Gesamtausgabe als PDF - Schweizerische Ärztezeitung

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Gesamtausgabe als PDF - Schweizerische Ärztezeitung
Schweizerische Ärz tezeitung
Bollet tino dei medici svizzeri
23
9. 6. 2010
Bulletin des médecins suisses
Editorial
8 85
Ärzte engagieren sich für
eine atomwaffenfreie Welt
FMH / DDQ
8 87
Medizinische Qualitätsarbeit –
eine Bestandesaufnahme in Kleinporträts
Zum 19. Weltkongress der IPPNW in Basel
891
Weshalb die Atombombe und das Thema
Radioaktivität auch die Schweizer Ärzteschaft
interessieren müssen
Standpunk t
916
Gesellschaft, Wirtschaft und Psychiatrie –
vom modernen Leiden an sich selbst
«Zu guter Let z t» von Rouven Por z
Fussball und Medizinethik –
was, wenn wir die Tore vergessen hätten?
Editores Medicorum Helveticorum
Offizielles Organ der FMH und der FMH Services www.saez.ch
Organe officiel de la FMH et de FMH Services www.bullmed.ch
Bollettino ufficiale della FMH e del FMH Services
922
I N H A LT
FMH
Weitere Organisationen und Institutionen
Editorial
885 Ärzte engagieren sich für
eine atomwaffenfreie Welt
Christine Romann
Public Health Schweiz
895 Die Relevanz von Global Health für die
Schweiz
Nicolaus Lorenz, Bettina Borisch, Michaela Told,
John-Paul Vader
DDQ
887 Medizinische Qualitätsarbeit – eine
Bestandesaufnahme in Kleinporträts (20):
Lernen aus Fehlern / ASF-Statistik
Markus Wieser, Ruedi Tschudi, Thomas Hess
Beginn einer fünfteiligen Reihe mit Präsentationen ärztlicher
Wussten Sie, dass es in der Schweiz 18 «WHO Collaborating Center» für Public Health gibt? Als Exzellenzzentren
haben sie für die WHO beratende Funktion. Hier stellt sich
die Fachgruppe «Global Health» vor, die Erfahrungen aus
der Schweiz bündeln und internationale Erfahrungen einbringen will.
Qualitätsinitiativen. Den Anfang machen das Sicherheitskultur-Projekt eines Ärztenetzes und die Qualitäts-Statistik
der Arbeitsgemeinschaft Schweizerischer Frauenkliniken.
Leserbriefe / Mitteilungen
889 Personalien
896 Briefe an die SÄZ
Organisationen der Ärzteschaft
897 Facharztprüfung /
Mitteilungen
IPPNW
891 Weshalb die Atombombe und das Thema
Radioaktivität auch die Schweizer
Ärzteschaft interessieren müssen
Günter Baitsch, Claudio Knüsli, Jacques Moser,
Andreas Nidecker, Martin Walter
Im August findet an der Universität Basel der Weltkongress
der Internationalen Ärzte zur Verhütung des Atomkriegs
FMH Services
898 Praxiscomputerworkshop
FMH Services
900 Sorgenfrei in die Pensionierung blicken
FMH Insurance Services
(IPPNW) statt. Der Kongress und der vorliegende Artikel
haben dasselbe Thema: die Problematik nuklearer Waffen
und radioaktiver Strahlung.
901 Prévoyance professionnelle LPP
FMH Insurance Services
902 Zahlungseingang pünktlich
FMH Factoring Services
903 Remise et reprise de cabinets médicaux
FMH Consulting Services
904 Stellen und Praxen
893 Atomwaffen – der lange Weg der Schweiz
Erhard Taverna
Im Vorfeld des Weltkongresses der IPPNW trafen Schweizer
Vertreter der Organisation den EDA-Staatssekretär Peter
Maurer zum Gespräch. Neben aktuellen Fragen wurde auch
die Geschichte des nicht immer geraden Schweizer Weges
in Sachen Atomwaffen reflektiert.
I N H A LT
Tribüne
Zu guter Letzt
Recht
912 Arbeitsunfähigkeitszeugnisse: Ärzte
zunehmend im Fokus der Justiz (Teil 2)
Roger Rudolph
922 Fussball und Medizinethik – was, wenn wir
die Tore vergessen hätten?
Rouven Porz
Im zweiten Teil der Artikel-Reihe werden Ratschläge gegeben, mit denen sich Ärzte vor rechtlichen Angriffen schützen können. Es ist ein Plädoyer für die sorgfältige Dokumentation der Krankengeschichte und für relativ ausführliche Zeugnisse.
Standpunkt
916 Gesellschaft, Wirtschaft und Psychiatrie –
vom modernen Leiden an sich selbst
Daniel Hell
Gezeigt wird der grundlegende Wandel der Gesundheitsund Krankheitskonzepte in der Psychiatrie. Befindlichkeitsstörungen, die früher als normal galten, sind zu behandlungsbedürftigen Krankheiten geworden. Für die unterschiedlichen Bedürfnisse der Patienten sind diversifizierte
Angebote nötig.
Nur noch wenige Tage bis zur Fussballweltmeisterschaft
2010 – wer schiesst die entscheidenden Tore? Der fussballbegeisterte Autor erzählt von seinem verstörenden Fussball-Traum, der ihn an sein Fachgebiet, die Medizinethik,
erinnert.
919 Spectrum
Horizonte
Anna
Streiflicht
920 Ethique sportive
Jean Martin
Zahlreiche Sportarten sind durch Doping ins Zwielicht geraten. Soll man es einfach erlauben? Die Antwort des Hastings Center Reports, über den hier berichtet wird, ist eindeutig.
IMPRESSUM
Redaktion
Dr. med. et lic. phil. Bruno Kesseli
(Chefredaktor)
Dr. med. Werner Bauer
Dr. med. Jacques de Haller (FMH)
PD Dr. med. Jean Martin
lic. oec. Anna Sax, MHA
Prof. Dr. med. Hans Stalder
Dr. med. Erhard Taverna
lic. phil. Jacqueline Wettstein (FMH)
Redaktion Ethik
PD Dr. theol. Christina Aus der Au
Prof. Dr. med. Lazare Benaroyo
Dr. phil., dipl. biol. Rouven Porz
Redaktion Medizingeschichte
PD Dr. med. et lic. phil. Iris Ritzmann
PD Dr. rer. soc. Eberhard Wolff
Redaktion Ökonomie
lic. oec. Anna Sax, MHA
Redaktion Recht
Fürsprecher Hanspeter Kuhn (FMH)
Managing Editor
Annette Eichholtz M.A.
Redaktionssekretariat
Margrit Neff
Redaktion und Verlag
EMH Schweizerischer Ärzteverlag AG
Farnsburgerstrasse 8, 4132 Muttenz
Tel. 061 467 85 55, Fax 061 467 85 56
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Internet: www.saez.ch, www.emh.ch
Herausgeber
FMH, Verbindung der Schweizer
Ärztinnen und Ärzte, Elfenstrasse 18,
Postfach 170, 3000 Bern 15
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Herstellung
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Marketing EMH
Thomas Gierl M.A.
Leiter Marketing und Kommunikation
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EMH Schweizerischer Ärzteverlag AG
Abonnemente, Postfach, 4010 Basel
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«Stellenmarkt/Immobilien/Diverses»
Gisela Wagner, Inserateannahme
Stellenmarkt
Tel. 061 467 85 55, Fax 061 467 85 56
E-Mail: [email protected]
Jahresabonnement: CHF 320.–,
zuzüglich Porto
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FMH Consulting Services
Stellenvermittlung
Postfach 246, 6208 Oberkirch
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Internet: www.fmhjob.ch
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FMH Verbindung der Schweizer
Ärztinnen und Ärzte
Elfenstrasse 18, 3000 Bern 15
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© 2010 by EMH Schweizerischer
Ärzteverlag AG, Basel. Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, elektronische
Wiedergabe und Übersetzung, auch
auszugsweise, nur mit schriftlicher
Genehmigung des Verlages gestattet.
Erscheint jeden Mittwoch
ISSN 0036-7486
ISSN 1424-4004 (Elektronische Ausg.)
FMH
Editorial
Ärzte engagieren sich für eine
atomwaffenfreie Welt
Nuclear Abolition bzw. die Ab­
schaffung der Atomwaffen ist
das Thema des diesjährigen
Weltkongresses der IPPNW
(International Physicians for
the Prevention of Nuclear
War). Dieser findet vom 25.
bis 30. August 2010 in Basel
statt (www.ippnw2010.org).
Zugleich steht auch ein be­
merkenswertes Jubiläum an:
Vor 25 Jahren erhielt die
IPPNW den Friedensnobelpreis, weil sie beharrlich einsteht
für eine Welt ohne Atomwaffen.
Noch sind wir weit davon entfernt: «Der tausendfache
Overkill wird zum hundertfachen reduziert», schreiben Mit­
glieder der Schweizer Sektion der IPPNW in dieser Ausgabe
der Schweizerischen Ärztezeitung auf Seite 891. Die Rede ist
von der Vernichtungskraft der noch vorhandenen Atomwaf­
fen in der Welt. Prävention ist hier für einmal nicht einfach
die bessere, sondern schlicht die einzige Option! Ist eine
Atombombe einmal gezündet, gibt es kaum mehr sinnvolle
ärztliche Hilfe.
Ist eine Atombombe einmal
gezündet, gibt es kaum mehr sinnvolle
ärztliche Hilfe
Ärzte setzen sich denn auch seit langem für eine Welt
ohne Atomwaffen ein. Alles begann 1980 mit dem Zusam­
mentreffen zweier Kardiologen an einem Kongress: Der
Russe Jewgeni Tschasow und sein amerikanischer Kollege
Bernard Lown waren sich einig, dass sie als Ärzte nicht län­
ger schweigen wollten zur Gefahr eines Atomkrieges und
dass ihr ärztliches Ethos sie mehr miteinander verbinde, als
der Gegensatz Amerikaner/Sowjetrusse sie trenne. Wenige
Monate später gründeten sie mit vier weiteren amerikani­
schen und sowjetischen Kollegen in Genf die Ärzteorgani­
sation IPPNW zur Verhütung von Atomkriegen.
Nach zunächst hoffnungsvollen Friedens­ und Abrüs­
tungsbemühungen rüsteten die Atommächte in den 80er Jah­
ren des letzten Jahrhunderts wieder auf, Mittelstreckenrake­
ten in Europa liessen die Angst vor einem Atomkrieg erneut
aufflammen. Ärztinnen und Ärzte haben sich darum weltweit
gegen die atomare Aufrüstung gewandt, und die IPPNW ist
ein wichtiger Teil der internationalen Friedensbewegung ge­
worden.
1981 entsteht die Schweizer Sektion der IPPNW und
im darauffolgenden Jahr gründet Horst Eberhard Richter mit
14 weiteren Kolleginnen und Kollegen die deutsche Sektion
mit einer Gründungserklärung, die an Deutlichkeit nichts
zu wünschen übrig lässt: «Deshalb erkenne ich als Arzt nur
eine einzige auf den Kriegsfall bezogene Form der Präven­
tion an, nämlich die Verhütung des Krieges selbst mit allen
Anstrengungen, zu denen ich mein Teil beizusteuern ent­
schlossen bin.»
Tschernobyl: radioaktive Gesundheitsschäden verjähren nicht
Von Anfang an engagierte sich die IPPNW auch in der
Diskussion um die zivile Nutzung der Kernenergie und wies
immer wieder auf deren Risiken hin. Aus Anlass der Tscher­
nobyl­Katastrophe – 2006 jährte sich die Explosion des Re­
aktors zum zwanzigsten Mal – hat sich die IPPNW zu den
Folgen einer der verheerendsten industriellen Katastrophen
geäussert und deutlich gemacht, dass radioaktive Gesund­
heitsschäden nicht verjähren. Tschernobyl hat allein in der
Ukraine über 2 500 000 direkte Strahlenopfer gefordert. Die
Rate der Krebserkrankungen, aber auch Herzkreislauferkran­
kungen, Schädigungen des Nervensystems und der Immun­
abwehr nahmen massiv zu. Sowohl die genetischen Verän­
derungen der Strahlenopfer als auch die weiträumige Ver­
strahlung des Bodens mit den entsprechenden Folgen für die
Nahrungskette lassen Schlimmes befürchten für die nächs­
ten Generationen.
Das Kernanliegen der IPPNW, die Abschaffung der Atom­
waffen, hat in diesen Tagen auch die internationale Staa­
tengemeinschaft beschäftigt: Ende Mai 2010 haben sich die
189 Staaten, die den Atomsperrvertrag unterschrieben haben,
zumindest wieder auf ein Schlussdokument einigen können.
Ein ehrgeiziges Ziel ist anvisiert: Bereits in zwei Jahren soll eine
nächste Konferenz stattfinden, die die Schaffung einer atom­
waffenfreien Zone im gesamten Nahen Osten zum Ziel hat.
Ich wünsche dem Weltkongress der IPPNW, dass er ein
wirksamer Teil der weltweiten Bemühungen um eine Welt
ohne Atomwaffen sein wird – wir alle brauchen eine solche
Welt!
Dr. med. Christine Romann,
Mitglied des Zentralvorstands der FMH,
Verantwortliche Ressort
Gesundheitsförderung und Prävention
Schweizerische Ärztezeitung | Bulletin des médecins suisses | Bollettino dei medici svizzeri | 2010;91: 23
Editores Medicorum Helveticorum
885
FMH
DDQ
Medizinische Qualitätsarbeit –
eine Bestandesaufnahme in Kleinporträts (20)
* www.fmh.ch � Qualität �
Qualitätsinitiativen
Qualitätsarbeit hat sich in der Schweizer Medizin
etabliert; dies aufzuzeigen, hat sich die Arbeitsgruppe
Qualität der FMH zur Aufgabe gemacht. Deshalb stellt
sie den FMH­Mitgliedern in fünf aufeinanderfolgen­
den Ausgaben der Schweizerischen Ärztezeitung Qua­
litätsinitiativen vor, die Referenten aus allen Fachge­
bieten und Arbeitsbereichen (ambulant/stationär) prä­
sentiert haben. Zugleich publiziert die FMH-Abteilung
Daten, Demographie und Qualität DDQ diese Kurzporträts auf www.fmh.ch und ergänzt sie online um praktische
Informationen.* Die ersten beiden Porträts von Quali­
tätsinitiativen dieser Reihe beschreiben den Aufbau
einer Fehlerkultur im Ärztenetz sowie die Statistik der
Arbeitsgemeinschaft Schweizerischer Frauenkliniken
(ASF).
Lernen aus Fehlern
Markus Wieser
Korrespondenz:
Dr. med. Markus Wieser
Medizinischer Leiter
hawadoc AG
Garnmarkt 1
CH­8400 Winterthur
Tel. 052 235 01 70
Fax 052 235 01 77
[email protected]
Für den eiligen Leser
Das Projekt CIRDOC «Lernen aus Fehlern» der Ärzteorganisation hawadoc AG für ihre angeschlossenen Ärztenetze
– will in Hausarztpraxen eine «Sicherheitskultur» sowie systematisches Lernen aus Fehlern
etablieren.
– stellt auf Praxisstufe ein Formular zur Erkennung, Auswertung und Archivierung von unerwünschten Ereignissen zur Verfügung.
– fördert kontinuierliche Analyse und Diskussion
von Fehlern in bestehenden Qualitätszirkeln.
– strebt auf Netzwerkstufe die fachliche Weiterverarbeitung interessanter Vorkommnisse in
anonymisierter Form an.
Beschreibung
Während eines Behandlungsablaufs kommt es zu Miss­
verständnissen, Fehlkommunikation und Fehl(be)­
handlungen zwischen Arzt, Patient und medizinischen
Praxisassistentinnen. Systematische Analysen finden
selten statt, da in Arztpraxen Fehlerkultur oft nicht be­
wusst betrieben wird und gravierende Fehler (für den
Patienten) selten sind.
Mit dem Projekt «Lernen aus Fehlern» will die Ärz­
teorganisation hawadoc AG die Sicherheitskultur in
den Hausarztpraxen fördern, damit aus Fehlern syste­
matisch gelernt werden kann. Das Projekt basiert auf
einem mehrstufigen Konzept: Auf Praxisstufe etablie­
ren möglichst viele Ärztinnen und Ärzte ein System
zur Erkennung, Auswertung und Archivierung von un­
erwünschten Ereignissen. Auf einer zweiten Stufe dis­
kutieren und analysieren bereits bestehende Qualitäts­
zirkel ausgewählte Ereignisse. Auf Netzwerkebene sam­
melt hawadoc anonymisierte interessante Zwischenfälle
und sorgt für deren fachliche Weiterverarbeitung (auch
mit sog. CIR­System).
