Bostedt et al TU Stu.. - Veterinärmedizinische Fakultät

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Bostedt et al TU Stu.. - Veterinärmedizinische Fakultät
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Für Studium und Praxis
Klinisch relevante Vorgehensweisen zur frühzeitigen
Überprüfung der Konzeption bei der Stute
H. Bostedt1; H. Sieme2; C.-P. Bartmann3; J. Handler4; A. Sobiraj5; A. Wehrend1
1Klinik
für Geburtshilfe, Gynäkologie und Andrologie der Groß- und Kleintiere mit Tierärztlicher Ambulanz, Justus-Liebig-Universität Gießen; 2Reproduktionsmedizinische Einheit
der Kliniken, Tierärztliche Hochschule Hannover; 3Bad Reichenhall; 4Klinik für Pferde, Allgemeine Chirurgie und Radiologie der Freien Universität Berlin; 5Ambulatorische und
Geburtshilfliche Tierklinik, Veterinärmedizinische Fakultät der Universität Leipzig
Schlüsselwörter
Key words
Zuchtstute, Trächtigkeitsfeststellung, rektale Untersuchungstechnik,
transrektale Sonographie, Untersuchungsaufwand
Brood mare, diagnosis of pregnancy, rectal palpation, transrectal
ultrasonography, examination effort
Zusammenfassung
Summary
Dieser Übersichtsartikel beschreibt stufenweise den rektalen und
transrektal-sonographischen Nachweis der Frühgravidität beim Pferd.
Die morphologischen und physiologischen Verhältnisse in den einzelnen Frühgraviditätsstadien werden in Korrelation zur möglichen klinischen Befunderhebung dargestellt. Die hohe Bedeutung der embryonalen und frühfetalen Verluste wird dargelegt. Eingegangen wird auch
auf Befundmitteilung und Dokumentation. Der letzte Abschnitt des
Artikels widmet sich der Bewertung des Untersuchungsaufwandes.
Dabei wird aufgrund der Sachlage herausgestellt, dass die gynäkologische Untersuchung mit dem Auftrag, bei Stuten einen Graviditätszustand nachzuweisen oder auszuschließen, im Sinne eines Dienstvertrages einzuordnen ist.
This review describes stepwise the recto-manual and transrectal ultrasonographic evidence of early pregnancy detection in the horse. The
morphological and physiological conditions in the individual phases of
early pregnancy are presented in correlation to the potential clinical
findings. The importance of embryonic and early foetal losses is presented. Communication and documentation of findings are also addressed. The final section is devoted to the evaluation of the examination effort. In this regard, it is emphasized that the gynaecological
examination for the evaluation of the pregnancy status represents a
service contract.
Korrespondenzadresse
Prof. Dr. Dr. h. c. mult. Hartwig Bostedt
Klinik für Geburtshilfe, Gynäkologie und Andrologie
der Groß- und Kleintiere mit Tierärztlicher Ambulanz
Justus-Liebig-Universität Gießen
Frankfurter Straße 106
35392 Gießen
E-Mail: [email protected]
Clinical relevant procedures for early pregnancy diagnosis in the mare
Tierärztl Prax 2014; 42 (G): 112–120
Eingegangen: 13. Februar 2014
Akzeptiert: 10. März 2014
Einleitung
Die Feststellung des Konzeptionserfolges bei Stuten nach erfolgter
Bedeckung oder artifizieller Insemination stellt neben der Zyklusund Ovulationsdetermination einen bedeutsamen Teil der tierärztlichen Betreuung von Zuchtbeständen dar.
Als Frühgraviditätsuntersuchung wird die Feststellung der Gestation mittels gynäkologischer Befunderhebung an den inneren
Genitalorganen zwischen dem 10. und 36. Tag post ovul. bezeichnet. Dieser Zeitraum wird terminiert durch die erste derzeitig darstellbare graviditätsassozierte Hohlraumbildung im Cavum uteri
und dem Beginn der präplazentären Interaktion zwischen Konzeptus und Endometrium. Dieser Zeitabschnitt ist durch die im
Vergleich zur späteren Gravidität höhere Anzahl von Fruchtverlusten gekennzeichnet.
Zu unterscheiden sind für diese Befundung die direkten von
den indirekten Verfahren. Die verschiedenen indirekten Methoden,
wie die Messung des Early Conception Factor (ECFTM; 3–30 Tage
p. ovul.), die Durchführung des Rosette Inhibition Test (RIT,
um den 5. Tag p. ovul.), die Progesteronbestimmung um den
18./22. Tag p. ovul. oder der Nachweis des equinen Choriongonadotropins (eCG; PMSG) ab dem 38. Tag p. ovul., liefern nur Indikator- oder Andeutungswerte (10, 23). Jedes dieser Laborverfahren
ist mit einer bestimmten Fehlerquote behaftet. Die Bestimmung
des Estronsulfats ist unter allen laborgebundenen Untersuchungsverfahren die einzige Methode, mit der nicht nur die Konzeption
selbst, sondern auch das Vorhandensein einer Frucht belegt werden
kann (16, 22, 24, 25, 40, 45). Estronsulfat wird nämlich nur vom
sich entwickelnden vitalen Fetus und dessen Plazenta synthetisiert.
Die Messresultate sind aber erst ab dem 60. Tag p. ovul. aussagekräftig und haben daher für den Graviditätsfrühnachweis keine
direkte Relevanz, bei späteren Kontrollen jedoch durchaus.
