5. – 7. November 2010 in Berlin
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5. – 7. November 2010 in Berlin
Deutsche Gesellschaft für Suchtmedizin (vorm. DGDS) e.V. Der gedopte Alltag – Sucht und Leistung 19. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Suchtmedizin 5. – 7. November 2010 in Berlin ABSTRACTSAMMLUNG Ludwig Erhard Haus Fasanenstraße 85 · 10623 Berlin 19. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Suchtmedizin 5. - 7. November 2010 Begrüßung Liebe Kolleginnen und Kollegen, verbesserte Funktionsfähigkeit und Leistung sind Inhalte überdauernder menschlicher, ja fast archetypischer Wünsche, führen sie doch zu Überlegenheit und höherer Überlebenschance. In letzter Zeit hat sich die Diskussion auch in Richtung der Frage nach Möglichkeiten und Sinnhaftigkeit der Leistungssteigerung durch psychotrop wirksame Substanzen bewegt. Kritisch werden des öfteren grundsätzliche ethische Bedenken, Fragen zur Verteilungsgerechtigkeit und zur Rolle der Ärzte sowie zur individuellen und gesamtgesellschaftlichen Verantwortung, aber nicht zuletzt auch der Gefahr der Abhängigkeitsentwicklung eingebracht. Dieser Kongress soll Orientierung zu vorgenannten Themenbereichen ermöglichen, indem philosophisch-juristische, medizinische und subjektive Facetten berührt werden. Ergänzend wird der Sonderbereich des Leistungssportes, in dem die Leistungssteigerung naturgegeben eine besondere Rolle spielt, dargestellt. Weiterhin beschäftigt sich der Kongress im Rahmen der Symposien erneut u. a. mit ökonomischen und rechtlichen Fragestellungen und besonderen therapeutischen Herausforderungen. Wir freuen uns, Sie in Berlin begrüßen zu dürfen, und hoffen auf erneut lebendige Diskussionen! K. Behrendt, M. Backmund, -1- J. Reimer 19. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Suchtmedizin 5. - 7. November 2010 Inhaltsverzeichnis Symposien Leistungserbringung und Leistungserstattung Langzeitverschreibung von Benzodiazepinen – zwei Seiten einer Medaille J. Brack, W. Unglaub ____________________________________________________ 6 Der gedopte Alltag – Sucht und Leistung Neuroenhancement: between hope and hype? M. Schermer __________________________________________________________ 7 Pillen für den besseren Menschen – eine auch subjektive Sicht J. auf dem Hövel _______________________________________________________ 7 Vom Neuroenhancement zur Therapie diffiziler Störungen Doping, Enhancement, Therapie – wie lassen sich die verschiedenen Formen der Leistungssteigerung unterscheiden? C. Asmuth ____________________________________________________________ 8 Einsatzbedingte psychische Störungen bei Soldaten der Bundeswehr – Komorbidität mit Suchterkrankungen? H. Höllmer ____________________________________________________________ 8 Arbeitskreise Praktischer Kurs: Akupunktur in der Suchtmedizin E. Weber-Böse ________________________________________________________ 10 Sicherheit finden – Integrative Therapie posttraumatischer Störungen I. Schäfer, M. Stubenvoll _________________________________________________ 11 „Zwischen allen Stühlen?“ Die Behandlung Alkoholabhängiger zwischen Praxis, Psychiatrie und Somatischem Krankenhaus. Erkennen und Beseitigung von Fallstricken, Möglichkeiten der Zusammenarbeit J. Settelmayer _________________________________________________________ 11 Optimierung der Substitutionsbehandlung in der täglichen Praxis K. Isernhagen, B. Weber _________________________________________________ 12 Prävention der HCV-Infektion bei Drogenkonsumierenden – neue Ansätze in der niedrigschwelligen Arbeit Leicht, H. Stöver, H. Zurhold ______________________________________________ 13 -2- 19. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Suchtmedizin 5. - 7. November 2010 Praktischer Kurs: Motivierende Gesprächsführung T. Kuhlmann __________________________________________________________ 14 Zu Suizid und Suizidprävention in der Suchtkrankenbehandlung E. Trüg _______________________________________________________________ 15 www.500Fragen.de – Essenz des Projektes zu Rechtsfragen in der Substitution J. Schroeder-Printzen, B. Weber ___________________________________________ 16 Normalisierung auf neuem Niveau: Kinderschutz im Rahmen einer vernetzten Drogen-, Jugend- und Familienhilfe U. Lode, B. Westermann _________________________________________________ 16 Suchtmedizin im Strafvollzug in Bewegung – das Beispiel Nordrhein-Westfalen S. Mauruschat _________________________________________________________ 17 Diamorphingestützte Behandlung Opiatabhängiger – der lange Weg durch die Institutionen K. Bonorden-Kleij, C. Dilg ________________________________________________ 17 Praktischer Kurs: Ohrakupunktur für Fortgeschrittene E. Weber-Böse ________________________________________________________ 18 Harm Reduction und Substitutionsbehandlung international P. Kramarz, G. Meyer-Philippi, H.-G. Meyer-Thompson, I. I. Michels _______________ 18 Posterbeiträge Szenenahe HIV-Schnelltests für Drogenkonsumenten in niedrigschwelligen Einrichtungen -TEST ITD. Schäffer ____________________________________________________________ 20 Die PERMIT-Studie (Psychoeducation reaches HCV-infected Methadone/ Buprenorphine substituted Patients in Standard Antiviral Treatment) C. Schmidt, B. Schulte, D. Gansefort, U. Verthein, M. Backmund, J. Reimer _________ 21 Erste Ergebnisse einer Prävalenzstudie zu Hepatitis-Virusinfektionen unter alkoholabhängigen Patienten im stationären Entzug D. Gansefort, W. Thomas, A. Onaissi, J. Reimer ______________________________ 23 PRISMA: Peginterferon alfa-2a (Pegasys®) und RIbavirin (Copegus®) bei Substitutonspatienten iM Alltag – Endauswertung einer deutschlandweiten nicht-interventionellen Studie S. Mauss, S. Walcher, U. Alshuth, A. Breske _________________________________ 25 Psychometrische Eigenschaften der Posttraumatic Diagnostic Scale (PDS) bei alkoholabhängigen Patienten L. Winters, S. Fricke, J. Schulze-Thüsing, C. Schulze, M. Stubenvoll, J. Reimer, I. Schäfer ________________________________________ 27 -3- 19. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Suchtmedizin 5. - 7. November 2010 Stationäre Behandlung bei Comorbidität von emotional-instabiler Persönlichkeitsstörung vom Borderline-Typ und Medikamentenmissbrauch E. Stanek, I. Englert _____________________________________________________ 28 Stresstoleranztechniken bei stationärer Behandlung von Alkoholmissbrauch und Impulskontrollproblematik I. Englert, F. Landgraf, E. Stanek __________________________________________ 28 Behandlung opioidabhängiger Patienten mit Buprenorphin-Naloxon Zwischenergebnisse der Anwendungsbeobachtung: Einfluss des Beigebrauchs psychotroper Substanzen auf den Therapieerfolg S. M. Apelt ____________________________________________________________ 29 Vergleich bekannter und Erfassung neuer Prädiktoren für das Outcome im qualifizierten stationären Drogenentzug opioidabhängiger Patientinnen und Patienten in Bezug auf die veränderte und expandierte Drogenhilfe in Deutschland. F. Mayer, K. Meyer, M. Backmund _________________________________________ 31 QT-Zeit-Verlängerung in der Substitutionsbehandlung – Pilotstudie zur Überprüfung möglicher Intervention C. Arnold, C. Laux, G. Kotter, M. Backmund __________________________________ 32 Kasuistik: Wahn und Bürokratie Der jahrelange Kampf eines betroffenen Kollegen aus Sucht und Krankheit zurück ins Leben G. Kotter, M. Backmund _________________________________________________ 33 -4- 19. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Suchtmedizin 5. - 7. November 2010 Symposien -5- 19. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Suchtmedizin 5. - 7. November 2010 Langzeitverschreibung von Benzodiazepinen – zwei Seiten einer Medaille J. Brack, W. Unglaub Die Verordnung von Benzodiazepinen muss bestimmten Regeln und vor allem Zielen unterliegen. Wir sollten uns dabei nicht von den Krankenkassen und der herrschenden Ideologie leiten lassen, dass die Verordnung von Benzodiazepinen über einen längeren bis langen Zeitraum grundsätzlich zu verdammen ist. Wir sollten uns vielmehr am Patienten orientieren und nicht alle Patienten, die Benzodiazepinen verlangen oder verordnet bekommen über einen Kamm scheren. Ansonsten erinnert das Ganze fatal an die frühere Verteufelung von Methadon bzw. der Substitutionsmittel, die doch nur die Abhängigkeit des Patienten verlängern würde und den Arzt als Dealer diffamierte. Es gibt aus meiner langjährigen klinischen und jetzt aus der Sicht eines niedergelassenen Psychiaters und Suchtmediziners Patienten bei denen man nicht um die Langzeitverschreibung von Benzodiazepinen herum kommt. Diese Patienten leiden z. B. unter langjährigen Angsterkrankungen oder auch Depressionen und haben alle gängigen Psychopharmaka ohne wesentlichen Erfolg verordnet bekommen, profitieren jedoch ganz erheblich von der Verordnung von Benzodiazepinen, insbesondere was die Lebensqualität angeht. Erst durch die zum Teil langjährige Verordnung der Benzodiazepine sind sie aktions- und handlungsfähig und können den Alltag ohne wesentliche psychische Symptome bewältigen. Die positive Wirkung der Benzodiazepine darf dabei nicht einfach außer Betracht gelassen werden, nur weil diese eine Abhängigkeit verursachen können. Auch im Bereich der drogenabhängigen Patienten gibt es bekanntermaßen eine sehr hohe Komorbidität, insbesondere von Depressionen, Angsterkrankungen und vor allem Persönlichkeitsstörungen. Auch in diesem Bereich lassen sich drogenabhängige Patienten finden, die durch die Langzeitverordnung von Benzodiazepinen erheblich profitieren und mit ihrer Sucht leben bzw. Überleben mit einer gewissen Lebensqualität und nicht ständig zur Entgiftung ins Krankenhaus eingewiesen werden müssen. Die Langzeitverschreibung von Benzodiazepinen ist im Übrigen auch nicht verboten, auch wenn Fachgesellschaften