Gesamtausgabe als PDF - Schweizerische Ärztezeitung

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Gesamtausgabe als PDF - Schweizerische Ärztezeitung
Schweizerische Ärz tezeitung
Bollet tino dei medici svizzeri
18
4. 5. 2011
Bulletin des médecins suisses
Editorial
6 47
Der Hausbesuch ist die Kernkompetenz
des Hausarztes!
FMH - Ressor t Tarife und Ver träge
649
Sparten, TARVISION und QUALAB
Swiss Insurance Medicine SIM
65 4
Stolpersteine in der beruflichen
Wiedereingliederung
Tribüne
673
Die dritte Todesart: der psychogene Tod
Horizonte
6 81
Das Potential der Graphologie in der Arztpraxis
«Zu guter Let z t» von Erhard Taverna
Bio-Tüftler
Editores Medicorum Helveticorum
Offizielles Organ der FMH und der FMH Services www.saez.ch
Organe officiel de la FMH et de FMH Services www.bullmed.ch
Bollettino ufficiale della FMH e del FMH Services
6 86
I N H A LT
FMH
FMH Services
Editorial
647 Der Hausbesuch ist die Kernkompetenz
des Hausarztes!
Ernst Gähler
662 Seminare / Séminaires / Seminari 2011
FMH Services
Tarif-Fragen
649 Sparten, TARVISION und QUALAB
Ernst Gähler, Susanne Christen, Irène Marty
Das neue Spartenkonzept TARMED bildet den Schwerpunkt dieser aktuellen Tarif-Informationen mit Antworten
664 Berufliche Vorsorge BVG
FMH Insurance Services
665 Stellen und Praxen
Tribüne
auf wichtige Fragen: Was hat sich in der neuen Version des
Spartenkonzepts geändert? Für wen gilt sie? Wie kommt
man zu einer Spartenanerkennung? Wie wird sie überprüft?
Zentralvorstand
651 Zentralvorstandssitzung
vom 17. Februar 2011
Standpunkt
673 Die dritte Todesart: der psychogene Tod
Thomas Knecht
Dieser und auch der folgende Beitrag nehmen Stellung
zu einem SÄZ-Beitrag über den Todesfall während einer
Zwangsausschaffung. Neben der in der Forensik üblichen
Unterscheidung zwischen natürlichem und nicht-natürli-
652 Personalien
Organisationen der Ärzteschaft
SIM
654 Stolpersteine in der beruflichen Wiedereingliederung
Bruno Soltermann
Ein Bericht über die Jahrestagung der Swiss Insurance
chem Tod sei der psychogene Tod eine dritte Variante.
675 Begleitung einer Ausschaffung durch Ärzte:
ethische Aspekte
Jörg Nef
Eine klare Stellungnahme gegen den Einsatz von Ärzten
als Begleiter bei Zwangsausschaffungen. Die medizinische
Überwachung staatlicher Gewaltanwendung sei keine ärztliche Aufgabe, Ärzte müssten Gewaltanwendung verhindern, nicht begleiten.
Medicine. Alle Teilnehmer waren sich einig, dass die berufliche Reintegration besonders erfolgreich ist, wenn sie früh
und koordiniert erfolgt. Darüber, wie dies gewährleistet
werden kann, gingen die Meinungen jedoch auseinander.
Thema
676 Orthopädenmangel 2020
Josef E. Brandenberg
Der Mangel an Grundversorgern ist vielen bewusst. Doch
SÄZ-Podiumsdiskussion
655 Woher nehmen wir die Ärzte
für die Schweiz?
Brisante Themen am 24. Mai beim SÄZ-Podium in Basel:
Der Rückgriff auf ausländische Ärzte zur Bedarfsdeckung
gerät aus vielerlei Gründen zunehmend in die Kritik. Herausforderungen birgt auch, neben positiven Effekten, die
Tendenz zur Feminisierung der Medizin. Podiumsgäste
und Publikum diskutieren.
Briefe / Mitteilungen
656 Briefe an die SÄZ
659 Facharztprüfungen /Mitteilungen
auch bei Spezialisten zeichnet sich in der Schweiz eine prekäre Lage ab: Die hier vorliegende Auswertung und Hochrechnung aktueller Daten lässt auf einen erheblichen Mangel an Orthopäden im Jahr 2020 schliessen.
I N H A LT
Tribüne
Zu guter Letzt
Thema
679 Dr. Moser geht, und Dr. House darf bleiben
EMH-Newsservice
In der SÄZ vom 1. April wurde über eine neue Arztserie
auf SF1 berichtet. Noch bevor diese startet, bahnen sich
ebenso überraschende wie tiefgreifende Veränderungen
an. Informieren Sie sich über den letzten Stand der Entwicklungen.
680 Spectrum
Horizonte
Streiflicht
681 Das Potential der Graphologie in der Arztpraxis
Max Schreier
Was braucht der Graphologe? Wie geht er vor? Wie steht
es mit der Zuverlässigkeit und Gültigkeit graphologischer
Aussagen? Grundlegende Fragen der Graphologie werden
686 Bio-Tüftler
Erhard Taverna
Im Internet hat Erhard Taverna eine «biomedizinische
Anarchistenszene» ausgemacht: «Biohacker» organisieren
sich weltweit in Netzwerken, ein wachsender Untergrund
vereinigt etablierte Forscher mit berufsfremden Laien. Letztere sollen das Polio-Virus bereits nachgebaut haben.
hier erörtert. Auch der folgende Artikel beschäftigt sich
mit diesem umstrittenen Gebiet der Psychologie.
685 Wie sich die Person ausdrückt
Jürg Kesselring
Anna
IMPRESSUM
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Pharmazeutische Medizin: Dr. P. Kleist
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ISSN 0036-7486
ISSN 1424-4004 (Elektronische Ausg.)
Prävention und Gesundheitswesen:
Dr. C. Junker
Psychiatrie und Psychotherapie:
Dr. G. Ebner
Radiologie: Prof. Dr. B. Marincek
Radioonkologie: Prof. Dr. D. M. Aebersold
Rechtsmedizin: Prof. T. Krompecher
Rheumatologie: Prof. Dr. M. Seitz
Thorax-, Herz- und Gefässchirurgie:
Prof. Dr. T. Carrel
Tropen- und Reisemedizin: PD Dr. C. Hatz
Urologie: PD Dr. T. Zellweger
FMH
Editorial
Der Hausbesuch ist die Kernkompetenz
des Hausarztes!
Hausbesuche sind ein wichtiges Qualitätsinstrument der
Grundversorgung. Sie ermöglichen eine effiziente, kostengünstige und lückenlose Betreuung von Patienten, verhindern unnötige Hospitalisationen und frühzeitige Einweisungen in Pflegeheime.
Kurz und gut – Hausbesuche
erlauben eine kostengünstige
Versorgung unserer Bevölkerung ohne Qualitätseinbusse. Das BAG und der Bundesrat
haben die Abgeltung der Besuchs-Inkonvenienz-Pauschale
(BIP) erst vor wenigen Tagen endlich bis zum 31. März 2012
verlängert. Warum tut sich das BAG trotzdem so schwer mit
der Verlängerung der BIP und damit, ein klares Zeichen für
die Stärkung der Hausarztmedizin zu setzen?
Vor der Einführung der BIP waren Hausbesuche für einen
Hausarzt ein «Verlustgeschäft». Seine Praxis steht leer, während er den Patienten zu Hause betreut, die entstehenden
Unkosten bekam der Arzt jedoch nicht vergütet. Um Haus-
Hausarztbesuche sind eine kostengünstige
Alternative zu Hospitalisationen und Aufenthalten
in Pflegeheimen.
besuche attraktiver zu machen und vor allem um die Abwesenheit des Arztes in der Praxis abzugelten, wurde 2009 die
BIP mit Gültigkeit bis März 2010 eingeführt und mit der
TARMED Position 00.0065 mit 40 Taxpunkten pro Besuch
abgegolten. Im Hinblick auf die Revision des TARMED
wurde sie auf Druck der Kostenträger lediglich auf ein Jahr
befristet und sollte danach in die neue Tarif-Struktur* überführt werden. Kurz vor Weihnachten 2009 verkündete santésuisse, sie sei nicht gewillt, die Abgeltung der BIP definitiv
zu verlängern. Auf Druck der FMH änderte der Verwaltungsrat von santésuisse seine Haltung und beschloss am 24. März
2010, die Abgeltung der BIP zu verlängern.
Am 1. Juli 2010 haben die vier Vertragspartner FMH, H+,
die MTK und santésuisse gemeinsam die Verlängerung der
Position der BIP dem BAG mitgeteilt. TARMEDSuisse war der
Meinung, dass aufgrund der Tatsache, dass der Bundesrat die
BIP ursprünglich ja bereits genehmigt hatte, eine Verlängerung der identischen Position nicht nochmals genehmigungspflichtig sei. Auf Empfehlung des BAG wurde dann
Mitte Dezember nochmals das Gesamtpaket für die Verlängerung der BIP für die Zeiträume vom 1. April 2010 bis
31. Dezember 2010 und 1. Januar 2011 bis 31. März 2012 beantragt.
Die FMH hat sich erfolgreich für die BIP
eingesetzt – endlich hat der Bundesrat
der Abgeltung bis Ende März 2012 zugestimmt.
Das BAG und der Bundesrat haben sich dann bis zum
19. April 2011 Zeit gelassen, um die Verlängerung rückwirkend ab dem 1. Januar 2011 bis 31. März 2012 zu verlängern.
Für die Zeit vom 1. April 2010 bis 31. Dezember 2010 fühlten sie sich nicht mehr zuständig, da die Vereinbarung bereits abgelaufen war – Seldwyla lässt grüssen!
Es hat sich schliesslich gezeigt, dass sich hartnäckige Beharrlichkeit lohnt. Diese Story macht aber klar, wie langsam
die Mühlen des Staates mahlen und wo die Prioritäten zur
Stärkung der Hausarztmedizin wirklich gesetzt werden. Die
meisten Krankenversicherer haben – trotz der unsäglichen
Verzögerung der ausstehenden Genehmigung durch den
Bundesrat – die BIP anstandslos entschädigt und somit zumindest ein positives psychologisches Zeichen für die Hausarztmedizin gesetzt.
Dr. med. Ernst Gähler,
Vizepräsident der FMH,
Verantwortlicher Ressort Tarife und Verträge
* Das gemeinsame Projekt «TARMED 2010» ist nun aber leider seit
den letzten Anpassungen im November 2008 blockiert, weil es
nicht gelungen ist, eine Entkoppelung der Revision «Tarifstruktur» (zuständig ist das Gremium TARMEDSuisse) und des
«Pricing» (Tarifierung; zuständig für die Tarifverhandlungen sind
die Kantonalen Ärztegesellschaften und die kantonalen Vertretungen der Versicherer) zu erreichen. Trotz verschiedener Gespräche mit Exponenten von santésuisse, bei denen ein Lösungsvorschlag der Versicherer in Aussicht gestellt wurde, ist dieser bis
heute bedauerlicherweise ausgeblieben. Die FMH hat darum am
20. Oktober 2010 mit «TARVISION» die Revision des TARMED
selber in Angriff genommen.
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FMH
Ta r i f - F r a g e n
Sparten, TARVISION
und QUALAB
Ernst Gähler a, Susanne
Christen b, Irène Marty c
a Dr. med., Vizepräsident FMH,
Verantwortlicher Ressort
Tarife und Verträge
b Dr. med., Projektleiterin
Ressort Tarife und Verträge
c Ressortleiterin Tarife und
Verträge
Neues Spartenkonzept TARMED in Kraft
Im vergangenen Jahr hat die PaKoDig (Paritätische
Kommission Dignitäten) von TARMED Suisse das
Spartenkonzept TARMED überarbeitet. Das Konzept
über die Anerkennung von Sparten nach TARMED,
Version 2.3 vom 26.8.2010, wurde vom Leitungs­
gremium TARMED Suisse am 10. November 2010
genehmigt. Seit dem 30. März 2011 ist es auf der Web­
site von TARMED Suisse aufgeschaltet (www.tarmed­
suisse.ch → Spartenanerkennung).
Was ist das Spartenkonzept und für wen gilt es?
Jede Leistungsposition ist im Vertragswerk TARMED
einer bestimmt Sparte zugeordnet. Sparten beziehen
sich normalerweise auf die Räumlichkeiten, in wel­
chen bestimmte Leistungen erbracht werden. Das
Spartenkonzept liefert Abgrenzungskriterien unter
den verschiedenen Sparten im TARMED. Punkt 1
«Grundlage» im Spartenkonzept formuliert es folgen­
dermassen:
«1 Überall dort, wo eine Leistung rein praktisch auch
in einer anderen (sprich niedriger installierten TARMEDSparte) erbracht werden könnte, braucht es Abgrenzungskriterien.
2 Die Kriterien stellen sicher, dass bestimmte Leistungen nur dann von einem Leistungserbringer mit dem entsprechenden Kostensatz dieser Sparte abgerechnet werden
können, wenn er die in der TARMED-Modellberechnung
berücksichtigten Kriterien hinsichtlich personeller, räumlicher und technischer Infrastruktur erfüllt.»
Nicht alle Sparten im TARMED brauchen eine An­
erkennung:
«3 In denjenigen Sparten, in welchen die Zuordnung
der Leistung selbstverständlich und eindeutig ist (z.B. weil
ein bestimmtes Gerät oder die entsprechende Personalqualifikation vorhanden sein muss), braucht es von Seiten
TARMED keine Anerkennung.»
Für den Arzt mit eigener Praxis können folgende
Spartenanerkennungen relevant sein:
– Praxis­OP / OP I (vgl. Beilage A im Spartenkonzept)
– Delegierte Psychotherapie in der Arztpraxis (Bei­
lage G)
– Betriebsstelle Radiologie (Beilage J)
Die Anerkennungskriterien unterscheiden sich je
nach Sparte. Allen Anerkennungen gemeinsam ist je­
doch das Grundprinzip der Selbstdeklaration.
Um zu entscheiden, welche Spartenanerkennun­
gen ein Arzt braucht, muss er bei seinen Leistungen,
die er im Rahmen vom TARMED erbringen und den
Krankenkassen in Rechnung stellen will, im TARMED­
Browser nachschauen, welche Sparte dort hinterlegt
ist.
Ein Beispiel:
– Die TARMED­Position «04.0630 Exzision subkuta­
ner Prozess: Gesicht, Hals (ohne Nacken), Hand,
mehr als 2 cm Exzisat, erste 2 cm (max. Durch­
messer)» braucht eine Anerkennung Praxis­OP
oder OP I, da die der Leistung hinterlegte Sparte
«OP I» ist.
– Führt ein Arzt jedoch nur kleinere Exzisionen
durch, gemäss der Position «04.0610 Exzision
subkutaner Prozess: Gesicht, Hals (ohne Nacken),
Hand, bis 2 cm Exzisat (max. Durchmesser)»
braucht es keine Spartenanerkennung OP I oder
Praxis­OP, da die Sparte dort «UBR Chirurgie und
Kinderchirurgie» ist.
Oft verwechselt oder gleichgesetzt werden die beiden
Themen «Sparte» und «Dignität». Es ist wichtig, diese
Begriffe zu trennen: Der Arzt muss im Besitz einer be­
stimmten qualitativen Dignität sein (zum Beispiel
Facharzttitel Dermatologie und Venerologie), um
eine Leistung zulasten der Sozialversicherungen ab­
rechnen zu können. Dies gilt für alle Leistungen im
TARMED. Zudem muss er jedoch allenfalls auch die
Spartenanerkennung besitzen, um eine entsprechende
Leistung abrechnen zu können.
Wie wird die Spartenanerkennung überprüft?
Zuständig für die Anerkennung von Sparten (und
deren Inhabern) ist die Paritätische Kommission
Dignitäten, kurz PaKoDig von TARMED Suisse. Sie
entscheidet über Annahme oder Ablehnung eines
Gesuches und sie führt auch die jährlichen Stich­
probenüberprüfungen durch.
Alle Anerkennungen werden bei den entspre­
chenden Verbänden (FMH für die Praxissparten, H+
für die Spartenanerkennungen im Spital) in Daten­
banken geführt und verwaltet. Jedes Quartal liefern
die beiden Verbände ihre aktualisierten Daten an
TARMED Suisse. Dort werden sie in einer Datenbank
zusammengeführt und santésuisse zugänglich ge­
macht. Die Krankenkassen können via diese Daten­
bank prüfen, ob ein bestimmter Rechnungssteller
über die entsprechende Spartenanerkennung verfügt.
Wie komme ich zu einer Spartenanerkennung?
Ein Praxisarzt findet alle entsprechenden Informatio­
nen und Formulare für die oben genannten Sparten­
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FMH
Ta r i f - F r a g e n
Willy Oggier am Tarifdelegierten-Tag.
OP II und OP III (vgl. Beilage A im Spartenkonzept)
aktualisiert, wobei Anerkennungen für OP II und OP III
nur für Spitäler existieren.
In den Anerkennungssparten
– Nichtärztliche Leistungen in der Spitalpsychiatrie
(Kap. 02.02 TARMED) Beilage E,
– Nichtärztliche ambulante Leistungen in der Psych­
iatrie (Kap. 02.04 TARMED) Beilage F und
– Delegierte Psychotherapie in der Arztpraxis
(Kap. 02.03 TARMED) Beilage G
ist nun definitiv verankert, dass der delegierende Arzt
entweder den Facharzttitel «Kinder­ und Jugend­
psychiatrie und ­psychotherapie» oder «Psychiatrie
und Psychotherapie», oder den Fähigkeitsausweis
«Delegierte Psychotherapie» besitzen muss. Diese
Leistungen lediglich als Besitzstandspositionen zu
führen und zu validieren, reicht also nicht mehr.
Ferner wurde im Spartenkonzept ein neuer Punkt
über den «Umgang mit Veränderung in den Unter­
nehmensstrukturen bezüglich Selbstdeklarations­
verfahren und Datenbank» (vgl. Punkt 6, Seite 4 im
Spartenkonzept) eingefügt. Das Kapitel betrifft vor
allem Spitalinstitutionen.
Gutbesuchter Tarifdelegierten-Tag «TARVISION – Tarif Revision TARMED»
Rund 80 Teilnehmer nahmen am Tarifdelegierten­Tag
vom 23. März 2011 teil. Die Feedbacks der Teilneh­
mer waren weitgehend positiv. Das Referat «TARMED
2020 aus Sicht eines Gesundheitsökonomen» von
Willy Oggier hat neue Impulse gesetzt, und die Frage­
stunde mit Amtsleiter Dr. Pascal Strupler nach seinem
Referat «Revision Tarifstruktur TARMED – Was erwar­
tet das BAG?» hat auf beiden Seiten Ängste abgebaut.
In den vier Workshops wurde Wissen zu den Themen
«Kostenmodelle», «Daten – Die Rolle von NewIndex
und der NAKO», «Kommissionen rund um TARMED»
und «Projekt TARVISION­Erfahrungsaustausch» aktiv
vertieft.
Der nächste Tarifdelegierten­Tag findet am
Donnerstag, 20. Oktober 2011 im Hotel Bern in Bern
statt.
Konzentrierte Workshoparbeit am Tarifdelegierten-Tag.
anerkennungen auf der Homepage der FMH (www.
fmh.ch → Tarife → TARMED Tarif → Spartenkonzept).
Die Gesuche gehen zuerst an das Ressort Tarife und
Verträge der FMH in Olten, wo sie auf ihre formelle
Richtigkeit überprüft werden. Die Gesuche für die An­
erkennung eines Praxis­OP oder eines OP I gehen
dann in die Kommission PaKoDig und werden dort
geprüft und genehmigt.
Was hat sich in der neuen Version des Spartenkonzepts geändert?
In der neuen Version 2.3 wurden hauptsächlich die
Anerkennungskriterien der Sparten Praxis­OP, OP I,
QUALAB: Obligatorische externe Qualitätskontrolle
Die Positionsnummer 3358.00 (Spezielle Mikroskopie:
Färbung nach Ziehl­Neelsen) wird retroaktiv auf den
1. 1. 2011 aus der Liste der Analysen für die obligato­
rische externe Qualitätskontrolle gestrichen. Das
heisst, Fachärztinnen und ­ärzte für Dermatologie
und Venerologie, Gynäkologie und Tropenmedizin
können weiterhin die Tarifposition 3358.00 Spezielle
Mikroskopie (Acridineorange, Ziehl­Neelsen, Aura­
min­Rhodamin, inklusive Dunkelfeld, Phasenkon­
trast usw., KOH, Pilze) verrechnen, müssen jedoch ak­
tuell keinen externen Ringversuch zu dieser Position
mehr durchführen.
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FMH
Zentralvorstand
Aus dem Protokoll
Zentralvorstandssitzung vom 17. Februar 2011
Nachfolgeregelung Zulassungsstopp – Ende 2011
läuft der Zulassungsstopp aus. Die GDK hat sich für
eine erneute Verlängerung um drei Jahre ausgesprochen. Der Zentralvorstand der FMH wird der Delegiertenversammlung antragen, entweder den Zulassungsstopp auslaufen zu lassen oder eine kantonale
Regulierungsmöglichkeit für die künftige Ressourcensteuerung vorzuschlagen.
e-Health: Studie Regulierungsfolgenabschätzung –
Die FMH hat Kritik geübt an verschiedenen Punkten
einer BAG-Studie zur Regulierungsfolgenabschätzung. Diese bezweckt, Kosten und Nutzen einer gesetzlichen Regulierung zu eHealth zu evaluieren. Das
BAG bezieht die Stellungnahme der FMH in die Überarbeitung der Regulierungsfolgenabschätzung ein.
