Schifffahrt 2007-1 - Fachbereich Verkehr
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Schifffahrt 2007-1 - Fachbereich Verkehr
der fff report SCHI AHRT E 11130 Fachbereich Verkehr 1/2007 www.verdi.de Steuerfreie Fahrt außerhalb des Gemeinwohls n de f u e a 13 t ich bis h c 0 es n 1 g l e e it Tit Se ver.di re p o r t | NACHRICHTEN MELDUNGEN AUS ALLER WELT Das Schlimmste abgewendet Die seit Monaten laufenden Verhandlungen zwischen den Beschäftigten und dem Hamburger Senat über den Verkauf der Hamburger Hafen- und Logistik AG (HHLA) haben jetzt – aufgrund der Geschlossenheit der Hafenarbeiter – ein befriedigendes Ende genommen. Der Konzernbetriebsrat hat sich dafür mit folgendem Schreiben bei den Beschäftigten bedankt: mehr als seine Aufgaben, die ihm aus der Betriebsverfassung übertragen sind, wahrgenommen hat. Der Konzernbetriebsrat hat unternehmerische Verantwortung für den HHLAKonzern und den Hafen Hamburg übernommen und aus unserer Sicht auch hier das bestmögliche Ergebnis erzielt. Weiterhin hat der Konzernbetriebsrat auch gesamtpolitische Verantwortung für die Bürgerinnen und Bürger der Freien und Hansestadt Hamburg übernommen. Der Presse danken wir für eine ausführliche und faire Berichterstattung. Arno Münster, Thomas Mendrzik „Spaß“ auf der Brücke mit tragischem Ende Foto: dpa Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Konzernbetriebsrat bedankt sich ausdrücklich für Eure Unterstützung und Euer Engagement in der Auseinandersetzung für den Erhalt des HHLA-Konzerns. Gemeinsam mit unserer Gewerkschaft ver.di ist es uns gelungen, Eure Arbeitsplätze im HHLA-Konzern in vollem Umfang zu erhalten. In dieser Auseinandersetzung hat es sich wieder einmal bewiesen, dass ein gemeinsames Handeln der Arbeitnehmer zum Einlenken von Unternehmensführung und Gesellschafter führen kann. In der Öffentlichkeit haben wir uns in den vergangenen Wochen engagiert, strukturiert und in der Sache eindeutig geäußert. Dies hat zu einer Solidarisierung der Bürgerinnen und Bürger der Freien und Hansestadt Hamburg und den Beschäftigten der Hafeneinzel- betriebe in einem bis dahin nicht gekannten Umfang geführt. Auch an diese Personen geht unser Dank für die Unterstützung! Als Ergebnis unserer gemeinsamen Auseinandersetzung ist folgendes festzuhalten: z Die Steuerung der HHLA verbleibt weiterhin bei der Freien und Hansestadt Hamburg. Durch die Marktposition der HHLA wird damit auch maßgebend die Entwicklung und Steuerung des Hamburger Hafens mit der HHLA durchgeführt. z Speicherstadt und Fischmarkt Hamburg-Altona GmbH verbleiben im HHLA-Konzern. Der historische und hafenverbundene Charakter der HHLA bleibt damit erhalten. z Das Bieterverfahren wird mit heutigem Datum eingestellt. Ein Börsengang mit circa 30 Prozent des Aktienkapitals wird über Konsortialbanken vorbereitet. Die Aktien werden im Streubesitz ausgegeben. Einzelheiten des Börsengangs sind auszuhandeln – das betrifft besonders die Mitarbeiterbeteiligung im Rahmen einer Vermögensbildung. Aus unserer Sicht ist von Konzernbetriebsrat und ver.di das bestmögliche Ergebnis für alle Beschäftigten in dieser langwierigen Auseinandersetzung erzielt. An dieser Stelle möchten wir ausdrücklich darauf hinweisen, dass der Konzernbetriebsrat deutlich Entschlossen und mit großer Überzeugung verteidigten die Beschäftigten ihre HHLA. 2 1/2007 | SCHIFFFAHRT Am 22. März 2006 sank die „Queen of the North“ (8806 BRZ), die 1969 als „Stena Danica“ bei der AG Weser in Bremerhaven vom Stapel gelaufen ist. Sie war in den frühen Morgenstunden vor der Küste British Columbias gesunken, nachdem sie mit voller Fahrt auf Grund lief. An Bord befanden sich beim Untergang des Schiffes 101 Menschen. Während es von der Reederei BC Ferries zunächst hieß, alle Passagiere und Mitglieder der Besatzung hätten das Unglück überlebt, musste diese Aussage später revidiert werden. Zwei Passagiere waren nicht auffindbar und gelten noch immer als vermisst. Da die Umstände, die zum Sinken des Schiffes führten, nicht eindeutig geklärt werden konnten, hatte die kanadische Behörde Transportation Safety Board (TSB) die Ermittlungen aufgenommen. Im Februar diesen Jahres gab es einen vorläufigen Bericht der TSB. Nach diesem Bericht gebe es ernstzunehmende Hinweise, dass die Ursache für das Schiffsunglück die Unachtsamkeit der diensthabenden Offiziere auf der Brücke gewesen sein könne. Die beiden, ein Mann und eine Frau, waren scheinbar mehr mit sich selbst beschäftigt als mit ihrem Dienst. Ein gesunkenes Schiff und vermutlich zwei Tote – ein ganz schön hoher Preis für ein bisschen Spaß auf der Brücke. ❏ ver.di re p o r t | KOMMENTAR Keine Alternative zum Bündnis Foto: Fred Dott Es ist eine Binsenweisheit: Ein Bündnis kann nur funktionieren, wenn Verstöße einer Partei auch sanktioniert werden. M an möchte meinen, dass es an der Zeit ist, dass die Ziele der 5. Maritimen Konferenz mit Leben erfüllt werden. Die Zeit läuft, und die wachsende Handelsflotte in Deutschland ruft nach gut ausgebildeten Seeleuten. Die Instrumente sind auch schon lange unter Berücksichtigung der deutschen Gesetze anzuwenden. Es ist in der Schiffsbesetzungsverordnung klar geregelt, wie die Besetzung unter deutscher Flagge aussehen muss. Diese Regelungen wurden im Einvernehmen mit dem Reederverband getroffen. Deshalb ist es absolut unverständlich, warum man die vorgesehenen Instrumente nicht nutzen will. Warum werden nicht die notwendigen Rechtslehrgänge beschickt, um auch EU-Kapitäne einzubinden? Warum wird mit Patentinhabern in der „Ausstrahlung“ nicht über einen Einsatz unter deutscher Flagge gesprochen? Warum werden für EU-Patentinhaber auf deutschen Schiffen nicht diverse Möglichkeiten geschaffen, in überschaubarer Zeit die notwendigen deutschen Sprachkenntnisse zu erlangen? Es wurde doch einmütig festgestellt, dass es keine Alternative zu diesem Bündnis gibt. Es muss weitergeführt werden – mehr noch, es muss noch klarer definiert werden, besonders in den Punkten z Entwicklung der Ausbildung z Entwicklung der Beschäftigung z Entwicklung der Kontrolle Die Handlungsweise vieler Reeder in diesen Fragen ist unverantwortlich, weil offensichtlich lieber die Förderung durch den Steuerzahler genommen wird, als alle Möglichkeiten auszuschöpfen, das Bündnis auf breitere Stufen zu heben und die Einflaggung unter die deutsche Flagge Schritt für Schritt zu erfüllen. Ein Verzicht auf die Forführung des Maritimen Bündnisses würde dessen Erfolge infrage stellen und sich nachteilig auf alle Parteien des Bündnisses auswirken. Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di hat Vorschläge unterbreitet, die in der Summe zur Erfüllung der Rückflaggungsquote führen können. Auch die Parlamentarier der SPD- und CDU/CSU-Fraktionen zeigen mit ihrem Antrag „Maritime Wirtschaft stärken“ einen ähnlichen Weg auf. Allerdings sollten nun endlich auch die Reeder daran arbeiten, die bisher nichts zum Bündnis beitragen, sondern nur mit „… dem großen Schein winken!“. Das verstetigt nur die Fehler der Vergangenheit. Wer die Möglichkeiten und Vorteile des sehr guten Steuersystems (Tonnagesteuer) nutzt, muss mehr tun für Ausbildung und Beschäftigung. Also Finger weg von Scheinlösungen und hin zu einem Gesamtpaket aller Partner für Ausbildung und Beschäftigung inklusive mindestens einem Kapitän und Schiffsoffizieren mit deutscher Sprache bzw. deutschen Sprachkenntnissen unter deutscher Flagge. Das Gesamtpaket sollte schnellstens geschnürt werden, um nicht noch mehr Zeit zu verlieren. Karl-Heinz Biesold INHALT 2 Nachrichten Meldungen aus aller Welt 3 Kommentar Keine Alternative zum Bündnis 4 L & B-Campaign Weltweit gesucht: L & B Schiffe 5 Kap Cross Maritime Spurensuche in Berliner Museen 6–7 ITF-Kampagne Bordbesuch auf der „Ocean Glory“ 8–9 Arbeitsbedingungen Freundschaft endet an der Gangway 9 Ausbildung STCW-Ausbildung für Mannschaftsgrade 10 – 13 Titelgeschichte Das Gemeinwohl gehört mit an Bord Ungeniert Jüngste Entwicklung 14 – 15 Buchtipp Der Schwarm Neue Fachbücher für die Ausbildung in der Seeschifffahrt 15 16 Binnenschifffahrt Beschäftigungssicherung – ein neuer Weg in der Binnenschifffahrt? Seeberufsgenossenschaft Wie geht es mit dem Seehaus weiter? 17 Seemannsmission The Antwerp Seafarers’ Centre 18 – 19 Mitgliederwerbung GUV/FAKULTA ver.di-Beitrittserklärung 20 Glosse In wirtschaftlicher Not IMPRESSUM Der ver.di-Report Schifffahrt Nr. 1, März 2007 Herausgeber: Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di), Fachgruppe Schifffahrt, Paula-Thiede-Ufer 10, 10179 Berlin v.i.S.d.P.: Frank Bsirske, Jan Kahmann, Bearbeitung: Dieter Benze Telefon (0 30) 69 56 26 32 Fax: (0 30) 69 56 38 20 Internet: www.verdi.de Herstellung und Druck: alpha print medien AG, Kleyerstraße 3, 64295 Darmstadt www.alpha-print-medien.de Layout: apm AG (Sabrina Stamm) Titelkarikatur: Battiston SCHIFFFAHRT | 1/2007 3 ver.di re p o r t | L & B-CAMPAIGN Foto: MUA Der deutsche ITF-Koordinator Ali Memon hat gut Lachen nach dem Abschluss eines Flottenvertrages mit der Reederei Oskar Wehr und dem 21. Tarifvertrag für ein L & B-Schiff. Weltweit gesucht: L & B-Schiffe Eine Boykottwarnung der indonesischen Gewerkschaft KPI gegenüber der Reederei Leonhardt und Blumberg (L & B) reichte diesmal aus, um den 21. Tarifvertrag unter Dach und Fach zu bringen. 