinsames Musizieren verbunden war.
Dazu gehören u.a.:
4.1.
Wolfgang Amadeus Mozart
Wolfgang Amadeus Mozart
Um 1781 entstand eine enge Freundschaft zwischen Haydn und Mozart, dessen
Werk er schon über Jahre hinweg beeinflusst hatte. Die zwei Komponisten
genossen es, in Streichquartetten zusammen zu spielen. Haydn war sehr von
Mozarts Werk beeindruckt.
Es ist augenfällig, dass Haydn zu dieser Zeit großenteils aufhörte, Opern und
Konzerte zu schreiben – zwei der Gattungen, in denen Mozart am stärksten war.
Mozart dagegen arbeitete hart daran, sechs Streichquartette zu schreiben, die
mit dem Niveau mithalten konnten, das Haydn mit seiner kurz davor vollendeten
Reihe Op. 33 erreicht hatte; als Mozart damit fertig war, widmete er die
Quartette seinem Freund.
Haydn gehörte inzwischen der Freimaurerloge „Zur wahren Eintracht“ an,
Mozart war Mitglied in der Loge „Zur Wohltätigkeit“. Als Haydn am 11. Februar
1785 aufgenommen wurde, konnte Mozart aber nicht anwesend sein, da er am
gleichen Abend, in Anwesenheit seines Vaters Leopold, ein Subskriptionskonzert
in der „Mehlgrube“ gab.
Durch die Logenzugehörigkeit der beiden Männer erhielt ihre Freundschaft eine
zusätzliche Facette.
Hier mehr über W. A. Mozart zu schreiben, sprengt den Rahmen dieser Arbeit.
70
4.2. Marianne von Genzinger
Im Juni 1789 erhielt Joseph Haydn einen Brief, der das Fundament zu einer
einzigartigen, innigen Freundschaft legte. Marianne von Genzinger (1750-1793),
die Frau des Wiener Leibarztes von Fürst Nikolaus I. Esterházy,, sandte ihm
einen Klavierauszug, den sie von einem Andante aus einer seiner Symphonien
angefertigt hatte. Mit der Bitte um Korrekturen und der geäußerten Hoffnung,
Haydn bald in Wien zu sehen, begann ein langer Briefwechsel, der uns einen
Einblick in Haydns Persönlichkeit eröffnet.
Über die Entstehung der Symphonie, die offenbar schon Jahre vorher geplant
war, berichtete van Hoboken (1957) aus dem Briefwechsel zwischen Haydn und
Frau von Genzinger. So schrieb Haydn am 14. März 1790:
„ … die versprochene neue Sinfonie werden Ihro Gnaden in Monath April (…)
überkommen …“
Am 30. Mai 1790 führte er dann aus, dass er „Gott lob, gesund, und thätige lust
zur arbeith habe“; andererseits bedauerte Haydn „bey dieser lust, dass Euer
Gnaden so lang auf die versprochene Sinfonie warten müssen.“
Und im Brief vom 15. August 1790: „diese arme versprochene Sinfonie schwebt
seit Ihrer anordnung stets in meiner Fantasie, nur einige (leyder) bishero
Nothdringende zu fälle haben diese Sinfonie noch nicht zur welt kommen lassen!“
Am 17. November 1791, inzwischen in London, teilte er Frau von Genzinger mit:
„meine versprochene neue Sinfonie werden Euer gnaden in 2 Monathen erhalten.
um aber gute Ideen zu bekommen, so bitte ich, schreiben mir Euer gnaden, aber
71
schreiben Sie ja recht viel …“. Aber auch diese Zusage konnte Haydn nicht
einhalten, sondern schrieb am 20. Dezember 1791. „… jene Sinfonie aber, so für
Euer Gnaden bestimt, werd ich längstens anfangs February übermachen.“
Endlich konnte er Frau von Genzinger am 2. März 1792 von der vor zwei Jahren
versprochenen Sinfonie mitteilen: „… da ich dieselbe vergangenen Freytag zum
erstenmahl producirte; Sie machte (…) den Tiefesten Eindruck auf die Hörer.“
Haydn konnte aber das Werk immer noch nicht zusenden: „Erstens weil ich
willens bin, das letzte Stück von derselben abzuändern, und zu verschönern, da
solches in rücksicht der Ersten Stücke zu schwach ist (…) und 2. ursach ist, weil
ich in der that befürchte, dass dieselbe möchte gefahr laufen in fremde Hände
zu komen. (…) Euer gnaden müssen demnach mir Ihre gütige nachsicht schenken,
bis ich selbst die gnade haben werden, bis Ende July (…) die Sinfonie zu
übergeben.“
Die Bewunderung der 23 Jahre jüngeren, feingebildeten Frau von Genzinger
bewegte Haydn dazu, ihr seine innersten Gefühle zu offenbaren und vor allem
sein Bedürfnis nach Verständnis für seine Einsamkeit in Eszterháza zu äußern.
Am 8. Januar 1791 kurz nach seiner Ankunft in London schrieb Haydn in einem
sehr persönlichen Brief an seine Freundin:
„(…) meine anckunft verursachte grosses aufsehen durch die ganze stadt durch
3 Tag wurd ich in allen zeitungen herumgetragen: jederman ist begierig mich zu
kennen. Ich muste schon 6 mahl ausspeisen, und könnte wenn ich wollte täglich
eingeladen seyn, allein ich mus erstens auf meine Gesundheit, und 2tens auf
meine arbeith sehen. (…) alles dieses meine gnädige Frau war für mich sehr
schmeichelhafft, doch wünschte ich mir auf eine zeit nach wienn fliehen zu
könen um mehrere ruhe zur arbeith zu haben, dan der lärm auf denen gassen von
dem allgemeinen verschiedenen Verkaufs Volck ist unausstehlich (…).“34
Zahlreiche weitere Briefe Haydns sind aus jener Zeit erhalten; sie befanden
sich im Nachlass von Frau von Genzinger. Haydn bewahrte die Briefe, die sie an
ihn richtete, offensichtlich nicht auf.
Marianne von Genzinger starb 1793 im Alter von 43 Jahren.
34
Der ganze Brief für Marianne v. Genzinger in: www.wikipedia.org
72
4.3. Mrs Rebecca Schroeter
Rebecca Schroeter, geb. Scott, lebte von 1751 bis 1826 in London. Sie war die
Ehefrau des deutschen Komponisten Johann Samuel Schroeter.
Als Witwe lernte sie Joseph Haydn auf seiner ersten Englandreise 1791 kennen,
lud ihn zu sich ein und bat ihn, ihr Klavierunterricht zu geben. Bald entstand
daraus ein intensives Liebesverhältnis. Haydn selbst zeigte seinem Biographen
A.C. Dies 1806 sein zweites Londoner Notizbuch, in das er zweiundzwanzig an
ihn gerichtete Briefe Rebeccas aus den Jahren 1791/92 übertragen hatte.
Dies schrieb:
„ ...Haydn lächelte und sagte: »Briefe von einer englischen Wittwe in London, die
mich liebte; aber sie war ... noch eine schöne und liebenswürdige Frau, die ich,
wenn ich damahls ledig gewesen wäre, sehr leicht geheirathet hätte.«“
Und weiter:
„ ...Haydn genoß in der Gesellschaft der Wittwe sehr angenehme Stunden; wenn
er sonst nirgends eingeladen war, speiste er gewöhnlich bey ihr.“35
Wie viel diese Beziehung für Haydn selbst bedeutete, können wir aus dem
Umstand erahnen, dass diese Liebesbriefe die einzigen sind, die er in seinem
Leben für aufbewahrenswert hielt und sogar in sein Notizbuch übertragen hatte.
Haydns Briefe an Rebecca Schroeter sind leider verschollen. Die überlieferte
Korrespondenz ist auf den ersten Londonbesuch des Meisters beschränkt;
wahrscheinlich hatte Rebecca selbst für Haydns zweiten Londoner Aufenthalt
(Februar 1794 bis August 1795) das Domizil ganz in ihrer Nähe ausgesucht.
Nach 1795 sahen sich die beiden nie wieder, sie müssen jedoch noch in Kontakt
geblieben sein, denn Haydn schenkte Rebecca drei Klaviertrios, 1796 nutze sie
ihre Verbindungen zum Musikverlag Hyde und im Jahr 1800, als Haydns „Die
Schöpfung” ediert wurde, erschien Rebecca Schroeters Name auf der Liste der
Abonnenten.
35
Dies, S. 133f
73
4.4.
4.4.1.
Die Biographen
Georg August Griesinger
Georg August Griesinger wurde 1769 in Stuttgart geboren, studierte Theologie,
unterrichtete als Lehrer und wurde Diplomat. 1799 kam er nach Wien, wo er als
Korrespondent der Allgemeinen musikalischen Zeitung in Leipzig arbeitete.
Er verhandelte mit Haydn erfolgreich über die Ausgabe dessen vollständiger
Werke durch den Verlag Breitkopf & Härtel.
Später entstand zwischen den beiden Männern eine Freundschaft und schließlich
hatte Griesinger die Idee, eine Biographie über Joseph Haydn zu schreiben.
Wenn Griesinger von seinen Besuchen bei dem Komponisten nach Hause kam,
schrieb er sofort alles auf in der Hoffnung, damit die Genauigkeit des Erzählten
zu erhöhen. 1810 wurde das Buch unter dem Titel „Biographische Notizen über
Joseph Haydn“ in Leipzig veröffentlicht und gilt als erste Wahl unter den frühen
Haydn-Biographien.
Griesinger starb am 9. April 1845 in Wien.
4.4.2.
Albert Christoph Dies
Albert Christoph Dies (1755-1822) war ein deutscher Maler, Komponist und
Biograph aus Hannover.
Als Maler hielt er sich lange in der Nähe Roms auf, bis er über den Fürsten
Nikolaus II. Esterházy mit Haydn in Kontakt kam und 1805 diesen erstmals in
dessen Haus in Wien-Gumpendorf besuchte. Es entstand eine intensive
Beziehung zum alternden Haydn.
Bei 30 Besuchen führte Dies über drei Jahre Gespräche mit dem Musiker, aus
denen er den Stoff für seine Haydn-Biographie gewann. Außerdem schöpfte er
aus der Biographie Griesingers, die er mit nicht immer glaubwürdigen Anekdoten
anreicherte.
Von Dies´ musikalischen Werk ist nichts erhalten; er starb am 28. Dezember
1822 in Wien.
4.4.3.
Guiseppe Antonio Carpani
Giuseppe Carpani, geboren 1752, war ein italienischer Dichter und Schriftsteller.
An Stelle eines Studiums schrieb er schon als junger Mann eine Komödie und
mehrere Opern-Libretti.
74
1796 zog er erstmals nach Wien, wo er bis zum Lebensende im Dienst des
kaiserlichen Hofes stand. U.a. übersetzte er Haydns „Die Schöpfung“ in die
italienische Sprache und schrieb ein gefeiertes Sonett.
Carpani war ein großer Fan von Haydn und veröffentlichte ein Buch über ihn und
seine Kompositionen mit dem Titel „La Haydine“.
Er starb in Wien am 22. Januar 1825 im Alter von 73 Jahren.
75
5. HAYDNS SCHÜLER (IN AUSWAHL)
5.1. Marianne Auenbrugger
Marianne Auenbrugger
Marianne Auenbrugger wurde am 19. Juli 1759 in Wien geboren, sie starb am 25.
August 1782 in Wien. Sie war eine österreichische Pianistin und Komponistin.
Die Tochter des Arztes Leopold Auenbrugger war als Musikerin in Wien hoch
angesehen. Zusammen mit ihrer Schwester Caterina Franziska war sie Schülerin
von Joseph Haydn und Antonio Salieri.
Haydn widmete den beiden Schwestern im Jahre 1780 einen Zyklus von sechs
Klaviersonaten (Hob. XVI:35-39 und 20).
Als Marianne 1782 an Unterernährung starb, ließ Salieri auf eigene Kosten bei
Artaria eine von ihr komponierte Klaviersonate drucken und fügte eine von ihm
selbst geschriebene Trauerode für Sopran und Klavier an.
76
5.2.
Ludwig van Beethoven
Über den bekannten Komponisten, Klavierspieler usw. zu schreiben, würde den
Rahmen dieser Expertenarbeit sprengen.
Ludwig van Beethoven
Interessant ist allerdings im Zusammenhang mit Joseph Haydn, dass Haydn
schnell das Genie Beethoven erkannte und förderte, dass es aber leider 1792
zum Bruch zwischen den beiden großen Musikern kam.
5.3.
Johann Georg Distler
Geboren 1765 in oder bei Wien, gestorben am 28. Juli 1799 in Wien. Er war ein
österreichischer Geiger und Komponist.
Johann Georg Distler war der Lieblingsschüler von Joseph Haydn und wirkte von
1781 bis 1796 in der Hofkapelle Stuttgart, zuletzt als Kapelldirektor. Er lebte
danach in Wien als bekannter Komponist für Kammermusik, widmete seine Werke
Prinzessin Sophie und Prinz Carl von Württemberg sowie Großfürst Paul von
Russland.36
Zu seinen Werken gehören:
Ø 6 Quartette, 1791
Ø 6 Quartette für Violinen und Violoncelli, 1791
Ø 6 Quintette, 1799 (verschollen)
36
Weitere Literatur über Johann Georg Distler:
F. Blume (Hg.), Die Musik in Geschichte und Gegenwart, Band 3, 1984.
77
5.4.
Peter Hänsel
Peter Hänsel wurde am 9. November 1770 in Leppe (Provinz Schlesien) geboren
und starb am 18. September 1831 in Wien. Er war ein deutsch-österreichischer
Komponist und Violinist.
Leben:
Nach einer musikalischen Ausbildung bei seinem Onkel in Warschau trat Hänsel
1787 in das Orchester des Fürsten Grigori Alexandrowitsch Potjomkin in
Petersburg ein.
1791 wurde er Konzertmeister bei der Fürstin Izabela Lubomirska in Wien, bei
der er ab 1796 mit festem Jahresgehalt angestellt war. Hänsel nahm bei Joseph
Haydn Unterricht und reiste 1802 für ein Jahr nach Paris.
Peter Hänsel schuf ein recht umfangreiches Werk:
Ø 35 Streichquartette
Ø 4 Quintette
Ø 3 Quartette mit Flöte und Klarinette
Ø 9 Violinduette
Ø außerdem Variationen, Polonaisen, Rondos, Märsche und ähnliches für
verschiedene Instrumente.
78
5.5.
