13(2002)1 - Bibliothek für Bildungsgeschichtliche Forschung

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13(2002)1 - Bibliothek für Bildungsgeschichtliche Forschung
Mitteilungsblatt
des Förderkreises Bibliothek für
Bildungsgeschichtliche Forschung e. V.
13 (2002) 1
Impressum
Herausgeber:
Redaktion.
Förderkreis Bibliothek für
Bildungsgeschichtliche Forschung e.V.
Christian Ritzi
Redaktionsschluss für diese Ausgabe: 22. Februar 2002
Geschäftsstelle: Prof. Dr. Hanno Schmitt, Bibliothek für Bildungsgeschichtliche Forschung, PF 17 11 38,
D-10203 Berlin
Tel.: (030) 29 33 60 - 0
Inhalt
Seite
Was getan, was geplant ist
1
Deutsch lernen in Fraktur. Plain Children: eine Ausstellung über Erziehung und Bildung der Amish People
5
Die Bibliothek der "Gesellschaft der Freunde des
vaterländischen Schul- und Erziehungswesens" ...
7
Von Johann Carl Daniel Curio, Peter Breiß, der "Gesellschaft der Freunde" und ihrer Bibliothek
10
Ansprache anlässlich der Übergabe der GEW-Bibliothek
an die Bibliothek für Bildungsgeschichtliche Forschung
15
Der Pestalozzi-Fröbel-Verband und sein Archiv
18
Lesefrüchte aus dem Bestand der BBF
Einige Überlegungen und Anmerkungen zu Bertha von
Marenholtz-Bülow (1816 - 1893)
29
Anton Friedrich Büschings, Königl. Preußi. Oberconsistorialraths Beschreibung seiner Reise von Berlin
über Potsdam nach Rekahn unweit Brandenburg, ...
33
Die "Deutsche Volkserziehung" als Quelle für das
Zentralinstitut für Erziehung und Unterricht im
Nationalsozialismus
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1
Was getan – was geplant ist
Kaum sind die Feierlichkeiten zum 125-jährigen Bestehen der BBF ausgeklungen, wird bereits der zehnte Geburtstag vorbereitet. Wer nun befürchtet, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der BBF beklagenswerte
Exempel der in der PISA-Studie ermittelten Mathematikschwäche vorstellen, kann beruhigt werden. Stand das Jahr 2001 im Zeichen der Gründung
der Institution im Jahr 1876, so wird dieses Jahr der Neugründung im Jahr
1992 unter dem Namen Bibliothek für Bildungsgeschichtliche Forschung
gedacht.
Welche Konzeptionen diesem Schritt zugrunde lagen, welche Schwierigkeiten es zu meistern galt und welche Persönlichkeiten in die Entscheidungsprozesse involviert waren, hat Ulrich Wiegmann in einem Beitrag
dargestellt.1 In der diesem Beitrag folgenden Diskussion während der Tagung anlässlich des 125. Geburtstages der BBF ergaben sich Fragen, die
das Bedürfnis weckten, die schriftliche Überlieferung durch die Erinnerung der damaligen Entscheidungsträger zu ergänzen. Im November 2002
findet deshalb ein Zeitzeugengespräch statt, das zu weiteren Aufschlüssen
führen wird.
Was gibt es sonst zu berichten?
Bestandszugänge
Ende November 2001 wurde der Vorlass von Prof. Dr. Hans Scheuerl in
die BBF verlagert. Ausgangspunkt für diese Bestandsübernahme war eine
Veranstaltung, zu der die Deutsche Gesellschaft für Erziehungswissenschaft (DGfE) und die BBF im Juli 2000 alle ehemaligen Vorsitzenden
bzw. stellvertretenden Vorsitzenden eingeladen hatten. Ziel der Gesprächsrunde war eine Annäherung an die Geschichte der Fachgesellschaft, soweit sie sich aus der Erinnerung der Teilnehmer ermitteln lässt.
Unter den Zeitzeugen befand sich auch Hans Scheuerl, Mitbegründer der
DGfE und von 1968-72 ihr Vorsitzender. Prof. Scheuerl entschloss sich
damals, unterstützt durch seine Familie, seine beruflichen Unterlagen an
die BBF abzugeben. Mit diesem Bestand entfaltet sich ein reicher Einblick
in die Entwicklung der erziehungswissenschaftlichen Disziplin der Bundesrepublik seit den 1950er Jahren.
Seit 1998 wird die BBF von der DFG durch einen bedeutenden Zuschuss
beim Bestandsaufbau unterstützt. Sie gehört damit zu jenem kooperativen
System leistungsfähiger wissenschaftlicher Bibliotheken in Deutschland,
das sich die Erwerbung der neu erscheinenden Literatur entsprechend den
1
Wiegmann, U.: Von der Pädagogischen Zentralbibliothek (PZB) zur Bibliothek für Bildungsgeschichtliche Forschung (BBF) 1989-1991. In: Ritzi, C./Geißler, G. (Hrsg.): Wege des Wissens. Berlin 2001, S. 186-215.
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zugeordneten fachlichen oder regionalen Schwerpunkten aufteilt. Um
Doppelanschaffungen zu vermeiden, haben sich die im Bereich der Bildungsforschung beteiligten Bibliotheken, die UB Erlangen und die BBF,
miteinander verständigt. Die BBF deckt entsprechend dieser Übereinkunft
die deutschsprachige Bildungsgeschichte von den Anfängen bis 1989 ab
und ist für den Ankauf von pädagogischen Altbeständen zuständig.
Projekte
In der vorhergehenden Nummer konnte der Start des Projektes CLIOOnline mitgeteilt werden, der nach der Genehmigung eines Antrags zur finanziellen Unterstützung durch die DFG möglich wurde. Auch in diesem
Heft kann ein Projektbeginn vermeldet werden, nämlich die Erarbeitung
einer fünfbändigen kommentierten Werkausgabe der pädagogischen
Schriften Adolf Reichweins. Nachdem eine Expertenrunde in mehreren
Sitzungen über das Vorhaben beraten hat, wurde im Juli 2001 von der
BBF und vom Adolf-Reichwein-Verein ein Antrag an die Deutsche Forschungsgemeinschaft gestellt, der am 8.1.2002 genehmigt wurde.
Zusätzlich zu dem durch die DFG genehmigten Budget für die wissenschaftliche Erarbeitung der Ausgabe wird derzeit nach Sponsoren für die
Druckkosten gesucht. Der gedruckten Ausgabe soll eine in digitalisierter
Form auf CD-ROM beigefügt werden, wobei für die Textaufbereitung das
unter Philologen verbreitete Auszeichnungssystem der Text Encoding Initiative (TEI) verwendet wird. Mit diesem auf SGML basierenden Standard
wird gewährleistet, dass die elektronische Edition unabhängig von bestimmten Programmen und Betriebssystemen dauerhaft erhalten bleibt. Sie
wird mit jedem XML-fähigen Browser nutzbar sein und kann damit prinzipiell auch über das Internet zugänglich gemacht werden.
Tagungen
Vom 20. bis 22. Juni 2002 findet in der BBF das 4. Internationale FröbelSymposion statt. Veranstalter sind neben der BBF die FröbelForschungsstelle der Gerhard-Mercator-Universität Duisburg sowie die
Deutsche Gesellschaft für Erziehungswissenschaft, Fachkommission Sozialpädagogik, Sektion 'Pädagogik der frühen Kindheit'. Wissenschaftlicher
Leiter der Tagung ist Prof. Dr. Helmut Heiland.
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Programm:
Donnerstag, 20. Juni 2002
13.00-13.15 Eröffnung der Tagung (Prof. Dr. Lutz H. Eckensberger/Deutsches Institut für Internationale Pädagogische Forschung; Christian Ritzi/Bibliothek für Bildungsgeschichtliche Forschung; Prof. Dr. Helmut Heiland/Universität Duisburg
Grußwort (Prof. Dr. Ludwig Liegle/DGfE-Kommission Sozialpädagogik, "Pädagogik der frühen Kindheit"
13.15-14.00 Prof. Dr. Helmut Heiland:
Duisburger Fröbelforschung – Eine Bilanz
14.00-15.00 Prof. Dr. Michio Ogasawara:
Imitation, Kritik, Vertiefung – Typen des Fröbelverständnisses in Japan
15.00-16.00 Kaffeepause / Führung durch die Bibliothek für Bildungsgeschichtliche Forschung
16.00-17.00 Prof. Dr. Heinz Stübig:
Die Autobiographie als pädagogische Quelle
17.00-18.00 Prof. Dr. Michel Soëtard:
Fröbelrezeption in Frankreich
Freitag, 21. Juni 2002
09.00-10.00 Prof. Dr. Ann T. Allen:
"Fröbel ist nicht tot, sondern lebt noch in Amerika".
Die amerikanischen Fröbelianerinnen
10.00-11.00 Prof. Dr. Yoichi Kiuchi:
Friedrich Fröbel und der Orientalismus
11.00-11.30 Kaffeepause
11.30-12.30 Dr. Wolfgang Eichler:
Aspekte marxistischer Fröbel-Interpretation
12.30-13.30 Mittagspause
13.30-14.30 Dr. Elisabeth Gutjahr:
Die "Mutter- und Koselieder" Fröbels als Erziehung der Sinne
14.30-15.30 Dr. Rosemarie Boldt:
Die Spieltheorie Heerwarts im Kontext Fröbels
15.30-16.00 Kaffeepause
16.00-17.00 Dr. Michael Gebel:
Begegnungen mit Fröbel – das Bild Fröbels in Berichten
von Zeitgenossen
17.00-18.00 Naoko Matsumura:
Geschichte der Fröbel-Forschung an der Universität Hiroshima bis 1945
18.00
Empfang, Präsentation der Fröbel-Briefedition und Eröffnung der Ausstellung "Fröbel im Denkmal"
4
Samstag, 22. Juni 2002
09.00-10.00 Dr. Toshiko Ito:
Der dichotomische Begriff "Ahnung" in der Pädagogik Fröbels
10.00-11.00 Dr. Michèle Schärer:
Fröbelrezeption in der französischen Schweiz im 19.
Jahrhundert
11.00-11.30 Kaffeepause
11.30-12.30 Prof. Reiko Sakai:
Seko Kurohashi als Beispiel der Fröbel-Rezeption im Zeitalter der "neuen Erziehung" der Taisho-Ära
12.30-13.30 Prof. Dr. Sigrid von den Steinen:
Der Begriff der Bildung bei Fröbel
13.30-14.00 Schlussdiskussion
14.00
Ende der Tagung
Während das Programm des Fröbel-Symposions schon im Detail feststeht,
sind die Planungen für die in der zweiten Jahreshälfte vorgesehene Tagung
noch im Gange. Inhaltlich werden sich die Referentinnen und Referenten
am 22. November 2002 mit Reformpädagoginnen beschäftigen, für die das
Jahr 1933 zum gravierenden Einschnitt ihres beruflichen und persönlichen
Lebenslaufs wurde. Wissenschaftliche Leiterin der Veranstaltung ist PD
Dr. Inge Hansen-Schaberg.
Ausstellungen
Am 28. Februar 2002 wurde eine im Rahmen der bisherigen Aktivitäten
der BBF eher ungewöhnliche Ausstellung eröffnet. Unter dem Titel 'Plain
Children. Bildung und Erziehung der Amish People' ist bis zum 31. Mai
ein Einblick in die Lebensweise der nicht zuletzt aufgrund eines sehenswerten Filmes bekannten Sekte möglich (vgl. den Abdruck des Berichts
über die Ausstellungseröffnung aus der Berliner Zeitung auf S. 5).
Ölbergchor singt
amisches Lied
zur Eröffnung
der Ausstellung
'Plain Children'
5
Anlässlich des 150. Todestages von Friedrich Fröbel wird ab 21. Juni –
seinem Todestag – eine Ausstellung mit historischen und aktuellen Abbildungen von einigen Fröbel-Denkmälern in Thüringen zu sehen sein. Die
Ausstellungseröffnung findet im Rahmen des oben bereits erwähnten 4.
Internationalen Fröbel-Symposions statt.
Die letzte für dieses Jahr geplante Ausstellung wird am 22. November eröffnet. Sie wird sich dem Leben und vor allem der pädagogischen Arbeit
Clara Grunwalds (1877-1943) widmen. Grunwald war eine engagierte
Förderin der Montessori-Pädagogik in Deutschland. Obgleich sich Mitte
der 1920er Jahre eine Entfremdung zu der berühmten italienischen Pädagogin und Ärztin einstellte, blieb sie dem Konzept treu. Das am 7.4.1933
erlassene 'Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums' traf sie
gleich in zweifacher Weise, als Jüdin und als Sozialistin. 1943 wurde sie
gemeinsam mit jenen Kindern in Auschwitz ermordet, die ihr auf dem
landwirtschaftlichen 'Umschulungsgut' für Juden anvertraut worden waren.
Christian Ritzi
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Deutsch lernen in Fraktur
Plain Children: eine Ausstellung über Erziehung und Bildung
der Amish People
Das Image des deutschen Bildungssystems ist wirklich angeschlagen. Jetzt
sollen wir gar von christlichen Fundamentalisten lernen. "Erziehung und Bildung der Amish People" heißt eine Ausstellung, die zurzeit in der Berliner
Bibliothek für Bildungsgeschichtliche Forschung zu sehen ist. "Ein Blick über
die Grenzen hinweg", so rät uns der Bibliotheksleiter in der Begleit-Broschüre,
könne angesichts der Pisa-Ergebnisse "hilfreich" sein.
Lassen wir also den Blick über den atlantischen Ozean hinweg nach Nordamerika wandern. Dort wohnen auf über 1 100 Gemeindebezirke verstreut rund
170 000 Amish People, zu deutsch: Amische. Sie eint, dass sie die Kindstaufe
verteufeln und auf viele Errungenschaften des 20. Jahrhunderts verzichten –
wie Jeans, Autos und Strom aus der Steckdose. Stattdessen tragen sie Trachten
und fahren mit Kutschen. Ihre Lebensweise scheint derart exotisch, dass sie
zur Touristenattraktion avancierte.
Nur acht Jahre Schule
Doch was sollen wir von Menschen in punkto Bildung lernen, deren Kinder
lediglich acht Jahre zur Schule gehen dürfen? Die Begründung der Eltern: Der
Nachwuchs würde ohnehin später in der Landwirtschaft oder in einem handwerklichen Beruf arbeiten. Außerdem entfremde zu viel Bildung sie von der
traditionellen Lebensweise ihrer Eltern.
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Bei einem Rundgang durch die Ausstellung stellen sich schnell Zweifel ein, ob
das amische Bildungssystem als Vorbild für unsere Gesellschaft taugt. Interessant ist jedoch, wie es den Amischen gelingt, ihr eigenes Bildungsziel zu verwirklichen und die Kinder auf das traditionelle Leben in der Gemeinschaft
vorzubereiten. In einem Nebenraum der Bibliothek werden Ausmal- und
Schulbücher, Kleidungsstücke und Spielzeug gezeigt. Und obwohl größtenteils frisch produziert, wirken sie, als kämen sie vom Kostümverleih, aus dem
Antiquariat oder vom Trödel. Die Frage nach Schuluniformen erledigt sich bei
einem Blick in die Vitrinen von selbst. Die Jungs tragen die gleichen Anzughosen mit Hosenträgern wie ihre Väter, die Mädchen die gleichen schlichten
Schürzen und Hauben wie ihre Mütter. Selbst die Puppen sind so angezogen.
Sie haben kein Gesicht, weil die Darstellung von Menschen bei den Amischen
verpönt ist. In den Malbüchern sind deshalb kaum Menschen zu sehen, sondern Kühe, Sauerkrautfässer oder Wohnzimmereinrichtungen. Ausrisse davon
hängen an den Wänden, thematisch passende Fotos darüber.
Sie gewähren Einblick in die amische Kultur, auch in ihre Bildungseinrichtungen. In der Regel betreiben sechs Familien eine Schule. Dank des amischen
Kinderreichtums kommen da leicht 25 Schüler zusammen, meist in der alten
Dorfschule der Gemeinde. Von der ersten bis zur achten Klasse werden alle
Schüler gemeinsam unterrichtet. Während sechs Klassen still an ihren Tischen
pauken, stehen zwei Klassen vorne an der Tafel und lösen dort Aufgaben. Das
System sei erstaunlich effektiv, sagt die Ausstellungsmacherin Gisinda Eggers. "In ihrer Schulzeit hören die Kinder den Stoff schließlich achtmal." Eggers, die Religion an einem Gymnasium in Berlin-Buckow unterrichtet, hat in
den Ferien bereits an sechs verschiedenen amischen Schulen hospitiert. Dabei
musste sie ein wenig neidisch feststellen: "Die amischen Schüler können sich
viel besser konzentrieren als deutsche." Dennoch klagten Lehrer über Disziplinprobleme. Diese bestehen etwa darin, dass ein Schüler ein Tierbuch unter
der Bank studiert. "Ich würde meine Schüler küssen, wenn sie heimlich lesen",
sagt Eggers. Leben ohne Nintendos, Handys und Fernseher hat offensichtlich
Vorteile.
Ein paar Zugeständnisse an ihre moderne Umwelt haben die Amish People aber in punkto Erziehung machen müssen: Die Unterrichtssprache ist Englisch.