Um entsprechend direkte Aussagen über die Existenz oder
Nichtexistenz einer frühen Gravidität machen zu können, eignet
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H. Bostedt et al.: Konzeptionsdiagnostik bei der Stute
sich allein die transrektale Exploration des Uterus in Verbindung
mit der transrektalen Sonographie. Diese Vorgehensweise bietet
folgende Vorteile:
• direkte Feststellung oder Ausschluss einer Gravidität
• Festlegung hinsichtlich einer bestehenden Uniparität oder Biparität respektive Multiparität
• Beurteilung des Entwicklungsstandes des Konzeptus
• Hinweise auf klinisch erfassbare Ursachen bei Ingravidität
• angemessene, zeitnahe Information des Auftraggebers respektive seines Vertreters anhand der erhobenen Befunde, einschließlich einer Empfehlung hinsichtlich der gegebenenfalls
durchzuführenden Behandlungen bei Nichtträchtigkeit
• Mitteilung über für notwendig erachtete Nachuntersuchungen
im Individualfall
Klinische Befunderhebung
Die gynäkologische Befunderhebung hinsichtlich der Erfassung
eines Graviditätszustandes baut sich auf zwei Verfahren auf. Die
Basis stellt die rektomanuelle Orientierung dar. Mit ihr werden
Lage, Größe, Konfiguration, Tonus und Inhalt des Uterus sowie
weitergehend die Lage, Größe und der palpierbare Zyklusstatus
der Ovarien erfasst. Daran schließt sich in der Regel als weitergehendes Untersuchungsverfahren die Sonographie des Genitaltraktes an, um die bei der rektalen Exploration digital erhobene Befundlage nicht nur zu bestätigen, sondern darüber hinaus entscheidend zu erweitern. Der Vorteil der kombinierten Untersuchungstechnik ist auf zwei Ebenen gegeben. Zum einen lässt sich
der Termin für die erste Untersuchung nach erfolgter Bedeckung
oder Insemination bereits auf den Anfang der 3. Woche p. ovul.
vorverlegen. Zum anderen besteht die Möglichkeit, nach den palpatorisch erfassten Befunden mittels transrektaler Sonographie die
Strukturen der Uteruswand und dessen Lumen sowie die der Ovarien exakter darzustellen und zu dokumentieren. Dadurch erhöht
sich die Sicherheit in der diagnostischen Aussage gerade in der
Periode der Frühgravidität beträchtlich.
Die rektale Untersuchung, die traditionell bis zur Einführung
der Sonographie in die Stutengynäkologie die einzige Möglichkeit
zur direkten Graviditätsfeststellung darstellte (35), bildet nach wie
vor die Grundlage der gynäkologischen Befunderhebung (5, 20)
Im Hinblick auf die Feststellung über das Bestehen einer Frühgravidität liegt bei alleiniger Anwendung der erste Untersuchungstermin später als bei Einsatz der transrektal-sonographischen Untersuchungstechnik. Zudem ist sie für die Festlegung eines frühgraviden uniparen Zustandes sowie einer Zwillings- oder Mehrlingsanlage in der Anfangszeit weit weniger sicher. Deshalb ist unter den heute gegebenen Möglichkeiten stets das kombinierte Verfahren – manuell rektale in Kombination mit der transrektalsonographischen Befunderhebung – anzuwenden, wenn es um die
Frühgraviditätsfeststellung geht. Nur bei Kontrolluntersuchungen
in der fortgeschrittenen Gravidität könnte bei eindeutig transrektaler Befundlage auf das Scannen des Uterus verzichtet werden.
Den Untersuchenden muss aber auch in diesem Fall bewusst sein,
dass bestimmte Kriterien wie Klarheit der Fruchtwässer, Uterusschichtdicke, Plazentaausbildung, fetale Herzschlagfrequenz etc.
nicht erfasst werden und so die Aussage über die Intaktheit einer
Gravidität zum Untersuchungszeitpunkt gewissen Einschränkungen unterliegt. Lässt sich, aus welchen Gründen auch immer, eine
zusätzliche transrektale Sonographie nicht durchführen oder lehnt
der Halter sie ab, ist der Auftraggeber in ausreichender Weise über
die Konsequenzen und die bekannten Unzulänglichkeiten, die mit
der alleinigen manuellen rektalen Befundung verbunden sind, aufzuklären.
Zeitpunkt für den Graviditätsnachweis
Die Zeitpunktbestimmung für eine möglichst frühe Graviditätsfeststellung ist abhängig
• vom Umstand, ob im betreffenden Fall eine Bestimmung des
Ovulationstermins in der perikonzeptionellen Periode durchgeführt wurde,
• vom zu erwartenden Entwicklungsstand und -fortschritt der
Fruchtanlage im Uterus in Korrelation zum Belegungstermin
sowie
• von der Festlegung des anzuwendenden Verfahrens.
Welche Wandlung sich hinsichtlich des Zeitpunktes der frühen
Graviditätsdiagnose innerhalb der letzten Jahrzehnte ergeben hat,
sei anhand einiger Zitationen dargelegt.
„Die unterste Grenze der rektal feststellbaren Veränderungen bei
Gravidität der Stute bildet, günstige innere Untersuchungsmöglichkeit vorausgesetzt, die 4.–5. Woche… Schon ungefähr vom 23. bis
25. Tag an ist im befruchteten Horn eine walnuß- bis taubeneigroße,
rundliche Ausbuchtung… zu tasten (7).“ In einem weiteren klassischen Werk von 1978 (43) steht hinsichtlich des Untersuchungstermins: „Die Eiausbuchtung kann schon etwa am 16. bis 17. postovulatorischen Tag (= Tag nach dem Eisprung) angedeutet sein und
ist vom 18. bis zum 35. Trächtigkeitstag mit einem Durchmesser von
2 bis 5 cm zu identifizieren. Vom 25. bis 33. Tag ist die Auswölbung
am deutlichsten fühlbar.“ Knottenbelt et al. (3) betonen, dass die
Untersuchung am 20. Tag allein durch die rektomanuelle Palpation
nur von einem „experienced practitioner“ mit sicherem Ergebnis
durchgeführt werden kann. Sie fordern außerdem eine Wiederholung um den 30. Tag post cohabitationem (p. cohab.).
Diese wenigen Beispiele mögen ausreichen, um darzustellen,
dass mittels alleinigem rektomanuellem Verfahren als frühester
Untersuchungstermin mit einer Sicherheitsgrenze in der Aussage
von ca. 90% der Zeitraum vom Ende der 3. und Beginn der 4. Woche nach der Ovulation anzusehen ist.
