WRT-Mandanten-Rundschreiben 4/2010 Aktuelles aus

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WRT-Mandanten-Rundschreiben 4/2010 Aktuelles aus
WRT
WRT Revision und Treuhand GmbH – Zehlendorfer Straße 24 – 58097 Hagen
WRT Revision und Treuhand GmbH
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
Steuerberatungsgesellschaft
Zehlendorfer Straße 24
58097 Hagen
Telefon (02331) 86071
Telefax (02331) 85907
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Web
www.wrt-revision.de
Hagen, im August 2010
Schüßler/lor
WRT-Mandanten-Rundschreiben 4/2010
Aktuelles aus Gesetzgebung, Rechtsprechung und Verwaltung
Sehr geehrte Damen und Herren,
im Folgenden geben wir Ihnen einen Überblick über interessante Entwicklungen im Steuer- und Wirtschaftsrecht:
I. Ertragsteuerrecht
1.
AfA-Bemessungsgrundlage nach Einlage zum Teilwert
2.
Teilgeschäftsanteil steuerrechtlich zurechenbares Wirtschaftsgut
3.
Treuhandmodell gewerbesteuerlich anerkannt
4.
Kfz-Nutzung: Mehrfache Anwendung der 1 %-Regel durch BFH bestätigt
5.
Gewerblicher Grundstückshandel: Zwischenschaltung einer GmbH
6.
Verfassungsmäßigkeit des Solidaritätszuschlag auf Abgeltungsteuer
7.
Verpflegung von Schülern durch Fördervereine
8.
Arbeitszimmer: Abzugseinschränkung ist verfassungswidrig
II. Umsatzsteuer
1.
BMF: Infos zur Zusammenfassenden Meldung
2.
Essen im Hotel: 7 % oder 19 %
3.
Seeling-Modell: Handlungsbedarf bis Ende 2010
4.
Nachweis innergemeinschaftlicher Lieferungen
5.
Apotheken: Umsatzsteuerliche Risiken durch Zuzahlungen
Geschäftsführer:
WP StB RA Dr. Thomas Weckerle
WP StB Dr. Ernst Otto Schulte
WP StB Ernst August Filges
WP StB RA Reinhold Hegemann
WP StB Dirk Bißmeier
vBP StB Sabine Fischer
WP StB Dr. Olaf Clemens
StB Heinz-Joachim Schröter
Sitz:
Hagen, HRB 1240
Niederlassungen:
Hagen
Bielefeld
Bochum
Dortmund
Halle/S.
Münster
Sundern
WRT
6.
Mietgarantie kann Umsatzsteuer mindern
7.
Umsatzsteuerpflicht für Haftungsvergütung an Komplementär-GmbH
8.
Organschaft: Handlungsbedarf durch geänderte Rechtsprechung
9.
Beurteilungen des Sponsoring eines Sportvereins
III. Bilanzierung
Maßgeblichkeit nach BilMoG
IV. Erbschaft- und Schenkungsteuer
1.
Erbschaftsteuerlicher Zugriff ist durch Art. 14 Absatz 1 GG begrenzt
2.
Disquotale Gesellschaftereinlage
3.
Anteilsübertragung unter Nießbrauchsvorbehalt
V. Wirtschaftsrecht
1.
Unterbilanzhaftung wegen unterlassener Offenlegung
2.
Keine Verpflichtung zur Regelung des Gründungsaufwands in Gesellschaftsverträgen
I. Ertragsteuerrecht
1. AfA-Bemessungsgrundlage nach Einlage zum Teilwert
Kernproblem
Werden Wirtschaftsgüter des Privatvermögens nach Verwendung zur Erzielung von Überschusseinkünften in ein
Betriebsvermögen eingelegt, stellt sich die Frage, welche Bemessungsgrundlage für die Ermittlung der Abschreibungen der Wirtschaftsgüter im nun betrieblichen Bereich zugrunde zu legen ist. Gem. § 7 Absatz 1 Satz 5 EStG
ermittelt sich die AfA-Bemessungsgrundlage im Fall der Einlage nach den "Anschaffungskosten", vermindert um
die bis zum Zeitpunkt der Einlage geltend gemachten Abschreibungen.
Sachverhalt
Der Kläger übt seine betriebliche Tätigkeit im Rahmen einer GbR aus. Die GbR hatte die Büroräume zunächst
von der Mutter des Klägers angemietet. Nachdem die Büroräume im Wege der vorweggenommenen Erbfolge
von der Mutter auf den Sohn übertragen wurden, behandelte dieser den von der GbR genutzten Gebäudeteil als
notwendiges Sonderbetriebsvermögen. Im Rahmen der Gewinnermittlung der GbR ermittelte der Kläger die AfA
auf die betrieblich genutzten Räume auf Grundlage des Teilwerts des Gebäudes zum Zeitpunkt der Einlage in
das (Sonder-)Betriebsvermögen abzüglich der von der Mutter im Rahmen ihrer Vermietungstätigkeit steuerlich
geltend gemachten Abschreibungen. Das beklagte Finanzamt hingegen stellte stattdessen auf die deutlich geringeren historischen Anschaffungskosten der Mutter ab.
Entscheidung
Unter Bezugnahme auf frühere Entscheidungen führt der BFH aus, dass § 7 Absatz 1 Satz 5 EStG nicht wortgetreu dahin gehend auszulegen ist, dass AfA-Bemessungsgrundlage in Einlagefällen die historischen Anschaffungskosten der Wirtschaftsgüter seien. Nach der Gesetzesbegründung sei das Regelungsziel der Vorschrift lediglich, die AfA nach Einlage in ein Betriebsvermögen zu begrenzen, um zu verhindern, dass im Anschluss an eine Abschreibung im Bereich der Überschusseinkünfte nach Einlage wiederum voll und damit doppelt abgeschrieben werde. Eine Begrenzung des Einlagewerts auf die Anschaffungskosten könne indes nicht aus der Vorschrift
abgeleitet werden. Dies würde ein Wertungswiderspruch zur AfA-Bemessungsgrundlage bei "nicht vorgenutzten
Wirtschaftsgütern" begründen, bei denen nach Einlage in das Betriebsvermögen ungekürzt vom Einlagewert abgeschrieben werden könne.
Nach Auffassung des BFH sind keine Gründe erkennbar, weshalb bei Wirtschaftsgütern, die im Privatvermögen
nicht der Erzielung von Überschusseinkünften dienen, eine Abschreibung vom Teilwert möglich sein soll, während bei Wirtschaftsgütern, die der Einkünfteerzielung dienten, eine Abschreibung vom Teilwert abzüglich bereits
vorgenommener Abschreibungen verwehrt wird.
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2. Teilgeschäftsanteil steuerrechtlich zurechenbares Wirtschaftsgut
Rechtslage
Bei Treuhandverhältnissen wird ein Wirtschaftsgut steuerlich nicht dem eigentlichen Inhaber, sondern einem Dritten, dem Treugeber, zugerechnet. Klassische Beispiele sind Beteiligungen, die für Rechnung eines Dritten gehalten werden. I. d. R. ist es dafür notwendig, dass ein selbstständiges, einem Treuhandverhältnis zugängliches
Wirtschaftsgut besteht. Der BFH hatte nunmehr darüber zu entscheiden, ob auch ein ungeteilter Geschäftsanteil
an einer GmbH, an dem nur zu einem Bruchteil ein Treuhandverhältnis gebildet worden war, ein Wirtschaftsgut
sein kann, das selbstständig einem Treugeber zugerechnet wird.
Entscheidung
Die Kläger hatten bei Gründung einer GmbH jeweils einen Geschäftsanteils i. H. v. 25.000 DM (= 50 %) übernommen und diesen später veräußert. Zu dieser zeit gab es in § 17 EStG noch die Wesentlichkeitsgrenze von
25 % bzw. später 10 %. Die Finanzverwaltung sah in dem Verkauf eine steuerpflichtige Veräußerung einer wesentlichen Beteiligung und setzte Einkommensteuer fest. Hiergegen wandten die Kläger ein, Teile des Geschäftsanteils jeweils nur treuhänderisch für Dritte gehalten zu haben. Diesen sei der ungeteilte Anteil entsprechend ihrer treuhänderischen Beteiligung anteilig zuzurechnen, sodass es nicht zum Verkauf einer wesentlichen
Beteiligung gekommen sei. Zwar sei der Treuhandvertrag erst nach Gründung der GmbH schriftlich abgefasst
worden, mündlich sei aber die Treuhandstellung schon im Vorfeld vereinbart gewesen. Nachdem das FG erstinstanzlich gegen die Kläger entschieden hatte, weil diese das Treuhandverhältnis an einem ungeteilten (Teil-)Geschäftsanteil nicht wirksam begründen konnten, hob der BFH die Entscheidung auf. Grundsätzlich ist der BFH
der Auffassung, dass eine Treuhandstellung auch an einem ungeteilten (Teil-)Geschäftsanteil bestehen kann.