Umgangssprache ist dagegen "Pennsylvania Dutch", ein Dialekt, der auf der
pfälzischen Mundart des 18. Jahrhunderts basiert. Gepredigt wird in altmodischem Deutsch, das deshalb auch in der Schule gelehrt wird – mit Fibeln in
Frakturschrift. Die trilingual erzogenen Kinder schnitten in Tests im Vergleich
zu amerikanischen Altersgenossen hervorragend ab, erzählt Eggers. Auch das
wichtigste amische Bildungsziel erreicht die Schule: 85 Prozent der Kinder
entscheiden sich, in der Religionsgemeinschaft zu bleiben.
7
Alles oder nichts
Eins bleibt bei der Ausbildung auf der Strecke: Kreativität. Schließlich bergen
frische Ideen die Gefahr der Veränderung. Bei uns gilt Kreativität dagegen als
eine wichtige Befähigung für das moderne Berufsleben. Tradition und Moderne scheinen unvereinbar. Für ihren eigenen Unterricht habe Eggers zumindest
nichts lernen können: "Entweder man übernimmt alles oder nichts", sagt sie.
Doch bevor hier jemand den Strom abstellt, werden wohl noch viele PisaStudien erhoben werden.
Brenda Strohmaier
in der Berliner Zeitung vom 8. März 2002
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Die Bibliothek der Gesellschaft der Freunde des vaterländischen Schulund Erziehungswesens wird übernommen
Am Donnerstag, dem 11. Oktober 2001 um 18.30, Uhr fand die Übergabe
der einstigen Bibliothek der Gesellschaft der Freunde des vaterländischen
Schul- und Erziehungswesens, später GEW-Bibliothek, an die BBF statt
unter Anwesenheit des Direktors des Deutschen Instituts für Internationale Pädagogische Forschung, Prof. Dr. Lutz H. Eckensberger, der mit
Christian Ritzi, dem Leiter der Bibliothek für Bildungsgeschichtliche Forschung, die begrüßenden Worte sprach. Eckensberger wählte als Anrede
an die Gäste "Liebe DIPFlinge, liebe BBFler", die an den 125-jährigen
Geburtstag der BBF im Mai 2001 erinnerte, als es darum ging, die gute
Beziehung der BBF zum 'Mutterinstitut' hervorzuheben. Die Bereitschaft
zur Übernahme einer Bibliothek mit 85 000 Bänden, mehr als 10 Prozent
dessen, was die BBF schon zu ihren Beständen zählt, war wegen der Kosten keine leichte Entscheidung. "Arbeit und Sorge, Elan und Freude",
führte Eckensberger aus, standen am Anfang der Übernahmeverhandlungen. Er bedankte sich bei Frau Dr. Ulrike Michalowsky, der Direktorin der
Universitätsbibliothek Lüneburg, und bei Dr. Peter Göbel, dem Geschäftsführer der GEW, Landesverband Hamburg, für Zutrauen und Vertrauen in
die BBF.
Nach ihm sprach Christian Ritzi von der außerordentlichen Bereicherung,
die die BBF durch die Übernahme der GEW-Bibliothek erfahren habe, und
erläuterte anhand der Entwicklungsgeschichte beider Bibliotheken, dass es
bereits in den 1940er Jahren gemeinsame Kontakte zum Austausch von
Dubletten gab – Dubletten, die jetzt, als Kuriosum am Rande erwähnt,
wieder zurückkehrten.
In der Tat habe die BBF "unserer 'Mutter' herzlich zu danken" und umschrieb damit die Bereitschaft des Deutschen Instituts für Internationale
8
Ulrike Michalowsky
Pädagogische Forschung, eine Fahrregalanlage zur Unterbringung des
Bestandes zu finanzieren. Dies war eine wichtige Voraussetzung dafür,
dass die GEW-Bibliothek als Ganzes übernommen werden und in originaler Aufstellung erhalten bleiben konnte. Schließlich sei der Universität
Lüneburg zu danken, die 50 Prozent der Umzugskosten übernommen habe. Der Bestand – bislang nur über einen traditionellen Zettelkatalog erschlossen – ist ab sofort benutzbar. Die Konversion des Katalogs in die
Online-Datenbank werde zügig in die Wege geleitet.
Ulrike Michalowsky sprach von der Mühe, die ihre Amtsvorgängerin,
Frau Dr. Müller, für eine der letzten Lehrerbibliotheken des Landes aufgewendet habe. Es sei ein kostbarer Bestand, jedoch seien die Mittel in
Lüneburg nicht vorhanden, um ihn zu erschließen. In der BBF habe sie ihren eigentlichen Standort gefunden. Sie war "überwältigt von der Qualität
der BBF" und dankte dem DIPF und Dr. Peter Göbel für die Realisierung
der Übernahme.
Peter Göbel dankte für die freundlichen Worte, die GEW-Bibliothek habe
in der BBF eine "neue und richtige Heimat gefunden". Damit habe ein
schwieriger und gelegentlich quälender Prozess ein gutes Ende gefunden
(vgl. den Beitrag Peter Göbels in diesem Heft).
Prof. Dr. Hanno Schmitt, Universität Potsdam, Vorsitzender des Förderkreises der BBF, erinnerte in seinem Grußwort an die Übernahme des
Vieweg-Verlagsarchivs im vergangenen Jahr, an dessen Anfang die
Schulbuchhandlung in Wolfenbüttel, später in Braunschweig, gestanden
9
hatte, die von Joachim Heinrich Campe (1746-1818) ins Leben gerufen
worden war und zu den Anfängen einer modernen Bildungsreform im
Fürstentum Braunschweig-Wolfenbüttel gehörte. Johann Carl Daniel Curio (1754-1815), der Begründer der Gesellschaft der Freunde des vaterländischen Schul- und Erziehungswesens, und Joachim Heinrich Campe
kannten sich gut und waren zeitweise an der damaligen Universität Helmstedt Weggefährten. Die erste moderne Schulreform Campes wurde von
Curio publizistisch unterstützt und Campe selber von ihm gegen eine
Campe diffamierende Schrift verteidigt. Curio schrieb zum Schutze von
Campe von einem "Gassenbuben, der versteckt gegen Vorübergehende mit
Kot wirft". Nach seiner Übersiedlung nach Hamburg im Jahr 1795 habe
Curio Campe nie mehr gesehen – heute träfen sich ihre Bibliotheken wieder.
Schmitt dankte allen Beteiligten, die nach dem "richtigen und dauerhaften
Ort" gesucht haben.
Anstelle des verhinderten Prof. Dr. Franklin Kopitzsch verlas Dr. Stefan
Cramme von der BBF dessen Vortrag (s. nachfolgenden Beitrag). Am Curio-Haus in Hamburg, in dem bis zur Abgabe des Bestandes an die UB
Lüneburg die GEW-Bibliothek untergebracht war, erinnert ein Porträtrelief
an den Namensgeber. Curio hatte zusammen mit Peter Breiß, einem Bauernsohn aus dem hamburgischen Landgebiet, der sich zum Lehrer ausgebildet hatte, entscheidenden Anteil an der Begründung der Bibliothek.
Beide fühlten sich der Patriotischen Gesellschaft von 1765 verbunden, der
sie nacheinander beitraten. So versteht sich nahezu von selbst, dass zu den
von ihnen gesammelten Büchern die Werke der Aufklärer gehörten, die
sich der Volksbildung besonders verpflichtet fühlten. Am Rande sei erwähnt, dass auch Publikationen Friedrich Eberhard von Rochows gesammelt worden sind, von Reckahn aus bestanden seinerseits Verbindungen
nach Hamburg und Lübeck.
"'Vorarbeit' übernehmen, Pionierarbeit leisten", so war Curio 1981 in einer
Rede zur 175-Jahrfeier der GEW Hamburg gewürdigt worden. Aber auch
die Nachfolger sind bei den Ankäufen und Erwerbungen für die Bestände
der Bibliothek der Gesellschaft der Freunde des vaterländischen Schulund Erziehungswesens diesen Grundsätzen Curios treu geblieben. So sei
hier zum Schluss des Berichts angemerkt, dass der Wert des Neuerwerbs
dieser Bibliothek für die BBF nicht nur in den Rara besteht, sondern auch
in der breit gefächerten Literatur der Bildungsreformdiskussion der 60er
und 70er Jahre der Bundesrepublik Deutschland. Diese Sammlung ist ebenfalls beeindruckend und wäre einen Forschungsauftrag wert zur Bestandsbeschreibung und wissenschaftlichen Nutzung für die Erfassung der
Fassetten einer optimistischen Reformdiskussion, die in den 6oer Jahren,
als sich Lehrer selber publizistisch daran beteiligten, methodische Fragen
des Unterrichts nicht klein redete, sondern in den Mittelpunkt der anstrengenden Arbeit der Lehrer stellte.
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Wir heißen die Bibliothek der Gesellschaft der Freunde des vaterländischen Schul- und Erziehungswesens in den Räumen der Bibliothek für Bildungsgeschichtliche Forschung willkommen und freuen uns darüber, dass
sie jetzt zu "uns" gehört.
Dr. Gabriele Gehlen
Förderkreis der Bibliothek für Bildungsgeschichtliche Forschung
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Von Johann Carl Daniel Curio, Peter Breiß, der "Gesellschaft der
Freunde" und ihrer Bibliothek
Ich erinnere mich gern an die Hamburger GEW-Bibliothek im Curiohaus,
dem steinernen Zeugnis des Selbstbewusstseins und des reformerischen
Geistes der hansestädtischen Volksschullehrerschaft aus den Jahren vor
dem Ersten Weltkrieg. Oft half die Bibliothek, wenn die Staats- und Universitätsbibliothek oder die Seminarbibliotheken "ausgeliehen" meldeten,
oft fanden sich wertvolle Werke und nicht zuletzt viele kleine Schriften
nur an der Rothenbaumchaussee. Großzügig überließ man dort dem jungen
Aufklärungsforscher auch die eine oder andere Doublette, später gerne genutzt beim Aufbau der Arbeitsstelle für Hamburgische Geschichte und
beim Redigieren des "Hamburg-Lexikons". Allerdings – Besucher waren
selten in der Bücherei der GEW. Dennoch haben viele bedauert, dass dieser Bücherschatz – von ca. 85.000 Bänden und 100 laufend gehaltenen
Zeitschriftentiteln ist im "Führer durch die Hamburger Bibliotheken", 5.
Auflage von 1987, die Rede –, dass diese Sammlung nicht in Hamburg
gehalten werden konnte. Nun ist sie über Lüneburg, Hamburgs nächstgelegene Nachbar-Universität, nach Berlin gelangt, in die Obhut der Bibliothek für Bildungsgeschichtliche Forschung des Deutschen Instituts für Internationale Pädagogische Forschung. Ich wüsste in ganz Deutschland
keinen besseren Ort für die dauerhafte Bewahrung und die fachkundige
Erschließung als diesen. Der wissenschaftlichen Nutzung dieses in Größenordnung und Qualität wohl einzigartigen, in Selbsthilfe entstandenen
und gepflegten Bestandes eröffnen sich nun ganz neue Möglichkeiten.
Vom Curiohaus – "ein Lehrerhaus als Kulturdenkmal" hat es Joist Grolle
in einer Rede vor fast genau zehn Jahren genannt –, vom Curiohaus also
haben Sie schon gehört. Im Torweg des eindrucksvollen Baues von
1910/11 erinnert ein Porträtrelief an den Namengeber. Wer war Johann
Carl Daniel Curio?
Der am 3. November 1754 in Helmstedt geborene Curio, ein uneheliches
Kind, wuchs im dortigen Waisenhaus auf und besuchte von 1769 bis 1772
die städtische Lateinschule. 1772 wechselte er, möglicherweise von Helmstedter Lehrern empfohlen, auf die Gelehrtenschule des Johanneums nach
11
Hamburg und absolvierte ab 1775 das Akademische Gymnasium in der
Kaufmannsrepublik an Elbe und Alster. Mit Johann Arnold Günther und
Friedrich Johann Lorenz Meyer, später wesentliche Träger der hamburgischen Aufklärung und Motoren der Patriotischen Gesellschaft von 1765,
gehörte er einem Schülerverein an, der freundschaftlichen literarischen
Gesellschaft. Seit dieser Zeit
war Curio auch schriftstellerisch tätig.
In Helmstedt studierte er von
1775 bis 1779 Theologie und
Philologie. Anschließend war
er als Haus- und Privatlehrer
engagiert. Bevor er 1780 als
Feldprediger
für
die
braunschweigischen Truppen
in Kanada eingesetzt werden
konnte, erhielt er ein Lehramt
am Gymnasium Matineum in
Braunschweig, der Residenzstadt seines Heimatlandes. Aus noch immer nicht
eindeutig geklärten Gründen
wurde er 1793 seines Amtes
enthoben.
Möglicherweise
stand diese Entlassung im Zusammenhang mit dem Scheitern der groß angelegten, von
Johann Carl Daniel Curio
Hanno Schmitt eingehend
untersuchten Schulreform von Joachim Heinrich Campe und seinen Mitstreitern im Herzogtum Braunschweig-Wolfenbüttel. Curio wurde 1795
Schulgehilfe der Fahrenkrögerschen Pensionsanstalt, einer bekannten
Hamburger Privatschule. 1804 konnte er dann eine eigene Lehr- und Erziehungsanstalt für Knaben etablieren. In Hamburg war Curio schriftstellerisch und publizistisch besonders aktiv, insbesondere für die von ihm seit
1805 herausgegebene Zeitschrift "Hamburg und Altona", die von 1801 bis
1807 erschien, über aktuelle Themen aus beiden Städten berichtete und ein
Forum für vielfältige Reformvorschläge im Geiste der Aufklärung war.
Viel zitiert werden bis heute Curios Äußerungen, dass es in Hamburg vom
Bürgermeister bis zum geringsten Diener nur einen Bürgerstand gebe, dass
in der Stadt kein Adel, keine Sklaven und Untertanen lebten, alle wirklichen Hamburger nur den Bürgerstand kennen würden. Mit dieser Meinung, die er 1803 äußerte, gab Curio, der selbst das Bürgerrecht nicht erwarb, einem Idealbild, nicht der Realität Ausdruck.
Dass 1805 die Gesellschaft der Freunde des vaterländischen Schul- und
Erziehungswesens gegründet wurde, daran hatte Curio entscheidenden Anteil. Den Anstoß hatte in der Zeitschrift "Hamburg und Altona" Peter
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Breiß gegeben, ein Bauernsohn aus Allermöhe im hamburgischen Landgebiet, der sich, gefördert vom örtlichen Pastor, zum Lehrer ausgebildet
hatte und 1789 – mit neunzehn Jahren – seine erste Stelle in Billwerder
übernahm. Noch im selben Jahr wechselte er nach Reitbrook im benachbarten Kirchspiel Moorfleet über. Dort kam es über den Religionsunterricht 1797 zu einem Konflikt mit dem Ortsgeistlichen und einem Teil der
Elternschaft. Durch Vermittlung einer privaten Gesellschaft zur Vermehrung der Vaterlandsliebe, in der sich Kaufleute, Handwerker und Akademiker – Juristen, Mediziner, Geistliche – zur Diskussion patriotischgemeinnütziger Themen zusammengefunden hatten, wurde Breiß als Lehrer an die neu gegründete vorstädtische Dammtorschule berufen. Ein 1810
an ihn ergangenes Angebot, als "Erziehungsrath" nach Arnstadt in den
thüringischen Kleinstaat Schwarzburg-Sonderhausen zu gehen, ließ sich
nicht realisieren. Als die Franzosen, damals die Herren Hamburgs, 1813
zur Verteidigung der Stadt mit den vor dem Dammtor gelegenen Häusern
auch die Schule zerstörten, verlor Breiß seine Lehrerstelle und war anschließend achtzehn Jahre lang als Privatlehrer tätig. Erst 1831 konnte er
sein altes Amt in der neuen Dammtorschule wieder antreten, das er bis
1840 bekleidete. Er starb 1846. Der Patriotischen Gesellschaft von 1765
gehörte er seit 1805 an. Später wurde er mit der Ehrenmitgliedschaft ausgezeichnet. Breiß verkörpert in Hamburg den Typus des von der Aufklärung, vom Philanthropismus geprägten Volksschullehrers.