Diese Situation änderte sich schlagartig, als erstmals zwischen
1980 und 1985 sowie in der darauffolgenden Zeit von der Möglichkeit der bildlichen Darstellung des Uterusinhaltes bei der Stute
mittels Ultraschallwellen berichtet wurde (5, 18, 19, 20, 28, 29, 31,
35, 38, 42, 44). So lässt sich mit der kombinierten Untersuchungs-
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technik, rektale Exploration mit anschließender transrektaler sonographischer Kontrolle, der erste Untersuchungstermin vorverlegen. Die frühzeitige Festlegung eines Graviditäts- oder Ingraviditätsstatus ist von hohem züchterischem und ökonomischem
Wert. Dadurch beschränkt sich die zeitaufwändige Rossebeobachtung nur auf die Stuten mit negativem Befund. Außerdem kann
bei ihnen innerhalb der Zuchtsaison zeitnah eine erneute Rosse induziert werden.
Die Sonographie bietet für den versierten Untersucher die
Möglichkeit, eine gestationsabhängige Hohlraumbildung (= Dottersackflüssigkeit) im Uterus bereits ab dem 10. Tag p. ovul., also
nur wenige Tage nach erfolgter Transmigration des Konzeptus in
den Uterus, nachzuweisen. Als zuverlässig und zuchthygienisch
sinnvoll sieht Bartmann (5) eine Graviditätskontrolle allerdings etwas später an, nämlich ab dem 16. Tag p. ovul. Unter klinisch relevanten Aspekten wird von McKinnon und Voss (32) zu diesem
Komplex in ähnlicher Weise ausgeführt: „From the practical standpoint, the first examination could be postponed until approximately
18 to 20 days.“ McCue und McKinnon (30) verstärken diese Aussage, indem sie festlegen: “… a positive diagnosis of pregnancy
should be possible by manual palpation of the reproductive tract by
day 17 to 20…”. In einem anderen Fachbuch steht dazu in nahezu
gleicher Form: „In der praktischen Zuchtbetreuung sollte die Trächtigkeitskontrolle um den Tag 18 post ovulationem beginnen, da zu
diesem Zeitpunkt nicht nur sonographisch, sondern auch klinisch
Frühgraviditätssymptome nachweisbar sind oder ausgeschlossen
werden können“ (3).
Auf der Grundlage der Frühentwicklungsstadien für die equine
Fruchtanlage seien die differenten Kriterien für die manuelle rektale in Verbindung mit einer transrektalen-sonographischen Untersuchung zur Feststellung oder zum Ausschluss einer Gravidität anTab. 1 Durchmesser der Fruchtanlage (8) in Abhängigkeit vom Tag der frühen Gravidität und Möglichkeiten des Graviditätsnachweises
Table 1 Diameter of the fruit plant (8) dependent on the day of early pregnancy and options for pregnancy detection.
Tage p. conc.
Größe der Frucht- Nachweis
anlage (cm)
rektomanuell
sonographisch
12–14
0,6–1,6a
–
++
15–17
1,8–3a
–
++
18–21
2–4a
+c
++
22–25
3–4a
+c
+++
26–28
4–7a
++
+++
29–39
6–9b
+++
+++
40–50
7–10b
+++
+++
a
= Durchmesser des Konzeptus, b = Länge des Embryos
Rektomanueller Nachweis nur bei exzellenter Untersuchungstechnik
und -erfahrung möglich.
– = nicht geeignet, + = geeignet, ++ = gut geeignet, +++ = sehr gut
geeignet
c
gegeben. Dabei wird als Tag 0 des Zyklus der Tag bezeichnet, an
dem die Ovulation rektal und sonographisch nachgewiesen wurde.
• Tag 10.–14. p. ovul.: Sonographische Darstellung einer blasenartigen Erweiterung des Uterusspaltes erstmals möglich: Verwechslungsgefahr mit Endometriumzysten bei älteren Stuten
und entzündlichem Exsudat
• Tag 15.–17. p. ovul.: Gute Darstellungsmöglichkeiten der
Fruchtanlage, die bereits einen Durchmesser von 18–30 mm
aufweist. Das Erkennen einer Zwillingsanlage ist möglich. Zudem besteht ein geeignetes Zeitfenster zur Reduktion der Zwillingsgravidität zu einer Einlingsgravidität mittels transrektaler
manueller Kompression einer Fruchtanlage.
• Tag 16.–20. (24.) p. ovul.: Allgemein als günstiger Termin für
die Feststellung oder den Ausschluss eines Graviditätszustandes
empfohlen. Im Konzeptus liegt die embryonale Anlage ventral.
• Tag 21.–28. p. ovul.: Die Embryoanlage „wandert“ durch Aufbrauchen der Dottersackflüssigkeit und Zunahme an Allantoisflüssigkeit zwischen 24. und 28. Tag p. ovul. von ventral nach
dorsal. Dieser Termin ist klinisch von besonderer Relevanz, da
ab dem 24. Tag, besser um den 28. Tag p. ovul., nicht nur die
Darstellung der Fruchtanlage in toto möglich ist, sondern bereits der Herzschlag des Embryos sonographisch erkennbar
wird. Dadurch kann die Aussage hinsichtlich des Bestehens einer Gravidität dahingehend erweitert werden, dass zum Zeitpunkt der Untersuchung diese als intakt respektive bei Fehlen
des Herzschlages als gefährdet in ihrem Weiterbestehen zu differenzieren ist.
• Bis zum 28. Tag p. ovul. hat sich die Fruchtanlage auf einen
Durchmesser von 40–70 mm ausgedehnt. Die Stelle, an der die
Fruchtanlage im Uterus lokalisiert ist, weist eine leichte Vorwölbung auf. Zusätzlich zeigt sich ein besonderes Merkmal,
welches allgemein als Sensibilisierungsphänomen bezeichnet
wird und bei der Stute zwischen dem 18. und 35. Tag der Gravidität besteht: Bei Berührung der Uteruswand kommt es zur
Arretierung der Fruchtblase und zur deutlicheren Markierung
der beginnenden, expansionsbedingten Ausdehnung der Uteruswand. Der biologische Grund für diesen auch als Fluchtphänomen bezeichneten Zustand ist folgender: Die erste, verhaltene Adhäsion der Fruchtanlage mit dem Endometrium entwickelt sich beim Pferd ab dem Tag 17 p. ovul. Die intensiven
Fixationsvorgänge (Präimplantation) beginnen jedoch im Gegensatz zu anderen Tierarten relativ spät (36.–38. Tag der Gravidität [39]). Somit könnte der Konzeptus bei schwingender
Bewegung des maternalen Abdomens im Trab oder Galopp
Schaden nehmen. Um dem vorzubeugen, sind die muskulären
Schichten der Uteruswand in der Lage, eine terminierte Arretierung der Fruchtanlage vorzunehmen. Sie besteht darin, dass
sich kranial und kaudal der Fruchtanlage die Uteruswand tonisiert und diese so vorübergehend fest verankert.