eine zeitliche Begrenzung der Verordnung von Benzodiazepinen empfehlen, jedoch eine grundsätzliche Ächtung vermeiden. Unbestritten ist dabei, dass die Langzeitverordnung von Benzodiazepinen Hirnschädigungen im Bereich der Kognition und des Gedächtnissen hervorrufen kann, jedoch nicht bei jedem der Patienten muss. Interessanterweise kommt es bei vielen dieser Patienten nicht zu einer Dosissteigerung, aber natürlich einer Abhängigkeit bzw. die Abhängigkeit wird beibehalten. Fast alle Patienten, die zu mir in die Praxis kommen, weisen im Übrigen schon eine Benzodiazepinabhängigkeit auf! Diese Patienten dürfen eben gerade nicht abgewiesen werden, sondern müssen in die ärztliche Behandlung aufgenommen werden. Dazu gibt es keine Alternative, denn Abweisen bedeutet den Patienten mit seinem Problem, weswegen er sich an einen Arzt/Ärztin gewandt hat, alleine zu lassen und dem „Schwarzmarkt“ mit den damit verbundenen hohen Risiken zu überlassen. Die Aufnahme eines Patienten, der ein Benzodiazepinproblem aufweist, in die ärztliche Behandlung bedeutet nicht den therapeutischen Nihilismus walten zulassen, sondern es müssen dann mit dem Patienten Ziele und Regeln der Behandlung erarbeitet werden. Dieses bedeutet vor allem Motivationsarbeit sich mit seiner Abhängigkeit auseinanderzusetzen und Schritte aus der Abhängigkeit heraus zu versuchen. Im Übrigen ist es in diesem Zusammenhang kein Weg Privatrezepte zur Verordnung von Benzodiazepinen auszustellen, was gegen die ärztliche Berufsordnung verstößt, und das Problem in keiner Weise lösen hilft. Dr. Jochen Brack Praxis für Neurologie und Psychiatrie, Institut für Forensische Psychiatrie und Suchtmedizin (IFPS) Grubesallee 1, D-22143 Hamburg E-Mail: [email protected] PD Dr. Willi Unglaub Bezirksklinikum Regensburg, Stationsarzt der Behandlungsstation für Drogenabhängige Universitätsstr. 84, D- 93049 Regensburg E-Mail: [email protected] -6- 19. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Suchtmedizin 5. - 7. November 2010 Neuroenhancement: between hope and hype M. Schermer The term ‘neuroenhancement’ refers to the enhancement of brain functions, mostly with technological or pharmacological means. Over the past few years, scientific and societal interest in possibilities of developing so-called ‘smart drugs’ has increased. This raises a number of questions. First, questions about how realistic the hopes for cognition improving medication really are. Will we be able to develop drugs that make us smarter, or is it mainly a hype? Second, if such drugs would be developed, would that be desirable? What kind of societal and ethical issues would that raise? Some of the issues that are discussed in the bioethical literature are the fear of increased social pressure or even forced use of such drugs; the question of justice (will everyone have equal access?); concerns regarding safety and (long-term) side effects, the question of whether using such drugs would be a form of ‘cheating’; and concerns regarding the effects on both personality of the users and on the society at large. Thirdly, at present drugs like methylphenidate are already being used by students and others to improve concentration and attention and reduce the need for sleep. The use of these drugs for these purposes is cause for concern, given the largely unproven effects and the possible side-effects. MD, PhD, Maartje Schermer, associate professor Erasmus University Rotterdam Medical Ethics and Philosophy of Medicine E-Mail: [email protected] Pillen für den besseren Menschen – eine auch subjektive Sicht J. Auf dem Hövel Der klassische Selbstversuch ist aus der Mode gekommen, die subjektive Ebene findet zwar in den Medikamenten-, Drogen- und Doping-Foren im Internet statt, hat aber in der wissenschaftlichen und wissenschaftsjournalistischen Literatur keinen Raum. Im Rahmen eines Buchprojekts hat der Autor das vermeintlich neue Feld der „cognitive enhancer“ abgesteckt, dabei einige der Substanzen (u. a. Modafinil, Ginkgo biloba und Dihydroergotoxin) eingenommen und die Angaben der Hersteller und Verheißungen einiger Medien mit seinen Erfahrungen abgeglichen. Eigentümliche, nichtssagende Welten zwischen Getriebenheit und Übelkeit taten sich auf, subtile Wirkungen nahe am Placebo – die Bandbreite war groß, nur eines geschah nicht: kognitive Kapazitätserweiterung. Es folgten trotzdem Anrufe von SAT1, Johannes B. Kerner suchte den User der sagenumwobenen Chemikalien, Reflexionen zur perfektionierungswilligen Gesellschaft wollte man nicht hören. Nun liegen die angebrochenen Blister für den besseren Menschen im Schrank und der Autor darf weiterhin fragen, wie aus sich selbst heraus und im Rahmen des modernen Staates das Leben gelingen kann. Dr. Jörg Auf dem Hövel Journalist, Hamburg E-Mail: [email protected] -7- 19. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Suchtmedizin 5. - 7. November 2010 Doping, Enhancement, Therapie – Wie lassen sich die verschiendenen Formen der Leistungssteigerung unterscheiden? C. Asmuth Weltweit wird Doping geächtet. Das heißt nicht nur bestraft, sondern moralisch rigoros verurteilt. In der Enhancement-Debatte wird offen und liberal über Vor- und Nachteile medikamentöser Leistungssteigerung nachgedacht. Warum soll man keine Pillen nehmen, wenn sie glücklich, schön und intelligent machen und dabei keine oder vertretbare Nebenwirkungen haben? Und in der Therapie sind leistungssteigernde Wirkungen hochwillkommen, denn sie machen aus Kranken wieder Gesunde. Doping ist geächtet, Enhancement umstritten, Therapie erwünscht. Aber wie reagieren wir, wenn es ein und dieselbe Pille ist, die einmal den Sportler dopt, andererseits den Manager 'enhancet' und schließlich den Kranken therapiert? Der Vortrag geht der Frage nach, wie Unterschiede in der Beurteilung von leistungssteigernden Praktiken zustande kommen und auf welchem Fundament sie stehen. Dabei wird sich zeigen, dass das Fundament weniger sicher ist, als wir gewöhnlich annehmen. Das liegt an der sehr komplexen Einbindung der Problematik in rechtliche, semi-juridische und ethische Kontexte. Und in vielen Fällen ergeben sich in dieser Diskussion widersprüchliche und vorerst unlösbare Konstellationen, die auch das Bild vom ärztlichen Handeln und das Selbstverständnis des Arztes betreffen. So ist etwa der Sportarzt längst nicht mehr nur Therapeut, sondern vielfach auch Dienstleister in der Sportindustrie. Rollenkonflikte sind vorprogrammiert – nicht nur im Sport. Prof. Dr. Christoph Asmuth Institut für Philosophie, Literatur-, Wissenschafts- und Technikgeschichte, TU Berlin Franklinstraße 28/29, FR 5-12, D-10587 Berlin E-Mail: [email protected] Einsatzbedingte psychische Störungen bei Soldaten der Bundeswehr – Komorbidität mit Suchterkrankungen? H. Höllmer Gründe dafür warum Menschen Alkohol konsumieren gibt es mannigfaltige. Ebenso Motive. Schon die Frage warum dies bei Soldaten - wobei hier trotz Öffnung der Bundeswehr für Frauen weiter die männliche Form des Soldatenberufes gewählt wird, da es sich immer noch um ein männlichkeitsdominiertes Tätigkeitsfeld handelt - anders oder zumindest besonders sein soll, löst bei dem Vortragenden, der selbst Mann, Soldat, Arzt und dann noch Psychiater und Psychotherapeut ist, die verschiedensten Gefühle und Gedanken aus. Diese schwanken zumindest zwischen „sich angegriffen fühlen und verteidigen zu müssen“ und „zu verharmlosen, zu negieren“ bis „zu verleugnen“. Da es interessanterweise kaum bis keine Studien über Zusammenhänge zwischen Soldatsein und Alkohol gibt, lädt der Vortragende das Plenum ein, sich an seinen verschiedenen Überlegungen hierzu zu beteiligen. Die Betrachtung von Alkoholritualen, besonderen Erkrankungen nach Auslandseinsätzen wie der Posttraumatischen Belastungsstörung, des Tätigkeitsfeldes im Rahmen von Bundeswehreinsätzen als auch der Erfahrung aus der Behandlung von Alkoholkranken Soldaten könnte für Bereiche sensibilisieren, in denen sich das Spannungsfeld Soldat und Alkohol entlädt, um so letztendlich Anstöße zu entwickeln und den sich dabei auftretenden Fragestellungen im Rahmen von zukünftigen Forschungen zu stellen. Helge Höllmer Bundeswehrkrankenhaus Hamburg, Psychiatrie und Psychotherapie Lesserstraße 180, D-22049 Hamburg E-Mail: [email protected] -8- 19. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Suchtmedizin 5. - 7. November 2010 Arbeitskreise -9- 19. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Suchtmedizin 5. - 7. November 2010 Praktischer Kurs – Akupunktur in der Suchtmedizin E. Weber-Böse Seit nun über 10 Jahren setzen wir in der Alkohol- und Drogenentzugsbehandlung auf allen Stationen und im teilstationären Bereich sowie in der Suchtambulanz der Asklepios Klinik Nord Ochsenzoll und den externen Substitutionsambulanzen der Abteilung für Abhängigkeitserkrankungen der Asklepios Klinik Nord in Hamburg die Suchtakupunktur als zusätzliche Methode neben der auch weiterhin notwendigen medikamentösen Entzugsbehandlung ein. Vor allem das Krankenpflegepersonal wendet die Suchtakupunktur am Patienten an. Die Patienten müssen vor der Anwendung der Akupunktur einen Aufklärungsbogen unterschreiben, in dem sie über mögliche Nebenwirkungen, die jedoch äußerst gering sind, aufgeklärt und darauf hingewiesen werden, dass es sich dabei um keine schulmedizinische Behandlung handelt. Insgesamt beteiligen sich an unserem Akupunkturangebot ca. 60 % der Patienten, die alkohol- oder drogenabhängig sind, von den über 3500 jährlich, stationär, teilstationär oder ambulant behandelten Patienten. In einer Stichprobenbefragung berichteten 88 % der Patienten, die sich an der Akupunktur beteiligten, dass ihnen die Akupunktur geholfen habe den Entzug besser zu bewältigen. Die Suchtakupunktur führt zu einer physischen und psychischen Stabilisierung, Entspannung und mehr innerer Ruhe, einem vermindertem Craving und einer verbesserten Schlafregulation. Sicherlich spielt neben der direkten Wirkung der Akupunktur auch das Setting und die intensive Zuwendung, die den Patienten bei der Akupunktur zuteil wird, eine nicht unerhebliche Rolle. Bei den Patienten kommen 5 Ohrakupunkturpunkte, die jeweils an beiden Ohren genadelt werden, zur Anwendung sowie 3 Körperakupunkturpunkte: In dem angebotenen Kurs liegt der Schwerpunkt auf der Praxis. Die aufgeführten Akupunkturpunkte werden soweit vermittelt bzw. gegenseitig ausgeführt, dass jeder/e nach dem Kurs die entsprechenden Punkte am Patienten anwenden und weitere Erfahrungen sammeln kann. Vorab wird in dem Kurs die Theorie der Traditionellen Chinesischen Medizin ausschnittsweise punktuell vermittelt und dabei die Akupunktur in dieses Gesamtkonzept eingeordnet. Der Kurs richtet sich an einen Personenkreis, der die Grundlagen der Suchtakupunktur erlernen möchte und ist nicht geeignet für Kolleginnen und Kollegen, die fortgeschrittene Akupunkturkenntnisse vermittelt bekommen wollen. Zusammenfassend kann der Einsatz der Akupunktur in der Entzugsbehandlung – ohne ihn als den Königsweg in der Behandlung zu verabsolutieren – als eine effektive und auch kostengünstige Methode weiterempfohlen werden. Internet-Adressen: www.akupunktur-aktuell.de, www.ak-ohrakupunktur.de, www.suchtverlag.de Die 5 SuchtAkupunkturPunkte: - Vegetativum - Shen Men - Niere - Leber - Lunge Aus: U. Hecker: Ohr-, Schädel-, Mund-, Hand-Akupunktur. 