Ärztliche Medikamentenabgabe – FMH und santésuisse haben ein Absichtspapier zur ärztlichen Medikamentenabgabe unterschrieben, welches im März
der Delegiertenversammlung vorgelegt wurde. Die
konkreten Verhandlungen zum neuen Modell für die
ärztliche Medikamentenabgabe beginnen im April.
Begleitforschung SwissDRG – Die FMH schreibt gemeinsam mit H+ das Forschungsprojekt «Begleitende
Untersuchung aus Anlass der Einführung von SwissDRG: Leistungs- und Kostenverschiebungen zwischen
dem akutstationären und dem spital-/praxisambulanten Sektor» aus. Aktuell gibt es für diesen Bereich
keine Statistiken.
Rare Diseases – Die FMH hat gemeinsam mit verschiedenen Gesundheitspartnern an der Kick-offSitzung zur Konstituierung der «IG Orphan Drugs»
teilgenommen. Die Interessengemeinschaft beabsichtigt, die Sensibilisierungsarbeit für seltene Krankheiten in verschiedenen Bereichen zu koordinieren.
Zunächst soll eine Liste seltener Krankheiten erarbeitet und eine Geschäftsstelle eingesetzt werden.
Arbeitsgruppe «Übergriff in Arztpraxen» – Die Arbeitsgruppe «Übergriff in Arzpraxen» hat die Arbeit
aufgenommen. Ziel ist es, dass bereits registrierte und
überführte Täter, die wieder ihre Tätigkeit in der
Praxis aufnehmen, nicht erneut Übergriffe begehen.
Wissen, was läuft.
Das News-Paket der FMH.
Schweizerische Ärztezeitung, Today’s Press,
politoscope. Für Mitglieder kostenlos.
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FMH
Personalien
Todesfälle / Décès / Decessi
Gérard Soldevila (1931), † 5. 1. 2011,
1305 Penthalaz
Claus Wimpfheimer (1949), † 2. 4. 2011,
Facharzt für Innere Medizin und Facharzt
für Endokrinologie/Diabetologie,
6004 Luzern
Joseph Bucher (1922), † 30. 3. 2011,
Facharzt für Allgemeinmedizin, 4242 Laufen
Arnold Silberschmidt (1916), † 6. 4. 2011,
Facharzt für Innere Medizin, 8805 Richterswil
Victor Baltzer (1926), † 7. 4. 2011,
4053 Basel
Otto M. Hess (1946), † 7. 4. 2011,
Facharzt für Innere Medizin und Facharzt
für Kardiologie, 3010 Bern
Gion Mark (1944), † 13. 4. 2011,
Facharzt für Chirurgie, 7453 Tinizong
Josef Schwitter (1940), † 7. 4. 2011,
Facharzt für Allgemeinmedizin, 8047 Zürich
Praxiseröffnung /
Nouveaux cabinets médicaux /
Nuovi studi medici
BE
Corinne Vuille-Rüber,
Fachärztin für Allgemeine Innere Medizin,
Weier 4k, 3616 Schwarzenegg
FR
Srdan Dojcinovic,
Spécialiste en chirurgie orthopédique et
traumatologie de l’appareil locomoteur,
4, rue Georges-Jordil, 1700 Fribourg
SG
Matthias Jacobi,
Facharzt für Orthopädische Chirurgie und
Traumatologie des Bewegungsapparates,
Rorschacher Strasse 150, Postfach 190,
9006 St. Gallen
VD
Abram Morel,
Spécialiste en médecine générale,
6, place du Marché, 1350 Orbe
ZH
Andreas Schiller,
Facharzt für Neurologie,
Im eisernen Zeit 1, 8057 Zürich
Sabine Strasser,
Fachärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie,
Florastrasse 16, 8632 Tann
Armin Breyer,
Facharzt für Ophthalmologie,
Stadthausstrasse 71, 8400 Winterthur
Salome Hatt Brupbacher,
Fachärztin für Ophthalmologie,
Stadthausstrasse 71, 8400 Winterthur
Daniel Matter,
Facharzt für Allgemeinmedizin,
Schlossbergstrasse 5, 8802 Kilchberg ZH
Ralf Siedenberg,
Facharzt für Neurologie,
Kronenstrasse 9, 8712 Stäfa
Ingrid Wellmann,
Praktische Ärztin,
Frauenfelderstrasse 69, 8404 Winterthur
VS
Sabine Indermaur,
Spécialiste en pédiatrie,
21, avenue des Alpes, 3960 Sierre
Anne-Laure Bonvin,
Spécialiste en médecine interne,
13, rue des Cédres, 1950 Sion
Danielle Marion,
Médecin praticien,
12, route de Boytre, 1966 Ayent
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652
FMH
Personalien
Aargauischer Ärzteverband
Zur Aufnahme als ordentliche praktizierende
Mitglieder in den Aargauischen Ärzteverband
haben sich angemeldet:
Dr. med. Hannelore Klemann, Kilchberg, Fachärztin für Anästhesiologie, Chefärztin am Kreisspital für das Freiamt, Muri seit 1. April 2011
Dr. med. Valérie Oesch-Hofmann, Brügg, Fachärztin für Kinderchirurgie FMH, Chefärztin
am Kantonsspital Aarau AG seit 1. April 2011
Diese Kandidaturen werden in Anwendung
von Art. 5 der Statuten des Aargauischen Ärzteverbandes veröffentlicht. Einsprachen müssen innert 14 Tagen seit der Bekanntmachung
schriftlich und begründet der Geschäftsleitung des Aargauischen Ärzteverbandes eingereicht werden. Nach Ablauf der Einsprachefrist entscheidet die Geschäftsleitung über
Gesuch und allfällige Einsprachen.
Ärztegesellschaft des Kantons Bern
Ärztlicher Bezirksverein Bern Regio
Zur Aufnahme als ordentliche Mitglieder
haben sich angemeldet:
Dr. med. Simone Wienert, Fachärztin für
Dermatologie und Venerologie FMH, Moserstrasse 15, 3014 Bern
Med. pract. Jean Jacques Lanz, Facharzt für
Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie FMH, Klinik Neuhaus, Untere Zollgasse 99c, 3063 Ittigen
Einsprachen gegen diese Vorhaben müssen
innerhalb 14 Tagen seit dieser Veröffentlichung schriftlich und begründet beim Präsidenten des Ärztlichen Bezirksvereins Bern Regio eingereicht werden. Nach Ablauf der Einsprachefrist entscheidet der Vorstand über die
Aufnahme der Gesuche und über die allfälligen Einsprachen.
Ärztegesellschaft des Kantons
Luzern
Zur Aufnahme in unsere Gesellschaft Sektion
Stadt hat sich angemeldet:
Dr. med. Nicola Biasca, Spezialarzt für Chirurgie und orthopädische Chirurgie FMH, Praxis
ab 15. Juni 2011: Orthopädische Klinik Luzern AG, St. Anna-Strasse 32, 6006 Luzern
Zur Aufnahme in unsere Gesellschaft Sektion
Gäu hat sich angemeldet:
Dr. med. Andreas Infanger, Facharzt für ORL
FMH, Praxis ab 1. Oktober 2011: Spitalstrasse
16 b, 6210 Sursee
Ehrungen / Distinctions
Medaille der Karls-Universität Prag
Zu Ehren des 80. Geburtstages von Prof. Dr.
med. Karel Vritčka fand im Oktober 2010 im
Kantonsspital Luzern ein internationales Phoniatrie-Symposium statt. Als Anerkennung
seiner Verdienste um die tschechoslowakische Stimm- und Sprachheilkunde sowie um
die Verbreitung der Prinzipien der Prager
Phoniatrischen Schule in der Schweiz und
dem europäischen Raum überreichte Dozentin Dr. med. O. Dlouha, Prag, dem Jubilar die
Medaille der Medizinischen Fakultät der
Karls-Universität.
Einsprachen sind innert 20 Tagen zu richten an
das Sekretariat, Schwanenplatz 7, 6004 Luzern,
Fax 041 410 80 60
Ärzte-Gesellschaft des Kantons Zug
Zur Aufnahme in die Ärzte-Gesellschaft des
Kantons Zug als ordentliches Mitglied hat
sich angemeldet:
Dr. med. Robert Josef Matter, Facharzt für
Allgemeinmedizin FMH, Grosserstrasse 8,
8841 Gross (Praxisübernahme Dr. H. Razavi,
Cham)
Einsprachen gegen diese Kandidatur müssen
innerhalb 14 Tagen seit dieser Veröffentlichung schriftlich und begründet beim Sekretariat der Ärzte-Gesellschaft des Kantons Zug
eingereicht werden. Nach Ablauf der Einsprachefrist entscheidet der Vorstand über Gesuch und allfällige Einsprachen.
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O R G A N I S AT I O N E N D E R Ä R Z T E S C H A F T
SIM
Jahrestagung der Swiss Insurance Medicine SIM
Stolpersteine in der beruflichen
Wiedereingliederung
Bruno Soltermann
Präsident Swiss Insurance
Medicine SIM
Korrespondenz:
Dr. med. Bruno Soltermann
Facharzt für Chirurgie FMH
C.F. Meyer­Strasse 14
CH­8022 Zürich
Tel. 044 208 28 65
Fax 044 208 28 35
[email protected]
Die Swiss Insurance Medicine SIM hat die diesjährige
Tagung vom 24. März 2011 unter das Motto «Stolper­
steine in der beruflichen Wiedereingliederung» gestellt.
Arbeit betrifft uns alle, das Individuum, die Ge­
sellschaft und die Wirtschaft, die Gesundheit ebenso.
Langzeitausfälle bei der Arbeit im Zusammenhang
mit gesundheitlichen Problemen kosten die schwei­
zerische Wirtschaft sowie das soziale und private Ver­
sicherungssystem immer mehr. Dies führt zu steigen­
den Belastungen der Privathaushalte durch Steuern
und Prämien. Die Arbeitslosen selber haben nicht nur
finanziellen Schaden, sondern verlieren rasch ihre
Rolle in Gesellschaft und Familie, und die daraus
resultierenden schlechteren Lebensperspektiven wir­
ken krankmachend. Als prognostisch grösstes Risiko
für eine Langzeitabsenz respektive ein definitives
Ausscheiden aus dem Arbeitsprozess und damit auch
für eine Berentung wirken die Dauer der Arbeitsun­
fähigkeit und gehäufte Arbeitsausfälle.
In den letzten Jahren wurden verschiedene Mass­
nahmen ergriffen, um die Dauer einer Arbeitsabsenz
möglichst kurz zu halten und so die Abwärtsspirale
rechtzeitig zu unterbinden. Als Akteure in der berufli­
chen Eingliederung wirken Arbeitgeber, ärztliche
Grundversorger, zunehmend auch in Form von Ärz­
tenetzwerken, Rehabilitationszentren, Case Manager,
Berufsberater und Arbeitsvermittler, die Invalidenver­
sicherung, die Regionalen Arbeitsvermittlungen, die
Unfallversicherer wie auch Krankentaggeldversiche­
rer und Lebensversicherer mit der Unterstützung von
Versicherungsmedizinern. Andere wie z. B. die Kran­
kenversicherer wirken indirekt auf die Eingliederung.
Trotz vieler Bemühungen und zuletzt positiven Ent­
wicklungen in Bezug auf Neuberentungen in der IV
bestehen Stolpersteine bei der beruflichen Wiederein­
gliederung. Einige wurden an der Tagung aufgezeigt
und diskutiert: ein kompliziertes Sozial­ und Ver­
sicherungssystem mit verschiedenen, zum Teil diver­
gierenden Interessenlagen, zu lange Kommunikations­
wege, Rollenkonflikte bei Ärzten, ein periodischer
Krankheitsverlauf, Kostenbremse bei der Krankenver­
sicherung und beim Staat, wenig Tradition in der Ge­
sundheitsvorsorge am Arbeitsplatz, Datenschutz, Ein­
gliederungsziele bei gleichzeitigen Sparzielen in der
IV, Vorhandensein geeigneter Arbeitsplätze und stei­
gender Produktivitätsanspruch in der Arbeitswelt.
Initiativen kommen von den Arbeitgebern, von
medizinischer Seite und von den Versicherern. Alle
waren sich trotz unterschiedlicher Interessenlage einig,
dass Lösungsansätze auf der Erkenntnis beruhen müs­
sen, dass die berufliche Reintegration kranker oder ver­
unfallter Menschen dann erfolgversprechend ist, wenn
sie früh beginnt, fachkompetent betrieben wird und
koordiniert erfolgt. Unbeantwortet bleiben die Fragen,
wie diese mit Engagement betriebenen institutions­
spezifischen Ansätze in einen gemeinsamen, übergrei­
fenden Lösungsansatz überführt werden können und
wer diesen Versuch zur gemeinsamen übergreifenden
Lösung anführt. Letztlich wird die Politik eine wichtige
Rolle bei der Gestaltung der Rahmenbedingungen
spielen.
Die SIM möchte darauf hinweisen, dass die Ärzteschaft bei der beruflichen Wiedereingliederung wohl die
wichtigste Rolle spielt. Die Bestrebungen, Patientinnen
und Patienten wieder an den Arbeitsplatz zurückzuführen,
muss nicht gratis geschehen, wie dies leider immer wieder
zu hören ist. Für die IV gilt bereits seit April 2008 ausserhalb TARMED eine Stundenlohnentschädigung für Ärztinnen und Ärzte, die sich in der Eingliederung für ihre
Patienten engagieren. Eine Besprechung zwischen Arzt,
Versicherten und IV-Stellenmitarbeitern kann mit dem
Leistungscode 299 «Andere Abklärungen» verrechnet werden. Hier gilt der Ansatz von 200 Franken pro Stunde. Die
Suva hat solche Abgeltungen innerhalb verschiedener Ärztenetzwerke vertraglich abgeschlossen, und die privaten
Unfallversicherer werden in Kürze diese Honorierungen
ausserhalb TARMED für die gesamte Ärzteschaft einführen, die Ansätze sind ebenfalls 200 Franken pro Stunde.
Versicherungsmedizinisches Forum Risiko­
prüfung in der Personenversicherung
Die Swiss Insurance Medicine SIM hat zusammen mit
Fachpersonen im Lebensversicherungsbereich der
Privatversicherer ein Grundmodul Risikoprüfung in
der Lebensversicherung erarbeitet und am 27. Januar
2011 bereits zum dritten Mal durchgeführt. Die SIM
möchte nun einen Schritt weiter gehen und ein ver­
sicherungsmedizinisches Forum unter den Aspekten
der Risikoprüfung in der Personenversicherung durch­
führen. Das Thema widmet sich jeweils dem voran­
gegangenen halbjährlich erscheinenden Medinfo des
Schweizerischen Versicherungsverbandes, und die The­
matik innerhalb des Forums wird dann vertieft. Das
Medinfo wird mit der SÄZ an alle Ärzte verteilt, ein­
sehbar auch unter www.svv.ch/publikationen.
Das erste versicherungsmedizinische Forum wid­
met sich dem metabolischen Syndrom. Es wird am
Donnerstag, 19. Mai 2011 von 13.30–17.30 Uhr im
Auditorium Tüfihaus, SwissRe, Adliswil durchgeführt.
Anmeldung unter www.swiss­insurance­medicine.ch
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SÄZ-PODIUMSDISKUSSION
Podiumsdiskussion der Schweizerischen Ärztezeitung
in Zusammenarbeit mit der Medizinischen Gesellschaft Basel
MedGes und der Ärztegesellschaft des Kantons Baselland,
Dienstag, 24. Mai 2011, 19–21 Uhr, Grand Hotel Les Trois Rois, Basel
Woher nehmen wir die Ärzte
für die Schweiz?
Carlo Conti
Marianne Laifer
Cornelia Oertle
Gert Printzen
Stefan Spycher
Das Dilemma ist bekannt, aber ungelöst: In der
Schweiz werden zu wenige Ärztinnen und Ärzte aus­
gebildet, um den Bedarf in den einheimischen Spi­
tälern und Praxen decken zu können. Damit eine
hohe Versorgungsqualität gewährleistet werden kann,
sind wir auf einen substantiellen Anteil ausländischer
Kolleginnen und Kollegen angewiesen. Dieses «Sys­
tem» ist in der jüngeren Vergangenheit in die Kritik
geraten, nicht zuletzt aus ethischen Erwägungen,
zapft es doch die Ressourcen umliegender Staaten
und durch eine Art Domino­Effekt letztlich auch
unterprivilegierter Länder rund um den Globus an.
Die Tendenz zur Feminisierung der Medizin bringt
neben positiven Effekten versorgungstechnisch eben­
falls Herausforderungen, da die Nachfrage nach flexi­
blen Arbeitsmodellen und längeren Berufspausen
zunimmt.
Die Podiumsgäste
Unter der Leitung von Dr. med. Werner Bauer,
Präsident des Schweizerischen Instituts für ärztliche Weiter- und Fortbildung SIWF und Redaktor
der Schweizerischen Ärztezeitung, diskutieren:
– Dr. iur. Carlo Conti, Vorsteher des Gesundheitsdepartements Kanton Basel-Stadt und
Vizepräsident der Schweizerischen Gesundheitsdirektorenkonferenz GDK
– Dr. med. Marianne Laifer, Co-Präsidentin
Medical Women Switzerland MWS
– Dr. phil. Cornelia Oertle, MHA, Direktorin
Fachbereich Gesundheit der Berner FachhochDie Veranstaltung wird in Zusammenarbeit mit der
Medizinischen Gesellschaft Basel MedGes und der
Ärztegesellschaft des Kantons Baselland organisiert.
Die Durchführung des Anlasses wird möglich dank
Albert Urwyler
Werner Bauer
Diskutieren Sie mit
Ist der relative Mangel an einheimischen Ärztinnen
und Ärzten tatsächlich ein Problem? Wenn ja: Wie
soll ihm begegnet werden? Ist ein Konsens wichtiger
Akteure in dieser Frage auszumachen – gibt es allen­
falls gar eine gemeinsame Strategie? Oder sind sich die
«Partner im Gesundheitswesen» einmal mehr uneins,
wie man dies von anderen wichtigen «gesundheitspo­
litischen Baustellen» kennt? Zu diesem Themenkreis
diskutieren am nächsten Podiumsanlass der Schweize­
rischen Ärztezeitung profilierte Vertreter der Ärzte­
schaft mit Fachleuten aus Politik, Verwaltung und Bil­
dungswesen. Der Einbezug des Publikums in die Dis­
kussion ist zentraler Bestandteil des Konzepts dieser
Veranstaltungen, mit denen ein interessanter und
konstruktiver Beitrag zur Debatte aktueller Fragen des
Schweizer Gesundheitswesens geleistet werden soll.
–
–
–
schule und Präsidentin der Fachkonferenz
Gesundheit der KFH (Konferenz der Fachhochschulen der Schweiz)
Dr. med. Gert Printzen, Mitglied des Zentralvorstands der FMH, Verantwortlicher Ressort Angestellte Ärzte
Dr. rer. pol. Stefan Spycher, Vizedirektor
Bundesamt für Gesundheit BAG, Leiter Direktionsbereich Gesundheitspolitik
Prof. Dr. med. Albert Urwyler, Dekan der
Medizinischen Fakultät der Universität Basel
grosszügiger Unterstützung durch Interpharma, den
Verband der forschenden pharmazeutischen Indus­
trie. Die Verantwortung für Konzept und Inhalt des
Podiums liegt bei der Schweizerischen Ärztezeitung.
Eintritt frei – Anmeldung erforderlich
Die öffentliche Podiumsdiskussion mit anschliessendem Apéro findet am Dienstag, 24. Mai 2011,
19–21 Uhr im Grand Hotel Les Trois Rois, Basel, statt. Der Eintritt ist frei, eine Anmeldung ist aber
erforderlich. Diese kann bis Freitag, 20. Mai via E-Mail an [email protected] oder via Fax an 061
467 85 56 erfolgen. Bitte Ihren Namen und die Namen allfälliger Begleitpersonen sowie das Stichwort
«Anmeldung zum SÄZ-Podium vom 24. Mai» angeben. Auch telefonische Anmeldungen sind vormittags unter 061 467 85 72 möglich.
Schweizerische Ärztezeitung | Bulletin des médecins suisses | Bollettino dei medici svizzeri | 2011;92: 18
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BRIEFE
[email protected]
Briefe an die SÄZ
Managed Care
A propos de l’article de Heinrich Zürcher [1]
Cher Confrère,
J’ai lu attentivement votre article élogieux
concernant le Managed Care et il est effectivement utile d’avoir le son de cloche d’un
médecin impliqué dans un grand réseau. Mes
connaissances sur le domaine sont encore
embryonnaires mais je souhaite partager
quelques observations et interrogations avec
vous. Je vous serais très reconnaissant de me
donner ensuite votre avis (en allemand si
vous préférez).
Les défenseurs du Managed Care mettent en
avant le fait que le patient bénéficie d’une
meilleure coordination des soins, ce qui représente un potentiel d’économie. Or, la plupart
d’entre nous, sans faire partie d’un réseau
structuré, fonctionne, comme vous le savez
bien, avec un réseau de collègues qu’il connaît
et qu’il apprécie pour leurs compétences.
