GmbH-Info 03/2012

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GmbH-Info 03/2012
Mandanten-Information für GmbH-Geschäftsführer Nr. 3/2012
Sehr geehrte Damen und Herren,
das Damokles-Schwert der verdeckten Gewinnausschüttung, das über allen Leistungsvergütungen einer GmbH an ihre Gesellschafter schwebt (Nr. 1), dürfte bereits weithin bekannt
sein. Weniger bekannt, weil erst neuerdings von der Finanzverwaltung und der Finanzrechtsprechung erkannt, dürften die schenkungsteuerlichen Konsequenzen von verdeckten Gewinnausschüttungen sein (Nr. 2).
Über diverse Haftungsrisiken eines GmbH-Geschäftsführers informieren die Beiträge Nr. 4,
5, 7 und 10.
Mit freundlichen Grüßen
Aus dem Inhalt:
1
2
3
4
5
Verdeckte Gewinnausschüttungen (1): Ertragsteuerliche Auswirkungen
Verdeckte Gewinnausschüttungen (2): Schenkungsteuerliche Auswirkungen
Nur-Pensionszusage ohne Aktivgehalt wird steuerlich nicht anerkannt
„Strohmann“-Geschäftsführer: Haftung für nicht abgeführte Lohnsteuer
Bürgschaft des Geschäftsführers zu Gunsten der GmbH: Bürgschaftsaufwand
als Werbungskosten abzugsfähig
6 GmbH-Anteilsveräußerung: Auswirkungen einer nachträglichen Kaufpreiserhöhung
aufgrund einer Besserungsklausel
7 Offenlegung des Jahresabschlusses: Überwachungspflicht des Geschäftsführers
nach Beauftragung eines Steuerberaters
8 Entlastung des GmbH-Geschäftsführers: Zur Abgrenzung zwischen Entlastung und
Generalbereinigung
9 Bestellung zum GmbH-Geschäftsführer: Bei der Anmeldung zum Handelsregister
auf korrekte Angaben achten
10 Geschäftsführer-Haftung: Persönliche Haftung wegen mangelhafter Leistung
der GmbH?
Mandanten-Information für GmbH-Geschäftsführer
1
Verdeckte Gewinnausschüttungen (1):
Ertragsteuerliche Auswirkungen
In nahezu jeder Mandanten-Information berichten wir
über Fälle verdeckter Gewinnausschüttungen (vGA) einer GmbH an ihre Gesellschafter oder an ihnen nahestehende Personen. Grund dafür sind die vielfältigen Leistungsbeziehungen, die zwischen der Gesellschaft und
ihren Gesellschaftern bestehen können. Betriebsprüfer
nehmen die in diesem Rahmen vereinbarten Leistungsvergütungen (z.B. Miete, Pacht oder Gehalt) bevorzugt
„unter die Lupe“, weil sie hoffen, auf überhöhte Vergütungen zu stoßen und damit ein Mehrsteuerergebnis für den
Fiskus einzufahren.
Aufgrund eines aktuellen Erlasses der Finanzverwaltung
und einer Änderung des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes drohen bei vGA von Familien-GmbHs nunmehr
zusätzliche Belastungen der begünstigten Personen mit
Schenkungsteuer (vgl. Beitrag Nr. 2).
Eine verdeckte Gewinnausschüttung liegt bei einer Kapitalgesellschaft vor, wenn diese einem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei Anwendung
der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte. Der unmittelbaren Zuwendung an einen Gesellschafter
steht die Zuwendung an einen Dritten gleich, wenn diese
durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist. Falls der
Dritte eine einem Gesellschafter nahestehende Person
ist, wertet die Rechtsprechung dies als Indiz für die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis.
In der Praxis stellt sich häufig die Frage, was sind „nahestehende Personen“? Die Rechtsprechung interpretiert diesen Begriff sehr weit. Zur Begründung des „Nahestehens“
reicht jede Beziehung eines Gesellschafters der GmbH zu
einer anderen Person aus, die den Schluss zulässt, der
Gesellschafter habe die Vorteilszuwendung der Kapitalgesellschaft an die andere Person beeinflusst. Derartige
Beziehungen können familienrechtlicher, gesellschaftsrechtlicher, schuldrechtlicher oder auch rein tatsächlicher
Art sein. Nahestehende Personen können demnach natürliche und juristische Personen sein:
Nr. 3/2012
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Verdeckte Gewinnausschüttungen (2):
Schenkungsteuerliche Auswirkungen
In der Vergangenheit gingen die Finanzbehörden in der
Regel bei einer vGA zu Gunsten einer dem Gesellschafter
nahestehenden Person von einer Schenkung des Gesellschafters an die nahestehende Person aus.