Mit der Gesellschaft der Freunde des vaterländischen Schul- und Erziehungswesens – in Hamburg auch als "Genitivverein" bekannt – begann
1805 eine neue Epoche in der Geschichte der Lehrervereine. Am Beginn
standen im 18. Jahrhundert Selbsthilfeeinrichtungen wie Sterbe-, Witwenund Waisenkassen. Dann folgten, mitunter mit Anleitung und Führung
durch Amtsträger und Geistliche, Lehrerkonferenzen und Lesegesellschaften. Mit der Gesellschaft der Freunde von 1805 und dem Lübecker Lehrerverein von 1809 setzt dann der Weg zur eigenständigen Berufs- und Interessenvertretung ein. Beide Vereine – inzwischen Landes- bzw. Kreisvorstand der GEW – sind die ältesten noch bestehenden deutschen Lehrerorganisationen. In ihnen ging es anfangs auch um Fragen der materiellen
Sicherung und der beruflichen Fortbildung, doch sahen Curio, Breiß und
ihre frühen Mitstreiter darüber hinaus auch die Aufgabe der Verbreitung
aufklärerischer Ideen und Verhaltensweisen und der Beeinflussung der öffentlichen Meinung zugunsten grundlegender Schulreformen. Dabei war
anfangs auch eine Verbindung zur Patriotischen Gesellschaft von 1765
gegeben, der nach Breiß auch Curio beitrat. Dem Zwecke der Fortbildung
dienten ein Lesezirkel, der erst 1903 aufgelöst wurde, und eine Bibliothek,
deren erster gedruckter Katalog 1828 erschien. Er verzeichnet neben
Schul-, Predigt- und Andachtbüchern – letztere belegen, welche Bedeutung dem Religionsunterricht damals in Stadt und Land noch zukam – die
gesammelten Schriften Friedrich des Großen, Johann Gottfried Herders
und Johann Heinrich Pestalozzis. Wichtige Pädagogen der Aufklärung wa-
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ren mit ihren Werken vertreten: Johann Bernhard Basedow, Rudolph Zacharias Becker, Joachim Heinrich Campe, der Franzose de La Chalotais,
Gustav Friedrich Dinter, Martin Ehlers, Friedrich Gedike, Johann Christian Friedrich GutsMuths, Bernhard Christoph Ludwig Natorp, Friedrich
Eberhard von Rochow – von Reckahn aus bestanden Verbindungen nach
Hamburg und Lübeck –, Christian Gotthilf Salzmann und Johann Ferdinand Schlez. Auch Autoren der Volksaufklärung waren demnach gut vertreten. Es fanden sich auch Schriften zur jüdischen Gottesdienst- und
Schulreform, die von dem 1817 gegründeten Hamburger Tempel begonnen wurde. Wie Kataloge von Bibliotheken, privater wie öffentlicher
Sammlungen überhaupt, so ist auch dieses frühe Verzeichnis ein Spiegel
geistiger Einflüsse und Bewegungen, lokaler, regionaler und überregionaler Kontakte.
"'Vorarbeit' übernehmen, Pionierarbeit leisten", darin hat Joist Grolle 1981
in seiner Rede zur 175-Jahrfeier der GEW Hamburg die Gesinnung Curios
und seiner Mitstreiter erkannt und gewürdigt. Dieser Geist blieb in der Gesellschaft der Freunde – erst seit 1976 firmiert sie als GEW Landesverband Hamburg – lebendig. Sie blieb freilich im 19. Jahrhundert nicht ohne
Konkurrenz. Als 1824 die Schulgehilfen von der angestrebten Mitwirkung
ausgeschlossen blieben, gründeten sie den Schulwissenschaftlichen Bildungsverein. 1873 entstand ein Verein Hamburger Volksschullehrer, der
sich für eine fortschrittliche Schulpolitik einsetzte. Nach seiner Auflösung
1894 und dem Übertritt seiner Mitglieder wurde die Gesellschaft der
Freunde endgültig zum führenden Lehrerverein der Stadt und hatte maßgeblichen und dauerhaften Anteil an der Erneuerung des Schulwesens in
Hamburg. In der Gesellschaft wurde auch die im Verein Hamburger
Volksschullehrer 1888 begonnene Arbeit für das pädagogisch und künstlerisch wertvolle Jugendbuch fortgesetzt. Enge Verbindungen bestanden zur
Reform der Kunsterziehung, erste Kontakte – meist noch verdeckt – zur in
Hamburg starken Arbeiterbewegung, die auch eine Bildungs- und Kulturbewegung war. Die kritische Stellungnahme der Gesellschaft zur gegen
die Sozialdemokratie gerichteten Wahlrechtsverschlechterung von 1906
führte zu Konflikten mit der Oberschulbehörde und dem Senat, auch zu
inneren Auseinandersetzungen. Erheblich war der Anteil der Gesellschaft
an den Schulreformen der Weimarer Republik, auch an den Innovationen
in der Sozialpädagogik und dem Volkshochschulwesen. Bis 1933 hielt die
Gesellschaft an demokratischen und republikanischen Überzeugungen
fest, dann wurde sie gleichgeschaltet. Repräsentanten der Gesellschaft aus
der Weimarer Zeit, die unbelastet waren, bauten den Lehrerverein 1945
wieder auf und waren aktiv an der Entstehung der Lehrergewerkschaft
GEW beteiligt. Aus Hamburg kamen mit Max Traeger und Dieter Wunder
Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft.
Die Bibliothek hat diese Prozesse begleitet und befördert. 1905, hundert
Jahre nach der Gründung, zählte sie 5.160 Bände und eine Zeitschriftensammlung von 497 Bänden. 1904 wurden bei 2.012 aktiven Mitgliedern
14
7.105 Entleihungen gezählt. Mehrfach, so 1872 und 1966, wurden ältere
Bestände ausgeschieden oder veräußert. Das Archiv der Gesellschaft befindet sich inzwischen im Staatsarchiv der Freien und Hansestadt Hamburg, die Bibliothek nun in der BBF. Damit stehen der Forschung wertvolle, erst ansatzweise ausgeschöpfte Quellen zur Erziehungs- und Bildungsgeschichte zur Verfügung.
Zum Schluss möge noch einmal einer der "Vorarbeiter" das Wort erhalten:
Peter Breiß mit seinem 1797 verfassten Gedicht "An die mit mir vereinigten Schullehrer", gerichtet an die Lehrer eines der "Hamburgischen
Marschländer", die er dort in einer Konferenz, einem Vorläufer der Gesellschaft der Freunde, organisiert hatte:
"Willkommen Brüder, hier im Kreise,
Wo Alle nur Ein Geist beseelt!
Ein Geist, der, auf der Lebensreise,
Der Menschheit Wohl zum Ziele wählt!
Was lockt uns her? – Sind Bürgerkronen,
Sind Säckel unser Heiligthum? –
Soll uns der Menge Beifall lohnen? –
Ein Monument? – Ein später Ruhm? –
Wer dieses sucht, wählt keine Schule;
Wählt sie den aber: schläft er ein;
Sanft hingelehnt im Polsterstuhle,
Wird er sich seines Lebens freun.
15
Und wacht er auf – o weh' ihr Kinder!
Ich seh' ihn schon von Grimm entbrannt! –
Er donnert auf die kleinen Sünder,
Und – zieht sie groß fürs Vaterland.
Ein Schauder dringt bei diesem Bilde
Durch guter Lehrer Mark und Bein.
Wir wollen, wie die Väter, milde
Und unsrer Schüler Freunde seyn!
Der Liebe Geist, in unsern Lehrern,
Weih' immer mehr der Schüler Sinn;
Durch ihn nur kann sich Tugend mehren,
Dem Vaterlande zum Gewinn.
O schönes Ziel! – dich zu erringen
Hat jeder Einzelne sein Pfund!
Durch Alle muß es mehr gelingen,
Dies heiligt unsern Bruderbund!
Hier, in dem so geweihten Kreise,
Strahl' lieblich jedes Bruders Licht!
Dann kehr jeder Bruder weise
Heim, zur Erfüllung seiner Pflicht".
Prof. Dr. Franklin Kopitzsch
Universität Bremen
**********
Ansprache anlässlich der Übergabe der GEW-Bibliothek an die
Bibliothek für Bildungsgeschichtliche Forschung
Ich bedanke mich für die freundlichen Worte zur Begrüßung und die nicht
minder freundlichen Worte über die Bibliothek der GEW, deren Übergabe
an die Bibliothek für Bildungsgeschichtliche Forschung wir heute feiern.
Sie machen es mir leicht, mich herzlich dafür zu bedanken, dass die Bibliothek der GEW in diesem Hause eine neue und – wie ich finde – die
richtige Heimat gefunden hat.
Für die GEW Hamburg findet mit der Aufnahme ihrer Bibliothek in die
BBF ein schwieriger, gelegentlich quälender und schmerzlicher Prozess
ein gutes Ende. Wir hatten uns schließlich von einem wertvollen Erbstück
zu trennen. Aber so ist es wohl, wenn die Ursprünge des eigenen Verbandes annähernd 200 Jahre zurückreichen: Es sammelt sich nicht nur Geschichte mit vielen Höhen und Tiefen als Erbe, es sammeln sich auch sehr
16
handfeste Erbstücke, mit denen umzugehen – verantwortungsbewusst umzugehen – nicht immer leicht ist.
Zu diesem Erbe der Hamburger GEW gehört bzw. gehörte insbesondere
die Bibliothek, weiterhin die mit Gründung der Gesellschaft der Freunde
des vaterländischen Schul- und Erziehungswesens ins Leben gerufene so
genannte soziale Kasse zur Unterstützung von Witwen und Waisen der
Mitglieder und natürlich das 1911 als Lehrervereinshaus eingeweihte Curiohaus. Im Hinblick auf das Curiohaus bin ich zuversichtlich, dass wir
trotz der bereits bestehenden und sich weiter ausbreitenden virtuellen Gewerkschaftshäuser auf dieses sehr reale Gebäude nicht werden verzichten
können. Die über 150 Jahre bestehenden sozialen Kassen wurden Ende der
60er Jahre aufgelöst – sie waren dank der den Pädagogen inzwischen zustehenden Versorgung des öffentlichen Dienstes ihres ursprünglichen
Curiohaus
Zweckes beraubt. Aus dem verbliebenen Vermögen wurde in der Nähe
von Hagenbeks Tierpark ein Altenheim mit 110 Appartements errichtet,
das den Namen Diesterweg Stiftung trägt. Für die schöne Diesterweg Plastik, die ich in Ihrem Haus gesehen habe, hätten wir also auch Verwendung!
Schwieriger als in diesen Fällen war die Entscheidung über die Zukunft
unserer Bibliothek. Selbstverständlich können Bücher, kann eine so wertvolle und in Teilen einmalige Sammlung nicht bedeutungslos werden. Sie
kann aber – wie wir über Jahre beobachten mussten – ihre ursprüngliche
Bedeutung verlieren. Diese lag in ihrer Funktion als Selbsthilfeeinrichtung
der Hamburger Lehrerschaft, die der eigenen Bildung und Weiterbildung
17
dienen sollte. Und diese Funktion hat sie über viele Jahrzehnte erfüllt und
ist damit nicht nur zu einer eindrucksvollen Sammlung gewachsen, sondern in Gänze zu einem historischen Dokument geworden. Einem Dokument, das Auskunft darüber gibt, was die Hamburger Lehrerschaft selbst
als Inhalt ihrer Weiterbildung definiert, was sie professionell zur Kenntnis
genommen hat. Allerdings war diese Lehrerschaft immer weniger auf ihre
Selbsthilfeeinrichtung angewiesen. Die Fortbildung wurde mehr und mehr
von der staatlichen Schulaufsicht übernommen, Bücher füllten den heimischen Bücherschrank und der Unterrichtsvorbereitung dienten mehr und
mehr die einschlägigen, möglichst kopierfähigen Materialien.
Die Folgen waren an den Nutzerzahlen der GEW-Bibliothek abzulesen.
Immer weniger Mitglieder kamen wegen der Bibliothek ins Curiohaus.
Daran konnte auch der 1975 unternommene Versuch, durch Umwandlung
der Bücherei in eine Stiftung und ihre Ausstattung mit einem Stiftungskapital, aus dessen Erträgen eine wenn auch nur bescheidene Aktualisierung
des Bestandes finanziert werden sollte, nichts ändern. Die Personalkosten
und die laufenden Betriebskosten wurden weiterhin aus dem Haushalt der
GEW finanziert.
Wahrscheinlich hätte dies alleine nicht gereicht, innerhalb der GEW eine
ernsthafte Diskussion um die Zukunft der Bücherei in Gang zu bringen.
Zwei weitere Gründe kamen hinzu. Der eine war die Tatsache, dass die
Bibliothek nur zu einem Teil in den als Thekenbibliothek ausgebauten
Räumen im Curiohaus untergebracht war, während sich große Teile, insbesondere der ältere Bestand, in Räumen befand, deren Klima sich als zunehmend problematisch erwies. Der Einsatz verschiedener Hilfsmittel
konnte den schwerwiegenden Nachteil der Unterbringung in Kellermagazinen mit schwankenden Temperaturen und nicht immer trockenen Wänden nicht ausgleichen. Schimmelbefall musste laufend bekämpft werden.
Die Substanz der Bücher drohte ernsten Schaden zu nehmen.
Der zweite aktuelle Grund war die seit Anfang der 90er Jahre wachsende
Sorge um die wirtschaftliche Handlungsfähigkeit der GEW Hamburg. Dazu gaben zum einen sinkende Mitgliederzahlen einen objektiven Anlass.
Zum anderen scheint diese Sorge aber – allem äußeren Glanz zum Trotz –
ein wiederkehrendes Leitmotiv in der Gesellschaft der Freunde und ihrer
Nachfolgerin zu sein. Dem hat bereits ein Mitglied der mit Planung und
Bauleitung des Curiohauses beauftragten Kommission unter Bezug auf
den Sitz des Curiohauses an der Rothenbaumchaussee beredt Ausdruck
verliehen mit dem Stoßseufzer: "Wie sollen wir auf einen grünen Zweig
kommen, wenn wir auf dem roten Baume sitzen?"
Aus dieser Gemengelage von Gründen beschloss der Landesvorstand der
Hamburger GEW nach kontroversen Diskussionen im Juni 1996, die Bibliothek zum Jahresende zu schließen und nach einem neuen Träger zu su-
18
chen. Die zum Zeitpunkt dieses Beschlusses noch vorhandene Hoffnung,
in Hamburg einen neuen Standort zu finden, erwies sich bald als Illusion.
Sie scheiterte vor allem an der Bedingung, den Bestand der Bibliothek als
Ganzes zu erhalten. Denn natürlich waren eine Reihe von Hamburger Bibliotheken nachhaltig daran interessiert, Teile des Bestandes zu übernehmen. Es gab aber in Hamburg keine einzige Institution, die sich in der Lage sah, den gesamten Bestand zu übernehmen und seine Erhaltung zu garantieren.
Übernahmeangebote für die Bibliothek lagen indessen vor von der Christian Albrechts Universität zu Kiel und der Universität Lüneburg, die
schließlich den Vorzug erhielt. Dafür waren eine Reihe von Gründen ausschlaggebend.
Ich weiß, dass dieser Entschluss in Lüneburg nicht leicht gefallen ist. Umso mehr möchte ich bei dieser Gelegenheit Frau Dr. Michalowsky danken
für den Mut und die Entschlossenheit, eine Korrektur der Entscheidung
der verantwortlichen Gremien herbeizuführen und gleichzeitig im Kontakt
mit der BBF eine dauerhafte Perspektive zu finden.
In der Einladung zur heutigen Veranstaltung schreiben Sie: "Mitte 2001
wurde die Sammlung von der Bibliothek für Bildungsgeschichtliche Forschung übernommen." Und dann folgt der entscheidende Halbsatz: "..wo
sie dauerhaft verbleibt." So sei es.
Dr. Peter Göbel
Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft
Landesverband Hamburg
**********
Der Pestalozzi-Fröbel-Verband und sein Archiv
Seit Mitte 2001 befinden sich die bis dahin in der Bundesgeschäftsstelle
des Pestalozzi-Fröbel-Verbandes in Berlin aufbewahrten und gesammelten
Archivbestände und die Bibliothek des Verbandes in der Bibliothek für
Bildungsgeschichtliche Forschung. Es handelt sich dabei um – allerdings
unvollständige – Unterlagen aus der Zeit des zwischen 1873 bis 1938 bestehenden Deutschen Fröbelverbandes (DFV, auch DtFV) sowie um Verwaltungsakten und sonstige Sammlungen des 1948 gegründeten Pestalozzi-Fröbel-Verbandes (PFV).
Mit den nachfolgenden Informationen wird beabsichtigt, den Bestand zu
erläutern. Das geschieht auf der Grundlage der insbesondere im letzten
Jahrzehnt durch den Vorstand des PFV geförderten Aufarbeitung zur Ge-
19
schichte des Verbandes.1 Nach wie vor bieten der Gegenstand und die Materialien ein nach vielen Seiten hin "offenes" und zu erschließendes Forschungspotential an. Aus diesem Grund werden die bisher zur Geschichte
des Verbandes vorliegenden Veröffentlichungen als Bestandteil dieses
Textes in Form eines kommentierten Literaturverzeichnisses eingefügt.
Pestalozzi-Fröbel-Verband und Deutscher Fröbelverband
Der Pestalozzi-Fröbel-Verband ist ein sozialpädagogischer, weltanschaulich unabhängiger Fachverband. Die Mitglieder bringen unterschiedliche
berufliche Kompetenzen und Einbindungen mit und vertreten die Fachszene rund um Kinder und kindbezogene Berufe. Das sind insbesondere: sozialpädagogische Fachkräfte, in der Aus- und Fortbildung Tätige, Vertreterinnen und Vertreter anderer Fachverbände, der Bundes- und Länderministerien, aus Jugendämtern der kommunalen und der Länderebene, aus Universitäten und Forschungsinstituten sowie Freischaffende aus den Bereichen von Wissenschaft, Fortbildung und Beratung.