• Tag 29.–42. p. ovul.: Die Fruchtblase ist palpatorisch und sonographisch erkennbar. Die dorsal positionierte Embryonalanlage
„sinkt“ bis zum 42. Tag wieder nach ventral ab. Um den 40. Tag
formt sich die Nabelverbindung.
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Aus ▶ Tab. 1 ist die Größenentwicklung des Konzeptus bei Warmblutpferden anhand allgemeiner Angaben zu entnehmen. Der
Durchmesser der Fruchtanlage nimmt ab dem 18. Tag p. conc.
deutlich zu.
Untersuchungstechnik
Vor Beginn der Befunderhebung sind Untersuchungsauftrag und
-umfang festzulegen, die Identität des Tieres festzustellen sowie
ein fallbezogener Vorbericht (letzte Deck- bzw. Inseminationsdaten, Ergebnis der Ovulationskontrolle, durchgeführte ovulationsfördernde Maßnahmen, eventuell beobachtete Störungen allgemeiner oder genitalassoziierter Art etc.) zu erheben.
Vorbereitung der Untersuchung
Die Fixation einer Stute für eine rektale Untersuchung geschieht
nach den anerkannten Regeln und den gebotenen Umständen (41).
Die sicherste Form stellt das Verbringen der Stute in einen Untersuchungsstand dar. Wenn dieser nicht zur Verfügung steht, kommen
Zwangsmaßnahmen wie das Anheben einer Vordergliedmaße, Ausbinden der zur explorierenden Hand kontralateralen Hinterextremität oder die kurzfristige Anwendung einer langstieligen Oberlippenstrickbremse in Betracht. Führen alle diese Zwangsverfahren nicht
zum gewünschten Erfolg, ist eine Sedierung in Erwägung zu ziehen,
um nach erreichter Beruhigung an der stehenden Stute die Befunde
exakt erheben zu können (5). Die Fixation der Stute dient gleichermaßen dazu, den Untersuchenden sowie die Stute vor Verletzungen
zu schützen. Dazu ist mindestens eine pferdeerfahrene Hilfsperson,
die das Pferd am Kopf fixiert, erforderlich. Nach Lage des Falles
(Temperament des Pferdes, gewählte Fixationsmaßnahme, Sachkunde der Hilfsperson) ist eine weitere Hilfskraft wünschenswert,
um den Schweif zu halten. Führt die Stute ein Fohlen bei Fuß, sollte
dieses von einer Hilfskraft vor der Stute so positioniert werden, dass
sie es jederzeit sehen kann. Dies trägt zur Beruhigung der Stute während des investigativen Eingriffes bei.
Widersprüchlich sind die Empfehlungen hinsichtlich der
Schweifpositionierung während der Untersuchung, sofern dies angebracht und erforderlich scheint. Entweder wird er von einer seitlich stehenden Hilfsperson steil nach oben geführt und mit zwei
Händen – eine am Schweifende, die andere an der Innenseite des
Schweifes ca. 10 cm von der Schweifwurzel entfernt liegend – gehalten. Oder er wird leicht angehoben nach lateral gelenkt, sodass
die perianale und perivulväre Region einsehbar sind.
Rektale Untersuchung
Zur rektalen Untersuchung ist ein armlanger, weicher Einweghandschuh mit fünf Fingern zu benutzen. Dabei muss für jede Untersuchung ein neuer Handschuh verwendet werden, um eine
Übertragung von Keimen mit dem Kot von einer Stute zur anderen zu vermeiden. Weiterhin ist Gleitgel notwendig.
Die Untersuchung beginnt mit der Adspektion des anogenitalen Bereichs, wobei folgende Befunde zu registrieren sind: Lage
und Stellung des Analkegels, Atrophiegrad des perianalen Bindegewebes, Länge des Perineums, Pigmentfehler, Vulvaschluss und
Vulvaneigung, Sekretspuren an der Schweifunterseite oder im
perivulvären Abschnitt, narbige Strikturen und Verletzungen. Vor
der Untersuchung muss abgewogen werden, ob die Größe der
Untersuchungshand eine spannungs- und schmerzfreie rektale
Exploration zulässt. Dies spielt insbesondere bei Kleinpferden und
Ponys eine Rolle. Bei erkennbarer Disproportion von Handgröße
und anatomischer, rassegebundener Ausbildung des Anogenitalabschnitts ist auf andere Möglichkeiten der Graviditätsdiagnose
(indirekte Verfahren, spätere transabdominale sonographische
Untersuchung oder Schwingpalpation) auszuweichen.
Nach keilförmigem Zusammenführen der Finger wird die
durch einen armlangen Plastikhandschuh geschützte und mit genügend Gleitgel benetzte Hand mit leicht rotierender Bewegung in
den Anuskegel eingeführt. Der in der Ampulle vorhandene Kot
wird vorsichtig und ohne stark massierende Handbewegungen
ausgeräumt. Letzteres ist angebracht, um eine Tonisierung der
Ampulla recti zu vermeiden. Diese wäre hinderlich für die nachfolgende transrektale Palpation oder sonographische Darstellung
des Uterus und seiner Adnexe. Besteht bereits zu Beginn der Untersuchung eine starke Tonisierung des Darms, ist die Untersuchung abzubrechen. Es kann dann durch Applikation von Butylscopolamin (Buscopan®, Boehringer Ingelheim) versucht werden,
den Endabschnitt des Darms zu entspannen. Beim Herausführen der Hand aus dem Enddarm sind die Handflächen und der
Unterarm stets auf Blutspuren zu kontrollieren. Sie deuten auf einen spontan entstandenen oder älteren Schleimhauteinriss, im
schlimmsten Fall auf eine Darmperforation hin, was entsprechende Sofortmaßnahmen erforderlich macht.
Treten während der Untersuchung Kontraktionen des Enddarms oder ein aktives Pressen der Stute auf, ist der Arm der Kontraktionswelle folgend behutsam aus dem Rektum herauszuziehen.