Dieser stellt ein selbstständig zurechenbares Wirtschaftsgut dar.
3. Treuhandmodell gewerbesteuerlich anerkannt
Problemstellung
Personengesellschaften können - anders als Kapitalgesellschaften - keine steuerliche Organschaft mit ihrem Mutterunternehmen bilden. Um dennoch für Zwecke der Gewerbesteuer Gewinne und Verluste miteinander steuerlich verrechnen zu können, wurde in der Vergangenheit z. B. das sog. Treuhandmodell eingesetzt, dessen Anerkennung jedoch von der Finanzverwaltung teilweise versagt wurde.
Sachverhalt
Beim Treuhandmodell fungiert ein Mutterunternehmen als Komplementärin einer GmbH & Co. KG und hält
daneben nahezu sämtliche Anteile an der KG. Der verbleibende Anteil (z. B. 0,1 %) wird von einer BeteiligungsGmbH als Kommanditistin gehalten. Die GmbH hält diese Beteiligung lediglich treuhänderisch für die Muttergesellschaft, so dass im Ergebnis (wirtschaftlich) sämtliche Anteile an der KG der Muttergesellschaft zuzurechnen
sind. Da die GmbH mangels Risiko und Initiative kein Mitunternehmer ist, handelt es sich ertragsteuerlich auch
nicht um eine Mitunternehmerschaft. Dennoch waren Finanzamt und Finanzgericht in einem Fall der Auffassung,
dass die KG der Gewerbesteuer unterliege.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof hat diese Entscheidung nun kassiert. Der BFH wertet die KG im Treuhandmodell als "EinUnternehmer-Personengesellschaft" und behandelt die Muttergesellschaft (zugleich Treugeberin) steuerlich so,
als sei diese Alleineigentümerin sämtlicher Wirtschaftsgüter der KG. Da die KG keinen mitunternehmerschaftlich
geführten Gewerbebetrieb unterhalte, unterliege sie auch nicht der Gewerbesteuer. Im Ergebnis wird die KG somit steuerlich negiert.
Konsequenz
Durch das Urteil ist das Treuhandmodell nunmehr höchstrichterlich abgesichert und kann zu Gestaltungszwecken
genutzt werden. Die Vorteile eines gesellschaftsrechtlich selbstständigen Unternehmens müssen nicht mit steuerlichen Nachteilen erkauft werden. Insbesondere sind Gewinne und Verluste zwischen Mutter- und Tochterunternehmen gewerbesteuerlich in vollem Umfang miteinander kompensierbar. Zudem löst die Übertragung einzelner
Wirtschaftsgüter zwischen den Gesellschaften keine Steuerbelastung aus.
4. Kfz-Nutzung: Mehrfache Anwendung der 1 %-Regel durch BFH bestätigt
Einführung
Die private Nutzung betrieblicher Kfz ist zu versteuern. Zur Ermittlung der privaten Nutzung stehen die 1 %- und
die Fahrtenbuchmethode zur Verfügung. Die 1 %-Methode ist seit dem Jahr 2006 allerdings auf Kfz begrenzt, deren betriebliche Nutzung mehr als 50 % beträgt. Umstritten war bisher die Anwendung der 1 %-Methode für Fälle,
in denen ein Unternehmer mehrere Kfz des Betriebsvermögens privat nutzt und eine private Verwendung durch
Dritte, z. B. Familienangehörige, ausgeschlossen werden kann.
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Rechtslage
Das BMF verlangt in solchen Fällen bis zum 31.12.2009 den Ansatz der 1 %-Methode nur für das Kfz mit dem
höchsten Bruttolistenpreis. Seit dem 01.01.2010 soll hingegen für alle Kfz im Betriebsvermögen, für die eine private Nutzung nicht ausgeschlossen werden kann, eine Besteuerung auf Basis der 1 %-Methode erfolgen. Dieser
können die Unternehmer nur entgehen, wenn sie die private Nutzung mittels Fahrtenbuch ermitteln.
Neues Urteil
Der BFH hat nun die neue Verwaltungsauffassung bestätigt. Demnach ist für jedes Kfz des Betriebsvermögens,
das privat genutzt wird, die private Nutzung nach der 1 %-Methode zu bestimmen, sofern kein Fahrtenbuch geführt wird. Dabei ist es laut BFH vollkommen unerheblich, ob die Kfz von einer oder mehreren Personen privat
genutzt werden.
Konsequenz
Es besteht keine Hoffnung, dass der BFH diesbezüglich in nächster Zeit zu einem anderen Ergebnis kommen
wird. Denn der Urteilsbegründung ist zu entnehmen, dass der BFH durchaus das Problem gesehen hat, dass die
mehrfache Anwendung der 1 %-Methode in diesen Fällen regelmäßig zu einer Besteuerung führt, die in keinem
Verhältnis zur tatsächlichen privaten Nutzung steht. Dies hält er allerdings für zulässig, da die 1 %-Methode der
Pauschalierung dient, ggf. auch zu Ungunsten der Steuerpflichtigen. Das Motto des BFH lautet: Wem dies nicht
passt, steht es offen, für jedes Kfz ein Fahrtenbuch zu führen. Offen lässt der BFH, ob die Unternehmen für die
Jahre bis einschließlich 2009 in ihrem Vertrauen auf die oben dargestellte Auffassung der Finanzverwaltung geschützt sind. Betroffene Unternehmen müssen nun prüfen, ob sie Maßnahmen ergreifen können, um der drohenden steuerlichen Mehrbelastung zu entgehen, z. B. durch Führung von Fahrtenbüchern.
5. Gewerblicher Grundstückshandel: Zwischenschaltung einer GmbH
Einleitung
Nach ständiger Rechtsprechung des BFH wird die Grenze von der privaten Vermögensverwaltung zum Gewerbebetrieb überschritten, wenn nach dem Gesamtbild der Betätigung der Verkauf von Grundbesitz gegenüber der
Nutzung (z. B. durch Vermietung) entscheidend in den Vordergrund tritt. Die vom BFH für die Beurteilung der
Gewerblichkeit von Grundstücksverkäufen aufgestellte 3-Objekt-Grenze ist ein gewichtiges Indiz für oder gegen
eine von Anfang an bestehende Veräußerungsabsicht. Werden innerhalb eines engen zeitlichen Zusammenhangs - i. d. R. 5 Jahre - zwischen Anschaffung bzw. Errichtung und Verkauf mindestens 4 Objekte veräußert,
kann von einem gewerblichen Grundstückshandel ausgegangen werden.
Sachverhalt
Die Klägerin ist eine GbR, deren Zweck die Errichtung und Verwaltung eines bestimmten Objekts ist. Sie erwarb
einen mit einem Verwaltungsgebäude sowie diversen Nebengebäuden bebauten Grundbesitz. Das Verwaltungsgebäude wurde saniert und anschließend vermietet. Die Nebengebäude wurden abgerissen. Auf dem frei gewordenen Grundstücksteil plante die Klägerin zunächst die Errichtung eines Gebäudes, das an Dritte vermietet werden sollte. Die Klägerin bemühte sich erfolglos um die Vermietung der geplanten Büros. Daher entschloss sie
sich zu einer Umplanung. Es sollten nunmehr 45 Wohnungen errichtet und veräußert werden. Die entsprechende
Baugenehmigung wurde der Klägerin erteilt. Zwischenzeitlich hatten die GbR-Gesellschafter eine GmbH gegründet, die die Baumaßnahme durchführen und die Wohnungen vermarkten sollte. Die GmbH kaufte den Grundstücksteil von der GbR, erstellte die 45 Wohnungen und veräußerte diese an diverse Erwerber. Finanzamt und
Finanzgericht waren der Auffassung, dass die Klägerin einen gewerblichen Grundstückshandel betrieben habe.