Für die Erfassung der Zwischenfälle steht ein stan­
dardisiertes Formular zur Verfügung, das sich auch
elektronisch ausfüllen lässt. Zudem führt hawadoc ver­
schiedene Veranstaltungen durch, so u.a. Einführungs­
und Sensibilisierungsveranstaltungen für Ärztinnen
und Ärzte, Anlässe für deren medizinische Praxis­
assistentinnen zum Erfahrungsaustausch sowie Vertie­
fungsseminare für Qualitätszirkelleiter. Ein mögliches
Anschlussprojekt von «Lernen aus Fehlern» könnte
sich mit der Förderung der Transparenz auseinander­
setzen, z. B. mit der Vergabe eines Labels an teilneh­
mende Praxen.
Eignung
Hausarztnetzwerke
Zeitaufwand und Kosten
Aufwand einer Praxis:
– Erfassen eines Zwischenfalls: ca. 15 Minuten
– regelmässige Besprechung in der Einzelpraxis
(z. B. an Teamsitzung)
– regelmässiges Traktandum im Qualitätszirkel
– Workshops für Ärztinnen und Ärzte bzw. für MPA;
Nachmittags­ oder Abendseminar ca. alle 2 Jahre
(Teilnahme kostenlos)
Aufwand des Netzwerks bzw. der hawadoc AG:
– Projektentwicklung und ­Betreuung bei hawadoc
AG: medizinischer Projektleiter mit ca. 5 Stellen­
prozent in 4 Jahren.
Schweizerische Ärztezeitung | Bulletin des médecins suisses | Bollettino dei medici svizzeri | 2010;91: 23
Editores Medicorum Helveticorum
887
FMH
DDQ
–
–
–
Sammeln gemeldeter Zwischenfälle, Aufbereitung
exemplarischer Fälle im Netzwerk: 5 Arbeitstage /
Jahr
Workshop für Qualitätszirkelleiter: alle 1–2 Jahre
Workshops für Hausärzteschaft bzw. für MPA (je
nach Netzgrösse) 1–3 Nachmittags­ oder Abend­
seminare pro Jahr
–
Seminarkosten je nach Teilnehmerzahl, Vorberei­
tungszeit und Referenten 4000 bis 5000 Franken
Weitere Informationen
www.hawadoc.ch
ASF-Statistik: Daten zu Geburtshilfe
und Gynäkologie
Ruedi Tschudi,
Thomas Hess
Korrespondenz:
SEVISA AG
Medizinische Informatik
Amlikon
Wilerstrasse 52
CH­8514 Amlikon­Bissegg
[email protected]
(Ruedi Tschudi)
[email protected]
(Vorsitzender
Statistikkommission ASF)
Für den eiligen Leser
Die Statistik der Arbeitsgemeinschaft Schweizerischer Frauenkliniken (ASF)
– erhebt im Bereich Gynäkologie und Geburtshilfe Daten zu Diagnosen, Eingriffen, Risikofaktoren, Morbidität und Komplikationen.
– berechnet Qualitätsindikatoren, Benchmarking und Jahresstatistiken.
– lässt sich zur Dokumentation für die Weiterbildung verwenden (Assistenz- und Operationslisten).
Beschreibung
Die ASF­Statistik ist das Qualitätssicherungsinstrument
der Fachgesellschaft gynécologie suisse, realisiert von
der Arbeitsgemeinschaft Schweizerischer Frauenklini­
ken (ASF). Sie erhebt Daten von Diagnosen, Eingrif­
fen, Risikofaktoren, Morbidität und Komplikationen
im Fachbereich Gynäkologie und Geburtshilfe. Die
Datenbank der ASF erfasst die Qualität in den Weiter­
bildungskliniken und kann Qualitätsindikatoren,
Benchmarking und Jahresstatistiken berechnen. Seit
1983 hat die ASF bisher über zwei Millionen Falldaten­
sätze zusammengetragen. Im Jahr 2007 lag der Abde­
ckungsgrad schweizweit etwa bei 40 Prozent aller sta­
tionären Fälle in der Gynäkologie und der Geburtshilfe.
Die Datenerhebung erfolgt mittels Selbstdekla­
ration in den Kliniken, die sich an der ASF­Statistik
beteiligen. Die Korrektheit der Fallerfassungen kann
überprüft werden, wobei aber keine Sanktionen vor­
gesehen sind. Von 71 Ausbildungskliniken in der
Schweiz sind 50 der ASF­Statistik angeschlossen.
Die Auswertung und Validierung der erhobenen
Daten liegt bei der SEVISA AG. Das gesamte Zahlen­
material wird hier für Jahresstatistiken, kumulative
Statistiken, Benchmarking und angefragte Spezialaus­
wertungen aufbereitet. Die ASF­Statistik ist somit ein
geeignetes Instrument für die Qualitätssicherung von
Kliniken und kann für die Aus­ und Weiterbildung
verwendet werden, wie auch für das DRG­Controlling.
Zudem stellt sie eine Entlastung bei Messungen im
Rahmen des Vereins­Outcomes dar.
Eignung
Für Frauenspitäler, insbesondere Weiterbildungsklini­
ken; als Dokumentation der Weiterbildungstätigkeit
von Ärztinnen und Ärzten (Geburten, Eingriffe, Assis­
tenz); als Basismaterial für wissenschaftliche Arbeiten.
Zeitaufwand und Kosten
für teilnehmende Kliniken
Zeitaufwand:
Je nach Schulung und Komplexität zwischen 10 und
15 Minuten pro Fall. In den Kliniken ist meist eine
doppelte Kontrolle mit zweitem Visum zur Verbesse­
rung der Datenqualität empfohlen.
Kosten für teilnehmende Kliniken:
Pro Fall aktuell 3.25 Franken bei der Papierversion,
1.50 Franken elektronisch und für die BAG­Statistik
zusätzlich 1.25 Franken (Stand 20. 6. 2009).
Weitere Informationen
Analyse der ASF­Statistik (Masterarbeit Thomas Hess)
www.ksw.ch � Departement für Geburtshilfe und
Gynäkologie � Qualität
www.sevisa.ch
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Editores Medicorum Helveticorum
888
FMH
Personalien
Todesfälle / Décès / Decessi
Houchang Basti (1930), † 29. 4. 2010,
1018 Lausanne
Pierre Mathey (1951), † 17. 5. 2010,
Spécialiste en chirurgie, 1205 Genève
Praxiseröffnung /
Nouveaux cabinets médicaux /
Nuovi studi medici
AG
Germain Aymon (1908), † 25. 5. 2010,
Spécialiste en médecine interne, 1950 Sion
Fredi Bärtschi
Facharzt für Allgemeinmedizin und
Praktischer Arzt, Holzgass 1a, 5242 Lupfig
Gunther Hanns Heinz Schlurick (1914),
† 10. 5. 2010,
Spécialiste en médecine générale, 1450
Ste-Croix
Premaratne Dias Wickramanayake,
Fachärztin für Innere Medizin
und Fachärztin für Hämatologie, Rynacherhof, Hauptstrasse 27, 5734 Reinach AG
Hans Christian Stoller (1918), † 21. 5. 2010,
Facharzt für Anästhesiologie,
3038 Kirchlindach
Ina Reising,
Praktische Ärztin, Mitteldorf 14,
4314 Zeiningen
Kurt Huber (1921), † 22. 4. 2010,
Facharzt für Innere Medizin
und Facharzt für Pneumologie,
9008 St. Gallen
Maciej Swiatek,
Facharzt für Gynäkologie und Geburtshilfe,
Sagiweg 2, 5737 Menziken
Elke Stubbe,
Fachärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe,
Fliederweg 1, 5040 Schöftland
AR
Aargauischer Ärzteverband
Zur Aufnahme in den Aargauischen Ärzteverband als ordentliche praktizierende Mitglieder
haben sich angemeldet:
Anouk Calame, 8702 Zollikon, Fachärztin für
Kinder- und Jugendmedizin FMH, Praxiseröffnung in Windisch im Mai 2010
Dr. med. Martin Eckhardt, 4054 Basel, Facharzt
für Innere Medizin FMH, Praxistätigkeit in den
Psychiatrischen Diensten Aargau AG, Klinik
Königsfelden
Dr. med. Helen Eichenberger, 5034 Suhr, Fachärztin für Anästhesiologie FMH, Praxiseröffnung in Rothrist am 1. Juni 2010
Diese Kandidaturen werden in Anwendung
von Art. 5 der Statuten des Aargauischen Ärzteverbandes veröffentlicht. Einsprachen müssen
innert 14 Tagen seit der Bekanntmachung
schriftlich und begründet der Geschäftsleitung
des Aargauischen Ärzteverbandes eingereicht
werden. Nach Ablauf der Einsprachefrist entscheidet die Geschäftsleitung über Gesuche
und allfällige Einsprachen.
Christiane Mähne,
Fachärztin für Psychiatrie
und Psychotherapie, Kasernenstrasse 12,
9100 Herisau
BE
Michael Dominique Baur,
Facharzt für Gynäkologie und Geburtshilfe,
Spitalgasse 18, 3011 Bern
BL
Michael Dirk Wagener,
Facharzt für Allgemeinmedizin
und Facharzt für Pharmazeutische Medizin,
Neubadrain 4, 4102 Binningen
ZH
Judith Rieser,
Fachärztin für Allgemeinmedizin, Gruppenpraxis Badenerstrasse, Badenerstrasse 89,
8004 Zürich
Andreas Bäbler,
Facharzt für Allgemeinmedizin, Rebhaldenstrasse 25, 8704 Herrliberg
Angela Jäger-Ueberfeldt,
Fachärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie
und -psychotherapie, Oberer Graben 46,
8400 Winterthur
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Editores Medicorum Helveticorum
889
FMH
Personalien
Ärztegesellschaft des Kantons Bern
Ärztlicher Bezirksverein Bern-Regio
Ärztegesellschaft des Kantons
Luzern
Ernennungen /
Nominations /
Nomine
Zur Aufnahme als ordentliche Mitglieder in leitender Funktion haben sich angemeldet:
Zur Aufnahme in unsere Gesellschaft Sektion
Stadt haben sich angemeldet:
Università di Losanna
Claudine Eicher, Fachärztin für Kinder- und
Jugendpsychiatrie FMH, Spitalackerstrasse 53,
3013 Bern
Dr. med. Josephine-Camille Bianda, Fachärztin
Ophthalmologie FMH, Augenklinik Luzerner
Kantonsspital Luzern. Ab 1. 7. 2010. Praxis:
Pilatusstrasse 24, 6003 Luzern
Dr. Gilliet é stato recentemente nominato Professore ordinario e primario del servizio di Dermatologia all’ Università di Losanna a partire
dall’anno prossimo.
Dr. med. Markus Koch, Facharzt für Chirurgie
FMH, Spital Netz Bern, Spital Tiefenau, Tiefenaustrasse 112, 3004 Bern
Prof. Dr. med. Hubert Pius Nötzli, Facharzt
für Orthopädische Chirurgie FMH, Spital
Netz Bern, Spital Ziegler, Morillonstrasse 75,
3001 Bern
Einsprachen gegen diese Vorhaben müssen innerhalb 14 Tagen seit dieser Veröffentlichung
schriftlich und begründet dem Präsidenten
des Ärztlichen Bezirksvereins Bern-Regio eingereicht werden. Nach Ablauf der Einsprachefrist entscheidet der Vorstand über die Aufnahme der Gesuche und über die allfälligen
Einsprachen.
Med. prakt. Jan Hinrich Sonnemann, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie FMH,
LUPS – Ambulante Dienste Kantonsspital
Luzern, 6000 Luzern 16
Dr. med. Hektor Läderach, Facharzt für Innere
Medizin FMH, Hirslanden Klinik St. Anna –
Notfall, St. Anna-Strasse 32, 6006 Luzern
Einsprachen sind innert 20 Tagen zu richten an
das Sekretariat, Schwanenplatz 7, 6004 Luzern,
Fax 041 410 80 60
Universität Basel
Prof. Dr. med. Jakob Passweg wird neuer Ordinarius für Hämatologie an der Universität
Basel und gleichzeitig Chefarzt Hämatologie
am Universitätsspital Basel. Er wurde vom
Universitätsrat als Nachfolger von Prof. Alois
Gratwohl gewählt.
Preise / Prix
Bristol-Myers Squibb Hematological
Malignancies Award
Dr. med. Thomas Pabst, Professor für medizinische Onkologie am Inselspital Bern, ist für
seine Forschungen zu den Ursachen der akuten myeloischen Leukämie mit dem BristolMyers Squibb Hematological Malignancies
Award 2010 ausgezeichnet worden. Die Auszeichnung wurde anlässlich der Jahresversammlung der Schweizerischen Gesellschaft
für Hämatologie zur SGIM-Jahresversammlung am 20. Mai 2010 in Basel verliehen. Das
Preisgeld in Höhe von 100 000 Franken wird
das prämierte Berner Laborteam zur vertiefenden Forschung auf dem Gebiet Hämato-Onkologie einsetzen.
Schweizerische Ärztezeitung | Bulletin des médecins suisses | Bollettino dei medici svizzeri | 2010;91: 23
Editores Medicorum Helveticorum
890
IPPNW
O R G A N I S AT I O N E N D E R Ä R Z T E S C H A F T
Es ist wirklich faszinierend: In wohl kaum einer
anderen Berufsgruppe findet man so breitgefächerte politische Ansichten wie bei den Ärzten.
Doch ist nicht mit den Jahren auch der eine oder
andere Graben weniger tief geworden? Die Texte
in der aktuellen Ausgabe der SÄZ, die sich mit dem
Kampf gegen Atomwaffen beschäftigen, hätten
vor einigen Jahrzehnten sicherlich noch lebhafte
Debatten ausgelöst – heute hingegen sind die
darin vertretenen Standpunkte für viele selbstverständlich, und ich wäre überrascht, wenn sie noch
hohe Wellen schlagen würden.
Dessen ungeachtet: Einen Berufsstand, der für das
Leben kämpft – für ein Leben unter guten Bedingungen für möglichst lange Zeit – muss der Ge-
danke an nukleare Waffen motivieren und zum
Nachdenken bewegen ... und zum Handeln. Denn
wie die Autoren des nachstehenden Artikels darlegen, geht es hier um Waffen, gegen deren Auswirkungen es kein Heilmittel und noch nicht einmal palliative Massnahmen gibt, sondern gegen
die allein die Prävention einen Sinn hat.
Ich wünsche dem Weltkongress der Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges allen
Erfolg und hoffe vor allem, dass diese Veranstaltung Menschen aus der so weitverbreiteten bequemen Gleichgültigkeit herauszureissen und ihr
Problembewusstsein zu wecken vermag.
Jacques de Haller, Präsident der FMH
19. Weltkongress der IPPNW* vom 25.–29. August 2010 in Basel
Weshalb die Atombombe und das Thema
Radioaktivität auch die Schweizer Ärzteschaft
interessieren müssen
Günter Baitsch a,
Claudio Knüsli b,
Jacques Moser c,
Andreas Nidecker d,
Martin Walter e
a Innere Medizin, Basel
b Onkologie, Basel
c Innere Medizin, Lausanne
d Radiologie, Basel
e Innere Medizin, Grenchen
* International Physicians
for the Prevention of Nuclear
War / Internationale
Ärzte zur Verhütung des
Atomkriegs
Korrespondenz:
Prof. Dr. med. Andreas Nidecker
c/o Imamed Radiologie
Nordwest
Untere Rebgasse 18
CH-4058 Basel
[email protected]
«Das Stadtzentrum war eine Art weisser Fleck, flach­
gedrückt und geglättet wie eine Handfläche. Tausende
von Menschen in den Strassen und Pärken wurden von
einer gewaltigen Hitzewelle getroffen und starben wie Flie­
gen. Andere wanden sich wie Würmer mit schrecklichen
Verbrennungen. Alle Wohnhäuser, Lagerhallen usw. ver­
schwanden, als ob sie von übernatürlichen Kräften wegge­
wischt worden wären.»
Dies liest man im Bericht des ersten IKRK-Arztes,
des Schweizers Marcel Junod, der 1945 in Hiroshima
eintraf.
Vom Wahnsinn zur «Normalität»
Von der Öffentlichkeit kaum bemerkt, ist das Risiko
eines Atomkriegs heute so hoch wie eh und je und
wird von manchen Experten sogar als besonders kritisch eingestuft. Es gibt dafür verschiedene Gründe,
wobei schon allein die Zahl global vorhandener Atomwaffen zu nennen ist: Trotz diverser Abrüstungsschritte seit den 80er Jahren gibt es weiterhin ein Arsenal von heute ca. 23 000 ballistischen Atomwaffen.