Ignaz Pleyel
Ignaz Josef Pleyel
Ignaz Josef Pleyel wurde am 18. Juni 1757 in Ruppersthal in Niederösterreich
geboren und starb am 14. November 1831 bei Paris.
Der österreichische Komponist und Klavierfabrikant war der Sohn des
Schulmeisters Martin Pleyl und dessen Gattin Anna Theresia. Seinen
Familiennamen ergänzte er mit einem e, als er die französische
Staatsbürgerschaft annahm.
Leben:
Pleyel war Schüler Joseph Haydns und Johann Baptist Vanhals in Pressburg und
Eisenstadt. Seine Gönner, die Grafen Erdödy, bezahlten ihm die Ausbildung und
den Aufenthalt bei Haydn - 100 Louisdor pro Jahr.
Er vollendete seine Ausbildung in Italien und übersiedelte 1783 nach Straßburg,
wo er Adjunkt des Domkapellmeisters Franz Xaver Richter wurde und sich
fortan "Ignace" nannte. Bevor er nach Richters Tod 1789 dessen Nachfolge
antrat, nahm er die französische Staatsbürgerschaft an.
Vor der Revolution floh er nach London und wirkte dort zeitgleich mit seinem
früheren Lehrer Haydn. Von 1795 an lebte er in Paris, wo er eine
Musikalienhandlung und später daneben die noch heute unter der Firma Pleyel,
Wolff u. Komp. bestehende Klavierfabrik gründete.
Pleyels Grab befindet sich auf dem Pariser Prominentenfriedhof Père Lachaise.
1959 wurde die Ignaz-Pleyel-Gasse in Wien-Favoriten nach ihm benannt.
79
Sein Sohn, Camille Pleyel, geb. 1792, bildete sich unter Leitung seines Vaters und
des Komponisten Johann Ladislaus Dussek zum Klavierspieler aus und übernahm
1825 die väterliche Klavierfabrik, der er bis zu seinem Tod am 4. Mai 1855 als
Leiter vorstand.
Werke:
Pleyel hinterließ zahlreiche Kompositionen (zumeist Instrumentalwerke), welche
zeitweilig an Beliebtheit selbst mit Haydn wetteifern konnten, jedoch noch zu
Lebzeiten ihres Autors in Vergessenheit gerieten.
Dazu gehören:
Ø Klavierschule von 1797, die er gemeinsam mit Dussek schuf
Ø 41 Sinfonien
Ø 6 Symphonies Concertantes
Ø 2 Opern : „Die Fee Urgèle“ und „Ifigenie in Aulide“
Ø ein Requiem
Ø Lieder
Ø sowie eine große Zahl kammermusikalischer Kompositionen
Titelblatt der "Grande Sonate" op. 45,3; Druck von 1797
Von seiner Kammermusik ragen die Streichquartette heraus, da sie von großer
musikalischer Qualität sind, was ihm zu seiner Zeit einen ausgezeichneten Ruf
als Komponist einbrachte.
Über Pleyels Streichquartette schrieb Mozart den 24. April 1784 in einem Brief
an seinen Vater:
„Sie sind sehr gut geschrieben, und sehr angenehm; Sie werden auch gleich
seinen Meister [Haydn] herauskennen. Gut - und glücklich für die Musik, wenn
Pleyel seiner Zeit im Stande ist, uns Haydn zu remplacieren!“37
37
de.wikipedia.org/wiki/Ignaz Josef Pleyel
80
5.6. Sigismund Neukomm
Sigismund Neukomm
Sigismund Ritter von Neukomm wurde am 10. Juli 1778 in Salzburg geboren und
starb am 3. April 1858 in Paris. Er war Komponist, Pianist, Diplomat und
möglicherweise auch Spion.
Leben:
Neukomm war ein Schüler Michael Haydns, später ein enger Mitarbeiter Joseph
Haydns und ein großer Verehrer Mozarts. Für dessen unvollständig gebliebenes
Requiem verfasste er eine Ergänzung mit einem finalen "Libera Me" (die in der
Version von Franz Xaver Süßmayr fehlt).
Neukomm war in vielen Ländern der Welt tätig. So war er zum Beispiel von 1804
bis 1808 Kapellmeister in Sankt Petersburg und 1816 bis 1821 in Brasilien. Die
meiste Zeit lebte er jedoch in Paris.
Werk:
Sein musikalisches Œuvre umfasst über 1300 Werke, darunter:
Ø 10 Opern
Ø 3 Oratorien
Ø geistliche Musik
Ø Lieder in verschiedenen Sprachen
81
Sein großes Vorbild Mozart lernte er nie kennen, er wurde aber Cembalolehrer
für dessen Sohn Carl. Seine Musik orientierte sich an der seiner Vorbilder,
schaffte es aber trotzdem innovativ zu sein.
Neukomm ist heute weitgehend unbekannt. Wegen der beachtlichen Qualität
vieler Werke steigt das Interesse an der vielseitigen Person in den letzten
Jahren.38
38
Weitere Literatur zu Sigismund Neukomm:
Gisela Pellegrini-Brandacher: Ritter Sigismund von Neukomm und seine Oratorien. Diss. München 1936. [Mit Noten)
1. Das Leben des Komponisten. 2. Oratorien
Rudolph Angermüller: Sigismund Neukomm : Werkverzeichnis, Autobiographie Beziehung zu seinen Zeitgenossen.
München/Salzburg: Katzbichler, 1977
T. G. Waidelich: ... ganz genau gemessenes, aufs sparsamste begleitetes Recitativ, ohne Bestimmung der Töne
Sigismund Neukomms ‚musikalisch rhythmische‘ Notierung der Chorszenen zu Schillers Braut von Messina (1805), in:
Carl Maria von Weber und die Schauspielmusik seiner Zeit. […] (= Weber-Studien, Bd. 7), Mainz 2003, S. 131-155
Sigismund von Neukomm: Die Braut von Messina (Messinskaja nevesta, ili Vraždujuščie bratʹja : melodrama [k tragedii
F. Šillera] = Die Braut von Messina oder die feindlichen Brüder : Melodram / Sigizmund Ritter fon Nejkom.
Vosstanovlenie po rukopisi i tekstologičeskaja redakcija DenisaGermanoviča Lomteva (Hrsg. Denis G. Lomtev),
(Partitur) Moskva 2004 (nach dem Orig. aus Weimar Petersburg, 1805, das inzwischen verbrannt ist.)
82
6. HAYDNS WERKE UND SEIN WERK
6.1.
Haydns Werke
Joseph Haydn hinterließ der Nachwelt ein grandioses Opus. Sein musikalisches
Schaffen umfasste im Laufe seines Lebens über 1200 Werke; es konnte bis
heute noch nicht in seiner Gesamtheit ediert werden.
1765 legte er ein Verzeichnis seiner Werke an, den sog. "Entwurfskatalog".
Der Beginn seines kompositorischen Schaffens liegt um das Jahr 1747, als
Haydn 15 oder 16 Jahre alt war. Wie aus seinen Berichten hervorgeht, musste er
sich den Großteil seiner musikalischen Ausbildung selbst aneignen.
Den Feinschliff für das Komponieren erhielt er von dem italienischen Meister
Porpora.
Haydns Werke beinhalten fast alle Gattungen der
Vokalund
Instrumentalmusik. Sein Lebenswerk beginnt mit dem heute nicht mehr
erhaltenen, mehrstimmigen “Salve Regina”.
Im Einzelnen gehören zu Haydns Werken, nach Gruppen zusammengefasst:
6.1.1. Die geistlichen Werke
Haydn schuf 14 Messen, darunter die “Missa Brevis”, die “Nelsonmesse” (1798),
die “Theresienmesse” (1799) und die “Harmoniemesse” (1802).
Weitere geistliche Werke wie zum Beispiel eine “Salve Regina in E-Dur” und ein
“Ave Regina in A-Dur” entstanden in den Jahren 1756 und 1763.39
39
Haydns Messen, darunter:
Missa brevis, Jugendmesse (~1750, Hob.XXII:1)
Rorate coeli desuper (~ 1750, Hob. XXII: 3)
Missa in honorem Beatissimae Virginis Mariae, Große Orgelsolomesse (~1766, Hob.XXII:4)
Missa Cellensis in honorem Beatissimae Virginis Mariae, Cäcilienmesse (1766, Hob.XXII:5)
Missa Sancti Nicolai, Nikolaimesse (1772, Hob.XXII:6)
Missa brevis Sancti Johannis de Deo, Kleine Orgelsolomesse (~1778, Hob.XXII:7)
Missa Cellensis, Mariazeller-Messe (1782, Hob.XXII:8)
Missa in tempore belli, Paukenmesse (1796, Hob.XXII:9)
Missa Sancti Bernardi de Offida, Heiligmesse (1796, Hob.XXII:10)
Missa in Angustijs, Nelsonmesse, (1798, Hob.XXII:11)
Theresienmesse (1799, Hob.XXII:12)
Schöpfungsmesse (1801, Hob.XXII:13)
Harmoniemesse (1802, Hob.XXII:14)
83
1802 schuf Haydn noch eine “Messe in B”, die Harmoniemesse. Sie stellt Haydns
letzte vollendete Komposition dar.
Haydns Ruhm wurde noch gesteigert durch seine sechs Oratorien. Dazu gehören
das “Stabat Mater” (1767), “Die sieben letzten Worte unseres Erlösers am
Kreuze” und “Die Schöpfung”. Mit dem Opus “Die Schöpfung” setzte er sich
selbst ein Denkmal. Die Uraufführung des Oratoriums, bei dem Engel gesanglich
durch die Schöpfungsgeschichte führen, wurde ein grandioser Erfolg.40
6.1.2.
Die Bühnenwerke
Joseph Haydn verfasste auch 24 Opern und Singspiele, darunter “Der krumme
Teufel”, “Lo speziale” Der Apotheker (1768), “Le Pescatrici” Die Fischerinnen
(1769), “Il Mondo Della Luna” Die Welt auf dem Monde u.v.a.41
6.1.3.
Die Symphonien
Etwa von 1758 bis 1761 schrieb Haydn seine ersten Sinfonien; im Laufe seines
Lebens wurden es 108. Einige seiner Sinfonien erhielten Beinamen und sind mit
Anekdoten verbunden.
Über die “Abschiedssymphonie Nr. 45“ erzählt man sich folgendes:
Nachdem Fürst Esterházy die Heimreise seines Hofstaates aus seinem
Sommersitz Schloss Ezsterháza immer wieder hinausgezögert hatte, stellte er
40
Die Oratorien, z. B.:
Die Schöpfung (1798)
Die Jahreszeiten und (1801)
Die Sieben letzten Worte unseres Erlösers am Kreuz
41
Haydns Opern, darunter:
Acide e Galatea (1762, Hob.XXVIII:1)
La Canterina (1766, Hob.XXVIII:2)
Lo Speziale (Der Apotheker) (1768, Hob.XXVIII:3)
Le pescatrici (Die Fischerinnen) (1769, Hob.XXVIII:4)
L'Infedeltà Delusa (Liebe macht erfinderisch (1773, Hob.XXVIII:5)
L'Incontro improvviso (Die unverhoffte Zusammenkunft (1775, Hob.XXVIII:6)
Il Mondo della Luna (Die Welt auf dem Monde) (1777, Hob.XXVIII:7)
La vera constanza (1777/78, Hob.XXVIII:8)
L'Isola Disabitata (1779, Hob.XXVIII:9)
La fedeltà premiata (Die belohnte Treue) (1780, Hob.XXVIII:10)
Orlando Paladino (Der Ritter Roland) (1782, Hob.XXVIII:11)
Armida (1784, Hob.XXVIII:12)
L'Anima del Filosofo - Orfeo ed Euridice (1791, Hob.XVIII:13)
84
damit den Familien-Sinn seiner Kapelle auf eine harte Probe. Haydn komponierte
daraufhin seine Abschiedssymphonie so, dass sich die Instrumentalisten am
Schluss reihum verabschiedeten. Sie packten ihre Instrumente ein, löschten das
Licht am Pult und verließen die Bühne. Schlussendlich waren nur noch zwei
Violinen übrig geblieben. Der Fürst hatte den Wink verstanden und schon am
nächsten Tag ging es der Legende nach zurück in die Heimat.
Während seiner England-Aufenthalte präsentierte Haydn einem staunenden und
begeisterten Publikum eine Vielzahl von Symphonien. Und auch hier kamen so
manche von diesen Werken zu kuriosen Namen. So erzählt man sich beispielsweise, dass es das Publikum bei der Premiere der “Symphonie Nr. 96” nicht
mehr auf ihren Plätzen hielt und alle nach vorne drängten, um in der Nähe des
berühmten Künstlers zu sein. Plötzlich sei im hinteren Teil des Saales ein
schwerer Kristalleuchter heruntergestürzt. Glücklicherweise wurde bei dem
sonderbaren Ereignis niemand verletzt. Dieses Wunder, “The Miracle”, prägte
nun den Namen der Symphonie Nr. 96, obwohl heute nachgewiesen ist, dass
jenes Ereignis eigentlich bei der Aufführung der 102. Symphonie geschehen ist.
Ein weiteres Beispiel für eine schicksalhafte Namensgebung ist das der
“Symphonie Nr. 94 in G-Dur”, die heute den Beinamen “Paukenschlag” oder
“Surprise” trägt. Nach dem ersten schwungvollen Satz folgt ein zartes
Andante.42
6.1.4.
Die Tänze und Solokonzerte
Joseph Haydn, komponierte auch mehrere Tänze und Märsche für Orchester
und mehrere Solokonzerte, die leider zum größten Teil verschollen sind.
Aus seiner Feder stammen weiter:
Ø 3 Violinkonzerte
Ø 2 Violoncellokonzerte
Ø mehrere Konzerte für Tasteninstrumente und sein Trompetenkonzert.43
42
Weitere von Haydn geschaffene Symphonien sind zum Beispiel:
Die Symphonie Nr. 26 “Lamentatione”
Die Symphonie Nr. 30 “Alleluja”
Die Symphonie Nr. 48 “Maria Theresia”
Die Symphonie Nr. 53 “Imperiale”
Die Symphonie Nr. 92 “Oxford”
Sowie seine berühmten “12 Londoner Symphonien Nr. 93 bis 104” aus den Jahren 1791 bis 1795.
