Nachdenkliche Schlußzeilen zu meiner Studienarbeit an
Transcription
Nachdenkliche Schlußzeilen zu meiner Studienarbeit an
Nachdenkliche Schlußzeilen zu meiner Studienarbeit an der University of Auckland, Neuseeland im Wintersemester 2004/2005 Vergnügen Ich mache einfach mal da weiter, wo ich mit meinem Halbzeitbericht aufgehört habe: Ich hatte mir also gerade ein Auto gekauft (muss so Ende Januar gewesen sein), genauso genommen einen roten Van mit komfortablem Doppelbett, mächtig viel Stauraum und 350.000km auf seinem Buckel. Das gute Tier hat manchmal seinen Keilriemen quietschen lassen, aber das war´s dann auch schon mit Aufmucken. Als ich schließlich noch irgendwann unterwegs begonnen habe, ihn mit Super statt Normal zu betanken, hat der von da an geschnurrt wie ein Kätzchen und mich nicht ein einziges Mal im Stich gelassen! Ich bin von Ende Februar bis Ende April unterwegs gewesen – teils allein, teils mit lieben Freunden aus Berlin und dann wieder mit Wildfremden – drei Wochen lang haben wir sogar zu dritt im Van gewohnt. Ich kann nicht mehr sagen, als dass das die geilste Zeit überhaupt war! Meine Fresse, Neuseeland: Du fährst durch eine Landschaft, biegst um die Ecke und vor dir tut sich etwas völlig Neues auf, dann biegst du um die nächste Ecke (die allerdings schon mal ein paar hundert Kilometer weiter liegen kann…) und schon wieder ist alles anders – eben noch Strände und Meer, dann plötzlich Steilküste, Urwald, Gebirge, Gletscher, Höhlen, aktive Vulkane – naja, und natürlich die Sandfliegen, diese kleinen Bastarde. Ich hatte ziemlich bald den Eindruck, dass es in NZ eigentlich nicht vieles zu sehen gibt, was ich nicht auch irgendwo in Europa finden könnte; allerdings müsste ich hierzulande Milliarden von Kilometern zurücklegen, während NZ das alles einfach mal um einiges kompakter zu bieten hat. Es ist schwer, konkrete Tipps abzugeben. Vor allem Orte, die im Lonely Planet drinstehen, sind oftmals total überrannt und touristisiert. Ich fand insgesamt den Rough Guide deutlich sympathischer, und die besten Sachen erlebt man sowieso, wenn man nicht plant und sich auch mal abseits der ausgetrampelten Pfade tummelt und sich halt auch bei anderen Reisenden nach Geheimtipps umhört. Nur soviel: • • • • • • Der Routeburn-Track soll mindestens genauso gut (und dabei jedoch deutlich billiger) sein wie der extrem überteuerte und überlaufene Milford-Track. Außerdem braucht man sich dafür nicht vier Monate im voraus anzumelden… Die Waipu Caves auf der Nordinsel sind total naturbelassen und bieten Milliarden grün funkelnder Glühwürmchen ein abgelegenes Zuhause. Der Cape Brett Track in der Bay of Islands ist mein persönlicher Geheimtipp bei schönem Wetter. Auf der Coromandel-Halbinsel muss man meiner Meinung nach nicht gewesen sein, obwohl insbesondere die Aucklander davon schwärmen – da ist die Ferienhalbinsel der Christchurcher, die Banks Peninsula, deutlich reizvoller und charmanter. Eine klasse Herausforderung für die Fitteren ist die eintägige Besteigung des Mt. Taranaki (Mt. Egmont) auf der Nordinsel vom Backpacker „The missing Leg“ in Egmont Village aus. Vorher Wetterbericht checken, denn bei (zugegebenermaßen dort eher seltener) Sonne macht´s erst so richtig Spaß. Last but überhaupt nicht least: „The Village Bakery“ in Picton, dem Fährort auf der Südinsel, wo es die besten Blueberry-Brownies der Welt gibt. Die anderen Sachen dort: auch ganz nett, aber diese Brownies sind eine echte brachialschokoladige Wucht! Im übrigen ist diese Bäckerei direkt neben einem der nettesten und kuscheligsten Backpacker Neuseelands, „The Villa“ (Irgendwann will man ja schließlich auch mal duschen). Irgendwann war ich dann auch wieder zu Hause in Auckland, diesem nervigen kleinen Provinznest, das