Bigband ehrt Ellington
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Bigband ehrt Ellington
Kultur Sonntag, 28. Juni 2009 7 Die Buchkritik Sachbuch VON BRITTA JANSSEN Gehören Sie auch zu den Menschen, die im Flugzeug bei den Sicherheitshinweisen immer weghören und Fluchtpläne in Hotelzimmern ignorieren? Wenn Sie dieses Buch gelesen haben, werden Sie das sicher nicht mehr tun. Denn „Survive“ von Autorin Amanda Ripley macht eins besonders deutlich: Vorbereitung kann Leben retten. Ein Beispiel: Diejenigen, die im World Trade Center wussten, wo sich die Treppenhäuser befanden, hatten am 11. September 2001 die besseren Überlebenschancen. Amanda Ripley nimmt die Leser mit auf die sinkende Estonia, zur Hadsch in Mekka und zum Amoklauf in der Columbine Highschool und zeigt, wie sich die Menschen dort verhalten. Die zentrale Frage dabei lautet: Was haben die Überlebenden anders gemacht als die anderen? Die Autorin beschreibt die drei Phasen des „Überlebensbogens“ – Verleugnung, Überlegung und den entscheidenden Moment –, erläutert psychische und körperliche Zusammenhänge und zeigt, dass das menschliche Verhalten bei Katastrophen komplizierter ist, als man denkt. Aber, und das ist das Beruhigende: Es ist auch beeinflussbarer. „Survive“ liest sich nicht wie ein trockenes Sachbuch, sondern ist ein hochspannender (Über-)Lebensratgeber. Haben Sie also keine Sorge, dass Sie nach der Lektüre nur noch verängstigt durch die Welt laufen. Dieses Buch nimmt Ihnen die Angst vor der Katastrophe. Amanda Ripley sagt es bereits im Vorwort: „Am Ende stellt man fest, dass die Realität im Regelfall gar nicht so schlimm ist wie der Albtraum.“ Amanda Ripley: Survive. Katastrophen – wer sie überlebt und warum. Scherz-Verlag, 14,95 Euro, ISBN 978-3502-15162-3. Nicht immer kann und braucht man die Geschichte eines Herkunftsnamens so genau dokumentieren wie bei Dragässer/Dragesser. Oft gestaltet sich die Deutung des Familiennamens aber zu einer Fahndung nach untergegangenen Orten. Denn ein Hauptmotiv bei Herkunftsnamen ist natürlich, dass die Bewohner wegziehen mussten, weil ihre Lebensgrundlage entfallen war. ■ Namen nach der Herkunft (2) Spielt vor einem begeisterten Publikum in der Weilburger Stadthalle: die hr-Bigband unter Leitung von Örjan Fahlström. Vorne als Solist zu sehen: Heinz-Dieter Sauerborn. (Foto: Andrießen) Bigband ehrt Ellington Weilburger Publikum feiert begeistert die Rundfunk-Jazzer VON KLAUS P. ANDRIEßEN W e i l b u r g . Fast erreicht der Applaus in der annähernd voll besetzten Weilburger Stadthalle die Lautstärke der Bigband des hessischen Rundfunks, so begeistert sind die Zuhörer von den 18 Ellington-Stücken, die ihnen die Musiker dargeboten haben. Und „rein zufällig“, so Dirigent Örjan Fahlström hat die hr-Bigband noch einen Titel mitgebracht: „True“ aus Ellingtons Afro-Eurasien-Suite. Aber noch immer hat das Publikum Lust auf mehr. Nach anhaltendem rhythmischem Klatschen bekommt es noch einmal „Something“ aus der Goutelas Suite zu hören, das diesmal noch etwas gelöster und ausdrucksstärker klingt. Das gesamte Programm des Freitagkonzertes, das leider wegen der unsicheren Wetterlage wieder einmal nicht im Renaissancehof stattfindet, ist dem späten Duke Ellington (1899–1974) gewidmet. Vor der Pause sind es Stücke aus der Afro-Eurasien, der Uwiz und der Goutelas Suite sowie einer 69er-Version von „Black Butterfly“, anschließend erklingen al- le neun Teile der New Orleans Suite. Die hr-Bigband hat für ihr Programm im Washingtoner Smithsonian-Institut die handgeschriebenen Partituren und Einzelstimmen aus dem Nachlass Duke Ellingtons durchforstet, um