43
Haydns Solokonzerte:
Konzert für Oboe und Orchester C-Dur Hob VIIg:C1
1 Trompetenkonzert
2 Hornkonzerte
4 Violinkonzerte
1 Orgelkonzert (Orgel oder Cembalo)
3 Cellokonzerte
11 Klavierkonzerte
5 Lyrakonzerte
4 Barytonkonzerte
85
6.1.5. Die Kammermusik
Haydn schuf zahlreiche Divertimenti für Streich- und Blasinstrumente und auch
83 Streichquartette. Die wichtigsten davon sind die “Sonnenquartette” (1772),
die “Russischen Quartette” und das “Kaiserquartett” (1797). Mit dem
Kaiserquartett schuf sich Haydn seine eigene “Kaiserhymne”.44
Im Jahre 1803 begann Haydn mit der Arbeit am “Streichquartett Op. 103”.
Dieses, sein letztes Werk, blieb der musikalischen Nachwelt jedoch nur
unvollständig erhalten.
6.1.6.
Die Klaviermusik und Vokalwerke
Zu Haydns Klavierwerken gehören 52 Klaviersonaten, Klavierstücke, Capriccios
und Klaviervariationen.
Dazu kam noch eine Vielzahl von Motetten, Liedern und Kantaten.
6.1.7.
Das Hoboken-Verzeichnis
Bei der Sammlung und Systematisierung der Werke von Joseph Haydn erwarb
sich der Niederländer Anthony van Hoboken besonders große Verdienste. Er
erstellte eine vollständige Auflistung der Werke Joseph Haydns, die als
Hoboken-Verzeichnis bekannt ist.
Musikwissenschaftlich untersucht vor allem das Haydn-Institut in Köln die
Werke Haydns und prüft sie beispielsweise auf ihre Echtheit.
Dessen wissenschaftlicher Leiter, Herr Dr. Armin Raab, benennt den neusten
Stand der gesicherten Haydn-Werke mit 1256.
44
Darüber hinaus sind noch 21 Streichtrios, 126 Barytontrios, 46 Klaviertrios, 47 Klaviersonaten, einzelne Klavierstücke
und Menuette Haydns Feder “entsprungen”.
86
6.2.
Die Entwicklung von Haydns Stil
Haydns frühe Werke datierten aus der Periode, in welcher der kompositorische
Stil des Hochbarocks, wie er in Bachs und Händels Musik zum Ausdruck kam, aus
der Mode gekommen war.
Die jüngeren Komponisten hatten aber noch nicht die neuen Wege für ihr
Musikempfinden gefunden, die allgemein Anerkennung gefunden hätten.
Die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts war somit eine Periode der Erforschung
und Unsicherheit, und Haydn, der 18 Jahre vor dem Tod Bachs geboren wurde,
war selbst einer der musikalischen Erforscher jener Zeit.
Ein älterer Zeitgenosse, dessen Werk Haydn als wichtigen Einfluss für sein
Werk anerkannte, war Carl Philipp Emanuel Bach, der zweite Sohn Johann
Sebastian Bachs.
Die Musikwissenschaftler am Kölner Haydn-Institut beschreiben Haydns
musikalische Entwicklung etwa so: Wenn man Haydns Werk über die fünf
Jahrzehnte (ungefähr 1749 bis 1802) verfolgt, in denen es geschaffen wurde,
findet man eine allmähliche, aber stetig zunehmende, Komplexität und
musikalische Verfeinerung, die sich so entwickelte, wie Haydn aus seiner eigenen
Erfahrung und aus der seiner Kollegen lernte.
Man kann einige wichtige Meilensteine in der Evolution von Haydns musikalischem
Stil ausmachen. Dazu gehören folgende Beobachtungen:
6.2.1. Die 1760er und 1770er Jahre: Sturm und Drang
In den späten 1760ern und frühen 1770ern trat Haydn in eine Periode ein, die
man „Sturm und Drang“ nennt, voll von zackigen Akkorden, plötzlichen
Übergängen und seltsamen Moll-Harmonien.
Anton Reicha schrieb 1814, Haydn habe seinen Kompositionsstil einer gründlichen
Revision unterzogen:
„Haydn studierte seine Kunst ständig. […] Nach vielen Werken begann er mit 40
Jahren wieder komplett mit der Kompositionstechnik, um sich in dieser
Fertigkeit zu festigen, und deren Geheimnisse besser zu verstehen.“45
Die meisten Sinfonien mit Nummern zwischen 35 und ungefähr 55 sind von
dieser Art.
45
www.wikipedia.org/wiki/Joseph Haydn
87
Zu dieser Zeit beschäftigte Haydn sich mit kontrapunktischen Studien und
experimentierte mit dem Schreiben von Fugen, die in der Wiener Tradition
italienischen Ursprungs (J. J. Fux) stehen und weniger mit dem Fugenwerk J. S.
Bachs zu tun haben. Besonders sichtbar wird das in den Finalsätzen der sechs
Streichquartette Op. 20, den sogenannten Sonnenquartetten (1772).
6.2.2. Die 1780er Jahre: Neue Merkmale entstehen
Im Jahr 1781 veröffentlichte Haydn sechs Streichquartette Op. 33, mit einer
Ankündigung an die potentiellen Käufer, dass sie „auf eine ganz neue, besondere
Art“ geschrieben seien.
Charles Rosen vermutete, dass diese Erklärung von Seiten Haydns nicht nur
Marketing, sondern ganz ernst gemeint sei; er weist auf eine Zahl von wichtigen
Fortschritten in Haydns Stil hin, die in diesen Quartetten erscheinen.
Unter anderem sind dies die fließende Art der Phrasierung, in der jedes Motiv
aus dem vorhergehenden ohne Unterbrechung hervorgeht; der Brauch,
begleitendes Material sich in melodisches Material entwickeln zu lassen, und die
Art des „klassischen Kontrapunkts“, in dem jeder Instrumentenpart seine eigene
Integrität bewahrt. Ludwig van Beethoven nennt diese Form „obligates
Accompagnement“.
Diese aufgezeigten Merkmale setzen sich in den vielen Quartetten fort, die
Haydn nach Op. 33 schrieb.
Ab 1781/1782 stand Haydn in regem Gedankenaustausch mit W. A. Mozart.
Beide erkannten sich als ebenbürtige Meister an, schlossen Freundschaft und
lernten voneinander. In der Musikwissenschaft spricht man daher bei Haydn
auch von einer vormozartschen und einer nachmozartschen Periode.
6.2.3. Die 1790er Jahre: Der populäre, folkloristische Stil
In den 1790ern entwickelte Haydn, angeregt durch seine England-Reisen, was
Rosen seinen „populären Stil“ nennt, eine Weise der Komposition, die mit
beispiellosem Erfolg Musik hervorbrachte, die großen populären Reiz innehatte
und dennoch eine gelehrte und rigorose musikalische Struktur besaß.
Ein wichtiges Element des populären Stils war der häufige Gebrauch von
österreichischem oder kroatischem folkloristischem (oder erfundenem pseudofolkloristischem) Material.
88
Haydn bemühte sich, solches Material an geeigneten Stellen einzusetzen, wir z.B.
an den Enden von Sonatenexpositionen oder als Eröffnungsthemen von
Finalsätzen. An solchen Stellen dient das folkloristische Material als ein Element
der Stabilität, das die größere Struktur zu verankern hilft.
Joseph Haydns populären Stil kann man in nahezu allen späteren Werken hören,
zum Beispiel in den zwölf Londoner Symphonien, den späten Quartetten und
Klaviertrios sowie in den beiden späten Oratorien.
89
6.3.
Haydns Bedeutung als Musiker
Haydn gilt als der „Vater“ verschiedener Musikgattungen. Besonders sind
folgende Stichworte zu nennen:
6.3.1. Die Streichquartette
Haydns bemerkenswerteste Leistung war die Schaffung einer ganz neuen
Gattung: des Streichquartetts. Es wurden zwar schon früher Orchesterwerke
von nur vier Musikern gespielt, doch Haydn etablierte das Streichquartett als
Komposition für vier gleichberechtigte, unabhängige, aber miteinander
musizierende Instrumente.46
6.3.2. Die Symphonien
Joseph Haydn wird ebenso traditionell als „Vater der klassischen Symphonie“
betrachtet.
Obwohl er nicht der Erfinder der Symphonie war, konnte er aber als Pionier in
dieser Gattung gelten, in der auch andere Komponisten der Frühklassik wie
Johann Christian Bach und Leopold Mozart eine wichtige Rolle spielten.
In seinen 108 Symphonien entwickelte Haydn die Form von der dreisätzigen
Ouvertüre des Barock für weniger als 20 Musiker weiter zu einem viersätzigen
Werk für ein Orchester von bis zu 60 Musikern.
Nach Aussage von John Burrows47 war das die bedeutendste Errungenschaft der
Klassik.
6.3.3. Fuge und Kontrapunkt
Darüber hinaus war Haydn der erste bedeutende Komponist, der Fuge und
kontrapunktische Elemente in die klassische Form einbrachte.
Unter Fuge versteht man eine streng aufgebaute, kontrapunktische Satzart mit
Bearbeitung von Thema und Gegensatz durch zwei oder mehr Stimmen.
46
47
John Burrows, heutiger britischer Musikwissenschaftler, in: Klassische Musik, Dorling Kindersley Verlag,
München, 2006, S. 140: „Die Erfindung des Streichquartetts, bei dem jedes Instrument eine gleichberechtigte
Stimme spielt, ist Haydns größte Leistung.“
John Burrows, ebenda, S. 138
90
Mit Kontrapunkt wurde ursprünglich ein mehrstimmiger Satz bezeichnet; später
dann die Kunst, mehrere selbständige Stimmen gleichzeitig zu führen, die ein
komplexes Klanggewebe produzieren, wie etwa bei Johann Sebastian Bach.
6.3.4. Die Sonatenhauptsatzform
Besonders an der Veränderung der Sonatenform lässt sich aufzeigen, dass
Haydn neue Musikformen entwickelte.
Joseph Haydn erneuerte beim Schreiben die Form der Klaviersonaten und
Klaviertrios in ähnlich genialer Weise wie Carl Philipp Emanuel Bach. Damit war
er an der Entwicklung der Sonatenform maßgeblich beteiligt, in dem er die
leichten, gefälligen Divertimenti 48 in gewichtigere Werke mit derselben
Struktur wie ein Konzert verwandelte. Aus einem einfachen, von der „Sonata
bipartita“ her kommenden Formschema machte Haydn eine subtile und flexible
musikalische Ausdrucksform und entwickelte auch die Sonaten-Rondoform, die
Variationsform mit zwei Themen.
Das organisatorische Prinzip vieler seiner Werke war dabei die Sonatenhauptsatzform mit den Elementen Exposition (lat: Ausgangsposition), der
Durchführung sowie der Reprise (franz.: reprendre , wiederaufnehmen).
Maßgeblich für diese drei Teile ist, dass sie thematisch miteinander verbunden
sind. Manchmal wurde der Exposition eine nicht themenbezogene und daher auch
nicht wiederkehrende Einleitung vorangestellt.
Ø Exposition: In der Exposition werden die Themen eingeführt. Meist handelt
es sich dabei um zwei mehr oder weniger antithetische Themen, weswegen
man auch von "Hauptsatz" und "Seitensatz" spricht, die durch eine
kompositorisch markierte Modulation (Überleitung) getrennt werden. Die
Regel: Einem dynamischen steht dabei ein zweites, lyrisches Thema als
Antithese gegenüber. Dynamisch steht sinngemäß für forsch, durchaus mit
punktierten Noten; das lyrische Thema ist ruhiger und bildet einen Kontrast
zum ersten Thema. Zu den Hauptthemen können weitere Themen treten,
teilweise ein drittes Hauptthema oder verschiedene Nebenthemen.
Entsprechend der jeweiligen Grundtonart (Tonika) des Kopfsatzes sind in der
Wiener Klassik auch die Tonarten des zweiten Themas strikt vorgeschrieben.
Bei den Dur-Tonarten steht das erste Thema in der Tonika, das zweite in der
Dominante, (z. B. Tonika: C-Dur, zweites Thema: G-Dur). Bei den MollTonarten steht das erste Thema in der Tonika, das zweite in der parallelen
48
Stücke zur Zerstreuung und Unterhaltung
91
Tonart der Tonika (Tonikaparallele), (z. B. Tonika: c-Moll, zweites Thema: EsDur).
Ein besonderes Merkmal von Haydns Expositionen (anders als bei den
Expositionen Mozarts und Beethovens) war, dass er häufig kein
kontrastierendes „zweites Thema“ beim Erreichen der Dominante benutzte;
stattdessen wiederholte er das eröffnende Thema oder eine Variante davon.
Die Exposition beschreibt mit den Gegensätzen der Themen sowie ihrer
unterschiedlichen Tonarten somit insgesamt einen musikalischen Konflikt.
Ø Durchführung: Aufgabe der Durchführung ist es, diesen Konflikt lösen, indem
sie die zwei antithetischen Themen zueinander führt. Dabei wird das
musikalische Material umgestellt, transformiert, oft fragmentiert und im
weiteren Verlauf miteinander verwoben.
Wesentlicher Bestandteil der Durchführung ist dabei die Modulation durch
eine Reihe entfernterer Tonarten, da die Themen ja insbesondere tonartlich
zueinander finden sollen.
Ø Reprise: Wie das aus dem Französischen stammende Wort besagt, wird in
der Reprise "wieder aufgenommen" - und zwar in einem Rückgriff auf den
Beginn des Kopfsatzes: Die Exposition wird im wesentlichen noch einmal
wiederholt mit der Besonderheit, dass das zweite Thema aber nunmehr
ebenfalls in der Tonika-Tonart steht: Bei den Dur-Tonarten stehen sich die
zwei Themen somit als Tonika / Tonika gegenüber (z. B. C-Dur / C-Dur), bei
den Moll-Tonarten als Tonika in Moll / Tonika in Dur (z. B. c-Moll / C-Dur).
Der Reprise schließt sich oft noch eine Coda an, die für eine besonders
starke Schlusswirkung sorgen soll und sowohl als ein Art zweiter
Durchführung (erneuter Rückgriff auf das etablierte thematische Material)
als auch mit neuem thematischen Material gestaltet werden kann.
Im Gegensatz zu Mozart und Beethoven stellte Haydn oft die Themen der
Reprise in eine andere Reihenfolge um.
Haydns kompositorische Praxis beeinflusste sowohl Mozart als auch
Beethoven. Das Besondere an der Kompositionsweise der drei Wiener
Klassiker waren drei hochentwickelte Verfahren:
- Obligates Accompagnement
- durchbrochener Stil
- motivisch-thematische Arbeit
92
6.3.5. Die Deutschland-Hymne
Und nicht zuletzt ist Haydn der Komponist der Melodie, die heute mit dem Text
von August Heinrich Hoffmann von Fallersleben als deutsche Nationalhymne
verwendet wird.