Beispiel 1:
Der Vater V ist Alleingesellschafter der V-GmbH. Sein
Sohn S ist Geschäftsführer der GmbH. Im Rahmen einer
Betriebsprüfung wird für einen Zeitraum von drei Jahren
das Gehalt des S als überhöht eingestuft. Daraus resultiert
eine vGA in Höhe von 300.000 Euro, die dem V in voller
Höhe zugerechnet wird.
Schenkungsteuerlich wurde dies bislang allenfalls als
Schenkung des Vaters V an seinen Sohn S gewertet. Als
Sohn hatte S die Steuerklasse I (§ 15 ErbStG), die ihm
einen Freibetrag in Höhe von 400.000 Euro sicherte, sodass in vielen Fällen keine Schenkungsteuer anfiel. In der
Praxis spielte die Schenkungsteuer anlässlich einer vGA
daher meist nur eine untergeordnete Rolle.
Eine Änderung dieser Auffassung wurde eingeleitet durch
ein BFH-Urteil vom 7.11.2007. In diesem Urteil stellte der
BFH klar, dass eine Schenkungsteuer auslösende freigebige Zuwendung an eine nahestehende Person im Fall
einer vGA ausschließlich durch die GmbH erfolgt – nicht
also durch den Gesellschafter.
Die Finanzbehörden der Länder brauchten drei Jahre Zeit,
um über die Konsequenzen dieses Urteils nachzudenken;
dann schlossen sie sich in einem koordinierten Ländererlass vom 20.10.2010 der Auffassung des BFH an. Seitdem
ist davon auszugehen, dass die Aufdeckung von vGA häufiger zu Kontrollmitteilungen an die Schenkungsteuerstellen der Finanzämter führt.
Möglicherweise haben die Finanzbehörden aber auch
deshalb so lange über das BFH-Urteil vom 7.11.2007 „gebrütet“, weil sie sich über die existenzbedrohenden Folgen
der BFH-Rechtsprechung für Familien-GmbHs im Klaren
waren.
Beispiel 2:
– Eheleute, Verwandte, Kinder und auch der geschiedene
Ehepartner
– Schwester- und Konzerngesellschaften; auch Gesellschaften, an denen Angehörige des Gesellschafters
beteiligt sind.
Stellt der Betriebsprüfer eine vGA fest, wird er den Gewinn
des Prüfungszeitraums entsprechend erhöhen. Als Konsequenzen ergeben sich eine höhere Körperschaft- und
Gewerbesteuer für die GmbH. Außerdem ist die vGA dem
Gesellschafter als Kapitalertrag im Sinne von § 20 Abs. 1
Nr. 1 EStG zuzurechnen und von ihm mit der 25-prozentigen Abgeltungsteuer zzgl. Solidaritätszuschlag zu versteuern. Das gilt auch dann, wenn die vGA nicht dem
Gesellschafter, sondern einer ihm nahestehenden Person
zugewendet worden ist.
2
Sachverhalt wie im Beispiel 1. Nach der BFH-Rechtsprechung wird nunmehr eine freigebige Zuwendung der
GmbH an den Fremdgeschäftsführer S angenommen.
Da jetzt eine Schenkung unter Fremden vorliegt, wird die
Schenkung in Steuerklasse III mit einem wesentlich geringeren Freibetrag von lediglich 20.000 Euro (ab 1.1.2009)
versteuert. Der Steuersatz beträgt bei einem steuerpflichtigen Betrag bis 300.000 Euro 30 Prozent, sodass nach
Abzug des Freibetrags eine Schenkungsteuer in Höhe von
30 Prozent von 280.000 Euro = 84.000 Euro anfällt.
Um derartige ruinöse Konsequenzen zu vermeiden, hat
sich der Gesetzgeber im Beitreibungsrichtlinie-Gesetz
vom 13.12.2011 etwas einfallen lassen: § 15 Abs. 4 des
Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes wurde neu gefasst. Danach ist bei einer Schenkung durch eine Kapitalgesellschaft das persönliche Verhältnis des Erwerbers (der
Mandanten-Information für GmbH-Geschäftsführer
nahestehenden Person) zum Gesellschafter der Besteuerung zugrunde zu legen.
Hier werden also lediglich die Rechtsfolgen der Zuwendung neu geregelt. Es bleibt aber dabei, dass die GmbH
als Schenker auftritt. Außerdem wird die Schenkung dem
veranlassenden Gesellschafter im Rahmen der Zusammenrechnung mehrerer Zuwendungen innerhalb von zehn
Jahren (§ 14 ErbStG) zugerechnet. Das neue Recht gilt
seit dem 13.12.2011.