krampfhaft versucht, eine Großstadt zu sein. Dort habe ich noch wochenlang den Besuch all der Leute genossen, die ich unterwegs so kennengelernt und allesamt dazu eingeladen hatte, mich auf ihrem Weg durch Auckland zu besuchen und bei mir zu wohnen für ein paar Tage. Wenn Du noch weitere, konkrete Tipps brauchst, dann melde Dich einfach per E-Mail bei mir unter [email protected] oder [email protected]. Arbeit Naja, irgendwann habe ich natürlich auch mal gearbeitet. Ich hatte ein bisschen Pech mit meinem Thema, denn ich konnte mir nicht wirklich viel dabei aussuchen. Ich habe bei Rajnish Sharma meine Studienarbeit zum Thema „CFD-Modelling of Shower Mixers“ geschrieben. Richtig, es handelt sich hier um Duschmischer, also da, wo das heiße und das kalte Wasser zusammenfließen bevor ein hoffentlich wohltemperiertes, druckvolles Gemisch auf deine zarte Haut herniederprasselt und dich verwöhnt und belebt. Äh, ja. Also, ich war halt ein bisschen verplant und hatte mir vor meiner Ankunft in Auckland noch nicht so genau Gedanken darüber gemacht, welches der Themen, die bei Rajnish zur Verfügung standen, ich denn nun eigentlich bearbeiten wollte. Letztendlich stellte sich heraus, dass ich eigentlich für alles andere fundierte Kenntnisse in Aerodynamik gebraucht hätte, so dass eigentlich nur dieses eine Thema übrigblieb. Der Rest verlief dann einfach etwas unglücklich, denn anfangs hieß es noch, es gäbe eine Zusammenarbeit mit dem neuseeländischen Hersteller des Teils, der auch mal eben nach etwaigen Ideen von mir schnell Prototypen hätte gießen können, um diese dann auf bessere Eigenschaften auszutesten. Letztendlich wurde bald klar, dass der Hersteller eigentlich das Interesse an dem Projekt verloren hatte (weil er irgendetwas neues auf den Markt gebracht hatte), so dass damit auch jede experimentelle Komponente für meine Arbeit wegfiel. Als ich dann langsam das Gefühl bekam, dass selbst meinem Betreuer das alles nicht mehr wirklich wichtig zu sein schien, musste ich echt um meine Motivation ringen, denn nun sah alles danach aus, als würde eine reine Computersimulation, also pure Rechnerarbeit, übrig bleiben, die weder mich noch sonst irgendwen wirklich interessierte. Ich habe letztlich bis Ende Juli in Auckland an der Arbeit gesessen, durch die mir die für solche Aufgaben doch recht langsamen und absturzfreudigen Unirechner immer wieder gerne einen Strich machten, so dass ich vor meiner Abreise zwar fast, aber eben nicht mehr ganz fertig wurde und erst drei Monate später, nach meiner Australienund Asienreise, zurück in Berlin weitermachen konnte. Da Berlin natürlich auch erst wieder von mir entdeckt werden musste, hat sich das alles noch hingezogen, und ich habe erst um Weihnachten herum die letzten Seiten fertiggeschrieben. Du solltest auf jeden Fall versuchen, alles daran zu setzen, bereits in Auckland fertigzuwerden mit der Arbeit, weil das sonst echt immer noch irgendwo im Hinterkopf sitzt und den Genuss anderer schöner Dinge beeinträchtigt. Außerdem versuche, sobald wie möglich nach deiner Annahme für das Austauschprogramm mit deinem Betreuer Kontakt aufzunehmen und in konkrete Verhandlungen wegen des Thema zu treten. Bei Rajnish ist das nicht ganz leicht, da er immer extrem viel beschäftigt ist, aber einen Anruf vorab sollte dir das schon wert sein. Lass dir die Themen so genau wie möglich beschreiben, damit du weißt, woran du bist. Ansonsten habe ich das Sein und die Arbeit an der University of Auckland (UoA) als eher relaxed und halbwegs gut organisiert erlebt. Klar, man muss sich hier für die Thesis echt selbst bei der Hand nehmen und darf einfach nicht den Mut verlieren, aber ansonsten geht alles recht glatt. Ich als Student der Energie- und Verfahrenstechnik finde