Die Kaiser- u. spätere Deutschland-Hymne
6.3.6. Haydns Scherze in der Musik
Vielleicht mehr als jeder andere Komponist war Haydn bekannt für die Scherze,
die er in seine Musik steckte.
Das berühmteste Beispiel: Der plötzliche laute Akkord in der Sinfonie Nr. 94
„mit dem Paukenschlag“.
Weitere Beispiele: das vorgetäuschte Ende in den Quartetten Op. 33 Nr. 2 und
Op. 50 Nr. 3 oder die rhythmische Illusion, die er im Trio Op. 50 Nr. 1
platzierte.
93
7. LIFE – AUFFÜHRUNG
Streicher-Duett
Serenade aus einem Streichquartett von Joseph Haydn
in der Bearbeitung von Fr. Britta Burghardt
Es spielen:
Lynn Sommerfeld
Rahel Sommerfeld
Viola
Geige
94
8. JOSEPH HAYDN UND DAS JHG SENDEN
Im folgenden Teil habe ich versucht heraus zu finden, welcher Zusammenhang
zwischen meinem Gymnasium und dem Namensgeber Joseph Haydn besteht.
8.1.
Überlegungen im Rat der Stadt Senden
zur Gymnasialgründung
Im Jahre 1987 wurde in einer ersten Fragebogenaktion der aktuelle Bedarf der
Familien für eine weiterführende Schule in Senden ermittelt. 70 % der befragten Eltern hatten ihre Bögen – insgesamt 530 - zurückgeschickt. Kernfrage:
„Gäbe es in Senden ein Gymnasium, würde ich mein Kind dort anmelden?“ 66 %
der befragten Familien beantworteten diese Frage positiv.
Nach weiteren Befragungen und Beratungen kam es dann am 18.12.1990 zum
Ratsbeschluss der Stadt Senden, ein Gymnasium einzurichten und die
entsprechenden Anträge bei der Regierung zu stellen. Ebenso wurde der Bau
eines neuen Schulgebäudes beschlossen und wurden die dafür nötigen Schritte
eingeleitet.
Am 02.09.1991 konnten 59 Kinder und 6 LehrerInnen, einige davon waren nur für
wenige Stunden pro Woche nach Senden abgeordnet, ihren ersten Schultag
feiern und den Unterricht in den Räumen der Sendener Realschule beginnen.
Schulleiter wurde Herr Ekkehard Enselein. Ein Jahr später konnte schon ein Teil
der neuen Schulgebäude bezogen werden.
Bau des Joseph-Haydn-Gymnasium in Senden
95
8.2.
Der Namensfindungsprozess
Die Diskussion um die Namensgebung unserer Schule beherrschte mehrere
Jahre das öffentliche Bewusstsein wie kein anderes schulpolitisches Thema.
Überhört wurde u.a. die Mahnung des Schulleiters in der Münsterschen Zeitung
vom 7. 5. 1994, „unter dem Strich gebe es doch momentan viele Dinge, die weit
wichtiger seien, als sich über den Schulnamen zu streiten.“ Zusammenfassend
seien hier die wichtigsten Schritte dieses bemerkenswerten Vorgangs
dargestellt:49
Bereits in der zweiten Hälfte des Schuljahres 1991/92 brachte Schulleiter
Enselein den begründeten Vorschlag ein, der Schule den Namen „Joseph-HaydnGymnasium“ zu geben. Zwei Mitglieder der noch kleinen Schulkonferenz
stimmten für den Namensvorschlag, zwei stimmten nicht zu.
Am 19.01.1993 wurden zwei weitere Namensvorschläge „Welthaus-Gymnasium“
und „Richard-von-Weizsäcker-Gymnasium“ als Antrag bei der Gemeinde
eingereicht.
In der ersten Schulpflegschaftssitzung vom 12.01.1994 votierten die Eltern
mit sieben Ja bei einer Enthaltung für den Namen „Joseph-Haydn-Gymnasium“.
Der Schülerrat unterstützte mit acht Ja und drei Nein bei einer Enthaltung den
Vorschlag, die Lehrerkonferenz stimmte ebenfalls in geheimer Abstimmung mit
acht Ja, und drei Enthaltungen dafür und auch die Mitglieder-Versammlung des
Fördervereines war bei einer Enthaltung für diesen Namen.
Dieser Vorschlag wurde dann in alle Klassenpflegschaften gegeben und zur
Diskussion gestellt. Nun wurde von Seiten der Politik der Schulgemeinde
vorgeworfen, der Vorschlag sei nicht transparent im demokratischen Sinne
zustande gekommen
In der Schulausschuss-Sitzung vom 5.5.1994 beantragten die SPD-Vertreter
einen „öffentlichen Ideenwettbewerb“ für den Schulnamen. Danach wollte der
Schulausschuss lieber noch abwarten, bis die Schule mit allen Klassen voll
ausgebaut sei und die Gremien vollständig besetzt seien.
Die Schulkonferenz aber votierte nach Beteiligung aller Schulgremien am
08.06.1994 in geheimer Abstimmung einstimmig und ohne Enthaltung für den
Namensgeber „Joseph Haydn“ und legte dem Schulausschuss und dem Rat
nunmehr zu Beginn des Schuljahres 1994/95 den Antrag auf diese
Namensgebung vor.
Dieser Antrag wurde am 17.11.1994 im Schulausschuss behandelt und bei
Stimmen-Gleichheit dem Rat zu Ablehnung vorgeschlagen. Leserbriefe, Proteste
und Erklärungen in der Lokalpresse waren die Folge.
49
Als Quellen zu dieser Recherche standen mir einige Artikel aus den Westfälischen Nachrichten jener Zeit sowie die
Chronik des Joseph Haydn Gymnasiums Senden 1988-2000 von Herrn Hans-Peter Boer zur Verfügung.
96
Am 16.12.1994 lehnte der Gemeinderat den Antrag der Schulkonferenz, der
Schule den Namen “Joseph-Haydn-Gymnasium” zu geben, ebenfalls mit 16 Ja, 16
Nein und zwei Enthaltungen ab. Turbulenzen, weitere Leserbriefe ...
Am 18.12.1994 verfassten einige Eltern aus der Schulgemeinde eine Petition
für den Namen „Joseph-Haydn-Gymnasium“. Innerhalb kurzer Zeit
unterstützten mehr als 260 Menschen diesen Bürgerantrag. Am Dreikönigstag
1995 überreichte eine Delegation von Eltern und Schülern dem Bürgermeister
diese Petition.
Die Diskussion erreichte ihren höchsten Wellenschlag, als der für seine
süffisanten Kommentare bekannte Tagesthemen-Moderator Ulrich Wickert am
09.01.1995 in der ARD den Streit im münsterländischen Senden glossierte und
die Ratsherren in Senden wie die deutsche Öffentlichkeit daran erinnerte,
welches Kaliber Joseph Haydn hatte, der ja u.a. die Melodie der deutschen
Nationalhymne komponiert habe.
Inzwischen stellte der Gemeinderat die „Joseph-Haydn“ Petition zurück, da man
erst noch das Votum des neuen Jahrganges abwarten wollte. Wieder wurden alle
Eltern einschließlich der neuen 5. Jahrgänge gegen Ende des Schuljahres
1994/95 befragt.
18 % der Eltern beteiligten sich nicht an der Umfrage, 3 % gaben eine Enthaltung ab, 22 % stimmten dagegen und 57 % votierten für den Namen „JosephHaydn-Gymnasium“.
Während der Bürgerantrag in den Akten ruhte, folgten ab 11.07.1995 neue
Vorschläge: Edith-Stein, aber auch Sendener Namen wie Frerichmann,
Haverkamp, Aulke und Potts waren im Gespräch.
Am 5.10.1995 beschloss die Schulkonferenz, die Namensvergabe „JosephHaydn-Gymnasium“ erneut beim Gemeinderat zu beantragen. Zu einem Eklat kam
es am 26.10.1995, als in der Diskussion über die Namensvergabe die
Ratsfraktionen der SPD und der Grünen unter Protest auszogen und damit den
Rat beschlussunfähig machten.
Das öffentliche Echo war entsprechend lebhaft. Bemerkenswert war der
Vorschlag eines Bürgers, nach allem Streit der Schule den programmatischen
Namen „Friedens-Gymnasium“ zu geben (WN v. 02.11.1995).
Am 14.12.1995 wurde dann das langwierige und aufreibende Thema beendet:
Mit 19 zu 16 Stimmen beschloss der Rat der Gemeinde Senden, der neuen Schule
den Namen „Joseph-Haydn-Gymnasium“ zu geben.
Nach drei Jahren Auseinandersetzung über den Schulnamen konnten sich nun die
Gemüter langsam wieder beruhigen. Der Wunsch der Eltern-, der Lehrer- und
der Schülerschaft hatte endlich auch die Politiker überzeugt.
97
8.3.
Die Einweihung unter Bezugnahme auf den Namensgeber
Aus der Festrede zur Einweihung des Joseph Haydn Gymnasiums in Senden von
August Everding, gehalten am 15. Mai 1997:
„ [...] Warum nun gerade Haydn?
Mit Haydn beginnt die Neuzeit der Instrumentalmusik. Ohne Haydns
Komposition wäre die Musikgeschichte anders verlaufen. Er ist nicht nur der
Wegbegleiter der Sinfonik und der Erfinder des Streichquartetts, sondern
einer der bedeutendsten musikalischen Innovatoren überhaupt.
Haydn war ein großer Experimentator, aber die Neuerung kommt bei ihm
unauffällig, insgeheim. Obwohl Haydn nie als Revolutionär auftritt, war er der
große musikalische Neuerer des 18. Jahrhunderts.
Gerade in seinem ausgewogenem Verhältnis aus Innovation und Tradition sowie
dem Gleichgewicht aus subtiler Gestaltung und Allgemeinverständlichkeit ist
Haydn ein geeignetes pädagogisches Vorbild.
Sein Werk ist überaus umfangreich. Er schrieb 104 Sinfonien und zahlreiche
Konzerte, er ist der Erfinder des Streichquartetts, eine Gattung, die er zu
einem Höhepunkt führte. Von ihm stammen 50 Klaviersonaten und zahlreiche
weitere kleinere Instrumentalwerke, darunter 50 Divertimenti, Haydn
komponierte 16 (unterschätzte) Opern, zahlreiche auch heute immer wieder
aufgeführte Messen sowie die Oratorien „Die Schöpfung“ und „Die
Jahreszeiten“, die zu den Hauptwerken der Gattung überhaupt gehören. [...]
Haydns Persönlichkeit ist auf jeden Fall vorbildhaft zu nennen. Er war der erste
Autodidakt unter den modernen Musikern. Anders als bei Bach oder dem jungen
Beethoven gründet sich sein Schaffen nirgends auf das Werk eines namhaften
Vorgängers. Seine Biographie ist unspektakulär. Er stammt aus kleinen,
ländlichen Verhältnissen, begann als freier Musiker und war dann über 20 Jahre
als Kapellmeister des Fürsten Esterhazy tätig:
<Ich war von der Welt abgesondert, niemand in meiner Nähe konnte mich an mir
selbst irremachen und so musste ich originell werden>, meinte Haydn später zu
einem Biographen. Haydn war ein bedeutender Pädagoge und hat Komponisten wie
Mozart und Beethoven entscheidend beeinflusst. Beethoven war zeitweise sein
Schüler.
Als Kapellmeister des Fürsten Esterhazy bewies Haydn durchaus ungewöhnliches
Selbstbewusstsein, wenn nicht sogar Zivilcourage und setzte sich wiederholt für
soziale Belange seiner Untergebenen ein. Haydn kann daher ohne weiteres als
Vorbild für soziales Handeln gelten.
Die Thematik der Oratorien: Erschaffung der Welt, der Natur, des Menschen,
setzt ethische Maßstäbe, die an der Schule auch außerhalb des Musikunterrichts
wirksam sein können. In dieser Hinsicht steht der Name Haydn wie kein zweiter
98
für die in der Verfassung von Nordrhein-Westfalen formulierten ErziehungsZiele Ehrfurcht vor Gott, Achtung vor der Würde des Menschen.
Bereits Haydns Zeitgenossen rühmten seinen Witz im Sinne von Esprit. Seine
Musik ist im besten Sinn geistvolle Unterhaltung, deren Ernst ihr Witz ist. Diese
zutiefst humane, heitere Gesinnung ist ebenfalls als außerordentlich vorbildhaft
zu nennen. Mozart sagt von Haydn:
“Keiner kann alles: Schäkern und erschüttern, Lachen erregen und tiefe Rührung
und alles gleich gut als Haydn.“
Die Melodie des Deutschlandliedes stammt von Joseph Haydn, kein staatlicher
Auftrag, sondern Haydns eigene Idee. [...]“50
Die Schule wurde also vor allem im Bezug auf Haydns Charakter nach ihm
benannt. Und weil Haydn in der Musik besondere Verdienste erworben hatte.
50
Die Rede ist zitiert in der Chronik des Joseph Haydn Gymnasiums Senden 1988-2000 von Herrn Hans-Peter Boer.
99
8.4. Auszüge aus dem Interview mit dem heutigen
Bürgermeister von Senden, Herrn Alfred Holz,
zum Haydn-Gymnasium Senden und zum Haydn-Jahr 200951
Rahel: Sehr geehrter Herr Bürgermeister, Sie sind sicherlich auch stolz auf das
Haydn-Gymnasium in Ihrer Stadt.
Zu dieser Schule, die ich als Schülerin besuche, und zu deren Bedeutung für die
Stadt Senden möchte ich Ihnen gerne einige Fragen stellen:
Rahel: Auch wenn Sie zur damaligen Zeit noch nicht unser Bürgermeister waren:
Was wissen Sie darüber, wann und wie das Gymnasium zu seinem Namen kam?
Herr Holz: Nach meinen Kenntnissen wurde in der Schulkonferenz am 01.08.1994
der Antrag gestellt, das neue Sendener Gymnasium „Joseph-Haydn-Gymnasium“
zu nennen.
Der Gemeinderat, der über den Namen abzustimmen hatte, war damals
zerstritten und so kam es bei der Abstimmung am 15.12.1994 zu 16 Ja-Stimmen,
16 Nein-Stimmen und 2 Enthaltungen. Zum Leidwesen der Eltern und LehrerInnen galt der Antrag bei Stimmengleichheit damit als abgelehnt. Neue Anträge,
Leserbriefe und Unterschriftenaktionen folgten, bis am 14.12.1995 erneut im
Gemeinderat abgestimmt wurde. Dieses Mal stimmten 19 Ratsvertreter dafür
und 16 dagegen. Dieser Beschluss wurde dann von der Bezirksregierung in
Münster am 12.02.1996 bestätigt.