4 1/2007 | SCHIFFFAHRT Darüber hinaus beschwerten sich die Gewerkschaften bei den Botschaften über die deutschen Reeder, die tariflose Schiffe in ihren Fahrtgebieten einsetzten. Sie protestierten auch bei den Charteren der L & B-Schiffe und informierten die Besatzungsmitglieder, die Verlader, die Passagiere und die Öffentlichkeit. Foto: Dieter Benze D ie am 14. März 2007 ausgesprochene Boykottwarnung galt der gerade in Jakarta einlaufenden „Hansa Narwik“. Es war das letzte L & B-Schiff in asiatischen Gewässern ohne einen gültigen ITFVertrag. Begonnen hatte die Kampagne gegen L & B-Schiffe mit Beginn des Jahres 2005. Die fernöstlichen Gewerkschaften im Dreieck Japan, Australien und Südkorea regten sich fürchterlich darüber auf, dass in diesem Fahrtgebiet mehrere L & B-Schiffe ohne anerkannten Tarifvertrag für die Besatzungsmitglieder verkehrten. Obwohl es den Gewerkschaften teilweise rechtlich nicht möglich ist, Schiffe zu boykottieren, begannen sie Rallyes und Demonstrationen zum Liegeplatz zu organisieren. Nach dem Einlaufen des Schiffes ging jedes Mal eine Gewerkschaftsdelegation zum Kapitän mit dem Ziel einen ITF-Tarifvertrag abzuschließen. Dies führte regelmäßig zu einer ein- bis dreistündigen Verzögerung bei der Abfertigung solcher Schiffe im Hafen. Der Charme dabei war, dass diese Verzögerung bei der Abfertigung des Schiffes nicht nur in einem Hafen, sondern koordiniert in allen japanischen, australischen und südkoreanischen Häfen erreicht wurde. Am 12. Oktober 2005 war es dann so weit. Nach dem Boykott der „Cap Lobos“ im Hamburger Hafen wurde der erste ITF-Tarifvertrag mit L & B für die Schiffe „Cap Lobos“, „NYK Prestige“ und „Damaskus“ abgeschlossen. Dieser erste tarifliche Durchbruch spornte die ITF-Gewerkschaften auf der Suche nach weiteren L & B-Schiffen an. Bis Mitte März 2007 sind bereits 21 L & B-Schiffe unter ITF-Tarifvertrag. Doch die weltweite Suche geht weiter. Schließlich hat die Reederei insgesamt 49 Schiffe. Wesentlich cleverer als der Vorsitzende des Verbandes Deutscher Reeder (VDR) verhielt sich der Reeder Oskar Wehr. Als Gefolgsmann von Frank Leonhardt hatte er es bisher abgelehnt, Tarifverträge abzuschließen. Durch die CSAV-Kampagne kam er mit seinen tariflosen Schiffen in den Strudel der ITF-Aktionen. Nach sechswöchigen Verhandlungen mit der ITF in Bremen und weltweiten Verzögerungen durch ITF-Gewerkschaften entschied sich Oskar Wehr, für seine gesamte Flotte von 20 Schiffen, ein Fleet-Agreement abzuschließen. Am 16. März konnte Ali Memmon verkünden: „A German ship owner decided to cover the entire fleet with ver.di/ ITF agreements. Daraufhin wurde die internationale Kampagne gegen Oskar-Wehr-Schiffe von der ITF eingestellt. db Stephen Cotton von der ITF und Dean Summers von der australischen Gewerkschaft MUA bei der Vorbereitung der europäischen Aktionswoche, die vom 4. bis 8. Juni 2007 stattfinden soll. | KAP CROSS Quelle: British Library ver.di re p o r t Weltkarte, Henricus Martellus Germanus, Florenz circa 1490 Maritime Spurensuche in Berliner Museen O hne Frage, die hervorragenden Berliner Museen sind immer einen Besuch wert. Sie beherbergen sogar den ein oder anderen maritimen Schatz. So kann im neu eröffneten Historischen Museum die 1486 von den Portugiesen auf Kap Cross errichtete Steinsäule entdeckt werden. Sie diente ihnen als Navigationshilfe an der Westküste von Afrika. Ihre historische Bedeutung wird aber erst deutlich, wenn dieser Fund mit der Martellus-Seekarte von 1490 kombiniert wird, deren Kopie sich im Deutschen Technikmuseum befindet. Auf ihr erkennt man, wie mühsam sich die portugiesischen Seefahrer auf der Suche nach einem Seeweg nach Indien an der afrikanischen Küste vorgetastet haben. Die Portugiesen suchten mit der Umschiffung des afrikanischen Kontinents einen Seeweg nach Indien, da der Weg über den Nahen Osten und Nordafrika durch die Osmanen versperrt war. Als Navigations- und Orientierungshilfe hatten die Seefahrer in unbekannten Gebieten Steinkreuze aufgestellt. Die dreieinhalb Meter hohe Kap-Cross-Säule wurde 1486 circa 120 km nördlich von Swakopmund, im heutigen Namibia, errichtet. Nach ihrer Aufstellung verzeichneten Kartographen den Ort der Kreuze auf Karten, wie Martin Behaim auf seinem berühmten 1492 in Nürnberg hergestellten Erdglobus. 1893 wurde diese Säule eher zufällig von der Besatzung eines deutschen Kreuzers bei Vermessungsarbeiten gefunden. Dieses Gebiet gehörte damals zu der vom Wilhelminischen Kaiserreich Jahre zuvor errichteten Kolonie Deutsch-Südwestafrika. Die portugiesische Inschrift auf dem Kapitell der Wappensäule (Padräo) von Kap Cross von 1486 lautet: Seit der Erschaffung der Welt sind 6685 Jahre vergangen und seit Christus 1485, da hat der erhabenste und aller durchlauchtigste König Johann der Zweite von Portugal den Befehl gegeben, dass dieses Land entdeckt werde und dass dies Padräo durch Diego Caò, Ritter seines Hauses, hier errichtet werde. ❏ SCHIFFFAHRT Wappensäule (Padräo) von Kap Cross aus portugiesischem Sandstein/Kalkstein | 1/2007 5 ver.di re p o r t | ITF-KAMPAGNE Keiner wagte es, sich mit mir zu unterhalten Bordbesuch auf der „Ocean Glory“ A Foto: See-BG m Sonntagnachmittag, den 10. September 2006, traf das Schiff in Hamburg ein. Mitarbeiter des Seemannsclubs „Duckdalben“ legten, während ihrer routinemäßigen Hafenfahrt, Broschüren über ihren Club an Bord der „Ocean Glory“ aus. Aufgrund dieser Infos riefen drei Seeleute abends den Seemannsclub an. Mit einem der Kleinbusse wurden sie daraufhin vom Schiff abgeholt und in den Club gebracht. Dort angekommen berichteten sie, dass sie trotz eines Landgangsverbotes des Kapitäns das Schiff verlassen hatten, um bei der Seemannsmission von ihren großen Problemen an Bord berichten zu können. Die stellvertretende Leiterin des Clubs rief mich des- Brandspuren in der Kammer des Dritten Ingenieurs 6 1/2007 | SCHIFFFAHRT halb an und bat mich, in den „Duckdalben“ zu kommen, da die drei Seeleute einen völlig verzweifelten Eindruck machten. Ich machte mich sofort auf den Weg und traf im Seemannsclub auf die drei Seeleute (Zweiter und Dritter Ingenieur sowie Motorenwärter/wiper). Vor allem der Dritte Ingenieur war psychisch am Ende: Er brach in Tränen aus, als er berichtete, dass seine Kammer im Hafen von New York ausgebrannt war und der philippinische Kapitän ihm seitdem unterstellte, dass er den Brand selbst verursacht hätte. Der Dritte Ingenieur beteuerte, dass der Brand in seiner Kammer durch einen technischen Defekt ausgelöst worden war. Im Hafen von New York durfte er nach seinen Angaben nicht von Bord, um sich wenigstens mit den notwendigsten Kleidungsstücken neu einzukleiden. In Hamburg kam er deshalb in Badelatschen und nur mit einem T-Shirt und einer kurzen Hose bekleidet in den Seemannsclub. Der „Duckdalben“ versorgte den Dritten Ingenieur erst einmal mit wärmenden Kleidungsstücken. Die Seeleute schilderten, dass sie von ihrem Kapitän unter Druck gesetzt und schikaniert worden sind, seitdem sie als einzige der nur aus philippinischen Seeleuten bestehenden Besatzung den Kapitän darauf hingewiesen hatten, dass ihre Ziehscheine (allotments) seit fast drei Monaten nicht bei ihren Familien eingetroffen waren. Die drei Seeleute teilten mit, dass sie es unter diesen Umständen nicht mehr an Bord aushielten und keinesfalls zum Schiff zurückkehren wollten. Ich versprach den Seeleuten zu helfen, riet ihnen aber aus Foto: Enrico Esopa Ende August 2006 erhielt ich die Nachricht vom ITFKoordinator der USA-Ostküste, Enrico Esopa, dass die philippinische Besatzung der „Ocean Glory“ ihn um Hilfe gebeten hat. Da er gerade nicht in New York war, konnte er das Schiff nicht selbst besuchen und bat mich deshalb, das Schiff bei seinem Aufenthalt Mitte September in Hamburg aufzusuchen. arbeitsrechtlichen Gründen, die kommende Nacht unbedingt an Bord der „Ocean Glory“ zu verbringen. Die Seeleute stimmten dieser Vorgehensweise zu. Mittlerweile war es Mitternacht geworden. Zum Schutz der Seeleute informierte die stellvertretende Clubleiterin die Wasserschutzpolizei über die Vorgänge an Bord des Schiffes und bat um Unterstützung. Polizeibeamte des nahegelegenen Reviers holten die Seeleute im „Duckdalben“ ab und begleiteten sie zurück an Bord der „Ocean Glory“. Die Polizei ermahnte den Kapitän, nichts gegen seine drei Landsleute zu unternehmen. Die drei Seeleute verbrachten die Nacht trotzdem sicherheitshalber alle gemeinsam in der Kammer des Zweiten Ingenieurs, da sie dem Kapitän nicht trauten. Bevor ich am nächsten Morgen den Bulkcarrier im Hafen von Hamburg besuchte, informierte ich die Hafenstaatkontrolle (Port State Control) über die Zustände an Bord des Schiffes. Mitarbeiter der PSC besuchten daraufhin kurze Zeit später die „Ocean Glory“. Sie fanden etliche Mängel, die aber nicht ausreichten das Schiff festzuhalten. Insbesondere wurde bemängelt, dass die ausgebrannte Kammer des Dritten Ingenieurs nur übergemalt worden war und es keine Anzeichen der Reederei gab, wann die Kammer wieder instand gesetzt werden würde. Der Bereich in den Aufbauten des Schiffes um die Kammer des Dritten Ingenieurs herum roch immer noch verkohlt. Ich selber suchte zunächst den Kapitän auf und informierte ihn, dass die drei Seeleute vermutlich krank seien und deshalb zwecks eingehender Untersuchung zum Arzt gebracht werden müssten. Nach einer kurzen Diskussion willigte der Kapitän ein und die drei Seeleute wurden zum Hafenarzt gefahren. Die Untersuchung ergab, dass die drei Seeleute krank waren und repatriiert werden müssen. Ich nahm Kontakt mit dem Geschäftsführer der griechischen Reederei auf und teilte ihm mit, dass es etliche Probleme auf der „Ocean Glory“ gebe. Ich informierte ihn, daß dem Dritten Ingenieur eine Entschädigung aufgrund des Verlustes seiner Effekten zusteht. Nach längerem Verhandeln willigte der Geschäftsführer schließlich ein, dem Seemann eine Entschädigung