Beispiel 3:
Sachverhalt wie im Beispiel 1 mit der Änderung, dass die
vGA dem S erst nach dem 13.12.2011 zufließt.
Die vGA bliebe zunächst einmal ohne Schenkungsteuerfolgen, da bei der Steuerberechnung eine Zuwendung
zwischen Vater und Kind unterstellt wird, die nach Steuerklasse I zu versteuern ist, also erst nach Abzug des persönlichen Freibetrags in Höhe von 400.000 Euro. In der
Praxis sollte auch dies nicht unterschätzt werden, denn
der persönliche Freibetrag, der für die spätere Unternehmensnachfolge genutzt werden könnte, ist damit zu einem
guten Teil aufgebraucht.
3
Nur-Pensionszusage ohne Aktivgehalt
wird steuerlich nicht anerkannt
Will ein Gesellschafter-Geschäftsführer ausschließlich gegen eine Pensionszusage für seine GmbH tätig werden
(sog. Nur-Pension), wird diese Vergütungsabrede steuerlich nicht anerkannt. Gleichwohl gebildete Pensionsrückstellungen werden als vGA behandelt. Dies gilt auch,
wenn einem GmbH-Geschäftsführer mit GesellschafterStatus neben seinem Aktivgehalt eine Pension zugesagt
wurde und später auf das Aktivgehalt verzichtet wird.
So entschied das Finanzgericht Hamburg mit Urteil vom
20.7.2011.
Im Sachverhalt war S alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der B-GmbH. In seinem Anstellungsvertrag
aus dem Jahr 1984 wurde ihm ein monatliches Gehalt von
15.000 DM, in der Anlaufphase begrenzt auf 10.000 DM,
sowie eine Tantieme in Höhe von 33,3 Prozent vom jährlichen Rohüberschuss zugesagt. Gemäß Nachtrag zum
Anstellungsvertrag erhielt er ab dem 1.1.2000 keine monatlichen Gehaltszahlungen mehr. Er wurde für Aufgaben
in einer anderen Gesellschaft der Unternehmensgruppe
freigestellt. Sein Vertrag sollte aber offenbar bestehen bleiben, insbesondere im Hinblick auf Kündigungs- und vorhandene Versorgungsrechte.
Nach einer Außenprüfung löste das Finanzamt die Pensionsrückstellung auf, soweit sie auf die Pensionszusage
der B-GmbH entfiel, weil ab 2000 kein Gehalt mehr gezahlt
worden war und die zugesagte Invaliden- und Altersrente
(60 Prozent des letzten Gehalts) damit 0 DM/EUR betrug.
Die Klage der B-GmbH hatte keinen Erfolg. Das Finanzamt hat nach Auffassung des Finanzgerichts die Pensionsrückstellung zu Recht aufgelöst, soweit sie auf der Versorgungszusage der B-GmbH beruhte.
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Gemäß seinem Anstellungsvertrag erhielt S eine monatlich zu zahlende Pension in Höhe von 60 Prozent der im
letzten Geschäftsjahr vor seinem Ausscheiden vereinbarten Bezüge. Hierdurch wurde die Versorgungshöhe ohne
Einschränkungen an die Vergütungshöhe geknüpft. Da
die laufende Vergütung auf 0 DM/EUR herabgesetzt wurde, betrug die maßgebliche Bezugsgröße für die Pension
ebenfalls 0 DM/EUR. Dass die Parteien vermutlich die Absicht hatten, die bis dahin erdiente Altersversorgung des
Geschäftsführers – trotz der Freistellung bei der B-GmbH
und Reduzierung der monatlichen Bezüge auf 0 DM/EUR
– aufrechtzuerhalten und auf dem bisherigen Niveau einzufrieren, ändert nach Ansicht des Finanzgerichts nichts.
Bei Aufrechterhaltung der Altersversorgung unter Absenkung der laufenden Bezüge auf 0 DM/EUR ist ein Fall der
sogenannten Nur-Pension gegeben, die wegen der damit
einhergehenden Überversorgung die Voraussetzung des
§ 6a EStG (Bildung einer Pensionsrückstellung) entfallen
lässt. Nach der Rechtsprechung des BFH, der das Finanzgericht folgt, zieht die Zusage einer Nur-Pension, ohne
dass dem eine ernstlich vereinbarte Umwandlung anderweitig vereinbarten Barlohns zugrunde liegt, regelmäßig
eine Überversorgung nach sich.