Wird bei untersuchungsbedingter Kontraktur eines Enddarmabschnitts um die Hand respektive den Unterarm Gegendruck
ausgelöst, besteht die Gefahr einer Ruptur der glatten, zweischichtig zirkulär-longitudinalen Enddarmmuskulatur.
Ist die Ampulle kotfrei und der Darm elastisch, beginnt die
Exploration des Genitaltrakts mit entspannter, locker geführter
Hand. Der Zervixanteil (Cervix uteri) liegt auf dem Beckenboden
und ragt bei der ingraviden oder frühgraviden Stute teilweise über
dessen kraniales Ende. Der ca. 20 cm lange Uteruskörper befindet
sich kranial der Symphysis pelvis in der Bauchhöhle. Die Uterushörner sind ventral konvex gebogen und ziehen nach kraniodorsal
in Richtung Ovar und Niere. Fixiert wird der uterine Anteil des
Reproduktionstraktes durch das Mesometrium, welches an der
Seitenwand der Beckenhöhle entspringt und bis in den Bereich der
Lenden- und Kreuzbeinwirbel zieht (27).
In welcher Richtung die Palpation des Uterus beginnt, ob von
kaudal nach kranial oder von kranial nach kaudal, wird je nach
Erfahrung unterschiedlich gehandhabt. Erfolgt die Orientierung
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von den Ovarien oder der Ovargegend ausgehend, werden die
Uterushörner einzeln von kranial nach kaudal sowie der Uteruskörper digital palpiert. Alternativ beginnt die Untersuchung mit
dem vorsichtigen Durchtasten des Uteruskörpers und setzt sich
über die Uterushörner bis zu den Ovarien fort. Wichtig ist in jedem Fall, dass beide Uterushörner gleichermaßen palpatorisch
untersucht werden. Die Hand muss mit den stets eng aneinander
liegenden Fingern entspannt und locker die tastenden Bewegungen ausführen, was wiederum nur gelingt, wenn die Muskelschichten des Enddarms atonisch und damit durchtastbar bleiben.
Bei älteren Vollblut-, aber auch Warmblutstuten empfiehlt sich zudem, die untersuchende Hand zu wenden und das Gebiet der Aortenaufteilung (Aorta abdominalis) hinsichtlich einer Aneurysmabildung zu kontrollieren (▶ Abb. 1). Dies bringt zusätzliche Informationen über eventuelle Gefahren beim nächsten Geburtsverlauf.
Transrektale sonographische Untersuchung
Anschließend an die rektomanuelle Palpation erfolgt die sonographische Untersuchung. Als Ultraschallgeräte haben sich solche mit
Linearscanner und einer Sondenleistung zwischen 5 und 7,5 MHz
bewährt. Für den Untersuchungsablauf gilt auch hier, dass der Uterus von den Uterushornspitzen bis in den Bereich von Corpus uteri
und Zervix oder in umgekehrter Reihenfolge eingehend und abschnittsweise gescannt wird und beide Hörner vollständig überprüft
werden. Letztgenannter Aspekt hat insbesondere für die Festlegung
über das Bestehen einer Zwillingsanlage ausschlaggebende Bedeutung. Um die Sicherheit in der Befundung im Falle einer Frühgravi-
dität zu erhöhen, wird empfohlen, Uterus und Ovarien zweimal
komplett zu scannen. Bei der Kontrolle der Ovarien ist das Augenmerk mit darauf zu richten, ob sich ein oder zwei Corpora lutea darstellen, um dies mit der uterinen Befundlage abzugleichen.
Befundmitteilung und Dokumentation
Nach Abschluss der Untersuchung werden die erhobenen Befunde
eindeutig dokumentiert. Bewährt haben sich dafür Vordrucke, in
denen die Angaben zur Identität des Tieres, die vorberichtlichen
Angaben, die Befunde am Reproduktionstrakt sowie der Kurzinhalt der Mitteilung an den Auftraggeber der Untersuchung eingetragen respektive angekreuzt werden. Dazu kommt der Ausdruck des Ultraschallbildes mit Datum. Diese Art der Dokumentation dient vor allem als Grundlage für Wiederholungsuntersuchungen, der Information nachuntersuchender Kollegen sowie
als Unterlage für nachträgliche belegbare Auskünfte. Die Diagnose
wird dem Auftraggeber/Betreuer üblicherweise mündlich mitgeteilt. Dabei ist darauf zu achten, die Aussagen entsprechend korrekt und in verständlicher Weise zu formulieren und – vor allem
bei nicht vollständig gesicherter Diagnose – den Termin (die Termine) für eine als notwendig erachtete Nachkontrolle zu nennen.
Die mündliche Befundmitteilung hat, je nach vorgenommenem
Untersuchungsverfahren, folgende Aussagen zu beinhalten:
• Bei alleiniger Anwendung der rektomanuellen Methode:
– Die Stute ..... ist zum Zeitpunkt der rektal-palpatorisch
durchgeführten Untersuchung am ..... tragend. Die Aussage
Abb. 1
Lage und Blutversorgung
des Reproduktionstrakts
der Stute (27)
Fig. 1
Location and blood
supply of the reproductive
tract of the mare (27).
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•
•
•
•
bezüglich einer Einlings- oder Zwillingsgravidität muss abhängig vom Untersuchungszeitpunkt und von der Untersuchungsmöglichkeit entsprechend vorsichtig formuliert werden. Kurzform: transrektal-palpatorisch als tragend diagnostiziert; Rat zur Nachuntersuchung in x Tagen/Wochen.
Rektomanuelle Methode zuzüglich sonographischer Befundung:
– Die Stute ..... ist zum Zeitpunkt der am ..... rektal-palpatorisch und sonographisch vorgenommenen Untersuchung
tragend. Es besteht eine Einlingsgravidität, die dem angegebenen Deck-/Besamungstermin von der Entwicklung her
entspricht. Je nach Untersuchungszeitpunkt ist ergänzend
mitzuteilen, ob die Fruchtanlage Vitalitätsanzeichen (sonographisch nachgewiesener Herzschlag, Fruchtbewegungen)
aufwies. Kurzform: Eine Fruchtanlage ist mit Vitalitätsanzeichen darstellbar. Rat zur Nachuntersuchung in x Tagen/Wochen.