Dans l’immense majorité des cas un médecin
de premier recours récolte l’ensemble des
informations et garde la vue d’ensemble indispensable. Lorsque ce n’est pas le cas, le
patient se verra immanquablement conseillé
par les spécialistes qu’il consulte d’avoir un
généraliste. D’autre part nul besoin d’un
réseau structuré pour que les résultats d’examens médicaux se transmettent entre les collègues à satisfaction. Quel vertu magique y
a-t-il donc dans les réseaux qui puisse apporter une économie et une prise en charge de
meilleure qualité?
La réponse serait-elle dans l’incitation budgétaire à fournir le moins de prestations possible pour équilibrer le budget du réseau? Je
ne pense en tout cas pas que les cercles de
qualité y suffisent. Il en existe aussi en dehors
des réseaux.
Vous mentionnez que le Managed Care est
basé sur le volontariat des patients et des
médecins. Il n’en ira pas de même assurément avec les lois que préparent nos autorités
(les contraintes financières pour les patients
seront trop fortes pour qu’ils restent en dehors). Celles-ci imposeront de surcroît la coresponsabilité budgétaire. Le médecin devra
donc choisir entre perdre des patients et
perdre son indépendance financière. Difficile
d’être enthousiaste face à cette alternative!
A propos de budget justement, un grand réseau comme le vôtre doit avoir une adminis-
tration conséquente. Combien de personnes
sont employées pour la gestion du réseau
Argomed et ses sous-réseaux? Quel est le
pourcentage du budget alloué à l’administration? Qui paye ces coûts inexistants lorsque il
n’y a pas de réseau?
Enfin, en tant que porteur d’un double titre
de médecine interne et spécialiste en allergologie-immunologie et exerçant quotidiennement comme spécialiste et médecin de premier recours, je m’inquiète pour moi comme
pour tous les porteurs de plusieurs titres
incluant la médecine interne, la médecine
générale ou la pédiatrie, de devoir être obligé
de choisir entre ces deux titres au moment de
l’entrée dans un réseau. Comment en effet le
réseau va-t-il prendre un compte et budgetiser les médecins dont le type d’activité et de
patients varie?
En vous remerciant par avance pour vos
réponses, je vous prie d’accepter, Monsieur
et cher Confrère, mes salutations confraternelles.
Dr Louis-François Debétaz, Lausanne
1
Zürcher H. L’avenir de la médecine appartient
aux soins intégrés. Bull Méd Suisses.
2011;92(10):359–60.
Antwort
Sehr geehrter Herr Kollege
Vielen Dank für Ihr Mail. Ich erlaube mir, auf
Deutsch zu antworten.
Sie haben sich bereits gedanklich mit Managed Care auseinandergesetzt. Ihre Überlegungen zeigen, dass Ihre Kenntnisse gar nicht
mehr embryonal sind. Ihre Bedenken decken
sich mit denjenigen vieler anderer ManagedCare-Skeptiker. Übrigens bleibe ich lieber
beim Namen Managed Care. Integrierte Versorgung hat in Deutsch den Beigeschmack,
dass die Patienten versorgt werden. Das ist im
Volksmund die Bezeichnung dafür, dass jemand in einer Psychiatrischen Klinik eingesperrt wird. Auf Französich ist «soins integrés»
aber eine gute Bezeichnung. Zu Ihren Überlegungen:
Ich stimme Ihnen zu, dass die meisten Hausärzte über ein kollegiales Netz von Spezialärzten verfügen, mit denen sie erfolgreich zusammenarbeiten. Dieses Netz wird mit dem
neuen System auch nicht tangiert. Kein Hausarztnetz wird vorschreiben, dass eine erfolgreiche Zusammenarbeit sistiert werden muss.
Der Unterschied ist nur, dass die Zusammenarbeit strukturiert ist und im Qualitätszirkel
thematisiert wird. Wenn die Information
nicht richtig fliesst oder die angemeldeten
Patienten zu lange warten müssen oder sonst
unzufrieden sind, dann wird das im kollegialen Austausch schneller erkannt als von
einem einzelnen Arzt. Was die Kosten betrifft:
Wir lehnen es ab, dass nötige Leistungen aus
Kostengründen abgelehnt werden. Die Qualität der medizinischen Behandlung steht über
den Kosten. Trotzdem sind die Kosten von
Managed-Care-Kollektiven kleiner, weil die
Patienten nicht von sich aus Spezialisten oder
das Spital aufsuchen und jedes Mal von vorne
abgeklärt werden. Freiwillige Qualitätszirkel
gibt es auch ausserhalb von Managed-CareNetzen. In unserer Region sind sie aber erst
mit Managed Care entstanden, und die Teilnahme ist zur Pflicht geworden.
Die Freiwilligkeit für Patienten und Ärzte ist
wichtig. Aus meiner Sicht ist der höhere
Selbstbehalt ohne Managed Care tragbar, so
wie er im Parlament diskutiert wird. 10 %
versus 20 % sind viel, aber der Selbstbehalt
ist nach oben limitiert, voraussichtlich bei
700 CHF gegenüber 350 CHF pro Jahr. Die
Freiheit zum unbeschränkten Konsum von
Medizin kostet deshalb max. 350 CHF. Für
uns Ärzte gibt es tatsächlich einen gewissen
Zwang zum Mitmachen. Unsere Patienten
fragen tatsächlich. ob wir bei einem Ärztenetz
dabei sind, weil sie die Prämienreduktion
wünschen. Aber nur ganz wenige Patienten
wechseln deshalb den Arzt. Kein Arzt ist aus
finanziellen Gründen gezwungen, sich einem
Ärztenetz anzuschliessen.
Unserer Organisation sind 600 Ärztinnen und
Ärzte angeschlossen. Wir beschäftigen Personen zu 800 Stellenprozenten, ungefähr die
Hälfte Ärzte und die Hälfte in der Administration. Nur arbeiten wir zum kleineren Teil für
die Administration von Managed Care. Die
meiste Arbeit fliesst in Projekte, welche für die
Ärzte Verbesserungen bewirken. Elektronischer
Datenaustausch, elektronische Krankengeschichte, ein Kooperationsprojekt mit SUVA
und andere Projekte sind darunter. Argomed
stellt für ihre Leistungen ca. 1⁄3 der Entschädigung in Rechnung, welche die Ärzte als Aufwandentschädigung von den Versicherungen
erhalten. Es bleiben dem Arzt bei ca. 500 Patienten im Hausarztmodell ca. 7500 CHF/Jahr
(ausserhalb von TARMED!). Die Risikobeteiligung ist bei unseren Netzen zwischen null bis
höchstens so hoch wie die Aufwandentschädigung. Bis jetzt haben wir immer im Mix
der verschiedenen Krankenkassen von einem
Bonus profitiert. Einzelne Abrechnungen sind
im Minus, aber mehr sind im Plus.
Schweizerische Ärztezeitung | Bulletin des médecins suisses | Bollettino dei medici svizzeri | 2011;92: 18
Editores Medicorum Helveticorum
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BRIEFE
[email protected]
Sie schreiben als Hausarzt und gleichzeitig
Spezialist, dass Sie Bedenken haben, nicht
aufgenommen zu werden. Es ist das regionale
Hausärztenetz, welche die Eintrittskriterien
festlegt und über einen Beitritt entscheidet.
In Ihrem Fall habe ich keine Bedenken, dass
Sie aufgenommen würden. Weil Sie Spezialarzt-Leistungen selbst erbringen, werden Sie
weniger Überweisungen an Allergologen
machen. Für die Kosten der Patienten im
Managed-Care-Modell wird das keine Erhöhung verursachen, sondern wahrscheinlich
sogar Kosten sparen.
Sehr geehrter Herr Kollege, ich hoffe, Ihre
Fragen verständlich beantwortet zu haben.
Freundliche Grüsse
Dr. med. Heinrich Zürcher, Windisch
Wir Ärzte sind politisch ein Nonvaleur!
Sehr geehrter Herr Kollege de Haller
In der letzten Zeit häufen sich in der SÄZ
Briefe, in denen Sie wegen Ihrer Nationalratsambitionen entweder zum Rücktritt aufgefordert oder hingegen mit Dank überhäuft werden. Dabei übersehen die Autoren, dass
weder Sie noch Herr Cassis als Nationalratsmitglied das Geringste für oder gegen unseren
Berufsstand bewirken könnten. Oder haben
etwa die Herren Cavalli und Günther je etwas
gegen den stetigen Niedergang unseres ehemals freien Berufes ausrichten können? Oder
H. H. Brunner im BAG? In meiner langjährigen Tätigkeit als Vermittler zwischen Krankenkassen und Ärzteverein wurde mir schon
recht bald klar, dass sachliche Argumente in
Standesfragen nicht gefragt sind, nur politische. Und wir müssen uns klar sein: Wir Ärzte
sind politisch gesehen ein Nonvaleur, die Geschichte der letzten Jahrzehnte beweist es.
Was ist dagegen zu tun? Wir sollten uns
gesamtschweizerisch einem Gremium anschliessen, das politisches Gewicht hat und
welches von Natur aus die Interessen eines
Berufes wie des unseren vertreten kann, also
jemand, der den KMUs nahesteht. Eine derartige Institution ist der Schweizerische Gewerbeverband – oder wüssten Sie eine geeignetere Gruppierung? Sie müssten Ihre Zeit
nicht im Nationalrat und in zahlreichen
Kommissionen absitzen, sondern könnten
sich voll auf Ihren Job als Präsident der FMH
konzentrieren. Sie müssten lediglich selber
oder vertretungsweise durch jemanden des
Zentralvorstandes im Vorstand des Gewerbeverbandes Einsitz nehmen, damit dieser
unsere Wünsche und Nöte feststellen und
entsprechend unsere Interessen wahrneh-
men kann. Und ob Sie dann privat SP oder
SVP stimmen oder wählen, geht niemanden
etwas an, berührt aber auch die FMH nicht,
und die Briefschreiber könnten die Feder ablegen.
Valentin Audétat, Chur
Tea-Party-Bewegung in der FMH?
Verwundert muss man sich fragen, ob es
neuerdings auch bei der FMH eine Tea-PartyBewegung gibt. Wird mit der Polemik gegen
Jacques de Haller bezweckt, rückgängig zu
machen, dass ein ehemaliger Grundversorger
an der FMH-Spitze steht? Oder geht es um
die Verteidigung finanzieller Vorteile für die
bestverdienenden Ärzte (Orthopäden et al.)?
Oder ist schlicht die «falsche» parteipolitische Einstellung unseres FMH-Präsidenten
Ursache der Hysterie?
Zielscheibe des Angriffs ist genau diejenige
Person, welche unsere FMH trotz divergierender Interessen als Einheit zusammenzuhalten
versucht. Jacques de Haller wird unter anderem vorgeworfen, dass er in der Öffentlichkeit die Position der FMH vertreten hat, das
heisst die langjährigen Bemühungen der
FMH um Gewalt- und Suizid-Prävention!
Ausserdem begeht er die Todsünde, auf der
SP-Liste für den Nationalrat zu kandidieren.
Eigentlich sollte doch begrüsst werden, wenn
FMH-Vertreter mit gesundheitspolitischer
Kompetenz in den verschiedenen Parteien
die entsprechenden Entscheidungsprozesse
mitgestalten. Genau dies unterstreicht übrigens die Erklärung des Zentralvorstands der
FMH vom März 2011 [1].
Bereits in Zusammenhang mit den TARMEDAuseinandersetzungen hatten seinerzeit einige
operierende Ärzte ein Sonderzüglein gefahren
und damit gar in Kauf genommen, die Einheit der FMH zu gefährden. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wer beabsichtigt, die FMH
zu einer rechtskonservativen Kampforganisation umzupolen, muss sich darüber im Klaren
sein, dass dies das Ende unserer Standesorganisation bedeuten würde. Zumindest wir
Grundversorger würden uns wohl mehrheitlich von der FMH verabschieden. Doch ist zu
wünschen, dass es nicht so weit kommt und
dass innerhalb der FMH diejenigen Kräfte,
welche die Mehrheitsbeschlüsse respektieren,
die Oberhand behalten.
Peter Flubacher, Hausarzt, Basel
1
Zentralvorstand FMH. Keine Gesundheitspolitik ohne die FMH! Schweiz Ärztezeitung.
2011;92(14):527.
Wen vertritt die FMH eigentlich noch?
Die in den letzten Nummern veröffentlichten
Briefe insbesondere zum geforderten Rücktritt unseres FMH-Präsidenten sowie auch zu
anderen Aktivitäten der FMH machen nachdenklich.
Selbst wenn Herr de Haller nach wie vor
davon überzeugt ist, alles richtig zu machen
und sich der Schwierigkeiten bewusst ist, ein
so komplex gebautes Schiff wie die FMH
durch noch viel komplexere Gewässer namens
Politik und Gesundheitswesen zu steuern, so
sollten sich die Kader und Gremien der FMH
fragen, wie es kommt, dass so viele Leute und
Institutionen ihren Unmut äussern. Meines
Erachtens sind die vielen Reaktionen Ausdruck nicht nur eines generellen – verständlichen – Unwohlseins, sondern eben der Tatsache, dass sich viele KollegInnen und sogar
ganze Ärztegesellschaften durch ihren angeblichen Dachverband schlicht nicht mehr
vertreten fühlen.
Eine, gelinde ausgedrückt, bedenkliche Situation, denn dies wird auch von «unseren»
politischen oder andersgearteten «Gegnern»
wahrgenommen. Und entsprechend schlecht
sind die Karten der FMH.
Und auch ich möchte hier übrigens zum Ausdruck bringen, dass es sich nicht um eine
Frage der Persönlichkeiten oder der politischen Ausrichtung handelt, sondern dass es
tatsächlich eine Frage des Prinzips ist, ob ein
Präsident der FMH in Personalunion ein so
wichtiges politisches Amt bekleiden kann,
darf oder soll. Und hier unterstütze ich all
diejenigen, die behaupten, das sei ein No-go.
Dr. med. Dietmar W. Thumm, Luzern
Le silence des agneaux
Permettez à un archéopterix, depuis vingt ans
envolé de la politique professionnelle, et qui
entretient son allemand à la lecture du Journal jaune, de dire son profond malaise – et
c’est un euphémisme – devant la tournure
prise par le courrier des lecteurs ces derniers
mois. Depuis l’initiative sur les armes à
domicile, mais aussi la grève de la faim de
Bernard Rappaz, on fait flèche de tout bois
pour avoir la peau de notre président, coupable du crime inexpiable de socialisme.
J’avais l’impression que si le dialogue politique général devient un affrontement de
sourds, la communication des esprits était
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BRIEFE
[email protected]
préservée dans notre profession malgré les
éructations possibles et que nous pouvions
voter à droite ou à gauche personnellement et
respecter en même temps les décisions démocratiques de nos institutions professionnelles et la communication qu’en faisait notre
président. Sa couleur politique ne m’importait pas. Nous, médecins, me semble-t-il, ne
constituons pas un parti ou un groupe de
pression, mais un peuple divers intéressé à
son bien propre comme à celui de la communauté générale. Nous avons vécu sans problèmes avec des conseillers nationaux médecins de tous bords, membres ou non de notre
Comité central.
Dans la polémique actuelle j’ai été frappé par
le silence des romands et par la modération
relative de Dominique Baettig face à la virulence alémanique. Frustré, je guettais une
réaction de raison de l’autre côté de la Sarine.
Je suis très heureux et très reconnaissant
d’avoir enfin pu lire Denise Krebs [1].
Il me semble que sa lettre exprime un sentiment de ras le bol et une crainte de scission
que je partage avec beaucoup de confrères et
je suis indigné par la lettre ouverte de la Société suisse d’orthopédie et de traumatologie
qui vient de paraître [2]. Je ne sais pas si la
base de cette société a été consultée, mais
cette prise de position me semble dangereusement approfondir un clivage entre spécialistes et médecins de premier recours dans
leur conception du rôle et de la fonction
d’une association faîtière.
Dr Claude Laperrouza, St-Aubin
1
Krebs D. Mit gleichen Ellen messen. Bull Méd
Suisses. 2011;92(13):482–3.
2
Comité de la SSOT. Lettre ouverte de la Société
Suisse d’Orthopédie et Traumatologie au
président de la FMH. Bull Méd Suisses.
2011;92(14):526.
How to assess?
Lieber Daniel
Dein Editorial [1] zu unserem Artikel habe ich
mit Interesse gelesen. Die Ablehnung der
Kostenübernahme von Myozym zulasten der
OKP durch das BG legt nicht fest, «was ein
gerettetes Lebensjahr kosten darf». Das BG
hält vielmehr fest, die Verteilgerechtigkeit
habe oberste Maxime für Beschaffung und
Verteilung staatlicher Mittel zu sein. Rechtsgleichheit setze Verallgemeinerungsfähigkeit
von Entscheiden voraus. Verallgemeinerungsfähig sei aber nur, was allen, die sich in der gleichen Situation befinden, in gleicher Weise angeboten werden kann. Ohne besondere Rechtfertigung sei es mit der Rechtsgleichheit und der
Gleichwertigkeit aller Menschen nicht ver-
einbar, einzelnen Versicherten Leistungen zu
erbringen, die anderen Versicherten in gleicher Lage nicht erbracht werden können.
Monatliche Medikamentenkosten von 7000
Franken beim fortgeschrittenen Colonkarzinom und Spitexpflegekosten von 100 000
Franken pro Jahr gelten noch als wirtschaftlich, auch wenn die gleiche Pflege im Pflegeheim dreieinhalb Mal günstiger erbracht werden kann. In beiden Fällen handelt es sich
aber nicht um gewonnene Lebensjahre, sondern um Behandlungskosten pro Jahr.
Auch wenn es, mit Blick auf die Fallkostenpauschale, ökonomisch verlockend sein
könnte, lässt sich aus dem Urteil nicht ableiten, dass eine stationäre Therapie abgebrochen werden müsse, wenn Kosten von mehr
als 100 000 Franken aufgelaufen sind. Im Gegenteil: Das Bundesgericht erwähnt Grenzkostenwerte zwischen 1 und 20 Mio. Franken
pro gerettetes Menschenleben. Der BGE ist
tatsächlich mutig, indem er sich gegen eine
implizite Rationierung wehrt und rationale
Grundlagen für eine Kostenübernahme fordert. Das heisst: Wir brauchen Vollkosten
und Qualität der ganzen Behandlung. HTA
und Behandlungsregister zusammen mit dem
Medical board als tragende Säulen eines unabhängigen Institutes für Qualität in der Medizin zur Begleit- und Versorgungforschung
wären das Ziel.
Dr. med. Jürg Nadig, Bülach
1
Herren D. HTA: How to assess? Schweiz
Ärztezeitung. 2011;92(14):519.
Elektronisches Patientendossier
Mit Blick auf die Bemühungen unseres
Datenschutzbeauftragten im Zusammenhang
mit Google-Streetview ein kurzer Blick auf
das holländische Gesundheitssystem:
In den Niederlanden wurde das elektronische
Patientendossier aus Gründen der fehlenden
Datensicherheit (die halt nie 100%ig garantiert ist) letztens vom Parlament (mind. bis
auf weiteres) beerdigt …
Dies als Denkanstoss für hiesige Datenspediteure und als Motivationsspritze für Datenschützer.
Dr. med. Thomas Schweri, Biel
werde ich über die Ernsthaftigkeit des Unternehmens regelrecht ins Bild gesetzt, ins Fernsehbild nämlich. Sendezeiten stehen fest!
Also doch kein Artikel von Dr. Robert Vieli,
keine Satire – leider!
Was ist mit der FMH los?
Sie beugt sich dem Diktat schlechter Medien
und versucht mit gleicher Münze heimzuzahlen – wie fantasielos einerseits und wie abwegig andererseits. Statt die Ursache der seifenpublizistischen Katastrophe zu eruieren
und zu beleuchten, begibt sich unsere Standesorganisation auf dasselbe bedenklich tiefe
Niveau.
Bei näherem Hinsehen scheint diese Anpassungsstrategie allerdings gar nicht so
unlogisch: Die Reaktion auf sogenannte
schlechte Einflüsse medizinischer Soaps ist
durchaus systemkonform: Werbung ist angesagt, da das Gesundheitswesen auf Biegen
und Brechen und unbesehen langfristig negativer Konsequenzen zum Shoppingcenter
umgebaut werden muss: Patienten sind Kunden und Konsumenten, Qualität wird mit
«vom Kunden so gewünscht» verwechselt,
Leistungsspektrum heisst Angebot, angeboten wird, was Gewinn verspricht, technische Einzelleistung wird favorisiert gegenüber komplexer Betreuung polymorbider
Patienten. Um das umzusetzen, wird ganz im
Widerspruch zur Standesordnung, worin
Werbung verpönt oder gar untersagt ist, eine
immer gigantischer werdende PR-Maschinerie in Gang gesetzt. Ab 2012 nach Wegfall der
Kantonsgrenzenschranken in der Grundversicherung wird der Patient zu einer Art Futterfisch im Haibecken. Die Spitäler rüsten werbetechnisch auf, sie schleifen ihre (Hai-)
Zähne. In diesem Kontext ist die Imagewerbung Dr. Moser zu verstehen.