Rahel: Welche Überlegungen gab es im Stadtrat, sich gerade für diesen Namen zu
entscheiden?
Herr Holz: Anfänglich gab es auch noch andere Namensvorschläge: Richard-vonWeizsäcker-Gymnasium, Welthausgymnasium u.a.m.
In der Elternschaft und bei den ersten LehrerInnen gab es aber bald eine große
Mehrheit für den Namen Joseph Haydn. Die Gründe für den Namen waren zum
ersten die Würdigung des Lebenswerkes des großen Komponisten, zum zweiten
sein integrer Lebensstil (Joseph Haydn als Vorbild) und zum dritten sollte der
Name zur musischen Erziehung an dem neuen Gymnasium heraus fordern.
Zur Resonanz in der ARD auf die Namensdiskussion haben wir übrigens eine
Tonbandaufnahme. Du kannst gerne eine Kopie davon bekommen.
Rahel: Danke schön, das nehme ich gerne an.
Doch nun zur nächsten Frage: Was verbinden Sie selbst mit Joseph Haydn und
seiner Musik?
Herr Holz: Ich höre gerne klassische Musik und obwohl ich Haydn für einen
großen Komponisten halte, höre ich schwerpunktmäßig nicht seine Musik.
51
Dieses Interview wurde am 11.02.2009 im Rathaus Senden durchgeführt.
100
Rahel: Welche Aktivitäten oder Veranstaltungen plant die Stadt Senden zum
Haydn-Jahr 2009?
Herr Holz: Die Stadt Senden plant ein großes Jubiläumskonzert mit SchauspielElementen zum 200. Todestag von Joseph Haydn am 01. Juni 2009 (PfingstMontag) in der Steverhalle in Senden.
Rahel: Sind weitere Konzerttage geplant?
Herr Holz: Über das genannte Jubiläumskonzert hinaus nicht.
Rahel: Gibt es eine Jubiläumsveranstaltung zusammen mit dem Gymnasium?
Herr Holz: Nein
Rahel: Gibt es eine Haydn-Gedenkschrift oder eine Haydn-Gedenktafel in diesem
Jahr?
Herr Holz: Nein
Rahel: Hat die Stadt Senden evt. eine besondere Überraschung für ihr
Gymnasium?
Herr Holz: Nein, nicht konkret. Aber Überraschungen sind immer möglich.
Rahel: Haben Sie vielen Dank für dieses Interview.
Gerne lade ich Sie zu meinem Vortrag über Joseph Haydn ein.
101
9.
HAYDN HEUTE
9.1. Die Bedeutung Haydns im heutigen Kulturleben
200 Jahre nach seinen Tod ist Joseph Haydn selbstverständlicher Teil des
europäischen - und in der Musik auch des weltweiten - kulturellen Lebens
geworden.
9.1.1. Haydn als Namengeber
Ø Schulen und Hochschulen
Neben dem Gymnasium in Senden finden wir noch einige weitere Schulen
und Musikhochschulen mit diesem Namen (z.B. Joseph-Haydn-Gymnasium
Dresden, Joseph-Haydn-Realgymnasium Wien ...) und auch das Konservatorium des Landes Burgenland in Eisenstadt ist nach ihm benannt.
Ø Straßen und Plätze
Unzähligen Straßen und Plätzen diente Joseph Haydn als Namengeber,
oft noch verbunden mit einem entsprechenden Denkmal.
9.1.2. Haydn auf den Spielplänen der Konzerthäuser
Und nicht nur im Haydn-Jahr sind seine musikalischen Werke fester Bestandteil
der Programme der Konzerthäuser dieser Welt und vieler sonstiger MusikDarbietungen. So lädt beispielsweise
Ø der Wartburgsaal in Eisenach im Mai 2009 zu Haydn-Konzerten,
Ø die Oper Zürich zu Aufführungen von Haydns Schöpfung,
Ø die Stadt Köln zur Haydn-Woche vom 10.-19.08.2009 und
Ø die Brühler Schlosskonzerte veranstalten seit 2002 jährlich eine HaydnWoche und kooperieren dabei auch mit dem Joseph Haydn-Institut.
Ø Mit der Gründung der burgenländischen Haydnfestspiele im Jahre 1986
konnte sich auf Schloss Esterházy ein kontinuierlicher Konzertbetrieb
etablieren. Die alljährlichen Internationalen Haydntage zählen zu den
102
wichtigsten Festivals Europas und sind das Podium für die besten
Haydninterpreten der Welt.
Ø Für eine umfassende Haydn-Pflege sorgen darüber hinaus das bereits 1971
gegründete Joseph-Haydn-Konservatorium des Landes Burgenland.
9.1.3. Die Haydn-Forschung
Ebenso hat die Haydn-Forschung ihren festen Platz in der internationalen
Erforschung von Musikerbiographien, einzelnen Musikstücken, Fälschungen,
Musikepochen, Instrumenten etc.
Ø Hier nimmt das Haydn-Institut in Köln eine sehr wichtige und
herausragende Position ein. Das 1955 gegründete Institut arbeitet mit
zehn Musikwissenschaftlern an einer wissenschaftlichen HaydnGesamtausgabe, die zur Zeit schon etwa 100 Bände umfasst. Außerdem
veröffentlicht es die Haydn-Studien, die unter anderem eine HaydnBibliographie enthalten. Das Institut verfügt über eine umfassende
Quellenkartei, über Mikrofilme sämtlicher wichtiger Handschriften und
Drucke von Haydns Werken sowie über eine Spezialbibliothek. Diese
Sammlungen werden laufend aktualisiert und erweitert.52
In den letzten Jahren kam es in der Haydn-Forschung zu einer immer
stärkeren Vernetzung verschiedener Einrichtungen.
Das Haydn-Institut in Köln arbeitet u.a. zusammen mit:
Ø dem Haydn-Konservatorium des Burgenlandes
Ø dem Joseph Haydn Institut für Kammermusik und Spezialensembles,
einem Institut an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien
Ø dem Haydn Jeugd Strijkorkest in Groningen/Niederlande
Ø dem Haydn-Projekt der Gesamtschule Peter Joseph Lenné in Potsdam
Ø dem Haydn-Projekt „Hallo Haydn“ des Gymnasiums der Diözese
Eisenstadt in Verbindung mit den Haydn-Festspielen
Ø der seit 1995 bestehenden Internationalen Haydn-Privatstiftung EisenStadt, die eine entsprechende Ergänzung im wissenschaftlichen und
musealen Bereich darstellt
52
Die Gesamtausgabe und die Haydn-Studien erscheinen im G. Henle Verlag, München.
103
Ø der Universität für Musik und Darstellende Kunst Graz, Institut
Oberschützen.
International führende Haydn-Forscher widmen sich auf einem Symposium
(Leitung: Klaus Aringer und Armin Raab) vom 23. bis 24. November 2009
Haydns Alterswerk, den Oratorien.
9.1.4. Die Haydn-Museen
Im Zusammenhang mit der Öffentlichkeitsarbeit kommt auch den Haydn-Museen
eine große Bedeutung zu. Hier kann man unterscheiden zwischen:
Ø Feste Haydn-Museen mit Dauerausstellungen
Die festen Haydn-Museen vermitteln Einblicke in die verschiedenen
Lebensabschnitte Haydns, in die Entstehungsgeschichte seiner musikalischen Werke und in seine unterschiedlichen gesellschaftlichen Kontakte,
Verbindungen und Freundschaften. Solche Museen gibt es
in Rohrau (Geburtsort, Familie),
im Haydn-Haus in Eisenstadt (Kompositionen, Ehezeit, Orgelkonzerte),
im Diözesanmuseum Eisenstadt (geistliche Werke, Messen),
im Landesmuseum Burgenland in Eisenstadt sowie
im Haydn-Haus in Wien-Gumpendorf (letzte Lebensjahre des Komponisten, Verknüpfungen mit seinem politischen und sozialen Umfeld).
Ø Temporären Sonderausstellungen
Im Haydn-Jahr 2009 gibt es unzählige Sonderausstellungen, Vorträge und
Konzerte zu Ehren Joseph Haydns. Neben weiteren Ausstellungen in
Österreich, Ungarn, Kroatien, Liechtenstein, der Schweiz oder den
Niederlanden gibt es auch in Deutschland entsprechende Angebote,
104
zum Beispiel:
das Stadtmuseum Bonn mit einer Sonderausstellung „Joseph Haydn“
das Museum Bode in Berlin mit Haydn-Spezial
das Haydn-Festival in Eszterháza
das Festival der Ungarischen Haydn-Gesellschaft
The International Opera Foundation Eszterháza
The Haydn Society of Great Britain
The Haydn Society of Northa America
De Nederlandse Joseph Haydn Stichting
De Haydn-van Hoboken-Festival, Rhoon/Niederlande
De Haydn-Genootschap Vlaanderen, Internationale Haydn-Biennale
das Joseph Haydn Musik-Festival Dolni Lukavice/Tschechien
105
9.2. Aktivitäten im Haydn-Jahr 200953
Im Jahr 2009 wird weltweit Joseph Haydn die Referenz erwiesen. So gastieren
z.B. österreichische Musiker anlässlich der Haydn-Biennale Vlaanderen mit Konzerten im Mai 2009 in Flandern.
Ebenso werden in Deutschland unzählige Konzertveranstaltungen zu Ehren von
Joseph Haydn durchgeführt.
9.2.1.
In Österreich
In besonderer Weise aber gedenkt Österreich seines berühmten Komponisten
mit unzähligen Feiern, Konzerten, Ausstellungen und Events.
In seinem Vorwort zum Haydn-Jahr 2009 schreibt dessen künstlerische Leiter,
Herr Dr. Walter Reicher u.a.:
„In Eisenstadt blicken die Haydn Festspiele auf eine mittlerweile über 20jährige Tradition zurück. Zwei Jahrzehnte, in denen das Werk des Komponisten
mit all seinen Tiefenschichten musikalisch, wissenschaftlich und kuratorisch im
Mittelpunkt stand. Dadurch konnten wir Eisenstadt zum Zentrum der
internationalen Haydnpflege machen.
Wenn ein Komponist die „Klassische Musik“ zu dem gemacht hat, was wir heute
darunter verstehen, dann war es Joseph Haydn: Die fast unglaubliche Anzahl an
großartigen Werken in allen zu seiner Zeit bekannten Gattungen stellt – will man
dem musikalischen Universalgenie Joseph Haydn gerecht werden – eine große
Herausforderung an jeden Veranstalter dar.
Doch ein Gedenkjahr wie das HAYDN-JAHR 2009 eröffnet die einmalige Chance
über die Strecke eines ganzen Jahres hinweg ein durchdachtes und
breitgefächertes Programm zu erarbeiten und anzubieten.
Im HAYDN-JAHR 2009 stellen wir daher als programmatische Basis das
Gesamtwerk des genius loci Joseph Haydn ins Zentrum: Der Vielzahl an
musikalischen Gattungen, mit denen Joseph Haydn bahnbrechend und für seine
Nachfolger wegweisend war – die Oratorien, das symphonische Schaffen, die
Kammermusik, das Sakralwerk, etc. – wollen wir mit einzelnen Festivalblöcken
gerecht werden. Über das ganze Jahr verteilt finden diese an den verschiedenen
Originalschauplätzen in Eisenstadt statt.
53
Das gesamte Angebot zum Haydn-Jahr 2009 ist im Internet unter www.haydn-jahr-2009.at einzusehen.
106
So ist das Konzertprogramm zum HAYDN-JAHR 2009 ausgehend von Haydns
universellem Schaffen zu einer großen dramaturgischen Komposition gewachsen,
in der jeder Teil für sich alleine (be)stehen kann.
Doch „das Gesamte“ soll weit mehr sein als die Summe der einzelnen Teile: Im
HAYDNJAHR 2009 werden z. B. von März bis Oktober alle 107 Symphonien live
im Haydnsaal auf Schloss Esterházy – einem der akustisch besten Säle der Welt
– erklingen, aufgeführt von den besten Ensembles und Dirigenten der Welt, die
auch tatsächlich etwas zu Haydn zu sagen haben.“54
9.2.1.1. Aus dem Konzertprogramm
Ø „Auftakt Haydn-Jahr 2009“55
Den Start ins Haydn-Jahr 2009 unternimmt Nikolaus Harnoncourt, der zur
Eröffnung am 31. März mit seinem Concentus Musicus gleich vier Symphonien
zur Aufführung bringt: Eröffnet wird mit der Symphonie Nr. 1. Es folgen drei
der „großen“ Orchesterwerke: die „Feuersymphonie“ (Nr. 59), die Symphonie
Nr. 95 und Haydns 100ste (die „Militärsymphonie“). Die Werke symbolisieren
auch gleichzeitig die frühe, mittlere und späte Schaffensphase und spannen
so einen Bogen über Haydns Gesamtwerk. Damit eröffnen sie zudem das
Projekt „100 & 7 Symphonien“, bei dem übers Jahr verteilt alle HaydnSymphonien zur Aufführung kommen.
54
55
Dr. Walter Reicher in: www.haydnfestival.at
31.3.2009, Eröffnung der Ausstellung „Phänomen Haydn“ u. Konzert mit dem Concentus Musicus unter N. Harnoncourt
Ort: Haydnsaal auf Schloss Esterházy u. a.
107
Ø „Haydn Sakral“56
Rund um die Osterzeit ist mit „Haydn Sakral“ Kirchenmusik am OriginalSchauplatz zu erleben. 2009 sind über das Jahr verteilt alle 12 vollendeten
Haydn-Messen mit originalen Haydn-Orgeln zu erleben, zwei davon zu Ostern.
Am Karfreitag werden seit über 100 Jahren Haydns „Sieben Worte des
Erlösers am Kreuze“ in Streichquartettfassung gegeben. Den Höhepunkt
bildet dann die Aufführung von Haydns Oratorium „Stabat Mater“.
Spiel- und Aufführungsorte von „Haydn sakral“
Ø „TRIOthlon“ 57
Beim „TRIOthlon “ wird das Trio gefeiert, genauer seine vielen Erscheinungs—
formen im Werk Haydns. Neben den Klavier- und Streichtrios sind beim
„TRIOthlon “ auch die Baryton-Trios zu hören, die Haydn für Fürst Nikolaus
I. schrieb. Ein Festival im Festival ist der Schwerpunkt „DedicatedToHaydn“
(D2H), in dessen Rahmen vom Haydn Trio Eisenstadt 18 Auftragsarbeiten
zeitgenössischer Komponisten zur Uraufführung gebracht werden.