4
„Strohmann“-Geschäftsführer: Haftung
für nicht abgeführte Lohnsteuer
Wer zum Geschäftsführer einer GmbH bestellt worden ist,
haftet auch dann persönlich für nicht abgeführte Lohnsteuerabzugsbeträge, wenn unternehmensintern eine andere
Person für die Anmeldung und Abführung der Lohnsteuer
zuständig ist. So entschied das Finanzgericht (FG) München mit Urteil vom 26.11.2010.
Im Urteilsfall war A alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der X-GmbH. Für den Zeitraum Dezember 2004 bis
Februar 2005 meldete die X-GmbH beim Finanzamt zwar
die Lohnsteuerabzugsbeträge an, führte sie aber nicht ab.
Als diese Lohnsteuerschuld nach Zurückweisung eines Insolvenzantrags mangels Masse noch offen war, nahm das
Finanzamt A mit Haftungsbescheid in Anspruch.
Den hiergegen eingelegten Einspruch begründete A damit, er habe seit 1995 nur für die Y-GmbH des B gearbeitet.
Zur Gründung der X-GmbH habe ihn B im Juli 2003 unter
genauen Vorgaben bewegt. Er habe nach außen hin zwar
die Geschäftsführerstellung wahrgenommen, tatsächlich
aber keinerlei Kompetenzen gehabt. Ohne ihn zu informieren, seien alle Entscheidungen von B getroffen worden. Er
sei letztlich nur „Strohmann“ des B gewesen. Auch die in
Rede stehenden Lohnsteueranmeldungen seien von Mitarbeitern des B übersandt worden.
Der Einspruch hatte keinen Erfolg, weshalb A gegen den
Haftungsbescheid klagte.
Nach Auffassung des FG München hat das Finanzamt A
zu Recht in Haftung genommen. Das Gericht begründete
seine Entscheidung folgendermaßen:
Nach § 191 Abs. 1 Satz 1 AO kann durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen werden, wer kraft Geset-
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Mandanten-Information für GmbH-Geschäftsführer
zes für eine Steuer haftet. Nach § 69 in Verbindung mit §
34 AO haften die gesetzlichen Vertreter juristischer Personen, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis
infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Pflichtverletzung nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt
werden. Gesetzlicher Vertreter ist bei einer GmbH deren
Geschäftsführer.
Der Geschäftsführer hat also dafür Sorge zu tragen, dass
die Lohnsteuerabzugsbeträge für die Angestellten der
GmbH einbehalten, fristgerecht beim Finanzamt angemeldet und auch abgeführt werden. Bereits die pflichtwidrige Nichtabführung der Lohnsteuerabzugsbeträge zu den
gesetzlichen Fälligkeitszeitpunkten ist regelmäßig als grob
fahrlässige Verletzung der Pflichten eines GmbH-Geschäftsführers zu werten.
A war zum alleinigen Geschäftsführer der GmbH bestellt
worden. Das reichte aus, um ihn nach § 69 AO persönlich
in Anspruch zu nehmen. Ob und in welchem Umfang er
die seiner Stellung entsprechenden Aufgaben ausübte, ist
nicht entscheidungserheblich.
Die sich aus dem Gesetz ergebenden Pflichten des Geschäftsführers einer GmbH sind wegen ihres öffentlichen
Charakters nicht abdingbar. Daher entfällt die Haftung
des nominell bestellten Geschäftsführers nicht deswegen,
weil er nur „Strohmann“ war und ein anderer faktisch die
Geschäfte der GmbH bestimmte.
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Bürgschaft des Geschäftsführers zu
Gunsten der GmbH: Bürgschaftsaufwand als Werbungskosten abzugsfähig
Es mehren sich in der Praxis die Fälle, in denen die Bestellung zum Geschäftsführer einer GmbH von der Übernahme
einer Bürgschaft zu Gunsten der Gesellschaft abhängig
gemacht wird. Auf diese Weise soll u.a. erreicht werden,
dass sich der Geschäftsführer noch stärker als sonst mit
den Unternehmenszielen identifiziert. Wird der Geschäftsführer später aus der Bürgschaft in Anspruch genommen,
stellt sich die Frage, ob er die Bürgschaftszahlungen als
Werbungskosten steuerlich absetzen kann.
Um diese Frage ging es auch in einem Fall, den der BFH
mit Urteil vom 16.11.2011 entschieden hat. Nach dem
Sachverhalt hatte sich der Geschäftsführer für die GmbH
verbürgt. Es war außerdem geplant, dass er eine Beteiligung übernehmen sollte. Dazu kam es allerdings nicht
mehr, weil die GmbH vorher insolvent wurde.