für ihre zahlreichen Solisten sowohl optimale als auch authentische Noten zu finden. Die Mühe hat sich gelohnt, wie die Stücke und die Reaktion des Weilburger Publikums belegen. Zwar stellt sich im Verlauf des Abends nicht ganz jene künstlerische Geschlossenheit ein, die das Ellington-Projekt „Money Jungle“ der Bigband vor zwei Jahren an demselben Schauplatz zu einem einzigartigen Erlebnis werden ließ, doch haben die Solisten nichts von ihrem Können verlernt und spielen nach wie vor in ein- drucksvoller Homogenität zusammen. Der Schwede Fahlström gesteht dem Publikum mit sympathischem Akzent, dass er unter der Hitze im Saal ein wenig leidet und freut sich über den herzlichen Applaus. Keine Gelegenheit lässt er aus, die Solisten und die gesamte Band zu präsentieren. ■ Fetzige und coole Stücke wechseln sich ab, glänzende Soli verdienen sich Beifall Die Stücke sind fetzig, knallig und hot wie „Chinoiserie“ gleich zu Beginn, dann wieder langsam, fast cool wie das folgende „Uwiz“, in dem einem quirligen Klarinetten-Solo ein überraschendes Duett von Querflöte und Klarinette folgt. Stampfend, mit scharfen Bläser-Riffs und heftigem Schlagzeug-Einsatz begleitet die Band anschließend Heinz-Dieter Sauerborns (Altsaxophon) fan- tastisches Solo in „Loco Madi“. Und so reiht das Programm abwechslungsreiche Stücke mit herrlichen Soli aneinander: Peter Feil gefällt mit dem Ton seiner Zugposaune, Rainer Heute mit dem kraftvollen Klang des Bariton-Saxophons, Oliver Leicht mit virtuos gespielter Klarinette und Querflöte sowie Tony Lakatos mit dem mächtigen Sound seines Tenorsaxophons. Steffen Weber erspielt sich in etlichen Auftritten mit dem Tenorsaxophon kräftigen Beifall. Auch was Peter Reiter an Piano und Hammondorgel zaubert, der diszipliniert gezupfte Bass von Thomas Heidepriem sowie die verlässliche Schlagzeugarbeit von Paul Höchstädter verdienen sich ihren Applaus redlich. Mit aller Kraft bläst Axel Schlosser seine Trompete, tut dabei aber einmal des Guten zuviel. Sein Solo im Armstrong-Porträt der New Orleans Suite wird dem großen Trompeter nicht ganz gerecht, das Publikum spendet ihm gleichwohl großen Applaus. Steinort droht das Aus In den 1980er Jahren geriet die Anlage in private Hände, was ihr zum Verhängnis wurde. Die neuen Eigentümer interessierten sich nur für den in der Nähe liegenden Yachthafen und ließen die historischen Gebäude verwahrlosen. Die Konservatoren geben dem Bau Heute behandelt Familiennamen: Falkenhahn, Wächtershausen, Ronzheimer/Runzheimer, Küllmar, Lewalter, Saalbach. Am Freitag (20 Uhr, Schlosskirche) gastiert bei den Weilburger Schlosskonzerten die Pianistin Lise de la Salle mit dem Württembergischen Kammerorchester Heilbronn. Die junge Französin spielt Frederic Chopins zweites Klavierkonzert, das Orchester darüber hinaus die Sinfonie Nr. 1 B-Dur von Robert Schumann und eine Mazurka von Chopin. Das Hindemith-Quartett gestaltet die Matinee am Sonntag (11 Uhr, Obere Orangerie) mit Werken von Mozart, Zemlinsky und Ravel. „Eine Hommage an Johann Sebastian Bach“ und „Eine Reise um die Welt“ bietet dann am Sonntag (19 Uhr, Renaissancehof) German Brass. Der Pionier unter den deutschen Blechbläserensembles hat die Brass-Bewegung mit initiiert und maßgeblich geprägt. Karten: mo. bis fr. 9 – 12 Uhr sowie do. und fr. von 17 bis 19 Uhr unter ✆ (0 64 71) 94 42 10 und „www.weilburger-schlosskonzerte.de “. (red) S t e i n o r t. Für Marion Gräfin Dönhoff war Steinort, seit dem 16. Jahrhundert Stammsitz der deutschen Adelsfamilie Lehndorff, „ohne Zweifel der schönste Besitz in Ostpreußen“. In ihren „Ostpreußischen Erinnerungen“ bezeichnete die legendäre Publizistin (1909 – 2002) die Residenz als einen „sagenumwobenen Ort“ und pries die „unvergleichlich großartige“ Landschaft auf der Halbinsel an der Masurischen Seenplatte. ■ Stein erinnert an Widerstand ■ Die „Saalbach“-Namen sind über ganz Deutschland verstreut, mit einem gewissen Schwerpunkt im Lahn-DillKreis. Der erste Teil des Bachnamens geht auf mittelhochdeutsch salhe zurück, der Bezeichnung für die (Sal-) Weide, also nach dem Uferbewuchs. In Hessen gibt es aber nur die Form Selbach u.