Viele stehen auf sogenanntem «hair-trigger alert» und
können innert Minuten abgefeuert werden, die Mehrheit davon in Russland und den USA. Atomwaffen
verleihen vermeintlich auch Status, wovon Bilder
westlicher Staatschefs zeugen, die sich vor modernen,
mit Atomwaffen bestückten U-Booten ablichten lassen. Allerdings haben Nordkorea oder Pakistan durch
ihre Kernwaffen wenig Prestige gewonnen.
Auch wenn einige grosse und erfolgreiche Länder
Europas ohne Atomwaffen auskommen, scheint das
Beispiel gewisser statusbewusster europäischer Atommächte leider eher zur Nachahmung anzuregen: Auch
Regimes kleinerer Staaten streben heute nach Atomwaffen. So kommt es zu beunruhigenden Entwicklungen auf der koreanischen Halbinsel, dem indischen
Subkontinent und im Nahen Osten. Nordkorea, ein
Atomwaffenstaat, hat explizit gedroht, Atomwaffen
einzusetzen. Pakistan ist ein innenpolitisch instabiler
Staat, mit einigen von Rebellen beherrschten Regionen und einem Militärapparat, der Zugriff auf die
Atomwaffen hat. Zudem gibt es einen Dauerkonflikt
um die Region Kaschmir mit dem Nachbarland Indien,
dem zweiten Atomstaat in dieser Region. Die beiden
gerieten 1999, kurz nach ihren Atomtests, in einen
heissen Krieg, der beinahe nuklear eskaliert wäre. Iran
ist ein instabiles Land und potentiell ein Atomwaffenstaat. Auch Israel ist ein nicht deklarierter Atomwaffenstaat, vermutlich mit Plänen, die Atomanlagen
Irans zu zerstören. Die traditionellen Atomwaffenstaaten Amerika, Russland, China, England und Frankreich wiederum erneuern ihre Arsenale: Die vereinbarte Reduktion der Sprengköpfe verhindert eine
Modernisierung der Atomwaffen nicht. Der tausendfache Overkill wird zum hundertfachen reduziert. Der
nukleare Nichtweiterverbreitungsvertrag (NPT für Nonproliferation Treaty) wird zur Zeit überprüft, wobei
das Ergebnis noch nicht bekannt ist.
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IPPNW
O R G A N I S AT I O N E N D E R Ä R Z T E S C H A F T
Das Risiko wird im weiteren durch die Computerisierung der militärischen Rüstung erhöht, weil bekanntlich auch beste Computer zu Fehlfunktionen
neigen. Der mächtige militärisch-industrielle Komplex
ist selbstverständlich an einer Fortsetzung seiner
Geschäftstätigkeit interessiert und findet ständig
neue Argumente, um den Status quo beizubehalten.
Alle diese Entwicklungen werden von der Gesellschaft kaum wahrgenommen und als Normalität angesehen.
Weil Prävention unsere Aufgabe ist
Den Opfern auf einem atomaren Schlachtfeld können
wir nicht helfen. Selbst Palliativmedizin wird unmöglich sein wegen der Zerstörung der gesamten Infrastruktur. Überlebende eines Atomschlags sterben langsam und still. Die einzig mögliche Haltung für humanistisch und sozial denkende Ärztinnen und Ärzte ist
daher, sich für die Abschaffung sämtlicher Atomwaffen einzusetzen. «Nuclear Abolition» muss das Ziel
bleiben, also echte «evidence based medicine». Eine
Welt ohne Atomwaffen kann nicht von heute auf
morgen geschaffen werden. Es braucht den politischen
Willen, auf diplomatischer Ebene kontinuierlich darauf hinzuarbeiten. NGOs und die Zivilgesellschaft
müssen diese Anstrengungen unterstützen.
Auch Niedrigstrahlung
eine gesundheitliche Gefahr
Auch atomare Niedrigstrahlung ist ein gesundheitliches Problem. Die Urangewinnung in über 10 Ländern ist für die meist indigene Bevölkerung in den
Schürfgebieten eine über Generationen andauernde
Gefahr. Grundwasser wird dauerhaft verunreinigt, belasteter Sand wird durch den Wind verteilt und Kriege
um die Ressource Uran finden statt. Auch die Gesund-
heitsprobleme der Menschen, die Atomexplosionen
ausgesetzt wurden – sei es in Hiroshima und Nagasaki
oder anlässlich von Atomtests in der Wüste von
Nevada, in Kasachstan, China, Polynesien und Algerien (wo französische Soldaten ungefragt in einen
Langzeitversuch eingeschlossen wurden) – belegen,
dass eine Sekundärprävention nicht möglich ist. Die
Frage, ob Niedrigstrahlung in der Umgebung von
Atomkraftwerken zu vermehrter Kinderleukämie führt,
ist wissenschaftlich korrekt zu beantworten.
Die Schweizer Sektion der Internationalen Ärzte
zur Verhütung des Atomkriegs (International Physicians for the Prevention of Nuclear War IPPNW) führt
diesen Sommer den Weltkongress der IPPNW in Basel
durch (siehe Kasten). Gleichzeitig wird dieses Jahr
auch das 25-Jahr-Jubiläum des im Jahr 1985 an die
IPPNW verliehenen Friedensnobelpreises gefeiert.
19. Weltkongress der IPPNW in Basel
Vom 25. bis 29. August 2010 findet an der Universität Basel der Weltkongress der IPPNW statt, zu dem alle Kolleginnen und Kollegen herzlich eingeladen sind. In Plenarsitzungen und Workshops wird die Problematik
nuklearer Waffen, radioaktiver Strahlung und verwandter Themen von
kompetenten Persönlichkeiten aus der ganzen Welt behandelt. Beachten
Sie dazu den Flyer, der dieser Ausgabe der Schweizerischen Ärztezeitung
beiliegt, und unsere Website, die unter www.ippnw2010.org zugänglich
ist.
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O R G A N I S AT I O N E N D E R Ä R Z T E S C H A F T
IPPNW
Der 19. Weltkongress der IPPNW vom 25.–29. August 2010 in Basel
vor dem globalen und nationalen Hintergrund
Atomwaffen – der lange Weg der Schweiz
Im Vorfeld des Weltkongresses der International Physicians for the Prevention of
Nuclear War IPPNW trafen Schweizer Vertreter dieser Organisation Peter Maurer,
Staatssekretär des EDA, zum Gespräch. Dabei wurden neben aktuellen Fragen zur
globalen nuklearen Abrüstung auch historische Aspekte des «Schweizer Wegs» in
Sachen Atomwaffen diskutiert. Der Staatssekretär zeigte sich an einer Zusammen­
arbeit mit IPPNW interessiert.
Erhard Taverna
[email protected]
Alle fünf Jahre diskutieren die 189 Unterzeichnerstaa­
ten des Atomwaffensperrvertrags von 1970 (Nonpro­
liferation Treaty, NPT) über Abrüstung und Verzicht
auf Nuklearwaffen. Mit der achten dieser Überprü­
fungskonferenzen (Review Conference, NPT) im Mai
2010 am Hauptsitz der UNO waren besonders viele
Hoffnungen verknüpft. Die Schweizer Regierung be­
kräftigte dabei erstmals ihre klare Unterstützung einer
Nuklearwaffenkonvention (Nuclear Weapon Conven­
tion, NWC). Im Gegensatz zum Atomwaffensperrver­
trag, der in Artikel VI lediglich das Ziel der globalen
nuklearen Abrüstung erwähnt, geht die Nuklearwaffen­
konvention weiter und listet die einzelnen Schritte
auf, die zu diesem Ziel führen. Als erster Schritt wurde
zum Beispiel die Rückstufung der immer noch hohen
Alarmbereitschaft vieler ballistischer Atomwaffen der
Nuklearmächte vorgeschlagen. Ein Ansatz, der viel
weiter geht als der bisherige Sperrvertrag. Die Aussen­
Ein Schritt in die richtige Richtung: Demontage nuklearer Waffen.
ministerin Calmy­Rey bezeichnete in New York Atom­
waffen als «nicht einsetzbar, unmoralisch und illegal».
Sie setzte sich vor der Versammlung für eine völker­
rechtliche Ächtung ein, mit dem Ziel einer internatio­
nalen Verbotskonvention, wie sie für chemische und
biologische Waffen besteht.
Das war nicht immer so. Bis 1969 unternahm
die Schweiz grosse Anstrengungen, um im Alleingang
Atomwaffen zu entwickeln. Das Reaktorunglück von
Lucens und der Mirageskandal beendeten den Traum
der nuklearen Eigenständigkeit. Zwei Abstimmungen,
1962 und 1963, hatten eine eindeutige Volksmehrheit
zugunsten der Bewaffnungspläne des Bundesrates er­
geben. Dennoch unterzeichnete die Schweiz 1963 ein
partielles Atomteststoppabkommen und 1969 den
Atomwaffensperrvertrag, der allerdings wegen der Op­
position im Ständerat erst 1976 genehmigt wurde.
Die Sicherheitspolitik wechselte von der aktiven Stra­
tegie zur passiven Verteidigung der Bevölkerung durch
Schutzräume. 1988 wurde die Kernwaffenoption end­
gültig fallengelassen, 1995 stimmte die Schweiz der
unbefristeten Verlängerung des Atomsperrvertrags zu
und damit auch einem effizienten Überprüfungssys­
tem durch die UNO.
Im Bundeshaus
Der neue Staatssekretär Peter Maurer im Departement
für auswärtige Angelegenheiten EDA, bis vor kurzem
unser Vertreter am UNO­Sitz in New York, ist soeben
aus den USA zurückgekehrt. Flankiert von seinem Lei­
ter des politischen Sekretariats Andreas Friedrich, zu­
ständig für internationale Sicherheitspolitik und Rüs­
tungskontrolle, schildert er seine Eindrücke und erläu­
tert die Ziele der Bundesrätin. Sein Departement richte
die Agenda nach dem Realisierbaren, man müsse ab­
warten, wie die Welt nach der Konferenz aussehe. Die
Iran­Frage und innenpolitisches Taktieren hätten für
Präsident Obama erste Priorität. Bis Ende der 90er Jahre
sei der nukleare Schutzschild der USA für die Schweiz
eine nicht weiter zu hinterfragende Tatsache gewesen.
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IPPNW
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Diese Positionen hätten sich langsam geändert. Zwar
seien die ehemaligen Ostblockländer an einer atom­
waffenfreien Zone in Europa nicht interessiert, aber
mit Österreich könne man reden. Zusammen mit
anderen atomaren Habenichtsen wie Neuseeland und
Irland nütze die Schweiz ihre guten Verbindungen
zum Internationalen Komitee vom Roten Kreuz IKRK
und innerhalb der UNO.
Ein Schwerpunkt liege auf der angestrebten welt­
weiten Verbannung von Atomwaffen. Die Schweiz
stellt sich als Plattform für die wichtigsten Akteure
zur Verfügung. Eine Studie im Auftrag des EDA liefert
dazu interessante Argumente für eine Verbotskonven­
tion. «Delegitimizing Nuclear Weapons, Examining
the validity of nuclear deterrence» ist der Titel dieser
Untersuchung des Center for Nonproliferation Studies
CNS am Monterey Institute of International Studies
MIIS in Kalifornien [1]. Die renommierte Privatuniver­
Menschen mobilisiert hat als heute. Denn seither wur­
den die Waffen weiter verbreitet. Labile Staaten und
diktatorische Regierungen treiben ungehindert den
Ausbau ihrer Arsenale voran. Die internationale Kon­
trollbehörde IAEA (Internationale Atomenergie Agen­
tur) in Wien registriert immer wieder neue Versuche
krimineller und terroristischer Gruppen, in den Besitz
von radioaktivem Material zu gelangen. Der Gedanke,
dass zukünftige Konflikte um Land, Energie, Nahrung
und Wasser in einer überbevölkerten Welt mit diesen
Waffen ausgetragen werden, ist unerträglich. Seit 1945
versucht ein komplexes Vertragswerk, mit mehr oder
weniger Erfolg ein Wettrüsten einzudämmen, doch
die Gegenwart zeigt, dass dies nicht genügt. Tausende
von Nuklearwaffen sind auf einem hohen Bereit­
schaftsgrad. Kritische Vorfälle der Vergangenheit zei­
gen, dass auch ein unbeabsichtigter Nuklearkrieg mög­
lich ist.
Kritische Vorfälle der Vergangenheit zeigen,
dass auch ein unbeabsichtigter Nuklearkrieg möglich ist
1 Delegitimizing Nuclear
Weapons. Examining the
validity of nuclear deter­
rence. Studie des Monterey
Institute of International
Studies; 2010.
2 Unterredung mit dem
Staatssekretär des EDA
Herrn Peter Maurer
am 12. Mai 2010 mit
Vertretern des IPPNW
Schweiz in Bern.
sität demontiert angebliche Gewissheiten über die Fol­
gen und den Nutzen der atomaren Bewaffnung. Ge­
mäss den Autoren haben nicht die Abwürfe über Hiro­
shima und Nagasaki Japan zur Kapitulation gezwungen,
es war vielmehr die gleichzeitige Kriegserklärung der
Sowjetunion. Das Gleichgewicht des Schreckens im
kalten Krieg war eine Fiktion, ebenso wie die angeb­
liche militärische Überlegenheit dank Erst­ und Zweit­
schlagkapazitäten. Kein einziger Krieg ist seit 1945
durch das Abschreckungspotential vermieden worden.
Atomwaffen können in Zukunft durch andere Status­
symbole ersetzt werden. Eine Welt mit weiteren Staa­
ten als Atomwaffenbesitzer ist nicht stabiler als eine
Welt mit weniger Atomwaffenstaaten und einer stark
verminderten Anzahl dieser Waffen, ganz im Gegen­
teil. Zahlreiche Beispiele untermauern diese Schluss­
folgerungen, zu denen auch die Überlegungen hoher
Militärs vieler Länder beigetragen haben. Die Politik
des EDA stützt sich unter anderem auf folgende Fest­
stellung aus dieser Untersuchung: «Mobilizing inter­
national public and political support, and sustaining
it throughout the disarmement process, is perhaps the
most fundamental precondition for progress on the
path towards a world without nuclear weapons.»
Die Rolle der IPPNW
Eigentlich ist es paradox, dass zu Zeiten des kalten
Krieges die Angst vor einem atomaren Krieg viel mehr
Die Schweiz hat einen weiten Weg zurückgelegt.
2007 und 2008 hat sie mit Ländern wie Chile, Neusee­
land, Nigeria, Malaysia und Schweden eine Resolution
«Decreasing the Operational Readiness of Nuclear
Weapons» in die UNO­Vollversammlung eingebracht.
2009 haben russische und amerikanische Experten­
teams sowie Vertreter von Nichtnuklearstaaten in der
Schweiz Vorschläge zur Sicherheit atomarer Systeme
erarbeitet.
Die Macher der Studie setzen auf Aktionen einer
globalen Zivilgesellschaft in einer technisch gut ver­
netzten Welt: «We need new blood in the debate.» Die
Ziele der geplanten Nuklearwaffenkonvention sollen
die Öffentlichkeit aufwecken und zur Mitarbeit ani­
mieren. Eine gute Chance sehen die Autoren im Poten­
tial grosser Frauenbewegungen, religiöser Organisa­
tionen und engagierter NGO (Non Governmental
Organizations). Besonders hervorgehoben werden Zu­
sammenschlüsse von Ärzten, anderen Gesundheits­
berufen und Wissenschaftlern aller Richtungen. Kon­
gresse wie derjenige im August 2010 in Basel entspre­
chen genau diesem Konzept. Aktionen der IPPNW
(International Physicians for the Prevention of Nu­
clear War) wollen informieren und im besten Sinn Un­
ruhe stiften. Der Staatssekretär des EDA hat sein Inter­
esse an einer Zusammenarbeit mit dem IPPNW be­
kundet [2]. Damit sind alle Kolleginnen und Kollegen
zur engagierten Mithilfe aufgerufen.
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Public Health Schweiz
W E I T E R E O R G A N I S AT I O N E N U N D I N S T I T U T I O N E N
Die Relevanz von Global Health für die Schweiz
Nicolaus Lorenz,
Bettina Borisch,
Michaela Told,
John-Paul Vader
1 Nach Basch P E. Textbook of
International Health. Oxford
Univ Pr.1999.
