Drittwiderspruchsklage, § 771 ZPO
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Drittwiderspruchsklage, § 771 ZPO
Prof. Dr. Rainer Schröder WS 2004/05 Bürgerliches Recht – Übung für Fortgeschrittene Fall 8 (Lösung) – vertiefend BGHZ 35, 85; 92, 280; Medicus BR Rn. 484 ff.; Gottwald PdW SaR Fall 142 ff. – Drittwiderspruchsklage, § 771 ZPO A. Zulässigkeit I. Zuständigkeit 1. Sachliche Zuständigkeit - je nach Wert Amts- oder Landesgericht, §§ 23 I, 71 I GVG 2. Örtliche Zuständigkeit - vgl. §§ 771 I, 802 ZPO 3. Rechtsschutzbedürfnis (+), da Zwangsvollstreckung bereits begonnen 4. Ordnungsgemäße Klageerhebung - vgl. § 253 II ZPO 1 B. Begründetheit - Vor. ist ein die Veräußerung hinderndes Recht des D Å hier mgl. (Sicherungs-)Eigentum, welches gegenüber Gegner der Drittwiderspruchsklage lastenfrei sein muss - D müsste lastenfrei Eigentum am Inventar erworben haben I. Erwerb des Eigentums durch D? 1. Ursprüngliche Eigentumslage - ursprünglich war V Eigentümer 2. Verfügung V – H? - Eigentumsverlust durch Verfügung an H - Einigung zw. V und H aufschiebend bedingt (vollständige Kaufpreiszahlung) auf Grund Eigentumsvorbehalts, § 158 I BGB Å daher Eigentumsübergang mit Übergabe an H (–) 3. Verfügung H – D? a. Einigung - Einigung über Übergang des Eigentums an K zur Sicherung der Darlehnsforderung des D (+) b. Übergabe - körperliche Übergabe (–) c. Berechtigung - Eigentum des H wg. Eigentumsvorbehalt 2 (–) d. Verfügung durch Nichtberechtigten - ausdrückliche oder konkludente Zustimmung des V gem. § 185 I BGB (–) e. Übereignung an D aufschiebend bedingt? (–) - grdsl. denkbar, aber keine Kenntnis des D vom Vorbehaltseigentum f. Zwischenergebnis - D hat durch Verfügung des H mangels Berechtigung bzw. Zustimmung des Berechtigten kein Sicherungseigentum am Hotel erworben 4. Erwerb des Anwartschaftsrechts und Erstarken zum Vollrecht - H könnte ein Anwartschaftsrecht am Hotelinventar an D übertragen haben, welches zum Volleigentum erstarkt sein kann a. Anwartschaftsrecht des H - Anwartschaftsrecht liegt vor, wenn von einem mehraktigen Erwerbstatbestand bereits so viele Voraussetzungen erfüllt sind, dass Veräußerer Rechtserwerb nicht mehr einseitig verhindern kann - wesensgleiches Minus zum Vollrecht - hier: Einigung über Eigentumsübergang unter aufschiebender Bedingung der Kaufpreiszahlung, daher Anwartschaftsrecht (+) 3 b. Übertragung des Anwartschaftsrechts - Einigung? Åkeine ausdrückliche Erwähnung des Anwartschaftsrechts - aber Umdeutung der gewollten Übereignung gem. § 140 BGB in die Übertragung des Anwartschaftsrechts mgl. - Verfügungsbefugnis des H (+) - es ist davon auszugehen, dass H Übertragung wollte - auch dem Einverständnis des D steht nichts entgegen, da die Bezahlung des H zum Vollrechtserwerb führt - D ist daher anwartschaftsberechtigt gegenüber V - mit Zahlung des H (§ 267 BGB) tritt aufschiebende Bedingung ein; D wird Eigentümer c. Zwischenergebnis - E ist Eigentümer des Hotelinventars 5. Hypothek als Belastung des Eigentums - Eigentum des D hindert Veräußerung gem. § 771 ZPO nur dann, wenn Veräußerung nicht auf einer entgegenstehenden Belastung des Eigentums beruht - Belastung des Grundstücks durch Hypothek - fragl., ob Hotelinventar durch Hypothek belastet a. Inventar als Zubehör - Hotel = wesentlicher Bestandteil des Grundstücks gem. § 94 I 1 BGB 4 - Inventar = wesentlicher Bestandteil des Gebäudes gem. § 94 II BGB? Å gesondertes Eigentum gem. § 93 BGB ausgeschlossen - zur Herstellung des Gebäudes eingefügte Sachen = wesentliche Bestandteile des Gebäudes gem. § 94 II BGB und damit des Grundstücks (gem. § 94 I 1 BGB) - Zuordnung („zur Herstellung eingefügt“) durch Abstellen auf Verkehrsanschauung - Zuordnung als wesentlicher Bestandteil, trotz fehlender fester Verbindung, nicht ausgeschlossen, wenn Zweck des Gebäudes eine solche Zuordnung gebietet - hier: „Herstellung“ eines Hotels ohne Inventar i.S.v. § 94 II BGB nicht mgl. - Inventar könnte Zubehör i.S.v. § 97 I BGB sein - Inventar = bewegliche Sachen - nicht Bestandteil der Hauptsache, da gem. § 95 II BGB nur vorübergehend in Gebäude eingefügt auf Grund der Abnutzung durch Hotelgäste und daraus folgenden regelmäßigen Modernisierungsbedarf - dient wirtschaftl. Zweck der Hauptsache und steht zur Hauptsache in einem dieser Zweckbestimmung entsprechenden räumlichen Verhältnis Å Inventar = Zubehör 5 b. Erstreckung der Hypothek auf Zubehör - gem. § 1120 BGB (+) - aber: H nie Eigentümer des Inventars, sondern D nach Übertragung des Anwartschaftsrechts und Erfüllung der Kaufpreisverbindlichkeit c. Mithaftung des Anwartschaftsrechts - fragl., ob sich § 1120 BGB auch auf Anwartschaftsrecht am Zubehör erstreckt - Arg.: wenn Eigentum als Vollrecht in Hypothek einbezogen ist, dann erst recht das Anwartschaftsrecht als Minus - somit belastetes Anwartschaftsrecht gem. §§ 1120, 1113 BGB Å keine lastenfreie Übertragung auf D Å D erhält mit Eintritt der Bedingung mit hypothekarischer Haftung belastetes Eigentum d. unbelastetes Eigentum, weil gutgläubiger Erwerb, § 936 I 3 BGB - Beweislast des B gem. § 936 II BGB bzgl. Bösgläubigkeit des D, somit Gutgläubigkeit des D (+) - Besitzerlangung nur bei den schon abgeholten Inventarstücken - „auf Grund der Veräußerung“: mgl. Veräußerungswille des H in der Sicherungsabrede erkennbar, weil Sicherungsfall eingetreten - (+/–) wenn (+), dann Selbsthilfe, ohne Vor. des § 229 BGB 6 e. Enthaftung - Enthaftung gem. § 1121 I BGB bei abgeholten Inventarstücken, da Veräußerung + Entfernung vor Beschlagnahme 6. Endergebnis - kein die Veräußerung hinderndes Recht des D bzgl. der noch nicht abgeholten Inventargegenstände Å Drittwiderspruchsklage nicht erfolgreich 7