Es wurde ein Gewinn aus der Grundstücksveräußerung an die GmbH als laufender Gewinn erfasst. Das Finanzgericht begründete seine Entscheidung hinsichtlich der Zwischenschaltung der GmbH mit dem Vorliegen eines
Gestaltungsmissbrauchs.
Entscheidung
Der BFH entschied, dass die Klägerin nicht gewerblich tätig war, da sie zum Zeitpunkt des Grundstückserwerbs
eine Vermietungsabsicht, aber noch keine unbedingte Veräußerungsabsicht hatte. Außerdem liegt im vorliegenden Fall kein Gestaltungsmissbrauch vor, da die GmbH durch die Bebauung des Grundstücks eine eigene Tätigkeit entfaltet hat und somit nicht funktionslos tätig war und die Gestaltung haftungsrechtliche und außersteuerliche Gründe hatte.
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6. Verfassungsmäßigkeit des Solidaritätszuschlag auf Abgeltungsteuer
Ausgangslage
Das Finanzgericht Niedersachsen sieht die Erhebung des Solidaritätszuschlags zumindest ab dem Jahr 2007 als
verfassungswidrig an und hat die Frage dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorgelegt. Als Reaktion der Finanzverwaltung wurden alle Steuerbescheide für Veranlagungszeiträume ab 2005, die nach dem
23.12.2009 ergangen sind, hinsichtlich der Frage der Verfassungsmäßigkeit des Solidaritätszuschlags mit einem
Vorläufigkeitsvermerk versehen. Ein Einspruch ist in diesen Fällen somit nicht erforderlich.
Stellungnahme des BMF
Vor dem Hintergrund des anhängigen Verfahrens beim Bundesverfassungsgericht hat sich das BMF mit der
Problematik des Solidaritätszuschlags auf die Abgeltungsteuer befasst. Mit der Einführung einer einheitlichen Abgeltungsteuer zum 01.01.2009 unterliegen Kapitalerträge von Privatpersonen einem einheitlichen Steuersatz von
25 % zuzüglich Solidaritätszuschlag. Das BMF stellt klar, dass - sollte das Bundesverfassungsgericht die Verfassungswidrigkeit des Solidaritätszuschlags bestätigen - auch der einbehaltene Solidaritätszuschlag auf die Abgeltungsteuer auf Antrag des Steuerpflichtigen erstattet wird. Ein Antrag auf Wahlveranlagung, bei dem der Steuerpflichtige unter bestimmten Bedingungen die Berücksichtigung seiner Kapitalerträge im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung beantragen kann, ist nicht erforderlich. Sofern keine Einkommensteuererklärung abgegeben wurde, z. B. weil der Steuerpflichtige ausschließlich Kapitaleinkünfte erzielt, deren Besteuerung bereits durch
die einbehaltene Abgeltungsteuer erfolgt ist, soll der Erstattungsantrag nur innerhalb der Festsetzungsverjährungsfrist von 4 Jahren zulässig sein.
Konsequenz
Mit dem Schreiben wird nun auch denjenigen Steuerzahlern Rechtsschutz hinsichtlich des Solidaritätszuschlags
gewährt, deren Kapitalerträge abgeltend besteuert werden und bei denen der "Soli" somit automatisch einbehalten wird. Da in diesen Fällen kein Steuerbescheid vorliegt, konnte bislang mittels Vorläufigkeitsvermerks zum Solidaritätszuschlag kein automatischer Rechtsschutz erreicht werden.
7. Verpflegung von Schülern durch Fördervereine
Einführung
Zurzeit wird verstärkt diskutiert, ob die vermeintlichen Begünstigungen des UStG gerecht sind und aufrecht erhalten werden sollten. Ein Beispiel, das die Gemüter erhitzt, ist die Aussage, dass Fast Food begünstigt besteuert
wird, während gesundes Schulessen dem vollen Steuersatz unterliegt. Mit anderen Worten: wer seine Kinder in
die Pommesbude schickt, kommt günstiger weg (umsatzsteuerlich); doch ist dies wirklich so?
Neue Verwaltungsanweisung
Die OFD Frankfurt nimmt aktuell Stellung zu einem Urteil des BFH, das einem Förderverein die Steuerbefreiung
für die Verpflegung der Schüler verwehrt hatte. Die OFD folgt dem Urteil, zeigt jedoch die Möglichkeiten auf, die
noch verbleiben, um Schulessen begünstigt anzubieten. Steuerbefreit kann das Essen angeboten werden, wenn
der Förderverein zusätzlich noch Aufgaben übernimmt, die der Erziehung bzw. Ausbildung der Schüler dienen
(§ 4 Nr. 23 UStG). Als Beispiel führt die OFD einen Förderverein an, der den verpflegten Schülern auch Betreuung und Hausaufgabenhilfe anbietet. Eine Steuerbefreiung kommt unter bestimmten Bedingungen auch in Betracht, wenn der Förderverein als Mitglied einem Wohlfahrtsverein angeschlossen ist (§ 4 Nr. 18 UStG). Greift
keine der bezeichneten Steuerbefreiungen, ist zu differenzieren, ob der Verein gemeinnützig ist oder nicht. Die
Verpflegung durch gemeinnützige Vereine kann im Rahmen eines Zweckbetriebes erfolgen, so dass die Leistungen dem ermäßigten Steuersatz unterliegen; dabei ist allerdings zu beachten, dass die Schülerverpflegung auch
in der Vereinssatzung als Satzungszweck aufgeführt sein muss. Die OFD bietet diesbezüglich ein Formulierungsbeispiel an. Ist der Verein nicht begünstigt, kommt der ermäßigte Steuersatz nur zum Zuge, wenn es sich
um eine reine Essenslieferung handelt, also keine weiteren Dienstleistungen angeboten werden. Soweit die Vereine einen Umsatz erzielen, der 17.500 EUR nicht übersteigt, können sie die Kleinunternehmerregelung beanspruchen und müssen keine USt ausweisen.
Konsequenz
Wenn der Förderverein die nötigen Voraussetzungen schafft, brauchen die eigenen Kinder nicht in die nächste
Fastfood-Kette geschickt zu werden. Zu berücksichtigen ist auch, dass eine Steuerpflicht den Vorsteuerabzug eröffnet, was bei größeren Investitionen auch von Vorteil sein kann. Wie auch immer, Schulfördervereine sollten
sich, am besten schon bevor die Satzung steht, steuerlich beraten lassen. Denn die Risiken, die eine Fehlbeurteilung nach sich ziehen kann, sind erheblich.
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8. Arbeitszimmer: Abzugseinschränkung ist verfassungswidrig
Hintergrund
Seit dem Veranlagungszeitraum 2007 gilt eine Abzugseinschränkung für Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer. Danach sind die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie die Kosten der Ausstattung
nicht mehr als Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten abziehbar. Dies gilt nur dann nicht, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet.
Sachverhalt
Der Kläger erzielte im Jahr 2007 als Lehrer Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Zur Vorbereitung seines Unterrichts nutzte er täglich für zwei Stunden ein ausschließlich beruflich genutztes häusliches Arbeitszimmer von
10 qm, was 11 % der Gesamtfläche seines Hauses entspricht. Die vom Kläger beantragte Zuweisung eines Arbeitsplatzes in der Schule zur Vor- und Nachbereitung des Unterrichts sowie für die Korrektur der schriftlichen
Arbeiten war vom Schulträger abgelehnt worden.
Entscheidung
Die Abzugseinschränkung für ein ausschließlich betrieblich oder beruflich genutztes häusliches Arbeitszimmer
weicht von dem das Einkommensteuerrecht prägenden objektiven Nettoprinzip ab, nach dem betrieblich oder beruflich veranlasste Aufwendungen als Betriebsausgaben oder als Werbungskosten von der Bemessungsgrundlage grundsätzlich abziehbar sein müssen. Als eine benachteiligende Ausnahme von dieser allgemeinen Belastungsgrundentscheidung des Einkommensteuergesetzgebers bedarf die Regelung deshalb eines besonderen
sachlichen Grundes, um den Anforderungen des allgemeinen Gleichheitssatzes zu genügen. Soweit die Regelung die steuerliche Berücksichtigung von Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer auch dann ausschließt, wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht, hat sie
keine hinreichende sachliche Legitimation. Soweit der Abzug von Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer ebenfalls nicht zugelassen wird, obwohl das Arbeitszimmer zu mehr als 50 % der gesamten betrieblichen
oder beruflichen Tätigkeit ausschließlich betrieblich oder beruflich genutzt wird, verstößt dies nach Auffassung
des BVerfG allerdings nicht gegen das Grundgesetz. Bei einer typisierenden Betrachtung sei der Ausschluss dieser Fallgruppe vertretbar, da der Umfang der Nutzung des Arbeitszimmers allenfalls ein schwaches Indiz für dessen Notwendigkeit sei, soweit dem Steuerpflichtigen von seinem Arbeitgeber ein weiterer Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt werde. Es fehle zudem an leicht nachprüfbaren objektiven Anhaltspunkten für die Kontrolle der Angaben des Steuerpflichtigen zum Umfang der zeitlichen Nutzung des Arbeitszimmers.