ä. für solche –bach-Namen und die danach benannten Orte. Man weiß deshalb nicht so recht, auf welchen Ort oder welche Wohnstätte sich die „Saalbach“-Namen beziehen. Am ehesten sind die Familien aus südlicher Richtung nach Mittelhessen gekommen, denn schon in Südhessen und fortschreitend weiter nach Süden werden die Sal-Formen immer häufiger. Die heute besprochenen Namen sind Lehrstücke dafür, dass es oft gar nicht so einfach ist, als Herkunftsnamen leicht erkennbare Familiennamen auch wirklich mit realen Orten in Verbindung zu bringen. Musikalische Weltreise VON JACEK LEPIARZ hundertjährigen Eichen ist völlig verwildert. Von den Kriegszerstörungen 1945 verschont, wurde das Schloss zunächst zum Quartier der Roten Armee und diente später als Verwaltungsgebäude einer polnischen Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft. ■ Suche nach den verlorenen Orten KULTUR IN KÜRZE Historisches Schloss soll erhalten werden Doch 65 Jahre nach dem Tod des letzten deutschen Besitzers, Heinrich Graf Lehndorff, droht der historischen Schlossund Parkanlage, die sich seit dem Kriegsende im polnischen Masuren befindet, das endgültige Aus. „Einsturzgefahr! Eintritt streng verboten“, schreckt Touristen seit langem eine Warntafel vor dem Haupteingang zum barocken Schloss ab. Die Fenster sind mit Brettern vernagelt oder schwarzer Folie abgedeckt. Nur ein Storchenpaar ignorierte die Warnungen und nistete sich auf dem Schlossdach ein. Auch andere historische Gebäude auf dem 50-Hektar-Gelände, wie etwa die Grabkapelle, gleichen Ruinen. Der einst prächtige Landschaftspark mit seinen drei- Manchmal ist die Fahndung einfach, so bei „Falkenhahn“: Der Familienname geht zurück auf einen Siedlungsnamen, der ‚Hain eines Falko’ bedeutet. Zwei Wüstungen dieses Namens stehen für die Lokalisierung zur Auswahl: Eine bei Neukirchen (Schwalm-EderKreis) und eine bei Amöneburg (Kreis Marburg-Biedenkopf). Welches Falkenhahn für den hauptsächlich im hessisch-thüringischen Grenzgebiet vorkommenden Familiennamen namengebend war, wissen wir nicht. Manchmal ist die Fahndung schwierig. Die ungefähr 150 Menschen mit dem Namen „Wächtershäuser“ leben hauptsächlich im HochtaunusKreis, in der Wetterau und an Lahn und Dill. Da darf man getrost ein „Wächtershausen“ in der Region vermuten, eine Wüstung also. Die habe ich aber trotz langer Suche nirgendwo nachgewiesen gefunden, bis ich (dank Google) auf die Faksimile-Ausgabe einer „Forst und jagd-historie der Teutschen“ von 1754 stieß, in der von einem Gereuth bey Büdingen und Wächtershausen die Rede ist. Damit ist der Ort als bei Büdingen gelegen identifiziert. Aber sonst weiß man über ihn nichts: Gut, dass es wenigstens namenstragende Nachfahren gibt! Manchmal ist die Suche ganz vergebens. Im Kreis Marburg-Biedenkopf sind die Namen „Ronzheimer“ (insgesamt knapp 200) und „Runzheimer“ (zusammen ca. 400) sehr verbreitet. Etwa zwei Drittel aller Namensträger wohnen hier, außerdem viele im Lahn-DillKreis und im Kreis Gießen. Es spricht alles dafür, dass es in diesem Raum eine wüst gefallene Siedlung *Runzheim / Ronzheim gegeben hat. Aber