Die Idee, dass die Moser’sche TV-Serie den
unbegrenzten Begehrlichkeiten unserer Spitalpatienten entgegenwirken soll, passt sich in
die allgemeine Entwicklung ein, auch wenn
sie durchaus naiv erscheint. Doch sitzen die
Probleme nicht wesentlich tiefer? In einer
Gesellschaft, in der alles – aber wirklich alles –
als prinzipiell machbar und folglich auch
käuflich angesehen wird, ist es eben schwierig, gerade das Gesundheitswesen herauszuhalten.
Zum Glück war’s doch nur eine April-Satire,
und wir brauchen uns um steigende Mitgliederbeiträge nicht zu sorgen.
Dr. med. Thomas Wieland, Chur
1
EMH-Newsservice. Dr. House muss gehen, dafür
kommt Dr. Moser. Schweiz Ärztezeitung.
2011;92(13):504–6.
Dr. House muss gehen [1]
Ich traue meinen Augen nicht und denke an
einen Aprilscherz. Doch beim Weiterlesen
Schweizerische Ärztezeitung | Bulletin des médecins suisses | Bollettino dei medici svizzeri | 2011;92: 18
Editores Medicorum Helveticorum
658
MITTEILUNGEN
Mitteilungen
Facharztprüfungen
Facharztprüfung zur Erlangung
des Schwerpunkts Zytopathologie
zum Facharzttitel für Pathologie
Ort: Institut für Pathologie der Universität
Bern
Daten: Dienstag, 25. Oktober 2011 in
deutscher Sprache
Dienstag, 1. November 2011 in französischer
Sprache
Anmeldefrist: Ende Juni 2011
Weitere Informationen finden Sie auf der
Website des SIWF unter www.siwf.ch →
Weiterbildung AssistenzärztInnen → Fach­
arztprüfungen
Facharztprüfung zur Erlangung des
Schwerpunkts Phoniatrie zum Facharzt­
titel für Oto­Rhino­Laryngologie
Ort: Inselspital Bern
Datum: Freitag, 25. 11. 2011, Zeit wird indivi­
duell vereinbart
Anmeldefrist: 20. August 2011
Weitere Informationen finden Sie auf der
Website des SIWF unter www.siwf.ch → Wei­
terbildung AssistenzärztInnen → Facharztprü­
fungen
Facharztprüfung zur Erlangung des
Facharzttitels Gastroenterologie
Weitere Informationen finden Sie auf der
Website des SIWF unter www.siwf.ch →
Weiterbildung AssistenzärztInnen → Fach­
arztprüfungen
Facharztprüfung zur Erlangung
des Facharzttitels Physikalische Medizin
und Rehabilitation
Ort: Inselspital Bern
Datum: Samstag, 26. November 2011;
Besammlung: 9.00 Uhr,
Beginn Prüfung: 9.30 Uhr, Dauer: 3 Stunden
Anmeldefrist: 31. August 2011
Weitere Informationen finden Sie auf der
Website des SIWF unter www.siwf.ch →
Weiterbildung AssistenzärztInnen → Fach­
arztprüfungen
Prüfung der Grundkenntnisse in
Chirurgie (Basisexamen Chirurgie)
Ort: Inselspital Bern und Genf, Hôpital
cantonal, Auditoire Jenny
Datum: Samstag, 5. November 2011
Anmeldung: direkt im Internet: www.basis­
examen.ch
Anmeldefrist: 19. September 2011
Weitere Informationen finden Sie auf der
Website des SIWF unter www.siwf.ch → Wei­
terbildung AssistenzärztInnen → Facharztprü­
fungen
Ort: Teil A und B: Inselspital Bern Saal
Paradiso; Teil C: Klinik für Gastroenterologie
und Hepatologie UniversitätsSpital Zürich
Facharztprüfung zur Erlangung
des Facharzttitels Medizinische Genetik
Daten: 17. November 2011: schriftlich­
theoretische Prüfung (Teil A) und schriftliche
Interpretation von Dokumenten bildgebender
Verfahren (Teil B);
Datum: 11. November 2011
1. Dezember 2011: mündliche praktische
Prüfung mit Falldiskussion (Teil C)
Anmeldefrist: 31. August 2011
Ort: Lausanne
Anmeldefrist: 31.8.2011
Weitere Informationen finden Sie auf der
Website des SIWF unter www.siwf.ch → Wei­
terbildung AssistenzärztInnen → Facharztprü­
fungen
Schweizerische Gesellschaft
für Notfall- und Rettungsmedizin
SGNOR
Prüfung Fähigkeitsausweis Klinische
Notfallmedizin SGNOR
Ort: Stadtspital Triemli, 8063 Zürich
Datum: 4. November 2011
Anmeldefrist: 7. Oktober 2011
Weitere Informationen finden Sie auf der
Homepage der SGNOR www.sgnor.ch →
Fähigkeitsausweise → FA Klinische Notfall­
medizin oder erhalten Sie bei der Geschäfts­
stelle der SGNOR: [email protected]
Allergiestiftung Ulrich Müller-Gierok
Unterstützung für klinische Studien
Die Stiftung unterstützt alljährlich Studien in
klinischer Allergologie in der Schweiz mit
insgesamt bis zu 300 000 Franken.
Gesuche für die Unterstützung müssen mit
entsprechender Dokumentation bis 15. Juni
2011 bei der Geschäftsführung der Stiftung
eingegeben werden. Detaillierte Angaben zur
Gesuchstellung finden sich auf der Homepage
der Schweizerischen Gesellschaft für Allergo­
logie und Immunologie www.sgai­ssai.ch,
Link Stiftungen. Der Vorstand der Stiftung
wird bis Ende September 2011 über die Unter­
stützung entscheiden.
Swiss Society for Infectious Diseases
(SSI) and Swiss Society of Hospital
Hygiene (SSHH)
SSI/SSHH Awards 2011
The Swiss Society for Infectious Diseases and
the Swiss Society of Hospital Hygiene awards
at their Annual Meeting 2011 three prizes,
each in the amount of 15 000 CHF for out­
standing scientific achievements in basic,
clinical or epidemiological research in infec­
tious diseases. The prizes are generously
sponsored by Merck Sharp & Dohme­Chibret
AG, by ViiV Healthcare and by the two socie­
ties.
Eligible are authors of a scientific publication
in the above named fields. A significant part
of the work must have been performed in
Schweizerische Ärztezeitung | Bulletin des médecins suisses | Bollettino dei medici svizzeri | 2011;92: 18
Editores Medicorum Helveticorum
659
MITTEILUNGEN
Switzerland. The paper (or group of related
papers) must have been either published or
accepted for publication between June 16,
2010 and June 15, 2011 by an internationally
renowned journal.
Conditions:
– The award is personally given to the au­
thor of the publication.
– All co­authors of the work concur with the
submission.
– In the written and oral appraisal of the
awarded research work, contributing co­
authors as well as the clinic/institution are
mentioned by name.
– The award is intended to support a re­
search project of the awardee.
– The award is announced each year in the
Swiss medical press, on the SSI and the
SSHH websites and to the members of the
SSI and SSHH.
– A Prize commission designated by the
committee of the SSI and SSHH performs
the evaluation. Decisions made by the
committee are definitive and not subject
to appeals.
– In case of no applications or in case no pa­
per qualifies for the prize, the award is
cancelled for the respective year.
– The awardees must appear in person at the
award ceremony to be held during the
joint annual meeting of the SSI and SSHH
and give a short presentation of the work.
Applications should be accompanied by a
cover letter stating the name of the applicant
and the prize category or categories applied
for. If the paper is accepted but not yet pub­
lished please attach the letter of acceptance.
Please submit the documents by email to the
president of the prize committee: Prof. Dr.
med. Stephen Leib, Universität Bern, Institut
für Infektionskrankheiten, Friedbühlstrasse 51,
3010 Bern, Switzerland, E­Mail: stephen.
leib@ ifik.unibe.ch Deadline for applications:
June 15, 2011. Prizes will be handed over to
the awardees at the prize ceremony during
the joint Annual Meeting of the SSI and
SSHH that will take place in Interlaken,
August 24.–25, 2011.
Akademien der Wissenschaften
Schweiz
sen und in einem regelmässig erscheinenden
Schweizer Medium publiziert wurden.
Das diesjährige Preisthema des Prix Média
in Medizin lautet: «Psychische Gesundheit».
Berücksichtigt werden Beiträge, die zwischen
dem 1. August 2010 und dem 31. August 2011
erschienen sind. Weitere Informationen sind
auf der Website der akademien­schweiz (www.
akademien­schweiz.ch/prixmedia) abrufbar.
Die Beiträge sind bis zum 31. August 2011
beim Generalsekretariat der Schweizerischen
Akademie der Medizinischen Wissenschaften
SAMW einzureichen.
Schweizerische Gesellschaft
für Alterspsychiatrie und Alterspsychotherapie
Jean Wertheimer­Preis 2012
Prof. Dr. med. Jean Wertheimer (1933–1999)
war ein Pionier in der Alterspsychiatrie. Er
wurde 1971 als der erste Lehrstuhlinhaber für
Alterspsychiatrie in der Schweiz an die Uni­
versität Lausanne berufen, wo er eine welt­
weit anerkannte Alterspsychiatrie aufbaute.
Später war er auch Präsident der Geriatric
Psychiatry Section der WHO. Zu seinen Ehren
hat die Schweizerische Gesellschaft für Alters­
psychiatrie und Alterspsychotherapie einen
Förderpreis geschaffen, um herausragende
Arbeiten, wichtige innovative Projekte oder
ethische Zielsetzungen auszuzeichnen. Die­
ser wird alle zwei Jahre vergeben. Die Preis­
summe beträgt 5000 Franken.
Geeignete Arbeiten oder Projekte können bis
Ende November 2011 bei Prof. Dr. med. Urs
P. Mosimann, Universitäre Psychiatrische
Dienste Bern, Universitätsklinik und Polikli­
nik für Psychiatrie, Murtenstr. 21, 3010 Bern,
eingereicht werden. Die eingereichten Arbei­
ten müssen vorwiegend in der Schweiz ent­
standen sein.
Weitere Informationen und das Reglement
der Vergabe finden Sie auf der Website der
Schweizerischen Gesellschaft für Alterspsych­
iatrie und Alterspsychotherapie: www.sgap­
sppa.ch
physioswiss
Prix Média 2011 in Medizin
Neuer Präsident gewählt
Die Akademien der Wissenschaften Schweiz
vergeben jährlich den «Prix Média akade­
mien­schweiz» in den vier Bereichen Natur­
wissenschaften, Geistes­ und Sozialwissen­
schaften, Medizin und Technik. Er ist mit je
10 000 Franken dotiert. Mit dem Medienpreis
zeichnen die Akademien Beiträge von heraus­
ragender Qualität aus, die leserfreundlich
und gut verständlich verfasst sind, einen
Gesellschafts­ und Gegenwartsbezug aufwei­
Roland Paillex übernimmt das Präsidium des
Schweizer Physiotherapie Verbands als Nach­
folger von Omega E. Huber. Dies haben die
Delegierten von physioswiss an ihrer
Delegiertenversammlung vom 9. April 2011
in Zürich beschlossen. Die Wahl von Paillex
zum neuen Präsidenten erfolgte einstimmig.
Paillex arbeitet als Chef­Physiotherapeut am
Universitätsspital Lausanne (CHUV) und en­
gagiert sich seit 2005 als Zentralvorstands­
mitglied und seit 2009 als Vizepräsident
Gesundheit für physioswiss.
SGAD
Behandlungsempfehlungen für Angst­
störungen
Am zweiten Swiss Forum for Mood and Anxi­
ety Disorders (SFMAD) der Schweizerischen
Gesellschaft für Angst und Depression (SGAD),
das am vergangenen 7. April in Zürich statt­
fand, wurden die ersten Schweizer Empfeh­
lungen zur Behandlung von Angststörungen
vorgestellt.
Etwa 15–20 % der Menschen leiden irgend­
wann im Leben unter diesen psychischen
Erkrankungen. Unbehandelt zeigen sie einen
wellenförmigen Verlauf mit Neigung zur
Chronifizierung. Ausserdem führen sie oft
zu sekundären Depressionen, Suchterkran­
kungen, sozialer Isolation, erhöhtem Suizid­
risiko sowie zu einem erhöhten Risiko für
zerebro­ und kardiovaskuläre, gastrointesti­
nale und respiratorische Beschwerden sowie
für arterielle Hypertonie. Die Lebensqualität
ist oft über viele Jahre massiv beeinträchtigt.
Angststörungen zu behandeln, ist eine kom­
plexe Aufgabe. Oft ist die Vorgehensweise
unklar, was zu grundsätzlichen Fragen nach
dem richtigen Vorgehen führt. Die SGAD hat
deshalb in Zusammenarbeit mit der Schwei­
zerischen Gesellschaft für Psychiatrie und
Psychotherapie (SGPP) und der Schweizeri­
schen Gesellschaft für Biologische Psychiatrie
(SGBP) den Schweizerischen Verhältnissen
und Traditionen angepasste Empfehlungen
zur Behandlung von Angststörungen erarbei­
tet. Diese Empfehlungen folgen den im letz­
ten Jahr veröffentlichten Empfehlungen zur
Behandlung von Depressionen, die ebenfalls
von den genannten Gesellschaften erarbeitet
wurden.
Unter www.sgad.ch sind das Handout zum zweiten Swiss Forum for Mood and Anxiety Disorders
und weitere Informationen zum Thema online
verfügbar.
Ärztegesellschaft des Kantons
St. Gallen
Gesundheitspiazza:
Wege zur Kostensenkung
Im Rahmen der Gesundheitspiazza Bodensee
tauschten Fachleute aus Deutschland, Österreich
und der Schweiz Ende März zum vierten Mal
Wissen und Erfahrungen, Ideen und Anregungen
rund ums Gesundheitswesen aus.
Entstanden ist die Idee der Gesundheits­
piazza in einer Bündner Berghütte – ihre
Väter sind Peter Wiedersheim, Präsident der
Ärztegesellschaft des Kantons St. Gallen, und
Schweizerische Ärztezeitung | Bulletin des médecins suisses | Bollettino dei medici svizzeri | 2011;92: 18
Editores Medicorum Helveticorum
660
MITTEILUNGEN
der Gesundheitsökonom Axel Olaf Kern von
der Hochschule Ravensburg­Weingarten.
Mittlerweile hat die Piazza viermal getagt.
«Impulsreferate setzen die Themen, kleine
Gruppen diskutieren sie, tragen Ideen zusam­
men und ziehen Schlussfolgerungen», sagt
Wiedersheim. Er ist zufrieden mit den Resul­
taten: «Mehrere Präventionsprojekte haben
aufgezeigt, dass Prävention sich wirtschaft­
lich lohnt.»
Politik setzt auf Vernetzung
Zu den Erfolgen der diesjährigen Piazza kann
zweifellos die Plattform der Gesundheits­
minister der Länder Baden­Württemberg,
Bayern, Vorarlberg, Liechtenstein und der
Ostschweizer Kantone gezählt werden. Die
Politiker stellten nicht nur fest, dass manches
schon sehr gut grenzüberschreitend läuft –
beispielsweise das Rettungswesen zu Wasser
und in der Luft oder die grenzüberschrei­
tende Zusammenarbeit von Spitälern in der
Herzmedizin. Gemäss Heidi Hanselmann,
Gesundheitsdirektorin des Kantons St. Gallen,
haben sie auch beschlossen, das gemeinsame
Problem der Nachwuchsförderung in Medizin
und Pflege gemeinsam anzugehen und ein
attraktives grenzüberschreitendes Angebot zu
schaffen, das jungen Leuten Einblicke und Er­
fahrungen in den unterschiedlichen Gesund­
heitssystemen der angrenzenden Ländern
ermöglicht. Direkten Nutzen verspricht sich
die Regierungsrätin auch «aus einem Daten­
austausch – beispielsweise mit dem Wissen
des in St.Gallen hervorragend geführten
Krebsregisters».
Systemfehler ausmerzen
Fachleute aus Medizin und Pflege, Wissen­
schaft und Forschung sowie aus der Praxis be­
fassten sich in Arbeitsgruppen mit den
Systemfehlern im Gesundheitsmarkt: mit
den steigenden Kosten, den schwindenden
Ressourcen und zunehmenden Vorschriften
sowie Schuldzuweisungen. Gefordert wird
dringend eine gute Versorgungsforschung,
welche die Grundlagen für die notwendige
Transparenz liefern soll. Ansätze, die Kosten
in den Griff zu bekommen, sehen die Fach­
leute auch in der Förderung des «Family­
Docs» (Managed Care, integrierte Versor­
gung, Ärztenetze), der die Patienten durch die
Versorgung und Behandlungen leitet, in der
Institutionalisierung der Patientenmitspra­
che sowie in der Einführung von E­Health
und Call Centers als Koordinations­ und
Triage­Stellen. Damit könnten die Qualität
gesichert, Doppelspurigkeiten vermieden
und Kosten gespart werden.
Die Pillen­App fürs Handy
Personalized Health Care ist nach Meinung
der Fachleute ein Begriff, der neue Wege und
Möglichkeiten bezeichnet, die über Smart­
phone­Apps individualisierte Hilfe bringen,
beispielsweise bei der Einnahme unzähliger
Medikamente zur richtigen Zeit und in der
richtigen Dosis oder in abgelegenen Gebie­
ten, wo die Mütter übers Handy auf notwen­
dige Impfungen ihrer Säuglinge aufmerksam
gemacht werden. Internet und Mobiltelefon
können zu einer wichtigen Schnittstelle wer­
den. Studien zeigen, dass die Überwachung
von Patienten mittels elektronischer Geräte
und direkter Übermittlung an eine Zentrale
(Telemonitoring) nicht nur die Sicherheit
von Patienten verbessern, sondern auch bis
zu 70 Prozent der Arzt­ und Spitalbesuche
vermeiden könne. Da könnte sich ein Spar­
potential von beachtlicher Grösse an Geld
und Ressourcen auftun.
argomed
MehrFachArzt – das Gütezeichen
für Top Hausärzte
Erstmals wurden 37 Hausärztinnen und Haus­
ärzte mit dem Qualitätslabel MehrFachArzt
ausgezeichnet. Dieses Markenzeichen steht
für eine hervorragende Behandlungsqualität,
die von der Trägerschaft regelmässig über­
prüft und garantiert wird. Voraussetzung für
die Auszeichnung ist die mehrheitliche Be­
rufstätigkeit als Hausärztin oder Hausarzt,
eine gute Praxisorganisation, die Zugehörig­
keit zu einem Ärztenetzwerk, die Teilnahme
an Qualitätszirkeln und der Wille, sich immer
weiterzuentwickeln. Auch eine gezielte Befra­
gung der Patienten gehört dazu.
Die Berufsbezeichnung Hausarzt ist bis heute
nicht geschützt. Auch das Image des Hausarz­
tes könnte besser sein. Mit dem Label Mehr­
FachArzt wird klargestellt, dass ein «echter»
und engagierter Hausarzt am Werk ist. Durch
den interaktiven Ablauf der Zertifizierung
werden Schwachstellen aufgezeigt und elimi­
niert. Das vorhandene Potential kann gezielt
gefördert werden. Diese laufende Verbesse­
rung und der Austausch unter Gleichgesinn­
ten steigern sowohl die Zufriedenheit bei den
Patienten als auch bei den Hausärzten. Nicht
zuletzt ist der MehrFachArzt deshalb auch ein
Zeichen an den ärztlichen Nachwuchs. Der
Beruf des Hausarztes soll wieder an Attraktivi­
tät gewinnen.
Alle Mehrfachärzte engagieren sich in Quali­
tätszirkeln und arbeiten eng mit bewährten
Spezialärzten und Spitälern zusammen. Bei
Abwesenheit gewährleisten sie die Vertretung
durch andere Netzärzte. Mit dem Zertifikat
MehrFachArzt dokumentieren sie auch ihre
Offenheit gegenüber neuen Entwicklungen
wie beispielsweise dem elektronischen Daten­
austausch (eHealth).
Die meisten der ausgezeichneten MehrFach­
Ärzte/­innen gehören zu einem der Ärzte­
netze, die sich der argomed Ärzte AG ange­
schlossen haben. Argomed bildet gegen­
wärtig auch die Trägerschaft. Bereits haben
andere Hausarztorganisationen beschlossen,
ihren Ärztinnen und Ärzten das Label eben­
falls anzubieten. Patientinnen und Patienten
werden das Markenzeichen schon bald in
grossen Teilen der Deutschschweiz antreffen.
Weitere Informationen unter: www.mehr­
facharzt.ch oder www.argomed.ch
Medicus mundi
Weltgesundheitstag 2011: aidsfocus.ch
fordert stärkeres Engagement der Schweiz
bei Aidsprävention und Sexualaufklärung
Fast die Hälfte der Menschen weltweit, die
sich neu mit dem HIV­Virus infizieren, sind
Jugendliche zwischen 15 und 24 Jahren. Jedes
vierte Mädchen in Afrika wird bereits als
Teenager zum ersten Mal Mutter. Schwanger­
schaft und Geburt gehören zu den Haupt­
todesursachen für Mädchen im Teenageralter.
Eine 24­jährige Frau aus Simbabwe berichtete
an der aidsfocus­Fachtagung von Jugendli­
chen, die in Familienplanungkliniken stig­
matisiert und diskriminiert würden. Junge
Mädchen und Burschen sollten sich nicht für
Verhütung und Schwangerschaft interessie­
ren.