Konsequenz
Die Finanzverwaltung hat Steuerbescheide in Hinsicht auf das häusliche Arbeitszimmer seit April 2009 nur noch
vorläufig festgesetzt. Sofern die Bescheide über diesen Vermerk offen sind, profitieren die Betroffenen von der
nun gebotenen gesetzlichen Neuregelung für die Bescheide 2007 bis 2009; dabei ist es auch noch möglich
Raumkosten nachzumelden.
II. Umsatzsteuer
1. BMF: Infos zur Zusammenfassenden Meldung
Seit dem 01.01.2010 müssen neben innergemeinschaftlichen Lieferungen auch bestimmte innergemeinschaftliche Dienstleistungen in der Zusammenfassenden Meldung (ZM) gemeldet werden. Ab dem 01.07.2010 sind hier
neue Fristen zu beachten. Ein aktuelles Schreiben erläutert die Abgabemodalitäten sowie die Fristenregelung. So
ist die Zusammenfassende Meldung im Regelfall zwar monatlich bis zum 25. des Folgemonats abzugeben. Zu
beachten ist aber, dass die monatliche Abgabe nur innergemeinschaftliche Lieferungen betrifft, sofern deren Bemessungsgrundlagen für das laufende Quartal oder für eines der vier vorherigen Quartale jeweils mehr als
100.000 EUR (ab 2012: 50.000 EUR) beträgt. Wird diese Grenze nicht überschritten, kann die Zusammenfassende Meldung quartalsweise abgegeben werden. Für innergemeinschaftliche Dienstleistungen gilt grundsätzlich
die quartalsweise Abgabe. Wer verpflichtet ist, seine innergemeinschaftlichen Lieferungen monatlich zu melden,
soll seine innergemeinschaftlichen Dienstleistungen im letzten Monat des Quartals melden. Alternativ hierzu können diese auch im jeweiligen Monat gemeldet werden, was i. d. R. einfacher sein dürfte. Zu berücksichtigen ist
ferner, dass mit Überschreiten der Grenze in einem Quartal die monatliche Abgabe schon in diesem Quartal
greift, so dass die Entwicklung der Umsätze insofern beachtet werden muss. Die Dauerfristverlängerung für die
Zusammenfassende Meldung entfällt; sie hat nur noch Bedeutung für die Umsatzsteuervoranmeldungen. Da die
Nicht-Beachtung der Meldepflichten mit einer Geldbuße von bis zu 5.000 EUR geahndet werden kann und zudem
regelmäßig Prüfungen der Finanzverwaltung nach sich zieht, sollten die betroffenen Unternehmer das Schreiben
aufmerksam studieren.
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2. Essen im Hotel: 7 % oder 19 %
Einführung
Seit dem 01.01.2010 unterliegen Beherbergungsleistungen dem ermäßigten Steuersatz. Andere Leistungen von
Hotels, die nicht in Verbindung mit der Übernachtung stehen, sind hingegen weiterhin mit dem Normalsteuersatz
von 19 % abzurechnen.
Rechtslage
Das BMF hatte mit Schreiben vom 05.03.2010 dargestellt, welche Leistungen nach Ansicht der Finanzverwaltung
nicht der Beherbergung dienen, so z. B. das Frühstück. Hierbei wurde jedoch nicht berücksichtigt, dass der BFH
Verpflegungsleistungen als Nebenleistungen zur Übernachtung qualifiziert hatte. Da im UStG der Grundsatz gilt,
dass Nebenleistungen das Schicksal der Hauptleistung teilen, müsste das Frühstück ebenfalls dem ermäßigten
Steuersatz unterliegen, wenn der BFH-Rechtsprechung gefolgt würde.
Neue Verwaltungsanweisung
Das BMF hat nun einen Nichtanwendungserlass zu dem o. g. Urteil des BFH veröffentlicht. Verpflegungsleistungen werden somit laut BMF als eigenständige Leistungen behandelt.
Konsequenz
Die Auffassung des BMF hat Auswirkungen auf die Ortsbestimmung von Verpflegungsleistungen sowie auf den
anzuwendenden Steuersatz. Verpflegungsleistungen, die bis zum 31.12.2009 erbracht wurden, gelten als dort
ausgeführt, wo der leistende Unternehmer sein Unternehmen betreibt. Ab 2010 werden sie hingegen dort ausgeführt, wo sie tatsächlich erbracht werden. Als eigenständige Leistungen unterliegen die Verpflegungsleistungen
dem Normalsteuersatz (19 %). Es ist allerdings fraglich, ob die Ansicht des BMF zutreffend ist und nicht allein fiskalisch motiviert, wie viele andere Nichtanwendungserlasse des BMF zuvor. Auf jeden Fall sollte die zukünftige
Rechtsprechung diesbezüglich beachtet werden.
3. Seeling-Modell: Handlungsbedarf bis Ende 2010
Einführung
Immobilien, die zu mindestens 10 % unternehmerisch und im Übrigen privat genutzt werden, können komplett
dem Unternehmensvermögen zugeordnet werden. Hierdurch kann die gesamte Vorsteuer auf den Erwerb bzw.
die Herstellung der Immobilie geltend gemacht werden. Im Gegenzug wird die private Nutzung, über 10 Jahre
verteilt, der Umsatzsteuer unterworfen. Diese, als Seeling-Modell bekannt gewordene Gestaltung führt regelmäßig zu erheblichen Liquiditätsvorteilen, da die Vorsteuer auf den privat genutzten Teil zunächst zinslos zur Verfügung steht.
Neue Rechtslage
Um das Seeling-Modell zu verhindern, wurde die MwStSystRL geändert. Der Vorsteuerabzug aus dem Erwerb
bzw. der Herstellung von Immobilien wird danach zukünftig auf den Teil begrenzt, der unternehmerisch genutzt
wird. Unklar war bisher jedoch, wie die Umsetzung ins nationale UStG ausgestaltet sein wird. Dies galt insbesondere für die Frage, unter welchen Bedingungen Bauvorhaben, die in 2010 begonnen werden, noch vom SeelingModell profitieren können.
Im Entwurf des Jahressteuergesetz 2010 setzt ein neuer § 15b UStG die Vorgaben der MwStSystRL um. Demnach können gemischt genutzte Grundstücke zwar weiterhin zu 100 % dem Unternehmensvermögen zugeordnet
werden, der Vorsteuerabzug bleibt jedoch auf den unternehmerisch genutzten Teil beschränkt. Die Neuregelung
greift für alle Immobilien, die nach dem 31.12.2010 angeschafft oder hergestellt werden.
Konsequenz
Wer das Seeling-Modell noch zu seinen Gunsten nutzen möchte, muss bis zum 31.12.2010 die Immobilie anschaffen bzw. herstellen. Danach lautet das Motto: Nichts geht mehr. Nach dem Entwurf ist es aber auch ab 2011
vorteilhaft, das komplette Grundstück dem Unternehmensvermögen zuzuordnen. Zwar ermöglicht dies nicht mehr
den sofortigen Vorsteuerabzug auf den privat genutzten Teil, lässt aber die Option offen, diesen nachträglich geltend zu machen, wenn in nachfolgenden Jahren die unternehmerische Nutzung auf den privaten Teil ausgedehnt
wird.