zu zahlen. Ich erfragte insbesondere, warum die Ziehscheine (allotments) der Besatzung noch nicht an deren Familien überwiesen worden waren. Es stellte sich heraus, dass die Reederei das unter Zypern-Flagge fahrende Schiff, Baujahr 2003, im Juni 2006 übernommen hatte. Seitdem war die Besatzung lassen des Schiffes beschimpfte der griechische Reedereiinspektor die Seeleute mit den Worten: „Ihr habt einen großen Fehler gemacht, indem ihr die ITF informiert habt. Ihr werdert nie wieder auf einem Schiff arbeiten können! Der Clou: Nach Ende der Beladung sollte das Schiff ursprünglich am späten Abend desselben Tages (11. September) den Hafen von Hamburg verlassen. Ein Ersatzmann für die beiden ausgestiegenen Ingenieure war kurz zuvor, eilends aus Griechenland angereist, an Bord der „Ocean Glory“ eingetroffen. Bei der Abfertigungskontrolle durch die Wasserschutzpolizei fiel den Beamten aber auf, dass der frisch eingeflogene Ingenieur nicht das von der PSC zuvor ausdrücklich geforderte notwendige Maschinenpatent besaß. Das Schiff durfte den Hafen von Hamburg deshalb nicht verlassen. Daraufhin eilte ITF-Demo vor der der griechische Superin„CSAV Manzanillo“ tendent nachts zum Seeim März 2007 in mansheim und bot demYokohama verzögerte selben Zweiten Ingenieur, die Abfertigung um den er noch wenige Stunzwei Stunden. (20 Filippinen) an Bord. den zuvor beim Verlassen Die Reederei teilte mir mit, des Schiffes beschimpft dass der erste Ziehschein (allotments) hatte, 1000 US-Dollar extra Heuer zufür den Monat August am Tage meines sätzlich zu der normalen Heuer an, Schiffsbesuches an die philippinische wenn er für die Dauer der nächsten Bemannungsagentur der Besatzung fünf Tage bis zu dem Anlaufen des überwiesen worden war. Ich versuchte nächsten Hafens in Marokko wieder während meines Bordbesuches Kon- auf die „Ocean Glory“ einsteigen würtakt mit den übrigen Besatzungsmit- de. Der Zweite Ingenieur lehnte dieses gliedern aufzunehmen. Doch keiner Angebot „dankend“ ab und teilte dem wagte es, mit mir zusammen gesehen Inspektor mit, dass er aufgrund der zu werden, geschweige denn, sich mit sehr schlechten Behandlung durch den mir zu unterhalten. Erst als ich einen Kapitän der „Ocean Glory“ seinen Fuß Moment unbeobachtet war, schlich nicht mehr an Bord dieses Schiffes setsich schließlich ein Besatzungsmitglied zen würde. Der Reedereiinspektor zu mir. Er berichtete, dass die Behand- musste unverrichteter Dinge wieder lung durch den Kapitän sehr schlimm zum Schiff zurückkehren. Die „Ocean sei und sich alle an Bord vor ihm fürch- Glory“ blieb weiter im Hafen von Hamteten. Ich informierte daraufhin den burg liegen und konnte erst am nächsGeschäftsführer der Reederei und for- ten Abend (12. September) mit einer derte ihn auf, den Kapitän abzulösen. inzwischen ganztägigen Verspätung Während des Nachmittages teilte mir auslaufen, nachdem ein weiterer Ingedie Reederei mit, dass die drei Seeleute nieur aus Griechenland, nun aber mit auf Reedereikosten repatriiert werden dem richtigen Maschinenpatent versewürden. Abends erhielten die drei See- hen, eingeflogen worden war! leute vom Kapitän in meinem Beisein Die drei in Hamburg abgemusterihre ausstehenden Heuern in Höhe von ten Seeleute traten am 12. September 8120 US-Dollar, einschließlich der Ent- ihre Heimreise an und trafen am nächsschädigungszahlung für den Dritten In- ten Tag wohlbehalten auf den Philippigenieur für den Verlust seiner Effekten nen ein. Wie mir später berichtet wurund verließen anschließend das Schiff. de, ist der philippinische Kapitän der Sie wurden in einem Seemannsheim in „Ocean Glory“ in Marokko abgelöst Hamburg untergebracht. Bei dem Ver- worden. Ulf Christiansen SCHIFFFAHRT | 1/2007 7 ver.di re p o r t | ARBEITSBEDINGUNGEN Foto: privat Freundschaft endet an der Gangway aufeinander trifft, sogar meistens nie mehr. Das alte Sprichwort ,Freundschaft endet an der Gangway‘ darf man nicht vergessen“, warnt Captain Wellwisher. „Beobachten Sie nur, wie viele Seeleute auch bei schlechtesten Wetterbedingungen nach Möglichkeit an Land Vorschläge zur Verbesserung der Arbeitsgehen, um ein längeres Telefongeund Lebensbedingungen spräch mit der Familie zu führen, da die Tarife der Schiffssatellitentelefone sehr teuer sind. Die Härten der Trennung von der Familie auf hoher See können nicht oft genug beschrieben werden. Der Seemann und seine Familie leiden unvorstellbare, nagende Trennungsschmerzen. Auch wenn der Schiffskoch erstklassiges Essen zubereitet, so wird sich seine Verpflegung über drei bis vier Monate hinweg wiederholen (obwohl er über ein großes Repertoire verfügt), was zu einem Verlust der Gaumenfreuden und schließlich zu Überdruss führt. Ein weiteres Thema ist für Captain Wellwisher die Alkoholpolitik an Bord, die er als ITF-Inspektoren unterKurzschlussreaktion auf halten sich mit den Unfall der Exxon Valeinem Kapitän über dez beschreibt. die Verbesserung in britischer Tankerkapitän, der Captain Wellwisher „Heutzutage gibt es der Arbeits- und nur als „Captain Wellwisher“ hat einen interessanten auf den meisten ÖltanLebensbedingungen (wohlwollender Freund) in Erschei- Vorschlag, wie Ladekern überhaupt keinen an Bord. nung treten möchte, hat kürzlich in ei- und Löschzeitpläne geAlkohol an Bord. Vorbei nem Forum der britischen Schifffahrts- ändert werden könnten, sind die Zeiten, als (wezeitung „TradeWinds“ Vorschläge zur um das Los der Seeleute zu verbes- nigstens) einmal im Monat eine Party Verbesserung der Arbeits- und Lebens- sern: „Die meisten Tanker-Lade- und an Bord organisiert wurde, bei der ein bedingungen der Seeleute gemacht. Löschzeiten beginnen um 00:01 Uhr starker Mannschaftsgeist aufkam und Er fährt seit 25 Jahren zur See – die Ortszeit. Wenn ein Schiff gleich nach man seinem Ärger Luft machen konnletzten 14 davon als Kapitän – und hat Ankunft anlegt, dann müssen die Leu- te. Die Schiffsbesatzung freute sich auf einen Sohn, der mit dem Gedanken te die ganze Nacht durcharbeiten. diesen ,Befreiungstag‘. Ich kenne keispielt, eine ähnliche Laufbahn einzu- Daraus ergibt sich, dass das Auslaufen ne Fälle, bei denen aufgrund solcher schlagen. ebenfalls in die Nachtstunden fällt. Feste Schiffe kollidierten oder auf Captain Wellwisher erklärt, dass – Wenn die Lade- und Löschzeiten z. B. Grund liefen, denn im voraus findet eialles in allem gesehen – „das Leben auf gegen 8 Uhr Ortszeit beginnen könn- ne genaue, vorsichtige Planung statt. See für mich großartig gewesen ist“, ten, würde sich dies Stress mindernd Das diensthabende Personal sowie der doch „in den letzten Jahren ist die Freu- auswirken und den Verkehrsstau in Kapitän sind aufmerksam und sich desde aus der Seefahrt gewichen. Sogar ein wichtigen Gebieten reduzieren“, fügt sen vollkommen bewusst, dass sie unentwegter alter Seebär wie ich emp- er hinzu. wachsam bleiben müssen. Warum findet Bordeinsätze von mehr als vier könnte man nicht statt eines von CharMonaten als extrem ermüdend, an- Auch das Sozialleben der terern und Ölmultis befürworteten Tostrengend, mühsam und erschöpfend.“ Seeleute bereitet talverbots von Alkohol ähnlich wie Es beunruhigt ihn, dass „Regeln und ihm ernsthafte Sorgen beim Test für Flugzeugpiloten vor dem Vorschriften ohne vorherige Beratung Abflug vorgehen?“ mit uns eingeführt werden, obwohl sie „Auf See gibt es keine Freunde; man Captain Wellwisher weist darauf sich auf unser Leben auswirken“. ISM hat entweder seinen dienstjünge- hin, dass Seeleute als potenzielle Alkound SMS sieht er als sichere Faktoren für ren oder dienstälteren Kollegen. holiker eingestuft werden, bedeutenerhöhten Stress und Papierkrieg, und er Die Chancen, dass sich langjährige des Personal an Land – wie bestimmte behauptet, dass nur eine Handvoll Ree- Freundschaften entwickeln sind sehr Personen und Koordinatoren bei Ölunder bei der Umsetzung Sorgfalt und gering, da das Personal nach Verlassen fällen – jedoch durchaus einen Drink zu des jeweiligen Schiffes nicht mehr oft sich nehmen dürfen. Aufrichtigkeit zeigen. E 8 1/2007 | SCHIFFFAHRT ver.di re p o r t | ARBEITSBEDINGUNGEN / AUSBILDUNG Der Kapitän stellt fest, dass landseitige Aufseher und andere Fachleute oft relativ unerfahren sind; manche sind gerade erst seit einem Jahr auf ihrem Posten. „Die Anzahl Dritter Ingenieure und Zweiter Offiziere, die sich an Land als Chief oder Kapitän verkleiden, ist ziemlich hoch. Warum kann es nicht gesetzlich vorgeschrieben werden, dass jeder Offizier mit einem landseitigen Posten wenigstens eine Heuerzeit lang auf einem Schiff gefahren sein muss?