Barock

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Barock
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Examensvorbereitung | Neuere Deutsche Literaturwissenschaft | Barock
Barock
Zeitraum: 1600-1700
Barock ...................................................................................................................................................... 1
1.1
Politische und sozialgeschichtliche Grundlagen...................................................................... 2
Gegenreformation ........................................................................................................................... 2
Die Religionskriege (1546-1648) ..................................................................................................... 2
Der Absolutismus ............................................................................................................................ 2
Bürgertum im 17. Jahrhundert ........................................................................................................ 2
Höfische Repräsentation ................................................................................................................. 2
1.2 Sprachwissenschaftliche und literarische Initiativen .................................................................... 3
Sprach- und Dichterakademien ....................................................................................................... 3
Sprach- und Poetikreform ............................................................................................................... 3
Lyrische Dichtung ................................................................................................................................ 4
Petrarkismus .................................................................................................................................... 4
Memento mori – carpe diem .......................................................................................................... 4
Vanitas ............................................................................................................................................. 5
Vergänglichkeit und Dauer .............................................................................................................. 5
Kirchlicher Glaube und stoische Demut .......................................................................................... 5
Anakreontik ..................................................................................................................................... 5
Galante Poesie – Schäferdichtung................................................................................................... 5
Fürstenpreis..................................................................................................................................... 6
Das Ende der barocken Gesellschaftslyrik....................................................................................... 6
Dramatische Dichtung ......................................................................................................................... 6
Die barocke Bühne .......................................................................................................................... 6
Jesuitisches Schuldrama .................................................................................................................. 6
Oper ................................................................................................................................................. 6
Das Deutschsprachige Theater ........................................................................................................ 7
Die erzählende Dichtung ..................................................................................................................... 7
Richard Leinstein
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1.1
Politische und sozialgeschichtliche Grundlagen
Gegenreformation
Verschärfung konfessioneller Gegensätze
Dem Papst zu Gehorsam verpflichtete Jesuiten als treibende Kraft der Gegenreformation.
Schlüsselpositionen als Erzieher und Beichtväter an katholischen Höfen, große Macht.
Die Religionskriege (1546-1648)
Protestantismus war politische Kraft, Absetzbewegung vom katholischen Kaiserhaus.
1546 Todesjahr Luthers  Zeitalter der Religionskriege, denn protestantische Fürsten wichen nicht
vor wiedererstarktem Katholizismus zurück.
Auch im Dreißigjährigen Krieg ging es bis zum Schluß um die Religionsfrage.
Entmachteter Kaiser im Reich, Fürsten erhielten 1648 volle Souveränität.
Der Absolutismus
Etablierung Frankreichs als Ordnungsmacht der neuen europäischen Gleichgewichtspolitik.
Thomas Hobbes: Lehre vom Staatsvertrag: Menschen machen sich freiwillig zu Untertanen, da sie
unfähig sind, untereinander Frieden zu halten.  Wichtigste Aufgabe des Staates: Frieden unter
dem Menschen (notfalls mit Gewalt) sichern.
„Gottesgnadentum“ von Demutsformel zum Ausdruck gottähnlicher Überlegenheit.
Bürgertum im 17. Jahrhundert
Niedergang des Stadtbürgertums, Orientierung nach dem Hof.
Wirtschaftssystem des Merkantilismus: Neue Chancen für das Bürgertum, jedoch Verschlechterung
für Bauern. Erst jetzt kann man von Bürgern im modernen Sinn sprechen, denn ihre
Gruppenzugehörigkeit definiert sich über Berufe.
Erweiterung des Erziehungsprogrammes um die Bildungsreise.  Besonders wichtig für
Hofbeamte.
Höfische Repräsentation
Das kulturelle Wirken der Barockzeit diente der Glorie des absolutistischen Herrschers.
Epochenideal: der Serenissimus, der heitere, Gerechtigkeit und Würde ausstrahlende Fürst.
Heranziehung der antiken Sagen- und Mythenwelt.