Der Pestalozzi-Fröbel-Verband wurde am 23. März 1948 gegründet. Seine
Gründungsmitglieder sahen sich – wenn auch mit veränderten Ansprüchen
und in einem veränderten Umfeld – in der Tradition des Deutschen Fröbel-Verbandes. Der Deutsche Fröbel-Verband war 75 Jahre zuvor – 1873
– entstanden und hatte in den nachfolgenden Jahrzehnten in der Geschichte der Kleinkind- und Sozialpädagogik in Deutschland eine wesentliche
Rolle gespielt. Diese Aufgabe nahm der PFV erneut auf.
Das bedeutet: Hinter seinem heutigen Wirken im Rahmen von Vereinen
und Verbänden liegt die nunmehr über fünfzigjährige Geschichte des PFV
sowie die Geschichte des Deutschen Fröbel-Verbandes als die des traditionsbildenden und konstituierenden "Vorläufers".
Diese in das 19. Jahrhundert zurückreichende Verbandsgeschichte verlief
keineswegs kontinuierlich und bruchlos.
Der Deutsche Fröbel-Verband entstand 1873 auf Initiative eines Teils der
Fröbelbewegung, entscheidenden Anteil an der Gründung hatten sowohl
der Allgemeine Fröbel-Verein in Weimar als auch die Fröbelvereine in
Berlin. Als allgemeines und verbindendes Ziel sollte ein breites Bündnis
für die neuen Ideen in der Kleinkindererziehung entstehen. Es ging demzufolge nicht nur um die Fröbelbewegung, sondern um alle Richtungen
auf dem "Gebiete der Pflege und Erziehung des vorschulpflichtigen Kindesalters" und insbesondere um die Ausbildung von Kindergärtnerinnen.
1
Die Darstellung nutzt die abschließend empfohlene Literatur. Die besondere Beachtung
der Verbandsgeschichte gehörte zu meinem Aufgabenbereich als Mitglied des gewählten
Vorstandes (1992 bis 2001)
20
Die Gründung ging nicht ohne Ambivalenzen und Befindlichkeiten unter
den Protagonisten vonstatten, die sich aus dem Profil der verschiedenen
Familien-, Fröbel- und Kindergartenvereine ergaben. Zwei Drittel der
Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Gründungsversammlung waren übrigens Frauen, in den geschäftsführenden Vorstand und zum Vorsitzenden
wurden jedoch ausschließlich Männer gewählt. Das änderte sich erst im
ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts. Zwischen 1907 und 1918 wurde der
Verband von Marta Back (1866 - 1932) geleitet, ihr folgte Helene Luise
Klostermann (1858 - 1935) bis 1923 – sie war insbesondere auch an der
Einrichtung des Fröbelmuseums in Bad Blankenburg beteiligt –, und bis
1934 Lili Droescher (1871 - 1944).
Wie die Geschichte der vielen Verbände, Vereine und Gesellschaften, die
im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts entstanden waren, volkserzieherische Ambitionen vertraten und erfolgreich zur Publizierung und Institutionalisierung ihrer Anliegen beigetragen hatten, endete auch jene des Deutschen Fröbel-Verbandes im Nationalsozialismus. Seine Mitglieder wurden, wie die der anderen Verbände, seit 1934 systematisch "gleichgeschaltet" oder ausgegrenzt. Versuche, den Verband durch Anpassung zu retten,
scheiterten. 1938 löste er sich durch den Beschluss einer außerordentlichen
Mitgliederversammlung nach 65-jähriger Existenz auf. Das geschah auf
Initiative des Vorstandes und wurde seitens der Mitglieder ohne Widerstand hingenommen. Der Nationalsozialistische Lehrerbund, die "große
Erziehergemeinschaft Deutschlands", sei bereit, die Aufgaben des Deutschen Fröbel-Verbandes "im Sinne des Führers und Fröbels zu übernehmen", was "der Lösung dieser Aufgaben nur zum Segen gereichen" könne.2 Im Dezember 1939 wurde der Deutsche Fröbel-Verband im Verbandsregister des Amtsgerichts Berlin gestrichen.
Wie bei allen vergleichbaren Verbänden, die nach 1945 mit der Absicht
wieder begründet wurden, die ursprünglichen Grundanliegen erneut aufzugreifen und an Entwicklungen anzuknüpfen, die sich im ersten Drittel
des 20. Jahrhunderts vollzogen hatten oder eingeleitet worden waren, war
die Wiederbelebung der Verbandsarbeit eine ambivalente Angelegenheit.
Einerseits ging es darum, noch immer ungelöste Fragestellungen und
Problemkonstellationen für die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts erneut
zu thematisieren. Andererseits konnte nicht nahtlos am Arbeitsstand der
zwanziger Jahre angeknüpft werden, da sich die Bedingungen, der Kreis
der Interessenten und die potentiellen Mitglieder völlig verändert hatten.
2
Vgl. dazu die entsprechenden Mitteilungen in der Zeitschrift "Kindergarten", H. 10 und
12/1938. Walter Thorun teilt in seiner verdienstvollen Chronologie "125 Jahre Sozialpädagogischer Fachverband", Hamburg 1997, S. 120 f. (Manuskriptdruck) mit, dass der
Auflösungsbeschluss einstimmig erfolgte, und teils wehmütig aufgenommen wurde, da
damit eine Form alter Verbundenheit verschwand, teils jedoch auch als Ende der belastenden Gleichschaltung begrüßt wurde.
21
Demnach war nach 1945 von den ehemaligen Mitgliedern des Deutschen
Fröbel-Verbandes über Wieder- oder Neugründung zu entscheiden, zu berücksichtigen waren die Folgen und Erfahrungen von Krieg und Nationalsozialismus, zu verarbeiten waren Traditionsbilder und Wirkungsweise einer Vergangenheit zwischen volkerzieherischem Aufbruch am Ende des
19. Jahrhunderts und dem – wie auch immer gearteten – Abbruch durch
den Nationalsozialismus in den dreißiger Jahren. Das Ende des Deutschen
Fröbel-Verbandes 1938 zwischen Anpassung, Resignation, Selbstaufgabe
und Rückzug auf sich selbst warf Fragen nach dem Traditionsbild auf.
Ob das Datum der Gründung des Pestalozzi-Fröbel-Verbandes im Jahre
1948 zufällig war oder bewusst gewählt wurde, ist im Einzelnen nicht
mehr nachzuvollziehen. Aus der allgemeinen Lage resultierte ein dringender Bedarf nach sozialpädagogischem Engagement. Als die Alliierten entsprechende Zusammenschlüsse in den von ihnen besetzten Gebieten wieder zuließen, entschieden sich ehemalige Mitglieder des Deutschen Fröbel-Verbandes für eine Neugründung – zehn Jahre nach der Auflösung des
Deutschen Fröbel-Verbandes, drei Jahre nach Kriegsende und dem Zusammenbruch des Hitlerreiches, zwei Jahre nach der 200. Wiederkehr des
Geburtstages von Johann Heinrich Pestalozzi (1746 - 1827) und vier Jahre
vor dem 100. Todestag von Friedrich Fröbel (1782 - 1852). An deren Vorbereitung waren – neben Lehrerinnen aus ehemaligen und neuen Kindergärtnerinnen- und Jugendleiterinnenseminaren, Vertreterinnen aus Behörden, Jugendheimen und Kindertageseinrichtungen – auch Herman Nohl
und Eduard Spranger maßgeblich beteiligt. Die Gründungsversammlung
tagte an der Universität Göttingen und war von Herman Nohl und Luise
Besser, bis 1958 die Vorsitzende des neu gegründeten Verbandes, einberufen worden. Als Bezeichnung für den Verband wählten die Gründungsmitglieder nicht mehr nur die bisher im Namen des DFV festgeschriebene
Beziehung zu Fröbel, sondern erweiterten sie mit dem Blick auf "die Größe und Schwere der Gegenwartsaufgaben"3 um die zu Pestalozzi. Zur übergreifenden Programmatik, verbunden mit den Namen Fröbels und Pestalozzis, wurden Volkserziehung, Menschenerziehung, soziales Verantwortungsbewusstsein und sozialpädagogisches Wollen erklärt, damit Anliegen des Deutschen Fröbel-Verbandes aufgegriffen und der notwendigen
Lösung aktueller Probleme zugeordnet. In diesem Sinne stand der neue
PFV durchaus in der Tradition des Deutschen Fröbel-Verbandes, zumal
neben den Gründungsmitgliedern auch weitere ehemalige Mitglieder des
Deutschen Fröbel-Verbandes dem PFV beitraten.
Die Mitarbeit im Verband diente vor allem zur Verständigung über und
zur gemeinsamen Durchsetzung spezifischer sozialpädagogischer Anliegen des beruflichen Alltags, hatte also in diesem Sinne eine vorwiegend
"rückwirkende" Funktion auf das berufliche Arbeitsfeld. Daraus resultiert,
3
Verlautbarung des PFV Göttingen, 24. 3. 1948. Zit. bei Walter Thorun, a.a.O., S. 126.
22
dass die "basisdemokratische" Arbeit des Verbandes nur in den Protokollen der Mitgliederversammlungen und Wortmeldungen in den Publikationsorganen dokumentiert wurde, sich das "Verbandsleben" vorwiegend in
der Verbandszeitschrift und in Erinnerungen widerspiegelt und das Engagement einzelner Verbands- und Vorstandsmitglieder vorwiegend im
Rahmen berufsbiographischer Untersuchungen beschrieben wird, deren
Hauptthema nicht der PFV bzw. der Deutsche Fröbel-Verband ist.
Würdigende und kritische (Selbst-)Besichtigungen der Verbandsarbeit
sind vorwiegend aus den Programmatiken und Rechenschaftslegungen der
jeweiligen Vorstände aus Anlass von Vorstandswahlen herauszulesen,
darüber hinaus jedoch erscheinen sie an anderen Stellen: eingebettet in
biographische Reflexionen und Untersuchungen oder der Verband – sowohl der Deutsche Fröbel-Verband als auch der Pestalozzi-FröbelVerband – wird in historischen Untersuchungen zur Vorschul- und Sozialpädagogik als eine Erscheinungsform erwähnt.
Dementsprechend ist auch die Aktenlage.
Mehr als Fröbel und Sozialpädagogik
Es ist eine irrige Vorstellung, die bis heute durch die Namensgebung gestützt wird, dass das Werk und Wirken von Pestalozzi und Fröbel sowohl
im DFV wie auch im PFV eine zentrale Rolle gespielt haben und spielen.
Tatsächlich war das Aufgabenfeld zu allen Zeiten vorwiegend auf aktuelle
sozialpädagogische Problemlagen konzentriert. Wenn historisch reflektiert
wurde, geschah das anhand solcher Probleme, die sich aus den gestellten
Aufgaben entwickelten. Das betraf demzufolge dann auch Fröbel und seine Kindergartenpädagogik, die Geschichte des Kindergartens, die Geschichte des Berufs der Erzieherin, die Geschichte der Kindheit, die Geschichte einzelner Kindereinrichtungen und Ausbildungsstätten usw. 4
Die erste umfassendere und überblickende Arbeit zur Verbandsgeschichte
wurde 1998 aus Anlass der 125 Jahre zurückliegenden Gründung des
Deutschen Fröbel-Verbandes und des 50-jährigen Bestehens des Pestalozzi-Fröbel-Verbandes vorgelegt.5 Sie stützte sich auf Ausarbeitungen und
Aussagen verdienstvoller älterer Mitglieder des PFV, dazu gehören zahlreiche Arbeiten von Walter Thorun (Hamburg). Umfassendes Material
wurde durch die in Erinnerung an Erika Hoffmann (1902 - 1995) vom
PFV herausgegebene Gedenkschrift "bilden – erziehen – betreuen" er-
4
5
Partielle Einblicke in die Verbandsgeschichte wurden auch 1961 und 1973 vorgelegt.
Vgl. die abschließend referierte Literatur.
Pestalozzi-Fröbel-Verband (Hrsg.): Die Geschichte des Pestalozzi-Fröbel-Verbandes.
Ein Beitrag zur Entwicklung der Kleinkind- und Sozialpädagogik in Deutschland. Freiburg i. Breisgau 1998.
23
schlossen.6 Die Befragung von Zeitzeugen half, Zusammenhänge zu finden und Engagement zu verdeutlichen, dazu gehörten Interviews u.a. mit
Sigrid Ebert (Berlin), Renate Combé (Köln), Dr. Gisela Hundertmarck
(Poppenhausen), Gertraud Lorenz (Neuwied), Gertrud Meister (Aachen),
Dr. Helga Merker (Köln), Schwester Maria Martha Nickel (Kempten), Gisela Petersen (Rotenberg), Rita Rudzinski (Berlin), Dr. Elisabeth Siebenmorgen (Köln), Prof. Dr. Thea Sprey-Wessing (Münster), Walter Thorun
(Hamburg) und Renata von Ungern-Sternberg (Bremen). Eine entscheidende Materialgrundlage kam aus dem in der Berliner Geschäftsstelle des
PFV vorhandenen und dort betreuten Verbandsarchiv. Genutzt wurden
weitere erreichbare Literatur und zeitgenössische Dokumente, insbesondere auch aus dem Fröbel-Museum in Bad Blankenburg und aus dem Archiv
der Berliner sozialpädagogischen Ausbildungsstätte, dem "PestalozziFröbel-Haus".
Was in diesen Zusammenhängen deutlich wurde, gilt auch für das in den
Archivbeständen des PFV gleichsam "schlummernde" Forschungspotential. Die Bestände dokumentieren demzufolge – wenn auch fragmentarisch
und in spezifischen Facetten – mindestens die Entwicklung in den nachfolgend genannten drei Bereichen:
erstens alle für Kinder und ihre Eltern existentiellen politischen, sozialen,
kulturellen und pädagogischen Probleme des 20. Jahrhunderts;
zweitens die Verbandsgeschichte als Bestandteil der Fröbelbewegung, der
Kindergartenbewegung, der Frauenbewegung, der Geschichte sozialpädagogischer Berufe und der Bestrebungen um Volkserziehung und Menschenbildung. Je nach Bedürfnislage wurden Schwerpunkte gesetzt, nach
denen sich auch das Engagement des Verbandes richtete: auf die Kindergärten, auf die Erziehung, auf die Ausbildung, auf vorschulpädagogische
Konzepte, auf die Lösung sozialer Probleme, auf das Verhältnis von Familien und Einrichtungen usw.
drittens die Verbandsgeschichte als Bestandteil allgemeiner Vereinsgeschichte, die Geschichte ehrenamtlicher Arbeit und die sich wandelnde
Funktion von Vereinen und Verbänden in der Öffentlichkeit.
Zur Komplexität des Zusammenwirkens von Vereinen und Verbänden auf
volkserzieherischem Gebiet
Dass die Wirkungsabsichten und -möglichkeiten sowie die Wechselwirkungen von Vereinen, Verbänden und Gesellschaften nur andeutungsweise
erfasst sind, ist ein deutliches Manko. Die spezifische Artikulation gesell6
Sigrid Ebert / Christine Lost (Hg.): bilden – erziehen – betreuen. In Erinnerung an Erika
Hoffmann. München 1996.
24
schaftlicher Bedürfnisse und die Komplexität des Zusammenwirkens auch
auf volkserzieherischem Gebiet, die Fülle der Neugründungen und der Zustrom neuer Mitglieder in Um- und Aufbruchszeiten sind ein Phänomen
der deutschen Vereinsgeschichte, das sich nach der Gründungswelle im
letzten Drittel des 19. Jahrhunderts sowohl nach 1945 als auch nach
1989/90 wiederholt hat. Über den Bestand solcher Zusammenschlüsse entscheiden offensichtlich das gemeinsame Anliegen und die gemeinsame
Wirkungsabsicht, das Verbandsprofil sowie die Anzahl, vor allem aber das
Engagement der Mitglieder, Kriterien, die auch auf den PFV zutreffen.
Die Geschichte dieses Potentials ist nur indirekt erfassbar, für die Wirksamkeit des Verbandes, den Erfolg seiner Arbeit und seiner andauernden
Lebensfähigkeit jedoch von entscheidender Bedeutung.
"Vereine", "Gesellschaften" und "Verbände" gehörten in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts zu den wichtigsten Formen, um
gleichgerichtete Interessen programmatisch vertreten und durchsetzen zu
können. Im letzten Drittel des Jahrhunderts entstanden unter anderen drei
solcher Zusammenschlüsse Gleichgesinnter, deren Besonderheit darin
bestand, dass sie, teilweise inhaltlich und personell verflochten, an historisch-pädagogischem Gedankengut anknüpften und im Sinne einer
allgemeinen "Volkserziehung", ihrer Pflege und Praktizierung, ein
entsprechendes pädagogisches Handeln zu konzipieren und zu praktizieren
versuchten.
Es handelte sich dabei um den 1873 gegründeten Deutschen FröbelVerband, um die 1890 entstandene Gesellschaft für deutsche Erziehungsund Schulgeschichte und um die 1891 konstituierte Berliner internationale
Comenius-Gesellschaft zur Pflege der Wissenschaft und Volkserziehung.
Alle drei Verbände stellten zwischen 1934 und 1938 ihre Tätigkeit ein und
wurden nach 1945 wiederbelebt, das heißt reaktiviert oder neu gegründet.