4. Nachweis innergemeinschaftlicher Lieferungen
Rechtslage
Innergemeinschaftliche Lieferungen sind grundsätzlich steuerfrei. Dies gilt jedoch nur, wenn die Unternehmer die
nach der UStDV geforderten Nachweise erbringen. Mit Schreiben vom 06.01.2009 hatte das BMF dargestellt, in
welcher Form innergemeinschaftliche Lieferungen nachzuweisen sind. Der BFH hat dann noch im gleichen Jahr
in drei Urteilen festgestellt, dass wesentliche Teile dieses BMF-Schreibens nicht im Einklang mit den gesetzlichen
Vorgaben stehen.
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Neues vom BMF
Das BMF hat nun sein damaliges Schreiben neu aufgelegt. Das Schreiben entspricht weitestgehend der bisherigen Verlautbarung. Lediglich hinsichtlich der Nachweise, gegen die sich der BFH ausdrücklich ausgesprochen
hat, ergeben sich Änderungen. So muss bei Abholung durch einen Bevollmächtigten grundsätzlich nicht die komplette Vollmachtskette nachgewiesen werden, Passkopien sind im Regelfall auch nicht nötig und die Anforderungen an CMR-Frachtbriefe sind reduziert worden. Allerdings lässt sich das BMF in allen diesen Punkten ein "Hintertürchen" offen. So wird z. B. gesagt, dass eine schriftliche Vollmacht zum Nachweis der Abholberechtigung
nicht zu belegen ist, dass sie aber dennoch bei konkreten Zweifeln im Einzelfall von der Finanzverwaltung gefordert werden kann. Wer kein Risiko eingehen möchte, müsste dann unverändert Vollmachten anfordern, obwohl
diese eigentlich nicht erforderlich sind. Zum Teil versucht das BMF die Rechtsprechung des BFH auch dadurch
auszuhebeln, dass nun die Anforderungen an die Empfangsbestätigung und an die Versicherung, die Waren ins
übrige Gemeinschaftsgebiet zu verbringen, ausgeweitet werden. Wer dem Fiskus auf Basis dieses Schreibens
Steuern zahlen muss, sollte prüfen lassen, ob dies im Hinblick auf die vorliegende und zu erwartende Rechtsprechung rechtens ist.
5. Apotheken: Umsatzsteuerliche Risiken durch Zuzahlungen
Rechtslage
Geben Apotheken Medikamente an gesetzlich Versicherte ab, so erfolgt die Abrechnung üblicherweise gegenüber der gesetzlichen Krankenkasse, abzüglich der vom Versicherten zu leistenden Zuzahlung. Empfänger der
Leistung der Apotheke ist umsatzsteuerlich nicht der Patient, sondern die Krankenkasse. Die Zuzahlung des Patienten stellt Entgelt von dritter Seite für die Lieferung des Medikaments durch die Apotheke an die gesetzliche
Krankenkasse dar. In der Abrechnung der Zuzahlung ist die gesetzliche Krankenkasse als Leistungsempfänger
anzugeben. Geschieht dies nicht, so schuldet die Apotheke zweimal die Umsatzsteuer. Einmal für ihren tatsächlichen Umsatz an die gesetzliche Krankenkasse und zum anderen, aufgrund des zu Unrecht gegenüber dem Versicherten ausgewiesen Umsatzsteuerbetrags, da dieser unberechtigte Steuerausweis per Gesetz zusätzlich geschuldet wird. Dabei ist es vollkommen unerheblich, dass der Versicherte in der Regel nicht zum Vorsteuerabzug
berechtigt ist.
Neue Verwaltungsanweisung
Das BMF weist aktuell nochmals ausdrücklich auf die Rechtslage hin. Ergänzend stellt das BMF dar, dass Rechnungen über Zuzahlungen regelmäßig Kleinbetragsrechnungen darstellen, da sie 150 EUR nicht überschreiten.
Fehlt hier der Hinweis auf die gesetzliche Krankenkasse als Leistungsempfänger ergibt sich keine zusätzliche
Umsatzsteuerschuld, da diese Angabe bei Kleinbetragsrechnungen keine Pflicht ist. Sofern die Zuzahlung
150 EUR übersteigt, kann durch den Zusatz auf der Rechnung "Leistungsempfänger ist die Krankenkasse; diese
Rechnung berechtigt nicht zum Vorsteuerabzug" ebenfalls das Entstehen einer zusätzlichen Umsatzsteuerschuld
verhindert werden.
Konsequenz
Das Schreiben des BMF ist nicht nur von Apotheken zu beachten, sondern betrifft alle Unternehmer, die Zuzahlungen erhalten (z. B. Hörgeräteakustiker, Augenoptiker, Orthopädie-Techniker). Entscheidend für die Verhinderung des unberechtigten Ausweises von Umsatzsteuer in diesen Fällen ist alleine, dass die Abrechnung über die
Zuzahlung so gestaltet ist, dass sie dem Versicherten einen Vorsteuerabzug nicht ermöglicht. Hierfür reicht es
neben der vom BMF aufgeführten Lösung z. B. auch aus, wenn auf einen Ausweis der Umsatzsteuer bzw. des
Umsatzsteuersatzes bei Kleinbetragsrechnungen verzichtet wird.
6. Mietgarantie kann Umsatzsteuer mindern
Einführung
Schadensersatz ist nicht steuerbar, da es an einem Leistungsaustausch fehlt; er unterliegt daher nicht der Umsatzsteuer. Allerdings stellt nicht alles, was umgangssprachlich als Schadensersatz bezeichnet wird, auch umsatzsteuerlich nicht steuerbaren Schadensersatz dar.
Fall
Beim Verkauf eines Einkaufszentrums vereinbarte der Verkäufer mit dem Käufer eine Mietgarantie, ferner wurde
zur Umsatzsteuer optiert. Nachdem die garantierten Mieten nicht erzielt werden konnten, erhielt der Käufer aufgrund eines Vergleichs 605.000 EUR Schadensersatz. Der Verkäufer behandelte die Zahlung als Minderung des
ursprünglichen Kaufpreises und korrigierte die Umsatzsteuer. Demgegenüber sah das Finanzamt keine Verbindung zwischen der Zahlung und dem Kauf des Grundstückes und behandelte die Zahlung als nicht steuerbaren
Schadensersatz für die entgangenen Mieteinnahmen. Die hiergegen gerichtete Klage hatte schließlich vor dem
BFH Erfolg.
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Urteil
Entgegen der Vorinstanz folgt der BFH der Auffassung des Verkäufers. Nach Ansicht des BFH bestimmt sich der
Wert einer Gewerbeimmobilie regelmäßig nach den nachhaltig erzielbaren Mieteinkünften. Der getroffene Vergleich stellt daher einen Ausgleich für den Minderwert der Immobilie dar.
Konsequenz
Im Fall war die Mietgarantie zivilrechtliches Mittel, um sich gegen einen zu hohen Kaufpreis zu schützen. Daher
ist die Korrektur der Umsatzsteuer zutreffend. Doch Vorsicht, nicht jede Zahlung aufgrund einer Mietgarantie löst
eine Korrektur der Umsatzsteuer aus. So weist der BFH ausdrücklich darauf hin, dass der vorliegende Fall sich
von jenem unterscheidet, in dem für die Mietgarantie ein separates Entgelt vereinbart wird. Es ist daher ein
schmaler umsatzsteuerlicher Grad auf dem die Vertragsparteien wandeln, wenn sie Mietgarantien vereinbaren.
Gegenüber dem Urteil der Vorinstanz ergibt sich für den Verkäufer ein umsatzsteuerlicher Vorteil in Höhe von ca.
79.000 EUR, für den Käufer hingegen ein entsprechender Nachteil. Bei Abschluss derartiger Kaufverträge und
auch solcher Vergleiche sollte daher auf steuerlichen Rat nicht verzichtet werden.
7. Umsatzsteuerpflicht für Haftungsvergütung an Komplementär-GmbH
Einleitung
Bei der GmbH & Co. KG erhält die GmbH als Komplementärin regelmäßig eine Vergütung für die Übernahme der
Haftung. Typischerweise wird sie daneben auch geschäftsführend für die KG tätig. Schwierig wird es, wenn es zu
klären gilt, ob diese Tätigkeiten der Umsatzsteuer zu unterwerfen sind. Zur Haftungsvergütung hat das BMF seine Sicht der Dinge mehrfach modifiziert. Zuletzt sollte die Haftungsvergütung nur der Umsatzsteuer unterliegen,
wenn auch Geschäftsführungsleistungen durch die GmbH an die KG erbracht werden. Die alleinige Vergütung
der Übernahme der Haftung hingegen sollte nicht steuerbar sein.