Verbindung der Schaulust der Renaissance mit dem Repräsentationsbedürfnis des Barock. Pflege und
Förderung der Künste gehörte zu Herrscherpflichten, verdiente Künstler wurden in Adelsstand
erhoben. Beschwörung von Gleichwertigkeit Geburts- / Geistesadel.
Richard Leinstein
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1.2 Sprachwissenschaftliche und literarische Initiativen
Sprach- und Dichterakademien
Italienische Renaissanceherrscher als Vorbilder für deutsche Barockfürsten. Diese setzten sich für ein
„reines Italienisch“ ein und so begannen einige deutsche Fürsten, sich für ein einheitliches Deutsch
einzusetzen, da im deutschen Gebiet bisher ein Mix aus Deutsch, Latein, Französisch, Italienisch und
Spanisch.
Gründung der „fruchtbringenden Gesellschaft“, des „Palmenordens“. Ziel: Poetikreform.
Orientierung an der romanischen Dichtung, deren Metrik nach klaren Regeln gestaltet ist, Ablehnung
der mittelalterlichen Reim- und Verspraxis.
Martin Opitz gelang die Versreform.
Sprach- und Poetikreform
Justus Georg Schottel
Poetikwerk: „Teutsche Vers- oder Reimkunst“
Unterscheidung zwischen Dialekten und Hochsprache
Erkennen des Hochdeutschen in seinem Kunstcharakter, Schaffung der ersten Deutschen
Grammatik, in der Regelwerk, Etymologie vereint sind.
Martin Opitz
Musterbeispiel für den Aufstieg eines Bürgerlichen in die Elite der späthumanistischen
Hofgesellschaft.
1624 Veröffentlichung Buch von der Deutschen Poeterey.
Stützung auf lateinische Poetik von J.C. Scaliger, sowie auf Petrarca
Verslehre formuliert entscheidenden Kompromiß zwischen klassisch-antiker Metrik und den
Möglichkeiten der deutschen Sprache.
o Der Versakzent soll mit dem natürlichen Wortakzent des Deutschen, dem
Wechseln von betonter und unbetonter Silbe übereinstimmen.
o Formulierung der Regel: Die klassischen Versmaße Jambus und Trochäus sind im
Deutschen durch Hebung und Senkung, nicht durch den Wechsel von langen und
kurzen Silben zu bilden.
o Verwerfung des Daktylus, Propagierung des Alexandriners als Verszeile
(Sechshebiger jambischer Vers mit Zäsur in der Mitte)  Alexandriner wurde zum
beherrschenden Vers des Barock.
o Forderung von Pathos für die Tragödie, da hier Fürsten vorkommen (Berufung auf
Aristoteles) und im Absolutismus ein Fürst niemals lächerlich erscheinen durfte 
Die ernsteste Form des Dramas, die Tragödie, ist geeignet für „Haupt- und
Staatsactionen“
o Die Komödie darf Späße darstellen, die unter den gemeinen Leuten vorfallen.
o Diese Ständeklausel des Theaters galt bis ins 18. Jhd. (Änderung erst Lessing:
Bürgerliches Trauerspiel)
Opitz’ eigene Dichtungen sind Modelle, aber selten von bleibendem Rang.
Richard Leinstein
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Erhebung des Opernlibrettos zu eigener dichterischer Gattung
Begründung der Anakreontik, der Hirtendichtung, in Deutschland, die nach den vielen
Kriegen friedliche Gegenbilder zu bieten vermochten.
Lyrische Dichtung
Lyrik im Barock ist strenge Formkunst, keine Wiedergabe persönlicher Empfindungen oder
Stimmungen! Allgemeine Aussagen mittels Rhetorik.
Bilder verweisen im Barock auf einen tieferen Sinn, nicht das Ding selbst hat Bedeutung, sondern die
höhere Ordnung für die es zeichenhaft steht.
Der Barock liebt es, einen abstrakten Begriff wie „Nichttigkeit“ mit einem konkreten Bild zu
visualisieren.