Der BFH bejahte die Abzugsfähigkeit der Bürgschaftsaufwendungen als Werbungskosten bei den Einkünften
aus nichtselbstständiger Arbeit. Nur dann, wenn der Geschäftsführer im Zeitpunkt der Bürgschaftsübernahme mit
mehr als zehn Prozent an der Gesellschaft beteiligt ist, ist
die Bürgschaftsübernahme vorrangig durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst. In diesem Fall ist der Bürgschaftsaufwand nicht als Werbungskosten abzugsfähig,
sondern stellt nachträgliche Anschaffungskosten auf die
Beteiligung dar, die sich erst im Fall eines Anteilsverkaufs
oder der Auflösung der Gesellschaft steuermindernd auswirken (§ 17 EStG).
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Nr. 3/2012
6
GmbH-Anteilsveräußerung:
Auswirkungen einer nachträglichen
Kaufpreiserhöhung aufgrund einer
Besserungsklausel
Anlässlich des Verkaufs eines GmbH-Anteils wird bisweilen
eine Besserungsklausel mit folgendem sinngemäßen Inhalt
vereinbart: Erzielt die GmbH innerhalb eines festgelegten
Zeitraums nach der Veräußerung einen (höheren) Gewinn
von X Euro, verpflichtet sich der Erwerber des Anteils zu
einer zusätzlichen Zahlung von Y Euro. Mit der Frage, wie
eine solche „Nachzahlung“ steuerlich zu behandeln ist, hatte sich das Finanzgericht (FG) München zu befassen.
Im Urteilsfall veräußerte der alleinige Gesellschafter einer
GmbH mit einem Stammkapital von 25.000 DM im Jahr
2000 einen Teilgeschäftsanteil von 13.000 DM für 1,95
Mio. DM. Der Gewinn nach § 17 EStG von rund 1,9 Mio.
DM wurde im Veranlagungszeitraum 2000 versteuert. Der
Einkommensteuerbescheid erging im Hinblick auf die Einkünfte nach § 17 EStG vorläufig.
Laut Kaufvertrag hatte der Gesellschafter Anspruch auf
Zahlung eines zusätzlichen Einmalbetrags, falls die GmbH
in einem vorgegebenen Zeitraum einen bestimmten kumulierten Überschuss erzielen sollte. Aufgrund dieser Besserungsregelung erhielt er im Jahr 2004 weitere 1,3 Mio. DM.
Das Finanzamt änderte daraufhin den Einkommensteuerbescheid 2000 aufgrund eines rückwirkenden Ereignisses
und erhöhte den Veräußerungsgewinn. Der Gesellschafter
wollte demgegenüber den zusätzlichen Veräußerungsgewinn erst im Jahr 2004 versteuern, in dem ihm der Betrag
zugeflossen war. Die dagegen gerichtete Klage hatte keinen Erfolg.
Das Finanzamt durfte den Einkommensteuerbescheid
2000 aufgrund der Vorläufigkeit ändern. Die im Jahr 2004
geleistete Zahlung ist im Jahr 2000 zu erfassen, da
– der Gewinn nach § 17 EStG grundsätzlich im Zeitpunkt
der Veräußerung mit Übergang des wirtschaftlichen
Eigentums entsteht. Spätere Änderungen des Kaufpreises, etwa wegen Uneinbringlichkeit, nachträglicher
Minderung, Aufhebung des Kaufvertrags, abschließender Einigung auf einen höheren Kaufpreis oder
Zielerreichung bei einem gewinnabhängigen Kaufpreis,
wirken nach ständiger Rechtsprechung auf den Veräußerungszeitpunkt zurück;
– die Besserungsregelung den Charakter einer gewinnabhängigen Kaufpreiserhöhung hat. Sie stellt eine
nachträgliche Gegenleistung für die Anteilsübertragung
dar, welche die nachgewiesene höhere Werthaltigkeit
des Geschäftsanteils abgelten soll. Dass diese Klausel
als Besserungsschein bezeichnet wurde, ändert daran
nichts.
Aus den vorstehenden Gründen war der Gewinn des Jahres 2000 um den im Jahr 2004 gezahlten Kaufpreis von
1,3 Mio. DM zu erhöhen. Das Bemühen des Klägers, die
„Nachzahlung“ in einen Veranlagungszeitraum zu verlagern, in dem das Halbeinkünfteverfahren galt (Versteuerung des Veräußerungsgewinns nur zur Hälfte), ist vorerst
gescheitert. Das letzte Wort in diesem Verfahren hat nun
der BFH.