Das geschah in allen Fällen mit einem modifizierten Programm und den
veränderten Bedürfnissen und Bedingungen angepasst. Der PestalozziFröbel-Verband entstand 1948 als "politisch und konfessionell unabhängiger sozialpädagogischer Fachverband" in den westlichen Besatzungszonen
in Tradition des Deutschen Fröbel-Verbandes, die Gesellschaft für deutsche Erziehungs- und Schulgeschichte hatte die Kommission für deutsche
Erziehungs- und Schulgeschichte als Nachfolgerin, sie wurde 1956 (bis
1990) als Herausgebergremium in der DDR eingerichtet, und die Deutsche
Comenius-Gesellschaft entstand 1992 im wiedervereinten Deutschland in
Hinblick auf die "alte" Comenius-Gesellschaft von 1891.
Alle drei Gremien waren Ende des 19. Jahrhunderts mit der Absicht entstanden, Beiträge zur Verbesserung der Volksbildung in einer Zeit sozialer
Umbrüche und Verunsicherungen zu leisten. Sie bezogen sich dabei auf
pädagogische Konzepte der Vergangenheit, deren Gehalt allgemein zu erschließen und für dessen Realisierung einzutreten sei. Der Deutsche Fröbel-Verband und die Comenius-Gesellschaft repräsentierten diese Absicht
25
bereits mit dem für die jeweilige Vereinigung gewählten Namen. Im
Gründungsaufruf der Gesellschaft für deutsche Erziehungs- und Schulgeschichte hieß es: "Gerade jetzt, da die Fragen der Erziehung und des Unterrichts in den Vordergrund des öffentlichen Interesses getreten sind, da
wir vielleicht an einem Wendepunkt in der Entwicklung des nationalen
Erziehungswesens stehen, erscheint es geboten, der Gegenwart aus der
Vergangenheit die Zukunft zu erhellen."7
Die drei Vereinigungen waren miteinander verflochten. Mitglieder der
Comenius-Gesellschaft publizierten in der Reihe "Monumenta Paedagogica Germaniae" der Gesellschaft für deutsche Erziehungs- und Schulgeschichte. In deren Beständen wiederum befand sich ein Teil des FröbelNachlasses, mit dem sich Erika Hoffmann (1902-1992), eines der Gründungsmitglieder des Pestalozzi-Fröbel-Verbandes von 1948, besonders intensiv befasste. Henriette Schrader-Breymann, die Gründerin und Leiterin
des Pestalozzi-Fröbel-Hauses in Berlin, auch Eleonore Heerwart, die Vorsitzende des Allgemeinen Kindergärtnerinnen-Vereins und Leiterin des
Friedrich-Fröbel-Hauses in Bad Blankenburg waren Mitglieder der Comenius-Gesellschaft, nicht zuletzt deshalb, weil diese Gesellschaft unter
Berufung auf Comenius "auf dem Gebiet der Volkserziehung die Gleichberechtigung des weiblichen Geschlechts" betont habe.8 Der Direktor des
Köllnischen Gymnasiums in Berlin, Dr. Eugen Pappenheim, verehrte Comenius und Fröbel. 1893 wurde er zum Vorsitzenden des Deutschen Fröbel-Verbandes gewählt, desgleichen später Friedrich Zimmer. In Bonn
entstand ein Comeniusseminar, in dem gleichzeitig Lehrerinnen und Kindergärtnerinnen ausgebildet wurden.
Obwohl die Entwicklung seit 1945 dazu geführt hat, dass sich die relativ
engen Verbindungen zwischen den Vereinen aufgelöst haben und sich die
Aufgabenbereiche zunehmend – manchmal in wechselseitiger Konkurrenz
– spezialisieren, bestimmen nach wie vor die verschiedenen Formen der
Zusammenarbeit die erfolgreiche Arbeit mit.
Die integrative, koordinierende, gleichsam "basisdemokratische" Funktion
der Verbände, die durch ihre Mitglieder und einen gewählten Vorstand
funktionieren und sich selbst organisieren, haben im volkserzieherischen
7
8
Abläufe und Zitate aus der Geschichte der Gesellschaft für deutsche Erziehungs- und
Schulgeschichte wurden entnommen bei:
Christine Lost: Die Kommission für deutsche Erziehungs- und Schulgeschichte 1990 Personen, Probleme, Bilanzen. In Jahrbuch für Pädagogik 1992 (Erziehungswissenschaft
im deutsch-deutschen Vereinigungsprozess. Frankfurt a. M. / Bern / Berlin / New York /
Paris / Wien 1992, S. 119 - 133.
Abläufe und Zitate aus der Geschichte der Comenius-Gesellschaft wurden entnommen
bei:
Werner Korthaase: Die Berliner internationale Comenius-Gesellschaft zur Pflege der
Wissenschaft und Volkserziehung (1891 - 1934). Hrsg. vom ComeniusZentrum. Berlin
1993 (Hefte zur Lebensbildung 4).
26
und sozialpädagogischen Bereich eine außerordentliche Rolle gespielt und
die entsprechenden Entwicklungen in diesem Jahrhundert mitbestimmt.
Anhand der Geschichte und Vorgeschichte des PFV ist nicht nur diese Bedeutung abzulesen, sondern sind auch jene Bedingungen und Voraussetzungen zu erkennen, die Verbandsarbeit erst wirksam machen.
Dafür bieten sich die nun im Archiv der BBF befindenden Bestände an.
Die Periodika des DFV und PFV
Die Akten und Unterlagen werden durch die periodischen Publikationen
des DFV und des PFV ergänzt. Ihre Geschichte hat vor eineinhalb Jahrhunderten begonnen. 1860 erschien der 1. Jahrgang der vom FröbelFreundeskreis herausgegebenen Zeitschrift "Kinder-Garten und Elementar-Klasse". Der DFV übernahm mit seiner Gründung 1873 das Periodikum und nutzte es als Verbandszeitschrift. Unter dem Titel "Kindergarten"
existierte die Zeitschrift bis 1944. Mit der Auflösung des DFV 1938 hatte
sie jedoch ihren ursprünglichen Charakter verloren. Sie wurde vom Nationalsozialistischen Lehrerbund übernommen und für dessen Zwecke genutzt. Die Umwertung und Entstellung der Zeitschrift, aber auch das über
den Kindergarten hinausreichende Programm des PFV führte 1948/49 zu
der Entscheidung, für die geplante Verbandszeitschrift einen anderen Titel
zu wählen. Um die Ziele und den Aufgabenbereich des PFV zu assoziieren
und das inhaltliche Programm der neuen, als Monatszeitschrift projektierten Veröffentlichung zu umreißen, griff man auf den anspruchsvollen, mit
Fröbel und Pestalozzi in Verbindung zu bringenden Titel "Die Menschenerziehung. Zeitschrift für soziale Pädagogik. Organ des Pestalozzi-FröbelVerbandes e. V." zurück. Die erste Nummer des ersten Jahrgangs,
zugleich auch die einzige unter diesem Titel, erschien im März 1949.
Knappe Ressourcen und wohl auch der Bedarf weniger an theoretischen
Erörterungen, die der gewählte Titel signalisierte, als vielmehr an einem
raschen, unkomplizierten, die aktuelle Praxis beachtenden und unterstützenden Informationsfluss zwischen dem Vorstand und den Mitgliedern,
führten zu einer Umbenennung der Zeitschrift. Der gedankliche Rückgriff
auf den von Fröbel genutzten Begriff der "Menschenerziehung" wurde neu
akzentuiert. Die Zeitschrift hieß nunmehr "Blätter des Pestalozzi-FröbelVerbandes". Mit dem Zusatz im Titel "Neue Folge der 1860 gegründeten
Zeitschrift 'Kindergarten'" und der Wahl des Verlages, nämlich Quelle &
Meyer in Heidelberg, der bereits zwischen 1921 und 1938 die Zeitschrift
"Der Kindergarten" verlegt hatte, wurde auf die spezifische und langjährige Tradition aufmerksam gemacht und sie für die veränderten Bedingungen zu öffnen versucht.
Beeinflusst durch die bildungspolitischen Entwicklungen seit Beginn der
1970er Jahre wandelte sich 1976 der Titel der Zeitschrift erneut, nunmehr
in "Sozialpädagogische Blätter". Als Zusatz wurde gewählt: ehem. "Blätter
27
des Pestalozzi-Fröbel-Verbandes", Neue Folge der Zeitschrift "Kindergarten". Eine weitere Wandlung erfuhr die Verbandszeitschrift 1989. Mit der
Bindung an einen neuen Verlag, bewirkt durch die prekäre Abonnentensituation, wurden die Anliegen und Informationen des PFV nunmehr Teil
einer Fachzeitschrift unter dem Titel "Kinderzeit – Sozialpädagogische
Blätter".
In Weiterführung der "Sozialpädagogischen Blätter" begann 1996/97 die
Herausgabe eines Jahrbuches mit der Absicht, die Tätigkeit des PFV geschlossener zu dokumentieren. Die Jahrbücher enthalten die Beiträge und
wichtigsten Ergebnisse von Fachtagungen. Durch die themenzentrierte
Anlage der Jahrbücher werden akute sozialpädagogische Fragestellungen
zur Lage der Kinder, zu den Institutionen für Kinder, zur professionellen
pädagogischen Arbeit mit Kindern, zur Ausbildung und zum Beruf der Erzieherin bzw. des Erziehers usw. aufgegriffen. Jedes Jahrbuch hat ein
Thema und ist unter diesem Thema zugleich ein Fachbuch, indem es aktuelle Aufsätze namhafter Fachvertreter aus Theorie, Praxis und Verwaltung
vereint. Es wird durch einen mehrfach im Jahr erscheinenden "Mitgliederrundbrief" ergänzt, der die direkte Information der Mitglieder ermöglicht
und die Kommunikation zwischen den Mitgliedern, dem gewählten Vorstand und der Geschäftsstelle des PFV in Berlin unterstützt.
Literaturhinweise:
Die voranstehenden Ausführungen beziehen sich, wenn nicht anders vermerkt, auf die Ergebnisse des Jubiläumsprojekts des Pestalozzi-FröbelVerbandes (PFV) aus Anlass seines 50-jährigen bzw. 125-jährigen Bestehens. Als grundlegend wird empfohlen:
Pestalozzi-Fröbel-Verband (Hrsg.): Die Geschichte des Pestalozzi-FröbelVerbandes. Ein Beitrag zur Kleinkind- und Sozialpädagogik in
Deutschland. Freiburg im Breisgau 1998.
In dieser Buchpublikation wird die Geschichte des PFV (und des DFV)
erstmals und umfassend dargestellt. Partielle Einblicke in die Verbandsgeschichte wurden 1973 aus Anlass des 100-jährigen Jubiläums der Gründung des Deutschen Fröbel-Verbandes vorgelegt. Luise Besser veröffentlichte bereits 1961 einen Beitrag über die Arbeit des PFV seit 1948 in:
Beiträge zur Sozialpädagogik. Heidelberg 1961, S. 194 ff. Die beiden
letztgenannten Veröffentlichungen von 1973 bzw. 1961 gehen jedoch über
allgemeine Mitteilungen bzw. Bilanzen nicht wesentlich hinaus.
In Ergänzung und zur Stützung eines Überblicks ist eine ebenfalls aus Anlass des Jubiläums von 1998 erschienene Chronologie zu nennen:
Walter Thorun: 125 Jahre sozialpädagogischer Fachverband / Chronologie. Hamburg 1998 [Mskpt.-Druck].
28
Die nachfolgenden, chronologisch aufgeführten Veröffentlichungen greifen einzelne Aspekte der Geschichte des PFV (und des DFV) auf:
Christine Lost: Die Wissenschaftlerin Erika Hoffmann: Zu Lebensleistung
und Jahrhundertproblematik. In Ebert, S./Lost, C. (Hrsg.): bilden – erziehen – betreuen. In Erinnerung an Erika Hoffmann. München 1996,
S. 17 - 38.
Dies.: Mitmenschlichkeit und Zusammenarbeit. Zu Persönlichkeit und Lebensleistung von Prof. Dr. Gisela Hundertmarck (1930 - 1997). In Auernheimer, R. (Hrsg.): Erzieherinnen für die Zukunft. Berufsrealität und
Berufsprofil im Wandel. Jahrbuch 3 des Pestalozzi-Fröbel-Verbandes.
Baltmannsweiler 1999, S. 69 - 82.
Dies.: Zu den vom Pestalozzi-Fröbel-Verband herausgegebenen Jahrbüchern 1 u. 2. Ein rückblickender Überblick. In: ebd., S. 155- 158.
Christine Lost/Rita Wolters: Fröbel in der Geschichte des PestalozziFröbel-Verbandes. In: Heiland, H./Neumann, K./Gebel, M. (Hrsg.):
Friedrich Fröbel. Aspekte internationaler vergleichender Historiographie. Weinheim 1999, S. 203 - 215.
Dies.: Fröbel und Pestalozzi – Leitbild, Programm, Etikett? Aus der Geschichte des Pestalozzi-Fröbel-Verbandes. In: Lost, C./Oberhuemer, P.
(Hrsg.): Auch Kinder sind Bürger. Kindergarten- und Kinderpolitik in
Deutschland (Jahrbuch 4 des PFV). Baltmannsweiler 1999, S. 102 116.
Prof. Dr. Christine Lost
Erziehungswissenschaftl. Inst., Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
**********
Lesefrüchte aus dem Bestand der BBF
Einige Überlegungen und Anmerkungen zu
Bertha von Marenholtz-Bülow (1816 - 1893)
Das 4. Internationale Fröbel-Symposion vom 20.-22. Juni 2002 in Berlin
mit dem Titel "Fröbels Pädagogik. Verstehen. Interpretieren. Weiterführen." ist Anlass, sich der wichtigsten und erfolgreichsten Verbreiterin von
Fröbels Ideen zuzuwenden.
Bertha von Marenholtz-Bülow begegnete Friedrich Wilhelm August Fröbel (1782-1852) in seinen letzten Lebensjahren im Dienste der kleinen
Kinder Ende Mai des Jahres 1849 und sprach ihn mit dem Satz an: "Sie
scheinen sich mit Volkserziehung zu beschäftigen?" (Marenholtz-Bülow
1876, S. 1). Ihrem Einsatz und Einfluss ist es hauptsächlich zu verdanken,
dass das Verbot der Kindergärten in Preußen von 1851, das Fröbel kurz
29
vor seinem Tod noch selbst erlebte, neun Jahre später wieder aufgehoben
wurde (Müller 1928. S. 56).
In der "Festschrift zur hundertjährigen Geburtstagsfeier" (Festschrift 1882,
S. 20) von Friedrich Fröbel zum 21. April 1882 wird ein anderes Begegnungsdatum zwischen den beiden genannt. Es wird berichtet, dass sich
Adolph Diesterweg, Johanna Goldschmidt und Bertha von Marenholtz zu
Fröbel begeben haben, Diesterweg und Marenholtz-Bülow gemeinsam am
Unterricht
Fröbels
teilnahmen und sich Gedanken über die Verbreitung
von Fröbels Sicht zur
Veränderung
und
Verbesserung der Sorge für die
kleinen Kinder machten.
Hier zeigt sich beispielhaft
ein
Problem
der
Überlieferung und der Forschungslage, wenn es um
die
Klärung
des
Verhältnisses zwischen von
Marenholtz-Bülow
und
Fröbel
geht.
Die
persönlichen Angaben sind
widersprüchlich im Detail
und gegensätzlich in der
Interpretation, die Quellenlage zur Klärung praktischer und theoretischer Sachverhalte ist verstreut
und lückenhaft oder durch historische Umstände unvollständig geworden
(Heiland 1992, S. 27-115, insbesondere S. 49 ff.). Bei den Zeitgenossen
der Fröbelbewegung gibt es eine unstreitige und hohe Anerkennung für
das erfolgreiche Wirken von Bertha von Marenholtz-Bülow für die Kindergartenbewegung im In- und Ausland. In der Festschrift wird ausführlich aus den "Erinnerungen an Friedrich Fröbel" zitiert, die MarenholtzBülow 1876 veröffentlichte.
Von späteren Kritikern wird ihr vorgeworfen, dass sie sich durch ihre eigenständige Verknüpfung von Fröbels Grundauffassungen mit der sozialen Frage, wie sie von der für soziale Veränderungen äußerst aufmerksamen Bertha von Marenholtz-Bülow wahrgenommen wurde, von Fröbels
Substanz
entfernt
habe
(Ballauff/
Schaller, S. 205-213, insbesondere S. 212). Neben der Erarbeitung praktischer Materialien für die neu gegründeten Kindergärten, etwa "Die erste
Erziehung durch die Mutter nach Fr. Fröbels Grundsätzen" von 1854 und
"Die Arbeit und die neue Erziehung nach Fröbels Methode" von 1875, engagierte sie sich ebenso über ihre persönlichen Kräfte hinaus für die Gründung von Kindergärten und von Ausbildungsstätten für Kindergärtnerin-
30
nen. Weiterhin bemühte sie sich im In- und Ausland um die Verbreitung
von Fröbels Grundauffassung, dass die Versorgung der nichtschulpflichtigen Kinder dreifach durchdacht werden müsse (Allgemeine
Deutsche Biographie 1878. Bd. 8. S. 123). Auf der ersten Stufe sei sie als
Pflege des Kindes durch seine Mutter zu gestalten, auf der zweiten – zwischen dem dritten und dem sechsten Lebensjahr – durch seine Erziehung
durch bildendes Spiel in einem Kindergarten. Die dritte Stufe diene der
vorbereitenden Erziehung des schulischen Lernens und zwar durch Spiele,
die Gemüt, Sinne und Wahrnehmungsfähigkeit ansprechen und zum produktiven Tun überleiten sollen. Auf dieser letzten Stufe dürften die meisten Differenzen zu Fröbel festzustellen sein.