Korrespondenz:
Nicolaus Lorenz
executive MBA, MPH, MD
Swiss Tropical and Public
Health Institute
Socinstrasse 59
Postfach
CH-4002 Basel
Tel. 061 284 81 25
Fax 061 284 81 03
[email protected]
Global Health ist nicht etwa nur ein neumodischer
Begriff, sondern von wirklicher Bedeutung für die
Schweiz. Von der Schweiz aus gesehen, scheint «Global Health» ein ferner und exotischer Ort zu sein:
schwierig zu erreichen, eigenartig anziehend, vielleicht etwas gefährlich, aber mit der Aussicht, ein wertvolles und lohnendes Ziel zu sein [1]. Dieser Aspekt
passt gut in das schweizerische Umfeld, da Herr und
Frau Schweizer zu den Vielfliegern dieser Welt gehören. Reisen ist bereichernd, denn es bietet die Möglichkeit, fremde Kulturen kennenzulernen, und öffnet
den Blick für Neues. In der klinischen Medizin sind
wir gewohnt, über die Schweizer Grenzen hinauszuschauen und vom medizinischen Wissen aus anderen
Teilen der Welt zu profitieren – auch wenn es manchmal etwas Zeit braucht, bis dieses Wissen Eingang in
die hiesige klinische Praxis findet.
Für die «Public Health Schweiz» war und ist die
globale Dimension von zentraler Bedeutung. Auch
wenn die H1N1-Pandemie nicht die Auswirkungen
hatte, die manche vorausgesagt haben, ist sie doch ein
gutes Beispiel dafür, wie schnell sich eine lokale Epidemie zu einer Pandemie entwickeln kann.
Antworten auf die Probleme eines Gesundheitssystems müssen landesspezifisch gefunden werden.
Aber sicherlich kann die Schweiz von Fehlern, aber
auch Erfolgen anderer Ländern lernen – und umgekehrt. Beispielsweise haben die schweizerischen HIV-/
AIDS-Präventionskampagnen einen ausgezeichneten
Ruf und viele Kampagnen in anderen Ländern beeinflusst.
Der Einfluss von schweizerischem Public HealthWissen zeigt sich auch darin, dass es in der Schweiz
18 WHO Collaborating Centres gibt (http://apps.who.
int/whocc/). Dies sind Exzellenzzentren mit dem Auftrag, die Weltgesundheitsorganisation in verschiedenen technischen Bereichen zu unterstützen. Im Vergleich zu Deutschland mit 33 Zentren verfügt die
Schweiz also über mehr als halb so viele Zentren und
hat nur vier weniger als das benachbarte Frankreich
(22). Die Schweiz verfügt zudem über Einrichtungen,
etwa das Graduate Institute in Genf, die sich mit globaler Gesundheitsdiplomatie beschäftigen und in
Europa einzigartig sind. In Genf, der Weltgesundheitshauptstadt, sind neben der Weltgesundheitsorganisation zahlreiche andere globale Gesundheitsinitiativen
angesiedelt. Schweizerische Organisationen und Institutionen, wie z. B. das Schweizerische Tropen- und Public Health-Institut, arbeiten sehr eng mit dem Global
Fund to Fight HIV/AIDS und der Drugs for Neglected
Diseases Initiative (DNDi) zusammen. Public Health
Schweiz und das Institut für Sozial- und Präventivmedizin der Universität Genf beherbergen das Sekretariat der World Federation of Public Health Associations in Genf.
Die Schweiz kann sicher von Fehlern, aber auch Erfolgen anderer
Länder lernen
Um die Global Health-Erfahrung in der Schweiz
zu bündeln und internationale Erfahrungen einbringen zu können, wurde die Fachgruppe «Global Health»
in der Fachgesellschaft «Public Health Schweiz» neu
belebt.
Im vergangenen Jahr wurde der Versuch unternommen, eine für die Schweiz angepasste Arbeitsdefinition von Global Health zu erarbeiten. Auf der
Basis einer umfassenden Sichtung der Literatur und
eingehender Diskussionen, möchten wir folgende Definition vorschlagen: Global Health ist ein Gebiet für
Forschung, Praxis und Policy, bei dem besonderer Wert gelegt wird auf die Verbesserung von Gesundheit im allgemeinen und auf den gerechten Zugang der Menschen zur
Gesundheit im besonderen. Global Health beschäftigt sich
mit transnationalen Gesundheitsfragen, den Determinanten und Lösungsansätzen. Viele Fachdisziplinen, nicht nur
aus dem Gesundheitssektor, sind hierfür notwendig; die
interdisziplinäre Zusammenarbeit wird gefördert und Global Health fördert die gute Governance, die es ermöglicht,
sich abzeichnende Veränderungen im Umfeld frühzeitig zu
erkennen und darauf rechtzeitig zu reagieren.
In Zukunft soll eine Plattform geschaffen werden,
um internationale Erfahrungen in die Schweiz einbringen zu können und die schweizerischen Erfahrungen mit internationalen Partnern auszutauschen, etwa
mit der European Public Health Association und der
World Federation of Public Health Associations.
Last but not least wird sich die Fachgruppe
hier in der Schweiz für das oben skizzierte breite Verständnis von Global Health einsetzen. Interessierte
Fachpersonen sind eingeladen, hieran mitzuarbeiten
(www.public-health.ch/).
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LESERBRIEFE
[email protected]
Briefe an die SÄZ
FMH-/fmc-Erklärung zur
Budgetverantwortung
Sehr geehrter Herr Kollege Berchtold
Vielen Dank für die «Begriffsklärung» (so Kollege Cassis im Vorspann) der Budgetverantwortung [1]. Eine meines Erachtens eminent
wichtige Frage ist mir aber auch nach sorgfältiger Lektüre Ihres Elaborates nicht klar:
Wie soll denn ein ärztliches Netzwerk mit
Budgetverantwortung, mehr Gesundheitskosten sparen als ein ärztliches Netzwerk ohne
Budgetverantwortung, wenn nicht durch kontinuierliches Senken des Budgetdeckels?
Bitte entschuldigen Sie die Verwendung des
Wortes «Budgetverantwortung» ohne die drei
ominösen Buchstaben in der Mitte. Stellen
Sie sich vor: Immer wenn ich dieses euphemistische Wort eintippe, stürzt mein Computer
ab!
Dr. med. David Winizki, Zürich
1
Berchtold P. Budgetmitverantwortung in der
integrierten Versorgung. Schweiz Ärztezeitung.
2010;91(18):714.
Replik
Sehr geehrter Herr Kollege Winizki
Vielen Dank für Ihre Anmerkungen. Der Begriff «Budgetmitverantwortung» ist zugegebenermassen eine nicht eben euphonische Wortschöpfung, euphemistisch ist er mit Sicherheit nicht: Budgetmitverantwortung heisst,
dass die (ökonomische) Verantwortung zwischen Kassen und Ärztenetzen geteilt und gemeinsam vertraglich vereinbart (und damit
mit-verantwortet) wird. Damit ist auch Ihre
zweite Anmerkung beantwortet: es gibt kein
Senken des Budgetdeckels, sondern ein gemeinsam definiertes Budgetziel – und das ist
ein gewaltiger Unterschied.
Zu guter Letzt ein kleiner Tipp zu Ihrem Computerproblem: Versuchen Sie mal ein neues
Betriebssystem, das haut meistens hin!
Noch ist es nicht zu spät!
Lieber Herr Kollege Meister
Vielen Dank für Ihren ausgezeichneten Leserbrief [1]. Leider habe ich wenig Hoffnung auf
grosse Aktivitäten vonseiten der SGAM oder
des KHM. Beide Organisationen erscheinen mir
in letzter Zeit ebenso träge wie die FMH. Die
FMH und die SGAM sollten zudem nicht von
Ärzten präsidiert werden, sondern von gutausgebildeten und taktisch versierten Marketing- oder Kommunikationsfachleuten. Diese
sind im Umgang mit Behörden und Medien
viel gewiefter als wir. Da uns in einer normal
ausgelasteten Praxis keine Zeit bleibt, entsprechende Zusatzausbildungen absolvieren zu können, sollten die wichtigsten Ämter unserer
Standesorganisation mit Profis besetzt werden.
Dr. med. Bernhard Sorg, Wallisellen
1
Meister B. Noch ist es nicht zu spät!
Schweiz Ärztezeitung. 2010;91(19/20):764.
DRG – Liebeskummer
Was kostet Liebeskummer, bei Romeo und
Julia, in der Stadt und auf dem Land? Dr. Faust
löst die Gretchenfrage.
Dr. med. Markus Gassner, Grabs
Leserbriefe
Leserbriefe sind grundsätzlich willkommen und können veröffentlicht werden,
sofern sie sich inhaltlich und formal innerhalb der in unserem Kulturkreis üblichen
Anstandsgrenzen bewegen, keine für die
Redaktion erkennbaren Fehlinformationen enthalten und eine Länge von 2500
Zeichen nicht überschreiten. Die Redaktion behält sich das Recht vor, Auswahl,
Kürzungen und Bearbeitungen vorzunehmen. Seitens der Redaktion besteht keine
Verpflichtung zur Publikation. Über Leserbriefe wird in der Regel keine Korrespondenz geführt; insbesondere muss eine
Nichtveröffentlichung nicht begründet
werden. Von diesen Grundsätzen kann
abgewichen werden, wenn dies der Redaktion angezeigt erscheint.
Das vollständige Manuskript ist an die
folgende Adresse der Redaktion einzureichen, wenn möglich per E-Mail: Redaktion Schweizerische Ärztezeitung,
EMH Schweizerischer Ärzteverlag AG,
Farnsburgerstr. 8, 4132 Muttenz, Tel. 061
467 85 72, Fax 061 467 85 56, E-Mail:
[email protected].
Peter Berchtold,
Präsident Forum Managed Care, Bern
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MITTEILUNGEN
Mitteilungen
Facharztprüfung
Facharztprüfung zur Erlangung
des Facharzttitels für Radiologie –
1. Teilprüfung
Datum: Freitag, 18. März 2011
Ort: Spital Thurgau
8501 Frauenfeld
AG,
Kantonsspital,
Anmeldefrist: 31. Dezember 2010
Weitere Informationen finden Sie auf der Website des SIWF unter www.siwf.ch � Weiterbildung AssistenzärztInnen � Facharztprüfungen
und unter www.sgr-ssr.ch
Armeelager für Behinderte 2011
Armeelager vom 11.6. bis 21.6. 2011 im
Feriendorf Fiesch (VS)
Im Jahr 2011 wird ein Armeelager für Behinderte (AlB) im Feriendorf Fiesch (VS) durchgeführt. Ein Spitalbataillon der Logistikbrigade 1
ist für die Durchführung des AlB verantwortlich. Ziel des Armeelagers für Behinderte ist die
Förderung der Zusammenarbeit zwischen der
Armee und zivilen Stellen im Sinne des Koordinierten Sanitätsdienstes (KSD). Es sollen
abwechslungsreiche Möglichkeiten für Behinderte geschaffen werden und Angehörige und
Pflegende von Behinderten während der Dauer
des Armeelagers entlastet werden.
Maximal 50 Gäste können in das AlB aufgenommen werden. Da aus Erfahrung die Anzahl der Anmeldungen wesentlich grösser ist,
wird durch die Triageverantwortlichen eine
entsprechend seriöse Auswahl getroffen.
Aufgenommen werden können Personen
mit
– schwerem Rheuma;
– schwerer Arthrose und anderen Gelenkveränderungen;
– Amputationen;
– Multipler Sklerose und Muskeldystrophie;
– Para- und Tetraplegie;
– chronischen Erkrankungen.
Von der Aufnahme ausgeschlossen sind Personen
– unter 18 und über 70 Jahren
– mit ansteckenden Krankheiten;
– mit instabilem Kreislauf / Kreislaufstörungen;
– mit schweren Stoffwechselstörungen;
– mit erheblichen Kommunikationsschwierigkeiten;
– mit psychischen Erkrankungen, welche Betreuung durch ausgebildetes Psychiatriepflegepersonal erfordern.
Anmeldung
Für die Anmeldung muss ein militärischer Fragebogen angefragt werden. In dieser Anfrage
müssen folgende Angaben zum Teilnehmer gemacht werden: Name, Vorname; Adresse, Postleitzahl, Wohnort; Geburtsdatum; fakultativ:
Telefonnummer, Bezugsperson. Dieser ist zu
senden an:
LBA Sanität
Gästeadministration AlB
Worblentalstrasse 36
3063 Ittigen
Interessierte erhalten einen ausführlichen
militärischen Fragebogen. Dieser muss vollständig ausgefüllt (allenfalls durch den Hausarzt unterzeichnet) bis 22. Oktober 2010 bei
der Gästeadministration AlB eintreffen. Damit
gelten die Interessierten als angemeldet – die
Triage entscheidet danach über die definitive
Teilnahme.
Auswahl der Gäste (Triage)
Im Dezember 2010 werden alle eingereichten
Anmeldungen durch den verantwortlichen
Triagearzt, gemeinsam mit dem/der Dienstchef(in) Pflegedienst, beurteilt. Für die Aufnahme in das AlB werden in erster Priorität
Angemeldete berücksichtigt, die erstmals an
einem Lager teilnehmen möchten. Im Januar
und Februar 2011 werden alle Angemeldeten
schriftlich über eine Teilnahme oder eine
Nichtteilnahme im AlB 2011 orientiert.
Kosten
Die Gäste zahlen pro Lager einen pauschalen
Kostenbeitrag von 253 Franken (inklusive Versicherung und Unterhaltung). Dieser Betrag
wird zu Beginn des Armeelagers in bar eingezogen.
Weitere Informationen:
[email protected]
Anmeldefrist Fragebogen: 1. Oktober 2010:
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FMH SERVICES
Die grösste standeseigene Dienstleistungsorganisation
R e d a k t i o n e l l e Ve r a n t w o r t u n g : F M H S E R V I C E S
Praxiscomputerworkshop
Die Workshopteilnehmer/innen erhalten im 1. Teil
eine Einführung in die Anforderungen an ein Praxisinformationssystem. Anhand einer modernen vernetzten Praxisinfrastruktur werden die Beurteilungskriterien für eine praxis- und zukunftstaugliche Softwarelösung dargestellt. Checklisten sollen die schnelle
Orientierung unterstützen und bei der Beurteilung
und Wahl des Produkts konkrete Hilfe bieten. In Zusammenarbeit mit SGAM.Informatics werden die zentralen Elemente der elektronischen Krankengeschichte
aufgezeigt. Ein Erfahrungsbericht eines EDV-Anwenders (Arzt) rundet den 1. Teil ab. Der 2. Teil umfasst
die Präsentation von sechs Praxisadministrationssoftwarelösungen (Leistungserfassung, elektronisches Abrechnen unter Einbezug der TrustCenter, Agendaführung, Statistiken, Laborgeräteeinbindung, elektronischeKrankengeschichte,Finanzbuchhaltungslösungen
usw.).
Ziel
Die Teilnehmer/innen erhalten einen Anforderungskatalog, welcher ihnen erlaubt, ihre Vorstellungen für
ein modernes Praxisinformationssystem besser zu formulieren und diese dem Softwarehersteller zu dessen
Vorbereitung zu kommunizieren. Zudem erhalten sie
einen ersten Überblick über führende Softwarelösungen.
amétiq GmbH, Pfäffikon (siMed)
Die Firma amétiq zeichnet sich durch Flexibilität und
Kompetenz sowohl im IT- wie auch im Medizinbereich aus. Der persönliche Service unterstützt das Ziel
einer langjährigen, konstruktiven Partnerschaft mit
dem Kunden. Die Software siMed verbindet neuste
Technologien mit einfachen und intuitiven Prozessabläufen. Die elektronische Krankengeschichte ermöglicht die Vernetzung der Daten in 5 Dimensionen und
beinhaltet ein einfach zu bedienendes Qualitätsmanagement. Die individuellen Anpassungsmöglichkeiten an eigene Bedürfnisse und Anforderungen lassen
praktisch keine Wünsche offen.
Delemed AG Medical Software, Kehrsatz (PEX II)
Delemed AG entwickelt bereits über 18 Jahre erfolgreich Medizinsoftware für die Praxen. Die Software
besticht durch den sympathischen, effizienten, einfachen und modularen Aufbau und lässt in keiner
Praxis Wünsche offen. Dank unserer Vielseitigkeit im
medizinischen Umfeld sind wir Ihr optimaler Partner.