56
57
9.-13.4.2009, „Haydn Sakral“, Konzertfestival u. a. mit Haydns „Stabat Mater“, Orte: Bergkirche, Haydn-Grab u. a.
30.4.-3.5.2009, „TRIOthlon“, Konzertfestival. Haydns Trios, inkl. Uraufführungen von 18 zeitgenössischen
Kompositionen, Orte: Haydnsaal, Empiresaal und Schlosskapelle auf Schloss Esterházy
108
Ø „Haydn-Gedenktage“58.
Joseph Haydn verstarb in der Nacht von 30. auf 31. Mai des Jahres 1809 in
Wien. Der 31. Mai 2009 wird mit Haydns „Schöpfung“ begangen: Adam
Fischer dirigiert die Österreichisch-Ungarische Haydn Philharmonie.
Ø „Sturm & Drang“59
Innerhalb von nur vier Jahren (ca. 1768-1772) schuf Haydn eine ganze Reihe
von höchst experimentellen Kompositionen, mit denen er das Fundament für
die gesamte neue Musik seiner Zeit schuf. In diesen Jahren seines „Sturm
und Drang“ zeigt sich Joseph Haydn als junges musikalisches Genie - ganz
anders also als jener väterliche Freund Mozarts und Beethovens.
Spitzenmusiker und -Orchester wie Harry Bickets „The English Concert“
bringen Ausnahmewerke zu Gehör, darunter die Symphonie Nr. 45
(„Abschieds-Symphonie“).
Ø „7 Worte“
„Man pflegte damals alle Jahre während der Fastenzeit in der Hauptkirche
zu Cadix ein Oratorium aufzuführen ... Nach einem zweckmässigem Vorspiele
bestieg der Bischof die Kanzel, sprach eines der sieben Worte aus,
und stellte eine Betrachtung darüber an. So wie sie geendiget war, stieg er
von der Kanzel herab, und fiel knieend vor dem Altare nieder. Diese Pause
wurde von der Musik ausgefüllt. Der Bischof betrat und verliess zum
zweyten, drittenmale u.s.f. die Kanzel, und jedesmal fiel das Orchester nach
dem Schlusse der rede wieder ein.“ So schilderte Joseph Haydn
die Entstehungsbedingungen seiner „7 Worte“. Alle vier von Haydn
stammenden bzw. autorisierten Fassungen werden im Haydn-Jahr 2009
erstmals an zwei Tagen aufgeführt.
58
59
29.5.-1.6.2009, „Haydn-Gedenktage“, Konzertfestival, Haydns 200. Todestag (31.Mai), u. a. mit „Die Schöpfung“
(A. Dasch, Ch. Strehl und Th. Quasthoff), Ort: Haydnsaal auf Schloss Esterházy
18.-21.6.2009, „Sturm & Drang“, Konzertfestival, Joseph Haydn als Erfinder der Symphonie, Ort: Haydnsaal
109
Ø „Internationale Haydn-Tage“60
2009 verteilen sich die „Internationalen Haydn-Tage 2009“ über 19 Tage mit
einer Vielzahl an musikalischen Angeboten. In den Mittelpunkt stellt Walter
Reicher, Intendant der Haydn-Festpiele und Künstlerischer Leiter des
Haydn-Jahres 2009 im Burgenland, alle Londoner und Pariser Symphonien,
darunter die berühmte „Symphonie mit dem Paukenschlag“ (Nr. 94). Neben
Orchesterwerken, Oratorien, Messen und Kammermusik ist zudem die
konzertante Aufführung von Haydns letzter Oper zu erleben: „L’anima del
filosofo”, auch bekannt unter dem Namen „Orfeo ed Euridice“.
9.2.1.2. Zum Ausstellungsprogramm
„Phänomen Haydn“61
Die Hauptaustellung Phänomen Haydn bietet in Eisenstadt Begegnungen mit
Haydn an. Die Ausstellung möchte die Besucher an insgesamt vier miteinander
eng verbundenen Schauplätzen innerhalb der Stadt das Leben und
musikalische Schaffen Haydns nacherleben lassen. Sie umfasst dabei fünf
Schwerpunkte:
Ø „Phänomen Haydn – prachtliebend“
Bei „Ein Leben im Dienst der Fürsten Esterházy“ schlüpft das FührungsPersonal in die Rolle des Hofmeisters und gewährt Einblicke in das
umfangreiche Schaffen Joseph Haydns sowie seine Aufgaben und Pflichten
am fürstlichen Hof. Das Schloss Esterházy in Eisenstadt war Verwaltungszentrum und gleichzeitig Hauptresidenz der Fürsten Esterházy. Der
„Capellmeister“ Haydn hatte die Aufgabe, die gesamte Bandbreite des
zeitgenössischen Musikrepertoires als glanzvollen Teil der fürstlichen
Repräsentation zu pflegen. Dies war die ideale Umgebung für das Genie, sein
Können in allen musikalischen Genres zu perfektionieren. Die zentrale
Ausdrucksform der Esterházyschen „Kammer-Musik“ war dabei die Symphonie.
Höhepunkt: eine musikalische Kostprobe im Haydnsaal.
Ø „Phänomen Haydn – bürgerlich“
Bei „Intime Einblicke in Haydns privates Leben und Schaffen“ begegnen
die Besucher dem Haydn Biografen Georg August Griesinger. Dieser erzählt
60
Festivalsommer 9.-27.9.2009, Haydn-Tage: „Haydn: London & Paris“, Konzertfestival inkl. Symposium,
sowie das renommierte jährliche Haydn-Festival,
Orte: Konzertsäle auf Schloss Esterházy, Kirchen in Eisenstadt, Schlosspark u. a.
61
1.4.-11.11.2009, „Phänomen Haydn(1732–1809)“ Ausstellung. Eisenstadt als Schauplatz musikalischer Weltliteratur.
Orte: Schloss Esterházy, Haydn-Haus Eisenstadt, Landesmuseum Eisenstadt, Diözesanmuseum Eisenstadt
110
vom Leben und Schaffen Joseph Haydns abseits seiner fürstlichen
Verpflichtungen und lässt die Zeit vor 200 Jahren lebendig werden.
Im Haydn-Haus Eisenstadt, dem ehemaligen Wohnhaus der Familie Haydn,
wird der Privatmann und Mensch Joseph Haydn erlebbar. Dieser Ausstellungsteil streicht aber auch Haydns Stellung als Pionier der bürgerlichen
Musikkultur heraus. Abseits des Dienstes bei Hofe entwickelte der Künstler
einen tüchtigen Geschäftssinn und strebte danach, auch den stetig
wachsenden Musikmarkt zu bedienen.
Hieraus erwuchsen schließlich drei bedeutende Hauptgattungen der Wiener
Klassik: das Streichquartett, das Klaviertrio und die Klaviersonate.
Ø „Phänomen Haydn – gottbefohlen“
Beim „Beschaulichen Rundgang zu himmlischen Tönen und geistlicher Musik“
steht die Kirchenmusik im Mittelpunkt. Für Joseph Haydn war die KirchenMusik stets ein hohes Anliegen. Obwohl ursprünglich für die weltliche
Instrumentalmusik angestellt, trug Haydn aus starkem persönlichen Antrieb
stets auch zur Kirchenmusik am Hof und in Eisenstadt bei. An der Schwelle
zum 19. Jahrhundert wurde die Kirchenmusik am Hof wieder wichtig: Fürst
Nikolaus II. setzte 1796 den bereits pensionierten und inzwischen
weltberühmten Joseph Haydn wieder in sein Amt ein. Damit gelangte die
Eisenstädter Kirchenmusik an die europäische Spitze neben der C-Dur-Messe
Beethovens.
Die Führung durch das Diözesanmuseum in Eisenstadt gibt darüber hinaus
Hinweise auf die Frömmigkeit am damaligen Fürstenhof und lässt die KirchenMusik für die Gäste in vier Hörräumen ausklingen.
Ø „Phänomen Haydn – crossover“
Das Landesmuseum Burgenland ist der Ort der Geschichte und der
Lebenswelt, aber es ist auch ein Ort des „crossovers“, des Übergangs
zwischen Gestern und Heute, zwischen dem historischen Westungarn und
dem gegenwärtigen Burgenland.
Bei „Eine entdeckungsreiche Wanderung zu den Wurzeln Joseph Haydns“
lernen die Besucher Joseph Haydn als einen Wanderer zwischen den Kulturen
kennen und erfahren von jenen Einflüssen, welche die Musik der
verschiedenen Volksgruppen der Eisenstädter Umgebung (Deutsche, Ungarn,
Kroaten) auf sein Werk hatte.
Im Foyer ist die „ältere Haydn-Orgel“ zu bewundern.
111
Ø „Haydn-Pfad“
Auch beim Angebot „Entlang des Haydn-Pfades“62 werden die Besucher in
die Zeit von Joseph Haydn entführt.
An den Originalschauplätzen kann man seine Musik aufspüren, hören und
fühlen. Die Entdeckungsreise durch die Haydn-Stadt Eisenstadt beginnt beim
Haydn Mausoleum in der Bergkirche, führt über das sogenannte
„Musikerhaus“ und das ehemalige Wohnhaus von Haydn, findet ihren
Höhepunkt im historischen Schlosspark mit dem Weingarten und endet beim
Kräutergarten der Maria Anna Aloysia Apollonia Haydn. Kein trockener LehrRundgang also, sondern eine Einladung zum Staunen: über die vielfältigen
Gestaltungen, die Kunstwerke und die verschiedenen musikalischen Genüsse.
9.2.1.3. Events
Ø „Orchideenausstellung“63
Im stilvollen Ambiente der Orangerie des Schlosses Esterházy in Eisenstadt
präsentieren die Mitglieder der Österreichischen Orchideen Gesellschaft im
Rahmen des Haydn-Jahres 2009 ihre Orchideen.
Im
Blick
auf
diese
Ausstellung
hat
die
oberösterreichische
Orchideengärtnerei Handlbauer eine spezielle Orchidee gezüchtet, die bei
der Eröffnung der Ausstellung auf den Namen „Joseph Haydn“ getauft und
patentiert wurde.
Ø „Die Welt auf dem Mond“64
Als einzige Haydn Oper burgenlandweit wird anlässlich seines 200.
Todestages die Oper „Die Welt auf dem Mond“, im phantastischen Ambiente
von Schloss Tabor in Neuhaus zur Aufführung gebracht.
62
63
64
4.-5.4.2009, Barockes Eisenstadt, Das Eröffnungsfest zum Haydn-Pfad, Ort: Kalvarienbergplatz
Orchideenausstellung: Orchideen aus aller Welt und die Neuzüchtung „Joseph Haydn“,
Ort: Orangerie im Schlosspark Eisenstadt, Tägl. 9.00–19.00 Uhr
6.-23.8.2009, „Die Welt auf dem Mond“, Die Haydnoper als Freilichtaufführung,
Ort: Schloss Tabor in Neuhaus am Klausenbach
112
Ø „Der Kopf des Joseph Haydn“65
In Schloss Kobersdorf soll die Uraufführung der Bühnenfassung von „Der
Kopf des Joseph Haydn“ als Tanz-, Musik- und Theaterstück tiefere
Einblicke in sein Fühlen, Denken und Leben geben. Sie zeigt auf spannende
und unterhaltsame Weise seinen Weg vom Klavierlehrer bis zum gefeierten
Komponisten von Weltruf. Doch auf dem Weg dorthin umgeben ihn private
und berufliche Turbulenzen: so ist er laufend Intrigen und Neidern am
Fürstenhof ausgesetzt. Zudem belasten ihn sein unglückliches Liebesleben
und eine Vernunftehe. Ein Herr namens Beethoven führt kenntnisreich durch
eine Rahmenhandlung bis in die heutige Zeit hinein.
Vergnüglich und in einer temporeichen Erzählweise kann der Zuschauer große
Gefühle, aber auch aufschlussreiche Hinter- und Abgründe erwarten, die von
rasanten Tanzszenen und überraschenden Musiknummern begleitet werden.
Ø „Holzbildhauer-Symposium“66
Einen ganz besonderen Programmpunkt im Haydn-Jahr 2009 stellt das
Holzbildhauer-Symposium dar, das in der Haydnstadt Eisenstadt abgehalten
wird. In der Zeit vom 18. bis 25. Mai 2009 findet das HolzbildhauerSymposium mit zwölf Künstlern aus ganz Europa in Eisenstadt statt. Im
„Künstlerdorf“ in der Kastanienallee des historischen Schlossparks von
Eisenstadt wird jeder der teilnehmenden Holzbildhauer während des
Symposiums ein Kunstwerk zum Thema „Joseph Haydn und seine Werke“
erarbeiten. In dieser Zeit können Besucher und Interessierte die Künstler
hautnah bei ihrer Arbeit beobachten, fertige Werke können bestaunt und
gekauft werden. Als Materialien werden vor allem heimische Hölzer
verwendet.
Ø „Haydn plakativ“
In ganz Niederösterreich und im Burgenland sind ein Jahr lang auf großen
Plakatwänden Hinweise zum Leben und Werk Joseph Haydns zu sehen.
65
66
6.7 -2.8.2009, „Der Kopf des Joseph Haydn“, Theater, Wolfgang Böck in einem Stück von Michael Korth,
Ort: Schloss Kobersdorf
18.-25.5.2009, Holzbildhauer Symposium, Holzbildhauer aus ganz Europa gestalten Arbeiten zu Joseph Haydn,
Ort: Schlosspark Eisenstadt, Kastanienallee
113
Ø „Lese-Mal-Buch Joseph „Sepperl“ Haydn“
Dieses Kinderbuch enthält verschiedene Geschichten und Bilder aus dem
Leben von Joseph Haydn.
Ø „Ballett-Aufführungen in Österreich“
Beginnend mit dem Haydn-Neujahrskonzert 2009 gibt es in Österreich
mehrer Ballettaufführungen zu Werken von Joseph Haydn.
114
9.2.2. Internationale Veranstaltungen
Das Haydn-Jahr 2009 ist aber keine rein österreichische Angelegenheit. In
vielen anderen Ländern gibt es Aktivitäten zu Ehren von Joseph Haydn. Dazu
einige Beispiele:
Ø EBU-Radiotag am 31.05.2009
An Haydns Todestag haben sich 17 europäische Rundfunksender verabredet,
von Haydn zu erzählen und seine Musik zu spielen.