Was für uns selbstverständlich ist, fehlt jungen
Menschen in Entwicklungsländern: Sexual­
aufklärung und Zugang zu Verhütungsmit­
teln und Aidsprävention. Auch die Weltge­
sundheitsorganisation WHO betont die Not­
wendigkeit, vermehrt auf die Gesundheits­ und
Informationsbedürfnisse von Jugendlichen
einzugehen.
An der Fachtagung von aidsfocus.ch disku­
tierten Vertreter schweizerischer Hilfswerke,
internationaler Organisationen und der Direk­
tion für Entwicklung und Zusammenarbeit
DEZA über die gesundheitlichen Gefahren für
Jugendliche in Entwicklungsländern und
über mögliche Strategien. Es brauche nicht
nur gute Programme, die sexuelle und repro­
duktive Gesundheit besser mit Projekten zur
Aidsbekämpfung verknüpfen, sondern auch
Geld, um diese umzusetzen. Die Schweiz
investierte 2009 gerade nur 2 Prozent der
gesamten Entwicklungszusammenarbeit in
Interventionen zur Prävention und Behand­
lung von HIV und zur Unterstützung von
Menschen, die mit Aids leben. Auch die
Schweiz müsse international mehr tun, um
nachhaltig zur Gesundheit der kommenden
Generationen beizutragen, fordert aidsfocus.
ch zum Weltgesundheitstag 2011.
Schweizerische Ärztezeitung | Bulletin des médecins suisses | Bollettino dei medici svizzeri | 2011;92: 18
Editores Medicorum Helveticorum
661
FMH SERVICES
Die grösste standeseigene Dienstleistungsorganisation
R e d a k t i o n e l l e Ve r a n t w o r t u n g : F M H S E R V I C E S
Seminare / Séminaires / Seminari 2011
Praxiseröffnung/-übernahme
Praxiscomputerworkshop
Themen
Juristische Aspekte (Praxisbewilligung, Zulassung zur
Sozialversicherung, Vertragswesen), Gesellschafts­
formen / Ehe­ und Erbrecht (Trennung Privat- vom
Geschäftsvermögen, Ehegüterstand, Erbschaftsplanung), Praxiseinrichtung (Inneneinrichtung, Kostenberechnung), Praxisadministration (Leistungserfassungs- und Abrechnungssysteme), Unternehmensbe­
wertung einer Arztpraxis (Berechnung und Beurteilung
des Unternehmenswertes), Finanzierung der Arzt­
praxis (Businessplan, Kredite, Absicherungsmöglichkeiten), Versicherungen/Vorsorge/Vermögen (Personen- und Sachversicherungen, Vorsorgeplanung).
Inhalt
Die Workshopteilnehmer/innen erhalten im 1. Teil
eine Einführung in die Anforderungen an ein Praxisinformationssystems. Anhand einer modernen vernetzten Praxisinfrastruktur werden die Beurteilungskriterien für eine praxis- und zukunftstaugliche
Softwarelösung dargestellt. Checklisten sollen die
schnelle Orientierung unterstützen und bei der Beurteilung und Wahl des Produkts konkrete Hilfe bieten.
In Zusammenarbeit mit der Kommission Informatics –
e-Health der Hausärzte Schweiz werden die zentralen
Elemente der elektronischen Krankengeschichte aufgezeigt. Ein Erfahrungsbericht eines EDV-Anwenders
(Arzt) rundet den 1. Teil ab. Der 2. Teil umfasst die
Präsentation von sechs Praxisadministrationssoftwarelösungen (Leistungserfassung, elektronisches Abrechnen unter Einbezug der TrustCenter, Agendaführung, Statistiken, Laborgeräteeinbindung, elektronische Krankengeschichte, Finanzbuchhaltungslösungen
usw.).
Sponsoren
Die Kosten werden durch diverse Sponsoren (siehe
www.fmhservices.ch) gedeckt.
Daten
K03
Donnerstag, 9. Juni 2011
9.00–16.30 Uhr
Bern
Schmiedstube
K04
Donnerstag, 1. September 2011 Zürich
9.00–16.30 Uhr
FMT
Praxisübergabe
Themen
Juristische Aspekte (Praxisübergabevertrag, allg. Vertragswesen, Übergabe der Krankengeschichten), Unter­
nehmensbewertung einer Arztpraxis (Berechnung Inventarwert und Goodwill als Verhandlungsbasis),
Versicherungen/Vorsorge/Vermögen (Übergabe/Auflösung von Versicherungsverträgen, Pensions- und
Finanzplanung), Steuern (Steueraspekte bei der Praxisübergabe, Optimierung der steuerlichen Auswirkungen, Liquidations- und Grundstückgewinnsteuer,
Bestimmung des optimalen Übergabezeitpunktes).
Sponsoren
Die Kosten werden durch diverse Sponsoren (siehe
www.fmhservices.ch) gedeckt.
Daten
K08
Donnerstag, 16. Juni 2011
13.30–18.00 Uhr
Bern
Schmiedstube
K09
Donnerstag, 8. September 2011 Zürich
13.30–18.00 Uhr
FMT
Ziel
Die Teilnehmer/innen erhalten einen Anforderungskatalog, welcher ihnen erlaubt, ihre Vorstellungen für
ein modernes Praxisinformationssystem besser zu
formulieren und diese dem Softwarehersteller zu dessen Vorbereitung zu kommunizieren. Zudem erhalten sie einen ersten Überblick über führende Softwarelösungen.
Daten
K14
Donnerstag, 30. Juni 2011
9.30–16.30 Uhr
Bern
BEA Bern Expo
K15
Donnerstag, 24. November 2011 Olten
Stadttheater
9.30–16.30 Uhr
Tarifwerk TARMED – Einführungskurs
Themen
Fakten (Gesetzliche und vertragliche Grundlagen),
Struktur (Tarifbrowser, Grundstruktur des Tarifwerkes,
Regelhierarchie, Leistungsblöcke, Leistungsgruppen),
Generelle Interpretationen (Wichtigste generelle Interpretationen), Parameter einer Tarifposition (Alle
Parameter einer Tarifposition), Tarifpositionen aus
dem Kapitel 00 Grundleistungen (Diverse Tarifpositionen aus dem Kapitel 00 Grundleistungen), Praxis­
labor und Präsenzdiagnostik (Neue Analyseliste),
Organisationen und Informationsquellen (www.
tarmedsuisse.ch usw.).
Schweizerische Ärztezeitung | Bulletin des médecins suisses | Bollettino dei medici svizzeri | 2011;92: 18
662
FMH SERVICES
Die grösste standeseigene Dienstleistungsorganisation
R e d a k t i o n e l l e Ve r a n t w o r t u n g : F M H S E R V I C E S
Kosten
200 CHF (inkl. Kursunterlagen).
Daten
K61
Dienstag, 24. Mai 2011
14.00–17.15 Uhr
Olten
Hotel Arte
K61
Dienstag, 20. September 2011
14.00–17.15 Uhr
Olten
Hotel Arte
Röntgen in der Arztpraxis
Themen
Vom konventionellen zum digitalen Röntgen, Renta­
bilität Röntgen in der Arztpraxis, Neue Vorschriften,
Evaluation und Beschaffung neuer oder gebrauchter
Anlagen, Komplette Marktübersicht mit Preisen und
Leistungskomponenten. Die Seminarteilnehmer erstellen und bearbeiten innerhalb des Seminars digitale Röntgenbilder und erhalten eine komplexe Dokumentation über alle Themen – ein Vademekum
rund ums Röntgen.
Kosten
300 CHF (inkl. sämtlicher Kursunterlagen und Verpflegung).
Daten
K16
Donnerstag, 25. August 2011
9.30–16.00 Uhr
Niederscherli
WIROMA AG
Ouverture et reprise d’un cabinet médical
Contenu
Business plan (préparation du plan de financement et
crédit d’exploitation, financement par la banque),
Aménagement (implantation, projet et concept
d’aménagement, choix du mobilier, budget), Estima­
tion d’un cabinet (inventaire et goodwill), Adminis­
tration d’un cabinet médical (dans le cabinet, par la
banque), Assurances (toutes les assurances à l’intérieur et autour du cabinet), Passage du statut de sala­
rié à celui d’indépendant et fiscalité.
Sponsors
Les coûts sont pris en charge par divers sponsors (voir
www.fmhservices.ch).
Dates
K21
Jeudi 26 mai 2011
13.30–18.00 h
Genève
Ramada Park Hôtel
K22
Jeudi 1 septembre 2011
17.00–21.30 h
Lausanne
World Trade Center
Apertura e rilevamento di uno studio medico
nificazione (insediamento, progetto e pianificazione,
scelta del mobilio, budget), Valutazione di uno studio
medico (inventario e goodwill), Amministrazione di
uno studio medico (interna allo studio, rapporti con
la banca), Assicurazioni (tutte le assicurazioni necessarie interne ed esterne allo studio), Passaggio dallo
stato di dipendente a quello di indipendente, fisca­
lità.
Sponsor
Diversi sponsor si fanno carico delle spese (si rimanda
al sito www.fmhservices.ch).
Date
K51
Giovedì 12 maggio 2011
dalle 14.00 alle 18.00
Chiasso
FMH Fiduciaria
Services
K52
Mercoledì 28 settembre 2011
dalle 14.00 alle 18.00
Chiasso
FMH Fiduciaria
Services
Anmeldung und Auskunft / Inscription
et information / Iscrizioni e informazioni
www.fmhservices.ch oder FMH Consulting Services,
Cornelia Steinmann, Burghöhe 1, 6208 Oberkirch,
Tel. 041 925 00 77, Fax 041 921 05 86
Hinweis / Remarque / Osservazioni
Bei sämtlichen Seminaren, bei denen die Kosten teilweise oder gänzlich von Seminarsponsoren gedeckt
werden, werden die Teilnehmeradressen den jeweiligen Sponsoren zur Verfügung gestellt.
Les adresses des participants aux séminaires dont les
coûts sont couverts en partie ou totalement par des
sponsors sont communiquées aux sponsors concernés.
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annullamento. Esso sarà di:
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par personne dans les 15 jours avant le début du
séminaire/ per persona entro i 15 giorni prima
dell’inizio del seminario;
– 100 CHF pro Person ab 7 Tage vor Seminarbeginn
oder Fernbleiben / par personne dans les 7 jours
avant le début du séminaire / per persona entro i
7 giorni prima dell’inizio del seminario.
Contenuto
Business plan (preparazione del piano di finanziamento e del credito d’esercizio, prestito bancario), Pia­
Schweizerische Ärztezeitung | Bulletin des médecins suisses | Bollettino dei medici svizzeri | 2011;92: 18
663
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"
TRIBÜNE
Standpunkt
Die folgenden zwei Beiträge beziehen sich auf ein
kürzlich in der SÄZ behandeltes Thema: den Tod
während Zwangsausschaffungen [1]. Thomas
Knecht stellt solche Todesfälle in den grösseren
Rahmen des Phänomens eines «psychogenen
Todes», bei dem aufgrund von extremem Stress
lebenswichtige Funktionen versagen. Der Beitrag
von Jörg Nef bezieht sich konkret auf den im SÄZ-
Beitrag geschilderten Fall und ergänzt ihn um
ethische Aspekte. Sowohl Knecht als auch Nef
beleuchten die Rolle und Verantwortlichkeit von
Ärzten, die an Zwangsausschaffungen beteiligt
sind.
1
Györffy V, Romanens M. Tod durch Ausschaffung: Bemerkung
zum Level IV. Schweiz Ärztezeitung. 2011;92(10):382–4.
Ein Votum gegen Psychophobie und organpathologische Einäugigkeit
Die dritte Todesart: der psychogene Tod
Thomas Knecht
Korrespondenz:
Dr. med. Thomas Knecht
Leitender Arzt Psychiatrische
Klinik Münsterlingen
Postfach 154
CH-8596 Münsterlingen
Tel. 071 686 41 41
Fax 071 686 40 35
[email protected]
Gewöhnlich wird in forensischem Kontext zwischen
natürlichen und nicht-natürlichen Todesursachen
unterschieden. Die eine Seite dieser Dichotomie umfasst spontan auftretende Todesfälle aufgrund von
Organversagen, Alterungsprozessen usw., die andere
bezeichnet solche mit nicht-natürlichen äusseren Ursachen wie Unfällen, Verbrechen und Selbsttötungen
[1]. Eine dritte Möglichkeit wird in unserem Kulturkreis meist ausser acht gelassen: der psychogene Tod.
Eine Vielzahl von Belegen aus rund zwei Jahrhunderten sprechen jedoch dafür, dass eine übersteuerte
Stressreaktion als «primum movens» zum Zusammenbruch vital wichtiger Funktionen bei Mensch und
Tier führen kann [2]. Bedauerlicherweise werden diese
Beobachtungen von der organpathologisch orientierten Medizin wenig oder gar nicht zur Kenntnis genommen. Weshalb diese Unzugänglichkeit?
Mit dem von ihm geprägten Ausdruck «Psychophobie» bezeichnete E. Bleuler die weit verbreitete
Tendenz vieler Ärzte, die Macht der Psyche resp. ihre
eigengesetzliche Bedeutung herunterzuspielen oder
gänzlich zu verleugnen [3].
Eine gewisse Psychophobie wird oftmals spürbar,
wenn es zu unerwarteten Todesfällen von Ausschaffungshäftlingen und Menschen in vergleichbaren subjektiv ausweglosen Lebenssituationen kommt. Da das
Augenmerk dann sehr selektiv auf die feinsten morphologischen Normabweichungen gerichtet ist, wird
die Möglichkeit einer Psychogenese meist nicht einmal in Betracht gezogen.
Aus psychiatrischer Sicht ist dies nicht nachvollziehbar, bedient sich die biomedizinische Forschung
doch seit Jahrzehnten mit bestem Erfolg des Phänomens «Stresstod». Man denke nur an die Porsoltschen
«Forced-Swim-Versuche» aus der Psychopharmakologie, bei denen man Ratten in Glaszylindern mit Wasser
schwimmen lässt, aus denen es kein Entrinnen gibt.
Ratten sind ausgezeichnete und ausdauernde Schwimmer, doch geben sie in diesem hoffnungslosen Setting
nach kurzer Zeit den Geist auf. Sie verfallen in eine
Regungslosigkeit, die man «Behavioral despair» nennt
und ertrinken schliesslich [4]. Mit einer antidepressi-
ven Medikation lässt sich dieser Effekt verhindern
resp. massiv hinauszögern [5].
Vom psychogenen Tod betroffen sind indessen
nicht nur Ratten: Dieses Phänomen lässt sich die ganze
aufsteigende Tierreihe hinauf verfolgen, und zwar sowohl bei Wildtieren wie auch bei domestizierten Formen [6]. Und auch der Homo sapiens bildet keine Ausnahme: So werden seit Jahrhunderten Belege geliefert,
dass die menschliche Psyche sehr wohl Einfluss auf
den Zeitpunkt des Ablebens nehmen kann: Insbesondere in ursprünglichen Kulturen mit magischen Glaubensvorstellungen und einem ausgeprägten Fatalismus
gehört das Wissen um diese Vorkommnisse geradezu
zum Allgemeingut: Man denke an den Voodoo-Tod,
den Tabu-Tod und den «Heimwehtod», der besonders
viele Schweizer Söldner in fremden Kriegsdiensten ereilt hat.
Daneben liefert die klinische Psychopathologie
diverse Beispiele von psychiatrischen Krankheitsbildern, die tödlich enden können: so die febril-perniziöse
Katatonie, Bells Fulminante Manie, die akute tödliche
Hysterie nach Rosenfeld u. a. m. (Übersicht bei [7]).
Aber auch aufseiten der forensischen Medizin resp.
Kardiologie häufen sich die Hinweise, dass schwerer
psychischer Stress als eigenständiger Schädigungsfaktor bei der Genese gefährlicher kardialer Funktionsstörungen aufzufassen ist. So wird bei der stressinduzierten Kardiomyopathie von einer Mortalitätsrate bis
zu 8 % ausgegangen. Typisch seien akute linksventrikuläre systolische Dysfunktionen, die auch ohne
koronare Vorerkrankung zustande kommen können.
Es wird vermutet, dass diese schädigende Wirkung
über Katecholamine vermittelt wird, wobei verschiedene pathogenetische Pfade diskutiert werden. Dabei
könne die Suszeptibilität des Einzelnen durch vorbestehende (z. T. genetisch angelegte) Irregularitäten
am Herzen wie Long-QT-Syndrom, Brugada-Syndrom
oder weitere «Channelopathies» verstärkt werden
(Übersicht bei [8]).
Es ist auffällig, dass die jüngsten Sterbefälle bei
polizeilichen Zwangsmassnahmen vor allem Kulturfremde oder Geisteskranke betrafen.
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673
TRIBÜNE
Standpunkt
Natürlich ist ein solcher «Seelentod» nichts rein
Geistig-Immaterielles. Für den aufgeklärten Monisten,
der eine untrennbare Leib-Seele-Einheit vor Augen
hat, wäre eine solche dualistische Vorstellung in keiner
Weise akzeptabel. Es war der bedeutende Physiologe
Cannon [9], der bereits 1942 ein schlüssiges Modell
für die Pathogenese des Voodoo-Todes entwickelte
(«Adrenalintod»). Es wurden in der Folge aber noch
alternative Pfade vom Maximalstress zum Organversagen beschrieben, die auch in Kombination vorstellbar sind: der parasympathische Tod («Vagus-Tod»), der
Zusammenbruch der Immunkompetenz, die letalen
Herzrhythmusstörungen, um nur einige zu nennen.
Vorbestehende Schwachpunkte an wichtigen Organen
(etwa am Herzen) bedeuten natürlich ein «somatisches
Entgegenkommen» im Sinne eines locus minoris resistentiae. In diesen Fällen stellt sich indessen die Frage
nach der Adäquanz der in Betracht kommenden Ur-
Man denke an den «Heimwehtod», der besonders viele
Schweizer Söldner in fremden Kriegsdiensten ereilt hat.
sachen: Warum stirbt der angeblich vorgeschädigte
Asylbewerber nicht bei der Einreise im Flugzeug, sondern erst bei der Rückreise wider Willen?
Wenn nun von Verantwortlichkeit gesprochen
wird und zuständige Ärzte sogar zu Freiheitsstrafen
verurteilt werden, so müsste im Falle eines psychogenen Todes ganz dezidiert nachgefragt werden, wofür
hier personale Verantwortung übernommen werden
soll: Das jeweilige Prozedere war rechtstaatlich korrekt und musste analog einer gerichtlich angeordneten Haftstrafe vollzogen werden. Wenn Ausschaffungskandidaten durch Aggressivität und erbitterten Widerstand zur Sicherheit ihrer selbst und anderer fixiert
werden müssen, so kann ihr strafrechtlich relevantes Fehlverhalten (Hinderung einer Amtshandlung)
schwerlich den ausführenden Organen angelastet werden. Wenn sie sich dabei aufgrund ihrer kulturgeprägten psychischen Struktur masslos verausgaben, um
anschliessend in eine tiefgehende Resignation zu verfallen, weil sie mit diesem Gang der Dinge buchstäblich nicht leben wollen, ist dies ein intrapsychischer
Prozess, der von aussen kaum erkennbar resp. steuerbar ist.
Damit wird die Frage aufgeworfen, ob ein gleichartig Vorbelasteter, der bei diesem Prozedere in zumutbarer Weise vernünftig kooperiert hätte, dasselbe
Schicksal erlitten hätte. Muss dies verneint werden,
so ist dies für die Ausführenden klar entlastend.
Fazit: Zieht man in solchen Fällen die Hypothese
des psychogenen Todes als eine Erklärungsvariante in
Betracht (wofür es gute Gründe gibt), so wird man
nicht umhin können, die Indizien für eine Psychogenese gegen diejenige für eine Organpathogenese
abzuwägen: Letztere bestünden vor allem in einer klaren, morphologisch aufzeigbaren Todesursache, die
aber anscheinend in fünf bis zehn Prozent der Obduktionen nicht auffindbar ist [10]. Erstere bestünden in
der sorgfältigen Observation und Dokumentation von
typischen Phänomenen eines psychogenetisch verursachten Sterbeprozesses [6]:
– Psychogener Auslöser: eine subjektive SackgassenSituation mit hochgradigem Hoffnungslosigkeitsgefühl;
– Psychogene Phänomene: zum Beispiel Ausnahmezustände mit massloser Auflehnung, raptusartiger
Aggression und/oder anschliessender tiefer Resignation;
– Psychogener Verlauf: Von der Zeitstruktur her folgt
der Krisenverlauf eher psychologischen als organpathologischen Gesetzmässigkeiten.
Überwiegen die Indizien für ein psychogenes Geschehen, so ist m. E. eine strafrechtliche Sanktion gegen die
beteiligten Funktionäre nicht zulässig, da bis dato
keine wissenschaftlich gesicherten Prädiktoren für
psychogene Todesfälle existieren.
Literatur
1 Knecht T. Der psychogene Tod – Fiktion oder Realität?
Nervenheilkunde. 2010;29: 311–14.
2 Schmid GB. Der psychogene Tod: Die toxische Wirkung
der Vorstellungskraft. Ärzte-Woche vom 29. April 2010;
S. 16.
3 Peters UH. Lexikon Psychiatrie – Psychotherapie –
Medizinische Psychologie. München: Urban und Fischer;
2004. S. 447.
4 Richter CP. On the phenomenon of unexplained sudden
death in animals and man. Psychosom Med. 1957;
19:191–8.