Eine Gesamtausgabe der gedruckten Texte Fröbels und des umfangreichen
handschriftlichen Nachlasses lag den damaligen Zeitgenossen nicht vor
und steht auch in der Gegenwart nicht zur Verfügung. Inwieweit die Verbreiter der Kindergartenidee theoretische Auseinandersetzungen mit Fröbels
Werk leisteten, ist eine eigenständige wissenschaftliche Fragestellung, die
eine theoretische historische Komponente aufzuweisen hat und eine praktische zur Erfassung für die veränderte Zeitsituation, in der die Kindergartenbewegung hohe Erfolge hatte.
Für alle wissenschaftlichen Fragestellungen bietet die Bibliothek für Bildungsgeschichtliche Forschung Arbeitsgrundlagen. Inzwischen ist sie zum
bleibenden Dach für verschiedene erziehungswissenschaftliche Bibliotheken geworden, die nach ihren eigenen Sammlungsperspektiven vorgegangen sind (vgl. dazu die Berichte zur Übernahme anderer Bibliotheken, Archive und Nachlässe im Mitteilungsblatt des Förderkreises der BBF, insbesondere
im
Bertha von Marenholtz-Bülow
gegenwärtigen Mitteilungsblatt den Bericht von Christine Lost). Das bedeutet für die Publikationen
von Bertha von Marenholtz-Bülow, dass es eine eigenständige wissenschaftliche und bibliothekarische Aufgabe geworden ist, die Fülle der Materialien in verschiedenen Beständen zu sichten. Da es eine spezifische
Quellenlage gibt, die sich aus dem praktischen und theoretischen Engagement der Autorin ergibt (vgl. dazu Heiland 1992), erfordert das besondere
bibliothekarische Feinarbeit.
Die Ergebnisse der momentan die schulpolitische öffentliche Diskussion
beherrschenden Studie der OECD, kurz PISA (Programme for International Student Assessment) genannt, bieten für unsere Zusammenhänge die
Erkenntnis, dass den Auffassungen Fröbels, Diesterwegs, von MarenholtzBülows und anderer Protagonisten der Kindergartenbewegung, den Kindergarten als Grundlage des Schulwesens zu betrachten und einzurichten,
beizupflichten ist als eine unabdingbare Voraussetzung für erfolgreiche
Schulkarrieren.
31
Der Förderkreis der Bibliothek für Bildungsgeschichtliche Forschung
wünscht dem 4. Internationalen Fröbel-Symposion vom 20.-22. Juni 2002
sowohl wissenschaftliche als auch praktische Erfolge bei der Erinnerung
an die Anfänge und an die internationale Verbreitung einer großen Idee,
deren erste Verbreiter von Fröbel inspiriert wurden und aus seinem Geiste
heraus für die Verbesserung der Lage der kleinen Kinder arbeiteten.
Literaturangaben:
1. Primärliteratur
Friedrich Fröbel. Festschrift zur hundertjährigen Geburtstagsfeier von Lina
Morgenstern. Berlin 1882.
Die Fröbel'schen Bildungsanstalten. Denkschrift dem Königlich Preußischen Staatsminister und Minister der geistlichen, Unterrichts- und
Medicinal-Angelegenheiten, Ritter höchster Orden Herrn Dr. Falk Excellenz überreicht vom leitenden Ausschuß des Deutschen FröbelVerbandes. Berlin 1876.
Goldschmidt, Henriette: Was ich von Fröbel lernte und lehrte. Versuch einer kulturgeschichtlichen Begründung der Fröbel'schen Erziehungslehre. Leipzig 1909.
Marenholtz-Bülow, Bertha von: Die erste Erziehung durch die Mutter
nach Fr. Fröbels Grundsätzen. Leipzig 1854.
Marenholtz-Bülow, Bertha von: Die Arbeit und die neue Erziehung nach
Fröbels Methode. Hrsg. zum Besten der Fröbelstiftung. 2. Aufl. Cassel,
Göttingen 1875.
Marenholtz-Bülow, Bertha von: Erinnerungen an Friedrich Fröbel. Kassel
1876 (Gesammelte Beiträge zum Verständnis der Fröbel'schen Erziehungsidee. Bd. 1).
Marenholtz-Bülow, Bertha: Das Kind und sein Wesen. Beiträge zum Verständnis der Fröbel'schen Erziehungslehre. 2. unveränd. Aufl. Cassel
1878.
2. Sekundärliteratur
Allgemeine Deutsche Biographie. Bd. 8. Leipzig 1878.
Deutsche Biographische Enzyklopädie. Bd. 3., Bd. 8. München 1997.
Neue Deutsche Biographie. Bd. 5. Berlin 1961.
Ballauff, Theodor/Schaller, Klaus: Pädagogik. Eine Geschichte der Bildung und Erziehung. Bd. III. 19./20. Jahrhundert. München, Freiburg
1973.
Heiland, Helmut: Fröbelbewegung und Fröbelforschung. Bedeutende Persönlichkeiten der Fröbelbewegung im 19. und 20. Jahrhundert. Hildesheim, Zürich, New York 1992 (Beiträge zur Fröbelforschung. Bd. 3).
Jäger, Georg/Tenorth, Heinz-Elmar: Pädagogisches Denken. In: Jeismann,
K. -E./Lundgreen, P. (Hrsg.): Handbuch der deutschen Bildungsge-
32
schichte. Bd. III. 1800-1870. Von der Neuordnung Deutschlands bis
zur Gründung des Deutschen Reiches. München 1987, S. 71-102.
Müller, Maria: Frauen im Dienste Fröbels. (Wilhelmine Hoffmeister, Bertha von Marenholtz-Bülow, Henriette Schrader-Breymann, Henriette
Goldschmidt). Leipzig 1928 (Forschungen zur Geschichte der Philosophie und der Pädagogik. II. Bd. H.3).
Dr. Gabriele Gehlen
Förderkreis der Bibliothek für Bildungsgeschichtliche Forschung
**********
Anton Friedrich Büschings, Königl. Preußi. Oberconsistorialraths Beschreibung seiner Reise von Berlin über Potsdam nach Rekahn unweit
Brandenburg, welche er vom dritten bis achten Junius 1775 gethan
hat. Mit Landcharten und anderen Kupferstichen. Leipzig 1775, gedruckt bey Friedrich Gotthold Jacobäern, im Verlag der Haude und
Spenerschen Buchhandlung zu Berlin
Reisen sind nicht meine Sache;
sie kosten zu viel Zeit,
und diese habe ich nicht übrig.
Mit diesen Worten beginnt Anton Friedrich Büsching (1724-1793), seit
1766 Oberkonsistorialrat und Direktor des Gymnasiums zum Grauen Kloster, seinen Bericht über die gemeinsam mit Frau und Kindern durchgeführte Reise von Berlin nach Reckahn bei Brandenburg/Havel. Auf über
320 Seiten schildert der in Stadthagen (Schaumburg-Lippe) geborene
Theologe und Geograph anschließend die mehrtägige Reise, die er im Juni
1775 unternahm. Erklärtes Ziel seiner Expedition war die Besichtigung
des von dem Reformer des Landschulwesens Friedrich Eberhard von Rochow (1734-1805) ins Leben gerufenen Schulversuchs, der seit dem Preußenjahr 2001 in einer vorzüglich arrangierten Ausstellung im Rochowschen Gutshaus zu Reckahn und in einem von Hanno Schmitt und Frank
Tosch prächtig ausgestatteten Sammelband umfassend dokumentiert ist
(Schmitt/
Tosch 2001).
Nur für Reckahn war Büsching bereit, sechs Tage zu opfern:
"Ich würde also auch die kleine Reise, welche ich heute antrete,
nicht unternehmen, wenn nicht Rekahn, dahin sie gerichtet ist,
wegen des Herrn Domherrn von Rochow und deßelben Frau Gemalin, einer geborenen von Bosen, ein Ort wäre, der mehr als
hundert andere besucht zu werden verdient, ja wenn nicht das von
33
seiner Vortrefflichkeit, würdig wäre, besichtiget, gepriesen und
nachgeahmet zu werden." (Büsching, S. 1)
Umso erstaunlicher ist es auf den ersten Blick, dass er nahezu zwei Drittel
seines Buches auf die Beschreibung des ersten Reisetages verwendet, der
nach 20 Stunden mit der Ankunft in Reckahn abends um 11 Uhr endet.
Heute bewältigt man diese Strecke über die Autobahn in ca. 45 Minuten,
lässt dabei jedoch auch viele der von Büsching besuchten bzw. gestreiften
Ortschaften am Rande liegen. Ausführliche Skizzen widmet er u. a. der
Leipziger und Potsdamer Straße, dem 'Königlichen Bau in Berlin', der Bevölkerungsstruktur Berlins, der 'Teltowschen Kreisverfassung', der 'BilderGallerie zu Sans-Souci' oder der Geschichte der Stadt Potsdam. Wir erfahren u. a., dass Berlin 1709 49.855 Einwohner zählte, 1747 84.898 und
1774 104.874, darunter 5.381 Franzosen, 1.162 Böhmen und 3.958 Juden.
Von den 1774 gezählten Bewohnern waren 20.225 Männer, 25.136 Frauen und Witwen, 18.265 Söhne und unverheiratete Mannspersonen, 21.106
Töchter, 4.915 Gesellen, 2.299 Lehrer, 2.894 männliche Bedienstete und
10.024 weibliche Bedienstete (ebd., S. 38). Derartige statistische Angaben
liefert Büsching auch für viele kleine Dörfer, die auf seiner Reisestrecke
lagen, so z. B. für Glindow, Plötzin, Göhlsdorf oder Netzen (ebd., S. 206
ff.).
Dieses Erstaunen relativiert sich allerdings sofort, wenn man bedenkt, dass
Büschings wissenschaftliches Hauptwerk die "Neue Erdbeschreibung"
war, von der er zwischen 1754 und 1792 die Teile 1 bis 11 (Europa und
Teile Asiens) selbst bearbeitete und die nach seinem Tode von anderen
fortgeführt wurde. Es ist, wie Wilhelm Michel in der 'Neuen Deutschen
Biographie' schreibt, sein Verdienst, "die Erdbeschreibung auf eine wissenschaftliche Grundlage gestellt zu haben. Wenn er sie auch nur politisch-statistisch erfasste, ohne sie physikalisch zu behandeln, also von der
historischen und nicht von der naturwissenschaftlichen Seite, so bleibt seine Arbeit doch eine große
Anton Friedrich Büsching
Leistung." (Michel 1957, S.
3).
Auch die 'Beschreibung seiner Reise von Berlin über Potsdam nach Reckahn unweit Brandenburg' trägt über weite Teile eindeutig Züge dieser
'politisch-statistischen', mithin deskriptiven Methode. Büsching betrat damit Neuland. Wenngleich spätere Kritiker die "endlose Reihung von Tabellen" kritisierten, so betont Peter Hoffmann dagegen, dass "gerade dieses Werk in seiner Zeit etwas unerhört Neues" war, auch wenn sich Büschings Methode schnell überlebte. Nicht von ungefähr sei eine zweite
Auflage erschienen (Hoffmann 2000, S. 182).
34
Der Darstellung der Rochowschen Familiengeschichte und der Beschreibung der wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse des zu ihrem Besitz
gehörenden Dorfes Reckahn inklusive einer ausführlichen Schilderung des
Pfingstgottesdienstes sind weitere knapp 13 Seiten gewidmet. Erst danach
wendet sich Büsching den 'Schulsachen' zu. Er betont den "patriotischen
und klugen Eifer, mit welchem sich der Herr Domherr des Schulwesens zu
desselben Verbesserung annimmt" und kontrastiert dies mit dem Befund,
dass "die gemeinen Leute beyderley Geschlechts, welche in den Städten
und auf dem platten Lande leben, [...] bisher an den meisten Orten ganz
unverantwortlich vernachläßiget, und fast thiermäßig erzogen worden"
seien (Büsching 1775, S. 230). Zur Illustration dieses Befundes zitiert er
ein Beispiel aus Russland
mit der Bemerkung, dass
dies "keineswegs das einzige
Land" sei, "wo man so
denkt." (ebd., S. 231).
Als
Ausweis
des
Rochowschen
Erfolges
betrachtet er dessen 'Versuch
eines Schulbuches für die
Kinder der Landleute' (1772)
sowie den 'Baurenfreund'
(1773), "welches künftig der
'Kinderfreund' heißen wird"
und das in zwei Teilen 1776
und
1779
als
'Der
Kinderfreund, ein Lesebuch
zum
Gebrauch
in
Landschulen' erschien (ebd.,
S. 234, vgl. Bautz 1975). Schließlich nimmt er Rochows Ausführungen zu
den Qualifikationen und Qualitäten, über die ein Lehrer verfügen sollte,
zum Anlass, auch hier "das Beyspiel des Herrn Domherrn sehr musterhaft"
zu nennen (Büsching 1775, S. 239).
Neben Reckahn besucht er anschließend noch die Schulen in Göttin und
Krahne; beide Orte gehörten ebenfalls zum Besitz der von Rochows. Wiederum beginnt Büsching seine Schilderung der Schulverhältnisse – wie
wir heute sagen würden – mit einer Skizze der Sozial- und Wirtschaftsstruktur der Dörfer (ebd., S. 241 ff.).
Insgesamt drängt sich bei der Lektüre der Schrift der Eindruck auf, dass
ihr Autor an den wirtschaftlichen, sozialen und demographischen Verhältnissen der Orte, die er bei seiner Reise nach Reckahn durchquerte, mindestens ebenso interessiert war wie an den Fortschritten der von Rochow ins
35
Leben gerufenen Schulen. Büschings Interesse an den 'politischstatistischen' Verhältnissen wurde offensichtlich schon während seines ersten Russland-Aufenthaltes im Jahre 1749 geweckt. Zu dieser Zeit diente er
dem dänischen Gesandten in St. Petersburg. Der zu Recht als ein erfolgreicher Direktor des Gymnasiums zum Grauen Kloster in die Schulgeschichte eingegangene Büsching verfügte offenbar über viele Talente (vgl.
Schachinger, S. 20 ff.). Insgesamt umfasst sein Werk mehr als 100 Schriften zu den unterschiedlichsten Themen, z. B. kunsthistorischen, kirchenhistorischen, pädagogischen oder geographischen (vgl. Hoffmann, S. 271
ff.). Man kann dies einerseits als "unstätig" abtun, wie es der Verfasser des
Artikels in der 'Allgemeinen Deutschen Biographie' getan hat (Löwenberg
1876, S. 644). Andererseits aber vermitteln Büschings Ausführungen ein
lebendiges Bild von den wirtschaftlichen, sozialen und schulischen Zuständen in der Kurmark zu Beginn des letzten Viertels des 18. Jahrhunderts.
Literatur:
Bautz, Friedrich Wilhelm: Artikel Büsching, Anton Friedrich. In: Biographisch-bibliographisches Kirchenlexikon. Bd. 1. Herzberg 1975
(http://www.bautz.de/bbkl/b/buesching_a_f.shtml).
Büsching, Anton Friedrich: Beschreibung seiner Reise von Berlin über
Potsdam nach Rekahn unweit Brandenburg, welche er vom dritten bis
achten Junius 1775 gethan hat : Mit Landcharten und anderen Kupferstichen. Leipzig 1775.
Hoffmann, Peter: Anton Friedrich Büsching (1724-1793): Ein Leben im
Zeitalter der Aufklärung. Berlin 2000.
Löwenberg: Artikel Anton Friedrich Büsching. In: Allgemeine Deutsche
Biographie. Bd. 3. Leipzig 1876, S. 644-645.
Michel, Wilhelm: Artikel Anton Friedrich Büsching. In: Neue Deutsche
Biographie. Bd. 3. Berlin 1957, S. 3-4.
Schachinger, Erika: Abriß der Schulgeschichte. In: Scholtz, Harald: Gymnasium zum Grauen Kloster 1874-1974: Bewährungsproben einer Berliner Gymnasialtradition in ihrem vierten Jahrhundert. Weinheim 1998,
S. 13-32.
Schmitt, Hanno/Tosch, Frank (Hrsg.): Vernunft fürs Volk: Friedrich Eberhard von Rochow im Aufbruch Preußens. Berlin 2001.
Dr. Johannes Thomassen
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
Jahresberichte für Deutsche Geschichte
Förderkreis der Bibliothek für Bildungsgeschichtliche Forschung
**********
36
Die "Deutsche Volkserziehung" als Quelle für das Zentralinstitut für
Erziehung und Unterricht im Nationalsozialismus
Das Zentralinstitut für Erziehung und Unterricht (ZI) gehörte sicherlich zu
den bedeutendsten pädagogischen Institutionen in der ersten Hälfte des
vergangenen Jahrhunderts. 1915 war es als Vermittlungsinstanz zwischen
staatlicher Schulverwaltung und pädagogischer Praxis gegründet worden
und bestand bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges. Seine Bedeutung erlangte das ZI einerseits durch seine Nähe zur pädagogischen Praxis seiner
Zeit und andererseits durch seine enge Zusammenarbeit und personelle
Verzahnung zunächst mit dem preußischen Kultusministerium und ab
1934 mit dem Reichsministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung (Reichserziehungsministerium, REM). 1943 wurde es von seinem
damaligen Leiter Rudolf Benze sogar als eine der 'Außenstellen' des REM
bezeichnet, obwohl das ZI nach wie vor formal von einer Stiftung getragen
wurde (Benze 1943, S. 22).