Neues Urteil
Das FG Niedersachsen hat sich nun gegen die Auffassung des BMF ausgesprochen und entscheiden, dass für
die umsatzsteuerliche Behandlung der Haftungsvergütung die gleichen Kriterien gelten, wie für die übrigen Leistungen zwischen Gesellschafter und Gesellschaft. Soweit für die Haftungsübernahme ein Sonderentgelt gezahlt
wird, ist dieses steuerbar und steuerpflichtig. Wird die Haftung hingegen durch eine Beteiligung am Gewinn und
Verlust abgegolten, so ist sie nicht steuerbar. Das FG sieht, entgegen dem BMF, in der Haftungsübernahme eine
eigenständige Leistung. Die umsatzsteuerliche Beurteilung der Haftungsvergütung ist daher vollkommen unabhängig von der Behandlung einer ggf. ebenfalls zu zahlenden Vergütung für die Geschäftsführung.
Konsequenz
Es spricht einiges dafür, dass das Urteil des FG auch eine mögliche Revision beim BFH bestehen wird. Bis dahin
kann unter Berufung auf das Urteil ein Verfahren offen gehalten werden, wenn dies im Einzelfall günstiger ist als
die Auffassung des BMF, z. B. um der Komplementär-GmbH den Vorsteuerabzug zu ermöglichen.
8. Organschaft: Handlungsbedarf durch geänderte Rechtsprechung
Rechtslage
Ist eine Kapitalgesellschaft wirtschaftlich, finanziell und organisatorisch in ein anderes Unternehmen eingegliedert
(Organschaft), verliert die Kapitalgesellschaft (Organgesellschaft) umsatzsteuerlich ihre Selbstständigkeit. Die
Abführung der Umsatzsteuer aus Umsätzen der Organgesellschaft obliegt dem Organträger.
Sachverhalt
Die Klägerin, eine Kommanditgesellschaft (KG), erbrachte Leistungen an ihre Komplementärin (GmbH), die ein
Alten- und Pflegeheim betrieb. Die GmbH erzielte hieraus steuerfreie Erlöse und hatte insofern keine Berechtigung zum Vorsteuerabzug. An der KG und der GmbH waren die gleichen 3 Gesellschafter zu jeweils 1/3 beteiligt.
Die KG ging daher davon aus, dass zwischen ihr und der GmbH eine umsatzsteuerliche Organschaft bestand.
Entsprechend wurden die Leistungen gegenüber der GmbH als Innenumsätze ohne Umsatzsteuer abgerechnet.
Das beklagte Finanzamt verneinte eine finanzielle Eingliederung und damit die Organschaft und unterwarf die
Umsätze der Umsatzsteuer zum Nachteil der nicht zum Vorsteuerabzug berechtigten GmbH.
Neues Urteil
Der BFH folgte der Ansicht der Finanzverwaltung und gab damit seine bisherige Rechtsprechung auf. Nach dem
Urteil ist eine finanzielle Eingliederung als Voraussetzung für eine Organschaft umsatzsteuerlich nur gegeben,
wenn ein Über- und Unterordnungsverhältnis vorliegt. Ein solches ist bei Schwestergesellschaften, zumindest im
vorliegenden Fall, nicht gegeben, da nicht die KG die Möglichkeit besitzt, rechtlich auf die GmbH einzuwirken,
sondern nur die hinter ihr stehenden Gesellschafter.
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Konsequenz
Das Urteil wird erhebliche Auswirkungen auf bestehende Organschaftsverhältnisse haben und bei zukünftigen
Planungen zu berücksichtigen sein. Die geänderte Rechtsprechung wird insbesondere die Unternehmen nachteilig treffen, die die Organschaft bisher, wie im Fall, genutzt haben, um Leistungen gegenüber einer nicht zum Vorsteuerabzug berechtigten Gesellschaft als Innenumsatz, also ohne Umsatzsteuer, abzurechnen. Für betroffene
Unternehmen ergibt sich daher dringender Handlungsbedarf. Das Urteil dürfte aber auch das Ende der Organschaft bei vielen Betriebsaufspaltungen bedeuten. Denn nunmehr reicht es für die Annahme einer umsatzsteuerlichen Organschaft nicht mehr aus, dass - wie bei der typischen Betriebsaufspaltung - hinter beiden Gesellschaften eine Personengruppe steht, die einen einheitlichen Willen bei beiden durchsetzen kann.
9. Beurteilungen des Sponsoring eines Sportvereins
Kernproblem
Gemeinnützige Organisationen sind bei der Finanzierung ihrer Tätigkeiten zunehmend auf Sponsoring angewiesen. Aus ertragsteuerlicher Sicht stellt sich die Frage, ob diese Einnahmen steuerfrei oder steuerpflichtig vereinnahmt werden können. Aus umsatzsteuerlicher Sicht ist zu klären, ob die Einnahmen dem ermäßigten Umsatzsteuersatz oder dem Regelsteuersatz zu unterwerfen sind. Sollte Umsatzsteuer anfallen, kann auch die Vorsteuer
geltend gemacht werden. Dies aber nur, wenn die Leistung für den unternehmerischen Bereich verbraucht worden ist.
Sachverhalt
Ein gemeinnütziger Sportverein hat sich verpflichtet, Werbeleistungen für einen Automobilhersteller zu leisten. Als
Gegenleistung stellte dieser dem Verein mehrere PKW "unentgeltlich" zur Verfügung, die dieser für seinen Sportbetrieb nutzen durfte. Sämtliche Kosten für die PKW wurden vom Hersteller getragen. Dieser stellte dem Verein
für die Fahrzeuggestellung eine Rechnung mit Umsatzsteuerausweis. Der Verein machte entsprechend Vorsteuer geltend.
Entscheidung
Der Werbevertrag begründet nach dem Urteil des FG Baden-Württemberg beim Sportverein einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb; es handelt sich um eine umsatzsteuerpflichtige Leistung, die dem Regelsteuersatz unterliegt. Zwar erhält der Verein keinen Geldbetrag; es liegt jedoch ein tauschähnlicher Umsatz vor. Die für die Werbeleistung zur Verfügung gestellten Fahrzeuge werden jedoch nicht im unternehmerischen Bereich genutzt, sondern im (ideellen) Sportbetrieb. Insoweit darf der Verein aus der Rechnung des Automobilherstellers keine Vorsteuer geltend machen.
Konsequenz
Die Entscheidung des FG Baden-Württemberg steht im Einklang mit der BFH-Rechtsprechung. Bei gemeinnützigen Organisationen sind immer wieder die unterschiedlichen Sphären zu beachten. Auch bei einem tauschähnlichen Umsatz können unterschiedlich (umsatz)steuerliche Sphären betroffen sein. Dabei führt die Verwendung im
nichtunternehmerischen Bereich zur konsequenten Versagung des Vorsteuerabzugs.
III. Bilanzierung
Maßgeblichkeit nach BilMoG
Kernproblem
Durch das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG) vom 25.05.2009 wurde auch die Maßgeblichkeit der
Handels- für die Steuerbilanz neu justiert. Seitdem ist für Zwecke der Besteuerung das Betriebsvermögen auszuweisen, das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung auszuweisen ist, es sei
denn, im Rahmen der Ausübung eines steuerlichen Wahlrechts wird oder wurde ein anderer Ansatz gewählt. Zur
Anwendung dieser Neuregelung hat die Finanzverwaltung in einem BMF-Schreiben Stellung bezogen.
Maßgeblichkeit der Handelsbilanz
Unverändert gelten die Regelungen, wonach handelsrechtliche Aktivierungsgebote und Aktivierungswahlrechte
grundsätzlich zu einer steuerlichen Aktivierungspflicht führen, während eine Passivierung in der Steuerbilanz nur
dort in Betracht kommt, wo auch für die Handelsbilanz eine Passivierungspflicht besteht. Eine Ausnahme gilt für
die in der Handelsbilanz nunmehr erlaubte Aktivierung von selbst geschaffenen immateriellen Vermögensgegenständen. Hier steht ein explizites steuerliches Aktivierungsverbot einem Ansatz in der Steuerbilanz entgegen. Bei
Bewertungswahlrechten, für die keine eigenständige steuerliche Regelung besteht (z. B. Aktivierung von Fremdkapitalzinsen) wirkt die Wahlrechtsausübung auch für die Steuerbilanz. Neu ist die Auffassung der Verwaltung,
wonach das handelsrechtliche Einbeziehungswahlrecht bei den Herstellungskosten (Kosten der allgemeinen
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Verwaltung, Aufwendungen für soziale Einrichtungen, freiwillige soziale Leistungen und betriebliche Altersversorgung) steuerlich zu einer Einbeziehungspflicht dieser Kostenbestandteile führen soll.