Folgende Softwareanbieter können Sie
im 2. Teil des Workshops kennenlernen:
Gartenmann Software AG, Seuzach
(PRAXIS*DESKTOP)
Kompetent, effizient und innovativ
An diesen Werten orientieren wir uns seit der Gründung der Gartenmann Software AG 1992. Den Ausgangspunkt all unserer Überlegungen und Tätigkeiten
bilden dabei immer unsere Kunden. PRAXIS*DESKTOP
ist mit den neusten Technologien ausgestattet und
überzeugt durch eine intuitive und effiziente Benutzerführung. Durch die nahe Zusammenarbeit mit
unseren Partnern sind wir in der Lage, Praxis-Desktop
rasch und effizient weiterzuentwickeln.
Ärztekasse, Urdorf (CB 7)
Als Marktleader seit 1964 im Bereich Praxisadministration können Sie bei der Ärztekasse auf eine ganzheitliche Lösung für Ihre Fragen betreffend Abrechnungsvarianten, Computerwahl, Netzwerke, Formular- und Briefbearbeitung, usw. zählen. Die statistischen
Erhebungen (im Auftrag der FMH Roko) sind ein anerkanntes betriebswirtschaftliches und standesorganisatorisches Hilfsmittel für die moderne Praxisführung. Nebst innovativen Ideen und Lösungen sowie
Kooperationspartnerschaft mit 10 Trust Center ist
uns eine umfassende Kundenbetreuung ein Anliegen.
Unsere Standorte befinden sich in Basel, Bern, Chur,
Crissier, Genf, Lugano, Luzern, Neuchâtel, St. Gallen,
Thônex und Zürich. Sie definieren Ihre Wünsche –
wir bieten Ihnen die Lösung!
HCI Solutions AG, Gümligen (TriaMed®)
Die Abteilung Triamun von HCI Solutions, ein Unternehmen der Galenica-Gruppe, entwickelt und vermarktet innovative Softwarelösungen für das Praxis-,
Apotheken- und Unternehmensmanagement. Individuelle Beratung, die gesamte Soft- und Hardware,
einen umfassenden Support und Schulung aus einer
Hand. Unsere Softwarelösung TriaMed® für Arztpraxen, Gruppenpraxen, medizinische Zentren und Ärztenetzwerke basiert auf der neusten Technologie und
wurde zusammen mit Ärzten entwickelt. So ist eine
intuitiv bedienbare Praxismanagement-Lösung entstanden, die sämtliche Bedürfnisse von integriertem
und vernetztem Arbeiten befriedigen.
Um den stetig wachsenden Anforderungen an eine
praxisgerechte Softwarelösung gerecht zu werden,
Daten
K14
Donnerstag, 24. Juni 2010
Bern
9.30–16.30 Uhr
BEA
Bern Expo
Schweizerische Ärztezeitung | Bulletin des médecins suisses | Bollettino dei medici svizzeri | 2010;91: 23
898
FMH SERVICES
Die grösste standeseigene Dienstleistungsorganisation
R e d a k t i o n e l l e Ve r a n t w o r t u n g : F M H S E R V I C E S
wird TriaMed® stetig weiterentwickelt. Folgende wichtige Neuerungen wurden im vergangenen Jahr vorgenommen: Sichtenkonzept zur individuellen arztspezifischen Gestaltung der Krankengeschichte, Versandmappe, Medizinisches Auswertungstool, Elektronisches
Rezept, Versicherungscheck, Patienten-Bonitäts-Prüfung, Schnellarchivierung, Mail-Attachements per
Drag&Drop.
Vitodata AG, Oberohringen (vitomed)
Die Vitodata AG besteht seit 30 Jahren. Das Unternehmen konzentriert sich auf Praxis- und Kliniklösungen. Die innovative Haltung eröffnet laufend
neue Einsatzgebiete – immer mit dem entsprechenden Nutzen für die Anwender. In den ersten 25 Jahren
stand die Abrechnung mit der ICT im Vordergrund.
Heute ist die Vitodata AG auch bei der elektronischen
Krankengeschichtenführung und in der Vernetzung
der Systeme und der Anwender an der Spitze im
Schweizer Markt. Neben der konventionellen PCLösung in der Praxis bietet die Vitodata AG auch das
PRAXISERPROBT
Unsere Beratungsschwerpunkte
Praxisgründung
• Standortanalysen
• Praxisplanung und -einrichtung
• Gruppenpraxenberatung
• Evaluation von Praxisadministrationssoftware
• Rechtsberatung
Praxisführung
• Gemeinsamer Einkauf für Ärztinnen und
Ärzte
• Ärztedrucksachen
• Praxislabor
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ASP-Modell (Application Service Providing – Software
mieten statt kaufen) an. Vitodata AG ist vertreten
in vielen Arztpraxen, Instituten, Kliniken und Spitälern in der Schweiz. Zusätzlich entwickelte das Unternehmen in jüngster Zeit grosse Applikationen für
kantonale Gesundheitsdirektionen, Zahnkliniken und
universitäre Institutionen im Gesundheitswesen. Die
Marktführerschaft ist für das ganze Team der Vitodata AG eine Verpflichtung, im Sinne des Investitionsschutzes für die Kunden den Fortbestand zu sichern
und unternehmerisch und ethisch korrekt zu handeln.
Auch deshalb setzt sich die Vitodata AG für den Branchenverband VSFM (www.vsfm.info) und das Thema
Datenaustausch (siehe www.smeex.ch) aktiv und auf
allen Ebenen ein.
Anmeldung und Auskunft
www.fmhservices.ch oder FMH Consulting Services,
Sandra Stadelmann, Burghöhe 1, 6208 Oberkirch, Tel.
041 925 00 77, Fax 041 921 05 86.
Praxisübergabe / -übernahme
• Nachfolgeplanung und -regelung
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Praxisverkauf
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Allfinanzlösungen
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• Neutrale Vermögensverwaltung
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Buchhaltung / Steuern, EDV-Workshop
und viele andere
Treuhand
• Finanz- und Rechnungswesen
• Analysen
• Steuern
Praxis- und Stellenplattform
• Insertionsplattform in der Ärztezeitung /
Stellen- und Praxisofferten sowie
Gesuche
• Stellenmarkt unter www.fmhjob.ch
• Praxismarkt unter www.fmhprax.ch
Inkasso
• Bonitätsprüfung (online via my.inkas)
• Vorrechtliches und rechtliches Inkasso
• Verlustscheininkasso
Factoring
• Management der Honorarforderungen
FMH Services • Burghöhe 1 • 6208 Oberkirch • Telefon 041 925 00 77 • Fax 041 921 05 86 •
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30
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Quel est le taux de conversion lors du paiement de la rente de votre fondation? Est-il prévu
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le rachat au niveau fiscal est-il le plus intéressant?
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votre Caisse de pension?
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facile et nécessite des démarches complexes. Il est donc particulièrement important de planifier ces démarches de manière consciencieuse
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où elles auront été effectuées de manière professionnelle.
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la valeur entrepreneuriale du cabinet, mener des activités publicitaires,
conclure un contrat et régler le financement avec le successeur.
FMH Consulting Services dispose d’un large réseau ainsi que d’une
banque de données complète et régulièrement mise à jour. Grâce à
notre longue expérience, nous vous fournissons notre soutien dans
toutes les démarches d’une recherche ciblée d’un successeur et dans
son choix.
Recherche d’un cabinet
“Poursuivre mon activité en tant que médecin hospitalier ou me rendre indépendant et détenir mon propre cabinet?” Chaque médecin se
pose cette question un jour ou l’autre. La reprise d’un cabinet place
vendeurs et acquéreurs face à des défis élevés. Il leur faut élaborer et
définir des objectifs, analyser le marché et examiner les objets possibles. La recherche d’un cabinet est donc un projet dispendieux en
temps et en coûts, impossible à réaliser parallèlement à une activité
professionnelle menée à plein temps.
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éprouvé dans la recherche d’un successeur ou d’un cabinet
médical”
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Consulting Services vous offre les prestations suivantes:
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ou de l’inventaire
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TRIBÜNE
Recht
Arbeitsunfähigkeitszeugnisse: Kantonale Vereinbarungen
geben mehr Sicherheit
Der nachstehende Beitrag zeigt Fallstricke rund ums Arbeitsunfähigkeitszeugnis auf. Er beschreibt die notwendigen Inhaltspunkte und er plädiert für ausführliche(re) Zeugnisse.
In verschiedenen Kantonen haben die Sozialpartner und die Ärztegesellschaften im Bezug auf das Arbeitsunfähigkeitszeugnis
(AUF) Vereinbarungen getroffen – was sowohl aus sozialpartnerschaftlicher wie auch aus rechtlicher Sicht sinnvoll ist. Den Vorteil für das Klima beschrieb die NZZ im Juli 2007 so: «Bereits nach
der Pilotphase im sankt-gallischen Rheintal habe sich gezeigt,
dass die Kommunikation zwischen Arzt und Arbeitgeber besser
geworden sei und dabei auch das gegenseitige Vertrauen zugenommen habe, erklärte Peter Bürki, Sekretär des Arbeitgeberverbandes des Rheintals» [1]. Die kantonalen Vereinbarungen fördern zudem die Rechtssicherheit auch für den Arzt. Denn sie unterscheiden typischerweise zwischen zwei Zeugnistypen:
–
–
dem einfachen, kostenlosen AUF-Zeugnis für die vielen unbestrittenen Fälle
und dem ausdrücklich vom Arbeitgeber in Auftrag gegebenen, bezahlten und auf eine von ihm gelieferte Arbeitsplatzbeschreibung gestützten ausführlichen AUF-Zeugnis, das der
Arzt nur ausstellt, wenn der Patient einverstanden ist.
Damit werden die Rollen sinnvoll geklärt. Der Arzt kann in jedem
Fall zunächst das einfache Zeugnis ausstellen, das für alle Kosten
spart. Er weiss, dass ihm kein Arbeitgeber vorwerfen wird, er
habe damit eine problematische Arbeitsunfähigkeit kaschieren
wollen. Denn der Arbeitgeber, der dieses Zeugnis erhält, kann ja
einfach den Auftrag für das ausführliche Zeugnis erteilen.
Hanspeter Kuhn, Fürsprecher und
stv. Generalsekretär der FMH
1 Lbr, Kosten sparen mit einem Zeugnis weniger – NZZ, 17. Juli 2007
Eine rechtliche Bestandesaufnahme mit Empfehlungen für die Praxis
Arbeitsunfähigkeitszeugnisse:
Ärzte zunehmend im Fokus der Justiz (Teil 2)
Im ersten Teil dieses Beitrags, erschienen in der letzten SÄZ-Ausgabe, wurden an
einem Fallbeispiel die rechtlichen Grundlagen für die Erstellung ärztlicher Zeugnisse
dargestellt. Im folgenden werden Empfehlungen für die tägliche Praxis gegeben, die
es Ärzten ermöglichen sollen, sich vor rechtlichen Angriffen zu schützen.
Roger Rudolph
Korrespondenz:
Dr. iur. Roger Rudolph
Streiff Pellegrini & von Kaenel
Rechtsanwälte
Bahnhofstrasse 67
CH-8620 Wetzikon
[email protected]
Die schon seit längerem bei Arbeitgebern zu beobachtende Tendenz, ärztlichen Zeugnissen zu misstrauen, hat in den letzten Jahren eher noch zugenommen. Als Folge davon müssen sich Ärzte immer
häufiger für die Qualität der von ihnen ausgestellten
Zeugnisse verantworten, sei es gegenüber Vertrauensärzten, als Zeugen in einem arbeitsrechtlichen Zivilprozess oder gar als Angeschuldigte in einem Strafverfahren.
Ausführlichere Zeugnisse schützen Arzt
und Patienten
ber nach den Regeln des Obligationenrechts eine
mehrmonatige Verschiebung des Arbeitsvertragsendes, verbunden mit empfindlichen Lohnfortzahlungsfolgen [1]. Sehr häufig handelt es sich um psychisch oder mobbingbedingte Krankmeldungen.
Wenn der Arbeitnehmer in einem solchen an sich
schon von gegenseitigem Misstrauen geprägten Umfeld auch noch ein rudimentäres und häufig auch
noch rückwirkendes ärztliches Attest vorlegt, muss
man Verständnis dafür haben, dass der Arbeitgeber
eine solche Krankmeldung nicht einfach ergeben
abnickt.
Ausgangslage
Arbeitgeber misstrauen ärztlichen Zeugnissen vor
allem dann, wenn sie von nur geringer inhaltlicher
Aussagekraft sind. Es ist verständlich, dass Zeugnisse, die in einem einzigen Satz eine «Arbeitsunfähigkeit von 100% bis auf weiteres» bescheinigen, von
Arbeitgebern kritisch hinterfragt werden. Erst recht
gilt dies, wenn das Zeugnis im Umfeld einer sich abzeichnenden oder bereits erfolgten Kündigung ausgestellt wird. Denn in diesem Fall droht dem Arbeitge-
Minimaler Zeugnisinhalt
Wie im ersten Teil in Heft 22 der SÄZ dargestellt,
fehlen konkrete gesetzliche Vorgaben, wie ein ärztliches Zeugnis formuliert sein muss. Dennoch hat sich
in der Praxis ein gewisser Mindeststandard herausgebildet. In diesem Zusammenhang sind als sinnvolle
Ergänzung auch die in verschiedenen Kantonen
praktizierten Vereinbarungen zwischen den Arbeitgeberverbänden und kantonalen Ärzteschaften zu erwähnen [2].
Schweizerische Ärztezeitung | Bulletin des médecins suisses | Bollettino dei medici svizzeri | 2010;91: 23
Editores Medicorum Helveticorum
912
TRIBÜNE
Recht
Certificats d’incapacité de travail:
les médecins toujours plus
dans la ligne de mire de la justice
(2e partie)
Même s’il manque des dispositions légales concrètes,
une norme minimale s’est établie dans la pratique
pour la forme et le contenu des certificats. Elle
consiste en la description du début, du degré et de
la durée probable de l’incapacité de travail, aussi en
la distinction entre maladie et accident. En outre, le
médecin doit dater et signer le certificat, y indiquer
ses coordonnées et son titre de spécialiste. Ce
contenu minimal n’est toutefois pas suffisant dans
bien des cas, il peut être contreproductif pour le
médecin et le patient ou même s’avérer dangereux
s’il est toujours limité à un minimum. C’est particulièrement vrai pour les certificats établis rétroactivement ou qui ne peuvent pas être fondés sur
Sich Zeit zu nehmen für ein ausführlicheres Arbeitsunfähigkeitszeugnis, kann späteren Ärger vermeiden.
des constatations objectives, comme c’est souvent
le cas pour les maladies psychiques, l’épuisement
professionnel ou le mobbing. Si un médecin ne peut
Selbstverständlich ist zunächst, dass der Arzt nur
solche Tatsachen bescheinigen darf, die er nach seiner sorgfältigen und fachkundigen Einschätzung
auch für wahr hält. Das heisst nicht, dass sich ein Arzt
nie irren darf, denn das Irren allein begründet weder
zivil- noch strafrechtlich eine Haftung. Erst wenn der
Irrtum auf Fahrlässigkeit oder gar Vorsatz zurückzuführen ist, kann der Arzt zur Rechenschaft gezogen
werden.
Zum minimalen Zeugnisinhalt zählen Beginn
und Grad sowie voraussichtliche Dauer der Arbeitsunfähigkeit. Aus versicherungsrechtlichen Gründen
ist weiter zwischen Krankheit und Unfall zu unterscheiden. Ausserdem sollen die Adresskoordinaten
des Arztes ersichtlich sein (durch Stempel oder Brief-
Erst wenn ein Irrtum auf Fahrlässigkeit oder gar Vorsatz
zurückzuführen ist, kann der Arzt zur Rechenschaft
gezogen werden
papier) und ist das Zeugnis zu datieren und zu unterzeichnen. Nach Art. 34 der Standesordnung FMH ist
schliesslich der Adressat des Zeugnisses zu nennen,
also in der Regel der Arbeitgeber [3].
Zurückhaltung ist bei rückwirkenden Zeugnissen
geboten, wenn also der Arzt den Beginn einer Arbeits-
s’appuyer que sur la description du patient et qu’il ne
le mentionne pas dans le certificat, il doit s’attendre
rapidement à des conséquences juridiques. De surcroît, des certificats plus explicites ont une plus
grande force de persuasion face aux employeurs qui
les acceptent bien mieux. Il est donc dans l’intérêt
des médecins et des patients que les certificats
médicaux contiennent davantage d’informations.
unfähigkeit für einen Termin vor der Erstkonsultation
bescheinigen soll [4]. Das ist zwar als solches nicht
unzulässig, zumal wenn der Patient bei der Erstkonsultation noch immer krank ist. Nach den Empfehlungen der Ärzte-Gesellschaft des Kantons Zürich
(AGZ) soll es sich aber um Ausnahmefälle handeln
und darf die Rückwirkung eine Woche nicht überschreiten [5]. In jedem Fall ist eine eigene Untersuchung unentbehrlich, denn eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, die ausschliesslich auf die Schilderung des Patienten abstellt, hat von vornherein
keinen Beweiswert [6].