“ bemerkt er. Er stellt fest, dass dienstältere Kapitäne in der Economy-Klasse fliegen, während der Reederei-Vertreter in der Business-Klasse gebucht ist. Zum Schluss reicht Captain Wellwisher eine Liste der Dinge ein, die den Beruf auf See attraktiver machen würden: z gute Heuern; z kürzere Bordzeiten; z jährliche Zusatzzahlungen (Arbeitnehmer an Land erhalten manchmal 14 Monatsgehälter pro Jahr); z Hervorhebung der Bedeutung der in Seeschifffahrt tätigen Menschen; z ein aufrichtiger Versuch, den Vergleich eines Schiffes mit einem Gefängnis abzuschaffen; z gute Aussichten auf einen Arbeitsplatz an Land nach Erreichen eines bestimmten Lebensalters; z Versicherungsleistungen; z Bereitstellung von Telefoneinrichtungen zu Landtarifen; z E-Mail und Interneteinrichtungen zur Unterhaltung; z Mindestkriterien für Unterkunftsgrößen (die Größe der Unterkünfte auf neuen Schiffen ist auf bedrückende Maße zusammengeschrumpft); z Vorkehrungen für mitreisende Familienangehörige; z Erleichterungen bei Visumsformalitäten, Senkung der Visumsanforderungen für Familien (meistens trägt der Seefahrer die Kosten, die pro Familienmitglied zwischen 300 und 1000 USDollar liegen können); z Landgang muss in jedem Hafen möglich sein, und die Transportkosten (üblicherweise Boote) müssen gänzlich vom Reeder übernommen werden, wobei mindestens drei Hin- und Rückfahrten eingeplant werden müssen, damit die gesamte Besatzung an Land gehen kann; z Lohnsteuererleichterungen für Seeleute. ❏ STCW-Ausbildung für Mannschaftsgrade Im Januar fand die 38. Sitzung des Sub-Committees in London statt. Im Mittelpunkt der Tagesordnung standen die Fragen zur Überarbeitung und Aktualisierung des STCW-Codes und der STCW-Convention. E ine Arbeitsgruppe beschäftigte sich mit der Weiterführung der Erarbeitung von Voraussetzungen und Ausbildungsinhalten für Facharbeiter Deck und Maschine. Die Einführung dieser neuen STCW-Regulations II/5 und III/5 wurde bereits in den letzten beiden Sitzungen 2005 und 2006 bearbeitet und durch eine Correspondence Group unter Leitung von Großbritannien zwischen den Sitzungen weitergeführt. Drei Anträge zu den inzwischen erreichten Ergebnissen wurden dazu vom Iran, der Förderation freier Transportgewerkschaften sowie Dänemark/Holland eingebracht. In einer zweitägigen Diskussion gab es eine umfassende Auseinandersetzung mit den Inhalten der neuen Ausbildungsvorschrift. Die wichtigsten Fragen sollen kurz erläutert werden. Für die Ausbildung zum „able seafarer deck“ bzw. „able seafarer engine“ müssen die Kandidaten mindestens 18 Jahre alt sein. Zuvor müssen sie die Ausbildung zur Wachbefähigung im jeweiligen Bereich nach STCWRegulation II/4 bzw. III/4 absolviert haben. Bei der Bewertung der notwendigen Ausbildungszeiten gingen die Meinungen der Delegationen zum Teil weit auseinander. Im Ergebnis wird für die Ausbildung des AB Deck eine Seefahrtszeit von 18 Monaten oder eine Seefahrtszeit von 12 Monaten mit einem anerkannten abgeschlossenen Ausbildungsgang entsprechend den Inhalten der Sektion II/5 gefordert. Bisher anerkannte nationale Abschlüsse können von den Mitgliedsstaaten bis zu einem festzulegenden Datum weiter bestätigt werden. Der AB Maschine muss eine Seefahrtszeit von 12 Monaten oder eine Seefahrtszeit von 6 Monaten mit einem anerkannten abgeschlossenen Ausbildungsgang entsprechend den Inhalten der Sektion III/5 absolvieren. Ebenso werden bisherige nationale gleichwertige Abschlüsse bis zu einem bestimmten Datum anerkannt. Mit den unterschiedlichen Seefahrtszeiten hatten wir als deutsche Delegation gewaltige Schwierigkeiten, konnten uns aber nicht gegen die Mehrheit durchsetzen. Insbesondere die kurze Ausbildungsdauer für den „able seafarer engine“ ist nicht nachzuvollziehen, liegt doch der Ausbildungsschwerpunkt in der deutschen Schiffsmechanikerausbildung gerade im technischen Bereich. Selbst zur Frage der Aufnahme von „Knowledge of metal work“ in den Ausbildungskatalog wurde heftig diskutiert. Detaillierte Aufgaben wie Drehen, Fräsen oder Schweißen wurden mehrheitlich rundweg abgelehnt. Die Ausbildungsinhalte werden im STCW-Code Teil A Tabelle A-II/4 und A-III/5 dargestellt. Mit den nun behandelten Regularien, die noch durch die Maritime Safety Conference als höchstes Gremium der IMO bestätigt werden müssen, ist es aus deutscher Sicht aber möglich, auf deren Grundlage die Schiffsmechanikerausbildung weiter zu gestalten und zu entwickeln. Durch die Teilnehmerdelegationen wurde beschlossen, die Frage der Einführung von Ausbildungsvorschriften für den General Purpose Rating (Schiffsmechaniker) in das Arbeitsprogramm der nächsten STWConference im Rahmen der Überarbeitung und Aktualisierung des STCWÜbereinkommens und des STCW-Codes aufzunehmen. Die Ausbildungsvorschriften für den „able seafarer deck“ und den „able seafarer engine“ sollen im Rahmen der Neufassung des STCW-Codes in Kraft treten. Die Fachgruppe Schifffahrt wird sich mit diesen geplanten Änderungen auf ihrer nächsten Sitzung befassen. ms SCHIFFFAHRT | 1/2007 9 ver.di re p o r t | TITELGESCHICHTE Das Gemeinwohl gehört mit an Bord Am 8. März fand die erste Lesung des Antrags „Maritime Wirtschaft in Deutschland stärken“, eingebracht von den Fraktionen der SPD und CDU/CSU in den Bundestag, statt. Damit wollen die Abgeordneten die maritime Wirtschaft stärken. In dem Antrag werden alle wichtigen Themen der Maritimen Konferenz aufgegriffen. N eben vielen einvernehmlichen Aussagen zur Schifffahrt setzen sich die Abgeordneten auch dafür ein, dass ein Kapitän an Bord eines deutschen Schiffes nach der neuen Schiffsbesetzungsverordnung über deutsche Sprachkenntnisse verfügen muss. Der Verband deutscher Reeder (VDR) nahm dies zum Anlass, ein weiteres Mal den Fortfall der deutschen Sprachkenntnisse zu fordern. ver.di hielt es deshalb für notwendig, sich mit den Defiziten in der deutschen Schifffahrtspolitik einmal grundsätzlich auseinanderzusetzen. Im Folgenden drucken wir die Stellungnahme von ver.di in Auszügen ab. In der Stellungnahme hat ver.di zunächst auf den rückläufigen Trend bei der Rückflaggung verwiesen. Die Reeder begründen ihre Unternehmensstrategie mit dem Mangel an deutschsprachigen Kapitänen. Es scheint aber eher, dass nachlassender politischer Druck dieses Verhalten der Reeder gefördert hat. Es gelingt leicht, eine Vielzahl von Argumenten anzuführen, welche die Begründung des VDR widerlegen. ver.di hat die Stellungnahme genutzt, den eigentlichen Grund für die Trendwende bei der Rückflaggung, die Tonnagesteuer, offenzulegen und gleich- 10 1/2007 | SCHIFFFAHRT zeitig den Widerspruch des deutschen Tonnagesteuersystems zu europäischen Vorgaben aufzuzeigen. Dem VDR scheint erst noch bewusst zu werden, dass die Nutzen von wirtschaftlichen Vorteilen mit sozialer Verantwortung verbunden sein könnte. Mitglieder können die ver.di-Stellungnahme beim Bundesvorstand, Fachgruppe Schifffahrt anfordern. Die deutsche Sprache ist kein Luxus Entgegen der Gepflogenheiten in den meisten europäischen Mitgliedsstaaten fordert der VDR in seiner Stellungnahme den Fortfall der vorgeschriebenen nationalen Sprachkenntnisse für Kapitäne auf Schiffen unter deutscher Flagge. Ansonsten – so die vorgeschobene Argumentation des VDR – könnten wegen fehlender deutscher Kapitäne keine weiteren Schiffe zurückgeflaggt werden und die bereits stattgefundene Rückflaggung von Schiffen müsste möglicherweise sogar rückgängig gemacht werden. Deutsch als Sprache für Kapitäne an Bord von Schiffen unter deutscher Flagge ist ein Garant dafür, dass z die Kapitäne den aus der sogenannten Schiffsgewalt erwachsenen hoheit- lichen Pflichten sprachlich gewachsen sind und z deutschsprachiger Nachwuchs noch eine interessante berufliche Perspektive hat, denn die Position des Kapitäns ist das lockende Berufsziel für den nautischen Nachwuchs. Ihr Fortfall hätte weitreichende Folgen für die noch verbliebenen deutschen Seeleute und das seemännische Ausbildungssystem in Deutschland. Das Maritime Bündnis in Deutschland hat sich die Förderung von Beschäftigung und Ausbildung zum Ziel gesetzt. Schiffe unter deutscher Flagge ohne einen einzigen deutschen Staatsbürger an Bord können nicht das Ergebnis staatlicher Subventionen für die Handelsflotte sein. ver.di re p o r t | TITELGESCHICHTE ren besteht, fordert der VDR nun den Fortfall der deutschen Sprachkenntnisse für den Kapitän. Der Schiffsbestand erhöhte sich bis Ende 2005 auch durch Rückflaggungen von 300 auf 434 Schiffe. Die Rückflaggungen schwächten sich ab und kamen ganz zum Erliegen, nachdem der Verkehrsminister am 26. August 2005 verkündete: „Heute können wir feststellen, dass alle Zusagen bereits vor Ablauf der selbstgesetzten Frist eingelöst wurden.“ Der Schiffsbestand unter deutscher Flagge ist dann im Jahre 2006 von 434 wieder auf 410 zurückgegangen, weil ein Schiff mit Tonnagesteuer und dem Kostenvorteil einer Billigflagge um ca. 250 000 US-Dollar pro Jahr günstiger ist als ein vergleichbares Schiff unter deutscher Flagge. Die Ursachen des Mangels an Kapitänen Für den vom VDR beklagten Mangel an qualifizierten deutschen Seeleuten gibt es vier Gründe: Zu wenig Ausbildung, die Relation zwischen deutsch- und billigflaggigen Schiffen, der Boom in der Seeschifffahrt und die Verweildauer von Patentinhabern an Bord. Die ersten beiden werden im Folgenden näher ausgeführt. Die Rückflaggung ist ins Stocken geraten Nach der Schiffsbesetzungsverordnung (SchBesV) sind beispielsweise auf Schiffen über 8000 BRZ fünf deutsche bzw. EU-Bürger vorgeschrieben: Ein Kapitän, zwei nautische oder technische Patentinhaber, ein Schiffsmechaniker und ein weiteres wachbefähigtes Besatzungsmitglied. Die übrigen circa 15 Besatzungsmitglieder können internationale Seeleute sein. Auf der Dritten Maritimen Konferenz am 26. Mai 2003 in Lübeck sagten die Reeder zu, die im internationalen Verkehr befindlichen 300 Schiffe unter deutscher Flagge um mindestens 100 bis 200 Schiffe zu erhöhen. Die Bundesregierung ihrerseits sagte die Beibehaltung der Tonnagesteuer und der Ausbildungsförderung für Schiffsmechaniker sowie weitere finanzielle Entlastungen bei den seemännischen Personalkosten zu. Um die Rückflaggung von so vielen Schiffen wie möglich zu erleichtern, hat ver.di im Rahmen des Maritimen Bündnisses der Einfügung einer befristeten Konditionierten Öffnungsklausel in die SchBesV zugestimmt. Diese beinhaltet, dass beim Fehlen deutscher Patentinhaber ausländische eingesetzt werden können, wenn zum Ausgleich nautische Ausbildungsbildungsplätze geschaffen werden. Nachdem diese weitgehende Ausnahmegenehmigung jetzt seit vier Jah- 1. Zu wenig Ausbildung Die deutschen Reeder haben