Ø Haydn-Trio Eisenstadt auf Welt-Tournee
Das berühmte Eisenstädter Trio gibt im Jahr 2009 über 100 verschiedene
Konzerte in über 100 Städten auf allen fünf Kontinenten weltweit.
Ø Europäisches Musikfestival in Belgien
Im Zusammenhang mit der Haydn-Biennale findet in Mechelen und Antwerpen
ein europäisches Musikfestival mit mehreren Haydn-Konzerten statt.
Ø
„world creation“ weltweit
Am 31.05.2009 erklingt überall auf der Welt Haydns „Schöpfung“ und
verbindet auf diese Art alle Menschen für eine kurze Zeit miteinander.
Ø Themenabend zu Joseph Haydn
Am 21.03.2009 nahmen 3-sat und ORF die Zuschauer mit zu den wichtigsten
Lebensstationen von Joseph Haydn. Zu wunderschönen Bildern erklang
Haydns wunderbare Musik.
Ø „Papa Haydn“
Zu Ehren des großen Komponisten wurde am 12.04.2009 eine TVDokumentation aus Wales ausgestrahlt.
Ø „Das musikalische Erbe Kroatiens“
In dieser TV-Dokumentation befasst sich das kroatische Fernsehen mit der
Frage, in welcher Form Haydn das musikalische Erbe Kroatiens in seine
Werke aufgenommen hat.
Ø „Joseph Haydn – das verkannte Genie“
Am 18.05.2009 zeigt Arte um 22.30 Uhr einen weiteren Film über den
berühmten Musiker.
Ø “The Birth of British Music”
lautet der Titel einer BBC-Dokumentation über Joseph Haydn im Mai.
115
Ø „Die Schöpfung der Schöpfung“
heißt eine Dokumentation des ORF über Haydn am 31.05.2009.
Ø „Heute schon Haydn gehört?“
Diese Co-Produktion von ORF, SWF u. SF zeigt eine TV-Dokumentation am
01.06.2009.
Ø „Haydn goes International“ –
Foto- und Dokumentationsausstellung zu Haydn auf Wanderschaft
Unter dem Titel „Haydn Goes International“ ziehen in diesem Jahr eine
umfassende Dokumentations- und eine Fotoausstellung durch die Welt. Die
beiden Ausstellungen werden in über 30 Ländern an 70 Orten auf allen fünf
Kontinenten gezeigt.
116
9.3. „Haydn for Kids“
Vielfältig wie das Erwachsenenprogramm ist auch das Angebot für Kinder und
Jugendliche.
Ø „Haydn für die Schule“ - Materialien für den Musikunterricht
„Haydn für die Schule“ ist ein von österreichischen Musiklehrern zusammengestelltes Buch für den Musikunterricht in allen Schulstufen. In der Ankündigung heißt es:
„Es bietet didaktisch aufbereitete Materialien für die praxisbezogene Arbeit
in der Klasse. Im Vordergrund steht die aktive spielerische und
gestalterische Auseinandersetzung mit Haydn, seinem Leben und seiner
Musik. Daneben hat auch die Hinführung zur Werkanalyse ihren Platz.
Die SchülerInnen musizieren Themen aus Symphonien, tanzen Menuett und
Kontra-Tanz und gestalten Szenen aus einer Oper oder Oratorien. In einer
kurzweiligen Hörgeschichte lernen die Kinder den großen Komponisten und
seine Lebensstationen kennen. Lieder, ausgewählte Hörbeispiele aus Haydns
Werken, altersgemäße Illustrationen und informative Bildmaterialien
ergänzen das umfangreiche Angebot. Das Buch „Haydn für die Schule“
enthält alle Arbeits-Unterlagen, dazu auf einer Doppel-CD alle Hörbeispiele
und Videos zu den Tänzen, Gestaltungsaufgaben sowie Filme zu Instrumenten
(z. B. Baryton). Als PDF-Dateien werden zusätzlich Klavierbegleitungen,
Liederweiterungen, Vorlagen für die Spiele etc. angeboten. Interaktive FlashAnimationen zu den Themen „Haydn-Orchester“, „Abschiedssymphonie“ und
„Kaiserquartett“ bereichern die Unterrichtsarbeit auf innovative und
attraktive Weise.
Symphonien, Streichquartette, Opernszenen, Menuette - die Ideen für eine
abwechslungsreiche und anregende Gestaltung des Unterrichts sind vielfältig:
Der Bogen reicht von Singen und Musizieren über szenische Darstellungen
und Spiel-mit-Stücke bis hin zu Rätseln und Spielen zum Thema Haydn.“ 67
67
Renate & Walter Kern: Haydn für die Schule, 80 Seiten, mit Doppel-CD mit Audioteil, Flash-Animationen, Videoteil und
PDF-Dateien zum Ausdrucken, Helbling Verlagsgesellschaft m.b.H., Rum-Innsbruck 2009, Preis: EUR 38,50
117
Ø „Ein Dirigent kommt in die Schule“
„Ein Dirigent kommt in die Schule“ ist ein Angebot der Haydn Festspiele
Eisenstadt für das HAYDN-JAHR 2009 an die Schulen Burgenlands. Ein
erfahrender „Haydn-Dirigent“ kommt auf Wunsch in die Schule und in die
einzelnen Klassen. Alle Schulen Burgenlands sind eingeladen, von dem Angebot
Gebrauch zu machen. Je nach Interesse und auch Altersstufen der Schüler
kann über Themen gesprochen werden wie „Was macht ein Dirigent - und wie
geht Dirigieren?“ oder auch „Wie funktioniert ein Symphonieorchester?“,
„Was ist bei historischen Instrumenten anders?“ etc.
Besonders Interessierte können mit dem Experten natürlich auch darüber
sprechen, welche Möglichkeiten der Interpretation von klassischer Musik es
gibt.
Ø „Haydn-Scouts“ - Ein Projekt von Jugendlichen für Jugendliche
Haydn is back! Wer glaubt, Joseph Haydn ist Schnee von gestern, der hat
sich getäuscht. Die SchülerInnen der 3a der Höheren Lehranstalt für
wirtschaftliche Berufe des Theresianums Eisenstadt ließen im Rahmen ihres
Ausbildungs-Schwerpunktes Kulturtouristik und Projektmanagement den
Künstler Joseph Haydn in einer fiktiven Talkshow auftreten.
Das von der Klasse selbst verfasste Interview zwischen dem vor 200 Jahren
verstorbenen Musikgenie und einem Moderator wurde von einer kreativ
gestalteten PowerPoint-Präsentation unterstrichen. Gezeigt wurde Erstaunliches aus dem Leben Joseph Haydns, Informationen über die Aktivitäten in
Eisenstadt und einige Ausschnitte aus Haydns Musikstücken.
118
Ø Spezialprogramm „Haydn-Spass“
Im Haydn-Jahr 2009 können Schulklassen aller Schulstufen die Haydn-Stadt
Eisenstadt in Rahmen eines Ganztag- oder Halbtagprogrammes spielerisch
und altersgerecht entdecken. Es geht auf eine spannende Zeitreise in das 18.
Jhdt., die Zeit der Fürsten und Kaiser, der Musiker und Künstler. Je nach
Wunsch wird das Programm individuell zusammengestellt; auf die
SchülerInnen warten zahlreiche Überraschungen. Eben ein „Haydn-Spaß“!
Ø „Die Kunst, aus Kunst Kunst zu machen“68
SchülerInnen der Eisenstädter Gymnasien werden gemeinsam auf der Basis
von Haydns Symphonie Nr. 60 „Il Distratto“ mit ihren Professoren und in
Kooperation mit der Regisseurin Angelika Messner und dem Dirigenten Anton
Gabmayer die Komödie von Jean-François Regnard „Der Zerstreute“ aus dem
Jahr 1697 in ein zeitgemäßes Stück verwandeln. Sie wollen den erarbeiteten
Text selbst auf die Bühne bringen, das Bühnenbild herstellen, Regieassistenz,
Beleuchtung und viele andere große und kleine „Wichtigkeiten“ eigenverantwortlich durchführen.
Drei Aufführungen für andere Klassen und für Gäste aus anderen Schulen
sind geplant. Wie von Haydn vorgesehen, wird von der „Haydn-Akademie“
unter der Leitung von Anton Gabmayer die Symphonie zwischen den Akten
der Komödie gespielt. Die „bloß zuhörenden“ SchülerInnen erleben eine
historische und zugleich moderne Aufführung. Sie können selbst (erstmals
nach vielleicht 200 Jahren!) die Musik Haydns im unmittelbaren
Zusammenhang des Theaterstückes erleben und erkunden, warum Haydn die
Musik an vielen Stellen so komponierte, wie er es gemacht hat.
Gleichzeitig wird den Akteuren bei der Vorbereitung in Teilworkshops
vermittelt, was Regisseurin und Dirigent heutzutage bei der Aufführung
eines historischen Musik- oder Theaterstückes beachten müssen, was sie
vielleicht sogar tun müssen oder nicht tun dürfen, um den historischen Stoff
dem heutigen Publikum mit der Wirkung zu präsentieren, wie der historische
Schöpfer des Werkes das „damals“ beabsichtigt hat.
68
Teilnehmende Schulen: BORG Kurzwiese, Theresianum, Gymnasium der Diözese Eisenstadt, Altersgruppe: 5./6. Klasse
Oberstufe, Beginn der Projektarbeit: März 2009, Präsentationstermine: 26. und 27. November 2009
119
9.4. Interview mit Frau Petra Hanika, der Koordinatorin der
Kinderprogramme im Haydn-Jahr 2009 auf Schloss
Esterházy
Zu den zahlreichen Angeboten für Kinder und Jugendliche habe ich Frau Petra
Hanika, die Koordinatorin der Kinder-Programme im Haydn-Jahr 2009 auf
Schloss Esterházy zu den Angeboten befragt. Es folgt ein Auszug aus dem
Interview:
Rahel: Frau Hanika, haben Sie herzlichen Dank für die Einladung in Schloss
Esterházy und dafür, dass Sie sich für meine Fragen zur Verfügung stellen. Zu
Joseph Haydn nun die erste Frage:
Welche speziellen Kinderprogramme wurden für das Haydn Jahr vorbereitet?
Frau Hanika: Für Kinder haben wir uns ein spezielles Kinderkulturprogramm
ausgedacht. So möchten wir gerne, dass die Kinder nicht nur im Kopf etwas über
J.H. erfahren, sondern, dass sie durch eigenes Tun etwas erleben und J.H.
begegnen können.
Dazu haben wir thematische Bausteine vorbereitet. Jeder Baustein besteht aus
spannenden Mitmachführungen, Musikhörbeispielen und einem Workshop. Die
Workshops finden in wundeschön gestalteten Wohnräumen der ehemaligen
Bediensteten unterm Dach des Schlosses Esterházy statt. Zuerst verkleiden
sich alle Teilnehmer für die Begegnung mit Joseph Haydn. Die Workshops im
einzelnen:
A: Vier Fürsten und ein Kapellmeister
Die TeilnehmerInnen erleben eine Zeitreise in Kostümen mit Besuch bei
Haydn.
B: Haydn unter der Lupe
Besondere Aufgaben führen zu einer detektivische Entdeckungsreise
durch das Leben und Arbeiten des großen Komponisten.
C: Geheimcode Fledermaus
Auf dem Dachboden von Schloss Esterházy kommt es zu aufregenden
Forschererlebnissen
mit
freundlichen
Flattertieren und
ihren
Geheimnissen.
D: Geburtstag mit Fritz Fürstlich
Bei der Geburtstagsveranstaltung „Schoko-Haydn“ erleben die
TeilnehmerInnen by doing die Entstehung der Praline und des
Kakaotrunks,
bei der Veranstaltung „Das Abenteuer mit dem Zauberhut“ veranstalten
die TeilnehmerInnen eine Kreativwerkstatt und
bei der Veranstaltung „Entdeckungsreise zum Rätsel der Geisterkiste“
feiern alle TeilnehmerInnen ein außergewöhnliches Dachbodenfest im 18.
Jhdt. Weitere Angebote finden sich im Veranstaltungsheft.
120
Mitmach-Führung durch das Schloss Esterházy
Rahel: Welche Programme, besonders auch für Instrumentalisten, gibt es
speziell für Jugendliche von 12-18 Jahren?
Frau Hanika: Ja, für sie haben wir uns etwas ganz besonderes ausgedacht. Das
Programm heißt: „Haydn-Backstage“.
Die Jugendlichen analysieren Haydn-Briefe (z.B. erhaltene Liebesbriefe) und
übertragen diese in die heutige Zeit, sie lernen alte Kulturtechniken wie das
Schreiben mit Federkiel und Tinte sowie die Kaligraphie mit verzierten
Buchstaben kennen.
Viele Oberstufenklassen haben sich dafür schon angemeldet.
Rahel: Verfügen Sie auch über musikdidaktische Materialien für den
Musikunterricht zu Hause ? Wenn ja, über welche?
Frau Hanika: Um Haydn für den heutigen Musikunterricht interessant zu
machen, haben österreichischen MusiklehrerInnen ein spezielles Haydn-Buch mit
dem Titel: „Haydn für die Schule“ herausgegeben und allen österreichischen
Schulen zur Verfügung gestellt. Darin werden Biographie- und Musikbausteine,
Rätsel und Quizaufgaben mit Arbeitsmaterialien und CD aufbereitet.
Rahel: Ich hoffe, dass es an unserer Schule auch bald diese Materialien für den
Musikunterricht gibt.
Nach welchen Kriterien wurden die Schwerpunkte der Hauptausstellung
„Phänomen Haydn“ ausgesucht?
Frau Hanika: Die Schwerpunkte für die Hauptausstellung sind auf das Jahr
verteilt und orientieren sich an den verschiedenen Musik-Genres
(Musikbereichen).
121
Rahel: In welcher Form kann „Papa Haydn“ uns heute noch als Vorbild und
Orientierung dienen? Trägt mein Gymnasium als akademische Bildungsanstalt zu
Recht seinen Namen?
Frau Hanika: Hier sehe ich besonders drei Aspekte:
Erstens kann Haydns Musik zu mehr Ausgewogenheit zwischen moderner und
klassischer Musik für Jugendliche beitragen. Viele seiner Stücke – z.B. Le Matin
– sind dazu besonders geeignet und machen Jugendlichen auch Lust darauf,
selbst Haydn zu spielen.
Zweitens sehe ich Haydns Umgang mit seinen Mitarbeitern als vorbildlich an. Er
setzte sich oft erfolgreich für sie mit Humor auch gegenüber seinen
Vorgesetzten ein, ein Verhalten, wie wir es uns heute auch für ein vertrauensvolles Schüler-Lehrer-Verhältnis an unseren Schulen wünschen.