Mandanten-Information für GmbH-Geschäftsführer
7
Offenlegung des Jahresabschlusses:
Überwachungspflicht des Geschäftsführers nach Beauftragung eines
Steuerberaters
Hat eine GmbH ein Wirtschaftsjahr, das mit dem Kalenderjahr übereinstimmt, muss der Geschäftsführer den Jahresabschluss der Gesellschaft für 2011 bis zum 31.12.2012
beim Betreiber des elektronischen Bundesanzeigers einreichen. Geschieht dies nicht oder erst verspätet, droht die
Festsetzung eines Ordnungsgeldes von mindestens 2.500
Euro und höchstens 25.000 Euro. Das Ordnungsgeld kann
sowohl gegenüber dem Geschäftsführer als auch gegenüber der GmbH festgesetzt werden (§ 335 HGB).
Droht dem Geschäftsführer ein Ordnungsgeldverfahren
auch dann, wenn er mit der Offenlegung den Steuerberater der Gesellschaft beauftragt hat? Mit dieser Frage
hatte sich das Landgericht (LG) Bonn in einem Urteil vom
21.3.2011 zu befassen, dem folgender Sachverhalt zu
Grunde lag:
Die A-GmbH wendet sich gegen die Festsetzung eines
Ordnungsgeldes von 2.500 Euro wegen verspäteter Einreichung der Jahresabschlussunterlagen 2007 bei dem
Betreiber des elektronischen Bundesanzeigers. Das Bundesamt für Justiz hatte der A-GmbH die Verhängung eines
Ordnungsgeldes mit Verfügung vom 15.4.2009 angedroht
und eine Nachfrist von sechs Wochen (bis 2.6.2009) gesetzt. Die A-GmbH hatte daraufhin einen Steuerberater
beauftragt, der die Unterlagen am 28.6.2009 eingereicht
hat. Das LG hält die rechtzeitig eingelegte sofortige Beschwerde gegen das festgesetzte Ordnungsgeld für unbegründet.
Seit 1986 müssen Kapitalgesellschaften ohne persönlich
haftende Gesellschafter ihre Jahresabschlüsse offenlegen.
Bis 2007 brauchten sie im Falle einer Zuwiderhandlung
keine Folgen zu fürchten. Dies änderte sich durch das Inkrafttreten des Gesetzes über das elektronische Handelsund Unternehmensregister, kurz EHUG, ab 2007. Danach
wird eine Nichtveröffentlichung – auch eine verspätete
Publizierung – durch ein Ordnungsgeld geahndet. Seine
Festsetzung, für die es keinen Ermessensspielraum gibt,
setzt nach § 335 Abs. 1 HGB voraus, dass die Gesellschaft
ihre Pflichten (§§ 325 f. HGB) schuldhaft verletzt hat. Der
Verschuldensvorwurf, der positiv festzustellen ist, muss
sich dabei insbesondere auf das fruchtlose Verstreichen
der mit der Androhungsverfügung gesetzten Nachfrist beziehen.
Nach den Feststellungen des LG ist die A-GmbH nach
Erhalt der Androhungsverfügung zwar ohne schuldhaftes
Zögern aktiv geworden, sie hat aber die bei ihr verbliebene Überwachungspflicht verletzt . Es entspricht der
ständigen Rechtsprechung des BVerfG, das keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen ein Ordnungsgeld
wegen verspäteter Offenlegung eines Jahresabschlusses
bestehen.
Der A-GmbH bleibt es unbenommen, zur Erfüllung gesetzlicher Pflichten (hier: Erstellung und Einreichung der
Jahresabschlussunterlagen) Dritte hinzuzuziehen. Hat die
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Gesellschaft einen unmissverständlichen Auftrag erteilt
und handelt es sich bei dem Dritten um eine Person, die
regelmäßig beruflich mit der Erfüllung derartiger Pflichten
betraut ist (zum Beispiel ein Steuerberater), darf die Gesellschaft grundsätzlich darauf vertrauen, dass der Dritte
die ihm übertragene Pflicht ordnungsgemäß erfüllt. Die
Hinzuziehung eines solchen Dritten führt jedoch nicht dazu, dass die Gesellschaft in jeder Hinsicht von der zu erfüllenden gesetzlichen Pflicht befreit wird. Die Gesellschaft
hat zu überwachen, ob der von ihr beauftragte Dritte die
übertragenen Aufgaben ordnungsgemäß erfüllt. Sie muss
organisatorische Maßnahmen dafür treffen, dass sie auch
nach der Beauftragung des Dritten über den Fortgang der
Pflichtenerfüllung und etwaige Probleme dabei unterrichtet
bleibt.