in den Jahren von 1975 bis 2005 viel zu wenig Seeleute ausgebildet. Noch heute beteiligen sich beispielsweise von den 250 Mitgliedsreedereien des VDR nur 109 Reeder an der Ausbildung zum Schiffsmechaniker, obwohl diese Ausbildung mit 35 500 Euro (25 500 Euro vom Bund und 10 000 Euro vom VDR) unterstützt wird. Nach wie vor gibt es mehr junge Leute, die zur See fahren wollen, als Reeder, die bereit sind, Ausbildungsplätze zur Verfügung zu stellen. Auch die von den Reedern vehement geforderte Ausweitung der Schiffsmechanikerausbildung auf Schiffen unter fremder Flagge ist kaum zur Nachwuchsgewinnung genutzt worden. Dieses Verhalten der Reeder hat zu der heute bestehenden Überalterung bei den nautischen und technischen Patentinhabern geführt. Folglich werden viele Seeleute in den nächsten Jahren altersbedingt aufhören. SCHIFFFAHRT | 1/2007 11 ver.di re p o r t | TITELGESCHICHTE UNGENIERT Weitere Schiffe unter deutsche Flagge zu bringen, war die Vereinbarung der 5. Maritimen Konferenz am 4. Dezember 2006 in Hamburg. Doch wir erleben jetzt genau das Gegenteil. So als ob nichts gewesen wäre, wurden in den ersten zwei Monaten des Jahres in großer Zahl weitere Schiffe in Bareboat-Charter ausgeflaggt. Und die Anzahl der Schiffe unter deutscher Flagge schwindet weiter. Gleichzeitig mit dieser Entwicklung wurden weitere Nautiker und Techniker, die sich in der deutschen Sozialversicherung befanden, auf ausgeflaggte Schiffe beordert. Doch den VDR ficht das nicht an. Er verschweigt diese Entwicklung und versucht unaufhörlich den Politikern einzureden, das Problem seien die deutschen Sprachkenntnisse für den Kapitän. Der VDR handelt dabei nach dem Motto: Es kann nicht sein, was nicht sein darf. Schon im September 2005 hat sich die Bundesregierung entschieden, EU-Kapitäne auf Schiffen unter deutscher Flagge zuzulassen. Die begleitende Maßgabe war, dass sie deutsche Sprachkenntnisse besitzen und einen Rechtslehrgang in deutscher Sprache abgeschlossen haben. Der VDR hat es bis heute versäumt, einen entsprechenden Sprachkurs oder Fernlehrgang anzubieten, der EU-Nautikern geholfen hätte, während der Fahrzeit oder im Urlaub die deutsche Sprache zu erlernen. Wir bestreiten nicht, dass es einige in- teressierte EU-Patentinhaber gibt. Allerdings nur einige; angesichts des weltweiten Schifffahrtsbooms ist der Arbeitsmarkt auch in Bezug auf EUKapitäne leergefegt. In der direkten Konfrontation mit der Realität kommt vom VDR nur noch ein verbandsinternes Argument. Nach erfolgter Abschaffung der deutschen Sprachkenntnisse könne der VDR leichter von seinen Mitgliedern fordern, mehr für Ausbildung und Rückflaggungen zu tun. Natürlich wissen wir, dass es eine ganze Reihe von Seeschifffahrtsunternehmen gibt, die Ausbildung und Schifffahrt unter deutscher Flagge ganz im Sinne der Maritimen Konferenz betreiben. Aber es gibt leider auch so viele andere. Ungeniert beanspruchen sie die Tonnagesteuer, setzen alle Schiffe unter fremder Flagge ein, tun nichts für die Ausbildung und tragen damit zur insgesamt negativen Bilanz bei. Die in Deutschland hochgepäppelte Rickmers-Reederei setzt noch einen drauf und probiert jetzt in Singapur aus, ob die dortige Schifffahrtsgesetzgebung nicht noch ein bisschen günstiger ist als in Deutschland. Das Verhalten der deutschen Reeder zwingt dazu, über Sanktionen nachzudenken. Die Politik muss klar artikulieren was passiert, wenn die Ausflaggungstendenz anhält. Zur besseren Orientierung der Parteien des Maritimen Bündnisses wäre es wünschenswert, wenn sich die Bundsregierung so bald als möglich positionieren würde. Dieter Benze 2. Relation zwischen deutschund billigflaggigen Schiffen Der Mangel an qualifizierten deutschen Seeleuten für Schiffe unter deutscher Flagge hängt auch mit dem veränderten zahlenmäßigen Verhältnis zwischen deutsch- und billigflaggigen Schiffen zusammen. So wie bei einem Eisberg stellen die Schiffe unter deutscher Flagge inzwischen nur noch die Spitze des Eisbergs dar. Die große Masse unter Wasser bilden die 2530 Schiffe unter billiger Flagge. Der Anstieg der Billigflaggen-Schiffe ist exorbitant. Er wird sich unverändert fortsetzen, da deutsche Reeder bis zum 1. August 2006 weitere 963 Schiffe für 33,5 Milliarden Dollar bei internationalen Werften bestellt hatten (Spiegel 8/2007). Auch von denen wird der größte Teil vermutlich unter billiger Flagge in Fahrt kommen. Der Aderlass an qualifizierten Seeleuten für die deutsche Handelsflotte wird ungebrochen weitergehen, wenn in den nächsten Jahren die bereits bestellten Schiffe besetzt werden müssen. Die Zustimmung so vieler deutscher Seeleute zum Fahren unter billiger Flagge wird durch erhebliche, auch durch Steuerbefreiung ermög- 12 1/2007 | SCHIFFFAHRT lichte, finanzielle Anreize gefördert. Doch nicht nur die sozialen und rechtlichen Umstände auf diesen Schiffen lassen zu wünschen übrig, sondern auch das Fehlen jeglicher Kommunikation in der Muttersprache über mehrere Monate hinweg wird von den Betroffenen häufig bemängelt. Trotzdem sind viele Seeleute bereit, diese Bedingungen für ein paar Jahre, zur Verbesserung ihrer finanziellen Situation, hinzunehmen. Die deutsche Schifffahrtsförderung verzerrt den Wettbewerb Die Europäische Kommission hat im Jahre 1997 Leitlinien für staatliche Beihilfen im Seeverkehr verabschiedet, um die Schiffe unter Gemeinschaftsflagge vor dem Wettbewerb mit Billigflaggen zu schützen, die soziale und sicherheitstechnische Mindestnormen unterwandern. Die allgemeinen Zielen haben sich seither nicht geändert: a) Entwicklung einer Flotte unter den Flaggen der Mitgliedsstaaten b) Förderung der Beschäftigung europäischer Seeleute c) Beitrag zur gesamten maritimen Wirtschaftstätigkeit Bei der Formulierung dieser Leitlinien 1997 wurde dem Problem BareboatAusflaggung keine Aufmerksamkeit geschenkt. Das liegt vielleicht daran, dass eine solche Ausflaggung nur in ganz wenigen europäischen Ländern zulässig ist. Das deutsche Flaggenrechtsgesetz hat eine Ausnahmebestimmung von dem Grundsatz, dass Schiffe im deutschen Register die Bundesflagge führen müssen. Diese Ausnahmeregelung, eigentlich nur für zwei Jahre gedacht, ist inzwischen zur Regel geworden. Die überarbeitete Richtlinie der Europäischen Kommission von 2004 ist in der Formulierung klarer und versucht die Bareboat-Ausflaggung auf 40 Prozent der Tonnage zu begrenzen. Das Bundesfinanzministerium hat diese Vorgabe der europäischen Leitlinien völlig ignoriert. Im entsprechenden Paragrafen im Einkommensteuergesetz kommt das Wort Flaggenbindung nicht vor. Diese gesetzliche Ausgestaltung wird vom Bundesrechnungshof bean- ver.di re p o r t | TITELGESCHICHTE standet, was eine befremdliche Reaktion vom Bundesministerium der Finanzen zur Folge hatte. Das Ministerium ignoriert die Ziele der EU-Leitlinie (die Entwicklung der Flotten unter EU-Flaggen und mehr Beschäftigung von europäischen Seeleuten) einfach und hebt einseitig die Stärkung des Unternehmensstandortes Deutschland als Ziel der Tonnagesteuer hervor. Als wenn dadurch wie von selbst auch sozialversicherungspflichtige Jobs geschaffen würden. Das Schreiben des Bundesfinanzministeriums enthält Aussagen, die Zweifel an der entsprechenden Sachkenntnis aufkommen lassen. So wird zum Beispiel behauptet, das überschlägige Berechnungen des BMVBS ergäben, dass der Anteil der in Deutschland registrierten Handelsschiffe, die eine Gemeinschaftsflagge führen, seit Ende 2003 gewachsen ist. Würden im Ministerium Zahlen von den Bundeseinrichtungen (Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie und See-Berufsgenossenschaft) zur Kenntnis genommen, würde sicherlich auch dort auffallen, dass die gegenteilige Entwicklung stattfindet. Reeder aus den Nachbarstaaten wie Holland oder Großbritannien schauen neidisch auf die deutsche Regelung. Zur Erinnerung, in Großbritannien müssen Reeder für alle Schiffe, für die sie die Tonnagesteuer in Anspruch nehmen, Beihilfen zur Ausbildung für den britischen seemännischen Nachwuchs zahlen. Im deutschen System müssen Beschäftigung und Ausbildung zugunsten fehlgeleiteter indirekter Subventionen zurückstehen. Tonnagesteuer verpflichtet Wenn die erfolgreiche Arbeit des Maritimen Bündnisses fortgesetzt werden soll, ist es unerlässlich, dass alle Parteien auch das Gemeinwohl im Blick haben. Es ist deshalb nicht ausreichend, wenn als Ergebnis des Schifffahrtsbooms nur eine geringe Zahl an zusätzlichen Arbeitsplätzen in der maritimen Industrie an Land entstehen und alle Schiffe ohne deutsche Seeleu- te unter der Flagge von Liberia betrieben werden. Ohne eine erhebliche Stärkung der seemännischen Ausbildung auf allen Schiffen, die von der Tonnagesteuer profitieren, ist der Bedarf an deutschsprachigen Kapitänen nicht zu decken. Wenn es kurzfristig zu der vereinbarten Erhöhung der Anzahl von Schiffen unter deutscher Flagge kommen soll, ist es notwendig, dass auch der eine oder andere deutsche Seemann von der fremden Flagge zur nationalen Handelsflotte zurückkehrt. Die Parteien des Maritimen Bündnisses sind dringend gefordert, auf der Basis der vorhergehenden Ausführungen, ein tragfähiges Konzept zu erarbeiten. Dabei muss sich auch die Bundesregierung einbringen, um sicher zu stellen, dass die Anzahl der Schiffe unter deutscher Flagge ansteigt. Es ist nicht hinnehmbar, wenn Tonnagesteuer-Reeder es kategorisch ablehnen, auch nur ein einziges Schiff unter deutscher Flagge fahren zu lassen. Tanja Thiede JÜNGSTE ENTWICKLUNG Die jüngste Entwicklung zeigt, dass einzelne Reeder weiterhin der Politik auf der Nase herumtanzen und gar nicht daran denken, sich im Sinne der