lediglich die Zusammenarbeit meines Instituts in Berlin mit dem Institut für „Mechanical Engineering“ an der UoA ein wenig unglücklich, da es dort durchaus auch ein Department of Chemical Engineering gibt, was einfach mal thematisch deutlich näher an dem dran ist, wofür ich in meinem Studium so ausgebildet werde. Ich bin auch nicht der erste von der TUB, der von dort mit einem eher merkwürdigen Thema zurückgekommen wäre. Sonstiges Mit Auckland bin ich letztendlich nicht so richtig warm geworden, wie vielleicht weiter oben schon deutlich wurde. Aber da machst du dir natürlich am besten dein eigenes Bild, denn ich habe durchaus auch Leute getroffen, die diese Stadt tief in ihr Herz geschlossen haben. • • Eine Oase für mich war auf jeden Fall das Hare Krishna Restaurant „Food for Life“ in der K´Road, das mit dem Fahrrad von der Uni aus in fünf Minuten erreichbar ist. Hier gibt es für unglaubliche 4$ Studentenpreis ein komplettes vegetarisches Mitagessen mit Suppe, Vorspeise, Reiscurry-Gericht und Nachtisch sowie dazu immer die gleiche CD mit herrlich entspannender HareKrishna-Musik. Keine Angst, niemand dort versucht, dich zu missionieren, und du wirst auch sonst nicht irgendwie esoterisch angequatscht. Es herrscht einfach nur eine einfache Athmo, und es gibt gutes Essen. Im Dog´s Bollix gibt es fast jeden Tag in NZ hausgemachte, sehr abwechslungsreiche Live-Musik für wenig Geld, was sich wirklich lohnt. Zu guter Letzt Schließlich bin ich glücklicherweise noch termingerecht meinen Wagen, mein Fahrrad und auch meinen Bass wieder losgeworden und konnte NZ so ohne allzu viel Ballast gen Rest der Welt verlassen. Ich hatte phantastisch abenteuerliche vier Wochen in Australien und einen mehr als denkwürdigen gut achtwöchigen Trip von Bali bis Bangkok, auf dem ich die wohl abgefahrenste Landschaft meines Lebens gesehen und wieder einmal unzählige wunderbare Menschen kennengelernt habe. Ich stehe mittlerweile so sehr auf das völlig planlose Drauflosreisen, dass ich mir das für mich gar nicht mehr anders vorstellen kann. Ohne Pläne und Erwartungen renne ich von einem Abenteuer ins nächste und kann mir selbst in meinem Berliner Alltag dieses magische Gefühl von Spontaneität und Frische bewahren. Alles das, was ich in diesem Jahr „on the road“ erleben durfte, und zwar wirklich alles von geklauten Portemonnaies auf Fiji und Bali über Riesenspinnen über meinem Bett (Fiji) bis hin zu sternenklaren Nächten unter freiem Himmel (immer wieder) trage ich nun in meinem Herzen, und niemand kann es mir wieder nehmen. Nicht zu vergessen all die wunderbaren Begegnungen, den Studienarbeitsstress (in Auckland), das Neueinleben in einer fremden Stadt, zum ersten Mal ein eigenes Auto fahren (in NZ), unerwartete und völlig verzauberte Liebesnächte, Kotzeritis in Indonesien, 10 Tage Meditationskurs nördlich von Auckland, meinen heißgeliebten Kuschelkater in meiner WG in Auckland, mich immer wieder verabschieden müssen, immer wieder irgendwo ankommen, aus dem Rucksack leben, Halloween-Parade und Präsidentenwahlen in NYC, Bienenstich in Kuala Lumpur, in Auckland auf der Bühne stehen, im australischen Outback mit dem Wagen liegen bleiben, Sonnenuntergänge an einsamen Stränden, Lachgas-Parties im Van, Diskussionen mit völlig Andersgesinnten, ein warmer Körperdruck nach Tagen oder Wochen ohne Kontakt, in frische Elefantenkacke treten im malayischen Urwald, ins Flugzeug in die Heimat steigen nach einem Jahr, nicht wissen, woher das Geld nehmen, live einen Sack Reis umfallen sehen und, und, und… Es gibt einfach keinen vernünftigen Grund, nicht zu gehen! Diese Reise war eine so unendliche Bereicherung für mich, dass ich diese Erfahrung jedem wünsche, der dafür offen ist. Viel Spaß und alles Liebe! Mark Nowakowski