Plädoyer für ausführlichere Zeugnisse
Die arbeitsrechtliche Beratungspraxis zeigt, dass es sowohl für den Arzt wie für den Patienten bzw. Arbeitnehmer meistens von Vorteil wäre, wenn das ärztli-
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TRIBÜNE
Recht
che Zeugnis gegenüber dem vorhin umrissenen Minimalinhalt einen etwas höheren Detaillierungsgrad
aufweisen würde. Dies gilt jedenfalls für bestimmte
typische Konstellationen, auf die gleich noch eingegangen wird. Mit einem höheren Detaillierungsgrad
ist nicht die Diagnose gemeint, denn diese muss der
Arbeitnehmer gegenüber seinem Arbeitgeber nicht
gegen seinen Willen offenbaren [7]. Es geht vielmehr
um ergänzende Informationen, welche die Modalitäten der Untersuchung näher umschreiben und deren
proaktive Offenlegung die Glaubwürdigkeit des Zeugnisses erheblich steigern kann. Zu denken ist hier je
nach konkreter Situation an folgendes:
– Chronologie der Behandlung: Nennung der Daten
der Erstkonsultation, der weiteren bereits erfolgten Konsultationen sowie des nächsten bevorstehenden Termins (bzw. des Zeitpunkts der Neubeurteilung). Letzteres ist vor allem dann angezeigt,
wenn eine Arbeitsunfähigkeit auf unbestimmte
Dauer bescheinigt wird;
– Bei Teilarbeitsfähigkeit: Angabe, ob sich die reduzierte Arbeitsfähigkeit auf die Arbeitszeit oder die
Arbeitsleistung bezieht und welche Arbeiten davon betroffen sind. Letzteres bedingt, dass sich
der Arzt beim Arbeitnehmer oder – mit dessen Zustimmung – beim Arbeitgeber über die Art der
auszuführenden Arbeiten erkundigt [8].
– Nicht überprüfbare Angaben: Soweit dem Attest
nicht überprüfbare Angaben des Patienten zugrunde liegen, sollte dies im Zeugnis wertungsfrei
vermerkt werden. Es ist dies vielleicht die wichtigste Massnahme, die ein Arzt vorsorglich treffen
kann, um sich selber zu schützen. Diese Empfehlung gilt neben objektiv kaum fassbaren psychischen Leiden, Burn-out oder Mobbing vor allem
auch für rückwirkende Zeugnisse, wenn der Arzt
aufgrund seiner eigenen Untersuchung rückwir-
Mit Hilfe einer sorgfältig dokumentierten Krankengeschichte kann der Vorwurf einer unsorgfältigen
Untersuchung meist rasch entkräftet werden
kend keine Arbeitsunfähigkeit mehr feststellen
kann. Diesem Umstand kann der Arzt mit der Ergänzung «nach Angaben des Patienten» im Zeugnis Rechnung tragen, allenfalls präzisiert durch
ein «ganz» oder «teilweise» [9]. Andernfalls droht
ihm der nicht ganz von der Hand zu weisende
Vorwurf, eine blosse – und möglicherweise falsche – Parteibehauptung des Arbeitnehmers
durch seine ärztliche Autorität fahrlässig veredelt
zu haben. Im schlimmsten Fall könnte bereits
dies genügen, um ein Verfahren wegen falschen
ärztlichen Zeugnisses ins Rollen zu bringen. Ge-
–
nau dies ist in dem im ersten Teil des Beitrags
(SÄZ 22/2010) geschilderten Fall dem Psychiater
widerfahren, der sich deswegen vor Gericht verantworten musste [10]. Das Obergericht des Kantons Zürich hat ihn zwar vom Vorwurf des vorsätzlichen falschen Zeugnisses bzw. der Beihilfe
zum Betrug freigesprochen. Das Gericht hat in
seinen Erwägungen aber durchblicken lassen,
dass eine Strafbarkeit wegen fahrlässigen falschen
Zeugnisses durchaus denkbar gewesen wäre. Dass
sich der Psychiater unter diesem Gesichtspunkt
nicht verantworten musste, hing einzig mit einer
prozessualen Nachlässigkeit der Staatsanwaltschaft zusammen, die es versäumt hatte, neben
dem Vorsatz- auch den Fahrlässigkeitstatbestand
rechtsgenügend anzuklagen.
Bei arbeitsplatzbezogener Arbeitsunfähigkeit: Wenn
die Arbeitsunfähigkeit z.B. mobbingbedingt ist,
sollte angegeben werden, ob und inwiefern der
Patient in einem anderen personellen Umfeld
beim Arbeitgeber beschäftigt werden kann [11].
Auch hier können Erkundigungen beim Arbeitgeber sinnvoll sein, was aber erneut die Zustimmung des Arbeitnehmers voraussetzt.
Aus ärztlicher Sicht liegt der Vorteil solcher situativ
erweiterten Zeugnisse zunächst darin, dass der Arzt
dadurch dokumentiert, dass er sorgfältig gehandelt,
seiner Diagnose eigene Untersuchungen zugrunde
gelegt und eine differenzierte Beurteilung vorgenommen hat. Damit beugt er auch dem Vorwurf vor, er
habe ein unrichtiges Zeugnis ausgestellt. Schliesslich
ist es auch weniger wahrscheinlich, dass er als Zeuge
in einem Zivilverfahren oder gar als Angeschuldigter
in einem Strafverfahren auftreten muss. Denn die
Praxis zeigt, dass ausführlichere Arztzeugnisse bei Arbeitgebern auf deutlich grössere Akzeptanz stossen als
wenig bis nichtssagende Kurzbescheinigungen. Aus
den gleichen Überlegungen liegt es auch im Interesse
des Patienten bzw. Arbeitnehmers, ein etwas aussagekräftigeres Zeugnis vorlegen zu können, da er dadurch dem latenten Verdacht, gar nicht arbeitsunfähig zu sein, zu einem guten Teil den Wind aus den Segeln nehmen kann [12]. Man könnte sich fragen, ob
der Arzt auftragsrechtlich nicht sogar verpflichtet ist,
den Patienten über die Vorteile eines aussagekräftigeren Zeugnisses aufzuklären.
Eine Klarstellung ist notwendig: Die vorstehenden Ausführungen wollen nicht so verstanden sein,
dass allein aus Furcht vor hypothetisch drohenden
Rechtshändeln nur noch Zeugnisse in Überlängen
ausgestellt werden. In den meisten Fällen wird der zuvor geschilderte Mindestinhalt genügen. Dort aber,
wo die erwähnten besonderen Umstände vorliegen,
insbesondere bei objektiv kaum nachprüfbaren Befunden, bei rückwirkenden Attesten oder bei rein arbeitsplatzbezogenen Arbeitsunfähigkeiten, sind die
empfohlenen Ergänzungen sinnvoll.
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TRIBÜNE
Recht
Abschliessende Empfehlungen
Neben dem vorstehenden Plädoyer für situativ aussagekräftigere Zeugnisse ist aus anwaltlicher Sicht
schliesslich die Befolgung folgender Empfehlungen
ratsam:
– Es ist auf das Führen einer vollständigen und präzisen Krankengeschichte zu achten. Insbesondere
sollten die vorgenommenen Untersuchungen
und erhobenen Befunde dokumentiert werden.
Die Krankengeschichte kann für den Arzt im
Ernstfall, z.B. wenn gegen ihn ein Strafverfahren
wegen falschen ärztlichen Zeugnisses eröffnet
wird, zur veritablen «Lebensversicherung» werden.
Denn mit Hilfe einer sorgfältig dokumentierten
Krankengeschichte wird er den Vorwurf einer unsorgfältigen oder gar unterlassenen Untersuchung
meist rasch entkräften können.
– Grosse Zurückhaltung ist bei der Auskunftserteilung an den nachfragenden Arbeitgeber oder im
kollegialen Gespräch mit dem Vertrauensarzt angezeigt. Es gilt die strikte Regel: keine Kommunikation ohne Entbindung vom Berufsgeheimnis
durch den Patienten [13]! Vor allem bei telefonischen Anfragen stellt sich das Zusatzproblem der
Identifikation der anfragenden Person, d.h. ob es
sich bei ihr tatsächlich um einen legitimierten
Vertreter des Arbeitgebers handelt. Sofern hier
Zweifel bestehen, ist es geboten, Sicherheitsvorkehrungen zu treffen. So kann das Telefonat zunächst höflich abgebrochen werden, um den Anrufer anhand der angegebenen Telefonnummer
vor dem Rückruf zu überprüfen. Am besten wäre
es ohnehin, wenn der Patient die auskunftsberechtigte Person mit Namen und nicht einfach
nur mit «Arbeitgeber» bezeichnet [14]. Die Entbindungserklärung sollte ferner für den Konfliktfall eigentlich immer beweisbar vorgelegt werden
können. Dies würde streng genommen stets eine
formelle Bestätigung des Patienten (z.B. schriftlich oder per E-Mail) bedingen, was aber von diesem als überzogene Massnahme oder gar Ausdruck des Misstrauens ihm gegenüber verstanden
werden kann. Ein pragmatischer Ansatz kann
sein, die Entbindung mündlich in der Sprechstunde vom Patienten einzuholen und in der
Krankengeschichte eine entsprechende Aktennotiz anzufertigen.
– Trotz all dieser Vorkehrungen können Ärzte in Zivil- oder gar Strafverfahren involviert werden.
Dass ein Arzt in einem arbeitsrechtlichen Zivilverfahren als Zeuge angerufen wird, ist heute gang
und gäbe und braucht als solches nicht zu beunruhigen. Auch den gelegentlich vorkommenden
Provokationen durch Parteianwälte, sei es im
Rahmen vorprozessualer Korrespondenzen (Beispiel aus einem Anwaltsbrief: «Als einfacher Hausarzt sind Sie absolut unfähig, eine Depression zu
erkennen») oder bei der Befragung im Zeugenstand, wird am besten mit souveräner Gelassen-
heit begegnet. Delikater ist die Situation, wenn
der Arzt selber in den Fokus einer Strafuntersuchung gerät. Auch hier gilt es, Ruhe zu bewahren.
Die Eröffnung einer Strafuntersuchung muss nicht
viel bedeuten, wie das im ersten Teil erwähnte Fallbeispiel belegt. Dennoch ist es empfehlenswert,
sich frühzeitig einen Überblick über die zur Verfügung stehenden Verfahrensrechte zu verschaffen und allenfalls rechtliche Unterstützung beizuziehen [15]. Als erste Anlaufstelle bieten sich die
Ärzteverbände mit ihren Rechtsdiensten oder
allenfalls abgeschlossene Rechtsschutzversicherungen an. Diese Stellen können auch bei der Entscheidung helfen, ob der Beizug eines Anwalts notwendig ist, und nötigenfalls entsprechende Kontakte vermitteln.
Literatur
1 Art. 324a und Art. 336c OR.
2 Vgl. die einleitenden Anmerkungen von Hanspeter
Kuhn, Seite 912 oben.
3 Art. 34 der Standesordnung der FMH verlangt
letzteres ausdrücklich.
4 Nicht zu verwechseln mit rückdatierten Zeugnissen,
wenn also der Arzt in Bezug auf das Ausstellungsdatum des Zeugnisses ein falsches Datum einträgt.
Solche Rückdatierungen sind in jedem Fall unzulässig.
5 Abrufbar via www.aerzte-zh.ch.
6 Streiff U, von Kaenel A. Arbeitsvertrag. 6. Auflage,
Zürich, Basel, Genf; 2006, N 12 zu Art. 324a/b OR,
mit weiteren Hinweisen auf die Rechtsprechung.
7 Er kann aber die Offenlegung der Diagnose ohne
weiteres bewilligen.
8 Ebenso Müller AR: Arztzeugnisse in arbeitsrechtlichen Streitigkeiten. AJZ 2/2010. S. 168.
9 So auch die Empfehlungen der Ärzte-Gesellschaft des
Kantons Zürich.
10 www.saez.ch 3 Archiv 3 2010 3 22
11 Egli HP. Der Beweis der Arbeitsunfähigkeit –
Probleme mit Arztzeugnissen. In: Entscheide des
Arbeitsgerichts Zürich. 2008. S. 49 f.
12 Zum Ganzen und weiterführend, insbesondere zu
beweisrechtlichen Fragen: Kälin O. Das Arztzeugnis
als Beweismittel bei arbeitsrechtlichen Streitigkeiten.
ZZZ, 2006; S. 340–1.
13 Eine Ausnahme kann höchstens darin gesehen
werden, dass der Arzt gegenüber dem zweifelsfrei
identifizierten Arbeitgeber jene Angaben bestätigen
darf, die bereits aus dem Zeugnis hervorgehen. Denn
insofern offenbart der Arzt nicht mehr, als dem
Arbeitgeber durch die Vorlage des Zeugnisses bereits
bekannt ist. Allerdings: Allein deswegen, um das
Zeugnis zu bestätigen, wird kaum ein Arbeitgeber
den Kontakt mit dem Arzt suchen. Auch hier ist also
Vorsicht angebracht.
14 Müller RA. a. a. O. S. 170.
15 Dazu der Beitrag von Tanja Knodel. Strafuntersuchung gegen Ärzte – wie sollen sich Betroffene
verhalten? Schweiz Ärztezeitung. 2009(90)46:1804–5.
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TRIBÜNE
Standpunkt
Gesellschaft, Wirtschaft und Psychiatrie –
vom modernen Leiden an sich selbst
Die Gesundheits- und Krankheitskonzepte in der Psychiatrie haben sich im 20. Jahrhundert grundlegend gewandelt: Zunächst galt der Verstoss gegen eine geistige
oder physiologische Ordnung als krank, dann mangelhaftes Anpassungsvermögen
und heute gestörtes Wohlbefinden. Entsprechend haben sich die Anforderungen an
die Therapie geändert.
Daniel Hell
Was als psychisch krank definiert wird, ist von kulturellen Bedingungen und wissenschaftlichen Erkenntnissen abhängig [1]. Letztlich entscheiden gesellschaftliche Prozesse darüber, wo die Grenzen zwischen gesund und krank gezogen werden. Dass psychische
Störungen nicht einfach «natürliche Tatsachen» sind,
zeigt sich auch am historischen Wandel des Krankheitsverständnisses und der damit zusammenhängenden Krankheitskriterien.
Trends im 20. Jahrhundert bis heute
So haben sich die Kriterien für psychische Krankheiten
allein im Laufe des 20. Jahrhunderts mehrfach grundlegend geändert. Im Übergang vom 19. ins 20. Jahrhundert wurde krank als das definiert, was einer geistigen oder physiologischen Ordnung widersprach.
Dazu gehörte damals auch die Homosexualität, weil
sie sozial-darwinistisch als deviant und ordnungswidrig eingeschätzt wurde.
Befindlichkeitsstörungen, die früher als normal angesehen wurden, sind zu behandlungsbedürftigen Krankheiten geworden
Korrespondenz:
Prof. Dr. med. Daniel Hell
Privatklinik Hohenegg
Postfach 555
Hohenegg 4
CH-8706 Meilen
Tel. 044 925 12 12
Fax 044 925 12 13
Im Verlauf der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts
veränderte sich die Situation. Das starre Ordnungsdenken wurde durch tiefgreifende Kriegserfahrungen und soziale Umwälzungen erschüttert. Gleichzeitig rückte die Fähigkeit, schwierige Lebenssituationen
durch ein entsprechendes Anpassungsvermögen zu
meistern, in den Vordergrund. Was die Definition der
Gesundheit betrifft, wurde nun das Kriterium einer
stabilen Ordnung zunehmend durch das Kriterium
einer flexiblen Anpassung ersetzt.
So definierte Sigmund Freud psychische Krankheit als Störung der Arbeits- und Liebesfähigkeit und
es wurden vermehrt Anpassungsstörungen diagnostiziert.
Gegen Ende des 20. Jahrhunderts rückte ein drittes Unterscheidungsmerkmal in den Vordergrund. Anstelle von Ordnung und Anpassung entschied nun
vermehrt das Befinden der Menschen über Krankheit
oder Gesundheit. Nach der aktuellen Definition der
Weltgesundheitsbehörde ist ein Mensch krank, wenn
sein Wohlbefinden gestört ist. Damit bekommt das
individuelle Erleben Vorrang vor jedem anderen Kriterium. Konsequenterweise werden Befindlichkeitsstörungen (wie Verstimmungszustände vor der Menstruation oder Schüchternheit), die früher als normal
angesehen wurden, zu behandlungsbedürftigen Krankheiten. Auch leichtere depressive Verstimmungen erhalten Krankheitswert. Hingegen ist Homosexualität –
früher als Ordnungsstörung disqualifiziert – nach den
neuen Kriterien keine Krankheit mehr.