Maritimen Konferenz zu verhalten. Ausgerechnet der „gute Reeder“ Peter Krämer (Marine Service und Chemikalien Seetransport), der 36 Schiffe unter liberianischer Flagge und Tonnagesteuer betreibt, trug auf einer Podiumsdiskussion mit Finanzminister Steinbrück am 14. Februar in der WDR-Sendung „hart aber fair“ zur besten Sendezeit um 20.15 Uhr vor. Er habe vorübergehend zwei seiner Schiffe unter deutscher Flagge fahren lassen und dabei festgestellt, dass sie pro Schiff 300 000 Euro pro Jahr teurer als unter der liberianischen Flagge seien. Gemeinsam mit den Anteilseignern sei daraufhin entschieden worden, die Schiffe wieder auszuflaggen, statt die Mehrkosten der deutschen Flagge auf alle 36 Schiff zu verteilen. Die Reeder zeigen auch insgesamt kein großes Interesse, die Anzahl der deutschflaggigen Schiffe zu erhö- hen. So ist die Anzahl der in Bareboat ausgeflaggten Schiffen von Ende 2006 bis Ende Februar 2007 um 41(!) angestiegen. Die Anzahl der Schiffe unter deutscher Flagge ist dagegen um acht gesunken und die Anzahl der bei der See-Berufsgenossenschaft versicherten Seeleute auf Schiffen unter fremder Flagge ist noch mal um 41 angestiegen. Wenn die Bemühungen der Maritimen Konferenz so konterkariert werden, wie beispielsweise durch den „guten Reeder“ Krämer und die Politik darauf nicht reagiert, kann das Maritime Bündnis nicht erfolgreich sein. ❏ SCHIFFFAHRT | 1/2007 13 ver.di re p o r t | BUCHTIPP V or den Küsten Perus und Argentiniens verschwinden Fischer spurlos. Am Norwegenschelf tauchen plötzlich Unmengen von Würmern auf, die sich ins Methanhydrat fressen und den Kontinentalabhang destabilisieren, der schließlich einbricht und dabei einen Tsunami auslöst, mit verheerenden Auswirkungen auf die Nordseeanrainerstaaten. Vor der kanadischen Küste spielen die wenn die gequälte, geschundene Natur zurückschlägt. Dabei werden nicht nur die Auswirkungen geschildert, sondern auch gesellschaftliche, wirtschaftliche und politische Hintergründe aufgezeigt. Aus dem Roman erfährt man auch, wie es mit der Meeresumwelt bestellt ist und welchen Risiken sie ausgesetzt ist: 2000 Schiffe täglich drängen sich durch die Malakkastraße, fast 20 000 Der Schwarm Ein Roman von Frank Schätzing Schiffe aller Größen durchqueren im Jahr den Suezkanal, 300 Schiffe kreuzen BUCHTIPP am Tag im englischen Kanal. Die meisten der rund 7000 Öltanker weltweit befinden sich in einem miserablen Zustand. Über die Hälfte davon tut schon seit Als Broschüre: über 20 Jahren Dienst, viele 9,95 Euro der Supertanker kann man getrost als schrottreif begebunden: zeichnen. Die Meere sind 24,90 Euro leergefischt und die Ostsee kippt regelmäßig um, weil die dänischen Mastbetriebe ihre Gülle in die Ostsee entsorgen. Mit der Wissenschaft hat es Wale verrückt und greifen die Men- überhaupt so seine Bewandtnis. Eine schen an, und Schiffe werden durch unabhängige, zweckungebundene Forplötzlichen meterdicken Muschelbe- schung gibt es nicht, denn die Forscher wuchs manövrierunfähig. In Frank- hängen am Tropf der Wirtschaft. Vor reich bricht, ausgelöst durch verseuch- diesem Hintergrund erscheint es einem te Hummer, eine Epidemie aus. Au- geradezu absurd, wenn in Deutschland genlose Krebse transportieren bakte- hauptsächlich die von der Wirtschaft rielles Gift ins Abwassersystem ameri- eingeworbenen Mittel ausschlaggekanischer Großstädte, aus denen gifti- bend für die Anerkennung als „Elite ge Gase aufsteigen und Menschen tö- Universität“ und damit für die Zuteiten. Sind das alles Zufälle oder steckt lung zusätzlicher öffentlicher Mittel ein Plan, ein System dahinter? Der Le- waren und noch sind. Wie blind Forser tappt lange im Dunkeln. schung zu werden drohte, wenn sie Wissenschaftliche Fakten, verpackt das Objekt ihrer Untersuchung nachin packende Unterhaltung mit der bildete, anstatt es zu betrachten. ImSpannung eines Trillers serviert uns mer weniger ging es darum, den PlaneFrank Schätzing. In seinem Roman ten zu verstehen, als ihn sich zurecht„Der Schwarm“ führt er uns knallhart zubiegen, beklagt ein Wissenschaftler vor Augen wohin wir steuern, wenn die Situation. wir den Kurs nicht ändern: Nämlich ins Im Roman wird ein internationaler Verderben. Er entwickelt ein mit wis- Stab von renommierten Wissensenschaftlichen Fakten untermauertes schaftlern gebildet, der den GeschehSzenario, welches eintreten könnte, nissen auf den Grund gehen, die Ursa14 1/2007 | SCHIFFFAHRT chen erforschen und Lösungen erarbeiten soll. Die Leitung obliegt dem US-Militär und das Kommando hat eine amerikanische Generalin. Sie hat großen Einfluss auf den Präsidenten und es gelingt ihr immer wieder, ihm Ideen einzuimpfen, die er kurz danach für seine eigenen hält. Wer dem Autor dabei als Vorbild diente, ist unschwer zu erkennen. Mit militärischer Logik werden auch die Probleme angegangen. Amerika sei im Krieg, meint der Präsident zum Beispiel und fragt seinen Generalstab, was man machen will. Zitat: „Der Vorsitzende der Vereinigten Stabschefs sagte, man müsse aus der Defensive treten und zum Angriff übergehen. „Wen wollen sie denn angreifen?“ „Da ist jemand, den wir angreifen werden“, sagte der Vorsitzende entschieden. „Darauf kommt’s erst mal an.“ „Man weiß nicht, wen man angreifen soll, wo allerdings die Schurken nicht sitzen weiß man.“ Zitat: „Die freie Welt?“ Der Verteidigungsminister schnaubte. „Mann, das sind wir! Europa ist Teil des freien Amerika. Japans Freiheit ist Amerikas Freiheit. Kanada Australien ... Wenn Amerika nicht frei ist, sind die es auch nicht.“ und „Über biologische Waffen verfügen Israel und wir, das sind die Guten…“ Daran, dass man das Recht hat, anzugreifen besteht auch kein Zweifel denn „… Gott sagt, macht euch die Erde untertan, und er hat es nicht zu irgendwelchen Wesen im Meer gesagt.“ „Nein, absolut nicht“, murmelte Vanderbilt. „Er hat es zu den Amerikanern gesagt.“ Die Generalin lässt die Wissenschaftler mit versteckten Kameras und Abhöranlagen überwachen. Gegen den Rat der Wissenschaftler bereitet sie im Geheimen den Angriff vor. Wer fühlt sich da nicht an die vergebliche Suche nach Chemiewaffen im Irak und an die Berichte der internationalen Kommission unter dem Vorsitz von UN-Chefinspekteur Hans Blix vor dem zweiten Irakkrieg und die Zeit danach erinnert. Worum handelt es sich also bei diesem Roman? Ich denke es ist ein gesellschaftskritischer Wissenschaftsthriller, den ich allen zur Lektüre empfehlen kann. Selbst Seeleute erfahren Ungeahntes über eine Welt, die unter dem Kiel ihrer Schiffe existiert. Es lohnt sich, die fast 1000 Seiten zu lesen. Wilhelm Zechner ver.di re p o r t | BUCHTIPP / BINNENSCHIFFFAHRT Beschäftigungssicherung Ein neuer Weg in der Binnenschifffahrt? D ie Bundestarifkommission befasste sich seit dem Spätherbst mit dieser Frage, im Rahmen des Tarifwerkes als eine ergänzende Regelung. Im Mittelpunkt stand und steht die Frage: Kann es ein Weg sein, mittels langfristigem Arbeitsplatzschutz eine Beschäftigungssicherung für ein Unternehmen zu erreichen oder ist das nur der „Einstieg in den Ausstieg“? Leicht haben es sich die Mitglieder der Tarifkommission und die Betriebsräte nicht gemacht. Vor den Verhandlungen wurde mit den Beschäftigten und Mitgliedern beraten. Danach wurden die Zwischenergebnisse zurückgekoppelt. Seit dem 1. Februar 2007 wurde mehrheitlich nachfolgender Beschluss gefasst: z Die Dettmer Gruppe sichert für alle Beschäftigten vom 1. Januar 2007 bis Dezember 2011 die Arbeitsplätze – für ver.di-Mitglieder bis 31. Mai 2012; z Die Dettmer Gruppe wird in der Laufzeit des Tarifwerkes keinerlei Ausgründung der Flotte durchführen; z Die Dettmer Gruppe wird die Tarife am 1. Januar 2008 und 1. Januar 2010 um jeweils 1,5 Prozent linear anheben; z Die Dettmer Gruppe führt eine Garantievergütung für Einsatztage als Basisvergütung ein (BF A1 – 15 Stunden / BF A2 – 19 Stunden) und sichert (erhöht) die bisherige Monatsgrundvergütung; z Die Dettmer Gruppe wird durch die Tarifvertragsparteien ein nachprüfbares Gesamtrestrukturierungsprogramm beginnen; z Die Dettmer Gruppe garantiert die Einhaltung der Höchstarbeitszeitgrenze (Arbeitszeitgesetz/EU-Konformität); z Die Dettmer Gruppe sichert einen verlängerten Kündigungsschutz für Gewerkschaftsmitglieder und die Übernahme des GUV-Fakulta Beitrages; z Die Dettmer Gruppe geht für die leitenden Angestellten eine Selbstverpflichtung ein, die die prozentualen Belastungen der Tarifbeschäftigten auch auf diese Personengruppe umlegt. Die Belastungen für diese Sicherung der Arbeitsplätze – mindestens über fünf Jahre – bedeuten jedoch auch die zeitweilige Reduzierung bei der Schichtzeitvergütung/Betriebsformzulage/Mehrarbeitsvergütung/Bordzulage sowie der Regelung für freie Tage bei einem einheitlichen Urlaubsanspruch von 35 Tagen. Zur Sicherung der Arbeitszeit- und Mehrarbeitszeitansprüche wird ein Jahresmehrarbeitszeitkonto geführt. Jährlich werden die Tarifvertragsparteien die Einhaltung der Beschäftigungssicherung kontrollieren und bei positiveren Ergebnissen auch Nachstellungsmöglichkeiten vereinbaren. Der Betriebsrat wird Details der Umsetzung in gesonderten Regelungen (Fahrtkosten/Arbeitszeitkonten/Auszahlung der Konten in Geld etc.) vereinbaren. Das ist kein einfacher Weg – die Tarifkommission und die Gewerkschaftsmitglieder sind ihn trotzdem gegangen. Der Durchgriff oder „Sozialdumping“ auf und im bestehenden Rahmentarifwerk der Binnenschifffahrt besteht nicht !!! Es ist keine allgemeine Öffnung, sondern eine Reaktion auf die besondere Situation in der Reederei. Die Sicherheit der Arbeitsplätze war der Tarifkommission das höchste Gut, das auch