1996 Hippokrates Verlag Elvira Weber-Böse Heilpraktikerin Asklepios Klinik Nord, Abteilung für Abhängigkeitserkrankungen Langenhorner Chaussee 560, D-22419 Hamburg E-Mail: [email protected] - 10 - 19. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Suchtmedizin 5. - 7. November 2010 „Sicherheit finden“ – Integrative Therapie posttraumatischer Störungen I. Schäfer, M. Stubenvoll Zwischen traumatischen Erfahrungen und Substanzmissbrauch bestehen deutliche Zusammenhänge. Mindestens ein Drittel bis die Hälfte aller Personen mit Suchtproblemen weisen in ihrer Biografie gravierende Traumatisierungen auf. Bei bestimmten Gruppen von Suchtkranken, etwa Konsumenten „harter Drogen“, finden sich traumatische Erfahrungen oft noch häufiger. Inzwischen ist deutlich geworden, dass die Folgen dieser Erlebnisse bei einem Teil der Betroffenen die Suchttherapie erschweren, oder ihren Erfolg ganz in Frage stellen, wenn sie nicht im Rahmen der Behandlung spezifisch berücksichtigt werden. Im Workshop werden aktuelle Ansätze in der Therapie posttraumatischer Störungen bei Suchtkranken diskutiert. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf einem integrativen Therapieprogramm („Sicherheit finden“), das einen vorwiegend stabilisierenden, ressourcen-orientierten Ansatz verfolgt und für die meisten Settings geeignet ist. Dr. MPH Ingo Schäfer Zentrum für Interdisziplinäre Suchtforschung (ZIS) der Universität Hamburg Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf Martinistr. 52, D-20246 Hamburg E-Mail: [email protected] Martina Stubenvoll Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf Martinistr. 52, D-20246 Hamburg E-Mail: [email protected] „Zwischen allen Stühlen?“ Die Behandlung Alkoholabhängiger zwischen Praxis, Psychiatrie und Somatischem Krankenhaus. Erkennen und Beseitigung von Fallstricken, Möglichkeiten der Zusammenarbeit J. Settelmayer Input des Arbeitskreises: Es wird ein Abriss der gesetzlichen Grundlagen gegeben, potentiell beteiligte Anbieter und Institutionen im Suchthilfesystem werden vorgestellt sowie ein Überblick des in Münster bestehenden Systems. Die Referentin wünscht sich den Austausch mit anderen Praktikern über jeweilige lokale Strukturen mit deren Vor- und Nachteilen, gegenseitige Anregung zum beschreiten neuer Wege und sinnvoller Ausschöpfung der vorhandenen Ressourcen. Dr. Jutta Settelmayer Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) LWL-Klinik Münster Friedrich-Wilhelm-Weber-Str. 30, D-48147 Münster E-Mail: [email protected] - 11 - 19. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Suchtmedizin 5. - 7. November 2010 Optimierung der Substitutionsbehandlung in der täglichen Praxis K. Isernhagen, B. Weber Die Substitutionsbehandlung bedeutet in der täglichen Praxis für fast jeden Arzt eine große Herausforderung. Neben den umfangreichen originären medizinischen Fragestellungen, kommen vor allem rechtliche und administrative Belange hinzu. Wie kann ich die tägliche Arbeit derart gestalten, dass genug Raum für die Therapie bleibt? Wie kann ich die administrative Belastung für unterstützendes Personal mindern? Wie kann ich verhindern, dass ich über die Kontrolle der Kontrollmechanismen nicht den Überblick verliere? Wie organisiere ich meine anderen medizinischen Tätigkeiten, z. B. meine Hausarztpraxis neben der substitutionsgestützen Behandlung Opiatabhängiger? Wie rechne ich optimal ab? Wie vermeide ich rechtliche Fallstricke? In einem neuen Buchprojekt zu diesem Themenkomplex (voraussichtliches Erscheinungsdatum Ende 2011) werden diese Fragestellungen strukturiert aufgearbeitet. In dem Arbeitskreis wird anhand von beispielhaften Vorlagen aus der Praxis diskutiert, wie die Behandlung von opiatabhängigen Patienten in den verschiedenen therapeutischen Settings optimiert werden und somit Platz für die eigentliche Therapie geschaffen werden kann. Dr. Konrad Isernhagen Gemeinschaftspraxis Gotenring 27, D-50679 Köln E-Mail: [email protected] Dr. Bernd Weber Praxis Dr. Bernd Weber am Königsplatz Königsplatz 36 b, D- 34117 Kassel E-Mail: [email protected] - 12 - 19. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Suchtmedizin 5. - 7. November 2010 Prävention der HCV-Infektion bei Drogenkonsumierenden – neue Ansätze in der niedrigschwelligen Arbeit A. Leicht, H. Zurhold Die Hepatitis C ist eine unter injizierenden DrogengebraucherInnen weit verbreitete Infektionskrankheit mit massiven individuellen wie gesellschaftlichen Folgekosten. Eine HCV-Infektion wird oft bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt der „Konsumkarriere“ erworben, zu dem der/die Konsumierende in der Regel eher selten von den Einrichtungen der Sucht-/Aidshilfe erreicht wird. Um das Risiko einer HCV-Infektion unter Drogengebrauchenden gezielt zu verringern, hat die Berliner Einrichtung Fixpunkt e. V. innovative Maßnahmen der Frühintervention entwickelt. Seit Oktober 2008 führt Fixpunkt e.V. das 3-jährige Modellprojekt „FiP-C“ (Fixpunkt - Frühintervention – Prävention – Hepatitis C) durch. Im Rahmen des Modellprojektes werden Interventionen zur Hepatitis-C-Prävention entwickelt und deren Umsetzung durch das Hamburger Forschungsinstitut ZIS evaluiert. Die Interventionen zur Prävention von HCV werden im niedrigschwelligen Setting der Berliner Drogenkonsumräume bzw. –mobile durchgeführt. Das Setting der Drogenkonsumräume eignet sich in besonderer Weise für HCV-spezifische Interventionen, da Drogenabhängige dort einen intravenösen Drogenkonsum praktizieren und die Pflegefachkräfte ein mögliches Risikoverhalten unmittelbar beobachten können. Auf Basis der konkreten Beobachtungen werden lebensweltnahe Interventionen entwickelt und in der Praxis erprobt. Beispielsweise bietet eine Intervention „Prophylaktische Impulse“ zur Haushaltshygiene, zu Alternativen zum injizierenden Konsum (Rauchen und Sniefen) und zu bedeutsamen Detailaspekten wie der korrekten Verwendung von Alkohol- und Trockentupfern. Bis Ende Juni 2010 haben in Berlin insgesamt 254 Drogenkonsumraum-Nutzende, die davon ausgehen nicht HCV-infiziert zu sein, am Pilotprojekt in Berlin teilgenommen. Erste Evaluationsergebnisse haben gezeigt, dass alle bislang entwickelten Interventionen grundsätzlich umsetzbar sind. Mit fortlaufender Projektdauer und im Zuge der Ausdifferenzierung der Interventionskonzepte wird sich in nächster Zeit weiter herauskristallisieren, welche Interventionen sowohl von den Fachkräften als auch den Drogenkonsumierenden bevorzugt und unter welchen Rahmenbedingungen welche Interventionen besonders erfolgversprechend umgesetzt werden können. Dem Kongress-Arbeitskreis werden die Konzepte und Zielsetzungen der einzelnen Interventionen vorgestellt. Anschließend soll über Erfahrungen und die Umsetzbarkeit dieser Präventionsmaßnahmen diskutiert werden. Astrid Leicht Fixpunkt e. V. Berlin Boppstr. 7, D- 10967 Berlin E-Mail: [email protected] Dr. Heike Zurhold Zentrum für Interdisziplinäre Suchtforschung (ZIS) der Universität Hamburg Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf Martinistr. 52, D-20246 Hamburg E-Mail: [email protected] - 13 - 19. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Suchtmedizin 5. - 7. November 2010 Praktischer Kurs: Motivierende Gesprächsführung T. Kuhlmann Das Konzept des „Motivational Interviewing“ (MI) bzw. der Motivierenden Gesprächsführung ist seit den 80er Jahren von Miller & Rollnick entwickelt und publiziert worden (1991 Motivational Interviewing – Preparing people to change addictive behavior 1; Motivational Interviewing - Preparing people for change (2) 2002; dritte Fassung in Vorbereitung). MI ist ein klientenzentriertes, partiell direktives Beratungs- und Behandlungsverfahren zur Förderung der intrinsischen Motivation und charakterisiert durch einen spezifischen Kommunikationsstil („a way of being with the patient“) mit dem Ziel Lösungsansätze für Ambivalenzkonflikte zu entwickeln. Dieses zunächst in der Suchtbehandlung entwickelte Verfahren ist in der Arbeit mit Suchtkranken inzwischen national und international anerkannt und wird zunehmend mit Erfolg auch in anderen Arbeitsfeldern genutzt und weiterentwickelt (medizinische Basisversorgung, psychosoziale Arbeitsbereiche, Jugendhilfe, Strafvollzug etc.). MI basiert auf einer empathischen Grundhaltung, dem nichtwertenden Aufdecken von Widersprüchen und Ambivalenzkonflikten, dem elastischen Aufnehmen von Widerstand unter strikter Vermeidung jeglichen Argumentierens seitens des Therapeuten und der Förderung von Zuversicht. Ausgangspunkt dieses Ansatzes ist die These, dass u. a. – Veränderungen z. B. eines Lebensstils nur mit und durch den betroffenen Patienten, nicht aber für, ohne oder gar gegen ihn möglich sind, – Störungen und Widerstand gegen eine angestrebte therapeutische Maßnahme eine Herausforderung an den Therapeuten darstellen zur bewussten Veränderung seines Vorgehens, – Patienten weder ausschließlich motiviert noch unmotiviert, sondern von Ambivalenz geprägt sind gegenüber sowohl dem Status quo als auch Veränderungen ihres Lebensstils. Ziel der Motivierenden Gesprächsführung ist das Aufdecken und Verstehen dieser Ambivalenzkonflikte mit dem Ziel, den Patienten zur Wahrnehmung und Akzeptanz seiner Ambivalenzkonflikte zu unterstützen und seine Änderungsbereitschaft zu fördern, ausgehend von der konkreten Lebenssituation des Patienten. Die Wirksamkeit von Motivierender Gesprächsführung und auf diesem Ansatz beruhender Kurzinterventionen in der Behandlung Suchtkranker ist inzwischen in vielen Studien untersucht und nachgewiesen worden. Im Trainingskurs werden der konzeptionelle Ansatz, Prinzipien und Strategien der Motivierenden Gesprächsführung vorgestellt. Möglichkeiten der konkreten Umsetzung sollen diskutiert und in praktischen Übungen vertieft werden mit dem Ziel, Ansatzpunkte für die Wahrnehmung von Veränderungsmotivation zu erarbeiten und die Arbeit mit Ambivalenzkonflikten zu verändern im Sinne eines elastischen Umgehens mit Widerstand. Dr. Thomas Kuhlmann Psychosomatische Klinik Bergisch Gladbach Schlodderdicher Weg 23a, D-51469 Bergisch Gladbach E-Mail: [email protected] - 14 - 19. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Suchtmedizin 5. - 7. November 2010 Zu Suizid und Suizidprävention in der Suchtkrankenbehandlung E. Trüg „Kommt, lasst uns miteinander reden, wer redet ist nicht tot, es züngeln doch die Flammen schon sehr um unsere Not“ (G. Benn). Obwohl bekannt ist, dass mit einer Suchterkrankung prinzipiell ein höheres Suizidrisiko verbunden ist, wird das Thema in der Praxis wenig beachtet. Offensichtlich geht es um ein „heißes Eisen“, was auch an den Ängsten von Therapeuten rührt. Wie damit umgehen, was ist zu tun? Worte machen den Hungrigen nicht satt, Brot tröstet den Verzweifelten nicht. Drogenabhängigkeit und Suizidalität weisen gemeinsam auf das präsuizidale Syndrom nach Ringel hin. Es gilt diese Faktoren der Einengung zu erkennen und die Psychodynamik zwischen Person, äußeren Anlässen und significant others aufzuklären. Einführend wird ein Überblick über die geschichtliche Entwicklung von der Antike bis zur Gegenwart und heute gängigen Verstehens- und Erklärungsmodellen gegeben. Epidemiologische Aspekte, die Beurteilung der Suizidalität, Fehler im Umgang und Leitsätze werden vorgestellt. Literatur: Finzen, A.: Suicidprophylaxe bei psychischen Störungen. Psychiatrie-Verlag 1997 Sonneck, G.: Krisenintervention und Suicidverhütung. UTB 2000 Dorrmann, W.: Suicid, Therapeutische Interventionen bei Selbsttötungsabsichten. Pfeiffer 2002 Eink, M., Haltenhof, H.: Basiswissen: Umgang mit suicidgefährdeten Menschen. Psychiatrie Verlag 2006 Gölz, J.: Der drogenabhängige Patient. Urban & Fischer 1999 Henseler, H.: Narzißtische Krisen/ Zur Psychodynamik des Selbstmords. rororo 1974 Dr. Erich Trüg Asklepios Klinik Nord Ochsenzoll Abteilung für Abhängigkeitserkrankungen Langenhorner Chaussee 560, D- 22419 Hamburg E-Mail: [email protected] - 15 - 19. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Suchtmedizin 5. - 7. November 2010 www.500Fragen.de – Essenz des Projektes zu Rechtsfragen in der Substitution J. Schroeder-Printzen, B. Weber Über das Fachbuch „Substitution und Recht – Ein Leitfaden für die substitutionsgestützte Behandlung Opiatabhängiger in Deutschland“ (Ecomed-Verlag) und das Internetforum www.500Fragen.de werden seit 2009 Fragen zur Substitutionsbehandlung gestellt und sowohl zeitnah online, als auch im Buch beantwortet. Beide Projekte richten sich an alle in der Substitutionsbehandlung Tätigen, seien es Ärzte, Apotheker, Sozialarbeiter, Therapeuten o.a. Berufsgruppen. Ihnen soll hierdurch Entlastung in den rechtlichen Bereichen der Behandlung zu Teil werden und eine Konzentration auf die wesentlichen Aspekte ermöglicht werden. Im Buch entsteht durch die zahlreichen Fragen nebenher ein interessantes Kompendium in den verschiedenen zeitlichen Abschnitten der Substitutionsbehandlung in Deutschland. In diesem Arbeitskreis werden exemplarisch Fragen aus beiden Projekten vorgestellt, anhand derer dann die Teilnehmer und die Autoren miteinander diskutieren können. Auch spontane Fragestellungen und Probleme werden aufgenommen und erörtert. Wir hoffen auf eine rege Teilnahme und Diskussion. Jörg Schroeder-Prinzten Schroeder-Printzen Kaufmann & Kollegen Kurfürstenstraße 31, D- 14467 Potsdam E-Mail: [email protected] Dr. Bernd Weber Praxis Dr. Bernd Weber am Königsplatz Königsplatz 36 b, D- 34117 Kassel E-Mail: [email protected] Normalisierungen auf neuem Niveau: Kinderschutz im Rahmen einer vernetzten Drogen-, Jugend- und Familienhilfe U. Lode, B. Westermann Die Betreuung und Beratung suchtmittelabhängiger Klienten findet - zumindest zu Beginn - oft erst einmal in einem niedrigschwelligen Setting statt, d. h. die Motivation schwankt, Termine werden nicht unbedingt verbindlich wahrgenommen, es kommt zu Rückfällen, Abbrüchen oder sonstigen Schwierigkeiten. Die Drogenberater verfügen i. d. R. nur über eine geringe, nicht unbedingt zuverlässige Kenntnis der häuslichen Situation. Auch Angaben über Kinder, die zum Haushalt gehören oder zu denen ein enger regelmäßiger Kontakt besteht, bleiben nicht selten unsicher oder stammen aus „zweiter Hand“. Ungeachtet dessen stehen alle, die in Drogenberatung oder in der psychosozialen Betreuung von Substituierten tätig sind, in der unabweisbaren Mitverantwortung dafür, dass der Schutz der Kinder ihrer Klientel gewährleistet wird. Jenseits befristeter öffentlicher Erregung um dieses Themas sind hierfür Standards, Instrumente und Haltungen zu entwickeln. Nicht erst in kritischen Situationen, sondern als normale Beratungs- oder Betreuungsvoraussetzung, bedarf es verbindlicher Vereinbarungen mit allen Klienten im Sinne der ggf. nötigen Risikoreduzierung. Vom ersten Kontakt an ist eine hohe Aufmerksamkeit nachhaltig zu organisieren, auch um angemessene Hilfen rasch und effizient einzuleiten. Der Kooperation mit anderen Einrichtungen und – in besonderer Weise – mit den Jugendämtern kommt dabei eine große Bedeutung zu. Wie die Erfahrungen in den verschiedenen Bereichen des Notdienstes Berlin e. V. belegen, kollidieren Kommunikation und Vernetzung mit diesen externen Partnern keineswegs mit dem „eigentlichen“ Beratungs- oder Betreuungsauftrag. Die im Notdienst Berlin e. V. entwickelten Standards und die im Umgang mit ihnen gewonnenen Erfahrungen werden präsentiert und zur Diskussion gestellt. Uta Lode Notdienst Berlin e.V. Kaiser-Friedrich-Str. 82, D-10585 Berlin Email: [email protected] Dr. Bernd Westermann Notdienst Berlin e.V. Kochstr. 15, D-10969 Berlin Email: [email protected] - 16 - 19. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Suchtmedizin 5. - 7. November 2010 Suchtmedizin im Strafvollzug in Bewegung – das Beispiel Nordrhein-Westfalen S. Mauruschat Im Arbeitskreis werden kurz die Grundlagen für eine Substitution in Haft in schriftlicher Form ausgelegt und diskutiert: die Dubliner Deklaration, der Klageerfolg englischer Strafgefangener zum Erhalt von Substitution und „Die Ärztlichen Behandlungsempfehlungen zur medikamentösen Therapie der Opiatabhängigkeit im Justizvollzug“. Diese Punkte treffen auf ca. 1/3 aller Inhaftierten zu. Es erfolgen ein Bericht und eine Diskussion über den Stand der Substitution in NRW JVA´s. Sabine Mauruschat Praxis für Allgemeinmedizin Liegnitzer Str. 9, D- 42277 Wuppertal E-Mail: [email protected] Diamorphingestützte Behandlung Opiatabhängiger – der lange Weg durch die InstitutionenK. Bonorden-Kleij, C. Dilg Nach jahrelangem politischem Vorgeplänkel startete im Jahr 2002 bundesweit das Modellprojekt zur heroingestützten Behandlung Opiatabhängiger - eine multizentrische randomisierte, kontrollierte Arzneimittel - und Therapiestudie. Die wissenschaftliche Auswertung wurde im März 2006 in Köln beim „Internationalen Symposium zur Heroingestützten Behandlung“ als innovatives Element der Behandlung von Drogenabhängigen vorgestellt. Die Ergebnisse zeigten, dass die heroingestützte Behandlung bei Schwerstabhängigen schnellere und bessere Behandlungsergebnisse erzielen kann als die herkömmliche Substitutionsbehandlung. Es dauerte weitere dreieinhalb Jahre, um im Juni 2009 endlich den gesetzlichen Rahmen für die diamorphingestützte Behandlung zuschaffen. Die spätestens ab Oktober 2010 durch die GKV finanzierte Behandlungsmethode ist weit davon entfernt, die Zielgruppe dieser Behandlungsmethode auch zu erreichen. Den jetzigen Sachstand, die Zugangsbedingungen -zusätzlich erschwert durch die Richtlinien der Methoden vertragsärztlicher Versorgung- die eventuellen Notwendigkeiten und Möglichkeiten, diese in den nächsten Jahren zu verändern, möchten wir in diesem Arbeitskreis diskutieren. Dr. Karin Bonorden-Kleij Asklepios Klinik Nord Hamburg, Fachabteilung für Abhängigkeitserkrankungen/Ambulanz Altona Holstenstrasse 115, D-22765 Hamburg E-Mail: [email protected] Dr. Christopf Dilg Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Universitätsklinik Bonn Heroinambulanz, Annagraben 70, D-53111 Bonn E-Mail: [email protected] - 17 - 19. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Suchtmedizin 5. - 7. November 2010 Ohrakupunktur für Fortgeschrittene 2010 E. Weber-Böse In diesem Kurs wird verstärkt auf die Organzuordnung im Ohr eingegangen, die Technik für das Auffinden von schmerzhaften Punkten (Locus dolendi) vermittelt und die Punkte für Frustration, Begierde, Aggression, Antidepression beschrieben, des weiteren einige Punktkombinationen wie z. B. Behandlung von psychovegetativen Befindlichkeitsstörungen, Schulter-Arm-Syndrom, Epikondylitis. In diesem Jahr werde ich zum Kongressthema: „Der gedopte Alltag – Sucht und Leistung“ noch Themenbereiche wie Entspannung, Schlafstörungen aber auch Energiegewinnung durch Mobilisierung der Selbstheilungskräfte mittels Akupunktur und Akupressur vorstellen. Dauer 1,5 Std. Jeder Teilnehmer erhält zum Schluss den Vortrag auf CD-Rom. Elvira Weber-Böse Heilpraktikerin Asklepios Klinik Nord, Abteilung für Abhängigkeitserkrankungen Langenhorner Chaussee 560, D-22419 Hamburg E-Mail: [email protected] Harm Reduction und Substitutionsbehandlung international P. Kramarz, G. Meyer-Philippi, H.-G. Meyer-Thompson, I. I. Michels, D. Schaeffer (Vorsitz) HIV-Epidemie, Harm Reduction und Substitutionsbehandlung international - ein Update. Referent: Hans-Günter Meyer-Thompson, DGS "Drogen- und HIV-Situation in Zentralasien. Das Central Asia Drug Action Programme (CADAP) der EU - Ziele und Umsetzungsschritte zur Reduzierung drogenbedingter Schäden", Ingo Michels, Projektleiter des EU CADAP Projektes, durchgeführt von der GTZ in Kooperation mit europäischen Kooperationspartnern aus Tschechien, Deutschland und Polen. Deutschlands Beitrag zur internationalen HIV-Prävention und Harm Reduction, Patricia Kramarz, GTZ – Gesellschaft für technische Zusammenarbeit (BM für Wirtschaftliche Zusammenarbeit) Public Private Partnership Projekt zur Methadonsubstitution in ausgewählten asiatischen Ländern, Gerd Meyer-Philippi, PPP-Project Methadone in Selected Asian Countries (CompWare Medical/Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit GmbH (GTZ) Film aus Indien (30 Minuten), Titel: The Needle Praticia Kramatz Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit GTZ Reichpietschufer 20, D-10785 Berlin E-Mail: [email protected] Hans-Günther Meyer-Thompson Asklepios Klinik Nord, Abteilung für Abhängigkeitserkrankungen Langenhorner Chaussee 560, D- 22419 Hamburg E-Mail: [email protected] Gerd Meyer-Philippi CompWare Medical gmbH Robert-Bunsen-Str. 4, D-64579 Gernsheim / Rhein Dr. Ingo Ilja Michels Gesellschaft für technische Zusammenarbeit GTZ Reichpietschufer 20, D-10785 Berlin E-Mail: [email protected] E-Mail: [email protected] - 18 - 19. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Suchtmedizin 5. - 7. November 2010 Posterbeiträge - 19 - 19. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Suchtmedizin 5. - 7. November 2010 Szenenahe HIV-Schnelltests für Drogenkonsumenten in niedrigschwelligen Einrichtungen – TEST IT D. Schäffer Hintergrund: Trotz einer Stabilisierung von neudiagnostizierten HIV-Infektionen bei intravenös Drogen gebrauchenden auf relativ niedrigem Niveau ist diese Gruppe besonders von HIV bedroht. Die meisten Drogenkonsumenten der offenen Drogenszene verfügen nur über einen sehr eingeschränkten Zugang zum medizinischen Hilfesystem. Untersuchungen bei Substituierten und aktuell Konsumierenden zeigen, dass die Kenntnis des eigenen Infektionsstatus unzureichend ist und entsprechende HIV-Tests nicht durchgängig angeboten oder aufgrund des hochschwelligen Zugangs nicht im erforderlichen Maße wahrgenommen werden. Projekt: Mit dem bundesweit modellhaften Projekt „test it“ soll Drogenkonsumenten ein szenenaher und niedrigschwelliger Zugang zu einem HIV-Testangebot verschafft werden. Dieses Testangebot ist in eine HIV-Beratung einschließlich eines Risikochecks eingebunden. Für den eigentlichen Test wird ein so genannter „Schnelltest“ verwendet, bei dem bereits nach ca. 20 Minuten ein Ergebnis vorliegt. Ziele: Mit diesem Projekt soll das Bewusstsein aktuell Drogen konsumierender Menschen in Bezug auf HIV erhöht und die Entwicklung persönlicher Schutzstrategien vor HIV unterstützt werden. Gleichzeitig soll überprüft werden, ob durch die Einbindung des Angebotes in eine ambulante Drogenhilfeeinrichtung einerseits und die Nutzung des so genannten Schnelltests andererseits die Hürden zur Inanspruchnahme eines HIV-Tests gesenkt werden können. Ergebnisse: Das Angebot wird 2 x wöchentlich für je 5 Stunden vorgehalten und wurde in den ersten 3 Monaten von 115 IVDU wahrgenommen Der Schnelltest kann Drogengebrauchern tatsächlich einen niedrigschwelligen Zugang ermöglichen. Entscheidend dafür sind folgende Aspekte: • Der kurze Zeitraum zwischen Test und Ergebnis • Es ist kein Venenblut erforderlich • Die vorherige Risikoberatung sowie die weitere Begleitung des Klienten bei einem möglichen reaktiven Ergebnis erfolgen durch Vertrauenspersonen: Das Projekt zeigt, dass Drogengebraucher über ein recht hohes Maß an Gesundheitsbewusstsein verfügen. • Sie wünschen sich einen regelmäßigen HIV-Test. • Sie verhalten sich im Hinblick auf safer-sex und safer-use durchaus risikobewusst. Riskantes Verhalten entsteht zumeist nur in „Krisen-/Not-/Ausnahmesituationen“. Dirk Schäffer Deutsche Aids Hilfe e.V. Wilhelmstraße 118, D- 10963 Berlin E-Mail: [email protected] - 20 - 19. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Suchtmedizin 5. - 7. November 2010 Die PERMIT-Studie (Psychoeducation reaches HCV-infected Methadone/Buprenorphine substituted Patients in Standard Antiviral Treatment) C. Schmidt1, B. Schulte1, D. Gansefort1, U. Verthein1, M. Backmund2, J. Reimer1 1 Zentrum für Interdisziplinäre Suchtforschung, Hamburg 2 Praxiszentrum im Tal, München Hintergrund: Die Hepatitis C stellt die häufigste Infektionskrankheit bei intravenös Drogenabhängigen dar. Obwohl eine Erkrankung mit dem Hepatitis-C-Virus (HCV) prinzipiell behandelbar ist, wird das Vorhandensein einer Opiatabhängigkeit häufig als Kontraindikation für eine antivirale Therapie betrachtet, selbst wenn sich die Patienten in stabiler Substitutionsbehandlung befinden. Einer der Gründe hierfür ist eine erhöhte Rate an Therapieabbrüchen, oftmals im Zusammenhang mit psychiatrischen Komorbiditäten. Insbesondere bei Patienten mit dem HCV-Genotyp 1 oder 4 stellt dies ein Problem dar, da aufgrund des schlechteren virologischen Ansprechens eine längere Behandlung von insgesamt 48 Wochen Dauer erforderlich ist. Als mögliche Maßnahme, um den Verbleib (Retention) in der antiviralen Therapie zu verlängern, wurde im Rahmen der PERMIT-Studie erstmals der Effekt von Psychoedukation in der HCV-Behandlung substituierter Opiatabhängiger untersucht. Die speziell auf diese Patientengruppe zugeschnittene Intervention hat zum Ziel, durch die Erhöhung krankheitsbezogenen Wissens einen selbstverantwortlichen Umgang mit der HCV- sowie der Suchterkrankung zu fördern, und damit zu einer Erhöhung der Retentionsraten beizutragen. Methode: In die multizentrische, kontrollierte Therapiestudie wurden 189 HCV-infizierte, opiatabhängige Frauen und Männer in Substitutionsbehandlung eingeschlossen, die im Rahmen der Studie eine standardisierte antivirale Therapie mit pegyliertem Interferon-α und Ribavirin erhielten. Es erfolgte eine Aufteilung in zwei Behandlungsgruppen: Die Interventionsgruppe (n = 82) erhielt begleitend zur HCV-Therapie eine psychoedukative Betreuung (PE) in Form standardisierter wöchentlicher Gruppensitzungen, wohingegen die Kontrollgruppe (n = 107) nur die antivirale Standardbehandlung durchlief. Eine zweite Aufteilung ergab sich anhand des HCV-Genotyps: Bei Patienten mit dem prognostisch ungünstigeren Genotyp 1 oder 4 (GT 1/4) betrug die Behandlungsdauer 48 Wochen, gegenüber 24 Wochen bei Patienten mit Genotyp 2 oder 3 (GT 2/3). Hieraus ergab sich ein 2 x 2 Auswertungsdesign mit den folgenden Zielkriterien: Verbleib in der antiviralen Therapie (Retention), gemessen anhand der Abbruchquote während der Therapiephase, sowie die dauerhafte Unterdrückung der Viruslast (sustained viral response, SVR), erhoben anhand der Serumkonzentration der HCV-RNA 24 Wochen nach Behandlungsende. Um den Effekt tatsächlich besuchter PE-Sitzungen näher zu untersuchen, wurde im Rahmen einer Sekundäranalyse ein weiterer Gruppenvergleich durchgeführt, wobei Patienten mit einer Mindestanzahl von 5 tatsächlich besuchten PE-Sitzungen (n = 70) mit der übrigen Stichprobe (n = 119) hinsichtlich Abbruchquote und SVR-Raten verglichen wurden. Ergebnisse: Erwartungsgemäß wurde bei Patienten mit GT 1/4 eine höhere Rate an Therapieabbrüchen beobachtet. Zudem zeigten sich geringere SVR-Raten gegenüber Patienten mit GT 2/3. (Abbrüche während der Behandlungsphase: 36,2% (n=34) bei GT 1/4 vs. 10,5% (n = 10) bei GT 2/3, p < ,001, OR = 4,82; SVR-Raten: 56,4% (n= 53) bei GT 1/4 vs. 81,1% (n = 77) bei GT 2/3; p < ,001, OR = 0,30). Die geringere Abbruchquote sowie die höhere SVR-Rate bei Patienten mit GT 2/3 war unabhängig von der Teilnahme an der Psychoedukation (PE). Bei Patienten mit GT 1/4 (n = 94) traten in der PE-Gruppe signifikant weniger Behandlungsabbrüche auf (23,7% (n = 9) in der PE-Gruppe (n = 38) vs. 44,6% (n=25) in der Kontrollgruppe (n = 56), p = ,038, OR = 0,39). Unter den Patienten mit GT 1/4, die das Kriterium einer Mindestanzahl von 5 tatsächlich besuchten Sitzungen erfüllten (n = 34), zeigte sich eine SVR-Rate von 70,6% (n =24), wohin- 21 - 19. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Suchtmedizin 5. - 7. November 2010 gegen von den übrigen GT 1/4-Patienten (n= 60) nur 48,3% (n=29) eine dauerhafte Unterdrückung der Viruslast zeigten. Dieser Unterschied ist mit p = ,037 signifikant, OR = 2,57. Schlussfolgerung: Bei opiatabhängigen, substituierten Patienten mit dem prognostisch ungünstigeren HCV-Genotyp 1 oder 4 stellt das Angebot einer begleitenden Psychoedukation ein geeignetes Mittel dar, um den Verbleib in der antiviralen Therapie zu verlängern. Darüber hinaus deutet die auf 70,6% erhöhte SVR-Rate bei GT 1/4-Patienten mit mindestens 5 PE-Sitzungen darauf hin, dass die Kombination aus längerer Therapiedauer und Verbesserung des therapeutischen Settings eine erhöhte Rate virologischen Ansprechens bei dieser Patientengruppe bewirken kann. Christiane Schmidt Zentrum für Interdisziplinäre Suchtforschung (ZIS) der Universität Hamburg Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf Martinistr. 