Diese Veränderung von Gesundheits- und Krankheitskonzepten in der Psychiatrie ging mit gesellschaftlich bedingten tiefgreifenden Veränderungen im Gesundheitswesen des 20. Jahrhunderts einher. Stand zunächst die patriarchalisch getönte Fürsorge ganz im
Vordergrund, wurden später im Rahmen der sozialen
Marktwirtschaft integrative und partnerschaftliche
Momente wichtiger. Schliesslich erhielten im Neoliberalismus Kundenorientierung und Selbstbestimmung
besondere Aufmerksamkeit. Damit wurden auch im
Gesundheitswesen die Rechte des Individuums zum
Teil über die Rechte der Gesellschaft gestellt und die
Verantwortungspflicht für die Gesundheit vermehrt
dem Bürger und weniger dem Staat zugeordnet.
Für die Entwicklung der Psychiatrie in den letzten
Jahrzehnten sind auch tiefgreifende Veränderungen
des Arbeitsmarktes wichtig. War die Arbeitssituation
vor 50 Jahren noch stark von der Industrialisierung geprägt und damit der Arbeiter vor allem körperlich herausgefordert, so sind heute über 70 % der Menschen
in Dienstleistungsbetrieben tätig und dank Computerisierung und Flexibilisierung vor allem emotional
und mental gefordert. Konsequenterweise hat die
öffentliche Wahrnehmung psychischer Probleme in
den letzten Jahren stark zugenommen. Heute sind
viel mehr Menschen durch emotionalen und psychi-
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TRIBÜNE
Standpunkt
schen Stress herausgefordert als durch körperliche
Überforderung. Zudem hat die lokale Verwurzelung
vieler Menschen zugunsten einer globalen Orientierung abgenommen und die Vereinzelung bzw. der Verlust an tragenden Beziehungen zugenommen.
Zunahme psychiatrischer Diagnosen
und Behandlungen
Es ist deshalb kaum überraschend, dass psychische Störungen heute viel häufiger diagnostiziert und behandelt werden (Übersicht bei [2]). Selbst bei der Berentung haben psychische Störungen die früher dominierenden Krankheiten des Bewegungsapparates überholt.
Auch die Art der psychischen Störung hat durch die
gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bedingungen
einen Wandel durchgemacht. Die häufigsten Störungen der Moderne sind geprägt von sogenannten Problemen des «Selbst». Dazu zählt z. B. ein verletztes
Selbstwertgefühl. Emotionale Überforderungen führen
als sogenannte Stresserkrankungen zu Burn-out, Depression und zu Angststörungen. Anderseits kann eine
verminderte Ich-Stärke (infolge vieler biographischer
Brüche) unter Stress zu Identitätsstörungen führen, wie
z. B. zu Borderline-Persönlichkeitsstörungen und Essstörungen (mit gestörtem Körper- oder Selbst-Bild).
Die Tendenz zu solchen Störungen wird noch dadurch
verstärkt, dass im Zusammenhang mit dem ausser-
Die WHO geht davon aus, dass depressive Episoden bald
die zweithäufigste Ursache für soziale Einschränkungen,
z. B. der Berufstätigkeit, sein werden.
ordentlichen technisch-wissenschaftlichen Fortschritt
die Ausrichtung nach dem äusserlich Sichtbaren und
Materiellen das Selbstverständnis vieler Menschen
prägt. Damit erhöht sich aber auch für viele Menschen
das Risiko, dass ihre innerseelische Entwicklung, insbesondere die Ausdifferenzierung der Emotionalität,
zu kurz kommt und dass sie auf äussere Demütigungen oder Arbeits- und Liebesverlust verletzlicher reagieren. Auch der Verlust an sozialer Verankerung
trägt dazu bei, dass Menschen heute Stressanforderungen mangels zwischenmenschlicher Unterstützung
eher schlechter abfedern können.
Aufgrund vielfältigster Fallstudien kann zur Zeit davon ausgegangen werden, dass etwa 2–4 % der Bevölkerung an einem Stichtag eine psychische Störung erheblichen Ausmasses (mit psychosozialer Einschränkung) aufweisen und fachspezifische Hilfe benötigen.
Heute gehören psychische Störungen zu den häufigsten Erkrankungen in der medizinischen Praxis. Zum
Beispiel sind 10–20 % der Kranken, die einen allgemeinen Arzt oder Internisten aufsuchen, depressiv. Bei
vorsichtiger Schätzung wird davon ausgegangen, dass
ein Drittel bis zur Hälfte der Menschen einmal im
Leben eine psychische Störung durchmacht. Die WHO
geht davon aus, dass depressive Episoden in naher Zukunft unter allen Erkrankungen am zweithäufigsten
zu sozialen Einschränkungen (z. B. der Berufstätigkeit)
führen werden. Gegenwärtig stehen depressive Störungen in dieser Hinsicht unter allen medizinischen Erkrankungen an vierter Stelle.
Was bedeuten diese Entwicklungen
für das Gesundheitswesen?
Man muss also davon ausgehen, dass psychische Störungen in den nächsten Jahren nicht ab-, sondern
eher zunehmen werden. Zugleich wachsen die Erwartungen, die Menschen an das Gesundheitswesen
(inkl. Psychiatrie und Psychotherapie) haben, ständig
an. Diese Erwartungen sind aber im Zeitalter der Postmoderne, die ein gemeinsames Menschen- und Kulturverständnis verloren hat, immer vielfältiger und
pluralistischer.
Entsprechend ist es im Gesundheitswesen immer
weniger damit getan, sich mit Einheitslösungen zu begnügen. Es sind vielmehr diversifizierte Angebote für
unterschiedliche Problemlagen und Bedürfnisse nötig.
Auch die medizinische Entwicklung mit ihrer
rasanten Wissenszunahme lässt eine fortschreitende
Spezialisierung und Subspezialisierung erwarten. Schon
heute ist angesichts der Wissensexplosion in Psychiatrie und Psychotherapie eine stetige Aufsplitterung
des Fachgebietes zu beobachten, z. B. eine Spezialisierung bzgl. Persönlichkeitsstörungen, Affektstörungen,
Süchten, Psychosekrankheiten usw. Auch in methodischer Hinsicht differenziert sich die Psychiatrie und
Psychotherapie immer weiter aus, z. B. in Richtung
Früherkennung und Prävention, Rehabilitation, Psychotherapie, Pharmakotherapie, Soziotherapie, Neuropsychiatrie usw.
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917
TRIBÜNE
Standpunkt
Durch diese Entwicklung lässt sich die provokative
Frage nicht vermeiden, inwieweit integrative Versorgungsmodelle zukünftig durch postintegrative (ein Begriff von T. Brühlmann) ergänzt werden müssen. Persönlich habe ich als Kommissionspräsident des «Zürcher Psychiatriekonzepts» die integrative Sektorisierung
bzw. die Regionalisierung des Versorgungsangebotes
stark gefördert. Ziel der Sektorisierung ist es bekanntlich, ambulante, teilstationäre und stationäre Angebote integrativ und unter einheitlicher Leitung anzubieten, sodass schwer erkrankte Menschen zwischen
ambulanter, teilstationärer und stationärer Behandlung nicht in ein Loch fallen, sondern durch institutionelle Vernetzung eine möglichst optimale und kontinuierliche Behandlung erhalten. Dieses Modell ist
für schwerer Kranke, die sozial desintegriert und psychisch fragmentiert sind, gemäss empirischen Prognosestudien nach wie vor richtig und wichtig. Andererseits ist die rasante Individualisierung unserer Gesellschaft nicht zu übersehen. Vom Einzelnen wird
vermehrt erwartet, dass er sich ausreichend informiert,
selbstverantwortlich handelt und das für ihn Richtige
auch im Krankheitsfall tut – soweit sein Zustand es erlaubt. Diese gesellschaftliche Erwartung an den mündigen Bürger widerspricht dem Vereinheitlichungs-
streben von lokal vorgegebenen Angebotsstrukturen
mindestens dann, wenn deren Benutzung direkt oder
indirekt (mittels Kostenfolgen) vorgeschrieben wird.
Es kann erwartet werden, dass die Individualisierung der postmodernen Gesellschaft noch vermehrt
nach postintegrativen Strukturen, die kein engmaschiges Netz bilden, rufen wird. Im Privatsektor, also
bei Menschen mit Zusatzversicherungen, wird bereits
heute «postintegrativ» gehandelt, indem es dem Patienten weitgehend überlassen wird, welchen ambulanten oder stationären Behandlungsort er aufsucht.
Vieles spricht dafür, dass sich dieses Modell nicht auf
den Privatsektor beschränken lässt, auch wenn diese
Ausweitung eine grosse gesundheitspolitische Herausforderung darstellt.
Literatur
1 Hell D. Seelenhunger – Der fühlende Mensch
und die Wissenschaften vom Leben.
Bern: Hans Huber; 2004.
2 Sturny D, Hell D. Psychiatrie, Psychotherapie,
Psychologie. In: Kocher G, Oggier W (Hrsg.)
Gesundheitswesen Schweiz 2007–2009.
Bern: Hans Huber; 2007.
S W I S S M E D I C A L W E E K LY
Ausgabe 23/24 erscheint am 12. Juni 2010:
Established in 1871
Formerly: Schweizerische Medizinische Wochenschrift
23
24
12. 6. 2010
Vol. 140
Swiss Medical Weekly
Hematopoietic stem cell transplantation in Switzerland
Jakob Passweg, Helen Baldomero, Martin Stern,
Mario Bargetzi, Michele Ghielmini,
Kurt Leibundgut, Michel Duchosal, Urs Hess,
Reinhard Seger, Eva Buhrfeind, Urs Schanz,
Alois Gratwohl
The European Journal of Medical Sciences
Original article
Haematopoietic stem cell transplantation in Switzerland:
a comprehensive quality control report on centre effect
326
Jakob Passweg, Helen Baldomero, Martin Stern, Mario Bargetzi, Michele Ghielmini,
Kurt Leibundgut, Michel Duchosal, Urs Hess, Reinhard Seger, Eva Buhrfeind, Urs Schanz,
Alois Gratwohl
Original article
CT and MR imaging of chronic subdural haematomas:
a comparative study
335
Senem Senturk, Aslan Guzel, Aslan Bilici, Ilker Takmaz, Ebru Guzel, M. Ufuk Aluclu,
Adnan Ceviz
Original article
Pain in the emergency department: adherence to an
implemented treatment protocol
341
Frank-Peter Stephan, Christian H. Nickel, Jaqueline S. Martin, Daniela Grether,
Karen Delport-Lehnen, Roland Bingisser
Original article
“I’II look it up on the Web first”: Barriers and overcoming
barriers to consult for sexual dysfunction among young men
348
Christina Akre, Pierre-André Michaud, Joan-Carles Suris
Supported by the Swiss Academy of Medical Sciences (SAMS),
the FMH (Swiss Medical Association) and by Schwabe AG,
the long-established scientific publishing house founded in 1488
Editores Medicorum Helveticorum
Official journal of the Swiss Society of Infectious Diseases,
the Swiss Society of Internal Medicine and the Swiss Respiratory Society
Das «Swiss Medical Weekly» ist eine international beachtete, peer reviewte Forschungszeitschrift auf Open-Access-Basis.
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in der Schweiz wichtige wissenschaftliche
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The data indicate comparable quality among
centres in Switzerland. Mandatory data collection and systematic review of all cases within
a comprehensive quality management system
might serve as a model to ascertain the quality of other cost-intensive therapies in Switzerland.
CT and MR imaging of chronic subdural
hematomas
Senem Senturk, Aslan Guzel, Aslan Bilici,
Ilker Takmaz, Ebru Guzel, M. Ufuk Aluclu,
Adnan Ceviz
MR imaging is more sensitive than CT in determining the size and internal structures of
chronic subdural hematomas.
Pain in the emergency department:
adherence to an implemented
treatment protocol
Frank-Peter Stephan, Christian H. Nickel,
Jaqueline S. Martin, Daniela Grether,
Karen Delport-Lehnen, Roland Bingisser
The benefits of pain management protocols
are proven. However, adherence to these protocols needs to be monitored regularly in order
to optimise pain management.
I’ll look it up on the web first: Barriers
and overcoming barriers to consult for
sexual dysfunction among young men
Christina Akre, Pierre-André Michaud,
Joan-Carles Suris
Results suggest that Internet-based tools should
be developed to become an easy access door
to sexual health services for young men. Wherever they consult and for whatever problem,
sexual health must be on the agenda.
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918
TRIBÜNE
Spectrum
Propagation du VIH
en Suisse: la distribution
de seringues ne profite
pas qu’aux toxicomanes
Pour la première fois, des chercheurs
de l’Etude suisse de cohorte VIH ont
reconstitué au plan moléculaire la
façon dont le VIH s’est propagé en
Suisse au cours des trente dernières
années. Leurs données montrent
que l’introduction, en 1986, de la
distribution de seringues stériles a
préservé de nombreuses personnes
Im Herznotfall rasch und richtig gehandelt
Wer einem Menschen bei Herzinfarkt, Hirnschlag
oder Herz-Kreislauf-Stillstand beisteht, kann Leben
retten. Der HELP-Preis 2010 der Schweizerischen
Herzstiftung wurde an drei Helfer für ihren erfolgreichen Einsatz verliehen. Jedes Jahr erleiden in
der Schweiz rund 8000 Menschen einen HerzKreislauf-Stillstand. Die unverzügliche Hilfe durch
zufällig anwesende Personen – meist medizinische
Laien – ist für das Überleben entscheidend. Die
Schweizerische Herzstiftung ruft die Bevölkerung
auf, sich die einfach zu erlernende Technik der
Herz-Lungen-Wiederbelebung anzueignen. Dies
kann in einem Kurs, z. B. beim Schweizerischen
Samariterbund, oder mit dem Selbstlern-Kit MiniAnne (www.swissheart.ch/shop) erfolgen. Für Betriebe, die ein internes Laien-HELP-Team ausbilden
möchten, stehen mobile HELP-Kurse der Herzstiftung zur Verfügung (www.helpbyswissheart.ch).
(Schweizerische Herzstiftung)
Samariterbund
Bei einem Herznotfall ist oftmals rasche und kompetente
Hilfe durch medizinische Laien entscheidend.
d’une contamination, et pas seulement les toxicomanes. Un signal
important, surtout pour les pays
SWiNG – ensemble contre le stress au travail
n’ayant toujours pas introduit la
distribution de seringues.
(FNS)
Aphasie-Chor
am Stimmen-Festival
Weil Menschen, die durch einen
Hirnschlag, Tumor oder Unfall ihre
Sprache verloren haben, dennoch
singen können, gründete Bernadette
Schaller, Geschäftsführerin von aphasie suisse, vor gut zwei Jahren den
Aphasiechor. Seither treffen sich
35 Sängerinnen und Sänger aus der
ganzen
Deutschschweiz
jeden
Monat in Luzern zur Gesangsprobe.
Während sie in den ersten Monaten
vor allem Volkslieder sangen, erklangen dieses Jahr am Stimmen-Festival
Ettiswil
bereits
Le projet SWiNG veut déceler et éliminer les causes
de stress sur le lieu de travail.
Promotion Santé Suisse et l’Association Suisse d’Assurances (ASA) mettent à disposition des entreprises,
avec leur projet SWiNG, des instructions spécifiques
pour déceler et éliminer les causes de stress sur le
lieu de travail. Les deux organisations veulent également montrer que la promotion de la santé en
entreprise est payante pour les collaborateurs, mais
aussi pour l’entreprise elle-même. Le projet se base
sur des critères de qualité acceptés au plan européen
et examine par une évaluation importante les impacts et les avantages économiques des mesures
mises en œuvre.
Le projet SWiNG est actuellement en cours comme
projet pilote dans neuf entreprises de toute la Suisse.
Les organisateurs du projet financent l’analyse dans
l’entreprise ainsi que les coûts de l’évaluation. Les
frais des interventions sont à la charge des entreprises participantes.
(Promotion Santé Suisse)
anspruchsvollere
Werke, u. a. von Thalis, Beethoven
und Bach.