besonders im Rahmen der Revisionsklauseln beobachtet und geschützt werden soll. Die Gewerkschaftsklausel soll die besondere Verantwortung der ver.di-Mitglieder würdigen, die sich für die tarifliche Sicherung einsetzen. Die Tarifentwicklung in der Branche wird dennoch fortgesetzt, erste Verhandlungstermine sind mit dem Arbeitgeberverband schon vereinbart. Karl-Heinz Biesold BUCHTIPP Neue Fachbücher für die Ausbildung in der Seeschifffahrt Oft fragten Auszubildende in der Seeschiffahrt nach, ob es denn auch aktuelle, auf den Lehrplan abgestimmte Fachbücher gibt. Das war bisher nicht der Fall. Meist orientierte man sich an den guten, aber eben zum Teil veralterten Strüter-Lehrbüchern bzw. Seemannschaft. Nun hat sich ein Autorenteam daran gemacht, neue, aktuell bezogene Fachbücher als Lernhilfe für die Auszubildenden in der Seeschifffahrt zu erstellen. Unter Leitung und Organisation von Herrn Detlev Sakautzky sind bereits die ersten zwei Bücher fertiggestellt worden. Es handelt sich dabei um die Themen „Schiffssicherung“ sowie „Arbeits- und Sozialrecht“. Folgende Bücher sind noch in Arbeit bzw. sollen demnächst erstellt werden: z Brücken- und Wachdienst, z Ladungs- und Umschlagtechnik, z Schiffsmaschinenbetrieb. Die rege Nachfrage von Seiten der Reedereien und Auszubildenden nach den ersten beiden Büchern zeigte, dass diese gebraucht und als Lernhilfe angenommen werden. Bei den sogenannten Prüfungsfragen handelt es sich allerdings nicht um offizielle Prüfungsfragen sondern um Fragen zur besseren Vorbereitung auf die Prüfung. Der Erstdruck dieser Bücher ist Dank des Sponsorings des VDR und der Gewerkschaft ver.di ermöglicht worden. Unter www.sakautzky-web.de kann man sich über den Stand der Fertigung der Lernhilfen informieren bzw. Bestellungen vornehmen. Peter Geitmann ISBN 3-939000-43-4 ISBN 103-939533-19-X 13978-3-939533-19-1 SCHIFFFAHRT | 1/2007 15 ver.di re p o r t | SEEBERUFSGENOSSENSCHAFT Wie geht es mit dem Seehaus weiter? auch dadurch, dass sie keine reinen Organisationsreformen sind. Sie werden Veränderungen organisatorischer Art und im leistungsrechtlichen Teil zur Folge haben. Nachdem Vorstand und Vertreterversammlung von See-Berufsgenossenschaft und See-Krankenkasse zunächst lange versucht hatten durch Überzeugungsarbeit auf politischem Weg die Eigenständigkeit der See-Sozialversicherung als Ganzes zu erhalten, muss jetzt umgedacht werden. Die Argumente, die wir im Besonderen in der bisherigen Verbundlösung der SVTräger sehen, konnten die handelnden Personen und Institutionen in der Politik nicht zum Umdenken bewegen. Es sind alle Weichen dafür gestellt, dass eine Eigenständigkeit der Träger SeeBG mit der Seemannskasse und der See-Krankenkasse nicht mehr haltbar ist. Deshalb schlägt der Vorstand dem höchsten Organ des Seehauses – der Vertreterversammlung – vor, schnellstmöglich die Weichen für Fusionsverhandlungen mit potenziellen Partnern zu stellen. Reformen der gesetzlichen Sozialversicherungen gehen am Seehaus nicht vorbei N ach der im Oktober 2005 vollzogenen Rentenorganisationsreform, in deren Ergebnis zwei Jahre vor Erreichung ihres 100-jährigen Jubiläums die Seekasse als Rentenversicherungsträger in die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-BahnSee (KBS) integriert wurde, setzt die Bundesregierung den Weg der Reformen der Sozialversicherung fort. den ab dem 1. Januar 2009 die freie Wahl der Krankenversicherung im Rahmen des allgemein gültigen Gesetzes zur GKV (SGB V) haben. Von der Öffentlichkeit nicht so sehr beachtet, trotzdem nicht weniger bedeutungsvoll, ist die gleichfalls auf dem Gesetzesweg befindliche Reform der gesetzlichen Unfallversicherung. Hierzu gibt es nach Verabschiedung Foto: See-BG Wie reagiert jetzt das Seehaus auf diese Reformen? ver.di setzt sich dafür ein, dass das Seehaus und die Beschäftigten in Hamburg bleiben. Die Reform der Krankenversicherung hat mit der Verabschiedung des Gesetzes zur Verstärkung des Wettbewerbs in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz = GKV-WSG) im Februar 2007 den (vorläufigen) Höhepunkt gefunden und wird – wenn denn der Bundespräsident das Gesetz unterzeichnet – am 1. April 2007 in Kraft gesetzt. Wesentliche Kernpunkte des Gesetzes, wie z. B. der Gesundheitsfonds werden erst ab dem 1. Januar 2009 wirksam. Die Seeleute auf deutschflaggigen Schiffen und die Ausstrahlungsversicherten aus der Seefahrt, die bisher ohne Ausnahme bei der See-Krankenkasse pflichtversichert sind, wer16 1/2007 | SCHIFFFAHRT der Eckpunkte durch die Bundesregierung im Sommer letzten Jahres seit Beginn des Jahres 2007 einen Arbeitsentwurf (mittlerweile den dritten) eines „Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Unfallversicherung (UV-Reformgesetz = UVRG)“. Die hier angekündigten gesetzlichen Neuregelungen werden ebenfalls viele Veränderungen mit sich bringen. Ob diese aus Sicht der Versicherten alle positiv zu bewerten sind, ist mehr als fraglich. Das gilt im Übrigen auch für das GKV-Wettbewerbsverstärkungsgesetz. Die Reformen in der GKV und GUV unterscheiden sich von der in 2005 bei der gesetzlichen Rentenversicherung vollzogenen Reform im Wesentlichen In der Unfallversicherung soll dabei dem Branchenprinzip, also möglichst einer Fusion mit BGen gleicher Wirtschaftszweige der Vorrang gegeben werden; wobei auch andere Wege denkbar sind. Für die See-KK und die Seemannskasse sollen bevorzugt Partner gefunden werden, die auf gleichen Rechtsgebieten arbeiten. Sicherzustellen ist insbesondere bei der Seemannskasse, dass auch unter dem Dach eines neuen Trägers die satzungsgebende Kompetenz ausschließlich bei Seeleutevertretern und Reedern liegt. Die ver.di-Selbstverwalter werden die anstehenden Gespräche und Verhandlungen auch im Interesse der Beschäftigten des Seehauses intensiv mitgestalten. Ziel ist hierbei, für Versicherte und Reeder das Leistungsangebot des Seehauses unter anderer Trägerschaft aber an den gleichen Orten und – wichtig insbesondere für die Beschäftigten des Seehauses – im bisherigen Umfang zu erhalten. Damit blieben für die Versicherten die vertrauten Anlaufstellen bestehen. Rainer Neuwardt | SEEMANNSMISSION The Antwerp Seafarers’ Centre Das Team des Antwerp Seafarers’ Centre hat sich das Wohl der Seeleute zum Ziel gesetzt. Kirchenübergreifende Zusammenarbeit N „Oye, es una chica“, meinte der Seemann Jorge aus Südamerika und strahlte über das ganze Gesicht. Gerade hatte er im Seemannsclub Antwerpen ein Telefongespräch mit seiner Frau in Ecuador geführt und dabei erfahren, dass seine Tochter geboren wurde. Foto: Konrad Benze Foto: privat ver.di re p o r t Pablo beim Bordbesuch in Antwerpen. ach Wochen auf See konnte er im Seemannsclub erstmals wieder Kontakt zu seiner Familie aufnehmen. Das Antwerp Seafarers’ Centre ist eine von vielen ähnlichen Einrichtungen in den weltweiten Hafenstädten. Doch eine Besonderheit zeichnet das Antwerp Seafarers’ Centre in Antwerpen aus. Hier arbeitet nicht eine kirchliche Vertretung alleine vor sich hin, sondern hier ist Teamwork im kirchenübergreifenden Verband angesagt. Gleich vier verschiedene Seemannsmissionen eint dieser Zusammenschluss. Neben der Deutschen Seemannsmission trifft man auf die katholische Mission Apostulatus Maris, die britische International and British Sailor Society und die Mission to Seafarers. Jede einzelne Mission schickt ihre eigenen Mitarbeiter, die hier zusammen ans Werk gehen. Das ergibt einen entscheidenden Vorteil. Im Laufe der Zeit ist der Hafen Antwerpens Jahr für Jahr größer geworden. Dieser Trend wird sich auch in Zukunft fortsetzen. Mehr und mehr Schiffe laufen den Hafen an. Wie soll eine einzige Mission diese Menge an neu anlegenden Schif- fen abdecken? In Zeiten der wirtschaftlichen Bündelung von Kräften und Zusammenlegung von Ressourcen setzt es fast schon voraus, dass auch Wohlfahrtseinrichtungen ihre Zukunft zusammen bestimmen, indem sie sich vereinigen. Natürlich gibt es auch Schwierigkeiten, wenn vormals allein agierende Institutionen auf einmal ein gemeinsames Gremium bilden müssen und sich dem Willen der Allgemeinheit verpflichten. In Antwerpen hat sich dieser Zusammenschluss über Jahre hinweg nun zu einem starken Bündnis verfestigt und die Arbeit kann zumeist auf das ganze Hafengebiet erstreckt werden. Somit besuchen die Mitarbeiter/innen nicht nur vereinzelte nationale Flaggen, sondern Schiffe aller Herren Länder. Das Resultat ist ein internationaler Seemannsclub, der allen Seefahrern die Möglichkeit bietet, aus dem oft hektischen Leben im Hafen oder dem häufig isolierten Dasein auf See zu entfliehen. Er ermöglicht es auch, mit Familienmitgliedern und Freunden in Kontakt zu treten, so wie es beispielsweise Jorge getan hat. kb SCHIFFFAHRT | 1/2007 17 Mit uns: Beruhigt auslaufen übernommen. Die GUV/FAKULTA unterstützte den Kollegen mit 4.500 Euro. Sonderaktion für in ver.di organisierte Studenten in der Schifffahrtsbranche Die GUV/FAKULTA als gewerkschaftliche Einrichtung ist ein wichtiger und günstiger Schutz für alle die fahren und transportieren Dabei ist die im Beispiel beschriebene Leistung lange nicht die einzige, mit der die GUV/FAKULTA aufwartet. Hier ein Die gewerk- Arbeitsweg abgesichert Überblick. Dabei gelten ihre Leistungen auch für Die Leistungen für nur 18 Euro im Jahr schaftliche Unterstützungseinrichtung für Verkehrsteilnehmer hat einen langen Namen und eine lange Geschichte. Seit 1910 tut sie das, was auch heute noch ihre Aufgabe ist: Denen zu helfen, die bei dienstlicher Tätigkeit einen Schaden verursacht haben und nun in Regress genommen werden. Keine Versicherung Hierbei ist die