52, D-20246 Hamburg E-Mail: [email protected] - 22 - 19. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Suchtmedizin 5. - 7. November 2010 Erste Ergebnisse einer Prävalenzstudie zu Hepatitis-Virusinfektionen unter alkoholabhängigen Patienten im stationären Entzug D. Gansefort, W. Thomas, A. Onaissi, J. Reimer Hintergrund: Etwa 1,6 Millionen Menschen gelten in Deutschland als alkoholabhängig. Zwischen 10% und 35% der Alkoholabhängigen entwickelt eine Alkoholhepatitis, bei ca. 40% dieser Patienten erfolgt eine Progression zur Leberzirrhose. Infektionen mit dem Hepatitis B Virus (HBV) und dem Hepatitis C Virus (HCV) sind in unterschiedlichem Ausmaß ebenfalls assoziiert mit dem Fortschreiten einer Hepatitis zur Leberzirrhose oder zum Leberversagen. Bei der chronischen HBV-Infektion liegt die jährliche Inzidenz für eine Zirrhose bei 2% - 6% für HBeAg-positive und 8% - 10% für HBeAg-negative Patienten. Zwischen 4% und 24% der Patienten mit chronischer HCV-Infektion entwickelt innerhalb von zwei Dekaden eine Leberzirrhose. Bei Alkoholabhängigen ist die Frequenz an serologischen Markern für das HB- und HC-Virus im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung erhöht. Serologische Marker für HBV liegen in alkoholkranken Populationen für das HBs-Ag zwischen 2% und 42%, für das anti-HBc zwischen 24% und 50%. Bei Stichproben unselektierter Alkoholkranker liegt die Seroprävalenz für HCV (anti-HCV) zwischen 4% und 36%, wobei 64% - 95% der anti-HCV Positiven in diesen Stichproben auch eine positive HCV-RNA aufwiesen. Bezüglich des HA-Virus ist die Datenlage dünn und uneinheitlich mit Resultaten von erhöhten und nicht erhöhten HAV-Prävalenzen bei Alkoholabhängigen. Während international die Prävalenz von HBV- und HCV-Infektionen bei Alkoholabhängigen untersucht wurde, liegen national keine ausreichenden Daten vor. Fragestellung: Diese Studie untersucht die Prävalenz der Infektionen mit HAV, HBV und HCV bei Patienten mit der Diagnose einer Alkoholabhängigkeit (ICD-10 F10.2) im stationären Alkoholentzug in Hamburg. Methoden: Die Studie ist als prospektive Kohortenstudie angelegt. Alle auf der Station PS 5 der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf zum stationären Alkoholentzug aufgenommen Patienten werden um Teilnahme an der Studie gebeten. Zu Beginn des Aufenthalts wird von jedem Patient eine Blutprobe entnommen und auf serologische Marker für HAV (HAV-IgG, HAV-IgM), HBV (Hbs-Ag, anti-HBs anti-HBc) und HCV (anti-HCV) untersucht. Bei positiven Ergebnissen eines oder mehrerer serologischer Marker werden weitere Verfahren zur Bestätigung der Diagnose benutzt. Ergebnisse: Es wurden in 6 Monaten insgesamt n=210 Patienten in die Studie eingeschlossen. Die Patienten sind zu Studienbeginn durchschnittlich 46,3 Jahre alt, 33,8% der Patienten sind weiblich. Das HAV-IgG ist bei 32,4% der Patienten positiv, das HAV-IgM bei keinem Patienten positiv. Das heißt, dass 32,4% der Patienten eine Immunität bezüglich einer HAV-Neuinfektion aufweisen, ausgelöst durch eine Immunisierung oder eine durchstandene HAV-Infektion. Bei 80% der Patienten gibt es keine Hinweise auf eine akute oder abgelaufene HBV-Infektion bzw. Immunisierung (HBs-Ag, anti-HBs und anti-HBc negativ). Bei 7,1% der Patienten ist das HBs-Ag negativ, das anti-HBs und anti-HBc jedoch positiv - diese haben eine HBV-Infektion durchgemacht, die Anti-HBs-AK sind zu 46,7% schwach positiv (durchschnittlich 31,14 IU/ml), zu 20% mittel positiv (durchschnittlich 259,33 IU/ml) und zu 33,3% stark positiv (>1.000 IU/ml). Bei weiteren 9,5% der Patienten ist das HBs-Ag und das anti-HBs negativ, das anti-HBc jedoch positiv - dieser Befund deutet ebenfalls auf durchstandene HBV-Infektion hin, die Anti-HBs-AK sind bei diesen Patienten zu 55,0% schwach positiv (durchschnittlich 46 IU/ml), zu - 23 - 19. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Suchtmedizin 5. - 7. November 2010 30,0% mittel positiv (durchschnittlich 350,5 IU/ml) und zu 15,0% stark positiv (>1.000 IU/ml). Bei 3,3% der Patienten zeigt sich ein negativer HBs-Ag - und anti-HBc-Befund, jedoch war das anti-HBs positiv, diese Patienten wurden gegen das HB-Virus immunisiert. Bei insgesamt 7,1% (n=15) der Patienten zeigte sich in der Serologie ein positiver anti-HCV-Test. 9 Patienten war ihr HCV-Status bekannt, von diesen wurden 3 Patienten erfolgreich antiviral behandelt, für 5 Patienten bestand bisher keine Therapieindikation, 1 Patient befindet sich derzeit in einer antiviralen Therapie. Bei 2,9% (n=6) der Patienten wurde der positive anti-HCV-Test beim stationären Aufenthalt entdeckt, davon wurden 4 Patienten in eine antivirale Therapie übergeleitet, bei 2 Patienten bestand vorerst keine Therapieindikation, da sie eine Viruslast unter der Nachweisgrenze der PCR zeigten. Alle Patienten wurden über die Diagnose und sekundärpräventive Maßnahmen aufgeklärt. Diskussion: Bei keinem Patient zeigte sich eine akute oder chronische HAV- oder HBV-Infektion. Allerdings konnten bei 2,9% der Patienten eine akute bzw. chronische HCV-Infektion festegestellt werden. Damit konnten die in der wissenschaftlichen Literatur gefundenen Prävalenzraten für Hamburg vorerst nicht bestätigt werden, da die Studie noch andauert, müssen aber die Endergebnisse für eine finale Bewertung abgewartet werden. Dirk Gansefort Zentrum für Interdisziplinäre Suchtforschung (ZIS) der Universität Hamburg Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf Martinistr. 52, D-20246 Hamburg E-Mail: [email protected] - 24 - 19. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Suchtmedizin 5. - 7. November 2010 PRISMA: Peginterferon alfa-2a (Pegasys®) und RIbavirin (Copegus®) bei Substitutonspatienten iM Alltag – Endauswertung einer deutschlandweiten nicht-interventionellen Studie S. Mauss 1, S. Walcher2, U. Alshuth U3, A. Breske3 1 Zentrum für Gastroenterologie and Hepatologie, Duesseldorf 2 Schwerpunktpraxis Sucht CONCEPT, München 3 Roche Pharma AG, Deutschland Hintergrund: Die Therapieindikation der chronischen HCV bei Suchtpatienten war in der Vergangenheit aufgrund der vermuteten Komplikationen nur sehr zurückhaltend gestellt worden. Ermutigende Ergebnisse der erfolgreichen HCV-Therapie bei Suchtpatienten mit pegyliertem Interferon und Ribavirin im Rahmen der Substitutionsbehandlung führten zu einer entsprechenden Therapieempfehlung innerhalb der aktuellen Leitlinien der DGVS. Ob sich diese Ergebnisse unter den Alltagsbedingungen in Suchtmedizinischen Schwerpunktpraxen wiederholen lassen, sollte in der Endanalyse der vorliegenden nicht-interventionellen Studie untersucht werden Methoden: Endauswertung der nicht-interventionellen prospektiven multizentrischen deutschlandweiten Studie. Zwischen Oktober 2005 und April 2009 wurden von 61 opioid-substituierenden Ärzten 506 stabil opioid-substituierte und mit HCV infizierte Patienten eingeschlossen. Daten zur Demographie, HCV-Therapie und Verträglichkeit, Komorbidität, Beikonsum sowie zur Compliance wurden dokumentiert. Die vorliegende Endauswertung basiert auf Daten von 363 Patienten, für die eine komplette dokumentierte HCV Therapie vorlag. Finale Ergebnisse: Von 506 eingeschlossenen Patienten gehen 363 Patienten, für die Daten über die gesamte Beobachtungsdauer vorliegen, in diese Endanalyse ein. Die Patienten waren durchschnittlich 35,1 Jahre alt, 76,3% waren Männer, der durchschnittliche BMI lag bei 24,0 kg/m³. Die mittlere Dauer des i.v. Gebrauchs betrug 10,8 Jahre und die mittlere Infektionsdauer lag bei 8,5 Jahre. Folgende Substitutionstherapie zeigte sich zu Beginn der HCV-Therapie: 58,4% Methadon, 20,1% L-Polamidon, 16,3% Buprenorphin, 1,9% Sonstige und 4,7% keine Angabe. Das Substitutionsmuster änderte sich im Verlauf der HCV-Therapie nur wenig. Die Verteilung der HCV-Genotypen (GT) war: GT1 42,4%, GT2 5,8%, GT3 48,8%, GT4 3,0%. 59,2% der Patienten hatten eine hohe Viruslast (>400.000 IU/ml). Als häufigster Beikonsum parallel zur HCV Therapie wurden Cannabis (33,85%), Opiate (10,42%), Benzodiazepine (7,29%) und die Kombination von Kokain/Opiaten/Benzodiazepin (7,81%) angegeben. Die Therapie mit PEG/RBV konnte bei 75,2% dieser Patienten planmäßig beendet werden. Daten zum virologischen Ansprechen zu Woche 12 (Early Virological Response, EVR) lagen bei 281 Patienten vor (77,4%). Die EVR (≥2 log10 drop der HCV RNA zu W12 oder HCV RNA unter Nachweisgrenze) betrug 85,8% bei den Patienten mit Genotyp 1/4 und 90,9% bei Patienten mit Genotyp 2/3. Am Ende der Behandlung betrug die Responserate (EOT = HCV-RNA nicht nachweisbar) 61,8% bei den Genotyp 1/4-Patienten und 73,2% bei den Genotyp 2/3-Patienten. Die Sustained Virological Response (SVR) 24 Wochen nach Behandlungsende betrug 46,7% bei den Genotyp 1/4-Patienten und 58,1% bei den Genotyp 2/3-Patienten. Bei 24,8% der Patienten (N=90/363) kam es zu einem Abbruch der Therapie, in den meisten Fällen aufgrund Patientenwunsch (N=34), Lost-to-follow-up (N=30) oder mangelnder Compliance (N=16). Bei den Genotyp 1/4-Patienten wurde die Verträglichkeit nach ca. 48 Wochen bei 40.4% der Patienten als „sehr gut“ und bei 44.2% als „gut“ beurteilt. - 25 - 19. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Suchtmedizin 5. - 7. November 2010 Bei den Genotyp 2/3-Patienten wurde die Verträglichkeit nach ca. 24 Wochen bei 48.4% als „sehr gut“ und bei 45.3% als „gut“ beurteilt. Insgesamt wurden 381 unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW) bei 87 der insgesamt 363 Patienten dokumentiert, darunter 7 schwerwiegende UAW bei insgesamt 6 der 363 Patienten. Die häufigsten Einzelnennungen waren Kopfschmerz (29,9% der Patienten mit UAW), Asthenie (35,6%) und Gewichtsverlust (jeweils 35,6%). Bei allen Patienten des Auswertungkollektivs war im Rahmen der Eingangsuntersuchung eine psychosoziale Betreuung angegeben. Die Betreuung erfolgte in der Mehrzahl durch einen Sozialpädagogen (51.8%), lag in den meisten Fällen bei 1-2 h pro Monat (55.6%) und erfolgte mehrheitlich extern in DROBS-Zentren (57.0%). Bei den Genotyp 1/4-Patienten wurde die Compliance nach ca. 48 Wochen bei 52.9% der Patienten als „sehr gut“ eingeschätzt. Bei den Genotyp 2/3-Patienten wurde die Compliance nach ca. 24 Wochen bei 60.2% als „sehr gut“ eingeschätzt. Schlussfolgerung: Die 363 Patienten dieser Studie repräsentieren die Gruppe der opiatabhängigen Patienten mit einer chronischen Hepatitis C, die im Rahmen einer Opioidsubstitution für eine HCV-Therapie in Frage kommen. Erwartungsgemäß zeigte die Verteilung der Genotypen einen vergleichsweise höheren Anteil von Patienten mit Genotyp 3 (48,8%). Die Responseraten liegen etwas niedriger als für die Gesamtgruppe der cHC-Patienten, wie sie in klinischen Studien zu erwarten beschrieben wurden. Das trifft insbesondere für die Genotyp 2/3-Patienten zu. Befürchtungen einer geringen Compliance bei Substitutionspatienten im Vergleich zur Gesamtgruppe der HCV-Patienten wurden nicht bestätigt. Mit einem Anteil von 92.3% der Genotyp 1/4-Patienten mit sehr guter bis guter Bewertung der Compliance gegenüber 95.7% in der Gesamtgruppe und einem entsprechenden Anteil von 95.7% vs. 96.8% bei den Genotyp 2/3-Patienten sind die Unterschiede nur gering. Insgesamt zeigen die Daten, dass Patienten mit einer Opioidsubstitution gut behandelbar waren und mit gutem Erfolg behandelt werden konnten. Die Daten belegen daher, dass eine Methadonsubstitution keine Kontraindikation für die Therapie der chronischen Hepatitis C darstellt (Sulkowski 2005). Die Daten der vorliegenden Anwendungsbeobachtung geben somit keinen Anlass, die gegenwärtige Einschätzung zum Nutzen-Risiko-Profil von Pegasys® in der Behandlung der chronischen Hepatitis C zu ändern. S. Mauss Zentrum für Gastroenterologie and Hepatologie, Düsseldorf Dr. Antje Breske Roche Pharma AG, Medical Affairs Medical Management Virologie Emil-Barell-Str. 1, D-79639 Grenzach-Wyhlen E-Mail: [email protected] - 26 - 19. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Suchtmedizin 5. - 7. November 2010 Psychometrische Eigenschaften der Posttraumatic Diagnostic Scale (PDS) bei alkoholabhängigen Patienten L. Winters, S. Fricke, J. Schulze-Thüsing, C. Schulze, M. Stubenvoll, J. Reimer, I. Schäfer Einleitung: Bei Patienten, die sich aufgrund einer Substanzabhängigkeit in Behandlung begeben, findet sich zu 15% bis 40% eine komorbide Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS). Patienten mit dieser Doppeldiagnose zeigen ein schwereres klinisches Profil und profitieren signifikant weniger von klassischen Suchtbehandlungen. Allerdings wird eine komorbide PTBS oft nicht diagnostiziert, unter anderem da Screeningverfahren für diese Störung nur selten auf ihre Anwendbarkeit bei Suchtpatienten untersucht wurden. Ziel der vorliegenden Untersuchung war es deshalb, die psychometrischen Eigenschaften der Posttraumatic Diagnostic Scale (PDS; Foa 1995; Ehlers et al. 1996), die neben den DSM-IV-Kriterien der PTBS auch die Symptomschwere erfasst, bei alkoholabhängigen Patienten zu untersuchen. Methode: Teilnehmer der Studie waren 105 Patienten im qualifizierten Alkoholentzug (70% männlich, 30% weiblich). Das mittlere Alter lag bei M=41 Jahren (SD=9,6). Alle Teilnehmer erfüllten die Kriterien für Alkoholabhängigkeit nach DSM-IV. Nach Abschluss des körperlichen Entzuges wurden Traumatisierungen und das Vorliegen einer PTBS anhand der PDS und im Anschluss daran anhand des Strukturierten klinischen Interviews für DSM-IV (SKID-I) erfasst. Neben Reliabilität und Validität der PDS wurden optimale Cut-Off-Scores der PDS bei Alkoholpatienten ermittelt. Ergebnisse: Durchschnittlich wurden M= 3,1 Erlebnisse in verschiedenen Traumakategorien berichtet. Zwanzig Prozent zeigten eine akute PTBS (nach SKID). Die Interne Konsistenz war für die Gesamtskala exzellent (α=.93) und für die Subskalen mindestens gut. Die Übereinstimmung mit dem SKID lag bei 83% (κ=.46). Die PDS korrelierte signifikant mit dem BDI (r=.30), jedoch nicht mit dem STAI. Als Cut-Off-Scores sind 8 bzw. 21 Rohwertpunkte zu empfehlen. Zusammenfassend weisen die Befunde darauf hin, dass die PDS bei alkoholabhängigen Patienten im Entzug vergleichbare psychometrische Eigenschaften zeigt wie in anderen Populationen und somit zur PTBS-Diagnostik bei Alkoholpatienten empfohlen werden kann. Laura Winters Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf Martinistr. 52, D-20246 Hamburg - 27 - 19. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Suchtmedizin 5. - 7. November 2010 Stationäre Behandlung bei Comorbidität von emotional-instabiler Persönlichkeitsstörung vom Borderline-Typ und Medikamentenmissbrauch E. Stanek, I. Englert Zunehmend suchen Patientinnen mit Persönlichkeitsstörung vom Borderline-Typ und Medikamentenmissbrauchsproblematik nach stationären Behandlungsmöglichkeiten. Oft erwähnen die Patientinnen in den Vorgesprächen zu einer stationären Behandlung die Problematik nicht, unter Umständen aus der Erfahrung heraus, dass sonst der Antritt einer stationären Psychotherapie nicht möglich ist, oder auch, weil das Problembewusstsein bei Missbrauch freiverkäuflicher Medikamente nicht vorhanden ist. Wenn überhaupt, werden dieser Klientel meist Möglichkeiten zum akuten Entzug, nur selten aber zur nahtlosen Weiterbehandlung der zugrundeliegenden Störung angeboten. Für längerfristige Behandlungen ist meist längere Abstinenz ein Aufnahmekriterium, was viele Patientinnen mit schweren Stimmungsschwankungen aber ambulant kaum erreichen können. Vorgestellt werden die Ergebnisse stationärer Behandlungsansätze, wenn schon während des Entzuges mit Therapie (DBT) begonnen wird. Dr. Elke Stanek Psychiatrieverbund Oldenburger Land gGmbH Karl-Jaspers-Klinik, Klinik für Suchtmedizin und Psychotherapie Hermann-Ehlers-Straße 7, D-26160 Bad Zwischenahn E-Mail: [email protected] Stresstoleranztechniken bei stationärer Behandlung von Alkoholmissbrauch und Impulskontrollproblematik I. Englert, F. Landgraf, E. Stanek Zunehmend werden jungerwachsene Patienten mit Alkoholmissbrauch und erheblichen Impulskontrollproblemen meist in Form von aggressiven Durchbrüchen zur stationären Behandlung eingewiesen. Bei dieser Klientel findet sich eine sehr hohe Rate an begleitenden Persönlichkeitsstörungen mit niedriger Stresstoleranz. Vorgestellt werden die Ergebnisse in Hinblick auf die Reduktion von Stressempfinden bei einem stationären Programm mit Elementen von Stresstoleranztraining und spezifischer Gruppentherapie dargestellt, das sowohl Elemente einer Behandlung der Substanzproblematik, als auch der Impulskontrollproblematik umfasst. Dr. Isabel Englert Psychiatrieverbund Oldenburger Land gGmbH Karl-Jaspers-Klinik, Klinik für Suchtmedizin und Psychotherapie Hermann-Ehlers-Straße 7, D-26160 Bad Zwischenahn E-Mail: [email protected] - 28 - 19. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Suchtmedizin 5. - 7. November 2010 Behandlung opioidabhängiger Patienten mit Buprenorphin-Naloxon Zwischenergebnisse der Anwendungsbeobachtung: Einfluss des Beigebrauchs psychotroper Substanzen auf den Therapieerfolg S. M. Apelt Der Beigebrauch psychotroper Substanzen während der Substitutionstherapie ist für den opioidabhängigen Patienten ein ernst zunehmendes gesundheitliches Risiko. Darüber hinaus gefährdet der Gebrauch illegaler Substanzen eine erfolgreiche Therapie der Opioidabhängigkeit sowie der damit verbundenen körperlichen und psychischen Komorbiditäten. Der behandelnde Arzt muss bei einem risikoreichen Beigebrauch abwägen, ob die Substitutionsbehandlung abgebrochen werden muss, um zunächst die komorbide substanzbedingte Störung zu behandeln. Zu beachten ist jedoch, dass der opioidabhängige Patient mit dem Beigebrauch eine möglicherweise zu niedrige Dosierung des Substitutionsmittels auszugleichen oder andere komorbide Störungen über Selbstmedikation zu behandeln versucht. Seit März 2008 haben N = 69 Zentren insgesamt N = 384 opioidabhängige Patienten in die Anwendungsbeobachtung eingeschlossen, die mit Buprenorphin oder einem anderen Substitutionsmittel, z. B. D/L-Methadon oder Levo-Methadon, vorbehandelt waren. Über einen Beobachtungszeitraum von 12 Monaten wird in 12 Beobachtungsterminen ein umfangreicher, speziell für die Anwendungsbeobachtung entwickelter Arztfragebogen eingesetzt. Weiterhin erhält der Patient in regelmäßigen Abständen mehrere objektive und subjektive Selbstbeurteilungsbögen. Für diese letzte Zwischenauswertung vor Ende der Datenerhebung im Dezember 2010 wurde eine Subgruppe von n = 288 Patienten mit bereits abgeschlossenen Datensätzen analysiert. Diese Subgruppe wurde in zwei Gruppen nach Patienten mit negativem und Patienten mit positivem Urinscreening in der Abschlussdokumentation unterteilt. Diese beiden Gruppen wurden hinsichtlich des Therapieverlaufs bezüglich sozialer Parameter (Wohnstatus, Berufsstatus), substitutionstherapeutischer Parameter (SUBOXONE® Tagesdosis, Verordnungsart, Urinscreening, frische Einstichstellen, Visuelle Analog Skalen Suchtdruck, CGI), Begleiterkrankungen (virologischer Status, psychische Erkrankungen) sowie Haltequote analysiert und verglichen. In der Abschlussdokumentation wurden n = 195 Patienten ohne Beigebrauch und n = 93 Patienten mit Beigebrauch dokumentiert. 