5 Benkert O, Hippius H. Psychiatrische Psychopharmakologie. Berlin: Springer; 1992.
6 Knecht T. Psychogene Todesfälle: Ein ungelöstes
rechtsmedizinisches Rätsel. Kriminalistik. 2009;5:306–10.
7
Schmid GB. Tod durch Vorstellungskraft: Das Geheimnis
psychogener Todesfälle. Wien: Springer; 2010.
8
Fineschi V, Michalodimitrakis M, D’Errico S, Neri M,
Pomara C, Riezzo I, et al. Insight into stress-induced
cardiomyopathy and sudden cardiac death due to stress.
A forensic cardio-pathologist point of view. Forensic Sci
Int. 2010;194:1–8.
9 Cannon WB. «Voodoo Death». Am Anthropologist.
1942;44:169–81.
10 Imhasly P. Tod durch Einbildung. NZZ am Sonntag
vom 12.7.2009. S. 52.
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TRIBÜNE
Standpunkt
Begleitung einer Ausschaffung durch Ärzte:
ethische Aspekte
Jörg Nef
Korrespondenz:
Dr. med. Jörg Nef
Obere Weidegg 4
CH­9230 Flawil
Im letzten Jahr wurde in der Schweizerischen Ärzte­
zeitung fast endlos über ethische Aspekte im Zusam­
menhang mit der Zwangsernährung von Gefangenen
im Hungerstreik diskutiert. Über ärztliche Ethik im
Zusammenhang mit der von den Behörden neu ein­
geführten ärztlichen Begleitung bei Zwangsausschaf­
fungen von zurückgewiesenen Asylbewerbern wurde
kein Wort verloren.
Nun ist in der Schweizerischen Ärztezeitung Nr. 10
vom 9. März 2011 ein hervorragender Artikel der
Herren Viktor Györffy, Rechtsanwalt in Zürich, und
Michel Romanens, Kardiologe aus Olten, erschienen.
Er hat den Titel «Tod durch Ausschaffung: Bemer­
kung zum Level IV» und die beiden Untertitel «Be­
gleitung einer Ausschaffung durch Ärzte: juristische
Aspekte» respektive «… medizinische Aspekte». Den
Titel meiner Ausführungen habe ich in Analogie zu
diesen beiden genannten Untertiteln gewählt, quasi
als dritten Teil des Artikels der Herren Györffy und
Romanens. Sie mögen mir das nicht übel nehmen.
Bei der Zwangsausschaffung eines abgewiesenen
Asylbewerbers wird staatliche Gewalt angewendet,
darüber besteht kein Zweifel. Im März 2010 starb ein
Asylbewerber bei der Zwangsausschaffung, noch be­
vor er – an einen Transportstuhl gefesselt – das Flug­
zeug erreichte (vgl. die Abbildung im oben genann­
ten Artikel auf Seite 384). Nach einer mehrmonatigen
Pause wurde die Praxis der Zwangsausschaffung wie­
der aufgenommen, neu mit ärztlicher Begleitung.
Die medizinische Überwachung staatlicher Ge­
waltanwendung ist keine ärztliche Aufgabe. Der Arzt
muss körperliche Gewaltanwendung an einem Men­
schen verhindern, nicht begleiten. Jetzt soll aber ein
Mitglied unserer Zunft dafür sorgen, dass die Staats­
gewalt medizinisch korrekt abläuft, und er soll allfäl­
lige medizinische Komplikationen verhindern oder
beheben. Der erwähnte Asylbewerber ist nicht in ers­
ter Linie gestorben, weil kein Begleitarzt anwesend
war, sondern weil körperliche und psychische Gewalt
gegen ihn eingesetzt wurden, vorbestehende Herz­
erkrankung hin oder her. Trotzdem will nun der Staat
einen Arzt verpflichten, damit während der Zwangs­
ausschaffung keine medizinischen Fehler gemacht
werden, der Arzt dafür die Verantwortung übernimmt
und damit den Staat bezüglich gesundheitlicher Kom­
plikationen oder sogar Todeseintritt entlastet. Das ist
unzulässig. Erstens ist körperliche Gewaltanwendung
an sich aus medizinischer und ärztlicher Sicht nicht
korrekt, und zweitens müssen der Staat und seine ent­
sprechenden Funktionäre allfällige medizinische
Komplikationen einer Zwangsausschaffung vollum­
fänglich selbst verantworten. Kein Arzt darf ihm diese
Verantwortung abnehmen, sonst verkommt er zum
Handlanger des Staates bei dessen körperlicher Ge­
waltanwendung gegenüber wehrlosen Menschen.
In den USA ist bei der Vollstreckung der Todesur­
teile ein Arzt anwesend, damit bei der Tötung kein
medizinischer Fehler gemacht wird. Die Exekution
muss medizinisch sauber über die Bühne gehen. Die
Auslöschung eines Lebens ist aber an sich der medizi­
nische Kapitalfehler, die medizinische Katastrophe.
Kein Arzt darf sich dazu hergeben, eine Tötung medi­
zinisch zu assistieren.
Ein Schweizer Sprayer wurde letztes Jahr in China
zu drei Stockschlägen verurteilt. Ein Arzt sollte bei der
Bestrafung dabei sein und dafür sorgen, dass die
Stockschläge medizinisch korrekt plaziert werden.
Das ist keine ärztliche Aufgabe, das ist pervers.
Das dunkelste Kapitel ärztlicher Assistenz bei kör­
perlicher Gewaltanwendung durch den Staat hat sich
im Verlauf der ganzen Menschheitsgeschichte in Na­
zideutschland abgespielt. Tausende von Ärzten haben
im 12 Jahre dauernden «Tausendjährigen Reich» dem
Staat geholfen, Juden, politisch Andersdenkende,
Zigeuner, Behinderte und Geisteskranke umzubrin­
gen, um Regimegegner auszuschalten und eine reine
deutsche Rasse zu züchten.
Die Unterschiede zwischen den erwähnten drei
Beispielen und der ärztlichen Begleitung von Zwangs­
ausschaffungen sind gradueller, nicht prinzipieller Na­
tur. Es handelt sich in allen Fällen um ärztliche Assis­
tenz bei körperlicher und geistiger Gewaltanwendung
des Staates gegenüber Wehrlosen. Der bei einer Zwangs­
ausschaffung anwesende Arzt soll es dem Staat ermög­
lichen, Gewalt anzuwenden ohne gesundheitliches
Risiko für den Betroffenen oder gar Todesfolge, und
macht sich damit zum Komplizen der Staatsgewalt.
Zum Abschluss nochmals zurück zum oben
genannten Artikel: Der Schlusssatz lautet dort: «Die
Teilnahme von Ärztinnen und Ärzten an solchen Pro­
zeduren muss abgelehnt werden.» Dies gilt auch in
ethischer Hinsicht. Im Fall der beschriebenen Zwangs­
ausschaffung des K. A. hatte der Gefängnisarzt den Ge­
sundheitszustand falsch eingeschätzt und vor der Ab­
reise des Asylbewerbers die Fesselung an den Transport­
stuhl und die Knebelung als medizinisch unbedenklich
eingestuft. Die Abschiebung der Verantwortung auf
den Arzt hat bestens geklappt. Ausschaffungsbehörde
und Polizei gingen straffrei aus, der Arzt wurde wegen
fahrlässiger Tötung (!) verurteilt. Er war Teil der Aus­
schaffungsorgane und hat damit teilgenommen an der
staatlichen Gewaltanwendung, er war Komplize …
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TRIBÜNE
Thema
Orthopädenmangel 2020
Der Mangel an Grundversorgern ist vielen bewusst. Doch auch bei Spezialisten
zeichnet sich in der Schweiz eine prekäre Lage ab. So lässt eine Auswertung und
Hochrechnung aktueller Daten auf einen Mangel an Orthopäden im Jahr 2020
schliessen. Rund 30 Prozent der benötigten Stellen drohen unbesetzt zu bleiben.
Josef E. Brandenberg
1 Iorio R, Burlington.
Orthopedic Surgeon
Workface and Volume in
the USA. «Preparing for an
Epidemic». 56. Kongress
VSO, Baden-Baden, Mai
2007.
2 Pollak P. When demand
exceeds supply. January;
2009. [email protected];
www.aaos.org/news
3 AAMC Center for
Workforce Studies.
Analysis. June; 2010.
[email protected]
4 www.bfs.admin.ch →
Gesundheit → Leistungen
Korrespondenz:
Dr. med. Josef E. Brandenberg
Orthopädische Klinik
Luzern OKL
St. Annastrasse 32
CH-6006 Luzern
Tel. 041 208 38 12
[email protected]
Einleitung und Fragestellung
Hausärztinnen und -ärzte werden knapp. In der
Öffentlichkeit, bei Gesundheitspolitikern und selbst
in der Ärzteschaft glaubt man, der Ärztemangel
beschränke sich auf die Grundversorgung, es gäbe
genügend, ja zu viele Spezialisten.
Am Kongress 2007 der Süddeutschen Orthopäden
in Baden-Baden berichtete ein amerikanischer Kollege, dass 2016 in den USA 23 % Orthopäden fehlen
werden [1]. Die American Academy of Orthopedic
Surgeons AAOS rechnete in ihrer 2009 publizierten
Studie mit 88 000 Patientinnen und Patienten mit
Hüftarthrose und 624 000 mit Kniearthrosen, die
2016 nicht mehr operiert werden können [2]. Und
kürzlich zeigte eine Studie der Association of American Medical Colleges AAMC [3], dass der Mangel an
Spezialisten in gleichem Tempo und Ausmass wie bei
den Grundversorgern zunimmt, einfach mit einer
Verzögerung von 3–4 Jahren (Tabelle 1, nächste Seite).
Wie entwickelt sich die Orthopädie in der Schweiz?
Die hier vorgestellte Studie wurde am 70. Jahres- Kongress der Schweizer Orthopäden SGOT/SSOT am
1. 7. 2010 in St. Gallen präsentiert.
Pénurie d’orthopédistes en 2020
Selon des études menées aux Etats-Unis, une pénurie
de spécialistes, notamment en orthopédie et en traumatologie, suivra le manque de praticiens en médecine de premier recours avec un léger décalage. Sur
la base de données de l’Office fédéral de la statistique
et de la FMH, l’évolution de cette tendance a été
chiffrée pour la période entre 1998 et 2008 en vue
d’appliquer les calculs aux années à venir. Les maladies de l’appareil locomoteur, y. c. celles de la colonne
vertébrale ont pris l’ascenseur: plus 72 % en dix ans,
principalement en raison de l’évolution démographique, de l’augmentation de l’obésité et des accidents
survenus pendant les loisirs. Les prothèses de la
hanche ont augmenté chaque année de 1%, celles
des genoux de 5 %. Le nombre d’interventions de
suivi est lui aussi en hausse. Le nombre d’orthopédistes a progressé de 18,2 % entre 1998 et 2008. Si les
Material und Methode
Als zuverlässige Quellen dienten die Daten des
Schweizerischen Bundesamtes für Statistik BfS, die
Statistiken der FMH und des Schweizerischen Institutes für ärztliche Weiter- und Fortbildung SIWF, sowie
Daten des Dachverbandes der Schweizerischen Handels- und Industrievereinigungen der Medizinaltechnik FASMED.
Die Daten wurden bis 1998 zurückverfolgt, und
Zahlenreihen für einen Zeitraum von 10 Jahren gebildet. Aus den errechneten Veränderungen wurden
Voraussagen für das Jahr 2020 extrapoliert.
paramètres externes restent inchangés, 30 % d’orthopédistes manqueront à l’appel en 2020. Il faudrait
donc en former plus. Si on tient compte des chiffres
de la formation postgraduée, ce seront même 32,5 %
d’orthopédistes qui feront défaut. Près de 10 000 patients souffrant d’arthrose de la hanche ou du genou
ne pourront plus être traités. Cette situation est
accentuée par une proportion faible de femmes en orthopédie et un taux élevé (62%) de médecins étrangers suivant une formation postgraduée dans cette
Ergebnisse
2008 betrafen 28 % aller Diagnosen in Schweizer
Spitälern und Kliniken Erkrankungen des Bewegungsapparates. Allerdings sind darin auch wenig relevante
Begleitdiagnosen enthalten, die nicht zwingend Behandlungen und Kosten auslösen. Aussagekräftiger
sind die Behandlungen am Bewegungsapparat gemäss CHOP Code 77–84. Diese nahmen in den vergangenen 10 Jahren um 72 % zu [4].
discipline. Pour pouvoir contrer cette tendance dramatique dans les dix prochaines années, il est urgent de
prendre dès aujourd’hui les mesures qui s’imposent:
levée du numerus clausus, limitation du nombre de
médecins étrangers dans ce cursus et en formation
postgraduée, promotion de la femme en orthopédie.
Schweizerische Ärztezeitung | Bulletin des médecins suisses | Bollettino dei medici svizzeri | 2011;92: 18
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676
TRIBÜNE
Thema
Tabelle 1
Full-time Equivalent Physicians Active in Patient Care Post Health Care Reform, 2008–2025.
Physician
Shortage
(Non-Primary
Care Specialities)
Year
Physician Supply Physician
Total
Demand
Total
2008
699 100
706 500
7 400
2010
709 700
723 400
13 700
4 700
2015
735 000
798 500
62 900
33 100
2020
759 800
851 300
91 500
46 100
2025
785 400
916 00
130 600
64 800
Physician
Shortage
Total*
none
* Total includes primary Care, Surgical and medical Specialities
(source: AAMC, Center for Workforce Studies, June 2010 Analysis)
5 FASMED. Dachverband
der Schweizerischen
Handels- und Industrievereinigungen der
Medizinaltechnik.
www.fasmed.ch
6 Bundesgeschäftsstelle für
Qualitätssicherung BQS.
Zit. nach J. Hassenpflug in
Orthopädie Mitteilungen.
2/2010:162.
2008 wurden 16 500 Hüft-Totalprothesen (TP)
und 11 000 Knie-TP implantiert. Der jährliche Zuwachs der Hüft-TP beträgt seit 10 Jahren rund 1 %, die
jährliche Zunahme der Knie-TP 5% [5]. In den USA
wurden 2007 bereits mehr Knie- als Hüftprothesen
eingesetzt [2].
Die Zunahme der Gesamtmenge und die viel längeren Standzeiten der Implantate führen zum Anstieg
der Früh- und vor allem Spät-Komplikationen in der
Endoprothetik, an erster Stelle die Implantat-assoziierten Infekte. Über die Zahl der Revisionsoperationen fehlen gesicherte Angaben; ein nationales Implantatregister ist erst im Aufbau. Die Zahlen Deutschlands dürften aber mit denjenigen der Schweiz
vergleichbar sein. Der Anteil der Revisions-Operationen an der Gesamtzahl der Hüft-TP-Eingriffe beträgt
14 % und bei Knie-TP 7 % [6].
in der Schweiz von 1,25 % pro Jahr deutlich höher
als in Amerika, wo die Zuwachsrate pro Jahr 0,9 %
beträgt. Die Adipositas wird damit in der Schweiz in
10 Jahren im zweistelligen Prozentbereich zugenommen haben.
Die Unfallstatistik zeigt eine Zunahme von insgesamt 3,7 % in den letzten 10 Jahren. Die Betriebsunfälle blieben stabil, bei männlichen Werktätigen
sind sie sogar rückläufig. Hingegen nahmen die Freizeitunfälle um 12 %, bei der weiblichen Bevölkerung
gar um 22 % zu [4]. Bleibt die Wirtschaftslage in den
nächsten 10 Jahren einigermassen konstant auf heutigem Niveau, wird der Trend der Freizeitunfälle im
zweistelligen Prozentbereich wachsen.
Die Zahl der Orthopäden hat in den letzten 10 Jahren um 18,2 % zugenommen. 2008 waren 466 Orthopäden selbständig beruflich tätig, entweder als Niedergelassene oder als Kaderärzte in Spitälern (Chefärzte,
Leitende Ärzte). Dies entspricht 2,7 % aller selbständig tätigen Schweizer Ärzte. Die Orthopädendichte ist
von Kanton zu Kanton verschieden, in städtischen
Regionen mit Universitätskliniken höher. Die Orthopädie weist den geringsten Anteil Frauen auf. In den
übrigen Fächern sind 26 % Frauen selbständig tätig,
in der Orthopädie 4 % [10].
Gemäss Ärzte-Statistik hat die Zahl der Orthopäden in Weiterbildung in den vergangenen zehn Jahren um 14,3 % zugenommen [10]. Zwischen 1999 bis
2009 stieg die Zahl der ausländischen Ärztinnen und
Ärzte in Weiterbildung in der Schweiz von 22 auf 41 %
(11). Das Fach Orthopädie steht dabei an der Spitze.
Gemäss Schweizerischem Institut für ärztliche Weiterund Fortbildung SIWF betrug 2009 der Ausländeranteil in der Orthopädischen Weiterbildung 62 % [12].
Stützt man die Prognosen für 2020 auf die in Weiterbildung stehenden
Orthopäden, werden 262 oder 32,5 % Ärzte dieser Fachrichtung fehlen.
7 www.bfs.admin.ch →
Bevölkerung
8 www.obsan.adm.ch,
Risikofaktoren und
gesundheitsrelevantes
Verhalten → BMI
9 Center for Desease
Control and Prevention.
www.cdc.gov
10 www.myfmh.ch →
FMH-Ärztestatistik 2009.
11 www.fmh.ch →
bildung-siwf
12 van der Horst K, Siegrist
M, Orlow P, Berendonk C,
Giger M. Demographie,
Beurteilung des Studiums
und der Feedbackkultur an
den Weiterbildungsstätten. Schweiz Ärztezeitung.
2010;91(6):203–7.
Die Anzahl orthopädischer Behandlungen wird
unter anderem durch drei wesentliche Faktoren beeinflusst: den Anteil älterer Menschen in der Bevölkerung, das Übergewicht, die Unfälle.
2007 zählte die Schweiz 7,7 Millionen Einwohner. Bei einer durchschnittlichen Lebenserwartung
von 83,7 Jahren waren 16,6 % der Bevölkerung über
65-jährig. Gemäss Prognosen des Bundesamtes für
Statistik werden im Jahr 2025 gut 22 % und im Jahr
2050 rund 25 % der Bevölkerung über 65-jährig sein
[7]. Damit steigen die altersabhängigen degenerativen Gelenkserkrankungen und Wirbelsäulenprobleme.
Der Anteil der Adipösen mit einem Body Mass
Index (BMI) über 30 beträgt in der Schweizer Bevölkerung 8,5 % [8]. Als Vergleich: In den USA sind 25,6 %
adipös [9]. Hingegen ist die Zunahme der Adipositas
Nehmen die orthopädischen Erkrankungen in
den nächsten 10 Jahren weiter um 70 % zu, werden
im Jahr 2020 im Schweizer Gesundheitswesen 806
Orthopäden benötigt. Bei einer Zunahme der selbständig tätigen Orthopäden von wie bisher 18,5 %
werden 2020 demnach 562 Orthopäden selbständig
berufstätig sein. Es resultiert ein Mangel von 244 oder
rund 30 %. Stützt man die Prognosen für 2020 auf die
in Weiterbildung stehenden Orthopäden, werden gar
262 oder 32,5 % fehlen.
Diskussion
Überalterung, Gesundheits- und Freizeitverhalten der
Bevölkerung lassen die Erkrankungen am Bewegungsapparat auch in den nächsten 10 Jahren um rund
70 %, wenn nicht mehr, ansteigen. Eine Tendenz zur
Umkehr ist nicht in Sicht. Auch gilt es, nicht nur die
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TRIBÜNE
Thema
aktuell Verletzten zu behandeln. Langzeitschäden
führen mit einer Verzögerung von 1–2 Jahrzehnten
zu zusätzlichen orthopädischen Behandlungen. Grundlegende Innovationen zur Prävention oder gar Beseitigung der Arthrosen sind nicht in Sicht.
Steigt die Zahl der Orthopäden im bisherigen
Ausmass, werden 2020 rund 30 % Fachärzte fehlen.
Bleibt die Weiterbildungsrate wie bisher 14,7 %, wird
der Mangel gar 32,5 % betragen. 2020 werden schätzungsweise in der Schweiz über 10 000 Patientinnen
und Patienten vergeblich auf eine Hüft- oder Knie-TP
warten. Der Mangel wird sich auch in der Wirbelsäulen-, Schulter- und Unfallchirurgie bemerkbar
machen.
Während der Anteil der Frauen in der Medizin
generell zunimmt, bleibt die Orthopädische Chirurgie noch weitgehend eine Männerdomäne. Dadurch
beschränkt sich die Rekrutierung zukünftiger Fachkräfte auf eine viel kleinere Auswahl als in der übrigen
Medizin. Aus physischen Gründen dürfte die Endoprothetik und Revisionschirurgie an Hüfte und Kniegelenk für manche Orthopädin kein Berufsziel sein,
was den Engpass in diesen Teil-Bereichen akzentuieren
wird. Neue Betriebsformen, die der Doppelbelastung
als Berufs- und Hausfrau entgegenkommen, wären
dringend nötig, sind aber schwierig umzusetzen [13].
Der Praxisstopp für Orthopäden
muss aufgehoben werden.
13 Mihm A. Zwischen Krippe
und Visite. Frankfurter
Allgemeine Zeitung.
4./5. Dezember 2010.