Und drittens möchte ich Haydns Bescheidenheit nennen. Obwohl er in heutigen
Worten ein international berühmter und gefeierter „Weltstar“ war, blieb er
immer bodenständig, seinem Fürsten und seiner Heimat verbunden und ohne
Star-Allüren. In seinen letzten Jahren in Wien bezeichnete er sich auf seiner
Visitenkarte als „kraftloser Schwächling“, seine Medaillen und Orden hielt er für
„Spielzeuge für alte Männer“ und unwissende Beamte bestätigte er gerne in
ihrem Glauben, dass er als „Tondichter“ so etwas ähnliches wie ein Töpfer von
Beruf war.
Rahel: Danke für die wunderbare Privatführung durch Schloss Esterházy und für
Ihre wertvollen Informationen. Ich finde es toll, dass Sie sich trotz der letzten
Vorbereitungen zur Hauptausstellung „Phänomen Haydn“ so viel Zeit für mich
genommen haben.
122
10. WÜRDIGUNG JOSEPH HAYDNS:
DIE ERGEBNISSE DER EXPERTENARBEIT
Zurück zu den Ausgangsfragen meiner Expertenarbeit:
Ø Wer war dieser Joseph Haydn?
Wann, wo und wie hat er gelebt?
Was war für ihn wichtig, wofür kämpfte er?
Ø Warum wurde unsere Schule ausgerechnet nach ihm benannt?
Welche Verdienste hat er sich erworben?
Gibt es eine Verbindung zwischen Senden und Haydn?
Und wie kam es im Stadtrat zu dieser Namensgebung?
Ø Welche Bedeutung hat Joseph Haydn heute?
Was ist von ihm geblieben?
Wie wird sein 200. Todestag gefeiert?
Welche Veranstaltungen gibt es zum Haydn-Jahr 2009?
Hier nun der Versuch meiner Antworten:
123
10.1. Haydn – der heitere Mensch, Lehrer und Freund
Auch bei genauerem Hinsehen bleibt ein positives Bild von Joseph Haydn bestehen:
Ob er vielen begabten und weniger begabten SchülerInnen Musikunterricht
erteilte,
ob er sich um seine jüngeren Brüder kümmerte und ihnen zu beruflicher Existenz
verhalf,
ob er Musikerkollegen schützte und deren Interessen auch vor den Fürsten
vertrat,
ob er geschäftstüchtig und geschickt auch versuchte, ein eigenes Vermögen
durch den Verkauf seiner Musik zu erwerben,
ob er die Gunst und das Vertrauen auch der allerhöchsten Monarchen und
Monarchinnen besaß,
ob er – wie in England – vom Volk verehrt und gefeiert wurde und alle
erdenklichen internationalen Ehrungen erfuhr,
ob er, der eher ein entstelltes Gesicht hatte, von Frauen begehrt und geliebt
wurde,
ob er mit vielerlei Aktionen versuchte, Kranke, Arme oder sonst Notleidende zu
unterstützen,
ob er in späteren Jahren ein Haus der offenen Tür für viele Kollegen und
Freunde hatte, die er fast täglich empfing,
oder ob ........ .
Joseph Haydn wurde als ehrlicher und gerader Mensch erlebt und dargestellt,
sein Humor wurde geschätzt und seine Freundlichkeit und Anteilnahme machten
ihn wohl zu Recht zum „Papa Haydn“.
124
10.2. Haydn – der große Komponist und Musiker
Zur musikgeschichtlichen Bedeutung von Joseph Haydn habe ich hauptsächlich
sechs Antworten gefunden. So gehören zu seinen größten Leistungen wohl
Ø die Streichquartette als eigene Gattung, bei der alle vier Instrumente
gleichberechtigt und unabhängig miteinander musizieren,
Ø die Symphonien, in denen Haydn die Form von der dreisätzigen
Ouvertüre des Barock für weniger als 20 Musiker zu einem
viersätzigen Werk für ein Orchester von bis zu 60 Musikern. weiter
entwickelte,
Ø Fuge und Kontrapunkt, die Haydn erstmals in die klassische KonzertForm einbrachte,
Ø die Sonaten, welche Haydn durch seine Hauptsatzform zu Konzerten
aufwertete,
Ø die Kaiser-Hymne, die heute mit dem Text von August Heinrich
Hoffmann von Fallersleben als deutsche Nationalhymne verwendet
wird,
Ø und die originellen Scherze in seiner Musik, die ihn mehr als andere
Musiker bei seinem Orchester und bei den Hörern beliebt machten.
Bleibt die Frage, ob man ein Gymnasium nach ihm benennen sollte. Meine Antwort
lautet „JA“, weil bei Haydn noch etwas dazu kommt: Joseph Haydn war nicht nur
ein besonderer Musiker, er war auch ein zuverlässiges Vorbild!
Oder wie Frau Hanika es auf Schloss Esterházy formulierte: „Er setzte sich oft
erfolgreich für sie [seine Schützlinge] mit Humor auch gegenüber seinen Vorgesetzten ein, ein Verhalten, wie wir es uns heute auch für ein vertrauensvolles
Schüler-Lehrer-Verhältnis an unseren Schulen wünschen.“
125
10.3. Haydn - Seine Bedeutung im heutigen Kulturleben
In der Musik sowieso nicht – aber auch aus dem übrigen Kulturleben ist Joseph
Haydn nicht mehr weg zu denken.
Viele Verehrungsorte und Denkmäler, unzählige Namen von Straßen, Plätzen und
Schulen, die Haydn-Institute sowie die Haydn-Museen weisen international auf
ihn hin.
Ja, Haydn gehört zur heutigen Kultur-Szene dazu und er wird zu Recht in diesem
Jahr als einer der ganz Großen gefeiert.
Damit ist Joseph Haydn für uns heute Geschenk und Herausforderung zugleich.
Mögen wir JHG-ler in Senden seinem Vorbild nacheifern in Kreativität und
Ausdauer, in Erfolg und Bescheidenheit und in seiner feinen Art, für Menschen
offen zu sein.
Vivat Joseph Haydn !!!
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11. DANKSAGUNG
Ich möchte meine Expertenarbeit aber nicht beenden, ohne auch ein herzliches
„Dankeschön“ los zu werden.
So danke ich allen Helfern, Beratern, Ermutigern, Unterstützern, Lehrern,
Politikern und
besonders meinen Eltern, die mir u.a. einen Flug nach Wien ermöglicht haben.
Ich danke auch den Haydn-Profis, den Musikern und Wissenschaftlern, den
Westfälischen Nachrichten
und besonders Dir, „Papa Haydn“, für deine wunderbare Musik!!!
Danke.
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12. LITERATURVERZEICHNIS (IN AUSWAHL)
12.1. Zu Haydns Biographen
Neben vielen neueren Biographien über Joseph Haydn gibt es vor allem drei
zeitgenössische Publikationen, auf deren Zitate ich in der Expertenarbeit
häufiger zurückgegriffen habe. Diese sind:
Albert Christoph Dies: „Biographische Nachrichten von Joseph Haydn“.
Nach mündlichen Erzählungen desselben entworfen und herausgegeben von
Albert Christoph Dies, Landschaftsmahler, Wien, 1810, Neuauflage 1976
Georg August Griesinger: „Biographische Notizen über Joseph Haydn“.
Als Fortsetzungen in: Leipziger Allgemeine musikalische Zeitung II, 1809, als
Buch erschienen: Leipzig, 1810, Reprint 1979
Giuseppe Antonio Carpani: “Le Haydine”.
ovvero lettere su la vita e le opere - del celebre maestro Giuseppe Haydn,
Mailand, 1812, Neuauflage 1969
12.2. Zu Haydns Vita, Familie und Umfeld
Die meisten Informationen dieser Expertenarbeit zu Haydns Leben, Familie und
Umfeld stammen aus folgenden Quellen:
Werner Pieck „Haydn - Der große Bassa“.
Biographie, Europäische Verlagsanstalt, 2004,
ISBN 3-434-50501-6
Werner Pieck, geb. 1933 in Köln, war Diplomat und Universitätsdozent. Nach dem
Studium der Rechtswissenschaft und der Promotion lebte er als Diplomat u.a. in
Frankreich, Polen, Algerien, USA, Israel und zuletzt als Botschafter in Ecuador.
Seit 1998 Dozent an der University of the South in Sewanee/ Tennessee.
Seit seiner Kindheit ist Werner Pieck vertraut mit klassischer Musik und spielt
selbst Violine. Er publizierte zwei weitere Bücher über Mozart (1998) und
Händel (2001).
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Claudia Maria Knispel „Joseph Haydn“.
Rowohlts Monographien, rororo Taschenbuch Verlag GmbH, Reinbek bei
Hamburg, 2003,
ISBN 3-499-50603-3
Claudia Maria Knispel, geb. 1966 in Osnabrück, studierte in München und Berlin
Musik und Theaterwissenschaft sowie Musikpädagogik und Gesang.
Ihr besonderes Forschungsinteresse gilt der Musik des 18. Jahrhunderts und
der populären Musik sowie interdisziplinären kulturgeschichtlichen FrageStellungen. Sie ist Lehrbeauftragte an der Universität der Künste Berlin und
Gesangslehrerin an der Freien Musikschule Spandau.
www.wikipedia.org/wiki/Joseph_Haydn
www.haydnfestival.at/haydn_de
Zu Michael Haydn:
Werner Pieck „Haydn - Der große Bassa“, S. 33, 37, 136 und 187f
Claudia Maria Knispel „Joseph Haydn“, S. 8, 10f, 21, 34, 52, 131f
Zu Johann Evangelist Haydn:
Werner Pieck „Haydn - Der große Bassa“, S. 58, 79, 101
Claudia Maria Knispel „Joseph Haydn“, S. 8, 10f, 21
12.3. Zu Haydns Freunden
Neben den einschlägigen Wikipedia-Artikeln fand ich folgende Informationen zu
Haydns Freunden und Freundinnen:
Zu Wolfgang Amadeus Mozart:
Werner Pieck „Haydn - Der große Bassa“, S. 135-143, 164, 171, 215-218, 220-221
Claudia Maria Knispel, „Joseph Haydn“, S. 72-77, 83ff, 108f, 122ff, 137f, 143f
Zu Marianne von Genzinger:
Werner Pieck „Haydn - Der große Bassa“, S. 81, 114, 117, 139, 150
Claudia Maria Knispel, „Joseph Haydn“, S. 90-95, 101f
Zu Rebecca Schroeter:
Werner Pieck „Haydn - Der große Bassa“, S. 82f, 178, 221
Claudia Maria Knispel, „Joseph Haydn“, S. 106ff
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12.4. Zu Haydns Schülern
Neben den einschlägigen Wikipedia-Artikeln fand ich folgende Informationen zu
Haydns Schülern und Schülerinnen:
Zu Marianna Auenbrugger:
Werner Pieck „Haydn - Der große Bassa“, S. 113f
Zu Ludwig van Beethoven:
Werner Pieck „Haydn - Der große Bassa“, S. 171
Claudia Maria Knispel, „Joseph Haydn“, S. 29, 77, 80, 99, 108f, 123f, 143f
Zu Johann Georg Distler:
F. Blume (Hg.), Die Musik in Geschichte und Gegenwart, Band 3, 1984
Zu Ignaz Josef Pleyel:
Werner Pieck „Haydn - Der große Bassa“, S. 74, 79, 135, 173
Claudia Maria Knispel, „Joseph Haydn“, S. 43, 86, 106, 133, 147
Zu Sigismund Neukomm:
Werner Pieck „Haydn - Der große Bassa“, S. 16, 173
Claudia Maria Knispel, „Joseph Haydn“, S. 122
Gisela Pellegrini-Brandacher „Ritter Sigismund von Neukomm und seine Oratorien“. Dissertation München 1936. 1. Das Leben des Komponisten. 2. Oratorien
(mit Noten)
Rudolph Angermüller „Sigismund Neukomm“. Werkverzeichnis, Autobiographie,
Beziehung zu seinen Zeitgenossen. München / Salzburg, Katzbichler, 1977
T. G. Waidelich „... ganz genau gemessenes, aufs sparsamste begleitetes
Recitativ, ohne Bestimmung der Töne Sigismund Neukomms‚ musikalisch
rhythmische Notierung der Chorszenen zu Schillers Braut von Messina (1805)“,
in: Carl Maria von Weber und die Schauspielmusik seiner Zeit (= Weber-Studien,
Bd. 7), Mainz 2003, S. 131-155
12.5. Zu Haydns Werken
Anthony van Hoboken „Joseph Haydn“.
Thematisch-bibliographisches Werksverzeichnis, Mainz, 1957-1978
Der „Hoboken“ Haydns ist wie der „Köchel“ Mozarts, das Standard-WerkVerzeichnis, obwohl er mittlerweile nach Information des Haydn-Instituts Köln
in Detailfragen hinsichtlich Authentizität und Chronologie überholt sein soll.
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Ein weiterer interessanter Artikel zu Anthony van Hoboken findet sich bei
www.wikipedia.org/wiki/Anthony_van_Hoboken.
12.6. Zu Entstehung und Namensgebung
des Sendener Gymnasiums
Auf der Homepage des Joseph-Haydn-Gymnasiums in Senden findet sich die
Chronik des Joseph Haydn Gymnasiums Senden 1988-2000 von Herrn HansPeter Boer, einem Lehrer aus den Anfangsjahren der Schule. Die Adresse lautet:
www.jhgsenden.de/
Als weitere Quellen standen mir einige Artikelkopien aus den Westfälischen
Nachrichten jener Zeit zur Verfügung.
12.7. Zu Haydn heute
Zur Forschung:
Die gesamte heutige deutsche Haydn-Forschung wird im Joseph-Haydn-Institut
in Köln zusammengetragen und systematisiert.
Für grundsätzliche Fragen^1 verweise ich daher auf die Homepage des JosephHaydn-Instituts, www.haydn.institut.de.
Der Direktor des Instituts, Herr Dr. Armin Raab, arbeitet an der neuesten
Haydn-Bibliographie, 1991 –2001 in: Haydn-Studien 8, S. 205-293.
Inzwischen sind etwa 100 der 108 geplanten Bände erschienen.
Zu den Museen:
www.mamilade.at/haydn/haus/eisenstadt/1006620-haydnhaus.html
Zum Haydn-Jahr:
www.haydnfestival.at
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Hieronymus Löschenkohl, Joseph Haydn, um 1790,
Silhouette, Wien Museum
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