sie ist offenbar spurlos verschwunden. Nur einen 1553 genannten Hans von Runzheim habe ich noch gefunden, aber der hat mit der Burg Breuberg im Odenwald zu tun und ist deshalb auch keine große Hilfe. Bei einigen weiteren Namen besteht die starke Vermutung, dass sie auf einen Siedlungsnamen zurückgehen. ■ So legt der Name „Küllmar“, den es hauptsächlich nur in Hessen (etwa 100mal) gibt, einen Ortsnamen auf –mar nahe wie Wißmar, Vilmar, Hadamar. Aber es gibt keinen entsprechenden Ort. ■ Den Familiennamen „Lewalter“ möchte man als ‚jemanden, der aus Lewalt = Lehwald stammt’ verstehen. Den Familiennamen Lehwald gibt es auch in West- und Nordostdeutschland ziemlich häufig. Aber allein ein Drittel der ca. 350 Lewalters lebt im Kreis Limburg-Weilburg, der überwiegende Rest in den angrenzenden Kreisen. Aber auch hier lässt sich bisher kein passender Orts- oder Flurname vor Ort auftreiben. Er könnte klären, ob ein *Lehen-wald, d.h. ‚ein Wald, der zu Lehen gegeben war’ oder ein *Leh-/Lohwald, d.h. ‚ein Wald, in dem Lohrinde zum Gerben gewonnen wurde’ zu Grunde liegt. KALENDERBLATT 28. 6. „Einsturzgefahr! Eintritt streng verboten“: Touristen werden mit Schildern abgeschreckt, den Stammsitz der deutschen Adelsfamilie Lehndorff zu besuchen. (Foto: dpa) nur noch wenige Jahre, bis er so verfällt, dass die Substanz nicht mehr gerettet werden kann. Doch es gibt neuerdings einen Hoffnungsschimmer für die wertvolle Anlage. Zum 100. Geburstag von Heinrich Graf Lehndorff versammelten sich in Steinort Familienmitglieder, Denkmalpfleger und Regierungsvertreter aus Polen und Deutschland. Bei der Enthüllung eines Gedenksteins für den Widerstandshelden, der als Teilnehmer der Verschwörung gegen Adolf Hitler nach dem 20. Juli 1944 hingerichtet worden war, bekannten sich die Teilnehmer der Gedenkveranstaltung zum Erhalt des Schlosses. Steinort sei ein Erinnerungsort, der Deutsche und Polen nicht trenne, sondern verbinde, betonte Andrzej Tomaszewski, Co-Vorsitzender der Deutsch-Polnischen Stiftung Kulturpflege und Denkmalschutz. Das Schloss solle nach der Sanierung zu einem Begegnungszentrum werden, wo sich nicht nur Deutsche und Polen, sondern auch Menschen aus den nördlichen Nachbarlän- dern treffen. Auch Heinrich Lehndorffs Töchter wollen Steinort retten. „Wir wissen nicht, wo die Männer des Widerstands begraben worden sind und so ist dieser Gedenkstein auch zugleich ein Grabstein für ihn geworden“, sagte, gegen die Tränen kämpfend, Vera Gräfin von Lehndorff. Verhandlungen mit dem Eigentümer, der Firma Tiga Yacht, seien im Gange, hieß es. Die Herausforderung sei groß, er glaube aber fest, am Ende erfolgreich zu sein, versicherte der Konservator. (dpa) Historische Daten ■ 1939 Die Fluggesellschaft Pan American startet die erste transatlantische Passagier-Fluglinie zwischen New York und Marseille mit Maschinen des Typs Boeing B-314 Clipper. ■ 1926 Durch die Fusion der Daimler-Motoren-Gesellschaft und der Benz & Cie Rheinische Gasmotorenfabrik entsteht die Daimler-Benz AG. ■ 1919 Der Friedensvertrag zwischen dem Deutschen Reich und den alliierten Siegermächten wird in Versailles unterzeichnet und beendet damit formell den Ersten Weltkrieg. ■ 1914 In Sarajevo werden der österreichisch-ungarische Thronfolger Erzherzog Franz Ferdinand und seine Frau von dem serbischen Nationalisten Gavrilo Princip erschossen. Das Attentat ist ein Auslöser des Ersten Weltkrieges. ■ 1389 Mit der Niederlage der serbischen Streitmacht unter Fürst Lazar I. durch das osmanische Heer auf dem Amselfeld (heute im Kosovo) beginnt die 500-jährige Herrschaft der Türken über die gesamte Balkanhalbinsel.