Petrarkismus
Mit dem Absolutismus wurden die romanischen literarischen Vorbilder ebenfalls übernommen. Die
sprachliche Eleganz Petrarcas entsprach dem barocken Bedürfnis nach ästhetischer Konvention und
sprachlicher und formaler Verfeinerung.
Petrarkismus
Bündel formaler und inhaltlicher Elemente, die von Petrarcas Stil ausgehen und v.a. in
Italien, Frankreich, Holland gepflegt wurden.
Rhetorisch perfekte Gestaltung durch Metaphernreihen, Antithesen, Paradoxien
Rationales Argumentationsschema auf höchstem sprachlichem Niveau statt lyrischem
Ausdruck subjektiven Gefühlslebens.
Keine Dialektausdrücke
Variation des Themas „Bittersüße Liebe“
Extreme Spannungen innerhalb der Gedichte
Verherrlichung von Körperteilen, Dingen in der Umgebung der Geliebten
Imitatio eines großen Meisters galt als Kunst, nicht die eigene genuine Schöpfung.
Sonett (von Petrarca geliebt) wurde zur beliebtesten Gedichtsform des deutschen Barock
o 2 Quartette
o 2 Terzette
o Form eignet sich, um These und Antithese gegenüberzustellen.
o Dialektischer Charakter
Memento mori – carpe diem
Durch Opitz’ Einfluss erscheinen viele Gedichte gleichartig. Dies gilt auch für die Themen:
Memento mori
Vanitas (Anklingen der Eitelkeit der Welt)
Ideal des christlichen Stoizismus
Positive, weltzugewandte Antwort auf Vergänglichkeitsgedanke: Carpe Diem
o Liebesgedichte (meist im Schäfergewand)
o Tanz- und Trinklieder
Repräsentative Staatsdichtung
o Preis- und Ehrengedichte auf den Landesfürsten und seine Familie
Richard Leinstein
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 All diese Gedichte bestätigen die bestehende Welt- und Gesellschaftsordnung als
gottgewollt. Leid und Unglück habe ihren Sinn und bedingen die Erlösung im Jenseits.
 In dieser zutiefst verunsicherten Zeit des Umbruchs konnte die Form Halt und Trost geben.
Andreas Gryphius
Zentrale Bedeutung: Heilsgeschehen: Christi Leiden und Erlösungstat
Stil: Verlieh dem leichten italienischen Sonett feierlichen Ernst und Schwere. Kernaussage des
Gedichts „es ist alles eitel“: Sucht euer Heil nicht im Irdischen, sondern bei Gott, der allein Ewigkeit
und Bestand hat.
Vanitas
Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau
Thema: Eitelkeit. Bei Hoffmannswaldau eher Rafinesse, Spielerei als Ernst.
Marinismus (nach Giambattista Marino): Durch ausgeklügelte Raffinesse Staunen provozieren.
Oxymoron: Einsatz entgegengesetzter Begriffe
Vergänglichkeit und Dauer
Paul Fleming (1609-1640)
Einer der strengsten Anhänger Opitz’, Gedicht: Gedanken über der Zeit.
Zentrales Thema der Barockdichtung: Da alles endlich ist: Suche nach dem Dauerhaften.
Kirchlicher Glaube und stoische Demut
Andreas Gryphius
Der Glaube gab Gryphius Halt, so konnte er in seinem christlichen Stoizismus Lebensmut statt
passiver Lebenshaltung oder gar Weltflucht finden.
Paul Fleming (1609-1640)
Auch Paul Fleming zieht innere Sicherheit aus dem Glauben.
Bürgerlicher Tugendkanon des 18. Jhd: Tu, was getan sein muß, und ehe man’s dir gebietet. Wer
selbst sein Meister ist und sich beherrschen kann, dem ist die Welt untertan.  Später ähnlich bei
Kant (Postulierte die Emanzipation des Indivduums als vernünftiges, sittlich handelndes Wesen).