14 Klaiber C. Neue Zürcher
Zeitung. 8.10.2003.
15 www.unisg.ch/de/
Studium/Zulassung
UndAnmeldung
Der Anteil ausländischer, vorwiegend deutscher
Orthopäden nimmt stetig zu. An den orthopädischen
Facharztprüfungen der letzten Jahre war die überwiegende Mehrzahl der Kandidaten deutscher Herkunft.
Viele Oberärzte und teilweise auch Leitende Ärzte in
der Orthopädie/Traumatologie sind Ausländer. Verschlechtern sich die Konditionen in der Schweiz im
bisherigen Ausmass, wird dieser Zustrom abnehmen.
Sollten sich gleichzeitig die Arbeitsbedingungen in
Deutschland verbessern, droht eine Rückwanderung
in grösserem Umfang. Die Versorgung wäre hierzulande akut gefährdet.
Die regionale Verteilung der Orthopäden in der
Schweiz ist unausgewogen. Ein wesentlicher Faktor
ist die unterschiedliche Honorierung und der Versicherten-Mix. Der TARMED ist in weiten Bereichen
der Orthopädie und Traumatologie nicht kostendeckend. Ein wirtschaftliches Überleben ist nur dank
Zusatzversicherten möglich. In Regionen mit hohem
Anteil an Grundversicherten ist Orthopädie und
Traumatologie daher unattraktiv. Hier wird sich der
Versorgungsengpass zuerst manifestieren.
Dem drohenden Orthopädenmangel muss heute
begegnet werden. Ist er einmal Realität, kommen die
folgenden Massnahmen zu spät:
– Der Numerus clausus muss aufgehoben werden. Es
müssen mehr Studienplätze für Humanmedizin
geschaffen werden. Eine Reduktion der medizinischen Fakultäten von 5 auf 3, wie sie vor wenigen
Jahren vorgeschlagen wurde, ist obsolet [14].
– Der Ausländeranteil im Medizinstudium muss
begrenzt werden, z. B. auf einen Viertel, wie an der
Hochschule St.Gallen, und wie an dieser Universität mit Aufnahmeprüfungen reguliert werden [15].
– Die Weiterbildungsstellen für Orthopädie müssen
erhöht werden. Privatkliniken müssen zur Weiterbildung verpflichtet werden. Die Weiterbildung
muss reformiert werden. Aufgaben, die nicht in
direktem Zusammenhang mit der Weiterbildung
stehen, müssen anderen Dienststellen zugewiesen werden (Stationssekretariate, Archivar, Sozialdienste).
– Schweizer müssen für die orthopädische Weiterbildung aktiv angeworben und ihre Karriere in
den Spitälern geplant werden. Die Spezialisierung, insbesondere in der Endoprothetik, der Revisionschirurgie und Wirbelsäulenchirurgie, muss
gefördert werden.
– In den orthopädischen Weiterbildungsstätten muss
die Frauenförderung aktiv angegangen werden.
– Die Anzahl Orthopäden darf nicht auf Kosten der
Qualität gesteigert werden. Die kontinuierliche
Fortbildung muss ausgebaut und verbessert werden. Für Qualitätssicherung und Best Practice müssen gezielte Anreize gesetzt werden.
– Die FMH muss sich der kommenden Versorgungsprobleme annehmen und von der derzeitigen
Fokussierung auf Grundversorgung und Managed
Care abrücken. Denn in 10 Jahren werden die fallführenden und budgetverantwortlichen Grundversorger nicht mehr die ihnen genehmen Spezialisten auswählen können. Diese werden
schlicht und einfach nicht mehr zur Verfügung
stehen.
– Tarife und Honorare müssen Orthopädie und
Traumatologie attraktiver machen und regionale
Fehlverteilungen korrigieren. Gute Qualität soll
belohnt werden.
– Der Praxisstopp für Orthopäden muss aufgehoben werden, womit auch der schädliche Schwarzmarkt mit ZSR-Nummern – in gewissen Regionen
bewegt sich der «Handel» im fünf- bis sechsstelligen Franken-Bereich (!) – zugunsten junger Schweizer Orthopäden beseitigt wird.
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TRIBÜNE
Thema
Ein Schlusswort – oder auch nicht
Dr. Moser geht, und Dr. House darf bleiben
EMH-Newsservice
Seit der Vorankündigung in der Schweizerischen
Ärztezeitung [1] ist ein grosser Teil der Ärzteschaft im
«Doktor-Moser-Fieber». Viele Kolleginnen und Kollegen können die Ausstrahlung der ersten Folge der
neuen Arztserie kaum erwarten; einige haben sich sogar spontan angeboten, als Schauspieler mitzuwirken. Zudem erhielt die FMH über Leserzuschriften
wertvolle Anregungen, die schon jetzt zur Optimierung des Konzepts und des Drehbuchs der Serie massgeblich beigetragen haben – zum Beispiel, dem gesellschaftlichen Pluralismus stärker Ausdruck zu verleihen. So soll es schon bald eine Änderung bei der
Besetzung der Hauptrolle geben, um den Frauenanteil
unter Schweizer Chefärzten/-innen zu erhöhen.
auch hier haben kreative Leservorschläge bereits
Lösungen ermöglicht, die einer Beitragserhöhung effektiv entgegenwirken: Neben der Einnahme von
Sponsorengeldern von einem unter anderem für
seine Schokoladenprodukte bekannten Nahrungsmittelkonzern soll dadurch zusätzliches Geld in die
Kasse der FMH fliessen, dass die Serienfolgen alle
15 Minuten durch Werbespots der Pharmaindustrie
unterbrochen werden. Das Schweizerische Heilmittelinstitut hat die Werbebestimmungen für Arzneimittel
eigens dafür gelockert. Jetzt muss nur noch das
Schweizer Fernsehen überzeugt werden, die Sendezeit
wegen der häufigen Unterbrechungen um eine
Stunde bis 23.00 Uhr zu verlängern.
In Folge 14 der neuen
Arztserie muss Dr. Beat Moser
sein Endoskop an den Nagel
hängen und sich aus dem
Berufsleben zurückziehen.
Seine Nachfolgerin ist Frau
Dr. Beate Moser-Nesquik,
eine emanzipierte
Kakaotrinkerin. Unglaublich!
Ob es ihm gefällt oder nicht: Dr. Beat Moser muss
in Folge 14 sein Endoskop an den Nagel hängen und
sich ganz aus dem Berufsleben zurückziehen. Abgelöst wird er in Folge 15 von Dr. Beate Moser-Nesquik,
einer emanzipierten Kakaotrinkerin. Am Titel der
Sendung sind daher nur kleine Korrekturen notwendig («Dr. Beate Moser – die Ärztin, die die Schweiz von
innen kennt»); dagegen fliegt der Beuteltee aus dem
Programm. Die neue Chefärztin trägt einen Doppelnamen, vertritt einfache Prinzipien im Umgang mit
ihren männlichen Kollegen und macht hier keine
halben Sachen.
Die im Beitrag [1] angekündigte drastische Erhöhung der FMH-Mitgliedsbeiträge hat verhaltene
Zustimmung bei der Ärzteschaft hervorgerufen. Aber
Alles könnte so schön sein, … wenn es denn nur
wahr wäre. Beide Doktores Moser hatten eine sehr
kurze Sternstunde am Medizinerfirmament – nämlich
nur am 1. April (April!). Freunde von Dr. House
dürfen aufatmen, aber Fortbildungs-Credits gibt es
für DVD-Staffeln von Grey’s Anatomy nach wie vor
keine!
Ihr EMH-Newsservice – immer am Puls der Zeit
1 EMH-Newsservice. Dr. House muss gehen,
dafür kommt Dr. Moser. Schweiz Ärztezeitung.
2011;92(13):504–6.
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679
TRIBÜNE
Spectrum
Genève Marathon
for UNICEF – Courir pour
une bonne cause
UNICEF Suisse est maintenant partenaire de Genève Marathon. Les
organisateurs du marathon ont
décidé de soutenir activement le
travail de l’UNICEF au cours de ces
prochaines années. 5 % du montant
versé par les adultes et 100 % de la
course des enfants sont versés direc-
Comic-Reportage am Fumetto
Comix Festival in Luzern
Médecins Sans Frontières / Ärzte ohne Grenzen
(MSF) haben am Fumetto Comix Festival in Luzern
eine Ausstellung über Dagahaley, eines der grössten Flüchtlingslager der Welt im kenianischen
Dadaab, präsentiert. Zeichner Andrea Caprez und
Autor Christoph Schuler waren im Februar 2011
dort zu Besuch. MSF arbeitet seit 40 Jahren in Krisengebieten und versucht dabei, auf die Lebensbedingungen der betroffenen Bevölkerungsgruppen
aufmerksam zu machen. Die Zusammenarbeit mit
den Comic-Autoren ermöglichte es MSF, den
Flüchtlingen in den Dadaab-Lagern ein Gesicht zu
geben. Am Fumetto berichteten die Künstler in
einem Atelier mittels Texten und Zeichnungen
über ihre Erfahrungen. Ausserdem organisierte
MSF einen somalischen Abend mit Lesung und
Live-Performance der Künstler sowie ein Podiumsgespräch über die Darstellung von Krieg und Konflikten in Comic-Reportagen.
(MSF)
© Andrea Caprez/Christoph Schuler
Der Zeichner Andrea Caprez und der Autor Christoph
Schuler geben den Menschen im grössten Flüchtlings­
lager der Weit ein Gesicht und erzählen ihre Geschichte.
tement à l’UNICEF. Le Genève
Marathon aura lieu pour la septième fois durant le week-end des
14 et 15 mai 2011. Une course des
enfants et une course féminine sont
prévues le samedi. Le marathon traditionnel et le semi-marathon se dérouleront le dimanche 15 mai 2011.
Inscriptions par www.unicef.ch →
Activités et events → Genève Marathon 2011.
(unicef)
Ambulante Alkoholberatung: interkantonale
Studie
Jedes Jahr lassen sich in der Schweiz
mehrere
tausend
Personen
mit
Alkoholproblemen erfolgreich bei
einer ambulanten Suchthilfestelle
beraten. Bisher fehlten dazu aber
wissenschaftlich fundierte Aussagen. Aus diesem Grund führen die
Aargauische Stiftung Suchthilfe ags,
das Beratungszentrum Bezirk Baden,
die Stiftung Berner Gesundheit und
die Zürcher Fachstelle für Alkoholprobleme zfa erstmals eine interkantonale
Katamnese-Studie
durch,
welche die Wirksamkeit der ambulanten Suchtbehandlung im Bereich Alkohol aufzeigen soll. Der
Schlussbericht der Studie liegt Ende
Une technologie clé sous la loupe
Les nanomatériaux sont à même de bouleverser de
nombreux domaines tels que la médecine, l’énergie ou encore les biens de consommation. En dépit
de leur énorme potentiel, la production, l’utilisation et l’élimination de ces matériaux peuvent
aussi présenter des risques. Le Programme nationale de recherche «Opportunités et risques des nanomatériaux» (PNR 64) doit contribuer à identifier
aussi bien les opportunités que les risques des
1200 Schüler erleben lustvoll Prävention
Jugendliche sind vielen Verlockungen und Gefahren ausgesetzt. Von Schokolade über Rauchen und
Alkohol bis zur Gewalt im Alltag oder Internet.
Über 1200 Siebt- und Achtklässler aus dem Kanton
St. Gallen erarbeiteten am Jugendtag «Gesund &
clever» in Workshops und auf einem Parcours eine
gesunde und kritische Einstellung zu diesen Themen. Ziel war die direkte und lustvolle Präventionsvermittlung. Zum Beispiel so: Schüler amüsieren sich beim Turmbau mit Hölzchen, wo zwei Jugendliche mit «Promillebrille» immer wieder gegen
die «nicht-alkoholisierten» Kameraden verlieren.
So lernen sie spielerisch, welchen Einfluss Alkohol
auf Wahrnehmung und Fähigkeiten hat. Getragen
wird der Jugendtag neben dem Kanton und der Ärztegesellschaft vom Ostschweizer Kinderspital, der
Lungenliga, dem Kinderschutzzentrum, der Stiftung Suchthilfe und der Präventionsstelle Zepra.
2014 vor.
(Suchthilfe ags)
nanomatériaux synthétiques pour la santé humaine,
l’environnement et les ressources naturelles. Le
PNR 64 compte 18 projets. Le PNR 64 dispose de
12 millions de francs. Les travaux de recherche ont
démarré en 2011 et dureront jusqu’à fin 2015. Les
personnes intéressées peuvent être tenues informées par une newsletter électronique.
(FNS)
(Ärztegesellschaft des Kantons St. Gallen)
Die «Promille­Brille» sorgt dafür, dass ihre Träger beim
Turmbau mit Hölzchen immer wieder gegen die «nicht­
alkoholisierten» Kameraden verlieren.
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680
Horizonte
Streiflicht
Die folgenden zwei Artikel befassen sich auf unterschiedliche Weise mit der Graphologie – gemeinsam ist ihnen der positive zugang zum behandelten thema: Die Möglichkeit, aus der Handschrift
von individuen methodisch zuverlässig auf deren
Persönlichkeitsmerkmale zu schliessen, wird
grundsätzlich als gegeben erachtet. Der Anspruch
der Beiträge ist somit nicht eine Darstellung der
Stellung der Graphologie innerhalb der Psychologie als Wissenschaft. Der Vollständigkeit halber sei
aber darauf hingewiesen, dass die Bedeutung und
die Möglichkeiten der Graphologie unter Fachleuten sehr kontrovers diskutiert werden.
Die Redaktion
Das Potential der Graphologie in der Arztpraxis
Max Schreier
Der Autor ist Facharzt für
Allgemeine Medizin und erwarb
nach seiner Praxisübergabe
nach vierjährigem Studium
das Attest in Graphologie.
Während dieser Ausbildung
verfasste er über 140 grapho­
logische Gutachten.
Er dankt Robert Bollschweiler,
Diplompsychologe und
Graphologe, Luzern, für das
sorgfältige Gegenlesen und
ergänzende Hinweise.
Korrespondenz:
Dr. med. Max Schreier
Facharzt für Allgemeine
Medizin FMH
Graphologe FFG
Haltenstrasse 23
CH­4566 Kriegstetten
[email protected]
Geschichtlicher Hintergrund
und psychologische Grundlagen
Bevor auf das eigentliche Thema eingegangen wird,
sollen im Folgenden zunächst einige allgemeine As­
pekte kurz erläutert werden.
Die Wurzeln der Schriftpsychologie reichen bis
ins 17. Jahrhundert zurück. Camillo Baldi, italie­
nischer Professor der Medizin an der Universität
Bologna, schrieb 1622 die erste Abhandlung über die
Deutung der Handschrift. Johann Wolfgang von
Goethe besass graphologische Kenntnisse. Ludwig
Klages, deutscher Chemiker und späterer Philosoph
(1872–1956), veröffentlichte 1917 mit «Handschrift
und Charakter» ein grundlegendes Werk, das auch
eine Anleitung zur Gutachtentechnik enthielt. Der
Schweizer Psychologe, Graphologe und Schriftsteller
Dr. Max Pulver (1889–1952) bereicherte 1931 mit
seinem Buch «Symbolik der Handschrift» [1] die Gra­
phologie, indem er die tiefenpsychologischen Er­
kenntnisse von Sigmund Freud und Carl Gustav
Jung miteinbezog. Der Hamburger Neurologe Prof.
Dr. Rudolph Pophal (1893–1966) erkannte die Zu­
sammenhänge zwischen Schreibbewegung und hirn­
physiologischen Einflüssen. Sein Werk «Handschrift
als Gehirnschrift» (1949) legte den Grundstein zu ei­
ner neuen Blickrichtung in der Graphologie. Er zeigte
auf, wie die Schrift von verschiedenen Teilen des Ge­
hirns (Pallidum, Striatum, Kortex) beeinflusst wird.
Brauchbare graphologische Syndrome sind auch Fritz
Riemanns «Grundformen der Angst» (Angst vor Ver­
änderung, vor Endgültigkeit, vor Nähe und vor der
Selbstwerdung) [2], die Typologien von C. G. Jung
(extra­/introvertiert) [3], die Einteilung des Habitus
von Kretschmer (leptosom, pyknisch und athletisch)
[4] sowie das psychoanalytische Phasenmodell von
Sigmund Freud (sensorische, orale, anale, phallische
Phase).
Im heutigen Zeitalter der elektronischen Medien
tritt der handschriftliche Informationsfluss in den
Hintergrund. Die Graphologie als Teilwissenschaft
innerhalb der psychologischen Diagnostik konnte
sich dennoch behaupten.
Was braucht der Graphologe?
Für eine Beurteilung muss Folgendes vorliegen bzw.
gewährleistet sein:
–
–
–
–
–
Eine Schriftprobe, möglichst auf einer unlinierten
A4­Seite mit Unterschrift, geschrieben mit Kugel­
schreiber oder Füllfeder;
Persönliche Angaben über Alter, Geschlecht, Hän­
digkeit, Nationalität, Bildungsgang, Angaben
über allfällige Behinderungen;
Bei Betriebs­ und Berufseignungsgutachten mög­
lichst präzise Fragestellung und Anforderungs­
profil der in Betracht kommenden Stelle;
Abfassung der Schriftprobe unter normalen psy­
chischen und physischen Bedingungen;
Einverständnis des/der Schreibenden zur Begut­
achtung.
Wie geht der Graphologe vor?
Zuerst lässt der Graphologe die zu beurteilende Schrift
auf sich einwirken, um einen allgemeinen Eindruck
zu erfassen. Danach gilt der Blick den sogenannten
«übergreifenden Merkmalen» wie Rhythmus, Span­
nungsgrad, Raumverteilung, Eigenartsgrad usw. und
schliesslich den Einzelmerkmalen wie Schriftlage,
Schriftgrösse, Bindungsformen (Girlande, Arkade,
Winkel, Faden), Weite/Enge, Regelmass/Unregelmass,
Verbundenheitsgrad, Eile/Langsamkeit, Gliederung,
Zeilenführung, Unterschrift usw. Da diese Schrift­
merkmale aufgrund langjähriger Forschungen und
Vergleicharbeiten bestimmten Charakterzügen zu­
geordnet werden können, lässt sich aus ihnen ein
Persönlichkeitsbild erstellen.
Arten von Gutachten
Man unterscheidet
– Persönlichkeitsgutachten: Auftraggeber ist der Ver­
fasser;
– Partnerschaftsgutachten: Sie betreffen persönliche
oder geschäftliche Partnerschaften;
– Betriebsgutachten: Auftraggeber ist die Firma
(Personalchef);
– Berufseignungsgutachten: Auftraggeber ist der
Verfasser oder eine Drittperson.
Möglichkeiten der Graphologie
Erkannt werden können allgemeines menschliches
Verhalten der schreibenden Person sowie zahlreiche
Teilaspekte des Charakters und der Persönlichkeit. Im
Besonderen sind folgende Parameter beurteilbar:
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681
Horizonte
Streiflicht
Untersuchungen weisen auf eine enge, methodisch erfassbare Beziehung zwischen Handschrift und Persönlichkeit hin.
–
–
–
Geistige Fähigkeiten: schöpferisches, logisches oder
abstraktes Denken, Kombinationsfähigkeit, Orga­
nisationstalent, Gestaltungskraft, Weitblick, Beob­
achtungsgabe sowie ein Mangel dieser Eigen­
schaften;
Willensbereich: Tatkraft, Energie, Unternehmungs­
geist, Zähigkeit und Ausdauer, Konsequenz und
Zielstrebigkeit, Durchhalte­ und Durchsetzungs­
vermögen, Standhaftigkeit, Ordnungsliebe, Selbst­
disziplin, Entschlusskraft;
Ich-Bereich: Entwicklung der Persönlichkeit, Selbst­
darstellung, Ich­Anspruch, Drang zur persön­
lichen Entfaltung, Selbstbehauptungswille, Gel­
–
Selbstständigkeit, Risikobereitschaft, Konflikt­ und
Stressbewältigung;
Hemmende Kräfte: Entschlussmangel, depressive
Haltung, Pessimismus, Nachgiebigkeit, Unent­
schlossenheit, Willens­ und Ich­Schwäche, Schutz­
bedürfnis, Ablehnung.
Fakten, die nicht in der Handschrift
erkennbar sind
Lebensalter, Geschlecht, Beruf, Krankheiten oder
Behinderungen, Bildungsgang, Wissensstand, fach­
liches Können und Zukunftsaussichten können nicht
anhand von Schriftproben beurteilt werden.
neben persönlichen Stärken und Schwächen sind in der Schrift
besonders auch verschiedene Ängste erkennbar.
–
–
–
–
tungsdrang, Eitelkeit, gehobenes oder schwan­
kendes Selbstwertgefühl, Minderwertigkeitsgefühle,
Optimismus, Egoismus;
Vitalbereich: Antriebsstärke, Ermüdbarkeit, leib­
liche Triebe, Libido, materielle Interessen, Bewe­
gungsdrang, Bequemlichkeit, Genussfähigkeit;
Mitmenschlicher Bereich: Anpassungsbereitschaft
(Teamfähigkeit), Extra­ und Introversion, soziale
Kompetenz, Streben nach Harmonie, Hilfsbereit­
schaft, Aggressivität, Beweglichkeit (Flexibilität),
Diplomatie, Aufgeschlossenheit;
Gemütsbereich: Empfindungen und Gefühle, Mit­
gefühl (Empathie), Leidenschaft, Beeinflussbar­
keit, Spontaneität, Labilität;
Arbeitsverhalten: Pflicht­ und Verantwortungs­
bewusstsein, Genauigkeit, Gründlichkeit, Pedan­
terie, Führungsverhalten, Initiative, Fleiss, Dele­
gationsbereitschaft, Kommunikationsverhalten,
Die Beurteilung einer Schriftfälschung fällt nicht
in den Aufgabenbereich des Graphologen, sondern in
den des Schriftsachverständigen, der mit anderen
Methoden und Zielsetzungen arbeitet (gerichtliche
Schriftexpertisen).