(Fragile Suisse)
Universität Zürich: Check-up für Nachwuchsförderung
und Gleichstellung
Frauen sind in höheren akademischen Positionen
untervertreten. Eine Studie zeigt mögliche Gründe
hierfür am Beispiel der Theologischen Fakultät der
Universität Zürich. Der Frauenanteil im Mittelbau
ist deutlich höher und sinkt auf der Stufe der Habilitation stark ab, obwohl die Fakultät grundsätzlich
gute Voraussetzungen für die Vereinbarkeit von
wissenschaftlicher Laufbahn und Privatleben bietet.
Die Befragungen zeigten, dass für manche Frauen
das Pfarramt vor allem wegen einer besseren Ver-
einbarkeit mit der Familienarbeit attraktiver als eine
wissenschaftliche Karriere ist. Es wurde der Wunsch
nach Teilzeitprofessuren geäussert und nach der
Möglichkeit, dass Eltern Vollzeit-Arbeitspensen für
einen gewissen Zeitraum reduzieren können. Das
aus der Studie entwickelte «Check-up-Instrument»
zur Vereinbarkeit von wissenschaftlicher Laufbahn
und Privatleben steht demnächst der ganzen Universität zur Verfügung.
(Universität Zürch)
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919
Horizonte
Streiflicht
Dopage et genre: à propos de la recherche d’équité dans le sport*
ethique sportive
Jean Martin
Nous sommes dans la saison des grands Tours cyclistes,
qui trop souvent ont connu des affaires liées au dopage
au cours des dernières années. La Coupe du monde de
football de juin attire les regards sur l’Afrique du Sud
mais aussi, à certains égards, sur la lutte contre la fraude
dans le sport en général. Ici et ailleurs, des observateurs – même des médecins – se sont demandés si, pour
clarifier (?) une situation très complexe, de continuelle
partie de «gendarmes et voleurs», on ne devait pas plutôt libéraliser ce domaine en laissant chacun se préparer à sa guise avec des produits ou méthodes biologiquement et pharmacologiquement actifs. Dans sa dernière livraison le toujours intéressant Hastings Center
Report, de l’institut de bioéthique connu, publie un
dossier sur la recherche d’équité dans le sport, notamment le dopage.
Des différences acceptables et d’autres pas
L’équité dans les compétitions sportives ne peut exiger,
à l’évidence, que les athlètes soient égaux à tous égards
imaginables: il est favorable d’être grand pour jouer au
basket-ball ou explosif pour les sprints, avoir un coach
particulièrement compétent est un avantage, les facilités pratiques d’entraînement sont très différentes selon
la partie du monde où l’on vit. Cela étant: «Le point à
partir duquel les différences existant entre eux passent
de ce qui est inévitable et acceptable à ce qui est inéquitable et déplorable doit être débattu et réglé par les
personnes qui participent, comprennent et aiment le
sport, pas par des philosophes distants», dit Thomas
Murray, président du Hastings Center [1] (il a aussi publié récemment un ouvrage sur le sujet [2]).
Ce serait une «catastrophe de santé publique» si on
devait choisir de tout permettre
* Dans cet article nous
utilisons les mots équité
et équitable pour rendre
compte de l’anglais fairness
et fair.
[email protected]
A son avis, s’agissant des produits améliorant la
performance et de la panoplie des interventions qui
sont bannies du sport de compétition, la question est
une problématique de sens aussi bien que d’équité. Les
limites que chaque sport choisit pour lui-même rendent compte d’une compréhension partagée de ce que
ce sport est sensé illustrer et récompenser. Les règles
d’un sport sont arbitraires en ceci qu’elles pourraient
être autres, en pratique elles sont sujettes à modifica-
tions. L’important est que la communauté des acteurs
concernés accepte que les nouvelles règles maintiennent vivantes les valeurs attachées à un sport
donné.
Une idée évoquée par S. Gilbert [3], qui discute des
passeports biologiques introduits depuis peu, est de
faire en sorte de récompenser les athlètes qui ne se
dopent pas; en relevant qu’un passeport biologique
«clean» donne l’occasion au sportif d’affirmer «Je suis
clean», et d’en tirer une certaine satisfaction. Pourquoi
pas?
Lever les prohibitions?
Certains continuent à estimer qu’il conviendrait
d’abandonner la doctrine et la pratique actuelles de
prohibition de l’usage de substances définies, de laisser
à chaque athlète le soin de décider celles qu’il utilise.
Le débat a été relancé au moment des Jeux Olympiques de Pékin [4, 5]. Pour Murray, «cette position est
naïve. Si l’interdiction est levée, la pression de se doper
sera forte sur tous les athlètes (…) La performance de
chacun deviendra de plus en plus fonction de manipulations expertes et moins du talent et de l’engagement
de l’athlète. Je n’arrive pas à voir, dit-il, comment cela
peut être une bonne chose pour les athlètes, les sports
et tous ceux qui s’y intéressent.» Et il prédit une «catastrophe de santé publique» si on devait choisir de tout
permettre.
Le propos ici n’est pas de débattre longuement du
scénario-catastrophe auquel correspondrait la levée
des interdictions mais ma conviction est la même que
celle de Murray: les dégâts aux personnes, à de nombreuses personnes, seraient graves. Ce qu’il faut souligner c’est que, en dépit de l’attitude la plus ouverte,
une totale liberté de choisir n’est simplement pas imaginable dans un monde raisonnable: peut-on permettre
sans autres d’user de produits entraînant des risques
d’altérations majeures pour sa santé et pour sa vie (plus
dangereux encore – on n’arrête pas le progrès! – que
ceux qui ont donné lieu à des morts et accidents graves
dans le passé); quid de l’emploi de substances qui rendent plus violent, plus agressif, qui altèrent le discernement? Mettre des limites s’avérera toujours inévitable. Alors, autant les poser aux endroits «les moins
injustes» du point de vue de ceux qui connaissent le
sport et ses contraintes, en limitant au maximum les
aides qui promeuvent l’inéquité. Ceci tout se souvenant que certaines différences sont normales, «naturelles» (cf. supra) et ne sauraient être éliminées.
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920
Horizonte
Streiflicht
Dans une contribution des époux Jan et Terry Todd
[6], toux deux enseignants universitaires et anciens
haltérophiles de niveau mondial, sur leur efforts de
plusieurs décennies pour maintenir propre leur sport,
on note cette opinion: «Durant notre carrière, les sports
de force ont été saisis, dominés et bouleversés par les
substances dopantes à un degré qui n’a probablement
été dépassé que dans le culturisme de compétition et
le cyclisme professionnel.» Intéressant, non? (Le 2 mai
dernier, un cycliste gagnait le Tour de Romandie au
milieu de questions sur ses possibles liens avec le dopage).
Les cyclistes roulent au milieu de questions sur leurs liens avec le dopage.
Détermination du sexe
ou vérification du genre?
En rapport avec des avantages qui, pour être naturels
semblent néanmoins inéquitables, on trouve un utile
article de Dreger sur la détermination du sexe dans le
sport de compétition [7], faisant référence notamment
à l’athlète d’Afrique du Sud Caster Semenya, vainqueur de courses féminines aux derniers Championnat du monde de Berlin. Un avis – interpellant – propose d’adopter une politique de vérification du genre
plutôt que de détermination biologique du sexe, à
savoir: si vous avez réellement été élevée comme une
fille, vous pouvez concourir chez les femmes. Ce qui
demanderait que la communauté sportive internationale apprenne à vivre avec les inévitables variations
physiologiques parmi les personnes élevées comme
des filles.
Caster Semenya, les tumultes autour de son sexe/
genre). Je ne saurais dire quelles sont ses chances d’être
adoptée. Dreger elle-même note qu’on pourra alors
imaginer/craindre que des gouvernements peu fiables
fassent élever comme filles des enfants intersexués
pour en faire plus tard des athlètes femmes – notre
monde montre des potentialités ébouriffantes de dérives… Cela étant, il paraît probable que cet intéressant principe sociologique serait difficile à circonscrire
par des critères adéquatement objectifs et précis.
«Le problème c’est qu’il n’existe pas de marqueur
simple de la différence sexuelle», dit François Ansermet, professeur de pédopsychiatrie à Genève. «Entre
le sexe chromosomique, le sexe endocrinien, le sexe
cérébral, le sexe morphologique, le genre, le choix de
chacun… difficile d’apporter une réponse simple» [8].
Commentaire conclusif
Les débats sur l’équité sportive, particulièrement en
rapport avec les «aides» légitimes ou pas dont les athlètes bénéficient, ont encore de beaux jours devant
eux. Sans doute y a-t-il là une dimension de course jamais gagnée, de «plus ça change, plus c’est la même
chose». Trop souvent on constate une faiblesse – qui
peut être opportuniste – des déterminations politiques
et sociétales sur le sujet [9]. Il reste que, malgré le côté
élégamment simplificateur, à première vue, qu’aurait la
grande libéralisation que certains aimeraient, la raison
pratique demande de poursuivre la laborieuse entreprise de poser des limites et d’en contrôler l’observation – quand bien même cette dernière reste-t-elle imparfaite.
Pour finir avec un sourire, cette formule de Groucho
Marx: «La clé de la réussite dans la vie, c’est d’être honnête et fair-play: si vous pouvez feindre de l’être (if you
can fake that), vous avez gagné!»
références
1 Murray TH. Making sense of fairness in sports.
Hastings Center Report. 2010;40(2):13–5.
2 Murray TH. Performance-enhancing technologies
in sports: Ethical, conceptual and legal Issues.
Baltimore: Johns Hopkins Univ. Press; 2009.
3 Gilbert S. The biological passport. Hastings Center
Report. 2010;40(2):18–9.
4 Fost N. A level playing field? Nature. 2008; 454:667.
«La clé de la réussite dans la vie, c’est d’être honnête
et fair-play: si vous pouvez feindre de l’être (if you can
fake that), vous avez gagné!» (Groucho Marx)
D’un point de vue psychosociologique en tout cas,
c’est une option qui a des mérites (notamment si on
veut bien considérer les perturbations personnelles
que peuvent entraîner chez un(e) athlète, par exemple
5 Tierney J. Let the Games be doped. New York Times.
August 14; 2008.
6 Todd J, Todd T. Scenes from the Front lines.
Hastings Center Report. 2010; 40(2):15–8.
7 Dreger A. Sex Typing for Sport. Hastings Center
Report 2010;40(2):22–4.
8 Cité dans Beauté B. Ni homme, ni femme:
entre deux. Reflex (magazine de l’EPFL, Lausanne).
Décembre 2009; p. 29–31.
9 Martin J. Dopage: rien de changé depuis Rome
et «panem et circenses»? Bull Méd Suisses.
2006;87(41):1791–2.
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Editores Medicorum Helveticorum
921
ZU GUTER LETZT
Fussball und Medizinethik –
was, wenn wir die Tore vergessen hätten?
Ein böser Traum:
Fussball wird nur noch
im Anstosskreis gespielt.
«Der moderne Fussball ist die optimale Bewirt­
schaftung von Zeit und Raum», zitiert meine Frau aus
einem Buch, das sie gerade liest, lächelt, steht auf und
sagt: «Ich gehe noch kurz in die Stadt, dann geht’s
endlich los mit dem Eröffnungsspiel.» Das Fernsehge­
rät läuft schon. Bin ich froh, dass ich eine Frau gehei­
ratet habe, die begeistert Fussball schaut. Endlich:
Fussballweltmeisterschaft 2010. Ja, es stimmt, der
moderne Fussball ist viel schneller, effektiver und
nutzt den Raum ganz anders als früher. Irgendwie
klingt das Wort «modern» in meinen Ohren nach,
Fussballsport, Geschichte, Müdigkeit, ich schlafe auf
der Couch ein und verliere mich in folgendem Traum:
Die menschliche Zivilisation ist untergegangen,
und auf der Welt ist nichts mehr so, wie es einmal
war. Nur ein paar Menschen haben überlebt und
gründen eine neue Zivilisation. Dann, nach Hunder­
ten von Jahren, finden die neuen Menschen ein ganz
Die Spieler meinen es alle gut, sind engagiert, geschickt,
aber niemand zielt auf ein Tor
* Dr. phil., dipl. biol. Rouven
Porz ist Leiter der Ethikstelle
des Inselspitals in Bern,
Gastwissenschaftler im
Institut für Biomedizinische
Ethik in Zürich und Mitglied
der Redaktion Ethik der SÄZ.
altes Bild der Fussballweltmeisterschaft 2010. Das
Bild zeigt zwei oder drei Spieler in der Mitte eines
Fussballfeldes, im Anstosskreis. Man sieht, wie die
Männer sich einen Ball zuschiessen. Zeitgleich finden
die neuen, modernen Menschen der Zukunft auch
einen Basketball und halten diesen fälschlicherweise
für einen Fussball. Und so würde dann wieder ein
altes neues Spiel entstehen, die zukünftigen Men­
schen würden dem Spiel den überlieferten Namen ge­
ben: Fussball. Dieses neue Spiel würde – gemäss dem
einen Bild, das überliefert wurde – nur auf einer klei­
nen runden Fläche gespielt, im ehemaligen Anstoss­
kreis, ein paar Männer (und vielleicht auch Frauen)
würden sich mit viel Geschick einen viel zu schweren
Basketball mit den Füssen zuschiessen oder mit dem
Kopf zuköpfen. Natürlich, sie würden Geschicklich­
keiten entwickeln, Meisterschaften austragen, ein
ständiges Hin­und­Her­Geschiebe eines viel zu schwe­
ren Balles in einem viel zu kleinen Feld. Niemand
käme auf die Idee, ein Tor zu schiessen, man wüsste
ja nichts mehr von den Toren. Und das wäre es dann,
was man Fussball nennt.
Plötzlich muss ich an die Disziplin der Ethik den­
ken. Ein ähnliches Schicksal? Wir versammeln uns in
einem Kreis und werfen uns übergrosse Basketbälle zu
auf denen z.B . «Patientenautonomie» steht. Gut ge­
meint, aber viel zu grosse Konzepte für solch ein
enges Spielfeld. Der neue Mitspieler versucht zu köp­
fen und bricht unter der Last des Basketballes beinahe
zusammen. Ein anderer ruft «Fürsorge» – «Nicht­
Schaden» – «Gerechtigkeit» – das Spiel der Medizin­
ethik. Man kann den Spielern keinen Vorwurf ma­
chen, sie meinen es alle gut, sind engagiert, geschickt,
aber niemand zielt auf ein Tor. Sie wissen ja nicht,
dass es einmal Tore gab. Niemand traut sich aus dem
Mittelkreis hinaus, keiner läuft in den freien Raum.
Sie wissen ja nicht, dass es mal freie Räume gab. En­
gagiert, aber zu eng. Geschickt, aber zu ängstlich.
Meisterschaften werden ausgetragen, ein professio­
nelles Hin­und­Her­Geschiebe nimmt seinen Lauf.
Ich erschrecke kurz und wache auf. Ich muss
mich schütteln, irgendwie befremdlich, das Eröff­
nungsspiel hat noch nicht angefangen. Otto Reh­
hagel spricht über die griechische Nationalmann­
schaft. Weiss wirklich niemand mehr, wo die Tore
stehen? Ich nicke wieder ein, und finde mich plötz­
lich im alten Griechenland wieder.
Die narrativ verschachtelten Epen des Homer,
griechische Tragödien, weite Räume, Differenziert­
heiten von Gut und Schlecht, von Schicksal und
Eigenbestimmung. Es hatte doch alles einmal so gut
angefangen mit der europäischen Ethik. Verständnis
für Situationen, Kontexte, Beziehungen, Menschen,
für richtige und falsche Zeitpunkte und Demut. Dann
Aristoteles, eine Strebensethik skizzierend, die jedem
Einzelnen genug Platz lässt, um an den eigenen Feh­
lern zu lernen, um die eigenen Möglichkeiten auszu­
nutzen. Ziel, Schuss, Tor. Charaktertugenden, Ver­
standestugenden und immer wieder Klugheit, trainie­
ren, mutig zum Torschuss ansetzen, dem Mitspieler
eine steile Vorlage in den offenen Raum legen, solida­
risch, kleine Bälle, leicht zu bewegen, keine Basket­
bälle …
«Schläfst Du etwa?» Meine Frau ist zurück und
sagt bestürzt: «Das Spiel fängt doch jetzt an!» «Ich
hatte einen ganz romantischen Traum vom alten
Griechenland.» Sie schüttelt den Kopf. Anpfiff. Eröff­
nungsspiel.
Rouven Porz*
Schweizerische Ärztezeitung | Bulletin des médecins suisses | Bollettino dei medici svizzeri | 2010;91: 23
Editores Medicorum Helveticorum
922
ANNA
www.annahartmann.net
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