Anakreontik
verspielt-galant, immer um die Themen Liebe, Freundschaft, Natur, Wein, Geselligkeit kreisend
Galante Poesie – Schäferdichtung
Der Mensch des Barock lebte nicht in Zerrüttung, Freude und Pein gehörte zum Selbstverständnis
des Lebens. Schäferdichtung hat auch für die höfische Gesellschaft ihren Reiz, da sie hier ein Stück
heile Welt finden und den Kriegswirren entschwinden können.  Sehnsucht nach einem einfachen
Leben.
Richard Leinstein
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Georg Philipp Harsdörffer und Johann Klaj
Nürnberger „Pegnitzschäfer“  Eingang der Schäferdichtung in bürgerliche Kreise
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Spiel mit Sprache, Assonanzen, Binnenreim, Daktylen trotz’ Opitz’ strenger Regeln.
Aussagekräftige Adjektive und Verben geben Stimmungen wieder
Rhetorischer Eifer tritt in den Hintergrund
Ernstes Ansinnen Harsdörffers und Klajs: Beweis der Literaturfähigkeit der deutschen
Sprache.
Fürstenpreis
Huldigungsgedichte bei fürstlichen Besuchen in der Stadt, sehr formelhaft.
Das Ende der barocken Gesellschaftslyrik
Johann Christian Günter
Arbeitete noch mit den Techniken des Barock, benutzte Formeln aber nur mehr als Gefäße für sein
eigenes Erleben!.
 Auflehnung gegen Gott
 Galant-tändelnde Töne in Liebesgedichten
 Heroische Oden und spöttische Zeitkritik kennzeichnen sein Verhältnis zur Gesellschaft.
Bekanntestes Zeugnis ist der Abschiedbrief an seine Geliebte Leonore, lyrische Verarbeitung
persönlicher Erlebnisse.
Dramatische Dichtung
Die barocke Bühne
Karge Bühnenausstattung, Theater in geschlossenen Sälen.
Erfindung der Barockbühne: Das Kulisse. (Mit Tuch bespanntes und bemaltes Lattenwerk)
Umbau des Bühnenbildes: Wechselnde Handlungsorte
Effekte, die in geschlossenen Räumen nur wirkungsvoll sind: Licht, Feuer
Mehrstöckige Bühne: Oben allegorische Begleithandlung, die das Spiel in der Mitte
ausdeutet, unten Höllenfeuer oder Unterwelt. Engel oder Götter schwebten über der Bühne.
Inszenierung wurde der Dichtung gleichwertige Kunstform.
Schau-Spiel wichtiger als das Stück: Barocktheater erfand das Ballett.
Jesuitisches Schuldrama
Erkennen der pädagogischen Möglichkeiten des Schuldramas.
Sprache: Lateinisch, deutsche Aufführungen wurden unterdrückt.
„Projektunterricht“: Während des Schuljahres wurde das Stück einstudiert und am Ende
öffentlich aufgeführt.
Oper
Dramatisches Gesamtkunstwerk aus Bild, Ton, Text.
Richard Leinstein
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Das Deutschsprachige Theater
Die englischen Komödianten
Erste Berufsschauspieler in Deutschland (Herkunft nach „englische“ Komödianten)
Wanderbühnen
Anspruch: Die Aufführungen sollen unterhalten, nicht erziehen.
Zunächst hauptsächlich Stücke von Shakespeare, Marlowe
Prosa als Ausdrucksform des Spiels (Da die engl. Stücke übersetzt, vereinfacht werden
mussten)
Hanswurst als wichtige Figur.
Die erzählende Dichtung
Kaum Anknüpfen an stadtbürgerliche Traditionen wie Schwankdichtung oder Volksbücher,
stattdessen Übersetzungen und Bearbeitungen ausländischer Werke.
Schelmen- oder Pikaroroman
Satirisches Gegenstück zum höfischen Roman.
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Simplicissimus Teutsch
Niedere Herkunft macht schamlose Offenheit plausibel
Außenseiter-Perspektive
Auf und Ab, letztlich Rückkehr zu Gott
Der höfische Roman
Verbindung heroischer Elemente des Ritterromans mit staats- und Gesellschaftskritischen Aspekten.
Richard Leinstein