Die Stellung der Graphologie innerhalb
der Psychologie
Die Graphologie ist eine Teilwissenschaft innerhalb
der psychologischen Diagnostik und als solche er­
lernbar. Die Methode der Handschriftendeutung ge­
hört zu den bestentwickelten Verfahrensweisen der
psychologischen Diagnostik [5].
Zuverlässigkeit und Gültigkeit
graphologischer Aussagen
Die Zuverlässigkeit (Reliabilität) gibt den Grad der
formalen Genauigkeit eines diagnostischen Instru­
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682
Horizonte
Streiflicht
Schriftbeispiel von Jean ziegler, Professor der Soziologie (erschienen in [8]):
Es handelt sich um eine selbstbewusste, selbstsichere
Persönlichkeit (Schriftgrösse) mit Geltungsbedürfnis
(Anfangsbetonung durch Majuskeln). Er setzt sich
dynamisch und temperamentvoll für seine Anliegen
ein (Rechtslage, eilige Schrift) und ist getragen durch
Ehrgeiz und Idealismus (grosse Längenunterschiede),
er mischt sich ein, um Situationen zu verbessern (Zeilenverhäkelung). Der Schreibende ist extravertiert
(Rechtslage, mehr rechts- als linksläufig). Die intuitive, eher unverbundene Schrift mit Unregelmass
lässt auf Ideenreichtum, analytisches Denkvermögen
und Improvisationstalent schliessen, der scharfe,
dünne Strich mit der Tendenz zu Spitzen auf kritisches Denken und Verstandesvorherrschaft.
mentes an, unabhängig davon, was das Instrument
misst oder zu erkennen gibt. Die Reliabilität der
Handschrift ist eine notwendige Voraussetzung der
Validität. Sie kann sowohl an den graphischen Merk­
malen selbst wie auch an den aus diesen Merkmalen
abgeleiteten Deutungen untersucht werden [6].
Die Zuverlässigkeit der Handschrift auf der Merk­
malsebene kann für die einfachen mess­ und stuf­
baren Merkmale als erwiesen angesehen werden. Die
–
Auf Variablenebene (Merkmalsebene): Die Verifi­
zierungsversuche auf der Merkmalsebene sind
vorzuziehen. Es bieten sich 2 Möglichkeiten an:
– Man kann von den graphischen Variablen aus­
gehen und nach deren psychologischer Be­
deutung fragen oder
– Man kann von psychischen Grundfunktio­
nen, Persönlichkeitsvariablen oder auch Leis­
tungen ausgehen und fragen, welche graphi­
schen Variablen zur validen Erfassung einer
bestimmten Grundfunktion, Persönlichkeits­
variablen oder Leistung beitragen können [7].
Die Resultate der Validitätsprüfungen aus Korrelatio­
nen von Einzelmerkmalen mit Kriterien sind über­
wiegend negativ, weil jedes graphische Merkmal
mehrdeutig ist und erst im Gesamt der Schriftanalyse
seine spezielle Bedeutung erhält. Die Validierungs­
untersuchungen mit Hilfe der multiplen Korrelation
haben zu positiveren Ergebnissen geführt. Sie haben
den Beweis für die Gültigkeit eines ausgedehnten Fel­
des schriftpsychologischer Deuterelationen erbracht.
Die Annahme blosser Zufälligkeit und die Hypo­
these gänzlicher Regel­ und Ordnungslosigkeit in
der schriftpsychologischen Diagnostik sind nicht ge­
rechtfertigt. Die meisten durch Interpretation auf­
gezeigten Zusammenhänge der Schrift mit den ver­
schiedenen Kriterien sprechen gegen den Zufall und
weisen auf eine enge, methodisch erfassbare Be­
ziehung zwischen Handschrift und Persönlichkeit
hin [6].
Anwendungsmöglichkeiten der Graphologie
in der Arztpraxis
In der ärztlichen Tätigkeit bieten sich vor allem zwei
Anwendungsgebiete an: Patienten und Mitarbei­
tende.
Vieles weist auf eine enge, methodisch erfassbare
Beziehung zwischen Handschrift und Persönlichkeit hin.
Ergebnisse der Untersuchungen erreichen Werte, die
für die psychometrischen Verfahren charakteristisch
sind. Die Reliabilität auf der Interpretationsebene ist
unerwartet hoch und sehr hoch, so dass man anneh­
men kann, dass Schriftpsychologen über verbindli­
che Beurteilungsmassstäbe verfügen und überein­
stimmende kognitive Schemata für die Interpretation
verwenden [6].
Der Gültigkeitsnachweis (Validität, diagnostische
Valenz) kann auf zwei Ebenen erbracht werden:
– Auf Gutachterebene (Interpretationsebene): Hier
sind schriftpsychologische Aussagen Interpreta­
tionen einzelner Gutachter und an die Person des
jeweiligen Gutachters gebunden.
In der Sprechstunde hat der Arzt bei vielen Patien­
ten nicht nur den körperlichen Zustand, sondern
auch das psychische Befinden zu erfassen und in die
Behandlung einzubeziehen. Namentlich bei psycho­
somatischen Krankheiten und Befindlichkeitsstörun­
gen ist es oft schwierig, die Hintergründe wahrzuneh­
men und einzuordnen. Hier kann die Schriftpsycho­
logie möglicherweise weiterhelfen. Neben Stärken
und Schwächen sind in der Schrift besonders auch
verschiedene Ängste erkennbar, die dem Patienten
nicht immer bewusst sind. Im Gespräch kann der
Therapeut darauf eingehen und die gewonnenen Er­
kenntnisse zum Wohle des Patienten einsetzen. Per­
sönlich bedaure ich es sehr, dass ich meine grapholo­
Schweizerische Ärztezeitung | Bulletin des médecins suisses | Bollettino dei medici svizzeri | 2011;92: 18
Editores Medicorum Helveticorum
683
Horizonte
Streiflicht
Schriftbeispiel aus dem Bewerbungsschreiben
einer 22-jährigen MPA:
Hier handelt es sich um eine bei Jugendlichen häufig
anzutreffende Scriptschrift, welche die graphologische Auswertung etwas erschwert. Es folgt eine Auswahl von Deutungen gewisser Merkmale.
Die regelmässige, formgetreue Schrift lässt auf eine
praktisch veranlagte, pflicht- und verantwortungsbewusste Person schliessen. Ihr Verhalten ist traditionell
ausgerichtet, sie bevorzugt konventionelle Wege und
ein methodisches Vorgehen, um etwas zu erledigen.
Die Schriftgrösse mit überdimensioniertem Mittelband weist darauf hin, dass die Schreiberin noch
stark um sich selbst und ihre Gefühlswelt kreist und
ihr Interesse und ihre Strebungen noch wenig auf die
Aussenwelt gerichtet sind (verkümmerte Oberlängen).
Die Schrift hat fassadenhafte, manierierte Züge, die
auf innere Unsicherheit mit noch unausgereifter
Identität schliessen lassen. Aus der Langsamkeit und
der genauen Ausformung der Buchstaben mit korrekter Setzung der Oberzeichen kann auf gewissenhafte, gründliche und detailexakte Arbeitsweise geschlossen werden.
Die Arkaden als Bindungsform sowie die vorwiegende
Steillage sprechen für Zurückhaltung bis Abwehr,
die Enge für Vorsicht, Disziplin und Fleiss. Auffallend
sind die aneinander geklebten und ineinander greifenden Buchstaben, die tief gesetzten i-Punkte sowie die engen Wort- und Zeilenabstände mit Verhäkelung als Hinweise auf Kontaktabhängigkeit und
Anklammerungswünsche auf der Suche nach Halt.
Zusammengefasst: pflicht- und verantwortungsbewusste, detailexakte Mitarbeiterin mit risikobewusstem und eher konventionellem Verhalten, deren Persönlichkeitsentwicklung im Alter von 22 Jahren noch
nicht abgeschlossen ist.
gische Ausbildung erst nach meiner Praxisübergabe
begonnen habe. Die Betreuung «schwieriger» Patien­
ten wäre dank graphologischer Kenntnisse bestimmt
erleichtert worden. Während meiner 3­jährigen gra­
phologischen Ausbildung habe ich übrigens mehr
über Psychologie erfahren als während des ganzen
Medizinstudiums.
Bei der Auswahl der Mitarbeiterinnen müssen wir
uns auf Zeugnisse, Referenzen und das Vorstellungs­
gespräch verlassen. Mehr als einmal habe ich eine Be­
werberin falsch eingeschätzt. Die graphologische
Auseinandersetzung mit dem handschriftlichen Be­
werbungsschreiben hätte mich vor manchem Ärger
und vor Enttäuschungen bewahrt.
Zusammenfassung
Die seriöse Anwendung der faszinierenden, aber auch
anspruchsvollen Methode der Graphologie trägt im
Praxisalltag dazu bei, die Befindlichkeit und Bedürf­
nisse der Patienten besser zu erfassen. Ausserdem
kann die Schriftpsychologie die übrigen Auswahl­
verfahren bei der Beurteilung des Praxispersonals
wesentlich ergänzen.
Literatur
1 Pulver M. Symbolik der Handschrift. Ein Lehrbuch
der Graphologie. Zürich: Orell Füssli; 1993.
2 Riemann F. Grundformen der Angst. Eine tiefenpsy­
chologische Studie, München/Basel: Ernst Reinhardt
Verlag; 1961/2006.
3 Jung CG. Typologie. München: Deutscher Taschen­
buch Verlag; 2001.
4 Kretschmer E. Körperbau und Charakter. Berlin:
Springer Verlag; 1951.
5 Lüke A. Das Handbuch der graphologischen Praxis.
Die selektive Methode der Schriftbeurteilung. Genf/
München: Aristau Verlag; 1993. S. 12. S. 129.
6 Müller WH, Enskat A. Graphologische Diagnostik.
Ihre Grundlagen, Möglichkeiten und Grenzen. Bern:
Hans Huber; 1973. S. 242, S. 261–2.
7 Wallner, Joos, Gosemärker. Grundlagen und
Methoden der Schriftpsychologie. Norderstedt: Books
on Demand; 2006. S. 18–19.
8 Tettamanti FP. ESSENCE Kern des Machens. Zürich:
Offizin; 2005.
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Horizonte
Streiflicht
Schriftbild und Code
Wie sich die Person ausdrückt
Jürg Kesselring
Korrespondenz:
Prof. Dr. med. Jürg Kesselring
Chefarzt Neurologie
Rehabilitationszentrum
CH-7317 Valens
Tel. 081 303 14 08
Fax 081 303 14 10
[email protected]
Ich schreibe gerne im alten Stil mit Füllfederhalter auf
Papier. Ein kleines Auf und Ab und Hin und Her der
Fingerspitzen gliedert die Tintenlinie so, dass sie etwas
von mir aussagt. Striche, Bögen, Längen, Lücken, Pausen. Woher der Bewegungsimpuls kommt, weiss ich
nicht so genau. Alter Sprachgebrauch sagt: Ich denke,
er kommt von mir. Als Neurologe bin ich gewohnt, mir
vorzustellen, dass ein Impuls zur Tat sich im Gehirn bildet, je nachdem, was ich schreiben will, und dies wiederum wird geprägt von den Zielen, die ich verfolge,
von den inneren und äusseren Möglichkeiten, die mir
gegeben sind, von den Erinnerungen, die einfliessen.
Und wenn ich die kleine Fingerschrift von der
Folie auf eine Leinwand projiziere, ist sie so gross, dass
ich ganz andere Muskeln brauche, um sie nachzuzeichnen: Schultern, Biceps, Triceps, ganz andere
Kräfte. Und doch bleibt das Schriftbild das gleiche, unverwechselbar, ein Ausdruck von mir selbst. Andere
Muskeln kann ich ebenso benutzen: Ich schreibe mit
dem Fuss in den Sand «Ich liebe Dich...», bevor die Fluten die äusseren Spuren meiner Freude überspülen.
Eine Patientin war nach der Kinderlähmung
30 Jahre lang fast vollständig gelähmt, konnte nicht
einmal selbst atmen, nur den Kopf bewegen, und als
sie nach all den Jahren mit dem Mund zu malen und
zu schreiben lernte, den Pinsel oder Griffel fest zwischen die Zähne geklemmt und nur von der scheinbar plumpen Nackenmuskulatur geführt, näherte
sich ihre neu gelernte Schrift immer mehr ihrer früheren Handschrift an, die sie vor Jahren nach aussen
hin verloren, aber doch in ihrem Inneren bewahrt
hatte – in ihrem Herzen? Ein Bauer wurde wegen
seiner «Handschrift» überführt, als er dem Nachbarn
mit Rattengift vors Tor geschrieben hatte: «Du Mistkerl» – da war die ganze Person am Schreiben gewesen, hin und her sausend über den Hof, Gift versprühend. Rekruten sollen beim Austreten im Schnee anhand der gelblichen Spuren überführbar gewesen
sein, mit denen sie an stillem Örtchen ihre Vorgesetzten verunglimpfen wollten. Unverkennbar, unverlierbar ist die Persönlichkeit, die ihren Ausdruck sucht
und in der Bewegung findet. Ohne Bewegung bleibt
bestenfalls ein Gedankenstrich. Ob wir genug von
unserer Persönlichkeit in E-Mail und SMS transportieren können, ob also damit, wie der Ausdruck Per-son
meint, genug von uns nach aussen dringt und klingt?
Lichtenberg war der Ansicht, dass das Blei mehr
als das Gold die Welt verändert habe und mehr als das
Blei in der Flinte das Blei im Setzkasten. Aber verändert wurde die Welt allerdings nicht durch das Blei,
solange es im Setzkasten war, sondern erst, als es von
kundigen Händen aus diesem geholt wurde, nachdem ebenso kundige Hände das Blei aus einer althergebrachten, heissen, flüssigen Mischung mit Antimon und Zinn nach weithergeholten Vorlagen und
Schablonen zu Buchstaben als bewegliche Lettern gegossen und diese in die richtige Reihenfolge gesetzt
hatten. Und «kundig» meint ja, dass jemand etwas
weiss und kann. Die Buchstaben des Alphabetes sind
ein Code, ähnlich dem genetischen – wenige Einheiten eröffnen durch Kombinationen unendliche Möglichkeiten der Verschiedenartigkeit. Manchmal wird
behauptet, Ähnlichkeit im Code bedeute Ähnlichkeit
des Wesens, z. B. dass der genetische Code von Schimpansen und Menschen zu >95 % identisch sei und
deshalb … Wenn man sorgfältig die Bücherwände
durchforstet, wird man sogar eine noch viel höhere
Übereinstimmung des Grundmusters finden – alle (=
100 %) unsere Bücher sind mit den 25 Buchstaben des
Alphabetes geschrieben. Aber deren Anordnung, die
von einem Willen gesteuert ist, macht aus, dass
Schriften, wie Sprachen, wie wir selbst, ganz verschieden sind und ganz unterschiedliche, individuelle
Inhalte transportieren können. Mit diesen wollen wir
der Welt antworten und sie verantworten, auch wenn
es Fragen sind.
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ZU GUTER LETZT
Bio-Tüftler
Eine beliebte Fundgrube für
Bio-Tüftler: Kinder-BiochemieBaukästen.
Biologiefreaks aller Berufe, besser bekannt als «Bio­
hacker», organisieren sich weltweit in Netzwerken.
Wie die Computerhacker, die den Zugang auf Wissen
und Software durchgesetzt haben, wollen sie das Glei­
che für Laborgeräte und Techniken erreichen. Dazu
bauen sie ihre Küchen und Garagen für ihre Zwecke
um. Sie kaufen per Online­Auktionen PCR­Maschi­
nen oder basteln aus Haushaltgeräten Laborapparate,
zum Beispiel Zentrifugen aus Eierschleudern. Andere
stellen aus billigen Webcams potente Mikroskope her
oder machen aus Sodaflaschen und Aquariumpumpen
Photobioreaktoren. Ein Renner sind zweckentfrem­
dete Kinder­Biochemie­Baukästen für alle, die sich
noch keinen DNS­Synthesizer via eBay leisten kön­
nen. Ein wachsender biomedizinischer Untergrund
vereinigt etablierte Forscher mit berufsfremden Laien,
die, meist abseits staatlicher Einrichtungen, unterein­
ander «Rezepte» austauschen, wobei ihnen zahlreiche
Plattformen zur Seite stehen.
Eine davon ist «Genspace» [1], gegründet 2009 in
New York als «first­ever community laboratory» für
biotechnische Projekte. Zu den Gründungsmitglie­
dern gehört eine Forschungsprofessorin des Medical
College, die im propagierten Do­It­Yourself­Verfahren
eine Probe von E.coli mit einem Fluoreszenz­Protein
zum Leuchten brachte. Ähnlich organisiert ist «Open­
WetWare» [2], eine Organisation, die Labors, Indivi­
duen und Gruppen mit Informationen versorgt, Dis­
kussionen organisiert, Kurse anbietet und geplante
Arbeiten beurteilt. Die Szene kann beeindruckende
Erfolge vorweisen: mikrobiologische Sensoren für
Gifte aus frisierten Joghurt­Bakterien, billige Extrak­
tionsverfahren für DNS, neue Farben und Gerüche.
«Ein wachsender biomedizinischer Untergrund vereinigt
etablierte Forscher mit berufsfremden Laien.»
1 www.genspace.org
www.diybio.org
2 www.openwetware.org
[email protected]
Über «dnahack.com» tauschen Amateurgenetiker
ihr Wissen aus, etwa einen Virusbauplan aus einer of­
fiziellen Datenbank oder die Bestelladressen für Mo­
leküle und Virusteile. Auf dem Lieblingsfeld der syn­
thetischen Biologie tummeln sich unkonventionelle
Hobbyforscher, die von neuen Lebewesen träumen.
Sie begnügen sich nicht mit den Schul­ und Laborbe­
suchen aus der Welt der Life Sciences. Sie wollen ak­
tiv Genabschnitte aus Organismen nach dem Lego­
kasten­Prinzip zusammensetzen und Zellkerne mani­
pulieren. Im Team dieser Bastler ist jeder Lehrer und
Schüler in Personalunion. 2002 soll ein Hobbyfor­
scher in wenigen Schritten ein Polio­Virus nachge­
baut haben, was unter Experten begreifliches Entset­
zen auslöste. Dennoch werden die potentiellen Risi­
ken von Fachleuten als minimal eingeschätzt. Das FBI
ist allerdings auf der Hut. So wurde ein Kunstprofes­
sor, der Bakterien für eine Ausstellung bestellte, ver­
haftet und wegen Postbetrugs angeklagt. Seither sor­
gen die gemeinsam mit der Polizei erarbeiteten Haus­
regeln für mehr Ordnung in der biologischen
Anarchistenszene.
«2002 soll ein Hobbyforscher in
wenigen Schritten ein Polio-Virus
nachgebaut haben, was unter
Experten begreifliches Entsetzen
auslöste.»
Laien haben immer auf allen Wissensgebieten –
von Troja bis zu Exoplaneten –, mit eigenen Entde­
ckungen die Fachwelt überrascht. Im Zeitalter digita­
ler Vernetzungen sind völlig neue Formen der Beteili­
gung entstanden. Wie Wikileaks fordern Biohacker
eine totale Einsicht in alle Studien und Forschungsre­
sultate. Im Umgang mit diesen Daten vertrauen sie
den Kontrollmechanismen der Gemeinschaft. Unbe­
stritten ist der gute Wille dieser engagierten Ama­
teure, bestens motiviert, begeisterungsfähig und ab­
seits aller Trampelpfade finanzieren sie ihre Experi­
mente selbst. Sie erleben sich als Pioniere, vielleicht
auch als Freibeuter, die ausserhalb grosstechnischer
Akademiebetriebe als unbekümmerte Einzelkämpfer
die Nase vorn haben. Im günstigsten Fall liefern sie
den Nachwuchs für die Wissenschaft, die Industrie
oder eigene Wirtschaftsunternehmen. Wichtige Im­
pulse und nützliche Entdeckungen könnten der Me­
dizin weiterhelfen. Doch mit der Zeit werden auch
Subgruppen entstehen, die esoterische oder krimi­
nelle Ziele verfolgen. Leute, die mit Salzwasser und
Radiowellen nach einem Krebsmittel suchen oder Po­
ckenviren herstellen wollen. Was die Gilde der Tüftler
beflügelt, sind Neugier und Optimismus und die Frei­
heit, selbstgesetzte Ziele ohne administrative Zwänge
zu verfolgen. Das allein ist schon beneidenswert. Und
die zukünftigen Genies sind nun mal ohne Zauber­
lehrlinge nicht zu haben.
Erhard Taverna
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ANNA
www.annahartmann.net
Die letzte Seite der SÄZ wird von Anna frei gestaltet, unabhängig von der Redaktion.
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