Eine Offenlegung nach Ablauf der Nachfrist (sog. Nachholung) lässt eine Ordnungsgeldandrohung wegen des
Sanktionscharakters einer bereits eingetretenen Pflichtverletzung nicht entfallen. Eine Herabsetzung des Ordnungsgeldes unter den Mindestbetrag von 2.500 Euro
oder ein Erlass aus Billigkeitsgründen ist grundsätzlich
unzulässig, und zwar auch dann, wenn das im Einzelfall
vorliegende Verschulden als gering anzusehen ist. Einzige
Ausnahme ist § 335 Abs. 3 Satz 5 HGB. Danach ist eine
Herabsetzung des Ordnungsgeldes nur bei einer geringfügigen Fristüberschreitung möglich (nach der LG-Rechtsprechung maximal zwei Wochen).
8
Entlastung des GmbH-Geschäftsführers: Zur Abgrenzung zwischen Entlastung und Generalbereinigung
Anlässlich der Feststellung des Jahresabschlusses für das
abgelaufene Wirtschaftsjahr oder im Anschluss an die Abberufung des Geschäftsführers stellt sich regelmäßig die
Frage nach seiner Entlastung für die von ihm zu verantwortende Geschäftsführung in der Vergangenheit. Zuständig für diese Entlastung ist die Gesellschafterversammlung
(§ 46 Nr. 5 GmbHG).
Bedeutet eine solche Entlastung, dass damit auf alle möglichen Regressansprüche gegen den Geschäftsführer verzichtet wird, wenn sich in den nächsten Monaten Pflichtverletzungen – gleich welcher Art – aus seiner Amtsführung in
der Vergangenheit ergeben würden? Kann ihm ferner die
Entlastung ohne konkrete Begründung versagt werden?
Mit der Entlastung des Geschäftsführers billigt die Gesellschafterversammlung die vergangene Amtsführung und
spricht dem Entlasteten – sofern nicht abberufen – für die
Zukunft das Vertrauen aus. Der entlastete Geschäftsführer
wird damit von allen, bei der Beschlussfassung erkennbaren Ersatzansprüchen freigestellt. Die Entlastungswirkung tritt mit der Beschlussfassung ein.
Die Entlastung ist aber kein Verzicht auf die Geltendmachung aller Ersatzansprüche gegen den Geschäftsführer.
Die Freistellung umfasst nur solche Erstattungsansprüche,
die bei sorgfältiger Prüfung aller Vorlagen und erstatteter
Berichte für die Gesellschafterversammlung zum Zeitpunkt der Beschlussfassung erkennbar waren. Hat der Ge-
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Mandanten-Information für GmbH-Geschäftsführer
schäftsführer hingegen auf eine Verschleierung hingewirkt,
entfällt die Entlastungswirkung.
Die Entlastung ist zu unterscheiden von der weiter gehenden sog. Generalbereinigung, die einen Verzichts- oder
Erlassvertrag zwischen Geschäftsführer und Gesellschaft
darstellt. Mit der Generalbereinigung kann ein umfassender Verzicht auf alle denkbaren, mit der GeschäftsführerPosition zusammenhängenden Ersatzansprüche vereinbart werden – unabhängig davon, ob diese Ansprüche
erkennbar oder bekannt waren. Der Verzicht findet seine
Grenze jedoch im Rahmen der gesetzlichen Gläubigerschutzvorschriften oder gegebenenfalls entgegenstehender Regelungen des Gesellschaftsvertrags.
Ein Anspruch auf Entlastung besteht für den Geschäftsführer nicht . Sollte die Gesellschafterversammlung ihm
die Entlastung mit der Begründung einer pauschalen
Pflichtwidrigkeit verweigern oder sogar konkrete Ersatzansprüche geltend machen, so ist dem Geschäftsführer
der Klageweg hiergegen eröffnet (negative Feststellungsklage). Anders wenn die Entlastung ohne Begründung
verweigert wird: Nach herrschender Meinung besteht in
diesem Fall kein Feststellungsinteresse des Geschäftsführers, sodass ihm der Klageweg damit verwehrt ist. Dem
Geschäftsführer steht in diesem Fall nur die Möglichkeit
der Amtsniederlegung offen – evtl. in Verbindung mit einer
außerordentlichen Kündigung seines Anstellungsvertrags
und der Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen.
9
Bestellung zum GmbH-Geschäftsführer:
Bei der Anmeldung zum Handelsregister auf korrekte Angaben achten
Ein neu bestellter GmbH-Geschäftsführer versicherte in
seiner Anmeldung zum Handelsregister, „dass keine Umstände vorliegen, aufgrund derer er nach § 6 Abs. 2 Satz 2
Nr. 2 und 3 sowie Satz 3 GmbHG von dem Amt als Geschäftsführer ausgeschlossen wäre. Während der letzten
fünf Jahre erfolgte im Inland (bzw. im Ausland wegen mit
nachstehenden Taten vergleichbarer Straftaten) keine Verurteilung wegen einer oder mehrerer vorsätzlich begangener Straftaten ...“.