Bei der Stute ..... besteht aufgrund der am ..... erhobenen Befunde eine Zwillings- (Mehrlings)-Trächtigkeit. Folgende Maßnahmen sind zu empfehlen.
Die Stute ..... ist aufgrund der manuell rektalen/manuell rektalen und transrektal sonographisch erhobenen Befunde am
..... als nichttragend zu bezeichnen.
Die Untersuchung der Stute ..... am ..... ergab keine eindeutigen
Anzeichen einer Fruchtanlage. Eine Nachuntersuchung ist zeitnah erforderlich. Als Termin wird ..... vorgeschlagen.
Wiederholungsuntersuchungen nach
frühzeitiger Diagnose einer Gravidität
Die ersten Entwicklungsstadien der befruchteten Eizelle und des
daraus hervorgehenden Embryos sind beim Pferd besonders gefährdet. Hier spielen zum einen das Alter der Stute, die Qualität
des Endometriums, nutritive Imbalancen, lokal begrenzte infektiöse Reize, Störungen im zervikalen Verschlusssystem sowie salpingeale und uterine Beeinträchtigungen des Wanderungsmechanismus des frühen Embryos eine Rolle. Zum anderen haben Störungen in der Interaktion zwischen Fruchthüllen und Endometrium auf zellulärer Ebene während der präplazentären Phase,
Schäden in der embryonalen Heranbildung, genetische Defekte
sowie immunologische und hormonelle Effekte eine Bedeutung
(1, 9, 21, 33).
Im Allgemeinen ist in der frühen equinen Graviditätsphase (bis
zur 6. Woche) mit einer Verlustrate von 8–12%, je nach Zeitpunkt,
zu rechnen. Dabei handelt es sich entweder um embryonale Todesfälle mit anschließender vollständiger Resorption der denaturierten Gewebeanteile oder um Frühaborte. Die Rate an embryonalem Tod beim Pferd bleibt über die Jahre hinweg relativ konstant (1, 15, 34, 36, 37).
Daraus leitet sich die Empfehlung ab, erst dann von einer gesicherten Gravidität mit der hohen Wahrscheinlichkeit für eine termingerechte Geburt des Fohlens auszugehen, wenn eine diagnos-
Tab. 2 Kontrolluntersuchungen zwischen 4. und 7. Monat p. conc. bei
4803 Vollblutstuten, bei denen eine Frühgravidität mittels rektosonographischer Untersuchung diagnostiziert wurde (Bostedt, unveröffentlichte Daten)
Table 2 Check-ups in 4803 thoroughbred mares in which an early pregnancy was detected using transrectal sonography between 4th and 7th
month post conception (Bostedt, unpublished data).
Anzahl Gravidität nachgewiesen/vorausgesetzt Anteil der ingravi3
Stuten 3. Woche
6. Woche
4.–7. Monat den Stuten (%)
12231
1223
1223
1118
8,6
2331
2331
rektal nicht
untersucht
1983
14,9
12492
rektal nicht
untersucht
rektal nicht
untersucht
812
35,0
1
Es wurden nur die Stuten berücksichtigt, die sowohl in der 3. als auch
6. Woche als gravid detektiert worden waren.
2 Als gravid angenommen, da nach der letzten Bedeckung keine Rosse
mehr beobachtet werden konnte.
3 Zeitpunkt 4.–7. Monat p. conc.
tizierte Frühgravidität innerhalb der folgenden 4–6 Monate zweimal bestätigt wurde. Voraussetzung ist allerdings, dass die Gestationsperiode störungsfrei verläuft. Die Bedeutung dieser Empfehlung für eine mehrfache Kontrolle des Graviditätszustandes
geht aus Tab. 2 hervor. Anlässlich der Betreuung von Vollblutstuten zwischen September und Oktober eines jeden Jahres konnten exakte Daten über die embryonalen und frühfetalen Verluste
ermittelt werden. Wenn eine zweimalige Untersuchung (3. und
6. Woche der Gestation) stattfand und jeweils eine Gravidität
bestätigt werden konnte, lag die Rate der zwischen 2. und
4./7. Monat p. ovul. wieder ingravid gewordenen Stuten bei 8,6%
(▶ Tab. 2). Kam jedoch aus verschiedenen Gründen nur eine
einmalige Kontrolluntersuchung in Betracht, betrug diese Rate
14,9%. Unterblieb eine Nachuntersuchung bis zur 6. Woche
p. ovul. und beruhte die Annahme einer Gravidität allein auf einer
nicht beobachteten Rosse nach der Belegung, betrug der Anteil ingravider Stuten 4–6 Monate p. ovul. 35,0%. Diese letztgenannte
Zahl ist jedoch nicht direkt mit den tatsächlichen Fruchtverlusten
gleichzusetzen, da sie auch Stuten beinhaltet, die nicht konzipierten, bei denen eine Zyklusblockade bestand oder die an einer Suboder Anöstrie litten. Ein vergleichbares Ergebnis liegt von Hemberg et al. (21) vor. Nach der Trächtigkeitsuntersuchung am
14./15. Tag p. ovul. waren 92,2 resp. 88,8% der von zwei Hengsten
bedeckten Stuten (430 Vollblutstuten) gravid. Aber nur 82,6 resp.
75,2% dieser als frühgravid identifizierten Stuten gebaren auch ein
Fohlen.
Je kürzer das Intervall zwischen Ovulation, Belegung und gynäkologischer Untersuchung zur Überprüfung des Konzeptionserfolges also gewählt wird, umso wichtiger ist es, den momentan
erhobenen Befund über das Vorliegen einer physiologischen Uniparität durch Wiederholungsuntersuchungen zu überprüfen. Als
nachhaltig gesichert lässt sich eine Gravidität erst dann bezeich-
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nen, wenn eine Nachkontrolle zwischen dem 4. und 7. Trächtigkeitsmonat erfolgte. Verluste können zwar auch danach noch auftreten, sind dann aber in der Regel Infektionen, Traumen oder
Intoxikationen mit nachfolgendem Abort zuzuschreiben.