In der Weimarer Republik wurde das ZI zu der wohl wichtigsten Institution in der Verbreitung besonders reformpädagogischer Konzepte: So wird
gerne das Wort Herman Nohls
zitiert, wonach man die Reformpädagogik leicht an Hand der
Veranstaltungen des ZI darstellen
könne (Böhme 1971, S. 189f), eine
Meinung, die sogar noch im Jahre
1940 vertreten wurde (Benze 1940,
S. 346).
Wer sich für die Geschichte und
Aktivitäten des ZI interessiert, stößt
aber auf ein Problem: Für das ZI ist
keine Aktenüberlieferung verfügbar. Als während des Zweiten
Weltkrieges die Institutsarbeit und
mit ihr auch Unterlagen und Akten
aus dem von Bombenangriffen
bedrohten
Berlin
in
die
Schulungsstätte Rankenheim bei
Gross-Köris, etwa 50 Kilometer südöstlich von Berlin, ausgelagert worden
waren, verliert sich kurz nach Kriegsende die Spur dieser Quellen. Auch
wenn dieser Umstand sehr bedauerlich ist und kaum ausgeglichen werden
kann, ist es dennoch möglich, die Arbeit des ZI während der Zeit des Nationalsozialismus zu untersuchen.
Den Publikationen des ZI kommt hierfür Bedeutung zu: In der pädagogischen Presse sind immer wieder Berichte über die Arbeit, Aktivitäten und
Veranstaltungen des ZI erschienen. Eine weitere Möglichkeit bieten die
37
vom ZI und seinen Mitarbeitern verfassten oder herausgegebenen gedruckten Quellen. Neben den einmalig erschienenen Arbeiten wie beispielsweise zum 10-jährigen Jubiläum oder zu einzelnen Tagungen (vgl.
exemplarisch Zehn Jahre Zentralinstitut für Erziehung und Unterricht
1915-1925) sind hier vor allem die periodischen Veröffentlichungen des
ZI zu nennen: das 'Pädagogische Zentralblatt' mit seiner Nachfolgerin, der
'Deutschen Volkserziehung' und den unter wechselnden Titeln erschienenen Jahrbüchern des ZI. In diesen Periodika sind oft auch Tätigkeitsberichte des ZI erschienen, die einen Überblick über seine Aktivitäten erlauben:
38
§
Pädagogisches Zentralblatt. Herausgegeben vom Zentralinstitut für
Erziehung und Unterricht. Langensalza 10-13 (1930-1933) [BBF: 02
A 1816]
§ Deutsche Volkserziehung. Schriftenfolge für die deutsche Erziehung.
Neue Folge des Pädagogischen Zentralblattes. Herausgegeben vom
Deutschen Zentralinstitut für Erziehung und Unterricht. Frankfurt a.
M. 1-5 (1934-1938/39)
§ Jahrbuch des Zentralinstituts für Erziehung und Unterricht. Berlin 2-5
(1920-1925)
§ Das Deutsche Schulwesen. Jahrbuch des Zentralinstituts für Erziehung und Unterricht. Jahrgänge 1927-1930/32 Berlin 1928-1933
§ Deutsche Schulerziehung. Jahrbuch des Deutschen Zentralinstituts für
Erziehung und Unterricht. Berlin 1940 und 1943
Die vom ZI seit 1934 herausgegebene 'Deutsche Volkserziehung' (DVE),
die in den Beständen der BBF vollständig greifbar ist, markiert die nationalsozialistische Machtübernahme in der Institutsarbeit. Denn 1933 wurde
auch das ZI 'gleichgeschaltet': Vorsitzender der Trägerstiftung wurde der
spätere Reichserziehungsminister Rust, formeller Gesamtleiter blieb bis
zum 31.07.1938 Ludwig Pallat, der dann von Rudolf Benze abgelöst wurde. Pallats Tätigkeit als Gesamtleiter wurde 1933 für etwa ein Jahr durch
die Tätigkeit Ernst Bargheers unterbrochen, ohne dass Pallat die Leitung
aufgegeben hätte (Böhme 1971, S. 93, S. 183). Möglich war dies, da Pallat, der in Halle tätig war, bereits seit 1931 von Franz Hilker als "geschäftsführendem Gesamtleiter" vertreten wurde. Am 17.05.1933 wurde
Hilker beurlaubt und durch Bargheer ersetzt, dessen Ausscheiden zwischen April und Dezember 1934 datiert (Böhme 1971, S. 183 f.). Fortan
war Alfred Pudelko als Leiter der Pädagogischen Abteilung und stellvertretender Leiter der 'zweite Mann' im ZI. Einen guten Überblick über personelle und inhaltliche Veränderungen bietet der Artikel "Aus der Arbeit
des Zentralinstituts für Erziehung und Unterricht" in der DVE 1934, S. 3032. Neben dieser personellen Gleichschaltung ging natürlich aber auch eine inhaltliche Gleichschaltung einher. Rudolf Benze bemerkte 1940 dazu:
"Auch die Arbeitsgebiete sind nach 1933 im ganzen bestehen geblieben.
Um so gewaltiger aber war der innere Wandel dadurch, daß nun die Mitarbeiter und alle Arbeiten scharf auf die nationalsozialistischen Grundsätze
umgestellt wurden. Diese Arbeit führte der neue Leiter der pädagogischen
Abteilung, Schulrat A. Pudelko, tatkräftig durch, so daß das Zentralinstitut
zu einer Stätte unbeirrbarer nationalsozialistischer Arbeit wurde. Innerhalb
der Aufgaben verschob sich das Schwergewicht, und auch die Arbeitsformen erfuhren eine wesentliche Änderung." (Benze 1940, S. 101 f.)
Wie in dem Zitat dargelegt, veränderten sich parallel zur personellen
Gleichschaltung sowohl die Arbeitsgebiete als auch die Arbeitsformen des
ZI. Insofern ist auch Rudolf Benze Recht zu geben, der in einem anderen
Artikel von 1940 die Meinung vertrat, dass sich jede wesentliche pädagogische Erscheinung in der Arbeit des ZI niedergeschlagen habe. In Bezug
39
auf die nationalsozialistische Machtübernahme nennt er dann folgende Arbeitsgebiete des ZI (Benze 1940, S. 348-352): Planung, Vorbereitung und
erste Durchführung des ersten Landjahres, Reichslesebuch für die Volksschule und andere Lesebücher, Lehr- und Lernmittelprüfung, Auskunfterteilung, Auslandsarbeit, Ausstellungen.
Die DVE spiegelt diese inhaltliche Veränderung der Aktivitäten des ZI
und soll daher im Folgenden etwas genauer vorgestellt werden.
Die Aktivitäten des ZI im Spiegel der DVE nach 1933
Das erste Heft der DVE erschien 1934, bis zum Einstellen dieser "Schriftenfolge für die deutsche Erziehung" im Jahr 1939 waren es insgesamt 26
Hefte, davon eines kurioserweise doppelt (H. 4 1936 und H. 5 1938/39).
Doch davon später mehr. Im Einzelnen waren dies folgende Hefte (vgl. zu
den einzelnen Heften auch Benze 1940, S. 352):
Jahrgang 1 (1934)
Heft 1: Einführungsheft
Heft 2: Rassenkunde
Heft 3: Volkskunde
Heft 4: Landjahr
Heft 5: Volkslied
Heft 6: Deutsches Land und deutsche Geschichte
Jahrgang 2 (1935)
Heft 1: Schule und Luftschutz
Heft 2: Geopolitik
Heft 3: Deutsche Vorgeschichte
Heft 4: Das Lager
Heft 5: Nordisches Land - nordischer Gedanke
Heft 6: Rasse und Geschichte I
Jahrgang 3 (1936)
Heft 1/2: Das Lesebuch für das 5. und 6. Schuljahr
Heft 3: Rasse und Geschichte II
Heft 4: Englisch und nationalpolitische Erziehung
Heft 5: Fragen der dreijährigen Frauenschule
Heft 6: Altgermanische Dichtung
Jahrgang 4 (1937)
Heft 1/2: Lehrerbildung im Dritten Reich
Heft 3: Rasse und Geschichte III
Heft 4: Die Lesebücher für die Grundschule
Heft 5/6: Wehrerziehung im mathematisch-naturwissenschaftlichen Unterricht
Jahrgang 5 (1938/39)
Heft 1: Fragen des neuen Erdkundeunterrichts
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Heft 2: Vom Lebenswert der Seelenkunde
Heft 3: Gesamtdeutsche Geschichtsauffassung
Heft 4: Beiträge zum neuen Deutschunterricht
Heft 5: Englisch und nationalpolitische Erziehung
Was fällt bei dem Überblick die Themen und Hefte auf? Zunächst bestätigt sich, was Rudolf Benze 1940 über das Konzept der DVE gesagt hatte:
"Schon 1934 erwies es sich als erwünscht, gewisse Schulerziehungsfragen
von grundlegender Bedeutung in Kurzbeiträgen von Zeit zu Zeit zusammenfassend darzustellen. So entstand die vom Leiter der Pädagogischen
Abteilung des Zentralinstituts betreute Schriftenreihe 'Deutsche Volkserziehung' [...], deren rote Hefte seitdem zu einem unentbehrlichen Bestandteil in der Bücherei des aufgeschlossenen Schulerziehers geworden sind"
(Benze 1940, S. 352). Das ZI verfolgte mit der DVE also vor allem das
Ziel, nach der nationalsozialistischen Machtübernahme besonders im Hinblick auf die Schulerziehung wichtig erscheinende Themen und Aktivitäten komprimiert darzustellen. Insofern sind die einzelnen Hefte der DVE
auch ein Spiegelbild der Aktivitäten der nationalsozialistischen Schulerziehung und der nationalsozialistischen Erziehung allgemein.
Es fallen weitere Aspekte ins Auge. Mit den Themenheften dokumentierte
sich auch die enge Zusammenarbeit des ZI zunächst mit dem Preußischen
Kultusministerium und dann dem REM. Wichtige administrative Entscheidungen der Bildungsverwaltung fanden in den Themenheften der
DVE ihren Niederschlag. Dies gilt zum Beispiel für die Schaffung des
Landjahres oder der Hochschulen für Lehrerbildung einerseits, wie auch
für einzelne Erlasse oder die nationalsozialistischen inhaltlichen Akzentsetzungen in der Schulerziehung, wie den Erlassen über "Vererbungslehre
und Rassenkunde in den Schulen" vom 13.09.1933 und dem speziell auf
die Lehrerschulung in diesen Themen zielenden Erlass über "Lehrgänge in
Vererbungslehre, Rassenkunde usw." vom 15.12.1933, die bereits im
zweiten Heft ausführlich thematisiert wurden. In diesem Heft erfolgte zum
Beispiel eine genaue und praktisch orientierte didaktisch-methodische Anleitung über die "Grundlagen für rassenkundliche Schulung" (DVE 1934,
S. 66-80). Über die Rassenkunde wurde hier gesagt: "Es handelt sich hier
nicht um irgend eine kleine Arbeitsmethode oder um neue Fächer, die es
verstandesmäßig zu gestalten gilt, sondern um die grundsätzliche Aufgabe
einer rationalistischen Lebensauffassung zugunsten einer bewußt organischen Weltanschauung" (DVE 1934, S. 67). Abgeschlossen wurde dieser
Abschnitt von einer umfangreichen Literaturliste, die es den Lesern ermöglichte, sich schnell über das nun in Mode gekommene 'Schrifttum' zu
orientieren.
Darüber hinaus wurde die DVE in den folgenden Jahren auch zum Spiegel
der engen auch personellen Verzahnung von ursprünglich preußischer Bildungsverwaltung und ZI: Die beiden Leiter des ZI, nach 1933 Ernst Bargheer und Rudolf Benze, waren ursprünglich im KM und REM tätig gewesen, genau wie der erste Leiter des ZI, Ludwig Pallat.
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Auffällig an den Heften der DVE ist weiter ihre sehr praktische Anlage:
Durch dem Abdruck von Erlassen und immer wieder ausführlichen Literaturlisten zu einzelnen Themen können die Hefte der DVE durchaus auch
als Nachschlagewerk zu einzelnen Aspekten der nationalsozialistischen
Erziehung genutzt werden. Folgende Beispiele belegen dies:
§ Amtliche Erlasse zur Einordnung der Rassenkunde in die Schule
(DVE 1934, S. 80-87)
§ Verzeichnis der neu eingeführten Fibeln (DVE 1936, S. 68-70)
§ Amtliche Veröffentlichungen über die Hochschulen für Lehrerbildung
seit 30. 1. 1933 (DVE 1937, S. 34-36)
§ Beispiel eines Arbeitsplanes einer Hochschule für Lehrerbildung,
Hirschberg (Schlesien), Winterhalbjahr 1936/37 (DVE 1937, S. 4348)
§ Schrifttum zur Frage der Lehrerbildung im Dritten Reich (DVE 1937,
S. 49-55)
Ein weiterer Aspekt wird deutlich: Das von den Nazis als 'das nationalsozialistische Erziehungsmittel' propagierte 'Lager' nimmt in der DVE nicht
nur in einzelnen Heften, sondern konstant einen breiten Raum ein. Neben
den Heften über das Landjahr (H. 4 1934) und "Das Lager" (H. 4 1935), in
denen auch programmatische Artikel zur nationalsozialistischen Lagererziehung erschienen (vgl. Alfred Pudelko über "Das Lager als Erziehungsform" in DVE 1935, S. 111-113), werden in anderen Heften immer wieder
Artikel und Erlebnisberichte aus den nationalsozialistischen Lehrerlagern
abgedruckt, zum Beispiel in Heft 5 1935, S. 244-253 die "Teilnehmerbericht[e] zu Art und Arbeit des Singlagers" oder "Teilnehmer berichten über
Lager und Fahrt" (DVE 1935, S. 130-142).
Einzelne Hefte dokumentieren Vorträge, die in den Lehrerlagern des ZI
gehalten wurden, während umgekehrt diese Hefte die inhaltliche Grundlage für die Schulungsarbeit in einzelnen Lagern des ZI bildeten. Dies gilt
für das Heft über die "Beiträge zum neuen Deutschunterricht" (DVE Heft
4 1938/39) oder das Heft "Rasse und Geschichte II" (DVE H. 3 1936), besonders aber für das Heft 4 1936 über "Englisch und nationalpolitische Erziehung", das gleich zweimal erschien (auch als Heft 5 1938/39). Beide
Hefte waren vollkommen identisch. Dies weist darauf hin, dass die Hefte
der DVE auch als Schulungsmaterial dienten: Da das ZI 1939 besonders
viele "Schulungslager für Englisch" in seinen Schulungsstätten Kettwig
und Rankenheim durchführte, liegt der Verdacht nahe, dass das erste Heft
von 1936 nicht mehr verfügbar war und noch einmal gedruckt wurde.
Darüber hinaus spiegeln sich selbstverständlich auch die allgemeinen Aktivitäten des ZI in der DVE wieder, besonders auch die vielen Ausstellungen, die das ZI auch nach 1933 durchführte (vgl. dazu die Liste der Ausstellungen bei Benze 1940, S. 351).
Die Tätigkeitsberichte des ZI, insbesondere in der DVE
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Die DVE ist aber noch aus einem anderen Grund interessant und bedeutsam für diejenigen, die sich für die Arbeit des ZI im Nationalsozialismus
interessieren: Es handelt sich hierbei um die Tätigkeitsberichte des ZI.
Das ZI hatte seit 1920 seine Arbeit und Aktivitäten durch so genannte Arbeits- und Tätigkeitsberichte (TB) dokumentiert und in seinen Periodika
veröffentlicht. Von 1920 bis 1926 erschienen diese im "Jahrbuch des Zentralinstituts für Erziehung und Unterricht". Im Einzelnen waren dies:
§ Arbeitsbericht 1915 bis 1918. In: Jahrbuch des Zentralinstituts für Erziehung und Unterricht 2 (1920). Berlin, S. 1-60
§ Arbeitsbericht für die Jahre 1919 bis 1921. In: Jahrbuch des Zentralinstituts für Erziehung und Unterricht 3 (1921). Berlin, S. 168-231
§ Arbeitsbericht für das Jahr 1922. In: Jahrbuch des Zentralinstituts für
Erziehung und Unterricht 4 (1922). Berlin, S. 174-194
§ Arbeitsbericht für die Jahre 1923/24. In: Jahrbuch des Zentralinstituts
für Erziehung und Unterricht 5 (1925). Berlin, S. 110-155
In den Jahren 1930 und 1931 erschienen diese Arbeitsberichte für die Jahre 1925-1930 nun im neuen Jahrbuch des ZI "Das deutsche Schulwesen":
§ Arbeitsbericht für die Zeit vom 1. April 1925 bis 1. April 1929. In:
Das Deutsche Schulwesen. Jahrbuch des Zentralinstituts für Erziehung
und Unterricht 1928/29. Berlin, S. 167-213
§ Arbeitsbericht für die Zeit vom 11. April 1929 bis 31. März 1930. In:
Das Deutsche Schulwesen. Jahrbuch 1929/30. Berlin, S. 185-209
Von 1930 bis 1933 erschienen keine Tätigkeitsberichte. Von 1933 bis
1939 erschien der "Tätigkeitsbericht des Zentralinstituts für Erziehung und
Unterricht" zunächst in der DVE, allerdings mit zwei Ausnahmen: Im Anfangs- und Schlussjahrgang der DVE (1934 und 1939) wurden die TB als
Sonderdrucke beigelegt und waren dementsprechend nicht Teil der Zeitschrift. Aus diesem Grund sind sie heute nur noch schwer greifbar und in
den in der Zeitschriftendatenbank gemeldeten Exemplaren der DVE aus
deutschen Bibliotheken nicht nachweisbar bzw. überliefert.