Ausübung von steuerlichen Wahlrechten
Die Finanzverwaltung geht davon aus, dass sämtliche steuerlichen Wahlrechte nunmehr unabhängig von der
Handelsbilanz ausgeübt werden können. Dies gilt nicht nur für solche Wahlrechte, die den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung zuwider laufen, wie z. B. die Übertragung von stillen Reserven nach § 6b EStG. Auch
Wahlrechte, die nach Handels- und Steuerrecht bestehen, können in beiden Rechenwerken unterschiedlich ausgeübt werden. So können Gegenstände des Anlagevermögens in der Handelsbilanz linear, in der Steuerbilanz
hingegen u. U. degressiv abgeschrieben werden. Ein Wahlrecht nimmt die Finanzverwaltung auch für die Teilwertabschreibung an, die bei einer voraussichtlich dauernden Wertminderung in der Steuerbilanz vorgenommen
werden kann, aber nicht muss.
Konsequenz
Das BMF-Schreiben zeigt, dass durch das BilMoG nicht nur die sog. umgekehrte Maßgeblichkeit, sondern die
gesamte formelle Maßgeblichkeit der Handels- für die Steuerbilanz aufgehoben wurde. Dies ermöglicht eine
weitgehend eigenständige Bilanzpolitik in beiden Rechenwerken und damit Gestaltungsmöglichkeiten, die bereits
für das Jahr 2009 bestehen. Der Preis für diese Gestaltungsfreiheit ist ein nicht zu unterschätzender administrativer Mehraufwand durch die Führung von zwei weitgehend getrennten Rechenwerken.
IV. Erbschaft- und Schenkungsteuer
1. Erbschaftsteuerlicher Zugriff ist durch Art. 14 Absatz 1 GG begrenzt
Kernaussage
Der erbschaftsteuerliche Zugriff auf das Vermögen darf nicht so hoch sein, dass dem Steuerpflichtigen kein privater Nutzen mehr verbleibt. Auch wenn bei richtiger Rechtsanwendung eine überhöhte Besteuerung die Folge wäre, gebietet die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG eine abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen.
Sachverhalt
Der Erblasser hatte seine Ehefrau als Erbin eingesetzt und dem Kläger ein Vermächtnis von 500.000 EUR zugewandt. Nach dem Tode des Erblassers konnte die Ehefrau den Vermächtnisanspruch nicht erfüllen. Der Kläger
hat daher Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen die Ehefrau betrieben und insgesamt rund 90.000 EUR realisiert. Nachdem die Ehefrau verstarb und ein Nachlassinsolvenzverfahren nach ihrem Tode mangels Masse abgewiesen wurde, waren weitere Zahlungen auf den Vermächtnisanspruch ausgeschlossen. Das beklagte Finanzamt hat jedoch eine Erbschafsteuer gegen den Kläger, ausgehend von einem Vermächtnis i. H. v. 500.000 EUR
festgesetzt. Hiergegen richtete sich die Klage.
Entscheidung
Das FG gab der Klage statt. Aus sachlichen Billigkeitsgründen nach § 163 AO können Steuern niedriger festgesetzt werden, wenn die Besteuerung im Einzellfall mit Sinn und Zweck des Gesetzes nicht vereinbar ist und den
gesetzlichen Wertungen zuwiderläuft. Zwar ist der Vermächtnisanspruch mit seinem Nennwert anzusetzen. Unerheblich ist hierfür, ob der Anspruch nach dem Bewertungsstichtag vollständig oder nur zum Teil erfüllt worden
ist. Im Lichte des Art. 14 GG war im Streitfall aber eine abweichende Steuerfestsetzung geboten, da die Vermögensverhältnisse des Steuerpflichtigen durch die Festsetzung so grundlegend beeinträchtigt wurden, dass dieser
eine erdrosselnde Wirkung zukam.
Konsequenz
Insbesondere in den Bereichen, in denen die Steuerbelastung von einer Bewertung von Vermögensgegenständen abhängt, sollte stets im Rahmen einer Gesamtbetrachtung entschieden werden, ob im Vergleich zum erworbenen Vermögen eine noch verhältnismäßige Steuerbelastung vorliegt. Zwar gibt es noch keine allgemeinverbindliche absolute Belastungsobergrenze, jedoch wird deutlich, dass es einer Korrektur im Falle einer erdrosselnden Wirkung bedarf.
2. Disquotale Gesellschaftereinlage
Kernaussage
Erhöht sich der Wert der GmbH-Beteiligung eines Gesellschafters dadurch, dass ein anderer Gesellschafter
Vermögen in die GmbH einbringt, ohne eine dessen Wert entsprechende Gegenleistung zu erhalten, liegt keine
freigebige Zuwendung des Einbringenden an den anderen Gesellschafter vor. Das gilt auch, wenn bei einer Kapitalerhöhung einer GmbH die neu entstehende Stammeinlage durch eine Sacheinlage erbracht wird und diese
mehr wert ist als die übernommene neue Stammeinlage. Der BFH hatte darüber zu entscheiden, ob die disquotale Einlage eines Gesellschafters als "freigebige Zuwendung" Schenkungssteuerpflicht auslöst.
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Sachverhalt
Die Klägerin war - neben ihrem Ehemann und weiteren Personen - mit einem Anteil von 75.000 DM am insgesamt 300.000 DM betragenden Stammkapital einer GmbH beteiligt. 1994 wurde eine Kapitalerhöhung um
100.000 DM beschlossen. Die beiden neuen Stammeinlagen sollten der Ehemann der Klägerin und ein weiterer
Gesellschafter übernehmen und durch Einbringung der Geschäftsanteile an einer anderen GmbH, an der beide
hälftig beteiligt waren, leisten. Das beklagte Finanzamt meinte, durch die Einbringung der Anteile an der GmbH
habe sich der Wert der Beteiligung an der kapitalerhöhenden GmbH um 532 DM je 100 DM des Stammkapitals
erhöht. Die daraus resultierende Erhöhung des Wertes der klägerischen Beteiligung an der kapitalerhöhenden
GmbH um 399.000 DM beruhe auf einer freigebigen Zuwendung ihres Ehemannes an sie.
Entscheidung
Eine freigebige Zuwendung des Ehemannes an die Klägerin lag nicht vor. Schenkungssteuerpflichtig sind nur
solche Vermögensverschiebungen, durch die der Bedachte auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird. Wegen der rechtlichen Eigenständigkeit des Gesellschaftsvermögens der GmbH fehlt es an einer Vermögensverschiebung zwischen den Gesellschaftern, auch wenn sich der Wert der GmbH-Beteiligung eines Gesellschafters
infolge der Einbringung von Vermögen durch einen anderen Gesellschafter erhöht.
Konsequenz
Die Entscheidung des BFH bringt Rechtssicherheit auch für die Errichtung von Familiengesellschaften in der
Rechtsform einer Kapitalgesellschaft. Bei disquotalen Einlagen muss nun nicht mehr die Gefahr von Schenkungssteuerfolgen befürchtet werden. Vor Umgehungsgestaltungen, wie etwa Vermögensverschiebungen unter
nahen Angehörigen über den Umweg einer Kapitalgesellschaft, muss aber nach wie vor gewarnt werden.
3. Anteilsübertragung unter Nießbrauchsvorbehalt
Rechtslage
Die Übertragung unternehmerischer Beteiligungen an Personengesellschaften ist nur dann erbschaftsteuerlich
privilegiert, wenn der Erwerber nicht nur Betriebsvermögen in Form der Gesellschaftsbeteiligung erhält, sondern
er auch Mitunternehmer im Sinne des Ertragsteuerrechts wird. Mit anderen Worten: Er muss insbesondere auch
unternehmerisches Risiko übernehmen und Mitunternehmerinitiative zeigen können; dies ist regelmäßig dann
nicht der Fall, wenn die übertragene Beteiligung mit einem Nießbrauch belastet ist, der auch die Stimmrechtsausübung dem Übertragenden vorbehält. Der Bundesfinanzhof hatte nun darüber zu entscheiden, ob eine
privilegierte Übertragung trotz Nießbrauchs und vorbehaltener Stimmrechte dann angenommen werden kann,
wenn der Erwerber bereits Mitunternehmer gewesen ist.