Bewertung des Untersuchungsaufwandes
Eine gynäkologische Untersuchung dient grundsätzlich der Erkennung und Unterscheidung eines physiologischen von einem pathophysiologischen oder pathologischen Zustand, gleich welche
vorberichtlichen Angaben bestehen oder durch Anamnese erhoben wurden. Es ist nicht davon auszugehen, dass von vornherein
ein Gesundheits- oder Normalzustand zu attestieren ist. Dies kann
sich erst entscheiden, wenn alle Befunde, unter Beachtung der für
die Heilberufe gebotenen Sorgfaltspflicht, vorliegen (11).
Der Eigner einer Stute, der den Auftrag zur gynäkologischen
Untersuchung seiner besamten oder gedeckten Stute gibt, erwartet
von dieser tierärztlichen Tätigkeit Auskunft in mehrerer Hinsicht:
• Bestehen eines Graviditätszustandes
• Angaben darüber, ob die Gravidität intakt ist sowie über Existenz einer Einlings- oder Zwillingsgravidität
• Festlegung der Nachkontrolltermine
• Liegt kein Graviditätszustand vor, gilt es, die Frage nach der Ursache der Ingravidität zu beantworten, soweit es die momentan
erhobenen Befunde erlauben. Weiterhin wäre Auskunft darüber zu geben, was zu tun ist, um eine Gravidität in zeitlich
festgelegtem Rahmen herbeizuführen. Die Mehrzahl der Besitzer will in diesem Zusammenhang definitiv wissen, ob eine erneute Bedeckung oder Besamung ohne oder erst nach einer
weitergehenden Untersuchung respektive Behandlung in der
noch laufenden Zuchtsaison möglich ist.
Alle diese Fragen, die in Verbindung mit einem Graviditätsnachweis
stehenden Gefährdungsmomente sowie die gerade bei der Frühträchtigkeitsuntersuchung nicht immer eindeutig zu gebenden Informationen sind Gründe dafür, die Befunderhebung entweder zeitnah oder im gewissen Abstand zu wiederholen. In der equinen Reproduktionsmedizin sind daher Mehrfachuntersuchungen wegen
der biologischen Besonderheiten im Gestationszeitraum nicht nur
zu empfehlen, sondern aus zuchthygienischer Sicht angebracht.
Die Herausstellung der mit einer Graviditätsdiagnose beim
Pferd verknüpften hohen klinischen Relevanz scheint im Hinblick
auf die Diskussion, ob eine solche investigative Maßnahme als
Dienst- oder Werkvertrag einzuordnen ist, von nicht unwesentlicher Bedeutung (6). Jeder Tierarzt, der im equinen Zuchtmanagement eingebunden ist und somit über ein erhebliches Basiswissen
verfügen muss, weiß um die Unwägbarkeiten hinsichtlich einer
frühen Graviditätsdiagnose, insbesondere aber auch hinsichtlich
der Festlegung über eine Uni- oder Biparität.
Der Bundesgerichtshof hat dahingehend entschieden, dass „der
Tierarzt – ebenso wie der Humanmediziner“ einem Heilberuf
nachkommt und daher das Bemühen um Heilung zur Grundlage
hat (13). Einen Erfolg kann er deswegen nicht schulden. Diese
grundsätzliche Aussage erhielt jedoch eine Einschränkung, weil
später die gutachterliche Aussage im Rahmen der tierärztlichen
Ankaufsuntersuchung laut BGH-Urteil als Werkvertrag eingeordnet wurde mit der Begründung, dass „es sich hierbei um eine gutachterliche Leistung, also gerade nicht um eine zu Heilzwecken vorgenommene Behandlung“ handele (14). Fellmer (17) formulierte
dies wie folgt: „Bei der Ankaufsuntersuchung handelt es sich nämlich – ebenso wie etwa bei der Trächtigkeitsuntersuchung – um eine
gutachterliche Leistung, also gerade nicht um eine zu Heilzwecken
vorgenommene Behandlung“.
Aus welchem Anlass heraus in diesem Kontext die Graviditätsuntersuchung als eine gutachterliche „Leistung“ und nicht zu Heilzwecken vorgenommene Behandlung bezeichnet wurde, ist leider
nicht mehr in Erfahrung zu bringen. Soweit bekannt, gibt es auch
kein abschließendes Gerichtsurteil darüber, ob eine Graviditätsuntersuchung generell als Werkvertrag zu gelten habe (6). Erhebliche Zweifel sind hinsichtlich dieser Bewertung aus klinischer
Sicht deshalb angebracht, weil nicht bereits vor Beginn der gynäkologischen Befunderhebung feststeht, ob ein physiologisches
oder ein pathologisches Geschehen vorliegt.
Es ist also nicht so, wie es verschiedentlich interpretiert wird,
dass ein „Werk“ mit der gynäkologischen Untersuchung geleistet
wird, sondern es besteht eine Dienstleistung, deren Sinn auch darin liegt, im gleichen Arbeitsgang exakte Diagnosen im aberrativen oder krankhaften Fall zu stellen, woraus prognostische Aussagen und ein Bemühen um Heilung resultieren können. Ein Erfolg im Sinne des Werkvertrages kann deshalb bei Beauftragung
zur gynäkologischen Untersuchung eines Tieres mit dem Ziel der
Graviditätsfeststellung nicht garantiert respektive geschuldet werden, da die biologischen Unabwägbarkeiten dies nicht zulassen.
Als Argumente sind die hohe Anzahl an zwillingsgraviden Stuten
im Frühstadium, die beträchtliche Anzahl an ingraviden Tieren
sowie die beachtliche Rate an embryonalen Verlusten aufzuführen.