Die Ausnahme von dieser Regel bildet der Bestand der DVE in der BBF.
In ihm befinden sich sowohl der TB für das Jahr 1933/34 als auch der für
das Jahr 1938/39. Letzterer wurde, nachdem er im Hauptstaatsarchiv Hannover in einer Akte aufgefunden werden konnte, dem Bestand hinzugefügt
und eingebunden, so dass der Bestand der DVE in der BBF der wohl einzige zumindestens in Deutschland verfügbare ist, der alle TB des ZI der
Jahre 1933-1939 beinhaltet. Im Einzelnen handelt es sich um folgende TB:
§ Tätigkeitsbericht 1933/34: Tätigkeitsbericht des Zentralinstituts für
Erziehung und Unterricht für das Rechnungsjahr 1933/34 (ab 17. Juli
1933). In: DVE 1934, Heft 4 [Beilage zum Juliheft]
§ Tätigkeitsbericht 1934/35: Tätigkeitsbericht des Zentralinstituts für
Erziehung und Unterricht für die Zeit vom 1.4.1934 bis 1.4. 1935. In:
DVE 1935, S. 102-107
§ Tätigkeitsbericht 1935/36: Tätigkeitsbericht des Zentralinstituts für
Erziehung und Unterricht für die Zeit vom 1. April 1935 bis 31. März
1936. In: DVE 1936, S. 107-114
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§
Tätigkeitsbericht 1936/37: Tätigkeitsbericht des Deutschen Zentralinstituts für Erziehung und Unterricht für die Zeit vom 1. April 1936 bis
31. März 1937. In: DVE 1937, S. 89-94
§ Tätigkeitsbericht 1937/38: Tätigkeitsbericht des Deutschen Zentralinstituts für Erziehung und Unterricht für die Zeit vom 1. April 1937 bis
31. März 1938. In: DVE 1938/39, S. 51-56
§ Tätigkeitsbericht 1938/39: Tätigkeitsbericht des Deutschen Zentralinstituts für Erziehung und Unterricht für die Zeit vom 1. April 1938 bis
31. März 1939. o. O. [Sonderdruck]
Für die Jahre 1933-1939 und 1940-1942 erschienen dann weitere Zusammenfassungen der Arbeit des ZI als Teil der Arbeiten von Benze (Benze
1940 und Benze 1943) in der deutschen Schulerziehung.
Besonders die relativ ausführlichen TB in der DVE erlauben einen guten
Überblick über die Aktivitäten des ZI während der Zeit des Nationalsozialismus. Aufgeteilt nach den Aktivitäten der einzelnen Abteilungen (Pädagogische Abteilung, Auslandsabteilung, Musikstelle, Kunstabteilung, Ausstellungsabteilung, Hauptstelle für Volkshochschulen) des ZI dokumentieren sie deren Aktivitäten. Seit 1936 nahmen genaue Aufstellungen der
vom ZI in der Regel im Auftrag des REM durchgeführten Schulungslager
für Lehrer in ihnen breiten Raum ein. Ergänzt wurden sie durch Informationen über Veröffentlichungen des ZI, die Bücherei und den Lesesaal des
ZI wie zum Beispiel die Anzahl ihrer Besucher. Vervollständigt wurden
sie durch Listen der haupt- und nebenamtlichen Mitarbeiter des ZI. Sie
bilden damit für eine systematische Beschäftigung mit den Aktivitäten des
ZI in der Zeit des Nationalsozialismus eine wichtige, vielleicht sogar unentbehrliche Grundlage.
44
Gedruckte Quellen und Literatur:
Amlung, Ullrich: Ludwig Pallat (1867 - 1946): Leiter des Zentralinstituts
für Erziehung und Unterricht in Berlin von 1915 bis 1938. In: "Etwas
erzählen": die lebensgeschichtliche Dimension in der Pädagogik. Bruno Schonig zum 60. Geburtstag / Hrsg.: Hansen-Schaberg, Inge. Baltmannsweiler 1997, S. 142-153 [BBF: 97.1210].
Benze, Rudolf (1940): Das Deutsche Zentralinstitut für Erziehung und Unterricht. In: Benze, Rudolf (Hrsg.): Deutsche Schulerziehung. Jahrbuch
des Deutschen Zentralinstituts für Erziehung und Unterricht 1940. Bericht über die Entwicklung der deutschen Schule 1933-1939. Berlin, S.
345-354 [BBF: 2 A 525].
Benze, Rudolf (1943): Das Deutsche Zentralinstitut für Erziehung und Unterricht. In: Benze, Rudolf (Hrsg.): Deutsche Schulerziehung. Jahrbuch
des Deutschen Zentralinstituts für Erziehung und Unterricht 1941/42.
Berlin, S. 289-301 [BBF: 2 A 525].
Böhme, Günther: Das Zentralinstitut für Erziehung und Unterricht und
seine Leiter. Zur Pädagogik zwischen Kaiserreich und Nationalsozialismus. Neuburgweier/Karlsruhe 1971 [BBF: 77.2530].
Das Deutsche Schulwesen. Jahrbuch des Zentralinstituts für Erziehung
und Unterricht. Berlin 1928-1933 [BBF: LS C.02.1 JAH].
Deutsche Volkserziehung: Schriftenfolge für die deutsche Erziehung.
Neue Folge des Pädagogischen Zentralblattes. Herausgegeben vom
Zentralinstitut für Erziehung und Unterricht. Frankfurt a. M. 1-5 19341938/39 [BBF: 2 A 2642].
Jahrbuch des Zentralinstituts für Erziehung und Unterricht. Berlin 19201925 [BBF: LS C.02.1. JAH].
Tenorth, Heinz-Elmar: Das Zentralinstitut für Erziehung und Unterricht:
außeruniversitäre Erziehungswissenschaft zwischen Politik, Pädagogik
und Forschung. In: Außeruniversitäre Erziehungswissenschaft in
Deutschland: Versuch einer historischen Bestandsaufnahme/ Hrsg.:
Geißler, Gert. Köln [u.a.] 1996, S. 113-135 (Studien und Dokumentationen zur vergleichenden Bildungsforschung, 65). [BBF: 96.802].
Zehn Jahre Zentralinstitut für Erziehung und Unterricht 1915-1925. Berlin
(o. J. [ca. 1925]).
Andreas Kraas
Förderkreis der Bibliothek für Bildungsgeschichtliche Forschung
**********
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Jahrbuch für Historische Bildungsforschung
Herausgegeben von der
Sektion Historische Bildungsforschung in der DGfE
und der
Bibliothek für Bildungsgeschichtliche Forschung
des Deutschen Instituts für Internationale Pädagogische Forschung
Redaktion: Peter Dudek, Hanno Schmitt, Heinz-Elmar Tenorth
1999. 368 S., Pappband.
Inhalt von Band 7
I. Reformpädagogik in Diktaturen
Johannes Bilstein: Jugendstil, Kommunismus, Reformpädagogik. Zur Analogie künstlerischer und pädagogischer Motive bei Heinrich Vogeler
Christine Lost: Reformpädagogik als Staatspädagogik? Zur Konstruktion
der "Sowjetpädagogik" vor 1917
Karlheinz König: Nur angepaßt oder überzeugter Nationalsozialist? Alfred
Andreesen und die Landerziehungsheime im Nationalsozialismus. Zur
Revision eines pädagogischen Mythos
II. Abhandlungen
Nicole Saathoff: Der Hessische Wolfsjunge und die mittelalterliche Wahrnehmung eines 'Wilden Kindes'
Friedrich-Franz Mentzel: Kirche, Schule, Mission. Die Wirksamkeit von
Pietisten in Berlin (1701-1713)
Jens Bruning: Evangelische Geistlichkeit und pädagogische Praxis. Bemerkungen zur Rolle einer privilegierten Statusgruppe in der ständischen Gesellschaft des 18. Jahrhunderts
Andrea Meissner: "Deutschland muß leben, und wenn wir sterben müssen". Nationalismus im Geschichtsunterricht der Volksschulen Preußens, Bayerns und Österreichs 1918-1933/1938
Andreas Pehnke: Die Bernsdorfer Schule in Chemnitz. Reformpädagogische Versuchsarbeit von 1912 bis 1933
Gabriele Kremer: Am Ende der "Erziehungsweisheit". Die pädagogischpsychiatrische Behandlung 'psychopathischer' Fürsorge-zöglinge in der
Weimarer Republik am Beispiel des "Heims für weibliche Psychopathen" in Hadamar
Dorle Klika: "Wir sind die Positiven". "Die Stunde Nohl" – Herman Nohl
und die Göttinger Pädagogik 1945
III. Kritik und Diskussion
46
Matthias Asche: Humanistische Distanz gegenüber dem "Konfessionalisierungsparadigma". Kritische Bemerkungen aus der Sicht der deutschen Bildungs- und Universitätsgeschichte
IV. Quelle und Kommentar
Quelle: Herzogliches Staatsministerium. Abteilung für Kirchen- und
Schulsachen. An die Leitung der Freien Schulgemeinde Wickersdorf
Peter Dudek: "... dass Unterricht und Erziehung von dem Geist einer ungesunden Kritik beherrscht werden." Gustav Wynekens Konflikt mit der
Staatsregierung Sachsen-Meiningens 1909
V. Erinnerung und Reflexion
Jun Yamana: Behält Hiroshima den Zweiten Weltkrieg im Gedächtnis?
Zur Raumanalyse des Friedensparks in Hiroshima
Klaus-Peter Horn: Authentizität und Symbolisierung, Gedenken und Lernen. Gedenkstätten in Deutschland und ihre Pädagogiken
Als Mitherausgeberin kann die BBF den Mitgliedern ihres Förderkreises
das Jahrbuch zum vergünstigten Preis anbieten: 20,35 €
Die Bände 5 (1999) und 6 (2000) sind für je 5,– € erhältlich
Zu beziehen:
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Direkt in der BBF
Bestellen per Telefon: 030/29 33 60 33 (Frau Heinicke)
Bestellen per Fax: 030/29 33 60 25
Bestellen per E-Mail: [email protected]
47
Veröffentlichungen der BBF
Preis in €
Bestandsverzeichnisse zur Bildungsgeschichte
(2) Lehrpläne der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) und der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) 1945 - 1990 - Allgemeinbildendes Schul-wesen (1994)
1,–
(4) Teil 1 Archiv (1996)
1,–
(4) Teil 2 Archivbestände der ehemaligen Deutschen Lehrerbücherei und der
Pädagogischen Zentralbibliothek (1996)
1,–
(5) Friedrich Wilhelm Dörpfeld - ein thematisches Bestandsverzeichnis
- Auswahl - (1994)
1,–
(6) Sekundärliteratur zur Reformpädagogik - ein thematisches Bestandsverzeichnis - Auswahl - (1994)
1,–
(7) Zeitschriften / Zeitungen 1739 bis 1932 - Verzeichnis der Bestände der ehemaligen deutschen Lehrer-Büchereien Comenius-Bücherei, Leipzig; Deutsche Lehrerbücherei, Berlin; Süddeutsche Lehrerbücherei, München (1998)
9,–
(8) Verzeichnis bildungshistorisch relevanter Bestände in Archiven Berlins
und des Landes Brandenburg (1999)
4,–
(9) Marko Demantowsky: Das Geschichtsbewußtsein in der SBZ und DDR.
Historisch-didaktisches Denken und sein geistiges Bezugsfeld (unter besonderer
Berücksichtigung der Sowjetpädagogik)
- Bibliographie und Bestandsverzeichnis 1946-1973
7,50
Quellentexte aus der BBF
Verfassungsurkunde für den Preußischen Staat und allerhöchste Botschaft
vom 31. Januar 1850: nebst der Ansprache Sr. Majestät des Königs und dem
Protokoll vom 6. Februar über die feierliche Beeidigung. – 2. Aufl. – Berlin:
Verl. der Deckerschen Geheimen Ober-Hofbuchdruckerei, 1850. – 25. S.
(Heft 2, 1996)
1,50
Katalog der Historischen Ausstellung von Bilderbüchern und Illustrierten Jugendschriften in der Kunsthalle / Deutsche Lehrerversammlung Hamburg 1896.
– Hamburg: Dietrich, 1896. – 95 S. (Heft 3, 1996)
2,50
Bibliographie Bildungsgeschichte
1994/95; 1995/96; 1996/97; 1997/98 (38,50 €) 1998/99; 1999/2000 (43,60 €); 2000/2001
(47,20 €)
(Bestellungen richten Sie bitte an den Schneider Verlag Hohengehren, Wilhelmstr. 13, 73666
Baltmannsweiler.)
Jahrbuch für Historische Bildungsforschung
Band 5, 1999
Band 6, 2000
Band 7, 2001
5,–
5,–
20,35
Tagungsbände (Bestellungen richten Sie bitte an den Schneider Verlag Hohengehren, Wilhelmstr. 13, 73666 Baltmannsweiler.)
Christian Ritzi/Ulrich Wiegmann (Hrsg.): Zwischen Kunst und Pädagogik. Zur Geschichte des Schulwandbildes in der Schweiz und in Deutschland. Baltmannsweiler. Schneider
Verlag Hohengehren, 1998
Heidemarie Kemnitz/Hans Jürgen Apel/Christian Ritzi (Hrsg.): Bildungsideen und Schulalltag im Revolutionsjahr 1848. Baltmannsweiler. Schneider Verlag Hohengehren, 1999
48
Rudolf W. Keck/Christian Ritzi (Hrsg.): Geschichte und Gegenwart des Lehrplans. Josef
Dolchs „Lehrplan des Abendlandes“ als aktuelle Herausforderung. Baltmannsweiler.
Schneider Verlag Hohengehren, 2000
Sonja Häder/Christian Ritzi/Uwe Sandfuchs (Hrsg.): Schule und Jugend im Umbruch. Analysen und Reflexionen von Wandlungsprozessen zwischen DDR und Bundesrepublik.
Baltmannsweiler. Schneider Verlag Hohengehren, 2001
Klaus-Peter Horn/Christian Ritzi (Hrsg.): Klassiker und Außenseiter. Pädagogische Veröffentlichungen des 20. Jahrhunderts. Baltmannsweiler. Schneider Verlag Hohengehren,
2001
Christian Ritzi/Gert Geißler (Hrsg.): Wege des Wissens. 125 Jahre Bibliothek für Bildungsgeschichtliche Forschung. Berlin. WEIDLER Buchverlag Berlin, 2001
Ausstellungskataloge
Nachrichten aus dem Archiv der BBF
Aus Nachlässen des Archivs der BBF (Katalog zur Ausstellung vom
13.9.1995 - 16.11.1995)
kostenlos
2,–
Wie das Kind sein soll. Kinderbücher als Quelle bildungsgeschichtlicher
Forschung (Katalog zur Ausstellung vom 10.9.1996 - 8.11.1996)
1,50
„Selbst verändern müssen wir“ – Leserbriefe an die „Junge Welt“
(Katalog zur Ausstellung vom 10.11.1999 - 28.1.2000)
1,50
„Bilanz in Büchern“ – Pädagogisch wichtige Veröffentlichungen im
20. Jahrhundert (Katalog zur Ausstellung vom 6.10.2000 - 5.1.2001)
3,50
WissensWege. Von der Lehrerbücherei zur Forschungsbibliothek
- 125 Jahre Bibliothek für Bildungsgeschichtliche Forschung. (Katalog
zur Ausstellung vom 21.5.2001 - 15.9.2001)
3,50
Plain Children. Erziehung und Bildung der Amish People (Katalog zur
Ausstellung vom 1.3.2002 - 31.5.2002)
3,50
Findbücher
(die fett gedruckten Titel sind lieferbar)
Friedrich Adolph Wilhelm Diesterweg
Friedrich Wilhelm August Fröbel
Prof. Dr. Karl Hoffmann
Prof. Hans Löffler
Berthold Otto
Prof. Leo Regener
Carl Hermann Rössger
Prof. Dr. Gertrud Rosenow
Prof. Dr. Richard Seyfert
Prof. Dr. h. c. mult. Hans Siebert
Prof. Karl Trinks
5,–
1,50
6,50
5,–
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1,50
5,–
2,50
Mitteilungsblatt des Förderkreises der BBF
6(1995)2; 7(1996 1; 8(1997)1; 9(1998)1; 10(1999)1; 11(2000)1;
12(2000)2; 12(2001)1; 13(2002)1
kostenlos
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