47,7% der Patienten ohne Beigebrauch und 61,3% der Patienten mit Beigebrauch brachen im Beobachtungszeitraum ihre Substitutionstherapie mit Buprenorphin-Naloxon ab. 5,1% der Patienten ohne Beigebrauch und 61,3% der Patienten mit Beigebrauch zur Abschlussdokumentation hatten im Behandlungsverlauf positive Urinscreenings. Die Verbesserung des allgemeinen Gesundheitszustandes (CGI) ist in der beigebrauchsfreien Gruppe stärker ausgeprägt, als in der Gruppe mit Beigebrauch zur Abschlussdokumentation. Der Suchtdruck verringerte sich bei den Patienten ohne Beigebrauch zur Abschlussdokumentation stärker als bei den Patienten mit Beigebrauch bei fast allen psychotropen Substanzen. Hinsichtlich der Verbesserung des Berufs- und Wohnstatus unterscheiden sich die Gruppen nicht. Die Haltequote liegt bei 59,3% für die Patientengruppe ohne Beigebrauch bzw. 43,5% für die Patientengruppe mit Beigebrauch zur Abschlussdokumentation. Diese ersten Ergebnisse der Therapie opioidabhäniger Patienten mit Buprenorphin-Naloxon in der Routinebehandlung zeigen, dass ein fortgeführter zusätzlicher Gebrauch psychotroper Substanzen einen negativen Einfluss auf den Verlauf und Erfolg der Substitutionstherapie hat. Zu Bedenken ist jedoch, dass die durchschnittliche Tagesdosis Buprenorphin-Naloxon im Vergleich zu international eingesetzten Dosierungen (16-32 mg/Tag) eher niedrig ist und die Vermutung nahe liegt, dass die Patienten möglicherweise mithilfe der zusätzlich konsumierten psychotropen Substanzen versuchen, Entzugssymptome selbst zu behandeln bzw. zu vermeiden. Die Haltequote ist insgesamt etwas niedriger als in anderen epidemiologischen Stu- 29 - 19. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Suchtmedizin 5. - 7. November 2010 dien in Deutschland und könnte ebenfalls ein Hinweis auf eine zu niedrige Dosierung des Substitutionsmittels sein. Deshalb sollte das Thema Beigebrauch vor allem im Zusammenhang mit der Überprüfung der individuell notwendigen Dosierungen von den behandelnden Ärzten stärker in die Therapie des opioidabhängigen Patienten einbezogen werden. Sabine M. Apelt Certum Consulting Scientific Research Pfäffinger Str. 8, D-84564 Oberbergkirchen E-Mail: [email protected] - 30 - 19. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Suchtmedizin 5. - 7. November 2010 Vergleich bekannter und Erfassung neuer Prädiktoren für das Outcome im qualifizierten stationären Drogenentzug opioidabhängiger Patientinnen und Patienten in Bezug auf die veränderte und expandierte Drogenhilfe in Deutschland. F. Mayer, K. Meyer, M. Backmund Hintergrund: In den letzten zwei Jahrzehnten hat sich in der Drogenhilfe in Deutschland ein großer Wandel vollzogen. In den 1990er Jahren standen nur wenige stationäre Entzugsplätze zur Verfügung. Eine Substitutionsbehandlung wurde als Kassenleistung nur übernommen, wenn der opioidabhängige Patient zusätzlich an einer Krebserkrankung oder an AIDS litt. Damals beendeten 43,6% die qualifizierte Entzugsbehandlung erfolgreich. Als Prädiktoren für eine erfolgreiche Entzugsbehandlung wurden eine vorausgegangene Substitutionsbehandlung mit Methadon, höheres Alter, bessere Schulausbildung, regelmäßiger Kontakt zur Drogenberatung, offene Bewährung und vorhandene Zukunftspläne gefunden (Backmund et al. 2001). Seit 2003 ist die Substitutionsbehandlung allein aufgrund der Diagnose Opioidabhängigkeit eine Kassenleistung. Unter Suchtmedizinern gilt die Substitutionsbehandlung seit Jahren als Therapie erster Wahl. Dies spiegelt sich auch in den neuen Richtlinien der Bundesärztekammer in diesem Jahr wider. In der vorliegenden Arbeit soll untersucht werden, welche Variablen eine erfolgreiche Entzugsbehandlung günstig beeinflussen und ob sich diese im Vergleich zu den Jahren 1991 – 1996 verändert haben. Methodik: Im Zeitraum von Januar 2005 bis März 2010 sind von 1010 opioidabhängigen Patientinnen und Patienten eine große Anzahl unterschiedlicher Parameter aus dem soziodemographischen und medizinisch-psychischen Bereich erfasst worden. Außerdem wurde das Konsumverhalten, die vorherige Anbindung an eine Substitution und die spezifische Medikation während des Entzuges erfasst. Alle Patienten befanden sich im qualifizierten stationären Drogenentzug in der Station 18a „Villa“ im Schwabinger Krankenhaus, ein Krankenhaus der Maximalversorgung. Verglichen werden die verschiedenen Parameter auf die Zielvariable „Abbruch“ bzw. „regulär beendet“. Zur statistischen Untersuchung werden der Chi-Quadrat Test, die Logistische Regression und die Multivariate Analyse eingesetzt. Ziel und bisherige Ergebnisse: Von Interesse für die Untersuchung ist, ob und wie sich die Veränderungen im Suchthilfesystem und der Versorgung opioidabhängiger Patientinnen und Patienten auf das Outcome (Abbruch oder reguläre Beendigung) im stationären qualifizierten Entzug auswirken. Von den 1010 untersuchten Patienten beendeten 421 (41,7%) die Therapie regulär, 589 brachen ab. Als signifikante Einflussgrößen haben sich bisher die Abhängigkeitsdauer (p-Wert: 0,001), das Alter (p-Wert: 0,001), die Aussicht auf einen Therapieplatz nach dem Entzug (p-Wert: <0,001) und der Kontakt zu einer Drogenberatung (p-Wert: < 0,001) erwiesen. Ob sich der Patient zuvor in Substitution befand, hat keinen signifikanten Einfluss (p-Wert: 0,057). Allerdings wirkt sich innerhalb der Gruppe der Substituierten die Dauer der Substitution positiv (p-Wert: 0,043) auf den Erfolg des Entzuges aus. Backmund M, Meyer K, Eichenlaub D, Schütz CG. Predictors for completing an inpatient detoxification program among intravenous heroin users, methadone substituted and codeine substituted patients. Drug Alcohol Depend 2001a; 64: 173-180. Felix Mayer, Kirsten Meyer PD Dr. Markus Backmund Praxiszentrum im Tal Tal 9, D-80331 München E-Mail: [email protected] - 31 - 19. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Suchtmedizin 5. - 7. November 2010 QT-Zeit-Verlängerung in der Substitutionsbehandlung – Pilotstudie zur Überprüfung möglicher Intervention C. Arnold, C. Laux, G. Kotter, M. Backmund Hintergrund: Opioide können die QT-Zeit verlängern und zu tachykarden Herzrhythmusstörungen führen (Krantz et al. 2002). 24,5% der Patienten in Subsitutionsbehandlung wiesen verlängerte QT-Zeiten auf (Backmund et al. 2005). Da viele opioidabhängige Patienten neben der Abhängigkeitserkrankung an behandlungsbedürftigen psychiatrischen (Maremmani et al. 2007) und somatischen Krankheiten (Backmund 2008) leiden, ist anzunehmen, dass sie weitere, QT-Zeit-verlängernde Medikamente einnehmen müssen. Die Studie möchte untersuchen, ob die Umstellung von stark QT-Zeit-verlängernden Medikamente auf weniger stark verlängernde Medikamente in der Praxis effektiv ist, wie es aktuell bei der Umstellung von D,L-Methadon auf Levomethadon gezeigt werden konnte ( ). Methode: In dieser Pilotstudie untersuchen wir das QT-Intervall aller Substituierten des Praxiszentrums im Tal in München, sowie deren zusätzliche Medikamenten-Einnahme. Start der Studie ist Ende Mai 2010. Unabhängig des jeweiligen Substitutionsmedikaments (Methadon, L-Polamidon, Buprenorphin, Buprenorphin/Naloxon) wird in einem Querschnitt aller Substitutionspatienten ein 12-Kanal-EKG kurz vor Medikamenten-Einnahme gemessen, sowie 30 Minuten danach. Erfasst werden zusätzlich alle regelmäßig eingenommenen Medikamente im Hinblick auf ihre Wirkung auf die QT-Zeit. Beim Nachweis einer QT-Zeit-Verlängerung wird auf ein anderes Substitutionsmittel umgestellt. Sollten auch die zusätzlichen Medikamente QT-verlängernd wirken, werden auch diese umgestellt. Eine Kontrolle der Ergebnisse erfolgt nach 8 Wochen. Ergebnisse: erste Ergebnisse werden vorgestellt. Ansermot N, Albayrak O, Schläpfer J, Crettol S, Croquette-Krokar M, Bourquin M, Déglon JJ, Faouzi M, Scherbaum N, Eap CB. Substitution of (R,S)-methadone by (R)-methadone: Impact on QTc interval. Arch Intern Med. 2010 Mar 22;170(6):529-36. Backmund M, Henkel C, Jordan F, Habsch J, Meyer K, Kääb S. Das QT-Intervall während der Substitutionsbehandlung Heroinabhängiger. Suchtmed 2005; 7: 161-164. Backmund M. Heroinabhängigkeit – Hepatitis C – HIV. Ecomed Verlag, Landsberg/Lech, 2008. Krantz MJ, Lewkowiez L, Hays H, Woodroffe MA, Robertson AD, Mehler PS. Torsade de pointes associated with very-high-dose methadone. Ann Intern Med. 2002 Sep 17;137(6):501-504. Maremmani I, Pacini M, Pani P, Perugi G, Deltito J, Akiskal H. The mental status of 1090 heroin addicts at entry into treatment: should depression be considered a „dual diagnosis“? Arch Gen PSychiatry 2007; 13:31. Christin Arnold, Christina Laux, Gerhard Kotter, Markus Backmund Praxiszentrum im Tal, LMU München PD Dr. Markus Backmund Praxiszentrum im Tal Tal 9, D-80331 München E-Mail: [email protected] - 32 - 19. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Suchtmedizin 5. - 7. November 2010 Kasuistik: Wahn und Bürokratie Der jahrelange Kampf eines betroffenen Kollegen aus Sucht und Krankheit zurück ins Leben G. Kotter, M. Backmund Depressionen, Sucht oder Partnerkonflikte mögen sich viele Ärzte selbst nicht gerne eingestehen. Sie haben Schwierigkeiten, sich anderen Menschen gegenüber zu öffnen, wenn Leistungsdruck, starre Hierarchien, lange Arbeitszeiten und mangelnde Wertschätzung ihrer Arbeit zu psychischen Problemen führen. Ärztinnen und Ärzte sind bei Auftreten von Depressionen im Vergleich zur Bevölkerung einem deutlich erhöhten Suizidrisiko ausgesetzt. Paradoxerweise wirken für Ärztinnen und Ärzte Institutionen hemmend bei der Inanspruchnahme von Therapie. Ein Teufelskreis, der auch zum Gebrauch von Suchtmitteln führen kann. Anlaß: Im Mai 2007 stellte sich der verheiratete, arbeitsunfähige Chirurg in Weiterbildung, Volkswirt und Vater eines 1-jährigen Sohnes mit einem depressiv-antriebsgeminderten und suizidalen Syndroms erstmals in unserer ambulanten Sprechstunde vor. Zuvor war es im Rahmen eines Syndroms süchtigen Verhaltens mit Kokaingebrauch zu einer strafrechtlichen Verfolgung mit Inhaftierung und anschließend einer Krankenhausbehandlung gekommen. Gerhard Kotter, Markus Backmund Praxiszentrum im Tal Tal 9, D-80331 München E-Mail: [email protected] - 33 -