GUV/FAKULTA keine Versicherung. Sie ist vielmehr eine gewerkschaftliche Unterstützungseinrichtung. Das versetzt sie in die Lage in Fällen zu helfen, in denen Versicherungen ihre Leistung versagen oder für die es gar keine Versicherungen gibt. Das ist in der Regel immer dann der Fall, wenn durch Fahrlässigkeit ein Schaden entsteht und der geschädigte Arbeitgeber den Verursacher in Regress nimmt. den Arbeitsweg und zu gewerkschaftlichen Veranstaltungen. Schadenersatzbeihilfe bei arbeitsrechtlich begründeter Regressnahme Konkreter: Alle Kolleginnen und Kollegen, die mit dem Fahren, Transportieren und Bedienen von Fahrzeugen oder Unterstützung bei wirtschaftlicher Notlage durch einen Schadenfall Arbeitsgeräten zu tun haben, sind abgesichert. Auch mittelbar Beteiligte, wie zum Beispiel Disponenten oder Werkstattleiter, sind eingeschlossen. Dabei Rechtsschutz zur Durchsetzung von Schmerzensgeld und Schadenersatz tritt die GUV/FAKULTA gerade dann ein, Rechtsschutz in Strafverfahren wenn feststeht, dass der Beschäftigte wegen Fahrlässigkeit den Schaden ganz Krankenhaustagegeld oder teilweise bezahlen muss. Und fahrlässiges Handeln ist schnell passiert. Hier ein Beispiel aus der Praxis: Haftunterstützung Unterstützung bei Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit Hinterbliebenenunterstützung Beratung, Information und Schulung zum Thema Arbeitnehmerhaftung Ein Beispiel Bei einer Hafeneinfahrt hatte ein Schiff Grundberührung. Es erfolgte ein Wassereinbruch. Die Reederei nahm den Steuermann zunächst mit 17.500 Euro in Regress. Nach Einschalten eines Rechtsanwaltes wurde die Forderung auf 5.000 Euro reduziert. Die Rechtsanwaltskosten wurden von ver.di Die Sonderaktion Für alle Studenten in der Schifffahrtsbranche gilt: Jetzt eintreten, erst 2008 Beitrag zahlen. Bei vollem Schutz! Weitere Infos: 0180 1 22 44 22 | www.guv-fakulta.de Ich bevollmächtige die GUV/FAKULTA, Beitrittserklärung meinen Beitrag jeweils bei Fälligkeit bis zu meinem schriftlichen Widerruf von meinem Konto abzubuchen: ab Monat/Jahr Konto-Nr. BLZ Meine persönlichen Daten Bank / Sparkasse / Postbank Familienname Sonderaktion für Studenten in der Schifffahrtsbranche. Der Mitgliedsbeitrag beträgt ab 2008 18 Euro im Jahr. 2007 wird kein Beitrag erhoben. PLZ Vorname Straße / Hausnummer PLZ Ort Ich habe das neue Mitglied geworben Familienname / Vorname Wohnort Telefon Geburtsdatum Straße / Nr. PLZ / Ort Mitgl.-Nr. Ich bin Mitglied der Gewerkschaft Bitte einsenden: GUV/FAKULTA, Hofener Str. 65 70736 Fellbach Betrieb / Dienststelle Name Ich willige ein, dass meine persönlichen Daten im Rahmen der Zweckbestimmung des Mitgliedsverhältnisses und der Wahrnehmung gewerkschaftlicher Aufgaben elektronisch verarbeitet und genutzt werden. Ergänzend gelten die Regelungen des Bundesdatenschutzgesetzes in der jeweils gültigen Fassung. Datum Unterschrift Straße / Hausnummer Oder faxen: 0180 1 22 44 11 PLZ Ort Das trägt die GUV/FAKULTA ein Telefonisch erreichbar? Media Code 07/161 H ID-Nr. Mit uns: Immer sicher vor Anker * Denn ver.di bietet ihren Mitgliedern Schutz, Sicherheit und Unterstützung am Arbeitsplatz und im Arbeitsleben. Mit ver.di: Beim Einkommen dranbleiben Wir haben 2002 die Festheuer für alle Seeleute durchgesetzt, vorteilhafte Urlaubsregelungen bis hin zum 1:1 System geschaffen und stellen mit jährlichen Heuerrunden sicher, dass die Seeleute beim Einkommen dranbleiben. Mit ver.di: Sicherheit im Alter Durch ver.di ist Sicherheit im Alter kein Fremdwort mehr, denn wir haben die Seemannskasse durchgesetzt, so dass Seeleute schon mit 56 Jahren ein Übergangsgeld – die Seemannsrente – beziehen können. Mit ver.di: Mehr Schiffe unter deutscher Flagge Wir haben durch permanente politische Einflussnahme erreicht, dass eine Schifffahrt unter deutscher Flagge möglich ist. Junge Menschen haben dadurch wieder gute berufliche Perspektiven. Mit ver.di: Gegen Billigflaggen Gemeinsam mit unserem internationalen Zusammenschluss – der ITF – kämpfen wir weltweit gegen das Ausflaggen und für internationale Tarifverträge. Mit ver.di: Sicherheit vor Regressansprüchen Für nur 1,50 € im Monat können ver.di-Mitglieder sich bei der GUV/Fakulta gegen Regressansprüche des Reeders absichern. Ja, ich bin dabei Beitrittserklärung Erwerbslos Ich möchte Mitglied werden ab: Wehr-/Zivildienst bis Azubi-Volontär/in-Referendar/in bis Monat / Jahr Schüler/in-Student/in bis Persönliche Daten: (ohne Arbeitseinkommen) zur Monatsmitte zum Monatsende Praktikant/in bis monatlich vierteljährlich halbjährlich jährlich oder im Lohn-/Gehaltsabzugsverfahren* monatlich bei meinem Arbeitgeber einzuziehen. Altersteilzeit bis Sonstiges Name Einzugsermächtigung: Ich bevollmächtige die ver.di, den satzungsgemäßen Beitrag bis auf Widerruf im Lastschrifteinzugsverfahren Bin/war beschäftigt bei Der Mitgliedsbeitrag beträgt nach §14 der ver.di-Satzung pro Monat 1% des regelmäßigen monatlichen Bruttoverdienstes. Für Rentner/innen, Pensionär/ innen, Vorruheständler/innen, Krankengeldbezieher/innen und Erwerbslose beträgt der Monatsbeitrag 0,5% des regelmäßigen Bruttoeinkommens. Der Mindestbeitrag beträgt € 2,50 monatlich. Für Hausfrauen/Hausmänner, Schüler/innen, Studierende, Wehr-, Zivildienstleistende, Erziehungsgeldempfänger/innen und Sozialhilfeempfänger/innen beträgt der Beitrag € 2,50 monatlich. Jedem Mitglied steht es frei, höhere Beiträge zu zahlen. Name des Geldinstituts / Filiale ( Ort ) Datenschutz Ich erkläre mich gemäß § 4a Abs. 1 und 3 BDSG einverstanden, dass mein Beschäftigungs- und Mitgliedsverhältnis betreffende Daten, deren Änderungen und Ergänzungen im Rahmen meiner Gewerkschaftsmitgliedschaft und der Wahrnehmung gewerkschaftspolitischer Aufgaben elektronisch verarbeitet und genutzt werden. Ergänzend gelten die Regelungen des Bundesdatenschutzgesetzes in der jeweiligen Fassung. Bankleitzahl Kontonummer Datum / Unterschrift Name Kontoinhaber/in (Bitte in Druckbuchstaben) * (nur möglich in ausgewählten Unternehmen) Vorname / Titel Monatsbeitrag: € (Betrieb/Dienststelle/Firma/Filiale) Straße/Hausnummer im Betrieb Straße / Hausnummer PLZ PLZ / Wohnort Ort Werber / in: Personalnummer im Betrieb Geburtsdatum Name Datum/Unterschrift Kontoinhaber/in Branche Telefon Vorname Tarifvertrag ausgeübte Tätigkeit E-Mail Telefon Tarifl. Lohn- oder Gehaltsgruppe bzw. Besoldungsgruppe Staatsangehörigkeit Mitgliedsnummer ich bin Meister/in-Techniker/in-Ingenieur/in Geschlecht weiblich Tätigkeits-/Berufsjahr, Lebensalterstufe männlich Ich war Mitglied der Gewerkschaft: Beschäftigungsdaten: Arbeiter/in Angestellter Beamter/in DO-Angestellte/r Selbstständige/r freie/r Mitarbeiter/in Vollzeit Teilzeit Anzahl Wochenstd. regelmäßiger monatlicher Bruttoverdienst von bis Monat / Jahr Monat / Jahr € PVST DEUTSCHE POST AG, E11130 E N T G E LT B E Z A H LT VER.DI-BEZIRK ver.di re p o r t | GLOSSE Fiete Festmacher In wirtschaftlicher Not N asskalt. Die ersten Stürme. Sturmflutwarnung. Und dann auch noch Autotransporter, diese schwimmenden Hochgaragen, festmachen. Das ist schon eine miese Arbeit. Gott sei Dank wird es jetzt etwas ruhiger. In den nächsten zwei Stunden keine Aufkommer. Fiete nutzt die Gelegenheit mit seinem neuen Kollegen Hannes bei „Hertha“ etwas für die Kondition zu tun. Bei „Hertha“ gibt es weit und breit die besten Bratkartoffeln. Dazu Spiegeleier und Gewürzgurke. Die Portionen, Größe Schauermann XXL, stehen schnell auf dem Tisch. Fiete hat Kohldampf. Hannes hat neben dem Teller die Zeitung ausgebreitet. Fiete fragt: „Was ist denn da so spannend, dass Du die Bratkartoffeln kalt werden lässt?“ 20 1/2007 | SCHIFFFAHRT „Hier schreiben sie, dass das Maritime Bündnis eine Erfolgsgeschichte ist, weil die Reeder schon 100 Schiffe zurückgeflaggt haben und jetzt 574 Schiffe unter deutscher Flagge sind. Und daneben steht in einem Kasten, dass 2202 deutsche Schiffe in bareboatcharter ausgeflaggt sind und die Zahl immer noch steigt. Was ist denn das für ein Erfolg? Das versteh’ ich nicht. Oder du etwa?“, fragt Hannes und schiebt sich das Gelbe vom Ei zwischen die Kiemen. Fiete setzt sich aufrecht und doziert: „Also, Erfolgsgeschichte würde ich das auch nicht gerade nennen. Weißt Du, diese bareboat-Ausgeflaggten, das sind die mit Heimathafen Hamburg und Eistütenflagge. Das ist mal eingeführt worden, damit Reeder, die kurz vor der Pleite stehen, mal für zwei Jahre billige Besatzungen fahren können, um sich wirtschaftlich zu berappeln. Dann müssen sie eigentlich zurückkommen unter deutsche Flagge. Aber soviel wie ich weiß, fahren die jetzt nur deshalb so, weil es die günstigste Steuerbelastung gibt und die niedrigsten Kosten verursacht.“ Hannes ist nicht zufrieden und kommentiert: „Wenn das richtig ist, was Du sagst, dann sind entweder ganz viele Reeder in wirtschaftlicher Not oder sie zocken ab. Das mit der Not kann ja wohl nicht stimmen, sonst würden ja nicht immer noch mehr Schiffe gebaut werden. Welcher Idiot baut schon Schiffe, wenn es ihm wirtschaftlich schlecht geht?“ Fiete bleibt nur noch ein „Wo du Recht hast, hast du Recht. So, jetzt müssen wir los. Hertha, wir wollen ungern zahlen.“ Hertha kommt an den Tisch zum Kassieren. „Bratkartoffeln mit Spiegeleiern und zwei Kaffee für jeden. Macht sieben Euro zwanzig pro Nase.“ Hannes hat nur noch einen Zehner dabei, da bleibt nichts mehr übrig für ‘ne Packung Zigaretten. Grinsend sagt er zu Hertha: „Du, ich bin in wirtschaftlicher Not und in Liberia war ich auch schon mal, also zeitweise. Und reich bin ich sowieso nicht. Da könntest Du mir doch von unter deiner Theke die zollfreien Zigaretten etwas billiger lassen?“ ❏