Entscheidung
Die Klägerin und ihre Mutter waren als Kommanditisten an einer GmbH & Co. KG beteiligt. Die Mutter übertrug ihre Beteiligung schenkweise unter Vorbehalt eines lebenslänglichen Nießbrauchs an die Klägerin. Außerdem sollten der Mutter die "Stimm- und sonstigen Verwaltungsrechte" zustehen. Das Finanzamt versagte den Betriebsvermögensfreibetrag und wurde durch den Bundesfinanzhof bestätigt. Den erbschaftsteuerlichen Betriebsvermögensprivilegien sei nur Genüge getan, wenn die Mitunternehmerstellung durch den geschenkten Gesellschaftsanteil vermittelt werde, und zwar auch dann, wenn der Erwerber bereits Gesellschafter der Personengesellschaft
war und er schon eine Mitunternehmerstellung hatte.
Konsequenz
Zwar ist die Entscheidung zum alten Erbschaftsteuerrecht ergangen, die ihr zugrunde liegende Norm ist aber
auch im seit dem 01.01.2009 geltenden Erbschaftsteuerrecht enthalten. Auch nach neuem Recht gilt daher, dass
der schenkweise Erwerb eines Kommanditanteils nur dann privilegiert ist, wenn die Mitunternehmerstellung durch
den erworbenen Gesellschaftsanteil vermittelt wird; und zwar selbst dann, wenn der Erwerber bereits Mitunternehmer war.
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V. Wirtschaftsrecht
1. Unterbilanzhaftung wegen unterlassener Offenlegung
Kernaussage
Die Verwendung des Mantels einer "auf Vorrat" gegründeten GmbH oder der Kauf einer Mantelgesellschaft, die
kein aktives Unternehmen mehr betreibt, stellt wirtschaftlich eine Neugründung dar. Unterbleibt die Offenlegung
der wirtschaftlichen Neugründung einer GmbH gegenüber dem Registergericht, führt dies in entsprechender Anwendung des Haftungsmodells der Unterbilanzhaftung zu einer zeitlich unbeschränkten Haftung der Gesellschafter. Gleiches gelte für den Erwerb eines Geschäftsanteils.
Sachverhalt
Eine im Dezember 1993 gegründete GmbH verfügte ausweislich des Jahresabschlusses zum 31.12.2004 bereits
Ende 2003 über keine Aktiva mehr. Im Juli 2004 beschloss die Gesellschafterversammlung eine Änderung der
Firma, eine Verlegung des Sitzes und die Änderung des Unternehmensgegenstandes. Diese Änderungen wurden
im September 2004 im Handelsregister eingetragen. Die GmbH war seit Juli 2004 mit erweitertem Geschäftszweck operativ tätig. Im Dezember 2005 wurden die Geschäftsanteile im Nennwert von 50.000 DM auf die Beklagte übertragen. Diese zahlte im März 2006 als Einlage 25.000 EUR auf das Stammkapital ein. Im Februar
2007 wurde über das Vermögen der GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet. Es wurden Forderungen i. H. v. rund
37.000 EUR zur Tabelle festgestellt. Der Kläger ist Insolvenzverwalter und nimmt die Beklagte als alleinige Gesellschafterin der Schuldnerin auf Begleichung der sämtlichen Forderungen in Anspruch.
Entscheidung
Das OLG München gab der Klage statt. Die Aufnahme der operativen Tätigkeit mit dem erweiterten Gesellschaftszweck im Juli 2004 stellt eine Mantelverwendung dar, die nach der Rechtsprechung des BGH gegenüber
dem Registergericht als wirtschaftliche Neugründung hätte offen gelegt werden müssen. Dies ist nicht geschehen, so dass insoweit das Haftungsmodell der Unterbilanzhaftung entsprechende Anwendung findet. Hiernach
haften Gesellschafter unbeschränkt für Verluste, die vor Anmeldung und Eintragung der GmbH mit der Aufnahme
der Geschäftstätigkeit entstanden sind. Die Zahlung der Beklagten auf das Stammkapital im März 2006 führt nicht
zu einer Haftungsbefreiung, da diese nicht mit einer Offenlegung der wirtschaftlichen Neugründung verbunden
war. Die Unterbilanzhaftung sichert das Vertrauen der Gläubiger auf den ungeschmälerten Bestand des Stammkapitals im Zeitpunkt der Eintragung der Gesellschaft. Aus diesem Sinn und Zweck ergibt sich, dass auch neue
Gesellschafter haften. Unerheblich ist, ob die Beklagte Kenntnis von der Mantelverwendung hatte.
Konsequenz
Die Entscheidung verdeutlicht die Gefahren einer Mantelverwendung auch für neue Gesellschafter. Im Rahmen
einer Rechtsnachfolge in den Gesellschaftsanteil sollte diese Rechtsfrage erörtert werden.
2. Keine Verpflichtung zur Regelung des Gründungsaufwands in Gesellschaftsverträgen
Kernaussage
Gründungsaufwand, der nicht von der Gesellschaft übernommen werden soll, muss in dem Gesellschaftsvertrag
keine Berücksichtigung finden. Unterbleibt die Aufnahme nämlich, haben vielmehr die Gründer mangels Übernahmebestimmung im Gesellschaftsvertrag den Aufwand zu tragen. Eine fehlende Festsetzung des Gründungsaufwands im Gesellschaftsvertrag hindert die Eintragung der Gesellschaft im Handelsregister nicht.
Sachverhalt
Ein Notar und Verfahrensbevollmächtigter der Antragstellerin reichte die Handelsregisteranmeldung einer neu
gegründeten GmbH zur Eintragung in das Handelsregister ein. In der Gründungsniederschrift des Notars war u.a.
aufgeführt, dass die Gründer die Gründungskosten tragen. Der Gesellschaftsvertrag enthielt keine Regelungen
über den Gründungsaufwand. Das Registergericht wies mittels Verfügung darauf hin, dass eine Änderung des
Gesellschaftsvertrages zu veranlassen sei, da dieser keine Regelung über den Gründungsaufwand enthalte.
Mangels entsprechender Regelung erfolgte keine Eintragung der GmbH. Hiergegen richtet sich die Beschwerde.
Entscheidung
Die Beschwerde hatte Erfolg. Die beanstandete Verfügung war aufzuheben. Das GmbHG sieht keine zwingende
Regelung über den Gründungsaufwand als Bestandteil des Gesellschaftsvertrages vor. Gründungsaufwand, der
nicht aus dem Gesellschaftsvermögen geleistet werden soll, muss im Gesellschaftsvertrag keine Berücksichtigung finden. Demgegenüber muss eine Regelung dann aufgenommen werden, wenn der Gründungsaufwand zu
Lasten der Gesellschaft übernommen wird. Der mit § 26 Absatz 2 AktG verfolgte Zweck, die aus der Übernahme
von Gründungsaufwand resultierende Vorbelastung des Stammkapitals offen zu legen, findet auch für die GmbHGründung Anwendung. Soweit der Gesellschaftsvertrag über den Gründungsaufwand nichts aussagt, sind entSeite 13 von 14
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sprechend § 26 Absatz 2 AktG die Gründer dessen alleinige Schuldner mit der Folge, dass sie diejenigen Kosten
an die GmbH erstatten müssen, die von der GmbH getragen wurden.
Konsequenz
In der Praxis ist eine Übernahme des Gründungsaufwands durch die GmbH üblich, der daher eindeutig im Gesellschaftsvertrag festzulegen ist. Nur die ordnungsgemäße Festsetzung im Gesellschaftsvertrag führt zur Unschädlichkeit einer aus der Übernahme der Kosten entstehenden Unterbilanz.
Sollten Sie feststellen, dass Sie aufgrund der in unserem Rundschreiben angesprochenen Themen Beratungs- oder Handlungsbedarf haben, stehen wir Ihnen selbstverständlich gern für eine persönliche Beratung zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
WRT Revision und Treuhand GmbH
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
Steuerberatungsgesellschaft
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