Gerade diese lassen sich im Prodromalstadium bei Stuten während
der Frühträchtigkeitsuntersuchung (< 25. Tag) nicht immer sicher
erkennen, da sie auch nach einer positiv verlaufenen Erstuntersuchung noch in Erscheinung treten können (▶ Tab. 2). So dürfen
die Ausführungen von Fellmer (17) sowie von Aurich und Mitarbeitern (2), aber auch die von Brückner und Aurich (12) in diesem
Zusammenhang nicht unwidersprochen bleiben, dass es sich bei
„Trächtigkeitsuntersuchungen, die nicht aus medizinischer Indikation erfolgen, d. h. bei denen nicht die Frage nach einer Störung, sondern nach dem Vorhandensein oder Nichtvorhandensein der Trächtigkeit in Vordergrund steht“ (2) per se um einen Werkvertrag handeln soll. Die Abgrenzung zwischen dem Zustand einer intakten
oder gefährdeten Gravidität bzw. Ingravidität und die Festlegung
hinsichtlich einer Einlings- oder Zwillingsgravidität im frühen
Stadium sind mitunter erst nach einer wiederholten Untersuchung
möglich. Wie Erfahrungen aus der Praxis zeigen, lässt sich selbst
unter dieser Voraussetzung und Einhaltung der allgemeinen Sorgfalt keine 100%ige Diagnose hinsichtlich des Bestehens oder
Nichtbestehens einer Frühgravidität beim Pferd stellen. Insgesamt
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ist davon auszugehen, dass inkorrekte Aussagen hinsichtlich eines
frühen Graviditätsbefundes in einer Größenordnung von 1–2%
durchaus gegeben sind, was nicht von vornherein der mangelnden
Sorgfalt oder fehlerhaften Untersuchungstechnik zuzurechnen ist,
sondern auch in Zusammenhang mit biologischen Abläufen in der
Frühgraviditätsperiode stehen kann. Zu beachten ist weiterhin,
dass nach Feststellung einer Ingravidität im gleichen Arbeitsgang
vor allem die Ursachenforschung einsetzt und diesbezüglich wichtige Aussagen, die sowohl die Behandlungsmöglichkeit als auch
die Prognose beinhalten, vom Betreuer des Tieres verlangt werden.
Schon Baier und Walser (4) äußerten sich 1968 grundsätzlich
zum Problem der Differenzierung des tierärztlichen Handelns
mittels Werk- und Dienstvertrag: „…Der angestrebte, erhoffte weitere Erfolg seiner Tätigkeit ist nicht nur von der Kunst und Sorgfalt
abhängig, sondern wird auch durch die im Biologischen liegenden
Unabwägbarkeiten bestimmt, die außerhalb der menschlichen Voraussicht und Einflussnahme liegen“. Dies trifft im Hinblick auf die
bei der Frühgraviditätsdiagnose gegebene Situation insbesondere
beim Pferd, aber auch bei anderen Tierarten, voll zu. Deshalb ist
ein werkvertraglich festgelegter Erfolg nicht von vornherein zu garantieren, da selbst bei eingehender, systematischer Untersuchung
und höchstem Bemühen eine zwar minimale, aber nicht zu leugnende Quote an inkorrekten Aussagen besteht, die durch die biologischen Unabwägbarkeiten mit bedingt sind.
Interessenkonflikt
Die Autoren bestätigen, dass kein Interessenkonflikt besteht.
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Rezension
Minimalinvasive Chirurgie beim Pferd
Minimalinvasive Operationsverfahren haben
sich in den letzten beiden Jahrzehnten bei
der Tierart Pferd etabliert und, darüber hinaus, in vielen Indikationen und mancherlei
Hinsicht der konventionellen chirurgischen
Vorgehensweise gegenüber als vorteilhaft
herausgestellt. Dies gilt nicht nur für den Bereich der Gelenkerkrankungen und somit die
Arthroskopie, die von den Autoren bewusst
ausgeklammert wurde, sondern gleichfalls
für eine Vielzahl von Erkrankungen in unterschiedlichsten Lokalisationen. So beschreiben die Autoren diagnostische und minimalinvasiv-operative Verfahren in Respirationstrakt, Thorax und Abdomen, aber auch in den
Hohlorganen des Reproduktions- und Urogenitaltraktes.
Das Lehrbuch folgt einem klar strukturierten Aufbau, wobei in einem vorangestellten
Kapitel den methodischen Grundlagen der
minimalinvasiven Chirurgie mit Unterkapiteln zu Sedation und Narkose sowie Instrumentarien und unterschiedlichen chirurgi-
schen Vorgehensweisen Rechnung getragen
wird.
Die folgenden Kapitel widmen sich den
minimalinvasiven Operationsverfahren in den
genannten Körperregionen, wobei die Thematiken in Unterkapiteln jeweils von ausgewiesenen Experten dargestellt werden. Der grundsätzliche Kapitelaufbau ist textlich und optisch
stark strukturiert, was eine vorbildliche Übersichtlichkeit zur Folge hat und das Auffinden
spezieller Textpassagen wesentlich erleichtert.
Jedem Unterkapitel folgt eine Übersicht über
die verwandte Literatur, die es dem Leser ermöglicht, bei weitergehendem Interesse die
Primärliteratur aufzufinden.
Besonders hervorzuheben ist der Umstand,
dass die Autoren am Ende der Kapitel jeweils
den Stellenwert der minimalinvasiven Therapieverfahren kritisch und mit den Methoden
der konventionellen Chirurgie vergleichend
diskutieren. Weiterhin erlauben Tabellen, ergänzend zum Text und wesentliche Informationen kurz und übersichtlich darstellend, und
ein gründlich gestaltetes Stichwortverzeichnis eine schnelle Information und ein ebenso
schnelles Auffinden spezifischer Textpassagen.
Die besondere Stärke des Lehrbuchs stellt
jedoch das sehr instruktive, qualitativ hochwertige und überaus reiche Bildmaterial dar,
mit dem der Text illustriert wird: 200, meist
farbige Abbildungen und In-situ-Fotografien
stellen einen endoskopischen „Schatz“ dar,
der dem Lehrbuch gleichfalls den Charakter
eines Atlas der minimalinvasiven Chirurgie
bei der Tierart Pferd verleiht.
Das Buch schließt eine Lücke im Lehrbuchkatalog zur Tierart Pferd und ist für praktizierende Tierärzte, Studierende und auch
Lehrende ohne Einschränkung zu empfehlen.
Auch für den Kollegen, für den die minimalinvasive Chirurgie beim Pferd nicht zur alltäglichen Beschäftigung gehört, dürfte die
Lektüre dieses Buches eine Freude darstellen.
Rainer Hospes, Gießen
M. Röcken, B. Ohnesorge, 200 S., 200 Farbfotos,
Hannover: Schlütersche 2013, ISBN: 978–3–89993–
665–0, € 129,00.
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