Das Registergericht hat die Anmeldung beanstandet, weil
die Versicherung des Geschäftsführers bei der Fünf-Jahresfrist auf den Zeitpunkt der Verurteilung, nicht aber auf
den später liegenden Zeitpunkt des Eintritts der Rechtskraft einer erfolgten Verurteilung abstelle. Die hiergegen
gerichtete Beschwerde ist vom Beschwerdegericht zurückgewiesen worden.
Auch der BGH hat die Auffassung des Registergerichts
bestätigt. Die Eintragung des Geschäftsführers kann aufgrund des vorliegenden Wortlauts der Versicherung so
nicht erfolgen.
Der BGH bezieht sich hierbei auf den Wortlaut des § 39
Abs. 3 Satz 1 GmbHG. Danach hat ein neuer Geschäftsführer in seiner Anmeldung zu versichern, dass keine Umstände vorliegen, die seiner Bestellung nach § 6 Abs. 2
Satz 2 Nr. 2 und 3 sowie Satz 3 GmbHG entgegenstehen,
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und dass er über seine unbeschränkte Auskunftspflicht gegenüber dem Gericht belehrt worden ist. Nach § 6 Abs. 2
Satz 2 Nr. 3 GmbHG kann Geschäftsführer einer GmbH
nicht sein, wer wegen einer oder mehrerer der dort im
Einzelnen aufgeführten vorsätzlich begangenen Straftaten
verurteilt worden ist. Der Ausschluss vom Geschäftsführeramt gilt für die Dauer von fünf Jahren seit Rechtskraft
des Urteils.
Hieraus schlussfolgert der BGH, dass der Zeitpunkt, auf
den sich die Versicherung des Geschäftsführers beziehen
muss, eindeutig der Eintritt der Rechtskraft des Urteils ist.
10 Geschäftsführer-Haftung: Persönliche
Haftung wegen mangelhafter Leistung
der GmbH?
Ein Kunde der A-GmbH hatte einen Pick-up (Pritschenwagen) erworben, der vor der Auslieferung vereinbarungsgemäß umgebaut werden musste. Bei der Übergabe stellte sich heraus, dass der Wagen Mängel hatte. Zu einer
Mängelbeseitigung kam es nicht mehr, weil die A-GmbH
zwischenzeitlich insolvent geworden war. Das Verkaufsgespräch war durch Mitarbeiter der A-GmbH geführt worden.
Der Kunde hat daraufhin den ehemaligen Geschäftsführer der A-GmbH auf Schadenersatz verklagt aufgrund von
Organisationsverschulden. LG und OLG haben die Klage
abgewiesen.
Die Annahme einer persönlichen Haftung des Geschäftsführers aufgrund einer Pflichtverletzung durch Organisationsverschulden setzt voraus, dass dieser eine Garantenstellung innehatte.
Diese ergab sich nicht aus der Tatsache, dass der Umbau
des Pick-up vor Verkauf an den Kläger sicherheitsrelevante Arbeiten betraf und aus einer fachwidrigen Ausführung
Leib- und Lebensgefahren entstehen konnten, da dies zum
regelmäßigen Geschäftsbetrieb der A-GmbH als Autohaus
gehört. In derart gelagerten Fällen würde die Annahme einer Garantenstellung dazu führen, dass Geschäftsführer
von Gesellschaften, die sicherheitsrelevante Arbeiten ausführen (z.B. Autowerkstatt, Elektrogeschäft, Baufirma), unabhängig von der Unternehmensform nahezu immer persönlich auf Schadenersatz in Anspruch genommen werden
könnten. Es ist aber gerade Sinn und Zweck des Handelns
durch juristische Personen, die hinter ihnen stehenden natürlichen Personen von einer Haftung freizuhalten. Deshalb
hat das OLG eine haftungsrelevante Pflichtverletzung
des Geschäftsführers wegen einer unterlassenen wirksamen Ausgangskontrolle der verkauften Fahrzeuge auf
sicherheitsrelevante Mängel zu Recht abgelehnt.
Auch wenn das OLG bestätigt, dass nicht jedes Organisationsverschulden eine Außenhaftung des Geschäftsführers begründet, kann diesem zur Vermeidung von Haftungsrisiken nur empfohlen werden, „sein“ Unternehmen
so zu organisieren, dass das rechtmäßige Handeln der
Mitarbeiter überwacht werden kann und Schwachstellen
in der Organisation möglichst frühzeitig sichtbar werden
(z.B. Einführung von Reporting-Pflichten, Integration eines
Qualitätsmanagementsystems).